Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 5012/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 167/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Grundsätzlich ist für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anzustellen. Allerdings ist der Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz insofern Rechnung zu tragen, als in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen für den Antragsteller geht, den Gerichten eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt ist. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen. Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 02.05.2005 – 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927).
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller ab 01.02.2009 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in dem Berufungsverfahren L 17 U 403/03, längstens jedoch bis zum 31.10.2009, vorläufig eine Versichertenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig in dem Antragsverfahren ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin (Ag), des zu 1) beigeladenen Gemeindeunfallversicherungsverbandes oder der zu 2) beigeladenen land- und forstwirtschaftlichen Krankenkasse, vorläufige Leistungen infolge eines geltend gemachten Arbeitsunfalls zu erbringen.
Der 1965 geborene Antragsteller (Ast) beantragte am 17.07.2002 bei der Ag die Anerkennung eines Ereignisses vom 30.06.1987 als Arbeitsunfall und die Entschädigung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge dieses Ereignisses. Dies lehnte die Ag mit Bescheid vom 08.09.2002 und Widerspruchsbescheid vom 28.01.2003 ab, da eine versicherte Tätigkeit zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht vorgelegen habe. Das nachfolgende Klageverfahren blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18.11.2003).
Im Berufungsverfahren hat der Senat den Psychiater Dr. C. gehört (Gutachten vom 19.11.2007 nach stationärer Untersuchung des Ast, ergänzende Stellungnahme vom 07.03.2008). Dr. C. hat beim Ast eine posttraumatische Belastungsstörung, Dysthymie sowie eine Zwangsstörung mit Zwangshandlungen festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien auf das Ereignis vom 30.06.1987 zurückzuführen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei in Höhe von 40 vH für die Jahre 1987 bis 2003 und für die nachfolgende Zeit mit 20 vH zu bewerten.
Mit Schreiben vom 10.03.2008 hat der Ast von der Ag die Übernahme der Kosten für die Weiterführung einer Psychotherapie beantragt. Dies hat die Ag unter dem 12.03.2008 abgelehnt. Der Beigeladene zu 1) hat mit Schreiben vom 18.03.2008 ebenfalls einen Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt.
Im Erörterungstermin vom 10.04.2008 hat der Ast die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Erbringung von ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Behandlungen durch die Ag beantragt. Mit Schreiben vom 27.04.2008 (09.05.2008) hat der Ast zusätzlich beantragt, ihm ab sofort Leistungen zum Lebensunterhalt und zum Wohnen zu gewähren. Unter dem 10.06.2008 wird ausgeführt, dass das Gericht nicht an die Fassung der Anträge gebunden sei und es auch möglich wäre, für die Zeit ab Antragstellung einen angemessenen monatlichen Geldbetrag zuzusprechen
Mit Stellungnahme vom 14.08.2008 hat Dr. C. an der Bewertung der Unfallfolgen festgehalten. Die Einschätzung der MdE von 20 vH bestehe über den Begutachtungszeitpunkt im Jahre 2007 hinaus. Eine Besserung des unfallbedingten Leidens und der dadurch noch weiter bestehenden MdE von 20 vH sei nur durch eine traumaspezifische Psychotherapie möglich. Es sollten regelmäßige Termine alle 1-2 Wochen stattfinden. Die bisherige traumaspezifische Psychotherapie sei erfolgreich gewesen und sollte fortgeführt werden.
Mit Beschluss vom 21.08.2008 hat der Senat die Beigeladene zu 2) im Antragsverfahren notwendig beigeladen. Die Beigeladene zu 2) hat mit Schreiben vom 18.09.2008 ausgeführt, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen aufgrund der Ausführungen des Dr. C. vom 14.08.2008 eine weitere ambulante Psychotherapie für 30 Sitzungen befürwortet habe. Die Beigeladene zu 2) erkläre sich daher bereit, dem ASt die beantragte Psychotherapie bei Dipl.-Psych. K. für 30 Stunden zu gewähren. Der ASt könne sofort mit der Therapie beginnen.
Unter dem 30.09.2008 hat der Ast darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 2) auch die Fahrtkosten zum Behandlungsort zu übernehmen habe. Für diese Fahrten habe er kein Geld. Im Antragsverfahren sei noch über Leistungen zum Lebensunterhalt und über eine Kostenübernahme für eine Therapie beim Dipl.-Psych. W. B. zu entscheiden. Der Prozessbevollmächtigte des Ast hat mit Schriftsatz vom 01.10.2008 vorgebracht, dass ein Geldbetrag für die Fahrtkosten und ein Geldbetrag für die sonstigen laufenden Kosten zuzusprechen sei.
Mit Schreiben vom 07.10.2008 hat die Ag zu den Ausführungen des Dr. C. eine beratungsärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. K. vom 02.09.2008 übersandt. Nach Dr. K. seien beim Ast bestehende psychische Störungen (vorzeitiger asthenischer Versagenszustand bei Dysthymie, diffuse Somatisierungsstörungen) als unfallunabhängig zu betrachten. Insgesamt seien Schädigungsfolgen nach dem Ereignis vom 30.06.1987 im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung keinesfalls nachgewiesen worden. Der Beigeladene zu 2) hat unter dem 21.10.2008 ein Gutachten des Psychiaters Dr. D. vom 17.10.2008 vorgelegt. Dr. D. hat ausgeführt, dass beim Ast eine Dysthymie und eine Zwangsstörung bestehen. Diese Gesundheitsstörungen ließen sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 30.06.1987 beziehen. Den Ausführungen des Dr. K. und des Dr. D. ist der Kläger mit mehreren Schreiben entgegen getreten.
Die Beigeladene zu 2) hat mit Schreiben vom 09.10.2008, 29.10.2008 und 08.12.2008 die Übernahme der Fahrtkosten abgelehnt. Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung könnten nur bei zwingender medizinischer Notwendigkeit in besonderen Ausnahmefällen im Sinne der Krankentransport-Richtlinien von der Krankenkasse übernommen werden. Mit Schreiben vom 26.11.2008 hat die Beigeladene zu 2) mitgeteilt, dass eine Übernahme von Therapiekosten bei Dipl.-Psych. W. B. nicht in Betracht komme. Bei Dipl-Psych. W. B. handele es sich nicht um einen zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassenen Therapeuten. Die Gewährung von zwei parallel laufenden Therapien mit demselben Therapieziel könne nicht beansprucht werden.
Auf Anregung des Ast vom 12.11.2008 und 05.12.2008 sowie auf das Vorbringen des Ast in dem in der Hauptsache am 27.11.2008 durchgeführten Erörterungstermin ist Dr. C. mit Stellungnahme vom 02.02.2009 (Eingang 25.02.2009/vorläufige Fassung am 04.02.2009) erneut ergänzend gehört worden. Er hat daran festgehalten, dass eine traumaspezifische Psychotherapie zur weiteren Verbesserung der Symptomatik notwendig sei. Es sollten alle 1-2 Wochen regelmäßige Termine stattfinden. Entsprechend den Richtlinien der Psychotherapie gehöre hierzu nicht die gleichzeitige Psychotherapie bei zwei verschiedenen Therapeuten. Es sei Dr. K. und Dr. D. zu entgegnen, dass das Ereignis vom 30.06.1987 sehr wohl die diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfülle. Die Anamnese und testpsychologische Diagnostik des Antragstellers bei Begutachtung und die zurückliegenden ärztlichen Dokumente sowie der bisherige Behandlungsverlauf seien mit den getroffenen Diagnosen und der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges mit dem Unfallereignis in Einklang zu bringen.
Hierzu hat sich der Ast geäußert (Schriftsatz vom 23.02.2009). Er benötige einmal in der Woche eine Therapiestunde und zwar abwechselnd bei Dipl.-Psych. K. und bei Dipl.-Psych. W. B ... Die gleichzeitige Psychotherapie bei zwei verschiedenen Therapeuten sei bei ihm erfolgreich gewesen. Die Ag sei auch nicht an den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gebunden. Unter Berücksichtigung der nunmehrigen Verfahrensdauer sei davon auszugehen, dass die von der Beigeladenen zu 2) bewilligten 30 Therapiestunden nicht ausreichten, um die Kontinuität der Heilbehandlung zu gewährleisten. Es werde daher gebeten, die Heilbehandlung in der bisherigen Form einschließlich der Übernahme der Fahrtkosten bis zum rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache zu bewilligen. Er benötige dringend vorläufige Leistungen zum Lebensunterhalt und zum Wohnen. Die Höhe der Leistungen werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, jedoch mindestens 413,18 EUR. Damit sei der Lebensunterhalt bei weitem nicht sichergestellt. Angesichts des Ausmaßes der traumaassoziierten Zwänge und der mit Sicherheit zu erwartenden weit höheren MdE-Einschätzung als 20 vH seien auch höhere Leistungen gerechtfertigt.
In weiteren Stellungnahmen vom 25. und 26.02.2008 verweist der Ast auf einen Bescheid der Ag vom 18.02.2009, der hinsichtlich der Entschädigung eines weiteren Unfalls vom 10.07.2008 erging. Die Ag habe diesen Unfall als Arbeitsunfall anerkannt, aber einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt. Zur Begründung habe sie ausgeführt, dass nach den Angaben des Ast in dem Berufungsverfahren L 17 U 403/03 und dem hiesigen Antragsverfahren davon ausgegangen werden müsse, dass der Ast bereits vor Eintritt des Unfalls vom 10.07.2008 völlig erwerbsunfähig gewesen sei. Hieraus sei nach Auffassung des Ast zu folgern, dass nach Meinung der Ag bereits vor dem 10.07.2008 eine MdE in Höhe von 100 vH vorgelegen habe. Dies entspreche auch der Einschätzung des Dr. C. vom 14.08.2008, der die direkt auf das Unfallereignis zurückzuführende MdE mit 20 vH eingeschätzt habe. Sein Leidenszustand (nämlich 100 vH) sei durch die sekundären und tertiären Auswirkungen des Unfallereignisses auf sein Leben und seiner spezifischen Verarbeitungsform entstanden. Zu den Verletzungsfolgen des Ereignisses vom 30.06.1987 zählten auch der bei ihm bestehende Tinnitus und Bandscheibenschäden, deren Entstehung auf die posttraumatische Belastungsstörung bzw. deren Symptomatik zurückzuführen sei.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akte des Hauptsacheverfahrens (L 17 U 403/03) und auf die Akte des vorliegenden Antragsverfahrens Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist zum Teil begründet.
Der Antrag ist gerichtet auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da es dem Ast um die Einräumung eines vorläufigen Rechtszustandes geht. Im Einzelnen begehrt er die vorläufige Zahlung von Geldleistungen in Hinblick auf eine von der Ag voraussichtlich zu erbringenden Verletztenrente, die vorläufige Übernahme der Kosten für eine Therapie bei Dipl.-Psych. K. über die bereits von der Beigeladenen zu 2) anerkannte Kostenübernahme für 30 Therapiestunden hinaus und für eine Therapie bei Dipl.-Psych. W. B. sowie die Übernahme von Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung bei Dipl.-Psych. K ...
Nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine Regelungsanordnung setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung).
Hinsichtlich der voraussichtlich zu erbringenden Verletztenrente hat der Ast einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Grundsätzlich ist für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anzustellen. Allerdings ist der Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz insofern Rechnung zu tragen, als in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen für den Antragsteller geht, den Gerichten eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt ist. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen. Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 02.05.2005 - 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927). Es sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (BVerfG Beschluss vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02 = NJW 2003, 1236, 1237).
Ob der Ast eine Verletztenrente nach § 57 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) beanspruchen kann, ist nach dem derzeitigen Stand des Hauptsacheverfahrens nicht ausgeschlossen. Dies gilt hinsichtlich der Annahme eines Arbeitsunfalls am 30.06.1987 zu Lasten der Ag als zuständiger Versicherungsträger, der Kausalität dieses Ereignisses sowie für das Vorliegen unfallbedingter Gesundheitsstörungen. Insbesondere hat der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. C. unfallbedingte Gesundheitsstörungen festgestellt und die MdE infolge dieser Störungen mit 20 vH bewertet. Dr. C. ist den von der Ag und der Beigeladenen zu 1) eingebrachten ärztlichen Stellungnahme entgegen getreten und hat an seiner Einschätzung festgehalten. Eine abschließende Klärung der streitigen Rechtsfragen und der Frage, ob die von Dr. C. festgestellte posttraumatische Belastungsstörung, die Dysthymie sowie die Zwangsstörung auf das Ereignis vom 30.06.1987 zurückzuführen sind, ist in Anbetracht der gebotenen Eilbedürftigkeit des Antragsverfahrens nicht möglich. Jedenfalls spricht hierfür mehr als dagegen. Bei der folglich anzustellenden Interessenabwägung ist neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Ast und der hieraus folgenden Lebenssituation des Ast zu berücksichtigen, dass Geldleistungen zum Lebensunterhalt oder zur Bewältigung der nach Dr. C. erforderlichen Psychotherapie nicht zur Verfügung stehen. Auf Leistungen der Sozialhilfe kann der Ast nicht verwiesen werden (vgl. A.-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b RdNrn 29e, 29f). Ein finanzielles Interesse der Ag muss demgegenüber zurücktreten.
Dies zu Grunde gelegt, ist es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, die Ag zur vorläufigen Zahlung einer Verletztenrente für einen begrenzten Zeitraum bis zum 31.10.2009 zu verpflichten, wobei die Zeitdauer bis zum evtl. vorher eintretenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache begrenzt wird. Die Befristung ergibt sich aus der Dauer der Therapie, zu deren Kostenübernahme sich die Beigeladene zu 2) bereit erklärt hat, und der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache.
Die vorläufigen Leistungen sind ab 01.02.2009 zu zahlen. Denn es ist davon auszugehen, dass vorläufige Leistungen, die vorhergehende Zeiträume betreffen, nicht nötig sind, um wesentliche Nachteile im oben genannten Sinne abzuwenden. Auch hat sich erst aufgrund der ergänzenden Stellungnahme des Dr. C. vom 02.02.2009 und dessen Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Dr. K. und Dr. D. ergeben, dass die Gewährung vorläufiger Leistungen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist.
Zur Höhe der vorläufigen Zahlungen ist auszuführen, dass die MdE sich danach richtet, in welchem Umfang die Unfallfolgen das körperliche und geistige Leistungsvermögen des Versicherten beeinträchtigen und seine Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindern (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Abzustellen ist auf die Unfallfolgen, also auf die Gesundheitsstörungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen. Dies setzt voraus, dass das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines Gesundheitsschadens bewirkt hat. Dr. C. hat zuletzt in der Stellungnahme vom 14.08.2008 ausgeführt, das die auf das Unfallereignis zurückzuführende Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung, Dysthymie sowie Zwangsstörung mit einer MdE von 20 vH zu bewerten ist. Darüber hinaus besteht beim Ast ein subjektiver Leidenszustand, der nach Dr. C. aufgrund sekundärer und tertiärer Auswirkungen des Unfallereignisses entstanden ist. Nicht aber der gesamte Leidenszustand des Ast ist wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Der Frage, ob das vom Ast beschriebene Ausmaß der Zwangsstörung, die geltend gemachte Einbeziehung eines Tinnitus und die Bandscheibenschäden als Unfallfolgen bzw. bei der Bemessung der MdE zu berücksichtigen sind, kann im Rahmen des Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden; dies muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Bescheid der Ag vom 18.02.2009 und den dortigen Ausführungen der Ag, dass nach Angaben des Ast im Hauptsacheverfahren und im Antragsverfahren von einer völligen Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem Ereignis vom 10.07.2008 auszugehen sei. Hieraus ergibt sich nicht die Zuerkennung einer MdE von 100 vH infolge des Unfalls vom 30.06.1987. Für die Bemessung der MdE ist - wie ausgeführt - allein auf die Beeinträchtigungen abzustellen, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 30.06.1987 stehen.
Hinsichtlich der beantragten Kostenübernahme für eine Psychotherapie bei Dipl.-Psych. K. und Dipl.-Psych. W. B. besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass eine Eilbedürftigkeit besteht, zur Vermeidung von Nachteilen weitere Therapiestunden zuzusprechen, die über die Anzahl der 30 Therapiestunden hinausgehen, zu deren Kostenübernahme sich die Beigeladene zu 2) bereit erklärt hat. Auf die gerichtliche Anfrage vom 09.12.2008, ob eine psychotherapeutische Behandlung bei Dipl.-Psych. W. B. erforderlich sei, hat Dr. C. unter dem 02.02.2009 ausgeführt, dass eine traumaspezifische Psychotherapie zur weiteren Verbesserung der Symptomatik notwendig ist. Regelmäßige Termine sollten alle 1-2 Wochen stattfinden. Eine zusätzliche Therapie bei Dipl.-Psych. W. B. hat Dr. C. nicht befürwortet.
Für die Übernahme der Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung bei Dipl.-Psych. K. durch die Beigeladene zu 2) besteht kein Anordnungsanspruch. Die Beigeladene zu 2) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass für eine Übernahme keine Rechtsgrundlage erkennbar ist. Auf die Ausführungen der Beigeladenen zu 2) wird Bezug genommen. Nach weiterer Maßgabe des § 60 Abs 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) übernimmt die Krankenkasse die Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung, wobei nach § 60 Abs 1 Satz 1 SGB V für die Fälle des § 60 Abs 1 bis 3 SGB V verlangt wird, dass der Transport aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig ist. Zu bedenken ist daher auch der Umstand, dass vorliegend die Übernahme der Kosten für die Fahrten nicht aus medizinischen Gründen, sondern aufgrund fehlender finanzieller Mittel geltend gemacht wird.
Eine Inanspruchnahme der beteiligten Unfallversicherungsträger kann schon deshalb nicht erfolgen, weil die Übernahme der Fahrtkosten nur als ergänzende Leistungen zu einer Heilbehandlung übernommen werden können (§ 43 Abs 1 Satz 2 SGB VII). Voraussetzung ist die Ausführung einer Heilbehandlung, die nach Maßgabe der unfallversicherungsrechtlichen Vorschriften gewährt wird. Hieran fehlt es. Auch können die beteiligten Unfallversicherungsträger schon deshalb im Rahmen des Antragsverfahrens zu einer Heilbehandlung nicht verpflichtet werden, weil es hierfür an einem Anordnungsgrund fehlt. Denn die Beigeladene zu 2) hat sich zur Kostenübernahme der Heilbehandlung bereit erklärt.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG und berücksichtigt das anteilige Obsiegen bzw. Unterliegen. Zwar kann ein Teilerfolg des Ast darin gesehen werden, dass sich die Beigeladene zu 2) zur Übernahme der begehrten Heilbehandlung bereit erklärt hat. Allerdings hat sie unmittelbar nach erfolgter Beiladung reagiert, so dass eine Kostenerstattung zugunsten des Ast unterbleibt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig in dem Antragsverfahren ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin (Ag), des zu 1) beigeladenen Gemeindeunfallversicherungsverbandes oder der zu 2) beigeladenen land- und forstwirtschaftlichen Krankenkasse, vorläufige Leistungen infolge eines geltend gemachten Arbeitsunfalls zu erbringen.
Der 1965 geborene Antragsteller (Ast) beantragte am 17.07.2002 bei der Ag die Anerkennung eines Ereignisses vom 30.06.1987 als Arbeitsunfall und die Entschädigung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge dieses Ereignisses. Dies lehnte die Ag mit Bescheid vom 08.09.2002 und Widerspruchsbescheid vom 28.01.2003 ab, da eine versicherte Tätigkeit zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht vorgelegen habe. Das nachfolgende Klageverfahren blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18.11.2003).
Im Berufungsverfahren hat der Senat den Psychiater Dr. C. gehört (Gutachten vom 19.11.2007 nach stationärer Untersuchung des Ast, ergänzende Stellungnahme vom 07.03.2008). Dr. C. hat beim Ast eine posttraumatische Belastungsstörung, Dysthymie sowie eine Zwangsstörung mit Zwangshandlungen festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien auf das Ereignis vom 30.06.1987 zurückzuführen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei in Höhe von 40 vH für die Jahre 1987 bis 2003 und für die nachfolgende Zeit mit 20 vH zu bewerten.
Mit Schreiben vom 10.03.2008 hat der Ast von der Ag die Übernahme der Kosten für die Weiterführung einer Psychotherapie beantragt. Dies hat die Ag unter dem 12.03.2008 abgelehnt. Der Beigeladene zu 1) hat mit Schreiben vom 18.03.2008 ebenfalls einen Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt.
Im Erörterungstermin vom 10.04.2008 hat der Ast die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Erbringung von ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Behandlungen durch die Ag beantragt. Mit Schreiben vom 27.04.2008 (09.05.2008) hat der Ast zusätzlich beantragt, ihm ab sofort Leistungen zum Lebensunterhalt und zum Wohnen zu gewähren. Unter dem 10.06.2008 wird ausgeführt, dass das Gericht nicht an die Fassung der Anträge gebunden sei und es auch möglich wäre, für die Zeit ab Antragstellung einen angemessenen monatlichen Geldbetrag zuzusprechen
Mit Stellungnahme vom 14.08.2008 hat Dr. C. an der Bewertung der Unfallfolgen festgehalten. Die Einschätzung der MdE von 20 vH bestehe über den Begutachtungszeitpunkt im Jahre 2007 hinaus. Eine Besserung des unfallbedingten Leidens und der dadurch noch weiter bestehenden MdE von 20 vH sei nur durch eine traumaspezifische Psychotherapie möglich. Es sollten regelmäßige Termine alle 1-2 Wochen stattfinden. Die bisherige traumaspezifische Psychotherapie sei erfolgreich gewesen und sollte fortgeführt werden.
Mit Beschluss vom 21.08.2008 hat der Senat die Beigeladene zu 2) im Antragsverfahren notwendig beigeladen. Die Beigeladene zu 2) hat mit Schreiben vom 18.09.2008 ausgeführt, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen aufgrund der Ausführungen des Dr. C. vom 14.08.2008 eine weitere ambulante Psychotherapie für 30 Sitzungen befürwortet habe. Die Beigeladene zu 2) erkläre sich daher bereit, dem ASt die beantragte Psychotherapie bei Dipl.-Psych. K. für 30 Stunden zu gewähren. Der ASt könne sofort mit der Therapie beginnen.
Unter dem 30.09.2008 hat der Ast darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 2) auch die Fahrtkosten zum Behandlungsort zu übernehmen habe. Für diese Fahrten habe er kein Geld. Im Antragsverfahren sei noch über Leistungen zum Lebensunterhalt und über eine Kostenübernahme für eine Therapie beim Dipl.-Psych. W. B. zu entscheiden. Der Prozessbevollmächtigte des Ast hat mit Schriftsatz vom 01.10.2008 vorgebracht, dass ein Geldbetrag für die Fahrtkosten und ein Geldbetrag für die sonstigen laufenden Kosten zuzusprechen sei.
Mit Schreiben vom 07.10.2008 hat die Ag zu den Ausführungen des Dr. C. eine beratungsärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. K. vom 02.09.2008 übersandt. Nach Dr. K. seien beim Ast bestehende psychische Störungen (vorzeitiger asthenischer Versagenszustand bei Dysthymie, diffuse Somatisierungsstörungen) als unfallunabhängig zu betrachten. Insgesamt seien Schädigungsfolgen nach dem Ereignis vom 30.06.1987 im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung keinesfalls nachgewiesen worden. Der Beigeladene zu 2) hat unter dem 21.10.2008 ein Gutachten des Psychiaters Dr. D. vom 17.10.2008 vorgelegt. Dr. D. hat ausgeführt, dass beim Ast eine Dysthymie und eine Zwangsstörung bestehen. Diese Gesundheitsstörungen ließen sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 30.06.1987 beziehen. Den Ausführungen des Dr. K. und des Dr. D. ist der Kläger mit mehreren Schreiben entgegen getreten.
Die Beigeladene zu 2) hat mit Schreiben vom 09.10.2008, 29.10.2008 und 08.12.2008 die Übernahme der Fahrtkosten abgelehnt. Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung könnten nur bei zwingender medizinischer Notwendigkeit in besonderen Ausnahmefällen im Sinne der Krankentransport-Richtlinien von der Krankenkasse übernommen werden. Mit Schreiben vom 26.11.2008 hat die Beigeladene zu 2) mitgeteilt, dass eine Übernahme von Therapiekosten bei Dipl.-Psych. W. B. nicht in Betracht komme. Bei Dipl-Psych. W. B. handele es sich nicht um einen zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassenen Therapeuten. Die Gewährung von zwei parallel laufenden Therapien mit demselben Therapieziel könne nicht beansprucht werden.
Auf Anregung des Ast vom 12.11.2008 und 05.12.2008 sowie auf das Vorbringen des Ast in dem in der Hauptsache am 27.11.2008 durchgeführten Erörterungstermin ist Dr. C. mit Stellungnahme vom 02.02.2009 (Eingang 25.02.2009/vorläufige Fassung am 04.02.2009) erneut ergänzend gehört worden. Er hat daran festgehalten, dass eine traumaspezifische Psychotherapie zur weiteren Verbesserung der Symptomatik notwendig sei. Es sollten alle 1-2 Wochen regelmäßige Termine stattfinden. Entsprechend den Richtlinien der Psychotherapie gehöre hierzu nicht die gleichzeitige Psychotherapie bei zwei verschiedenen Therapeuten. Es sei Dr. K. und Dr. D. zu entgegnen, dass das Ereignis vom 30.06.1987 sehr wohl die diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfülle. Die Anamnese und testpsychologische Diagnostik des Antragstellers bei Begutachtung und die zurückliegenden ärztlichen Dokumente sowie der bisherige Behandlungsverlauf seien mit den getroffenen Diagnosen und der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges mit dem Unfallereignis in Einklang zu bringen.
Hierzu hat sich der Ast geäußert (Schriftsatz vom 23.02.2009). Er benötige einmal in der Woche eine Therapiestunde und zwar abwechselnd bei Dipl.-Psych. K. und bei Dipl.-Psych. W. B ... Die gleichzeitige Psychotherapie bei zwei verschiedenen Therapeuten sei bei ihm erfolgreich gewesen. Die Ag sei auch nicht an den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gebunden. Unter Berücksichtigung der nunmehrigen Verfahrensdauer sei davon auszugehen, dass die von der Beigeladenen zu 2) bewilligten 30 Therapiestunden nicht ausreichten, um die Kontinuität der Heilbehandlung zu gewährleisten. Es werde daher gebeten, die Heilbehandlung in der bisherigen Form einschließlich der Übernahme der Fahrtkosten bis zum rechtskräftigen Abschluss der Hauptsache zu bewilligen. Er benötige dringend vorläufige Leistungen zum Lebensunterhalt und zum Wohnen. Die Höhe der Leistungen werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, jedoch mindestens 413,18 EUR. Damit sei der Lebensunterhalt bei weitem nicht sichergestellt. Angesichts des Ausmaßes der traumaassoziierten Zwänge und der mit Sicherheit zu erwartenden weit höheren MdE-Einschätzung als 20 vH seien auch höhere Leistungen gerechtfertigt.
In weiteren Stellungnahmen vom 25. und 26.02.2008 verweist der Ast auf einen Bescheid der Ag vom 18.02.2009, der hinsichtlich der Entschädigung eines weiteren Unfalls vom 10.07.2008 erging. Die Ag habe diesen Unfall als Arbeitsunfall anerkannt, aber einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt. Zur Begründung habe sie ausgeführt, dass nach den Angaben des Ast in dem Berufungsverfahren L 17 U 403/03 und dem hiesigen Antragsverfahren davon ausgegangen werden müsse, dass der Ast bereits vor Eintritt des Unfalls vom 10.07.2008 völlig erwerbsunfähig gewesen sei. Hieraus sei nach Auffassung des Ast zu folgern, dass nach Meinung der Ag bereits vor dem 10.07.2008 eine MdE in Höhe von 100 vH vorgelegen habe. Dies entspreche auch der Einschätzung des Dr. C. vom 14.08.2008, der die direkt auf das Unfallereignis zurückzuführende MdE mit 20 vH eingeschätzt habe. Sein Leidenszustand (nämlich 100 vH) sei durch die sekundären und tertiären Auswirkungen des Unfallereignisses auf sein Leben und seiner spezifischen Verarbeitungsform entstanden. Zu den Verletzungsfolgen des Ereignisses vom 30.06.1987 zählten auch der bei ihm bestehende Tinnitus und Bandscheibenschäden, deren Entstehung auf die posttraumatische Belastungsstörung bzw. deren Symptomatik zurückzuführen sei.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akte des Hauptsacheverfahrens (L 17 U 403/03) und auf die Akte des vorliegenden Antragsverfahrens Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist zum Teil begründet.
Der Antrag ist gerichtet auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da es dem Ast um die Einräumung eines vorläufigen Rechtszustandes geht. Im Einzelnen begehrt er die vorläufige Zahlung von Geldleistungen in Hinblick auf eine von der Ag voraussichtlich zu erbringenden Verletztenrente, die vorläufige Übernahme der Kosten für eine Therapie bei Dipl.-Psych. K. über die bereits von der Beigeladenen zu 2) anerkannte Kostenübernahme für 30 Therapiestunden hinaus und für eine Therapie bei Dipl.-Psych. W. B. sowie die Übernahme von Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung bei Dipl.-Psych. K ...
Nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine Regelungsanordnung setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung).
Hinsichtlich der voraussichtlich zu erbringenden Verletztenrente hat der Ast einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Grundsätzlich ist für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anzustellen. Allerdings ist der Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz insofern Rechnung zu tragen, als in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen für den Antragsteller geht, den Gerichten eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt ist. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen. Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 02.05.2005 - 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927). Es sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (BVerfG Beschluss vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02 = NJW 2003, 1236, 1237).
Ob der Ast eine Verletztenrente nach § 57 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) beanspruchen kann, ist nach dem derzeitigen Stand des Hauptsacheverfahrens nicht ausgeschlossen. Dies gilt hinsichtlich der Annahme eines Arbeitsunfalls am 30.06.1987 zu Lasten der Ag als zuständiger Versicherungsträger, der Kausalität dieses Ereignisses sowie für das Vorliegen unfallbedingter Gesundheitsstörungen. Insbesondere hat der vom Senat gehörte Sachverständige Dr. C. unfallbedingte Gesundheitsstörungen festgestellt und die MdE infolge dieser Störungen mit 20 vH bewertet. Dr. C. ist den von der Ag und der Beigeladenen zu 1) eingebrachten ärztlichen Stellungnahme entgegen getreten und hat an seiner Einschätzung festgehalten. Eine abschließende Klärung der streitigen Rechtsfragen und der Frage, ob die von Dr. C. festgestellte posttraumatische Belastungsstörung, die Dysthymie sowie die Zwangsstörung auf das Ereignis vom 30.06.1987 zurückzuführen sind, ist in Anbetracht der gebotenen Eilbedürftigkeit des Antragsverfahrens nicht möglich. Jedenfalls spricht hierfür mehr als dagegen. Bei der folglich anzustellenden Interessenabwägung ist neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Ast und der hieraus folgenden Lebenssituation des Ast zu berücksichtigen, dass Geldleistungen zum Lebensunterhalt oder zur Bewältigung der nach Dr. C. erforderlichen Psychotherapie nicht zur Verfügung stehen. Auf Leistungen der Sozialhilfe kann der Ast nicht verwiesen werden (vgl. A.-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b RdNrn 29e, 29f). Ein finanzielles Interesse der Ag muss demgegenüber zurücktreten.
Dies zu Grunde gelegt, ist es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, die Ag zur vorläufigen Zahlung einer Verletztenrente für einen begrenzten Zeitraum bis zum 31.10.2009 zu verpflichten, wobei die Zeitdauer bis zum evtl. vorher eintretenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache begrenzt wird. Die Befristung ergibt sich aus der Dauer der Therapie, zu deren Kostenübernahme sich die Beigeladene zu 2) bereit erklärt hat, und der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache.
Die vorläufigen Leistungen sind ab 01.02.2009 zu zahlen. Denn es ist davon auszugehen, dass vorläufige Leistungen, die vorhergehende Zeiträume betreffen, nicht nötig sind, um wesentliche Nachteile im oben genannten Sinne abzuwenden. Auch hat sich erst aufgrund der ergänzenden Stellungnahme des Dr. C. vom 02.02.2009 und dessen Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Dr. K. und Dr. D. ergeben, dass die Gewährung vorläufiger Leistungen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist.
Zur Höhe der vorläufigen Zahlungen ist auszuführen, dass die MdE sich danach richtet, in welchem Umfang die Unfallfolgen das körperliche und geistige Leistungsvermögen des Versicherten beeinträchtigen und seine Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindern (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Abzustellen ist auf die Unfallfolgen, also auf die Gesundheitsstörungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen. Dies setzt voraus, dass das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines Gesundheitsschadens bewirkt hat. Dr. C. hat zuletzt in der Stellungnahme vom 14.08.2008 ausgeführt, das die auf das Unfallereignis zurückzuführende Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung, Dysthymie sowie Zwangsstörung mit einer MdE von 20 vH zu bewerten ist. Darüber hinaus besteht beim Ast ein subjektiver Leidenszustand, der nach Dr. C. aufgrund sekundärer und tertiärer Auswirkungen des Unfallereignisses entstanden ist. Nicht aber der gesamte Leidenszustand des Ast ist wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Der Frage, ob das vom Ast beschriebene Ausmaß der Zwangsstörung, die geltend gemachte Einbeziehung eines Tinnitus und die Bandscheibenschäden als Unfallfolgen bzw. bei der Bemessung der MdE zu berücksichtigen sind, kann im Rahmen des Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden; dies muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Bescheid der Ag vom 18.02.2009 und den dortigen Ausführungen der Ag, dass nach Angaben des Ast im Hauptsacheverfahren und im Antragsverfahren von einer völligen Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem Ereignis vom 10.07.2008 auszugehen sei. Hieraus ergibt sich nicht die Zuerkennung einer MdE von 100 vH infolge des Unfalls vom 30.06.1987. Für die Bemessung der MdE ist - wie ausgeführt - allein auf die Beeinträchtigungen abzustellen, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 30.06.1987 stehen.
Hinsichtlich der beantragten Kostenübernahme für eine Psychotherapie bei Dipl.-Psych. K. und Dipl.-Psych. W. B. besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass eine Eilbedürftigkeit besteht, zur Vermeidung von Nachteilen weitere Therapiestunden zuzusprechen, die über die Anzahl der 30 Therapiestunden hinausgehen, zu deren Kostenübernahme sich die Beigeladene zu 2) bereit erklärt hat. Auf die gerichtliche Anfrage vom 09.12.2008, ob eine psychotherapeutische Behandlung bei Dipl.-Psych. W. B. erforderlich sei, hat Dr. C. unter dem 02.02.2009 ausgeführt, dass eine traumaspezifische Psychotherapie zur weiteren Verbesserung der Symptomatik notwendig ist. Regelmäßige Termine sollten alle 1-2 Wochen stattfinden. Eine zusätzliche Therapie bei Dipl.-Psych. W. B. hat Dr. C. nicht befürwortet.
Für die Übernahme der Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung bei Dipl.-Psych. K. durch die Beigeladene zu 2) besteht kein Anordnungsanspruch. Die Beigeladene zu 2) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass für eine Übernahme keine Rechtsgrundlage erkennbar ist. Auf die Ausführungen der Beigeladenen zu 2) wird Bezug genommen. Nach weiterer Maßgabe des § 60 Abs 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) übernimmt die Krankenkasse die Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung, wobei nach § 60 Abs 1 Satz 1 SGB V für die Fälle des § 60 Abs 1 bis 3 SGB V verlangt wird, dass der Transport aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig ist. Zu bedenken ist daher auch der Umstand, dass vorliegend die Übernahme der Kosten für die Fahrten nicht aus medizinischen Gründen, sondern aufgrund fehlender finanzieller Mittel geltend gemacht wird.
Eine Inanspruchnahme der beteiligten Unfallversicherungsträger kann schon deshalb nicht erfolgen, weil die Übernahme der Fahrtkosten nur als ergänzende Leistungen zu einer Heilbehandlung übernommen werden können (§ 43 Abs 1 Satz 2 SGB VII). Voraussetzung ist die Ausführung einer Heilbehandlung, die nach Maßgabe der unfallversicherungsrechtlichen Vorschriften gewährt wird. Hieran fehlt es. Auch können die beteiligten Unfallversicherungsträger schon deshalb im Rahmen des Antragsverfahrens zu einer Heilbehandlung nicht verpflichtet werden, weil es hierfür an einem Anordnungsgrund fehlt. Denn die Beigeladene zu 2) hat sich zur Kostenübernahme der Heilbehandlung bereit erklärt.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG und berücksichtigt das anteilige Obsiegen bzw. Unterliegen. Zwar kann ein Teilerfolg des Ast darin gesehen werden, dass sich die Beigeladene zu 2) zur Übernahme der begehrten Heilbehandlung bereit erklärt hat. Allerdings hat sie unmittelbar nach erfolgter Beiladung reagiert, so dass eine Kostenerstattung zugunsten des Ast unterbleibt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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