L 9 AL 451/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1363/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 451/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 13/09 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III betrifft die Herabbemessungsgründe, die in der Person des Beziehers der Arbeitslosenhilfe liegen. Aus dem systematischen Verhältnis zu § 201 SGB III ergibt sich, dass mit Gründen im Sinne des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III keine arbeitsmarktbedingten Gründe gemeint sich (Hinweis auf BSG vom 21. Oktober 2003 SozR 4-4300 § 200 Nr. 1).
2. Sinn des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III ist es, bestimmte Gründe zu erfassen, die nicht bereits bei der turnusmäßigen Herabsetzung nach § 201 SGB III berücksichtigt werden. Diese aber soll gerade auch - pauschal - einem Verlust an beruflicher Qualifikation Rechnung tragen. Damit bleiben als persönliche Gründe vor allem Leistungsbeschränkungen übrig. Maßgebend sind nur solche Gründe, die den konkreten Arbeitslosenhilfebezieher aus einer Gruppe anderer Arbeitsloser, die ihm hinsichtlich beruflicher Qualifikation, Alter, Dauer der Arbeitslosigkeit und anderer Gesichtspunkte vergleichbar sind, individuell herausheben. Hierzu gehören besondere persönliche Leistungseinschränkungen, die in der Regel auf individuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhen. Die Rechtsfolge ist die Festsetzung eines fiktiven Bemessungsentgelts aus dem erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat (unter Hinweis auf Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 200, Rdnr. 10ff.).
3. Für die Höhe des Bemessungsentgelts für Arbeitslosenhilfe sind Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld nicht zu berücksichtigen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Strittig ist die Höhe des Bemessungsentgelts für die Zahlung von Arbeitslosenhilfe vom 04.11.1997 bis zum 31.12.2004 insbesondere für die Zeit vom 04.11.2001 bis zum 31.12.2004.

Der 1947 geborene Kläger hatte den Beruf eines Agraringenieurs an einer Fachhochschule erlernt (Diplom-Agraringenieur). Er studierte einige Semester Erziehungswissenschaften und bezog von der Beklagten seit 1974 Leistungen unterbrochen von kurzfristigen Beschäftigungen als Arbeiter. Nach eigenen Angaben hatte der Kläger 1976 eine Gesellenprüfung im Groß- und Außenhandel abgelegt, war aber danach wieder in kurzfristigen Beschäftigungen als Arbeiter und Wachmann tätig. In den Jahren 1987 bis 1989 nahm er an einer von der Beklagten geförderten Umschulungsmaßnahme zum Maschinenbauer teil, die er mit der Gesellenprüfung abschloss.

Nach seiner Beschäftigungszeit als Maschinenschlosser vom 29.10.1990 bis 30.11.1995 bei der Firma M. GmbH in F. meldete er sich am 01.12.1995 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte am 04.01.1996 die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg), das ihm die Beklagte unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts von 940,00 DM ab dem 01.12.1995 in Höhe von 335,40 DM wöchentlich für 572 Tage gewährte.

Weil der Kläger gegenüber dem zuständigen Vermittler Schmerzen in den Knien und an den Sprunggelenken angegeben hatte, hielt die Beklagte eine amtsärztliche Begutachtung für erforderlich (vgl. Antrag auf ärztliche Begutachtung vom 23. März 1996). Unter der Beschreibung der letzten Tätigkeit und der dabei auftretenden Beschwerden wurde mitgeteilt, dem Kläger sei eine Maßnahme in einer Übungswerkstätte Metall, mit dem Ziel die Kenntnisse als Maschinenbauer im Bereich CNC und EDV zu erweitern, vorgeschlagen worden. Er gebe an, aufgrund seiner Beschwerden würde er in das Berufsbild nicht passen, er wolle sich im kaufmännischen Bereich fortbilden lassen.

Der Amtsarzt Dr. B. stellte in seinem Gutachten vom 18.September 1996 fest, der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten, jedoch keine Tätigkeit als Maschinenbauer. Übliche Maschinenbauarbeiten könnten ihm nicht mehr zugemutet werden. Anders verhalte es sich jedoch mit CNC Tätigkeiten, welche nach Einschätzung des Gutachters auch sitzend ausgeübt werden könnten. Der ursprünglich erlernte Beruf eines Großhandelskaufmanns könne aus medizinischer Sicht ohne Einschränkungen fortgeführt werden.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger dann eine Fortbildungsmaßnahme und zahlte ihm ab dem 07.04.1997 bis zum 12.05.1997 Unterhaltsgeld. Die Maßnahme wurde jedoch vorzeitig beendet. Zwar verhängte die Beklagte mit Bescheid vom 17.07.1997 eine Sperrzeit von 12 Wochen für die Zeit vom 13.05.1997 bis zum 04.08.1997, berichtigte ihre Entscheidung aber mit Bescheid vom 27.10.1997 und half dann letztlich dem Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 16.12.1997 in vollem Umfang ab. Auch gegen den Bewilligungsbescheid vom 12.09.1997 über Arbeitslosengeld für die Zeit vom 13.08.1997 für 71 Tage legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.1997 zurückwies.

Am 25.11.1997 stellte der Kläger Antrag auf Arbeitslosenhilfe (Alhi). Mit Bescheid vom 22.12.1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi für den Bewilligungszeitraum vom 04.11.1997 bis zum 03.11.1998 (Bemessungsentgelt wöchentlich 720,00 DM; wöchentlicher Leistungssatz 239,40 DM; Leistungsgruppe A). Auf den Antrag vom 07.04.1998 bewilligte die Beklagte anschließend mit Bescheid vom 06.10.1998 Alhi für den Bewilligungszeitraum vom 04.11.1998 bis zum 03.11.1999 (Bemessungsentgelt wöchentlich 710,00 DM; wöchentlicher Leistungssatz 238,84 DM; Leistungsgruppe A). Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Das Bemessungsentgelt in Höhe von 710,00 DM (herabgesetzt von 1.110,00 DM) sei zu niedrig angesetzt.

In der Stellungnahme zum Widerspruch vom 29.12.1998 führte der Arbeitsberater der Beklagten P. aus, der Kläger sei nach dem Tarif der bayerischen Elektro- und Metallindustrie eingruppiert. Unter Berücksichtigung des Berufsschicksals, der Dauer der Arbeitslosigkeit, des vorliegenden Arztgutachtens und des Auftretens sei das bisher erzielbare Bemessungsentgelt am 02.12.1997 auf das bekannte Bemessungsentgelt in Höhe von DM 3.135,70 im Monat festgelegt worden.

Mit dem zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22.02.1999 lehnte die Beklagte eine höhere Arbeitslosenhilfe ab 04.11.1998 ab. Dem Arbeitslosengeld sei ab dem 01.12.1995 zunächst der bei der Firma M. bezogene Lohn zugrunde gelegt worden. Das Bemessungsentgelt habe daher wöchentlich 940,00 DM betragen und habe sich zum Zeitpunkt der Erschöpfung des Leistungsanspruches am 03.11.1997 auf 970,00 DM erhöht. Bei der Arbeitslosenhilfe ab dem 04.11.1997 sei schon ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt worden. Es habe sich um das tarifliche Entgelt der Beschäftigung gehandelt, auf die nach Einschätzung der zuständigen Vermittlungsfachkraft die Vermittlungsbemühungen für den Kläger unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse in erster Linie zu richten gewesen seien. Es sei nach dem Tarifvertrag der Bayerischen Metallindustrie in Bayern auf 3.135,70 DM pro Monat festgesetzt worden. Dieses Bemessungsentgelt enthalte eine 14 %-ige Leistungszulage sowie den Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen. Die Eingruppierung sei in die Lohngruppe 5 erfolgt, obwohl der Kläger nur noch für einfache Tätigkeiten im Metallbereich für fähig erachtet werde, weil es aufgrund seiner Vorbildung nicht ausgeschossen sei, dass er Spezialarbeiten verrichte, die eine nur kurze Einarbeitung erfordern würden. Er komme auch für eine Tätigkeit als Elektrokarrenfahrer in Betracht. Das verminderte Bemessungsentgelt von 710,00 DM ab dem 04.11.1998 (vorher 720,00 DM) beruhe auf der Regelung, wonach das Bemessungsentgelt für die Alhi jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Bestehen des Anspruchs auf Alhi mit einem um 0,03 verminderten Anpassungsfaktor angepasst werde. Die Verminderung auf 710,00 DM bedinge auch die Absenkung des Leistungssatzes von 241,01 DM auf 238,84 DM. Schon mit Änderungsbescheid vom 07.01.1999 hatte die Beklagte unter Berücksichtigung der Leistungsentgeltverordnung 1999 die Alhi ab dem 01.01.1999 auf 241,43 DM wöchentlichen Leistungssatz angepasst. Der Widerspruchsbescheid wurde nicht angefochten.

In der Zeit von 04.11.1999 bis zum 03.11.2001 bezog der Kläger weiter Alhi. Grundlage waren für die Zeit vom 04.11.1999 bis zum 03.11.2000 der Bescheid der Beklagten vom 25.11.1999 (Zahlungsnachweis Leistungsänderung vom 06.11.2000: Bemessungsentgelt wöchentlich 700,00 DM; wöchentlicher Leistungssatz 239,33 DM; Leistungsgruppe A) und für die Zeit ab dem 04.11.2000 bis zum 03.11.2001 der Bescheid der Beklagten vom 29.11.2000 (Zahlungsnachweis Leistungsänderung vom 05.11.2001: Bemessungsentgelt wöchentlich 680,00 DM; wöchentlicher Leistungssatz 240,66 DM; Leistungsgruppe A). Auf den dann am 02.10.2001 erneut gestellten Weitergewährungsantrag wurde dem Kläger mit Bescheid vom 13.Dezember 2001 Alhi ab dem 04.11.2001 bis 03.11.2002 bewilligt (Bemessungsentgelt wöchentlich 670,00 DM; wöchentlicher Leistungssatz 244,23 DM; Leistungsgruppe A). Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 04.01.2002 Widerspruch, mit dem Vorbringen, die Reduzierung des Bemessungsentgelts sei rechtswidrig, auch seien das Weihnachts- und Urlaubsgeld unberücksichtigt geblieben. Mit Änderungsbescheid vom 04.01.2002 gewährte die Beklagte Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.2002

unter Berücksichtigung der Leistungsentgeltverordnung 2002 (Bemessungsentgelt wöchentlich 340,00 EUR ; wöchentlicher Leistungssatz 124,32 EUR; Leistungsgruppe A).

Beim Beratungsgespräch am 17.09.2002 unterschrieb der Kläger eine Erklärung über den Gesprächsinhalt, wonach er im Hinblick auf seinen Widerspruch vom 31.12.2001 gegen den Bescheid vom 13.12.2001 (Alhi ab dem 04.11.2001 bis zum 03.11.2002) in Bezug auf seine gesundheitliche Leistungsfähigkeit angab, sein gesundheitlicher Zustand habe sich seit dem letzten ärztlichen Gutachten nicht mehr gebessert, im Gegenteil verschlechtert. Es wurde auf einen Kreislauftotalzusammenbruch im Juni 2002 verwiesen. Er stelle sich aber weiterhin für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung des bisherigen ärztlichen Gutachtens zur Verfügung. Der Kläger machte geltend, es sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unzulässig, das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld nicht anzurechnen, dies habe die Beklagte getan. Auch sei es unzulässig, Arbeitslosenhilfe aufgrund körperlicher und physischer Leistungsfähigkeit einzuschränken. Auf den weiteren Antrag bewilligte die Beklagte dann mit Bescheid vom 15.10.2002 weiter Alhi vom 04.11.2002 bis zum 03.11.2003 (Bemessungsentgelt wöchentlich 340,00 EUR ; wöchentlicher Leistungssatz 124,32 EUR; Leistungsgruppe A). Die Beklagte hatte darauf hingewiesen, der Bescheid vom 15. Oktober 2002 sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2002 wies sie den Widerspruch des Klägers vom 31.12.2001 zurück. Die Herabbemessung sei aufgrund des Gesundheitszustandes zu Recht erfolgt. Eine Anpassung jeweils nach dem Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums sei richtig vorgenommen worden und die Alhi sei jeweils nach Ablauf eines Jahre seit dem Entstehen des Anspruchs mit einem um 0,03 verminderten Anpassungsfaktor erfolgt.

Mit der am 19.11.2002 beim Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.10.2002 hat der Kläger sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen im sozialgerichtlichen Vorverfahren bezogen. Es sei von seinem Arbeitgeber 1/2 Urlaubsgeld und 1/2 Weihnachtsgeld nach dem Tarifvertrag gewährt worden. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts seien diese Beträge bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes bzw. der Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigen. Außerdem sei es unzulässig, die Höhe der Bemessungsgrundlage nach der Leistungsfähigkeit der Person einzuschränken. Er sei von 1990 bis 1995 bei der Firma M. GmbH aufgrund des Manteltarifvertrages bezahlt worden. Die Beklagte hat dem SG den Bewilligungsbescheid vom 04.12.2003 (Bemessungsentgelt wöchentlich 330,00 EUR; wöchentlicher Leistungssatz 121,10 EUR; Leistungsgruppe A) betreffend den Bewilligungszeitraum vom 04.11.2003 bis zum 03.11.2004 übersandt. Sie hat dem Kläger mitgeteilt, der Bescheid werde Gegen-stand des Klageverfahrens, ebenso wie der Änderungsbescheid vom Januar 2004 (Bemessungsentgelt wöchentlich 330,00 EUR ; wöchentlicher Leistungssatz 123,83 EUR; Leistungsgruppe A) für die Zeit ab dem 01.01.2004 unter Berücksichtigung der Leistungsentgeltverordnung 2004 und der Änderungsbescheid vom 1. Juni 2004 (Bemessungsentgelt wöchentlich 330,00 EUR ; wöchentlicher Leistungssatz 123,83 EUR; Leistungsgruppe A) betreffend den Zeitraum ab dem 01.06.2004 bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts am 31.12.2004. Die Weiterbewilligung über das ursprüngliche Ende des Bewilligungsabschnitts hinaus bis zum 31.12.2004 sei von Amts wegen erfolgt. Mit Änderungsbescheid vom 25. November 2004 (Bemessungsentgelt wöchentlich 320,00 EUR; wöchentlicher Leistungssatz 121,59 EUR; Leistungsgruppe A) hat die Beklagte letztmals die Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 04.11.2004 bis zum 31.12.2004 geändert.

Das SG hat ferner Beweis erhoben durch die Einvernahme des zuständigen Vermittlers P. zu den Vermittlungsmöglichkeiten des Klägers. Der Zeuge P. hat erklärt, als Betreuer des Klägers habe er trotz fehlender Vermittelbarkeit des Klägers als Maschinenbauer versucht, ihn in qualifizierten Tätigkeiten unterzubringen. Er sei für die fiktive Berechnung der Alhi nach dem günstigsten Tarifvertrag eingestuft worden. Die Vermittelbarkeit und der Gesundheitszustand des Klägers seien nicht besser geworden. Auch eine Prüfung der Einsatzfähigkeit des Klägers im Groß- und Außenhandel habe noch schlechtere Chancen ergeben, da er seit 20 Jahren in diesem Bereich nicht mehr tätig gewesen sei. Der Zeuge hat zudem eine Stellungnahme der Akademie Wissen-Bildung-Beruf vom 8. Juni 2001 vorgelegt, aus der im Wesentlichen hervorgeht, der Kläger sei auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar.

Mit Urteil vom 28. Oktober 2005 hat das Sozialgericht München die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere als die ihm ab dem 04.11.1997 bewilligte Arbeitslosenhilfe. Ein Anspruch auf eine höhere Alhi ab dem 04.11.1997 bis 03.11.2001 scheitere bereits daran, dass der Kläger die aufgrund der Verfügungen vom 16.12.1997 (Zeitraum vom 04.11.1997 bis 03.11.1998), vom 05.10.1998 (Zeitraum vom 04.11.1998 bis 04.11.1999), vom 08.11.1999 (Zeitraum vom 04.11.1999 bis 03.11.2000) und vom 28.11.2000 (Zeitraum vom 04.11.2000 bis 3.11.2001) ergangenen Bewilligungsbescheide nicht angefochten habe. Diese Bescheide seien gemäß § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Sache bindend geworden, weil der gegebene Rechtsbehelf nicht oder gegen den Bescheid vom 06.10.1998 erfolglos eingelegt worden und eine Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) nicht erfolgt sei. Auch die ab dem 04.11.2001 gewährte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 244,23 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt: 670,- DM) sei nicht zu beanstanden. Denn nach dem Gesamtergebnis der Verhandlung bestehe kein begründeter Zweifel, dass sich die Höhe der hier zu beurteilenden (Anschluß-)Alhi nicht nach dem Arbeitsentgelt richtet, das zuletzt für die Bemessung maßgebend war. Danach sei, da der Kläger aus in seiner Person liegenden Gründen das bisher maßgebliche Bemessungsentgelt nicht mehr erzielen könne, Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie zu erstrecken hatte. Auch für den hier streitigen Zeitraum ab dem 04.11.2001 sei von einem in gleicher Weise aus gesundheitlichen Gründen verminderten Leistungsvermögen auszugehen, wie die Beweisaufnahme ergeben habe. Auch die Einstufung als Maschinist nach dem Tarifvertrag der bayerischen Metall- und Elektroindustrie mit einem Bruttogehalt von 3.135,70 DM (Lohngruppe V ab 01.11.1997, Gehalt: 2.705,- DM zuzüglich 14 % Zulage und 52,- DM vermögenswirksame Leistungen) und einem Bemessungsentgelt von 720,- DM ab dem 04.11.1997 sei nicht zu beanstanden. Die ab dem 04.11.1997 erfolgten Reduzierungen des Bemessungsentgelts von 720,- DM wöchentlich auf 670,- DM wöchentlich seien rechtmäßig. Einmalzahlungen würden das Bemessungsentgelt bei der Arbeitslosenhilfe nicht erhöhen, weil diese Leistung aus Steuermitteln und nicht aus den Beiträgen der Versicherten finanziert würde.

Mit der dagegen eingelegten Berufung vom 31.10.2005 macht der Kläger geltend, es sei weder eine Rechtsmittelbelehrung noch eine Begründung angegeben worden. Die Aussage des Zeugen sei nicht stichhaltig, ebenso die Aussage des Arbeitsamts, er sei als Hubwagenfahrer geführt worden. Das sei laut ärztlichem Gutachten nicht möglich.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätten Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld berechnet werden müssen. Die Herabstufung wegen seiner Gesundheit sei nicht zulässig. Das Arbeitsamt habe nur Schlosserarbeiten und Hilfstätigkeiten bei voller Gesundheit angeboten. Zudem müsse ein Hubwagenfahrer immer stehen.

In ihrer Berufungserwiderung vom 14. Februar 2006 verweist die Beklagte auf den Widerspruchsbescheid und das erstinstanzliche Urteil. Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 11. Januar 1995. (BVerfGE 92, 53) und vom 24. Mai 2000 (BVerfGE 102, 127) zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes seien auf die Arbeitslosenhilfe zu übertragen. Zudem liege der Arbeitslosenhilfe des Klägers eine günstigere Einstufung als die für einen Hubwagenführer zu Grunde. Der Kläger meint, da seine letzte Tätigkeit bei der Firma M. eine Kontroll- und Prüftätigkeit gewesen sei, sei diese naheliegend gewesen. Die Tätigkeit habe er stehend und sitzend ausführen können.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.2005 sowie die Bescheide vom 22.12.1997 und den Bescheid vom 06.01.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.1999 , die Bescheide vom 07.01.1999, 25.11.1999, 29.11.2000, den Bescheid vom 13.12.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002, die Bescheide vom 04.01.2002, 15.10.2002, 17.01.2003, 04.12.2003, Januar 2004, 06.01.2004 und 25.11.2004 insoweit abzuändern, als die Beklagte eine Herabsetzung vorgenommen hat und eine entsprechend höhere Arbeitslosenhilfe vom 04.11.1997 bis 31.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und insgesamt zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Streitgegenstand ist die Höhe des Bemessungsentgelts für die Arbeitslosenhilfe vom 04.11.1997 bis zum 31.12.2004 durch die Bescheide der Beklagten vom 22.12.1997, vom 06.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.1999, vom 07.01.1999, 25.11.1999 und 29.11.2000 sowie vom 13.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 , 04.01.2002, 15.10.2002, 17.01.2003, 04.12.2003, Januar 2004, 06.01.2004 und vom 25.11.2004, mit denen die Beklagte dem Kläger nach seinem Vorbringen eine zu niedrige Arbeitslosenhilfe bewilligt hat.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, scheitert ein Anspruch auf eine höhere Arbeitslosenhilfe ab dem 04.11.1997 bis 03.11.2001 bereits daran, dass der Kläger die aufgrund der Verfügungen vom 16.12.1997 (Zeitraum vom 4.11.1997 bis 3.11.1998), vom 5.10.1998 (Zeitraum vom 4.11.1998 bis 4.11.1999), vom 8.11.1999 (Zeitraum vom 4.11.1999 bis 3.11.2000) und vom 28.11.2000 (Zeitraum vom 4.11.2000 bis 3.11.2001) ergangenen Bewilligungsbescheide nicht angefochten hat.

Diese Bescheide sind gemäß § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Sache bindend geworden, weil der gegebene Rechtsbehelf nicht oder gegen den Bescheid vom 06.10.1998 erfolglos eingelegt worden ist und eine Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) nicht erfolgt ist.

Aber auch für die Zeit vom 04.11.2001 bis zum 31.12.2004 war bei der Berechnung der Arbeitslosenhilfe ein höheres als das von der Beklagten angesetzte Bemessungsentgelt nicht zu berücksichtigen.

Die Arbeitslosenhilfe beträgt gem. § 195 S. 1 Nr. 1 SGB III (Sozialgesetzbuch III) in der Fassung durch das 1. SGB - ÄndG vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) für Arbeitslose, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen, 57 % des Leistungsentgelts. Leistungsentgelt ist nach § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III in Verbindung mit § 136 SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe ist nach § 200 Abs. 1 SGB III das Bemessungsentgelt, nach dem zuletzt das Arbeitslosengeld des Versicherten bemessen worden ist, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht.

Solange jedoch der Arbeitslose aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr das maßgebliche Bemessungsentgelt der Arbeitslosenhilfe erzielen kann, ist Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 200 Abs. 2 SGB III).

Die Neufeststellung der Arbeitslosenhilfe aufgrund einer Herabbemessung gemäß § 200 Abs. 2 SGB III ist rechtlich nicht zu beanstanden. § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III betrifft die Herabbemessungsgründe, die in der Person des Beziehers der Arbeitslosenhilfe liegen. Aus dem systematischen Verhältnis zu § 201 SGB III ergibt sich, dass mit Gründen im Sinne des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III keine arbeitsmarktbedingten Gründe gemeint sind (BSG vom 21. Oktober 2003 SozR 4-4300 § 200 Nr. 1 m.w.N.). Sinn des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III ist, bestimmte Gründe zu erfassen, die nicht bereits bei der turnusmäßigen Herabsetzung nach § 201 SGB III berücksichtigt werden. Dies aber soll gerade auch - pauschal - einem Verlust an beruflicher Qualifikation Rechnung tragen. Damit bleiben als persönliche Gründe vor allem Leistungseinschränkungen übrig. Maßgebend sind nur solche Gründe, die den konkreten Arbeitslosenhilfebezieher aus einer Gruppe anderer Arbeitsloser, die ihm hinsichtlich beruflicher Qualifikation, Alter, Dauer der Arbeitslosigkeit und anderer Gesichtspunkte vergleichbar sind, individuell herausheben. Hierzu gehören besondere persönliche Leistungseinschränkungen, die in der Regel auf individuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruhen. Die Rechtsfolge ist die Festsetzung eines fiktiven Bemessungsentgelts aus dem erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat (Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 200, Rdnr. 10 ff. m.w.N.).

Nach dem Urteil des BSG vom 17. November 2005 (SGB 2006, 42) ist für eine Herabsetzung des Bemessungsentgelts nach § 200 Abs. 2 SGB III auch dann Raum, wenn die fragliche Leistungseinschränkung bereits im Zeitpunkt der Bewilligung von Arbeitslosengeld vorgelegen hatte. Denn es entspricht dem Sinn und Zweck des § 200 Abs. 2 S. 1 SGB III, eine Anpassung des maßgeblichen Bemessungsentgelts an die realistischen Verdienstmöglichkeiten vorzunehmen, soweit sich die Herabbemessungsgründe nicht allein aus den Verhältnissen des Arbeitsmarktes ergeben.

Wie das BSG mit den Urteilen vom 5. September 2006 (SGB 2006, 610) und 21. Oktober 2003 (a.a.O.) entschieden hat, ist als Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung heranzuziehen, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken (§ 35 Abs. 2 SGB III) hat; alle Umstände des Einzelfalles sind hierbei zu berücksichtigen (sogenannte fiktive Bemessung).

Nach § 35 Abs. 2 SGB III hat die Beklagte bei der Vermittlung die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitssuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Es kommt hier darauf an, für welche Beschäftigung der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter angemessener Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt. Dann ist festzustellen, welches tarifliches Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung zuzuordnen ist.

Das Bemessungsentgelt für die Entgeltersatzleistungen des Klägers betrug für die Zahlung von Arbeitslosengeld ab dem 01.12.1995 940,00 DM wöchentlich. Mit Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 04.11.1997 legte die Beklagte dann ein Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe von wöchentlich 720,00 DM der Berechnung der Arbeitslosenhilfe zu Grunde. Für die folgenden Zeiträume dann im Einzelnen ab dem 04.11.1998 wöchentlich 710,00 DM, ab dem 04.11.1999 wöchentlich 700,00 DM, ab dem 04.11.2000 wöchentlich 680,00 DM, ab dem 04.11.2001 wöchentlich 670,00 DM, ab dem 01.02.2002 wöchentlich 340,00 EUR, ab dem 04.11.2003 wöchentlich 330,00 EUR und ab dem 04.11.2004 wöchentlich 320,00 EUR.

Dr. B. ist in seinem Gutachten vom 18.September 1996 für den Senat überzeugend zu dem Ergebnis, gekommen, dass der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten konnte, jedoch keine Tätigkeit mehr als Maschinenbauer. Übliche Maschinenbauarbeiten können dem Kläger nicht mehr zugemutet werden. Anders verhielt es sich mit CNC-Tätigkeiten, welche auch sitzend ausgeübt werden können. Der ursprünglich erlernte Beruf eines Großhandelskaufmanns konnte aus medizinischer Sicht ohne Einschränkungen fortgeführt werden. Beim Beratungsgespräch bei der Beklagten am 17.09.2002 sei offensichtlich die gesundheitliche Situation des Klägers besprochen worden. Denn der Kläger hat eine Erklärung über den Gesprächsinhalt unterschrieben, wonach er in Bezug auf seine gesundheitliche Leistungsfähigkeit angegeben hat, sein gesundheitlicher Zustand habe sich seit dem letzten ärztlichen Gutachten nicht mehr gebessert, im Gegenteil verschlechtert. Er stelle sich aber weiterhin für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung des bisherigen ärztlichen Gutachtens zur Verfügung. Damit kam im entscheidungserheblichen Zeitraum nach Überzeugung des Senats für den Kläger aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit eines Metallbauers nicht mehr in Betracht.

Zu Recht hat die Beklagte daher eine Einstufung des erzielbaren Arbeitsentgelts nach dem für den Kläger günstigen Tarifvertrag der Bayerischen Metallindustrie in Bayern vorgenommen. Deswegen wurde das erzielbare Entgelt für den Kläger auf 3.135,70 DM pro Monat festgesetzt. Dieses Entgelt enthielt eine 14 %-ige Leistungszulage sowie den Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen. Die Eingruppierung erfolgte richtigerweise in die Lohngruppe 5, obwohl der Kläger nur noch für einfache Tätigkeiten im Metallbereich für fähig erachtet werde, weil - wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat - es aufgrund seiner Vorbildung nicht ausgeschlossen war, dass der Kläger Spezialarbeiten verrichten kann , die eine nur kurze Einarbeitung erfordern. Dieses Bemessungsentgelt war damit für die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe im streitigen Zeitraum maßgebend.

Die im Übrigen erfolgten Anpassungen - ausgehend von 670,00 DM für die Zeit ab dem 04.11.2001, ab dem 01.02.2002 auf wöchentlich 340,00 EUR, ab dem 04.11.2003 auf wöchentlich 330,00 EUR und ab dem 04.11.2004 auf wöchentlich 320,00 EUR - wurden vom Kläger nicht bestritten. Sie entsprechen den gesetzlichen Anpassungsregelungen und sind nicht zu beanstanden.

Das Bemessungsentgelt war auch nicht aufgrund der Berücksichtigung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld zu erhöhen. Der Erste Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde eines Arbeitnehmers, der sich dagegen wandte, dass bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nicht berücksichtigt wurde, nicht zur Entscheidung angenommen und mit Beschluss vom 26. September 2005 - 1 BvR 1773/03 - festgestellt, dass Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz) nicht verletzt ist. Die unterschiedliche Behandlung der Bezieher von Arbeitslosengeld und von Arbeitslosenhilfe ist sachlich gerechtfertigt. Zwischen beiden Leistungen bestehen grundlegende Unterschiede. Das Arbeitslosengeld ist eine auf Beiträge gestützte Versicherungsleistung, bei der Arbeitslosenhilfe handelt es sich um eine steuerfinanzierte Leistung. Daher können auch nicht die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in den Beschlüssen vom 11. Januar 1995 (BVerfGE 92, 53) und vom 24. Mai 2000 (BVerfGE 102, 127) zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes auf die Arbeitslosenhilfe übertragen werden.

Die Bescheide der Beklagte sind daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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