L 13 R 52/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 94/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 52/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes, soweit die wesentlichen Änderung reicht, ist notwendig Inhalt eines Bescheids nach § 48 Abs. 1, 2 SGB VI.
Dabei ist aber nicht erforderlich, dass die jeweils aufzuhebenden Verwaltungsakte konkret und zutreffend bezeichnet werden. Es reicht, dass der Wille erkennbar wird, die im ursprünglichen Verwaltungsakt getroffene Regelung aufzuheben (vgl. BSG in BSGE 72, 1, 2 f.).
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 15. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der teilweisen rückwirkenden Aufhebung des Bescheids vom 7. Juni 2004 über die Gewährung von Altersrente für schwerbehinderte Menschen aufgrund der Erzielung eines Hinzuverdienstes durch den Kläger für den Zeitraum 1. August 2004 bis 28. Februar 2007 und der Rückforderung von insgesamt 2.192,31 Euro.

Der 1942 geborene Kläger bezog vom 1. September 2002 bis 30. Juni 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wobei die Rente vom 20. November 2003 bis 30. Juni 2004 ruhte. Mit Bescheid vom 7. Juni 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von anfänglich 1.084,60 Euro ab 1. Juli 2004. In dem Bescheid ist unter der Überschrift "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" folgender Hinweis enthalten:

"Die Altersrente kann sich bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen, sofern durch das erzielte Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Zum Einkommen in diesem Sinne zählen Arbeitsentgelt (Bruttoverdienst aus Beschäftigung), Arbeitseinkommen (Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit), ... Die Hinzuverdienstgrenze beträgt 1/7 der monatlichen Bezugsgröße, das sind bei Beginn der laufenden Zahlung 345,00 Euro. Änderungen der Bezugsgröße erfolgen zum 01.01. eines Jahres. Es besteht bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, uns die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit bzw. den Bezug von vergleichbarem Einkommen in entsprechender Höhe unverzüglich mitzuteilen. Für die Beurteilung der Frage, ob die maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten ist, werden mehrere Einkünfte zusammengerechnet."

Am 30. Juni 2005 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Hauptzollamts E-Stadt ein, wonach der Kläger eine Beschäftigung als Kurierfahrer ausübe. Anhand der mitgeteilten Nettoverdienste seien von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bruttoverdienste in folgender Höhe errechnet worden:
August 2004 945,72 Euro
September 2004 1.665,36 Euro
Oktober 2004 1.559,04 Euro
November 2004 1.373,25 Euro
Dezember 2004 872,97 Euro
Januar 2005 1.414,66 Euro.

Unter dem 29. Juli 2005 teilte das mit, dass der Kläger weiter bei der Firma D. beschäftigt sei. Über das nach Januar 2005 erzielte Einkommen lägen keine Erkenntnisse vor. Aus einem darüber hinaus der Beklagten vorgelegten Schlussbericht des Hauptzollamts E-Stadt an die Staatsanwaltschaft C-Stadt gleichen Datums geht hervor, dass der Kläger seit 1. Dezember 2003 als geringfügig Beschäftigter bei der Firma Transporte D., A-Stadt angemeldet sei. Sein dabei offiziell erzieltes Entgelt habe von Dezember 2003 bis Juni 2004 monatlich regelmäßig 165,00 Euro und ab Juli 2004 bis zumindest November 2004 regelmäßig monatlich 345,00 Euro betragen. Aufgrund der bei der Firma D. gefundenen Beweismittel stehe dagegen fest, dass der Kläger tatsächlich seit mindestens November 2002 für die Firma D. tätig sei und dabei teilweise erheblich mehr als das auf den Lohnabrechnungen bescheinigte Entgelt verdient habe. So könnten für die Monate November 2002 bis Dezember 2003 anhand der Fahrtenlisten die vom Kläger durchgeführten Touren nachgewiesen werden. Für die Monate September bis November 2004 und Januar 2005 ergebe sich der bezahlte Lohn aus Bl. 27-30 Beweismittelordner. Der auf Bl. 31 Beweismittelordner ausgewiesene Arbeitslohn könne dagegen nicht zweifelsfrei einem Monat zugeordnet werden und sei daher bei der Berechnung der Schadenssumme nicht berücksichtigt worden. Das Entgelt für die Monate August bis Dezember 2004 könne anhand vorliegender und von der Deutschen Post zur Verfügung gestellter Frachtbriefe ermittelt werden. Bei 13 Fahrten im Monat August 2004, mindestens 12 Fahrten im Dezember 2004 und einer Lohnpauschale von 65,00 Euro je Fahrt errechne sich ein Nettolohn von 845,00 Euro für August 2004 und 780,00 Euro für Dezember 2004.

Die Beklagte hörte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 16. August 2005 zu ihrer Absicht an, die Altersrente des Klägers rückwirkend für die Zeit ab 1. August 2004 zu seinen Ungunsten abzuändern. Unter Zugrundelegung der vom mitgeteilten Bruttoverdienste als Kurierfahrer bei der Firma D. Transporte ergebe sich nach § 34 SGB VI, dass dem Kläger von August bis Oktober 2004 die Altersrente nur in Höhe von 2/3 der Vollrente, im November 2004 in Höhe der Hälfte der Vollrente und von Dezember 2004 bis Januar 2005 in Höhe von 2/3 der Vollrente zustehe. Dadurch habe sich

eine Überzahlung in Höhe von ca. 2.349,69 Euro ergeben. Es sei beabsichtigt, den Altersrentenbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bis 4 SGB X aufzuheben und die Überzahlung zurückzufordern.

Der Kläger teilte hierzu mit, er habe bei der Firma D. im fraglichen Zeitraum keine Einkünfte erzielt. Es bestehe daher keine Veranlassung, dem Kläger rückwirkend die Rente zu entziehen. Es erscheine angebracht, zunächst den Ausgang des noch schwebenden Verfahrens abzuwarten. Die Beklagte erklärte sich hiermit einverstanden.

Das Amtsgericht C-Stadt informierte mit Schreiben vom 9. November 2006 die Beklagte, dass mit Beschluss vom 18. Oktober 2006 das Verfahren gegen den Kläger gemäß § 153 a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) vorläufig eingestellt worden sei. Dem Angeklagten sei zur Auflage gemacht worden, einen Geldbetrag von 2.000,00 Euro zu Gunsten der Deutschen Kinderkrebsstiftung zu überweisen.

Das übersandte die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft C-Stadt. Hierin sind Nettoverdienste des Klägers vom November 2002 bis Dezember 2003 zwischen 252,00 Euro und 1.012,00 Euro angegeben sowie Nettoverdienste für den hier strittigen Zeitraum wie folgt:
August 2004 845,00 Euro
September 2004 1.488,00 Euro
Oktober 2004 1.393,00 Euro
November 2004 1.227,00 Euro
Dezember 2004 780,00 Euro
Januar 2005 1.262,00 Euro.

Vorgelegt wurde ferner ein Protokoll einer öffentlichen Sitzung am Amtsgericht - Strafrichter - B-Stadt vom 11. Januar 2006. Hierin hatte der Kläger angegeben, seit Dezember 2003 durchgehend bei der Firma D. gearbeitet zu haben. Er habe 165,00 Euro monatlich verdient. Seit Juli 2004 habe er Rente erhalten und auf 325,00 Euro-Basis weitergearbeitet und jetzt auf 345,00 Euro-Basis. Er habe keine Ahnung, woher die in der Anklageschrift genannten Beträge kämen. Die Beträge seien bar ausgezahlt worden. Höhere Summen habe er von Herrn D. nicht erhalten.

Der Zeuge C., Zollbeamter am Hauptzollamt E-Stadt, gab an, für den Zeitraum ab September 2004 würden konkrete Zahlen bezüglich des Verdienstes vorliegen. Es wurden die Bl. 22-23 aus dem Beweismittelordner in Augenschein genommen.

Die Hauptverhandlung wurde ausgesetzt, um durch Vernehmung der Zeugen K. und D. die tatsächlichen Zahlungen an den Angeklagten zu ermitteln.

Aus dem Protokoll des Amtsgericht - Strafrichterin - B-Stadt vom 18. Oktober 2006 geht hervor, dass der Kläger sowie der Zeuge C. erneut einvernommen wurden. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft stimmte dann einer Einstellung des Verfahrens nach § 153 a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 2.000,00 Euro zu.

Mit angefochtenem Bescheid vom 10. Januar 2007 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers neu. Für die Zeit vom 1. August 2004 bis 28. Februar 2007 ergebe sich eine Überzahlung von 2.192,31 Euro. Dieser Bescheid ergehe aufgrund der Anhörung vom 16. August 2005 sowie aufgrund des mittlerweile abgeschlossenen Strafverfahrens. Bei der Gewährung der Altersteilrente für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. Januar 2005 sei dabei von den vom ermittelten Entgelten ausgegangen worden.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, das Verfahren gegen ihn sei eingestellt worden.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2007 zurückgewiesen. Maßgebende Vorschrift für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung sei § 48 SGB X. Die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bis 4 SGB X seien allesamt gegeben, weil der Kläger es pflichtwidrig unterlassen habe, der Beklagte Einkommen mitzuteilen, das zu einer Minderung des Rentenanspruchs geführt habe. Der Behauptung des Klägers, er habe kein Einkommen neben der Rente bezogen, schenke der Widerspruchsausschuss keinen Glauben. Vom sei rentenschädliches Einkommen ermittelt worden. Dem Kläger sei vorgeworfen worden, mit seinem Arbeitgeber dahingehend zusammengewirkt zu haben, dass ein offizielles, unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Einkommen ausgewiesen und der darüber hinaus erzielte Lohn als LKW-Fahrer "schwarz" ausgezahlt werde. In der Hauptverhandlung habe der Kläger zunächst versucht, den Bezug von Arbeitsentgelt neben dem Bezug von Sozialleistungen in Abrede zu stellen. Mit dem Ergebnis der Ermittlungen konfrontiert habe er jedoch zugeben müssen, schädliche Lohnzahlungen erhalten zu haben. Das Verfahren sei dann gegen eine Geldbuße von immerhin 2.000,00 Euro eingestellt worden. Dies bedeute keinen Freispruch.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und vorgetragen, die Behauptung, der Kläger habe zugeben müssen, schädliche Lohnzahlungen erhalten zu haben, sei von der Beklagten frei erfunden und auch falsch. Es sei niemand davon ausgegangen, dass sich der Kläger tatsächlich strafbar gemacht habe. Bis zum 18. Oktober 2006 sei keinerlei Tatnachweis gegen den Kläger erbracht worden. Hätten nicht die Beteiligten einer Einstellung vorläufig zugestimmt, hätte es nach Ansicht des Gerichts einer umfangreichen Beweisaufnahme bedurft, deren Ergebnis freilich ebenfalls offen gewesen wäre. Auch im Strafverfahren gegen andere Fahrer der Firma D. seien die vom Bevollmächtigten des Klägers vertretenen Fahrer freigesprochen bzw. das Verfahren sei ohne Zahlung einer Geldbuße endgültig eingestellt worden.

Das SG hat eine Kopie der Ermittlungsakte beim Hauptzollamt E-Stadt beigezogen. Hierin ist ein Protokoll über die Vernehmung des Zeugen N. enthalten, der im August 2003 und November 2003 bis Juli 2004 als Fahrer bei der Firma D. tätig war. Nach der Kündigung durch Herrn K. zum 31. Juli 2004 sei die von ihm gefahrene Tour von C-Stadt nach B-Stadt von einem älteren Herren übernommen worden, der auf dem mit Schreiben vom 18. September 2004 übersandten Foto abgebildet sei. Dieser Herr habe ihm erzählt, dass er 8,50 Euro in der Stunde verdienen würde. Über seinen Verdienst könne er keine Angaben machen. Herr K. hätte ihm erzählt, dass er manche Fahrer nur auf 167,00 Euro anmelden würde. Wenn eine Kontrolle erfolge, seien die Fahrer wenigstens angemeldet. Den weiteren Lohn würde er schwarz auszahlen.

Das SG hat ferner die vollständigen Kontoauszüge des Klägers und seiner Ehefrau für den Zeitraum November 2002 bis Januar 2005 bei der Kreis- und Stadtsparkasse B-Stadt und der Raiffeisenbank B-Stadt beigezogen.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, hieraus ergebe sich zwar, dass der Arbeitgeber dem Kläger lediglich 345,00 Euro überwiesen habe. Der tatsächlich Verdienst könne aber auch anderweitig ausgezahlt worden sein. Dabei sei interessant, dass sowohl der Kläger als auch seine Frau sehr selten Bargeld abheben würden und wenn dann nur in kleinen Mengen. Es fänden sich keinerlei Zahlungen über den Einkauf von Lebens- und Haushaltsmitteln, Getränken oder Pflegeprodukten. Auch von Tankstellen würden sehr selten Abbuchungen getätigt.

Der Kläger wies darauf hin, es seien vielfach Abbuchungen vom Konto der Ehefrau auch für Lebensmittel, Getränke, Tankstellen usw. erfolgt. Aus den Kontoauszügen ergebe sich, dass der Kläger und seine Ehefrau ihren Lebensunterhalt vollständig durch Barmittel und Abhebungen finanziert hätten. Anderweitiges Arbeitsentgelt habe der Kläger nicht bezogen. Dies sei auch nicht in dem gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungs-/Strafverfahren festgestellt worden. Die Beklagte sei nach wie vor eines Beweises von relevantem Hinzuverdienst schuldig.

Das SG zog daraufhin die Akten der Staatsanwaltschaft C-Stadt einschließlich des Beweismittelordners bei und teilte dem Kläger mit, anhand der in der Beweismittelakte vorhandenen Transportaufträge der Deutschen Post AG lasse sich unzweifelhaft nachvollziehen, wann der Kläger die Strecke C-Stadt-B-Stadt für die Spedition D. gefahren sei. Durch seine Unterschrift (vgl. beiliegende Kopien) habe der Kläger die Durchführung der Tour auch bestätigt. Danach sei der Kläger im August 2004 13 mal gefahren, im September 2004 mindestens 9 mal, im Oktober 2004 mindestens zehnmal, im November 2004 mindestens 12 mal, im Dezember 2004 ebenfalls mindestens 12 mal, genauso auch im Januar 2005 sowie mindestens siebenmal im Februar 2005. Insoweit sei eindeutig nachgewiesen, dass der Kläger mehr verdient habe, als in der offiziellen Lohnabrechnung angegeben worden sei. Eine Stellungnahme des Klägers hierzu erfolgte nicht.

In der mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2009 ist für den Kläger niemand erschienen. Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 11. Dezember 2009 abgewiesen. Die Beklagte sei nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X berechtigt gewesen, die Altersrente des Klägers wegen Anrechnung von Hinzuverdienst für den Zeitraum 1. August 2004 bis 28. Februar 2007 zu kürzen und die Überzahlung in Höhe von 2.192,31 Euro zurückzufordern. Der Kläger habe von August 2004 bis Januar 2005 die vom ermittelten Beträge tatsächlich erhalten und nicht nur den vom Arbeitgeber auf das Konto überwiesenen Lohn in Höhe von 325,00 Euro monatlich. Damit seien die Hinzuverdienstgrenzen des § 34 Abs. 2, 3 SGB VI überschritten worden. Die tatsächliche Zahlung des vom Hauptzollamt ermittelten Lohns lasse sich aus der Aussage des Zeugen N. in dem Ermittlungsverfahren des Hauptzollamtes E-Stadt ableiten. Der Lohn für die Monate September, Oktober, November 2004 und Januar 2005 lasse sich den Aufzeichnungen des Arbeitgebers entnehmen. Dieser sei auf Bl. 27-30 des Beweismittelordners des Hauptzollamtes E-Stadt dokumentiert. Die Entgelte für die Monate August 2004 und Dezember 2004 könnten anhand der vorliegenden und von der Deutschen Post zur Verfügung gestellten Frachtbriefe ermittelt werden. Die als Kopien im Beweismittelordner vorliegenden Frachtbriefe dokumentierten die Fahrten im Auftrag der Deutschen Post AG von C-Stadt nach B-Stadt und zurück. Dabei tauchen überwiegend die Unterschrift des Klägers als Frachtführer bzw. als Name des Fahrers auf.

Gegen den Kläger sei gemäß § 153a StPO eine Geldbuße von 2.000,00 Euro auferlegt worden. Dieser Betrag läge im oberen Bereich der verhängten Geldbußen. Das teilweise Anerkenntnis der Beklagten im Verfahren gegen die Bundesagentur für Arbeit sei hier ohne Bedeutung, da in dem dortigen Verfahren die Zeiträume 20. bis 30. November 2003 und 1. bis 31. Dezember 2003 streitgegenständlich gewesen seien.

Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht, die Erzielung von Erwerbseinkommen zu melden, grob fahrlässig nicht nachgekommen. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X sei damit erfüllt. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X seien gegeben. Ein atypischer Fall liege nicht vor.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, der Kläger habe nicht gegenüber einem Herrn N. des Hauptzollamts E-Stadt behauptet, er habe im Zeitraum August 2004 bis Januar 2005 ca. 150 Stunden im Monat bei 8,50 Euro brutto/Stunde gearbeitet. Hieraus würden sich monatlich brutto 1.275,00 Euro ergeben. Ein solcher Betrag ergebe sich auch nicht aus den sonstigen Unterlagen. Der Kläger wäre zu einer derartigen umfangreichen Tätigkeit aufgrund seiner massiven Herzprobleme nicht im Stande gewesen. Er sei seit vielen Jahren auf seinen Herzschrittmacher angewiesen. Soweit das SG auf Aufzeichnungen des Arbeitgebers für die Monate September bis November 2004 und Januar 2005 Bezug nehme, habe diese Aufzeichnungen der Kläger weder gefertigt noch gegengezeichnet. Ein Lohn über die Hinzuverdienstgrenzen sei auch in diesem Zeitraum vom Arbeitgeber nicht zur Auszahlung gelangt. Das Erstgericht hätte hierzu den Arbeitgeber, Herrn D., vernehmen können. Auch könnten die Entgelte für August 2004 bis Dezember 2004 anhand der vorliegenden Frachtbriefe nicht ermittelt werden. Die Vorschrift des § 153a StPO habe keinen Bußgeld-/Strafcharakter. Sie diene der Friedensstiftung und sei eine Art Freikauf vom Verfolgungsrisiko. Die Höhe der Auflage liege nicht im oberen Bereich. Im Verfahren gegen die Agentur für Arbeit sei nur der Zeitraum ein anderer gewesen. In der Sache sei es aber um nichts anderes gegangen. Auch hier hätten Beweisschwierigkeiten bestanden.

Der Kläger legte ferner ein ärztliches Attest von Dr. M./Dr. M. vom 15. September 2010 vor, wonach der Kläger vom 5. Mai bis 18. Mai 2010 in stationärer Behandlung und anschließend in Anschlussheilbehandlung gewesen. Befundberichte der H. Sch.-Klinik O. und der Klinik M. über stationäre Aufenthalte vom 2. Juni bis 23 Juni 2010 und 2. September bis 6. September 2010, ein nervenärztliches Attest von Dr. R., wonach beim Kläger am 4. Januar 2005 eine Meralgia paraestetica und am 8. Januar 2008 ein Parkinson-Syndrom diagnostiziert worden ist, sowie Schriftsätze aus anderen Verfahren, wonach im Mai 2002 festgestellt worden sei, dass der Kläger an einer Herzerkrankung leide und ihm deshalb ein Herzschrittmacher eingesetzt worden sei, wurden übersandt. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger nicht in der Lage sei, auch nur annähernd ca. 150 Stunden im Monat zu arbeiten.

Der Senat hat die Ermittlungsakte beim beigezogen. Die Akten bei der Staatsanwaltschaft C-Stadt einschließlich des Beweismittelordners wurden bereits vernichtet. Auf Anforderung des Senats hat der Bevollmächtigte des Klägers dem Senat vom Kläger unterschriebene Transportaufträge der Deutschen Post AG über Fahrten von C-Stadt nach B-Stadt und zurück am 2. August, 3. August, 6. August, 9. August, 11. August, 13. August, 16. August und 17. August 2004 vorgelegt. Hierbei handelt es sich um Kopien aus der Beweismittelakte der Staatsanwaltschaft, die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vom SG mit Schreiben vom 20. Juli 2009 übersandt worden waren.

In der mündlichen Verhandlung am 31. Juli 2013 hat der Senat die Zeugen C. und D. uneidlich einvernommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Augsburg vom 11. Dezember 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 10. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte war gemäß §§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 50 SGB X in Verbindung mit § 34 Abs. 1, 2 SGB VI berechtigt, den Rentenbescheid vom 7. Juni 2004 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben und den gesamten überzahlten Betrag in Höhe von 2.192,31 Euro zurückzufordern.

Der Bescheid vom 10. Januar 2007 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt. Gemäß § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Mit Schreiben vom 16. August 2005 hat die Beklagte dem Kläger ausführlich den Sachverhalt, die beabsichtigte Entscheidung sowie die zutreffende Rechtsgrundlage (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X) unterbreitet und ihm darüber hinaus die Möglichkeit eröffnet, Besonderheiten seiner persönlichen Situation zu schildern.

Die Beklagte war berechtigt, die ursprünglichen Verwaltungsakte, mit denen dem Kläger für die fraglichen Zeiträume Altersrente für schwerbehinderte Menschen in voller Höhe gewährt wurde, auch für die Vergangenheit aufzuheben.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte eine hinreichend bestimmte Aufhebungsentscheidung getroffen hat. Die Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts, soweit die wesentliche Änderung reicht, ist notwendiger Inhalt eines Bescheids nach § 48 Abs. 1, 2 SGB VI. Dabei ist aber nicht erforderlich, dass die jeweils aufzuhebenden Verwaltungsakte konkret und zutreffend bezeichnet werden. Es reicht, dass der Wille erkennbar wird, die im ursprünglichen Verwaltungsakt getroffene Regelung aufzuheben (BSGE 72, 1, 2 f.; BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Hier wurden von der Beklagten zwar nicht der aufzuhebenden Rentenbescheid vom 7. Juni 2004 ausdrücklich erwähnt. Aus dem Aufhebungsbescheid in Verbindung mit der dort in Bezug genommenen Anhörungsmitteilung sowie aus dem Widerspruchsbescheid geht mit hinreichender Klarheit hervor, dass die Rentenleistungen dem Kläger in den fraglichen Zeiträumen nicht zustehen. Auf § 48 SGB X wurde im Widerspruchsbescheid ausdrücklich Bezug genommen. In der Anhörung wurde auf die Absicht der Beklagten hingewiesen, den Bescheid vom 7. Juni 2004 rückwirkend ab 1. August 2004 aufzuheben. Damit geht auch aus dem angefochtenen Bescheid vom 10. Januar 2007 der Wille der Beklagten hinreichend deutlich hervor, die in dem Bescheid vom 7. Juni 2004 getroffene Regelung in dem sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden Umfang aufzuheben.

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X).

Eine wesentliche Änderung liegt dann vor, wenn ihre Folge ist, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt (so) nicht hätte erlassen dürfen (BSG SozR 2200 § 1255a Nr. 19).

Eine wesentliche Änderung liegt nach Erlass des Altersrentenbescheids vom 7. Juni 2004 darin, dass der Kläger als Kurierfahrer bei der Firma D. Transporte folgende Bruttoarbeitsentgelte erzielt hat:
August 2004 945,72 Euro
September 2004 1.665,36 Euro
Oktober 2004 1.559,04 Euro
November 2004 1.373,25 Euro
Dezember 2004 872,97 Euro
Januar 2005 1.414,66 Euro.

Aufgrund des Erzielens dieser Arbeitsentgelte stand dem Kläger für die Zeit von August bis Oktober 2004 und Dezember 2004 bis Januar 2005 die Altersrente nur noch in Höhe von 2/3 der Vollrente sowie im November 2004 nur noch in Höhe der Hälfte der Vollrente zu. Aufgrund der objektiv vorliegenden Umstände hätte dem Beklagte dem Kläger die Rente also nur in diesem Umfang bewilligen dürfen.

Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der vom 1. August 2004 bis 31. Dezember 2007 gültigen Fassung vom 31. Juli 2004 (a.F.) besteht Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Die Hinzuverdienstgrenze beträgt gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI a.F. einer Rente wegen Alters als Vollrente 1/7 der monatlichen Bezugsgröße, bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von einem Drittel der Vollrente das 23,3fache, der Hälfte der Vollrente das 17,5fache und zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache des aktuellen Rentenwerts, vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte der letzten 3 Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten.

Das Erzielen dieser Bruttoarbeitsentgelte steht für den Senat fest aufgrund der Feststellungen des Hauptzollamts E-Stadt und des SG sowie der Aussage des Zeugen C. in der mündlichen Verhandlung am 31. Juli 2013. Danach hat der Kläger für die Kurierdienste bei der Firma D. einen Nettolohn für den Monat September 2004 in Höhe von 1.488,00 Euro, für Oktober 2004 in Höhe von 1.393,00 Euro, für November 2004 in Höhe von 1.227,00 Euro und für Januar 2005 in Höhe von 1.264,00 Euro tatsächlich erhalten. Diese Beträge lassen sich nach den Feststellungen des Hauptzollamts und des SG den Aufzeichnungen des Arbeitgebers entnehmen. Das Nettoentgelt für die Monate August 2004 (845,00 Euro) und Dezember 2004 (780,00 Euro) kann anhand der damals vorliegenden Frachtbriefe ermittelt werden. Danach hatte der Kläger im Monat August 2004 13 Fahrten, im September 2004 mindestens 9 Fahrten, im Monat Oktober 2004 mindestens 10 Fahrten, im November 2004, Dezember 2004 und Januar 2005 ebenfalls jeweils mindestens 12 Fahrten von C-Stadt nach B-Stadt durchgeführt. Auszugehen ist dabei von einer Lohnpauschale von 65,00 Euro je Fahrt.

Dem Senat liegen zwar die Aufzeichnungen des Arbeitgebers nicht mehr vor und die Frachtbriefe nur noch über die Fahrten vom 2. August, 3. August, 6. August, 9. August, 11. August, 13. August, 16. August und 17. August 2004. Diese Frachtbriefe wurden vom Kläger persönlich gegengezeichnet. Sie weisen Fahrten von C-Stadt nach B-Stadt und wieder zurück über eine Zeitdauer von jeweils siebeneinhalb Stunden aus. Nach den Feststellungen des SG hat der Kläger die Durchführung der Tour auch in Bezug auf sämtliche anderen Fahrten durch seine Unterschrift bestätigt. Auch wenn die anderen Frachtbriefe dem Senat nicht mehr vorliegen, hat er dennoch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Aufzeichnungen des Arbeitgebers über den vom Kläger bezogenen Lohn sowie sämtliche Frachtbriefe dem Hauptzollamt sowie dem SG in dem dargelegten Umfang vorgelegen haben. Der Zeugen C. hat gegenüber dem Senat bestätigt, dass er die von ihm für seine Berechnungen verwendeten Daten aus den Beweismitteln entnommen hat, die er in seinem Bericht angegeben hat. Eine plausible Erklärung zu diesen Unterlagen hat der Kläger auf den entsprechenden Vorhalt durch das SG mit Schreiben vom 20. Juli 2009 nicht abgegeben. Unerheblich ist auch, dass die Berechnungsblätter des Arbeitgebers mit dem ausgewiesenen Arbeitslohn für die Monate September, Oktober, November 2004 und Januar 2005 vom Kläger nicht gegengezeichnet worden sind. Es gibt keine nachvollziehbare Erklärung, warum solche Berechnungsblätter vorliegen sollten, wenn es nicht tatsächlich auch zu derartigen Zahlungen gekommen ist. Dass der Kläger für ein Entgelt von 345,00 Euro Fahrten in einem derartigen Umfang absolviert hat, wie sie durch die vorliegenden, von ihm gegengezeichneten Tourbelege dokumentiert sind, hält der Senat für ausgeschlossen.

Unerheblich ist, dass in den Kontoauszügen des Klägers keine entsprechenden Überweisungen enthalten sind. Der vom Senat einvernommene Zeuge D. hat bestätigt, dass es durchaus auch zu Barauszahlungen von Lohn gekommen ist.

Für das Erzielen von Hinzuverdienst in der angegebenen Höhe spricht auch, dass der Kläger im Strafverfahren einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Auflage zugestimmt hat. Bei der Einstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO handelt es sich um ein Beendigungsverfahren mit Selbstunterwerfungscharakter. Die Einstellung eines Strafverfahrens gemäß § 153a Abs. 2 StPO setzt voraus, dass der jeweilige Straftatbestand erfüllt und der Täter schuldig ist, wobei die Schwere der Schuld - anders als bei § 153 StPO - nicht einmal gering zu sein braucht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 153a Rn. 12). Mit seiner Zustimmung zu einer Einstellung des Verfahrens hat der Kläger also auch den Betrug zulasten der Beklagten eingeräumt.

Das sich aus diesen Unterlagen ergebende Nettoarbeitsentgelt wurde von der damaligen BfA auf das für die Ermittlung der Hinzuverdienstgrenze maßgebliche Bruttoarbeitsentgelt (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) hochgerechnet. Fehler bei dieser Berechnung wurden weder vorgetragen noch sind sie für den Senat ersichtlich.

Mit dem erzielten Bruttoentgelt hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum ausnahmslos die Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente in Höhe von 1/7 der monatlichen Bezugsgröße, damit also 345,00 Euro, überschritten. Auch die doppelte Hinzuverdienstgrenze des § 34 Abs. 2 S. 2 a.E. SGB VI in Höhe von 690,00 Euro wurde ausnahmslos überschritten. Die Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3-Rente beträgt ausgehend von 3,6898 Entgeltpunkten des Klägers für die letzten 3 Kalenderjahre vor Beginn dessen erster Altersrente und einem aktuellen Rentenwert in Höhe von damals 26,13 Euro 1.128,05 Euro, die Hinzuverdienstgrenze für die Hälfte der Vollrente 1.687,25 Euro. Im August 2005 (945,72 Euro) hat der Kläger die Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3-Rente eingehalten, im September 2005 (1.665,36 Euro) zum ersten Mal, im Oktober 2005 (1.559,04 Euro) zum zweiten Mal zulässig überschritten. Im November 2004 (1.373,25 Euro) hat er sie zum dritten Mal überschritten, so dass ihm in diesem Monat die Rente nur noch in Höhe der Hälfte der Vollrente zusteht. Im Dezember 2004 (872,97 Euro) hat der Kläger die Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3-Rente eingehalten, im Januar 2004 (1.414,66 Euro) zum ersten Mal zulässig überschritten. In diesen beiden Monaten steht dem Kläger die Rente daher ebenfalls als 2/3-Rente zu.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Nr. 2 SGB X sind ebenfalls erfüllt. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger die Beklagte vorsätzlich nicht über den erzielten Hinzuverdienst bei der Firma D. in Kenntnis gesetzt hat. Der Kläger wurde im Rentenbescheid vom 7. Juni 2004 darauf hingewiesen, dass sich die Altersrente mindern oder wegfallen kann, wenn das erzielte Einkommen die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 345,00 Euro überschreitet. Darüber hinaus wurde er darüber informiert, dass er der Beklagten die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung mitzuteilen hat, die über eine laufende Zahlung in Höhe von 345,00 Euro hinausgeht. Diese hat er jedoch bewusst unterlassen. Ein diesbezüglicher Vorsatz ergibt sich aus seiner Zustimmung zu einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a Abs. 2 StPO.

Selbst wenn man keinen Vorsatz annehmen sollte, handelte der Kläger jedoch jedenfalls grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Hierbei ist sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen (sog. subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; KassKomm-Steinwedel, § 45 SGB X Rn. 39).

Das Außerachtlassen von gesetzlichen Vorschriften, auf die vom Versicherungsträger gesondert hingewiesen wurde, ist im allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und nach seinem Bildungsstand die Vorschrift nicht verstanden hat (BSG in BSGE 44, 264). Die Beklagte hat in ihren Bescheiden eindeutige und deutliche Hinweise auf die Hinzuverdienstgrenzen sowie auf die gesetzliche Verpflichtung gegeben, das Erzielen von Hinzuverdienst über der Hinzuverdienstgrenze der Beklagten mitzuteilen. Es ist keinerlei Grund dafür ersichtlich, dass der Kläger jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt im Sommer 2004 nicht in der Lage gewesen sein sollte, diese einfachen Hinweise zu verstehen. Daran können auch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste nichts ändern. Die Implantation eines Herzschrittmacher im Jahr 2002 und die Diagnose einer Meralgia paraesthetika im Jahr 2005 sind in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, da die hiermit dokumentierten Gesundheitsstörungen nicht eine Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten des Klägers belegen. Die sonstigen sich aus den übersandten Befundberichten ergebenden Diagnosen wurden erst deutlich nach 2005 gestellt. Dies gilt insbesondere auch für die Feststellung eines Parkinsonsyndroms im Januar 2008.

Der Beklagten ist bei Erlass der angefochtenen Bescheide auch kein Ermessensfehler unterlaufen. Zur Ausübung von Ermessen war die Beklagte nicht verpflichtet, da kein atypischer Fall vorliegt.

Hinsichtlich der Rücknahme des Rentenbescheids für die Vergangenheit folgt aus dem in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X verwendeten Begriff "soll", dass der Beklagten nur ein eingeschränktes Ermessen zusteht. Dies bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa BSGE 60, 180). Ein atypischer Fall, der die Beklagte zur Ausübung von Ermessen zwingen würde, ist hier nicht gegeben.

Ein atypischer Fall könnte dann angenommen werden, wenn die Beklagte selbst etwa durch eine fehlerhafte Beratung das Unterbleiben einer Meldung von Hinzuverdienst durch den Kläger mitverursacht hätte. Ein derartiges Mitverschulden der Beklagten liegt jedoch nicht vor. Es ist angesichts der vom Kläger bezogenen Renteneinkünfte auch weder erkennbar noch von Seiten des Klägers vorgetragen, dass dieser durch die Rückforderung der überzahlten Leistung im Nachhinein vermehrt sozialhilfebedürftig würde (vgl. insoweit BSG, a.a.O., m.w.N.).

Mangels Vorliegens eines atypischen Fall war die Beklagte daher nicht zur Ausübung von Ermessen verpflichtet. Ein Ermessensfehler kann daher nicht vorliegen.

Die Beklagte hat auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten. Nach diesen Bestimmungen muss die Behörde den Rücknahmebescheid innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erlassen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Nach der Rechsprechung des BSG beginnt diese einjährige Handlungsfrist erst dann zu laufen, wenn die Behörde entweder objektiv eine sichere Kenntnis der Tatsachen hatte, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, oder subjektiv von der Richtigkeit und Vollständigkeit der ihr vorliegenden Informationen überzeugt war; dies ist regelmäßig erst nach der gemäß § 24 SGB X durchgeführten Anhörung des Betroffenen der Fall (BSG, Urteil vom 8. Februar 1996, Az. 13 RJ 35/94).

Die Frage, wann die Behörde die Tatsachen, die eine abschließende Prüfung der Rücknahmevoraussetzungen erlauben, kennt, ist damit also weder ausschließlich nach objektiven Kriterien noch allein anhand der subjektiven Einschätzung der Behörde zu entscheiden. In dem einen Fall hätte es die Behörde in der Hand, den Eintritt der erforderlichen Kenntnis durch Aufrechterhalten unbegründeter Zweifel beliebig hinauszuzögern, in dem anderen Fall würde die Jahresfrist immer dann nicht zu laufen beginnen, wenn es die Behörde aufgrund einer irrtümlichen Einschätzung der Sach- und Rechtslage unterlässt, sich Kenntnis von Tatsachen zu verschaffen, welche die Rücknahmeentscheidung rechtfertigen können. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint es sachgerecht, sowohl hinsichtlich der ausreichenden Gewissheit als auch hinsichtlich Art und Umfang der entscheidungserheblichen Tatsachen in erster Linie auf den Standpunkt der Behörde abzustellen, es sei denn, es liegt bereits zu einem früheren Zeitpunkt bei objektiver Betrachtung eine sichere Kenntnis der Behörde von allen erforderlichen Tatsachen vor (BSG, a.a.O.), also wenn mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen besteht (BSGE 74, 20, 26).

Erstmals Kenntnis von dem Umstand, dass der Kläger Einkommen oberhalb der Hinzuverdienstgrenzen erzielt hat, hat die Beklagte am 30. Juni 2005 mit Eingang des Schreibens des Hauptzollamts E-Stadt vom 27. Juni 2005 erhalten, in dem die Beklagte über das anstehende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger sowie die von ihm erzielten Bruttoverdienste im Zeitraum August 2004 bis Januar 2005 informiert wurde.

Nach Auffassung der Beklagten lag mit dem Schreiben des Hauptzollamts E-Stadt vom 27. Juni 2005 sowie dem Schlussbericht des Hauptzollamts vom 29. Juli 2005 noch keine hinreichende Kenntnis der entscheidungserheblichen Tatsachen vor. Die Beklagte hat sich ersichtlich dem im Anhörungsverfahren geäußerten Standpunkt des Klägers angeschlossen, wonach von dem anstehenden Strafverfahren weitere Erkenntnisse in Bezug auf Existenz und ggf. Umfang vom Kläger erzielter Arbeitsentgelte zu erwarten seien. Auch einer objektiven Betrachtungsweise bestand damals noch keine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen. Es konnte damals auch bei einer objektiven Betrachtungsweise nicht ausgeschlossen werden, dass die vom geäußerten Vorwürfe in einer mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht widerlegt werden könnten. Diese haben sich vielmehr in ihrem Kern erst durch die Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a StPO am 18. Oktober 2006 bestätigt. Ausgehend hiervon ist die Einjahresfrist bei Erlass des Rückforderungsbescheids am 10. Januar 2007 sicher eingehalten.

Die von der Beklagten geltend gemachte Rückforderung ist auch ihrer Höhe nach nicht zu beanstanden. Bei der Berechnung des Erstattungsbetrags sind für den Senat keine Fehler ersichtlich; derartige Einwendungen wurden auch von Seiten des Klägers nicht erhoben.

Insbesondere kommt eine Begrenzung des Nachzahlungsbetrags auf die Höhe des die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Teils des Arbeitsentgelts nicht in Betracht. Eine solche ist nur dann möglich, wenn sich der Rückforderungsanspruch der Beklagten nur auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X stützen lässt. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 23. März 1995 (Az. 13 RJ 39/94, in juris) diese Begrenzung eines aus § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X hergeleiteten Rückforderungsanspruchs zum einen mit dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X begründet, wonach der Verwaltungsakt nur aufgehoben werden solle, "soweit" Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Ein anderes Ergebnis wäre zum anderen unbillig und wäre mit dem vom Vertrauensschutz geprägten Grundgedanken des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X nicht zu vereinbaren.

Diese Begrenzung gilt jedoch - wie sich aus dem zitierten Urteil des BSG ebenfalls entnehmen lässt - dann nicht, wenn sich die Aufhebung des Verwaltungsaktes auch mit den in § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 oder 4 SGB X niedergelegten Gründen begründen lässt. In diesen Fallgestaltungen, in denen dem Betroffenen eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung von Mitwirkungspflichten bzw. Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dem (teilweisen) Wegfall des Rentenanspruchs zur Last zu legen ist, lässt sich eine derartige Begrenzung weder aus dem Wortlaut entnehmen noch erscheint das Ergebnis unbillig. Denn ein Betroffener, dem Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit entgegenzuhalten ist, kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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