Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AL 151/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 247/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen eines anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.08.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von weiteren 180 Kalendertagen.
Am 19.02.2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Hierzu gab sie im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 26.02.2015 an, nur noch 25 bis 30 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen. Anlässlich der Anhörung zu einer Sperrzeit machte die Klägerin geltend, Alg sei ab dem 19.02.2015 zu zahlen. In der Zeit von März 2013 bis März 2014 habe die Klägerin - nach eigenen Angaben - eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, ohne jedoch die Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses gemäß § 28a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beantragt zu haben. Das zum 01.04.2014 mit der Fa. T. begründete Arbeitsverhältnis sei zum 31.03.2015 gekündigt worden. Einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 zufolge hatten die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund arbeitgeberseitiger (betriebsbedingter) Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.03.2015 geendet (Ziffer 1 des Vergleichs). Die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, wobei eventuelle Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien (Ziffer 2 des Vergleiches). Der Arbeitgeber verpflichtete sich, auf Basis einer Bruttomonatsvergütung von 3.075,00 EUR bis 31.03.2015 die Sozialabgaben zu entrichten (Ziffer 3 des Vergleiches).
Hierauf bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 für die Zeit ab dem 19.02.2015 Alg in Höhe von 22,85 EUR täglich (bzw. ab 01.03.2015 in Höhe von 18,16 EUR täglich und ab 01.06.2015 in Höhe von 18,77 EUR täglich). Die Anspruchsdauer betrage (bis zum voraussichtlichen Ende des Leistungsanspruches am 27.06.2015) 134 Tage.
Die ausgewiesene Anspruchsdauer von 134 Tagen (abzüglich einer Minderung von sieben Tagen wegen des Eintritts einer Sperrzeit im Zeitraum vom 01.12.2014 bis 07.12.2014 infolge einer verspäteten Arbeitssuchendmeldung; Bescheid vom 26.03.2015) beruhte hierbei auf einem Restanspruch der Klägerin aus einer zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft von 269 Tagen, nachdem die Klägerin hieraus in der Zeit vom 12.10.2012 (Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012) bis 25.02.2013 (Aufhebungsbescheid vom 25.02.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2013) für die Dauer von 135 Tagen Alg bezogen hatte. Dem Leistungssatz (22,85 EUR täglich/ Steuerklasse I) lag ein Bemessungsentgelt von 53,96 EUR (= 3/4 aus 71,95 EUR) zugrunde, das sich aus einem ungekürzten Bemessungsentgelt von 71,95 EUR ergab, welches noch auf Zeiten einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin in den Zeiträumen vom 01.08.2008 bis 31.12.2008 (40 Wochenstunden) und 12.10.2009 bis 14.12.2009 (40 Wochenstunden) beruhte, sowie dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrer Arbeitslosmeldung ihre Bereitschaft, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, dahingehend eingeschränkt hatte, eine Tätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von allenfalls 30 Stunden aufnehmen zu wollen. Zudem rechnete die Beklagte aus einer geringfügigen Beschäftigung der Klägerin (450,00 EUR brutto monatlich - nach Abzug der dargelegten Werbungskosten und dem Freibetrag von 165,00 EUR; Aufnahme der Tätigkeit am 01.12.2013) für die Zeit ab dem 01.03.2015 einen täglichen Betrag von 4,69 EUR (Zahlbetrag: 18,16 EUR) sowie für die Zeit ab dem 01.06.2015 einen täglichen Betrag von 4,08 EUR (Zahlbetrag: 18,77 EUR) als zu berücksichtigendes Einkommen auf den Leistungssatz von 22,85 EUR an.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Anspruchsdauer sei unter Berücksichtigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Fa. T im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 zu berechnen. Faktisch sei sie erst ab dem 01.04.2015 arbeitslos. Nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 habe sie Anspruch auf ein Bruttoarbeitsentgelt von 3.075,00 EUR gehabt, das der Bemessung zugrunde zu legen sei. Die Sozialabgaben hierfür habe der Arbeitgeber entrichtet, so dass sich aus dem sozialversicherungspflichtigen Einkommen von zwölf Monaten ein neuer Anspruch ergebe. Zudem seien die berücksichtigungsfähigen Werbungskosten in unzutreffender Weise ermittelt.
Den Widerspruch wies die Beklagte der Klägerin hinsichtlich der Höhe des Bemessungsentgeltes (W 1716/15) mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 sowie bezüglich des anzurechnenden Nebeneinkommens (W 1885/15) mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 zurück.
Mit einem weiteren (gesonderten) Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 wies die Beklagte das Widerspruchsvorbringen in Bezug auf die Anspruchsdauer (W 1715/15) ebenfalls zurück. Der Klägerin seien lediglich Leistungen aus dem Restanspruch der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft zu bewilligen. Unter Beachtung der Arbeitslosmeldung zum 19.02.2015 habe die Klägerin in der danach maßgeblichen Rahmenfrist (19.02.2013 bis 18.02.2015) lediglich für die Dauer von 244 Tagen versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt, denn nur in der Zeit vom 01.04.2014 bis 30.11.2014 sei eine der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt worden.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (S 1 AL 151/15). Das Arbeitsverhältnis habe zwölf Monate angedauert und die Sozialversicherungsbeiträge seien vom Arbeitgeber entrichtet worden, so dass ein Versicherungspflichtverhältnis bestanden habe, aus dem ein neuer Anspruch für die Dauer von 180 Tagen auf Alg resultiere. Zusammen mit dem Restanspruch sei ihr für die Dauer von insgesamt 314 Tagen Alg zu zahlen.
Das SG hat die auf eine längere Anspruchsdauer gerichtete Klage mit Urteil vom 27.08.2015 abgewiesen. Anwartschaftsbegründende Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist (19.02.2013 bis 18.02.2015) seien nur im Umfang von 244 Tagen (01.04.2014 bis 28.11.2014) zurückgelegt worden. Ab dem 29.11.2014 sei die Klägerin nicht gegen Entgelt in dem Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen, so dass diese Zeiten nicht als Zeiten der Versicherungspflicht zu werten seien. Die Dauer des Restanspruches habe die Beklagte zutreffend ermittelt.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In der Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 habe ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden und die Sozialversicherungsbeiträge seien vom Arbeitergeber abgeführt worden. Bereits hieraus ergebe sich ein weiterer Anspruch auf Alg für die Dauer von 180 Tagen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.08.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 dem Grunde nach zu verurteilen, Arbeitslosengeld über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von 180 Tagen - nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften - in Höhe von 38,36 EUR täglich zu zahlen
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen
Das SG habe in Bezug auf die Anspruchsdauer zutreffend entschieden.
In Bezug auf die Höhe des zu berücksichtigenden Bemessungsentgeltes (W 1716/15 - Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015) und des anzurechnenden Nebeneinkommens (W 1885/15 - Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015) hat die Klägerin gleichfalls Klagen zum SG erhoben (W 1716/15 = S 1 AL 188/15 bzw. W 1885/15 = S 1 AL 183/15), die das SG mit weiteren Urteilen vom 27.08.2015 abgewiesen hat. Auch gegen diese Urteile hat die Klägerin jeweils Berufung beim LSG eingelegt (S 1 AL 188/15 = L 10 AL 249/15 bzw. S 1 AL 183/15 = L 10 AL 248/15), die sie am 25.02.2016 im Hinblick auf die Zusage der Beklagten für erledigt erklärt hat, im Falle eines rechtskräftigen Unterliegens im Verfahren L 10 AL 247/15 über die Streitgegenstände in Bezug auf die Verfahren L 10 AL 248/15 und L 10 AL 249/15 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erneut rechtsbehelfsfähig zu entscheiden.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtgesetz - SGG), in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 ist in Bezug auf die Anspruchsdauer rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach der Erfüllung ihres Restanspruches aus der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft mit Ablauf des 27.06.2015 hat die Klägerin mangels hinreichender Zeiten eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses keinen Anspruch auf Zahlung von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015.
Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat, wer arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat (§ 137 Abs 1 SGB III). Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs 1 Satz 1 SGB III).
Eine Anwartschaftszeit in diesem Sinne hatte die Klägerin zuletzt mit ihrer Arbeitslosmeldung zum 12.10.2012 erfüllt, in deren Folge die Beklagte mit bestandskräftigem Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012 der Klägerin Alg für eine Anspruchsdauer von 269 Tagen bewilligt hat. Dieser Anspruch beruhte auf einer versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit (Zeiten der Versicherungspflicht vom 01.03.2011 bis 11.10.2012) sowie einem zum 12.10.2012 noch bestehenden Restanspruch von 29 Tagen aus einer zum 31.07.2010 erworbenen Anwartschaft. Diesen Anspruch von 269 Tagen hat die Beklagte auf der Grundlage des Bescheides vom 24.10.2012 durch Zahlung von Alg an die Klägerin für den Zeitraum vom 12.10.2012 bis 25.02.2013 für 135 Tage erfüllt, so dass sich der zum 12.10.2012 erworbenen (Rest-) Anspruch gemäß § 148 Abs 1 Nr. 1 SGB III auf 134 Tage gemindert hatte, als sich die Klägerin zum 19.02.2015 arbeitslos gemeldet und die Zahlung von Alg begehrt hat.
Allein aus diesem (Rest-) Anspruch, den die Klägerin noch vor dem Ablauf der für diesen Anspruch gemäß § 161 Abs 2 SGB III maßgeblichen (vierjährigen) Verfallfrist, dem 11.10.2016, geltend gemacht hat, konnte sie die Zahlung von Alg verlangen. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2015 idF des Bescheides vom 30.03.2015 bewilligt und für die Dauer von 127 Tagen (134 Tage abzüglich einer bestandskräftig festgestellten Minderung von sieben Tagen wegen einer verspäteten Meldung der Arbeitssuche; Bescheid vom 26.03.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015) im Zeitraum vom 19.02.2015 bis 27.06.2015 durch Zahlung von Alg zwischenzeitlich erfüllt, wobei auch Zahlungen für den Zeitraum vom 19.02.2015 bis 31.03.2015 zu Recht erfolgt sind, denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der arbeitsgerichtlich vereinbarten Zahlung einer Vertragsstrafe sowie den damit in Zusammenhang stehenden Abwicklungsmodalitäten (Ziffern 6 bis 9 des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 21.01.2015) um die Abgeltung von Arbeitsentgelt gehandelt hat, das zum Ruhen des Anspruches auf Alg geführt hätte.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf weitere Zahlungen von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015, denn die Klägerin hat allein unter Beachtung ihres Arbeitsvertrages mit der Fa. T im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 keine anspruchsbegründende Anwartschaftszeit erfüllt.
Nach § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate (360 Tage, § 339 Satz 1 SGB III) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin unter Beachtung des mit der Fa. T bis 31.03.2015 fortdauernden Arbeitsvertrages eine neue Anwartschaft erworben hat, kann vorliegend dahinstehen, dass sich die Klägerin bereits am 19.02.2015 arbeitslos gemeldet und ab diesem Zeitpunkt Leistungen aus dem Restanspruch der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft bezogen hat, denn allein der Bezug von Alg und die damit verbundene Beschäftigungslosigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften stehen nicht grundsätzlich der Möglichkeit entgegen, dass zeitgleich ein anwartschaftsbegründendes Beschäftigungsverhältnis besteht (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1985 - 12 RK 51/83; Urteil vom 04.07.2012 - B 11 AL 16/11 R - juris). Ausgehend vom 19.02.2015 konnte die Klägerin - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - allein unter Beachtung der vorhergehenden Zeiten der Versicherungspflicht keine Anwartschaftszeit erfüllen, denn nach ihren Angaben war sie nach ihrer Abmeldung aus dem Leistungsbezug zum 25.02.2013 in der Zeit vom 26.02.2013 bis 31.03.2014 zwar selbständig tätig, jedoch - entgegen vorhergehenden Zeiten der Selbständigkeit - nicht auf Antrag gemäß § 28a SGB III versicherungspflichtig. Unter Beachtung dieses Umstandes konnte die Klägerin bei Beginn einer Rahmenfrist am 19.02.2015 in der Zeit seit dem 01.04.2014, d.h. seit der Aufnahme der Tätigkeit bei der Fa. T, die allein als anwartschaftsbegründende Zeiten der Versicherungspflicht in Rede stehen, bereits deshalb keine Anwartschaftszeit erfüllen, aus der Leistungen zu zahlen gewesen wären, weil der Zeitraum vom 01.04.2014 bis 19.02.2015 offenkundig weniger als 360 Tage der Versicherungspflicht umfasst hätte.
Für das vorliegende Verfahren ist allein darauf abzustellen, ob ausgehend von dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin behauptet, alle Voraussetzungen für die Entstehung eines (neuen) Anspruches erfüllt zu haben, nämlich ab dem 01.04.2015, innerhalb der dann maßgeblichen Rahmenfrist hinreichende Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzuweisen sind, die geeignet sind, eine Anwartschaftszeit iSd § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III zu erfüllen. Soweit sich nämlich ein Versicherter arbeitslos meldet, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt die Rahmenfrist erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg erfüllt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.06.2004 - B 11 AL 70/03 R - juris).
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorüberlegungen ist aber auch für die Zeit ab dem 01.04.2015 die Erfüllung einer Anwartschaftszeit, aus der die Klägerin weitere Zahlungen von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015 erhalten könnte, nicht nachgewiesen. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe in der Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 in einem Arbeitsverhältnis gestanden und es seien für den gesamten Zeitraum Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden, rechtfertigt dies allein keinen Anspruch auf Alg.
Nach § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis iSd § 24 SGB III gestanden hat. Diese Voraussetzungen erfüllen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (§ 24 Abs 1 SGB III). Für Beschäftigte beginnt das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis (§ 24 Abs 2 Satz 1 SGB III) und endet mit dem Tag des Ausscheidens (§ 24 Abs 4 SGB III). Als Beschäftigte sind gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), dessen sachlicher Anwendungsbereich sich auch auf das Arbeitsförderungsrecht erstreckt (§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV), die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Hieraus folgt aber nicht, dass ein Versicherungspflichtverhältnis iS des § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III iVm § 24 Abs 1 SGB III stets dann vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse. So müssen bei faktischer Beschäftigungslosigkeit Arbeitgeber wie Arbeitnehmer den Willen zur (wenn auch künftigen) Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dokumentieren. Besteht ein solcher Fortsetzungswille nicht, endet auch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses das eine Anwartschaftszeit begründende Versicherungspflichtverhältnis iS des § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III mit dem tatsächlichen Ende der Beschäftigung, also dann, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden und der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet oder seine (arbeitsrechtliche) faktische Verfügungsmöglichkeit nicht wahrnimmt (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2012 aaO mwN).
Unter Beachtung dieser rechtlichen Überlegungen und der tatsächlichen Verhältnisse ist zumindest für die Zeit ab dem 21.01.2015 ein die Versicherungsplicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr festzustellen. Der Klägerin wurde spätestens ab diesem Zeitpunkt weder Arbeitsentgelt gezahlt noch hatte sie Anspruch hierauf, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht mehr ausgeübt wurde und die Parteien des Arbeitsvertrages auch nicht den Willen hatten, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Ausgehend hiervon hat die Klägerin in der Rahmenfrist vom 01.04.2013 bis 31.03.2015 damit allenfalls an 296 Tagen (01.04.2014 bis 21.01.2015) in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden, so dass eine Anwartschaftszeit iSd § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III nicht erfüllt ist.
Soweit kann dahinstehen, ob die Klägerin nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Betrieb ihres Arbeitsgebers zum 29.11.2014 infolge eines Annahmeverzuges des Arbeitgebers und geschuldeten Arbeitsentgeltes eventuell noch als versicherungspflichtige Beschäftigte anzusehen wäre. Ausweislich des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 21.01.2015 haben die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, wobei sich die Beteiligten darüber einig waren, dass eventuelle Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien. Damit war das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne spätestens mit Ablauf des 21.01.2015 beendet, wollte man zugunsten der Klägerin annehmen, der arbeitsgerichtliche Vergleich beziehe sich lediglich auf die Zeit ab der Vereinbarung bis zum 31.03.2015, dem regulären Ende des befristeten Arbeitsvertrages. Es fehlt damit zumindest für die Zeit ab dem 22.01.2015 an den elementaren Voraussetzungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin war ab diesem Zeitpunkt bei ihrem Arbeitgeber tatsächlich nicht mehr beschäftigt und den Parteien des Arbeitsvertrages fehlte es an dem Willen, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin über den 21.01.2015 hinaus fortzusetzen. Zum einen hat der Arbeitgeber mit der unwiderruflichen Freistellung der Klägerin auf die Ausübung seines Direktionsrechtes bis zum Ende des Arbeitsvertrages verzichtet, womit der dokumentiert, die Klägerin nicht mehr beschäftigen zu wollen. Anderseits hat aber auch die Klägerin mit dem Vergleich klargestellt, sie wolle trotz Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zumindest zukünftig, d.h. vom 22.01.2015 bis 31.03.2015, für ihren Arbeitgeber nicht mehr tätig werden, obwohl weder Urlausansprüche noch Zeitguthaben vorhanden waren. Allein der aus dem Arbeitsvertrag resultierender Beschäftigungsanspruch wäre mit einem Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt verbunden gewesen, der eine Versicherungspflicht gemäß § 25 SGB III hätte auslösen können. Hiervon hat die Klägerin jedoch mit dem Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches am 21.01.2015 Abstand genommen und damit zum Ausdruck gebracht, weder die Beschäftigung wieder aufnehmen noch Arbeitsentgelt für die Zeit bis 31.03.2015 erhalten zu wollen.
Soweit es der Klägerin anlässlich des Vergleiches vom 21.01.2015 ersichtlich darum gegangen war, durch die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge eine Anwartschaftszeit nach dem SGB III zu erfüllen, verkennt sie, dass allein eine Versicherung wegen der tatsächlichen Entrichtung von Beiträgen dem deutschen Recht der Arbeitslosenversicherung seit jeher fremd ist (vgl. hierzu eingehend: BSG, Urteil 06.02.1992 - 7 RAr 134/90 - juris).
Mangels eines Anspruches auf Zahlung von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015 hat der erkennende Senat damit weder über die Höhe des Bemessungsentgeltes noch über das anzurechnende Nebeneinkommen zu befinden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von weiteren 180 Kalendertagen.
Am 19.02.2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Hierzu gab sie im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 26.02.2015 an, nur noch 25 bis 30 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen. Anlässlich der Anhörung zu einer Sperrzeit machte die Klägerin geltend, Alg sei ab dem 19.02.2015 zu zahlen. In der Zeit von März 2013 bis März 2014 habe die Klägerin - nach eigenen Angaben - eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, ohne jedoch die Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses gemäß § 28a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beantragt zu haben. Das zum 01.04.2014 mit der Fa. T. begründete Arbeitsverhältnis sei zum 31.03.2015 gekündigt worden. Einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 zufolge hatten die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund arbeitgeberseitiger (betriebsbedingter) Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.03.2015 geendet (Ziffer 1 des Vergleichs). Die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, wobei eventuelle Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien (Ziffer 2 des Vergleiches). Der Arbeitgeber verpflichtete sich, auf Basis einer Bruttomonatsvergütung von 3.075,00 EUR bis 31.03.2015 die Sozialabgaben zu entrichten (Ziffer 3 des Vergleiches).
Hierauf bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 für die Zeit ab dem 19.02.2015 Alg in Höhe von 22,85 EUR täglich (bzw. ab 01.03.2015 in Höhe von 18,16 EUR täglich und ab 01.06.2015 in Höhe von 18,77 EUR täglich). Die Anspruchsdauer betrage (bis zum voraussichtlichen Ende des Leistungsanspruches am 27.06.2015) 134 Tage.
Die ausgewiesene Anspruchsdauer von 134 Tagen (abzüglich einer Minderung von sieben Tagen wegen des Eintritts einer Sperrzeit im Zeitraum vom 01.12.2014 bis 07.12.2014 infolge einer verspäteten Arbeitssuchendmeldung; Bescheid vom 26.03.2015) beruhte hierbei auf einem Restanspruch der Klägerin aus einer zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft von 269 Tagen, nachdem die Klägerin hieraus in der Zeit vom 12.10.2012 (Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012) bis 25.02.2013 (Aufhebungsbescheid vom 25.02.2013 idG des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2013) für die Dauer von 135 Tagen Alg bezogen hatte. Dem Leistungssatz (22,85 EUR täglich/ Steuerklasse I) lag ein Bemessungsentgelt von 53,96 EUR (= 3/4 aus 71,95 EUR) zugrunde, das sich aus einem ungekürzten Bemessungsentgelt von 71,95 EUR ergab, welches noch auf Zeiten einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin in den Zeiträumen vom 01.08.2008 bis 31.12.2008 (40 Wochenstunden) und 12.10.2009 bis 14.12.2009 (40 Wochenstunden) beruhte, sowie dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrer Arbeitslosmeldung ihre Bereitschaft, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, dahingehend eingeschränkt hatte, eine Tätigkeit mit einer Wochenarbeitszeit von allenfalls 30 Stunden aufnehmen zu wollen. Zudem rechnete die Beklagte aus einer geringfügigen Beschäftigung der Klägerin (450,00 EUR brutto monatlich - nach Abzug der dargelegten Werbungskosten und dem Freibetrag von 165,00 EUR; Aufnahme der Tätigkeit am 01.12.2013) für die Zeit ab dem 01.03.2015 einen täglichen Betrag von 4,69 EUR (Zahlbetrag: 18,16 EUR) sowie für die Zeit ab dem 01.06.2015 einen täglichen Betrag von 4,08 EUR (Zahlbetrag: 18,77 EUR) als zu berücksichtigendes Einkommen auf den Leistungssatz von 22,85 EUR an.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Anspruchsdauer sei unter Berücksichtigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Fa. T im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 zu berechnen. Faktisch sei sie erst ab dem 01.04.2015 arbeitslos. Nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 21.01.2015 habe sie Anspruch auf ein Bruttoarbeitsentgelt von 3.075,00 EUR gehabt, das der Bemessung zugrunde zu legen sei. Die Sozialabgaben hierfür habe der Arbeitgeber entrichtet, so dass sich aus dem sozialversicherungspflichtigen Einkommen von zwölf Monaten ein neuer Anspruch ergebe. Zudem seien die berücksichtigungsfähigen Werbungskosten in unzutreffender Weise ermittelt.
Den Widerspruch wies die Beklagte der Klägerin hinsichtlich der Höhe des Bemessungsentgeltes (W 1716/15) mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 sowie bezüglich des anzurechnenden Nebeneinkommens (W 1885/15) mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 zurück.
Mit einem weiteren (gesonderten) Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 wies die Beklagte das Widerspruchsvorbringen in Bezug auf die Anspruchsdauer (W 1715/15) ebenfalls zurück. Der Klägerin seien lediglich Leistungen aus dem Restanspruch der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft zu bewilligen. Unter Beachtung der Arbeitslosmeldung zum 19.02.2015 habe die Klägerin in der danach maßgeblichen Rahmenfrist (19.02.2013 bis 18.02.2015) lediglich für die Dauer von 244 Tagen versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt, denn nur in der Zeit vom 01.04.2014 bis 30.11.2014 sei eine der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt worden.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (S 1 AL 151/15). Das Arbeitsverhältnis habe zwölf Monate angedauert und die Sozialversicherungsbeiträge seien vom Arbeitgeber entrichtet worden, so dass ein Versicherungspflichtverhältnis bestanden habe, aus dem ein neuer Anspruch für die Dauer von 180 Tagen auf Alg resultiere. Zusammen mit dem Restanspruch sei ihr für die Dauer von insgesamt 314 Tagen Alg zu zahlen.
Das SG hat die auf eine längere Anspruchsdauer gerichtete Klage mit Urteil vom 27.08.2015 abgewiesen. Anwartschaftsbegründende Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist (19.02.2013 bis 18.02.2015) seien nur im Umfang von 244 Tagen (01.04.2014 bis 28.11.2014) zurückgelegt worden. Ab dem 29.11.2014 sei die Klägerin nicht gegen Entgelt in dem Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen, so dass diese Zeiten nicht als Zeiten der Versicherungspflicht zu werten seien. Die Dauer des Restanspruches habe die Beklagte zutreffend ermittelt.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In der Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 habe ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden und die Sozialversicherungsbeiträge seien vom Arbeitergeber abgeführt worden. Bereits hieraus ergebe sich ein weiterer Anspruch auf Alg für die Dauer von 180 Tagen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.08.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 dem Grunde nach zu verurteilen, Arbeitslosengeld über den 27.06.2015 hinaus für die Dauer von 180 Tagen - nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften - in Höhe von 38,36 EUR täglich zu zahlen
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen
Das SG habe in Bezug auf die Anspruchsdauer zutreffend entschieden.
In Bezug auf die Höhe des zu berücksichtigenden Bemessungsentgeltes (W 1716/15 - Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015) und des anzurechnenden Nebeneinkommens (W 1885/15 - Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015) hat die Klägerin gleichfalls Klagen zum SG erhoben (W 1716/15 = S 1 AL 188/15 bzw. W 1885/15 = S 1 AL 183/15), die das SG mit weiteren Urteilen vom 27.08.2015 abgewiesen hat. Auch gegen diese Urteile hat die Klägerin jeweils Berufung beim LSG eingelegt (S 1 AL 188/15 = L 10 AL 249/15 bzw. S 1 AL 183/15 = L 10 AL 248/15), die sie am 25.02.2016 im Hinblick auf die Zusage der Beklagten für erledigt erklärt hat, im Falle eines rechtskräftigen Unterliegens im Verfahren L 10 AL 247/15 über die Streitgegenstände in Bezug auf die Verfahren L 10 AL 248/15 und L 10 AL 249/15 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erneut rechtsbehelfsfähig zu entscheiden.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtgesetz - SGG), in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 26.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 ist in Bezug auf die Anspruchsdauer rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach der Erfüllung ihres Restanspruches aus der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft mit Ablauf des 27.06.2015 hat die Klägerin mangels hinreichender Zeiten eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses keinen Anspruch auf Zahlung von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015.
Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat, wer arbeitslos ist, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat (§ 137 Abs 1 SGB III). Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs 1 Satz 1 SGB III).
Eine Anwartschaftszeit in diesem Sinne hatte die Klägerin zuletzt mit ihrer Arbeitslosmeldung zum 12.10.2012 erfüllt, in deren Folge die Beklagte mit bestandskräftigem Bewilligungsbescheid vom 24.10.2012 idG des Widerspruchbescheides vom 30.11.2012 der Klägerin Alg für eine Anspruchsdauer von 269 Tagen bewilligt hat. Dieser Anspruch beruhte auf einer versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit (Zeiten der Versicherungspflicht vom 01.03.2011 bis 11.10.2012) sowie einem zum 12.10.2012 noch bestehenden Restanspruch von 29 Tagen aus einer zum 31.07.2010 erworbenen Anwartschaft. Diesen Anspruch von 269 Tagen hat die Beklagte auf der Grundlage des Bescheides vom 24.10.2012 durch Zahlung von Alg an die Klägerin für den Zeitraum vom 12.10.2012 bis 25.02.2013 für 135 Tage erfüllt, so dass sich der zum 12.10.2012 erworbenen (Rest-) Anspruch gemäß § 148 Abs 1 Nr. 1 SGB III auf 134 Tage gemindert hatte, als sich die Klägerin zum 19.02.2015 arbeitslos gemeldet und die Zahlung von Alg begehrt hat.
Allein aus diesem (Rest-) Anspruch, den die Klägerin noch vor dem Ablauf der für diesen Anspruch gemäß § 161 Abs 2 SGB III maßgeblichen (vierjährigen) Verfallfrist, dem 11.10.2016, geltend gemacht hat, konnte sie die Zahlung von Alg verlangen. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2015 idF des Bescheides vom 30.03.2015 bewilligt und für die Dauer von 127 Tagen (134 Tage abzüglich einer bestandskräftig festgestellten Minderung von sieben Tagen wegen einer verspäteten Meldung der Arbeitssuche; Bescheid vom 26.03.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015) im Zeitraum vom 19.02.2015 bis 27.06.2015 durch Zahlung von Alg zwischenzeitlich erfüllt, wobei auch Zahlungen für den Zeitraum vom 19.02.2015 bis 31.03.2015 zu Recht erfolgt sind, denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der arbeitsgerichtlich vereinbarten Zahlung einer Vertragsstrafe sowie den damit in Zusammenhang stehenden Abwicklungsmodalitäten (Ziffern 6 bis 9 des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 21.01.2015) um die Abgeltung von Arbeitsentgelt gehandelt hat, das zum Ruhen des Anspruches auf Alg geführt hätte.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf weitere Zahlungen von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015, denn die Klägerin hat allein unter Beachtung ihres Arbeitsvertrages mit der Fa. T im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 keine anspruchsbegründende Anwartschaftszeit erfüllt.
Nach § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate (360 Tage, § 339 Satz 1 SGB III) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin unter Beachtung des mit der Fa. T bis 31.03.2015 fortdauernden Arbeitsvertrages eine neue Anwartschaft erworben hat, kann vorliegend dahinstehen, dass sich die Klägerin bereits am 19.02.2015 arbeitslos gemeldet und ab diesem Zeitpunkt Leistungen aus dem Restanspruch der zum 12.10.2012 erworbenen Anwartschaft bezogen hat, denn allein der Bezug von Alg und die damit verbundene Beschäftigungslosigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften stehen nicht grundsätzlich der Möglichkeit entgegen, dass zeitgleich ein anwartschaftsbegründendes Beschäftigungsverhältnis besteht (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1985 - 12 RK 51/83; Urteil vom 04.07.2012 - B 11 AL 16/11 R - juris). Ausgehend vom 19.02.2015 konnte die Klägerin - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - allein unter Beachtung der vorhergehenden Zeiten der Versicherungspflicht keine Anwartschaftszeit erfüllen, denn nach ihren Angaben war sie nach ihrer Abmeldung aus dem Leistungsbezug zum 25.02.2013 in der Zeit vom 26.02.2013 bis 31.03.2014 zwar selbständig tätig, jedoch - entgegen vorhergehenden Zeiten der Selbständigkeit - nicht auf Antrag gemäß § 28a SGB III versicherungspflichtig. Unter Beachtung dieses Umstandes konnte die Klägerin bei Beginn einer Rahmenfrist am 19.02.2015 in der Zeit seit dem 01.04.2014, d.h. seit der Aufnahme der Tätigkeit bei der Fa. T, die allein als anwartschaftsbegründende Zeiten der Versicherungspflicht in Rede stehen, bereits deshalb keine Anwartschaftszeit erfüllen, aus der Leistungen zu zahlen gewesen wären, weil der Zeitraum vom 01.04.2014 bis 19.02.2015 offenkundig weniger als 360 Tage der Versicherungspflicht umfasst hätte.
Für das vorliegende Verfahren ist allein darauf abzustellen, ob ausgehend von dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin behauptet, alle Voraussetzungen für die Entstehung eines (neuen) Anspruches erfüllt zu haben, nämlich ab dem 01.04.2015, innerhalb der dann maßgeblichen Rahmenfrist hinreichende Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzuweisen sind, die geeignet sind, eine Anwartschaftszeit iSd § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III zu erfüllen. Soweit sich nämlich ein Versicherter arbeitslos meldet, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt die Rahmenfrist erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg erfüllt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.06.2004 - B 11 AL 70/03 R - juris).
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorüberlegungen ist aber auch für die Zeit ab dem 01.04.2015 die Erfüllung einer Anwartschaftszeit, aus der die Klägerin weitere Zahlungen von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015 erhalten könnte, nicht nachgewiesen. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe in der Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 in einem Arbeitsverhältnis gestanden und es seien für den gesamten Zeitraum Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden, rechtfertigt dies allein keinen Anspruch auf Alg.
Nach § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit zurückgelegt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis iSd § 24 SGB III gestanden hat. Diese Voraussetzungen erfüllen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (§ 24 Abs 1 SGB III). Für Beschäftigte beginnt das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis (§ 24 Abs 2 Satz 1 SGB III) und endet mit dem Tag des Ausscheidens (§ 24 Abs 4 SGB III). Als Beschäftigte sind gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), dessen sachlicher Anwendungsbereich sich auch auf das Arbeitsförderungsrecht erstreckt (§ 1 Abs 1 Satz 2 SGB IV), die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Hieraus folgt aber nicht, dass ein Versicherungspflichtverhältnis iS des § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III iVm § 24 Abs 1 SGB III stets dann vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse. So müssen bei faktischer Beschäftigungslosigkeit Arbeitgeber wie Arbeitnehmer den Willen zur (wenn auch künftigen) Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dokumentieren. Besteht ein solcher Fortsetzungswille nicht, endet auch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses das eine Anwartschaftszeit begründende Versicherungspflichtverhältnis iS des § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III mit dem tatsächlichen Ende der Beschäftigung, also dann, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden und der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet oder seine (arbeitsrechtliche) faktische Verfügungsmöglichkeit nicht wahrnimmt (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2012 aaO mwN).
Unter Beachtung dieser rechtlichen Überlegungen und der tatsächlichen Verhältnisse ist zumindest für die Zeit ab dem 21.01.2015 ein die Versicherungsplicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr festzustellen. Der Klägerin wurde spätestens ab diesem Zeitpunkt weder Arbeitsentgelt gezahlt noch hatte sie Anspruch hierauf, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht mehr ausgeübt wurde und die Parteien des Arbeitsvertrages auch nicht den Willen hatten, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Ausgehend hiervon hat die Klägerin in der Rahmenfrist vom 01.04.2013 bis 31.03.2015 damit allenfalls an 296 Tagen (01.04.2014 bis 21.01.2015) in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden, so dass eine Anwartschaftszeit iSd § 142 Abs 1 Satz 1 SGB III nicht erfüllt ist.
Soweit kann dahinstehen, ob die Klägerin nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Betrieb ihres Arbeitsgebers zum 29.11.2014 infolge eines Annahmeverzuges des Arbeitgebers und geschuldeten Arbeitsentgeltes eventuell noch als versicherungspflichtige Beschäftigte anzusehen wäre. Ausweislich des arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 21.01.2015 haben die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, die Klägerin werde unbezahlt und unwiderruflich bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, wobei sich die Beteiligten darüber einig waren, dass eventuelle Zeitguthaben und Urlaub bereits eingebracht seien. Damit war das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne spätestens mit Ablauf des 21.01.2015 beendet, wollte man zugunsten der Klägerin annehmen, der arbeitsgerichtliche Vergleich beziehe sich lediglich auf die Zeit ab der Vereinbarung bis zum 31.03.2015, dem regulären Ende des befristeten Arbeitsvertrages. Es fehlt damit zumindest für die Zeit ab dem 22.01.2015 an den elementaren Voraussetzungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Klägerin war ab diesem Zeitpunkt bei ihrem Arbeitgeber tatsächlich nicht mehr beschäftigt und den Parteien des Arbeitsvertrages fehlte es an dem Willen, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin über den 21.01.2015 hinaus fortzusetzen. Zum einen hat der Arbeitgeber mit der unwiderruflichen Freistellung der Klägerin auf die Ausübung seines Direktionsrechtes bis zum Ende des Arbeitsvertrages verzichtet, womit der dokumentiert, die Klägerin nicht mehr beschäftigen zu wollen. Anderseits hat aber auch die Klägerin mit dem Vergleich klargestellt, sie wolle trotz Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zumindest zukünftig, d.h. vom 22.01.2015 bis 31.03.2015, für ihren Arbeitgeber nicht mehr tätig werden, obwohl weder Urlausansprüche noch Zeitguthaben vorhanden waren. Allein der aus dem Arbeitsvertrag resultierender Beschäftigungsanspruch wäre mit einem Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt verbunden gewesen, der eine Versicherungspflicht gemäß § 25 SGB III hätte auslösen können. Hiervon hat die Klägerin jedoch mit dem Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches am 21.01.2015 Abstand genommen und damit zum Ausdruck gebracht, weder die Beschäftigung wieder aufnehmen noch Arbeitsentgelt für die Zeit bis 31.03.2015 erhalten zu wollen.
Soweit es der Klägerin anlässlich des Vergleiches vom 21.01.2015 ersichtlich darum gegangen war, durch die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge eine Anwartschaftszeit nach dem SGB III zu erfüllen, verkennt sie, dass allein eine Versicherung wegen der tatsächlichen Entrichtung von Beiträgen dem deutschen Recht der Arbeitslosenversicherung seit jeher fremd ist (vgl. hierzu eingehend: BSG, Urteil 06.02.1992 - 7 RAr 134/90 - juris).
Mangels eines Anspruches auf Zahlung von Alg für die Zeit ab dem 28.06.2015 hat der erkennende Senat damit weder über die Höhe des Bemessungsentgeltes noch über das anzurechnende Nebeneinkommen zu befinden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der Klägerin.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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