L 12 KA 164/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 187/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 164/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 23c Bedarfsplanungs-Richtlinie begrenzt das abrechenbare Gesamtzahlvolumen, ohne dass weitere Honorarkürzungen, insbesondere aufgrund einer Plausibilitätsprüfung, zu berücksichtigen sind.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.2014 im Umfang der Stattgabe aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Honorarrückforderung wegen des Überschreitens der Jobsharing-Obergrenzen in den Quartalen 3/2008 bis 2/2009 in Höhe von 25.742,08 EUR.

Die Klägerin beschäftigte im streitgegenständlichen Zeitraum einen angestellten Anästhesisten. Vor dem Zulassungsausschuss hatte sie die Einhaltung von Jobsharing-Obergrenzen anerkannt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.04.2011 (Jobsharing-Saldierungsbescheid für die Quartale 3/2008 bis 2/2009) stellte die Beklagte aufgrund einer Verrechnung der festgestellten Über- und Unterschreitungen einen Rückforderungsbetrag von 25.742,08 EUR fest. Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch ein. Es werde eine Plausibilitätsprüfung der Honorare für die Quartale 1/2007 bis 2/2010 durchgeführt, die zu Rückforderungen führe. Diese Rückforderungen beträfen auch Jobsharing-relevante Leistungen. Die Abteilung Honorarprüfung weigere sich, die Rückforderungsbeträge wegen der Überschreitung der Jobsharing-Obergrenzen gegenzurechnen. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe sich am 29.07.2004 gegenüber dem Zulassungsausschuss schriftlich zur Einhaltung der festgelegten Leistungsbegrenzung verpflichtet. Der Saldierungsbescheid sei zeitlich vor der Plausibilitätsprüfung erstellt worden. Nach Prüfung der Unterlagen sei jedoch festzustellen, dass die Rückforderung im Rahmen des Jobsharings bei der Rückforderung im Rahmen der Plausibilitätsprüfung prozentual angerechnet worden sei. Es habe keine doppelte Berechnung stattgefunden.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG). Da die Beklagte den Rückzahlungsbetrag wegen des Überschreitens der Jobsharing-Obergrenzen lediglich quotal und nicht vollständig berücksichtigt habe, seien insgesamt nur 3497,93 EUR gegengerechnet worden. Die im Rahmen der Plausibilitätsprüfung vorgenommenen Kürzungen hätten bereits vorab aus der anerkannten Punktemenge herausgerechnet werden müssen.

Das SG gab der Klage mit Urteil vom 23.07.2014 teilweise statt und verpflichtete die Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Strittig sei nicht die Obergrenze an sich, sondern, welches Honorarvolumen mit der Obergrenze abzugleichen sei. Es sei zu bedenken, dass es zu einer Doppelbelastung käme, wenn bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder Plausibilitätsprüfungen und Kürzungen wegen des Überschreitens der Obergrenze jeweils auf das abgerechnete Leistungsvolumen abgestellt würde. Außerdem dürfe es nicht darauf ankommen, zu welchem Zeitpunkt - vor oder nach der Saldierung - Kürzungen aufgrund sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder Plausibilitätsprüfungen stattfinden. Ansonsten wäre es dem Zufall überlassen, ob die verminderte Gesamtpunktzahl bei der Saldierung zu berücksichtigen sei oder die abgerechnete Gesamtpunktzahl.

Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Berufung ein. Der Saldierungsbescheid vom 19.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei rechtmäßig. Die Beklagte habe im Rahmen der Jobsharing-Saldierung zutreffend auf das angeforderte Punktzahlvolumen abgestellt. Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung sei die konkret fehlerhaft abgerechnete Leistung gekürzt worden. Die von der Beklagten auf die jeweilige fehlerhaft abgerechnete Leistung gewährte Reduzierung berücksichtige gerade den Anteil der fehlerhaft abgerechneten Leistung, der bereits wegen Überschreitung der Leistungsobergrenzen gekürzt wurde, so dass es zu keiner unzulässigen Doppelkürzung von Leistungen komme. Die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze zur Budgetierung seien nach Auffassung der Berufungsklägerin auch im vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Ginge man davon aus, dass eine volle Verrechnung der Rückforderung aus der Plausibilitätsprüfung mit der Rückforderung im Rahmen des Jobsharing erfolgen müsse, könnte ein Arzt durch enorme Überschreitung der Leistungsmenge und somit durch womöglich bewussten Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB V Rückforderungen aufgrund fehlerhafter oder unwirtschaftlicher Leistungsabrechnung auffangen, ohne Honorareinbußen befürchten zu müssen, denn dem Arzt das volle Honorar bis zur zulässigen Leistungsobergrenze.

Die Vertreterin der Beklagten stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 05.09.2016.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen seine Argumentation und legte erneut dar, dass die Kumulation der Kürzungen aus beiden Verfahren zu einer Unterschreitung nicht nur der Jobsharing-Obergrenze, sondern auch des in der Plausibilitätsprüfung anerkannten Honorars führe.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Beklagtenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Überschreitung der Jobsharing-Obergrenze auf der Basis des nach der Plausibilitätsprüfung festgestellten Honorars zu prüfen sei.

Rechtsgrundlage ist § 23 c Bedarfsplanungsrichtlinie 2007. Die Saldierung der Punktzahlen innerhalb eines Kalenderjahres ergibt sich aus § 23 c Satz 7 Bedarfsplanungsrichtlinie 2007. Der Wortlaut dieser Vorschrift ist eindeutig. Er begrenzt das abrechenbare Gesamtpunktzahlvolumen, ohne Regelungen für die Berücksichtigung weiterer Honorarkürzungen, insbesondere der Plausibilitätsprüfung, zu treffen. Damit sind die Jobsharing-Obergrenzen nicht abänderbar. Bei der Saldierung hat die Beklagte keine Möglichkeit, von den vom Zulassungsausschuss festgelegten Obergrenzen abzuweichen.

Die Bindung an die von den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung festgelegten Obergrenzen ist dogmatisch zwingend, da die Beklagte keine rechtliche Grundlage hat, in die Festlegungen der Zulassungsgremien einzugreifen. Sie ist sachlich nicht zuständig.

Von daher ist bereits der Ansatz der klägerischen Begründung verfehlt.

Der Berufung der Beklagten war daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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