L 11 AS 842/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 900/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 842/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Verfristete Berufung.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.06.2016 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Kläger ist Student und bezog in der Vergangenheit zeitweise Alg II vom Beklagten. Auf einen Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 25.07.2013 zunächst vorläufige Leistungen von August 2013 bis Januar 2014, lehnte dann aber mit Bescheid vom 05.08.2013 die Gewährung von Alg II ab September 2013 endgültig ab und nahm den Bescheid vom 25.07.2013 insoweit wieder zurück. Einen Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 25.07.2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2013 und einen weiteren Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.08.2013 mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2013 zurück.

Die vom Kläger dagegen beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klagen (S 9 AS 900/13 und S 9 AS 932/13) hat das SG unter dem Az S 9 AS 900/13 verbunden. Nach einem Teilanerkenntnis des Beklagten im Hinblick auf die Zahlung von Unterkunftskosten iHv 280 EUR für August 2013 hat das SG die Klage mit Urteil vom 01.06.2016 abgewiesen. Nach den Akten des SG wurde das Urteil einschließlich der Sitzungsniederschrift am 12.07.2016 an den seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers versandt. Nach einem von dem Bevollmächtigten unterzeichnetem Empfangsbekenntnis sind die Dokumente am 13.07.2016 dort eingegangen. Mit Schreiben vom 28.10.2016 hat der seinerzeitige Bevollmächtigte dem SG dann mitgeteilt, das Urteil vom 01.06.2016 liege ihm noch nicht vor. Mit Schreiben vom 15.11.2016 hat er ergänzend ausgeführt, die tatsächliche Nichtübersendung am 13.07.2016 sei wegen der Vielzahl der Unterlagen übersehen worden.

Gegen das Urteil des SG vom 01.06.2016 hat der Kläger am 01.12.2016 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das Urteil sei dem vormaligen Bevollmächtigten nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Dieser habe eine Abschrift erst am 08.11.2016 erhalten. Hierzu hat der Kläger auch eine anwaltliche Versicherung seines vormaligen Bevollmächtigten vorgelegt. Das seinerzeit auf das Verfahren S 9 AS 900/13 bezogene und von ihm unterzeichnete Empfangsbekenntnis sei nur insoweit richtig, als es sich auf die Niederschrift vom 01.06.2016 beziehe. Hinsichtlich der dort ebenfalls erwähnten Urteilsanschriften sei es unrichtig und beruhe auf einem Versehen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 01.06.2016 aufzuheben und gemäß dem erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufung sei nicht fristgemäß erhoben worden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg. Sie ist nicht zulässig und daher zu verwerfen. Der Senat konnte durch Beschluss entscheiden, weil die Berufung nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das Gericht hat den Kläger auch darauf hingewiesen, dass eine derartige Entscheidung durch Beschluss möglich ist. Einwendungen hiergegen hat er nicht vorgebracht.

Gemäß § 151 Abs 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Das Urteil des SG ist dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers - eine ordnungsgemäße Vollmacht hat vorgelegen - am 13.07.2016 - mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) - mit Empfangsbekenntnis (§ 63 Abs 2 Satz 1 SGG iVm §§ 174 Abs 1 Zivilprozessordnung -ZPO-) wirksam zugestellt (§ 135 SGG) worden. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis, das an das Gericht zurückzusenden ist (§ 174 Abs 4 Satz 1 ZPO). Dieses liegt in den Akten des SG vor und trägt das Datum 13.07.2016 sowie die Unterschrift des seinerzeitigen Bevollmächtigten. Danach wurde nicht nur die Sitzungsniederschrift sondern auch das Urteil vom 01.06.2016 zugestellt. Das Empfangsbekenntnis ist eine öffentliche Urkunde iSv § 418 ZPO (vgl auch BayLSG, Beschluss vom 17.02.2017 - L 16 AS 859/16 B ER). Eine solche erbringt den vollen Beweis für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Angaben ist zwar zulässig, dafür genügt aber allein die Möglichkeit der Unrichtigkeit nicht, sondern es muss die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet, jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung somit ausgeschlossen werden (vgl Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 174 Rn 20 mwN). Demnach kann auch die Versicherung des ehemaligen Bevollmächtigten, das Urteil sei seinerzeit nicht mit übersandt worden, nicht überzeugen. Zum einen ist davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt tatsächlich nur den Empfang von ihm tatsächlich zugegangenen Dokumenten bescheinigt, zum anderen ist es nicht auszuschließen, dass das Urteil erst nach Zugang abhanden gekommen ist. Für die Übersendung auch des Urteils an den Bevollmächtigten spricht zudem der Vermerk des SG über den entsprechenden Versand am 12.07.2016. Der Gegenbeweis, dass das Urteil des SG tatsächlich nicht am 13.07.2016 zugestellt worden sein soll, ist damit zur Überzeugung des Senats nicht erbracht worden.

Damit begann die einmonatige Berufungsfrist am 14.07.2016 (§ 64 Abs 1 SGG) und lief am Dienstag, dem 16.08.2016 - der 13.08.2016 war ein Samstag, der 14.08.2016 ein Sonntag und der 15.08.2016 ein Feiertag - ab (§ 64 Abs 2 Satz 1 und Abs 3 SGG). Die Berufung ist jedoch erst am 01.12.2016 schriftlich beim LSG eingelegt worden und damit verspätet beim LSG eingegangen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht. Wiedereinsetzungsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nach alledem war die Berufung zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved