Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 923/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 212/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren erfordert im Regelfall, dass dem angerufenen Gericht eine ladungsfähige Anschrift des Rechtsuchenden genannt wird (Anschluss an BSG, Beschluss vom 18.11.2003, Az. B 1 KR 1/025. Dies gilt auch, wenn der Rechtsuchende anwaltlich vertreten ist.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17. September 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aufgrund eines entgangenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt gegenüber der M. UG für Juni bis August 2011 Anspruch auf Insolvenzgeld hat.
Der 1967 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger. Er beantragte mit Schreiben vom 04.09.2011 unter der Adresse A-Str. 48, A-Stadt, bei der Beklagten die Bewilligung von Insolvenzgeld und gab an, als Maurer im Zeitraum 01.06.2011 bis 31.08.2011 bei der M. UG beschäftigt gewesen zu sein und in diesem Zeitraum kein Arbeitsentgelt bezogen zu haben. Der Arbeitgeber habe am 24.08.2011 Insolvenzantrag gestellt. Seinem Antrag fügte der Kläger Lohnabrechnungen für die Monate Juni bis August 2011, seinen Arbeitsvertrag und die Meldungen zur Sozialversicherung, ferner durch den Geschäftsführer der M. UG, M. D., unterzeichnete Stundennachweise sowie dessen Kündigungsschreiben vom 15.08.2011 bei.
Mit Schreiben vom 05.12.2011 übersandte der Insolvenzverwalter der M. UG, Rechtsanwalt S., der Agentur für Arbeit A-Stadt ein Schreiben an die Mitarbeiter der M. UG, wonach diese nur für den Zeitraum Juni bis August 2011 existiert habe. Es sei offenbar lediglich die Lohnbuchhaltung durchgeführt worden, um die Auszahlung von Insolvenzgeld zu erwirken. Die Agentur für Arbeit sei aufgefordert worden, vorerst kein Insolvenzgeld auszuzahlen.
Mit Bescheid vom 23.01.2012 lehnte die Agentur für Arbeit A-Stadt die Bewilligung von Insolvenzgeld ab, da eine Tätigkeit des Klägers für die fragliche Firma nicht nachgewiesen sei. Der mit einfachem Brief an die vom Kläger angegebene Adresse versandte Bescheid wurde als unzustellbar an die Agentur für Arbeit A-Stadt zurückgesandt.
Mit Schreiben vom 08.06.2012 monierte der Bevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer mit Druckbuchstaben "unterzeichneten" Vollmacht die fehlende Bearbeitung des Antrages vom 04.09.2011. Ihm wurde daraufhin der Bescheid vom 23.01.2012 zugesandt.
Mit Schreiben vom 01.09.2012 legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 23.01.2012 ein und beantragte hinsichtlich der Versäumung der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit Eingang am 13.11.2012 erhob der Bevollmächtigte des Klägers hiergegen Klage zum Sozialgericht München (SG). Hierbei gab er als ladungsfähige Anschrift des Klägers die Adresse A-Str. 48, A-Stadt, an. Der Kläger habe auf mindestens zwei Baustellen der M. UG gearbeitet. Daher habe er für den Zeitraum 01.06.2011 bis 31.08.2011 Ansprüche auf nicht ausbezahltes Arbeitsentgelt. Der Klägerbevollmächtigte wies ergänzend daraufhin, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges und der Untreue gegen den Geschäftsführer der M. UG, M. D., am 21.06.2012 eingestellt worden ist.
M. D. wurde mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 08.04.2013 (Az. xxx ) wegen Insolvenzverfahrensverschleppung bezüglich der Insolvenz der M. UG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Verteidiger des Angeklagten D. war der jetzige Klägerbevollmächtigte, RA B ... In einem Parallelverfahren vor dem SG München (Az. S 36 AL 744/12) gab M. D. als Zeuge am 14.11.2013 an, er habe Ende Mai - Anfang Juni 2011 ca. 20 Arbeitnehmer eingestellt, diese hätten auf Baustellen der M. UG gearbeitet. Für die Arbeitsverträge habe er seinen alten Arbeitsvertrag der Fa. B. verwendet, er sei dort Vorarbeiter gewesen. Er habe einigen seiner Arbeitnehmer bei den Insolvenzgeldanträgen geholfen, ferner habe er die Unterschrift auf der Vollmacht für den Widerspruch des (dortigen) Klägers selbst getätigt und den Namen des Klägers auf die Vollmacht geschrieben. Herr B. habe davon nichts gewusst.
Das SG hat den Kläger mit Schreiben vom 01.08.2013 zu einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27.08.2013 unter der von seinem Bevollmächtigten angegebenen Anschrift geladen. Laut Postzustellurkunde vom 05.08.2013 konnte der Kläger unter dieser Anschrift jedoch nicht ermittelt werden. Ausweislich der Personenauskunft des Bayer. Melderegisters hat sich der Kläger bereits am 22.10.2012 ohne Angabe einer Adresse nach Griechenland abgemeldet.
Das SG hat die Beteiligten mit Schreiben vom 21.07.2014 über die Absicht informiert, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2014 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Nach § 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem zuständigen Gericht zu erheben. Das Ersuchen um Rechtsschutz müsse gemäß § 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG u.a. die Beteiligten bezeichnen und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein. Darüber hinaus setze ein zulässiges Rechtsschutzbegehren ganz regelmäßig voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtssuchenden genannt werde, die sich zu Zustellungszwecken eigne (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 92, Rdnr. 4).
Als allgemeine Prozessvoraussetzung erfordere ein zulässiges Rechtsschutzbegehren im Regelfall, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt werde (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24.04.2012, Az. L 8 SO 183/11). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Angabe einer aktuellen Adresse zur Anschrift des Rechtsschutzsuchenden in jeder Lage des Verfahrens erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2003, Az.: B 1 KR 1/02 S).
Halte sich der Rechtsschutzsuchende bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt im Ausland auf - wovon die Kammer im vorliegenden Fall anlässlich der vorliegenden Meldeauskunft ausgehe - fehle es an der zwingend erforderlichen Identifikation des Rechtsuchenden und der Authentizität des Rechtschutzbegehrens.
Die Einlassung des Bevollmächtigten des Klägers, der Kläger habe ihm mit Brief vom 09.08.2013 die Vollmacht für das gerichtliche Verfahren unter seiner Anschrift in A-Stadt übermittelt, vermöge die Kammer nicht zu überzeugen. Die Vollmacht sei dem Gericht bereits mit Schreiben vom 22.02.2013 - datiert vom 21.05.2012 - vorgelegt worden.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 06.10.2014 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Zweifel der Beklagten am Wahrheitsgehalt der eingereichten Unterlagen seien unbegründet. Der vom Insolvenzverwalter geäußerte Verdacht des versuchten Insolvenzgeldbetruges sei aufgrund des Wortlauts der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft A-Stadt vom 21.06.2012 ausgeräumt. Der Kläger habe tatsächlich auf den Baustellen in der S.-Str. 34 gearbeitet.
Ergänzend hat der Klägerbevollmächtigte eine vom Kläger unterzeichnete Vollmacht mit Datum 30.11.2012 vorgelegt.
Auf die gerichtliche Aufforderung, die derzeitige ladungsfähige Anschrift des Klägers vorzulegen, hat der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 08.04.2015 mitgeteilt, die Anschrift des Klägers laute (weiterhin) A-Str. 48, A-Stadt (bei F.).
Herr F. hat dem Senat mit Schreiben vom 19.07.2017 mitgeteilt, dass der Beklagte (gemeint ist der Kläger) seit dem 22.10.2012 nicht mehr im Bundesgebiet lebe und beim Sozialgericht nicht anwesend sein könne. Ergänzend legte er die Abmeldebescheinigung des KVR A-Stadt mit dem Auszugsdatum 22.10.2012 vor.
Die E. hat dem Senat auf dessen Aufforderung, die dort bekannten Beschäftigungszeiten des Klägers ab 01.06.2011 bis heute zu übermitteln, mit Schreiben vom 24.07.2017 folgende versicherungspflichtige Beschäftigungen des Klägers mitgeteilt: 01.06.2011 bis 31.08.2011 und 01.11.2011 bis 28.02.2012.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17.09.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2012 zur verurteilen, dem Kläger antragsgemäß Insolvenzgeld für den Zeitraum 01.06.2011 bis 31.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten und der Leistungsakten der Beklagten verwiesen, die der Senat beigezogen und zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München (SG) ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht die Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2012 wegen Unzulässigkeit der Klage abgewiesen.
§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG enthält zwingende Vorschriften zum Inhalt einer Klageschrift. Danach muss die Klageschrift den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Klägers gehört grundsätzlich sowohl dessen Name als auch die Anschrift, unter der er geladen werden kann. So genügt zum Beispiel die Angabe "postlagernd" oder die Angabe eines Postfaches den gesetzlichen Anforderungen nicht. Nur in Ausnahmefällen kann die Angabe der Anschrift des Klägers entbehrlich sein, wenn besondere, dem Gericht mitzuteilende Gründe dies rechtfertigen, wie z.B. Obdachlosigkeit oder ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Klägers, etwa in Familiensachen (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG 12. Auflage, § 92 Rdnr. 1).
Entsprechendes ergibt sich aus der gemäß § 202 SGG analog heranzuziehenden zivilprozessualen Regelung des § 253 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach die Klageschrift u.a. die Parteien bezeichnen muss. Hierzu gehört auch die Angabe der ladungsfähigen Anschrift der Parteien, sofern kein besonderes schützenswertes Interesse entgegensteht (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 253, Rdnr. 8 m.w.N; sowie Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 75. Auflage, § 253, Rdnr. 23 m.w.N.).
Dies gilt auch bei einer Vertretung des Klägers durch einen Prozessbevollmächtigten. Auch in diesem Fall genügt eine Klageschrift nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Klägers enthält. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage, § 253, Rdnr. 7 m.w.N.). Entsprechendes gilt in sämtlichen Zweigen der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit. So hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 30.06.2015 (Az. X B 28/15) unter dem Leitsatz "Die Bezeichnung des Klägers in der Klage verlangt die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift" wörtlich ausgeführt:
"Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört zur Bezeichnung des Klägers vorbehaltlich besonderer Umstände, die dies unzumutbar erscheinen lassen (etwa drohende Verhaftung), die Angabe des tatsächlichen Wohnorts als ladungsfähiger Anschrift, und zwar auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1997 VII R 33/96, BFH/NV 1997, 585; vom 11. Dezember 2001 VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651; vom 17. Juni 2010 III R 53/07, BFH/NV 2011, 264; BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 2007 VII S 17/07 (PKH), BFH/NV 2008, 589, und vom 20. Dezember 2012 I B 38/12, BFH/NV 2013, 746). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 82 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- (Urteil vom 13. April 1999 1 C 24/97, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1999, 2608, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2000, 382; Beschlüsse vom 1. September 2005 1 B 79/05, 1 B 79/05 (1 PKH 22/05), Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 22, und vom 14. Februar 2012 9 B 79/11, 9 PKH 7/11, 9 VR 1/12, 9 PKH 1/12, NJW 2012, 1527), der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 92 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG- (Beschluss vom 18. November 2003 B 1 KR 1/02 S, SozR 4-1500 § 90 Nr. 1) und auch der Rechtsprechung des BGH zu § 253 der Zivilprozessordnung -ZPO- (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1987 IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, MDR 1988, 393, NJW 1988, 2114, sowie das von dem Kläger selbst zitierte Urteil in MDR 2004, 1014)."
In seinem vom BFH zitierten Beschluss vom 18.11.2003 (Az. B 1 KR 1/02 S) hat das Bundessozialgericht (BSG) wörtlich ausgeführt:
"Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren setzt im Regelfall mindestens voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtsuchenden (Klägers, Antragstellers, usw.) genannt wird. Dies entspricht überwiegend der in Rechtsprechung und Literatur zu den Parallelvorschriften anderer Prozessordnungen vertretenen Auffassung (in diesem Sinne: BVerfG - Kammer - NJW 1996, 1272; BGHZ 102, 332 und 145, 358, 363 f sämtlich zum Zivilprozessrecht; BVerwG NJW 1999, 2608, 2609 mwN; OVG Münster NVwZ-RR 1997, 390 und NVwZ-RR 1994, 124; VGH Kassel NJW 1990, 138 - sämtlich zu § 82 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung; aus der Literatur zB: Geiger in Eyermann/Fröhler, VwGO, 11. Aufl 2000, § 82 RdNr 3; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl 2003, § 82 RdNr 4 mwN; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl 2000, § 82 RdNr 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl 2003, § 253 RdNr 23; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl 2003, § 253 RdNr 7; Decker, VerwArch 86, 266, 273 ff; Gusy, JuS 1992, 28, 33; aA VGH Baden-Württemberg VBlBW 1996, 373; BayVGH BayVBl 1992, 594; VGH Kassel NJW 1990, 140). Dies wird - soweit in den Kommentierungen angesprochen - auch für den Geltungsbereich des SGG angenommen (so: Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 90 RdNr 4 und § 92 RdNr 3; Eschner in: Jansen, SGG, 2003, § 92 RdNr 8; Bley in: SGB-SozVers-GesKomm, § 92 SGG Anm 4, Stand August 1992) und steht im Einklang damit, dass eine formlos und ohne Unterschrift erhobene Klage nur dann wirksam erhoben ist, wenn die Person des Klägers feststeht und nichts dafür spricht, dass das Schriftstück ohne seinen Willen an das Gericht gelangt ist (Bley, aaO, § 90 Anm 4a mwN; vgl auch Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl, § 92 Anm 2, S II/33). Dem schließt sich der Senat an."
Das BSG führt in seiner Entscheidung weiter aus, dass auch im allgemein durch Bürgerfreundlichkeit und fehlende Formenstrenge gekennzeichneten sozialgerichtlichen Verfahren der Rechtsuchende verpflichtet sei, eine ladungsfähige Anschrift zu nennen. Im sozialgerichtlichen Verfahren gelte diese Anforderung bereits deshalb, um die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach § 57 SGG feststellen zu können und damit ein Tätigwerden des zuständigen gesetzlichen Richters zu gewährleisten. Da im Sozialgerichtsverfahren die örtliche Zuständigkeit gemäß § 59 SGG nicht disponibel sei, sei das Anschrifterfordernis unumgänglich. Auch die Möglichkeit, einem uneinsichtigen Rechtsuchenden nach § 192 SGG die durch das Betreiben eines aussichtslosen Rechtsstreits entstanden Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen, gebiete es, dem Gericht eine ladungsfähige Anschrift zu nennen, da sich der Betroffene ansonsten durch bloßes Verschweigen seiner Anschrift der Durchsetzung einer ihn treffenden Kostenlast entziehen könnte.
Der Senat schließt sich der dargelegten Rechtsauffassung des BSG ausdrücklich an und stellt fest, dass der Kläger bei Erhebung der Klage beim Sozialgericht München am 13.11.2012 keine ladungsfähige Anschrift angegeben hat, da er unter der in der Klageschrift angegebenen Adresse nicht erreichbar war. Vielmehr hatte der Kläger bereits zuvor seine bisherige Wohnung in A-Stadt aufgegeben und sich bei der Meldebehörde der Stadt A. am 22.10.2012 ohne Angabe einer Anschrift nach Griechenland abgemeldet. Nach Auskunft der E. war der Kläger (in Deutschland) zuletzt am 28.02.2012 versicherungspflichtig beschäftigt. Auch der Wohnungsgeber F., unter dem der Kläger nach Angabe seines Bevollmächtigten angeblich erreichbar wäre, hat dem Senat unterschriftlich bestätigt, dass der Kläger seit 22.10.2012 "nicht mehr in Deutschland lebt". Es lag damit zum Zeitpunkt der Klageerhebung beim SG München am 13.11.2012 weder ein Wohnsitz noch ein Aufenthaltsort noch ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers in Deutschland vor (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG). Ausnahmetatbestände, die ein besonderes Interesse des Klägers an der Verdeckung seiner ladungsfähigen Anschrift begründen würden, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat auch im weiteren sozialgerichtlichen Verfahren keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt. Vielmehr hat er sich offensichtlich während des gesamten sozialgerichtlichen Verfahrens in Griechenland aufgehalten.
Da der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung offenkundig seinen Wohnsitz im Ausland hatte, hätte er gemäß § 57 Abs. 3 SGG beim SG Nürnberg Klage erheben müssen. Die fehlende örtliche Zuständigkeit des angerufenen SG München führt jedoch nicht zur Begründetheit der Berufung, da insoweit eine Prüfung durch das Landessozialgericht nicht stattfindet (§ 98 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
Die Berufung des Klägers ist aus den oben genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aufgrund eines entgangenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt gegenüber der M. UG für Juni bis August 2011 Anspruch auf Insolvenzgeld hat.
Der 1967 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger. Er beantragte mit Schreiben vom 04.09.2011 unter der Adresse A-Str. 48, A-Stadt, bei der Beklagten die Bewilligung von Insolvenzgeld und gab an, als Maurer im Zeitraum 01.06.2011 bis 31.08.2011 bei der M. UG beschäftigt gewesen zu sein und in diesem Zeitraum kein Arbeitsentgelt bezogen zu haben. Der Arbeitgeber habe am 24.08.2011 Insolvenzantrag gestellt. Seinem Antrag fügte der Kläger Lohnabrechnungen für die Monate Juni bis August 2011, seinen Arbeitsvertrag und die Meldungen zur Sozialversicherung, ferner durch den Geschäftsführer der M. UG, M. D., unterzeichnete Stundennachweise sowie dessen Kündigungsschreiben vom 15.08.2011 bei.
Mit Schreiben vom 05.12.2011 übersandte der Insolvenzverwalter der M. UG, Rechtsanwalt S., der Agentur für Arbeit A-Stadt ein Schreiben an die Mitarbeiter der M. UG, wonach diese nur für den Zeitraum Juni bis August 2011 existiert habe. Es sei offenbar lediglich die Lohnbuchhaltung durchgeführt worden, um die Auszahlung von Insolvenzgeld zu erwirken. Die Agentur für Arbeit sei aufgefordert worden, vorerst kein Insolvenzgeld auszuzahlen.
Mit Bescheid vom 23.01.2012 lehnte die Agentur für Arbeit A-Stadt die Bewilligung von Insolvenzgeld ab, da eine Tätigkeit des Klägers für die fragliche Firma nicht nachgewiesen sei. Der mit einfachem Brief an die vom Kläger angegebene Adresse versandte Bescheid wurde als unzustellbar an die Agentur für Arbeit A-Stadt zurückgesandt.
Mit Schreiben vom 08.06.2012 monierte der Bevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer mit Druckbuchstaben "unterzeichneten" Vollmacht die fehlende Bearbeitung des Antrages vom 04.09.2011. Ihm wurde daraufhin der Bescheid vom 23.01.2012 zugesandt.
Mit Schreiben vom 01.09.2012 legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 23.01.2012 ein und beantragte hinsichtlich der Versäumung der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit Eingang am 13.11.2012 erhob der Bevollmächtigte des Klägers hiergegen Klage zum Sozialgericht München (SG). Hierbei gab er als ladungsfähige Anschrift des Klägers die Adresse A-Str. 48, A-Stadt, an. Der Kläger habe auf mindestens zwei Baustellen der M. UG gearbeitet. Daher habe er für den Zeitraum 01.06.2011 bis 31.08.2011 Ansprüche auf nicht ausbezahltes Arbeitsentgelt. Der Klägerbevollmächtigte wies ergänzend daraufhin, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges und der Untreue gegen den Geschäftsführer der M. UG, M. D., am 21.06.2012 eingestellt worden ist.
M. D. wurde mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 08.04.2013 (Az. xxx ) wegen Insolvenzverfahrensverschleppung bezüglich der Insolvenz der M. UG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Verteidiger des Angeklagten D. war der jetzige Klägerbevollmächtigte, RA B ... In einem Parallelverfahren vor dem SG München (Az. S 36 AL 744/12) gab M. D. als Zeuge am 14.11.2013 an, er habe Ende Mai - Anfang Juni 2011 ca. 20 Arbeitnehmer eingestellt, diese hätten auf Baustellen der M. UG gearbeitet. Für die Arbeitsverträge habe er seinen alten Arbeitsvertrag der Fa. B. verwendet, er sei dort Vorarbeiter gewesen. Er habe einigen seiner Arbeitnehmer bei den Insolvenzgeldanträgen geholfen, ferner habe er die Unterschrift auf der Vollmacht für den Widerspruch des (dortigen) Klägers selbst getätigt und den Namen des Klägers auf die Vollmacht geschrieben. Herr B. habe davon nichts gewusst.
Das SG hat den Kläger mit Schreiben vom 01.08.2013 zu einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 27.08.2013 unter der von seinem Bevollmächtigten angegebenen Anschrift geladen. Laut Postzustellurkunde vom 05.08.2013 konnte der Kläger unter dieser Anschrift jedoch nicht ermittelt werden. Ausweislich der Personenauskunft des Bayer. Melderegisters hat sich der Kläger bereits am 22.10.2012 ohne Angabe einer Adresse nach Griechenland abgemeldet.
Das SG hat die Beteiligten mit Schreiben vom 21.07.2014 über die Absicht informiert, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2014 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Nach § 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem zuständigen Gericht zu erheben. Das Ersuchen um Rechtsschutz müsse gemäß § 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG u.a. die Beteiligten bezeichnen und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein. Darüber hinaus setze ein zulässiges Rechtsschutzbegehren ganz regelmäßig voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtssuchenden genannt werde, die sich zu Zustellungszwecken eigne (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 92, Rdnr. 4).
Als allgemeine Prozessvoraussetzung erfordere ein zulässiges Rechtsschutzbegehren im Regelfall, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt werde (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24.04.2012, Az. L 8 SO 183/11). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Angabe einer aktuellen Adresse zur Anschrift des Rechtsschutzsuchenden in jeder Lage des Verfahrens erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2003, Az.: B 1 KR 1/02 S).
Halte sich der Rechtsschutzsuchende bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt im Ausland auf - wovon die Kammer im vorliegenden Fall anlässlich der vorliegenden Meldeauskunft ausgehe - fehle es an der zwingend erforderlichen Identifikation des Rechtsuchenden und der Authentizität des Rechtschutzbegehrens.
Die Einlassung des Bevollmächtigten des Klägers, der Kläger habe ihm mit Brief vom 09.08.2013 die Vollmacht für das gerichtliche Verfahren unter seiner Anschrift in A-Stadt übermittelt, vermöge die Kammer nicht zu überzeugen. Die Vollmacht sei dem Gericht bereits mit Schreiben vom 22.02.2013 - datiert vom 21.05.2012 - vorgelegt worden.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 06.10.2014 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Zweifel der Beklagten am Wahrheitsgehalt der eingereichten Unterlagen seien unbegründet. Der vom Insolvenzverwalter geäußerte Verdacht des versuchten Insolvenzgeldbetruges sei aufgrund des Wortlauts der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft A-Stadt vom 21.06.2012 ausgeräumt. Der Kläger habe tatsächlich auf den Baustellen in der S.-Str. 34 gearbeitet.
Ergänzend hat der Klägerbevollmächtigte eine vom Kläger unterzeichnete Vollmacht mit Datum 30.11.2012 vorgelegt.
Auf die gerichtliche Aufforderung, die derzeitige ladungsfähige Anschrift des Klägers vorzulegen, hat der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 08.04.2015 mitgeteilt, die Anschrift des Klägers laute (weiterhin) A-Str. 48, A-Stadt (bei F.).
Herr F. hat dem Senat mit Schreiben vom 19.07.2017 mitgeteilt, dass der Beklagte (gemeint ist der Kläger) seit dem 22.10.2012 nicht mehr im Bundesgebiet lebe und beim Sozialgericht nicht anwesend sein könne. Ergänzend legte er die Abmeldebescheinigung des KVR A-Stadt mit dem Auszugsdatum 22.10.2012 vor.
Die E. hat dem Senat auf dessen Aufforderung, die dort bekannten Beschäftigungszeiten des Klägers ab 01.06.2011 bis heute zu übermitteln, mit Schreiben vom 24.07.2017 folgende versicherungspflichtige Beschäftigungen des Klägers mitgeteilt: 01.06.2011 bis 31.08.2011 und 01.11.2011 bis 28.02.2012.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 17.09.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2012 zur verurteilen, dem Kläger antragsgemäß Insolvenzgeld für den Zeitraum 01.06.2011 bis 31.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten und der Leistungsakten der Beklagten verwiesen, die der Senat beigezogen und zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.
Entscheidungsgründe:
Die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München (SG) ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht die Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2012 wegen Unzulässigkeit der Klage abgewiesen.
§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG enthält zwingende Vorschriften zum Inhalt einer Klageschrift. Danach muss die Klageschrift den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Klägers gehört grundsätzlich sowohl dessen Name als auch die Anschrift, unter der er geladen werden kann. So genügt zum Beispiel die Angabe "postlagernd" oder die Angabe eines Postfaches den gesetzlichen Anforderungen nicht. Nur in Ausnahmefällen kann die Angabe der Anschrift des Klägers entbehrlich sein, wenn besondere, dem Gericht mitzuteilende Gründe dies rechtfertigen, wie z.B. Obdachlosigkeit oder ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Klägers, etwa in Familiensachen (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG 12. Auflage, § 92 Rdnr. 1).
Entsprechendes ergibt sich aus der gemäß § 202 SGG analog heranzuziehenden zivilprozessualen Regelung des § 253 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach die Klageschrift u.a. die Parteien bezeichnen muss. Hierzu gehört auch die Angabe der ladungsfähigen Anschrift der Parteien, sofern kein besonderes schützenswertes Interesse entgegensteht (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 253, Rdnr. 8 m.w.N; sowie Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 75. Auflage, § 253, Rdnr. 23 m.w.N.).
Dies gilt auch bei einer Vertretung des Klägers durch einen Prozessbevollmächtigten. Auch in diesem Fall genügt eine Klageschrift nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Klägers enthält. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage, § 253, Rdnr. 7 m.w.N.). Entsprechendes gilt in sämtlichen Zweigen der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit. So hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 30.06.2015 (Az. X B 28/15) unter dem Leitsatz "Die Bezeichnung des Klägers in der Klage verlangt die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift" wörtlich ausgeführt:
"Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört zur Bezeichnung des Klägers vorbehaltlich besonderer Umstände, die dies unzumutbar erscheinen lassen (etwa drohende Verhaftung), die Angabe des tatsächlichen Wohnorts als ladungsfähiger Anschrift, und zwar auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1997 VII R 33/96, BFH/NV 1997, 585; vom 11. Dezember 2001 VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651; vom 17. Juni 2010 III R 53/07, BFH/NV 2011, 264; BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 2007 VII S 17/07 (PKH), BFH/NV 2008, 589, und vom 20. Dezember 2012 I B 38/12, BFH/NV 2013, 746). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 82 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- (Urteil vom 13. April 1999 1 C 24/97, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1999, 2608, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2000, 382; Beschlüsse vom 1. September 2005 1 B 79/05, 1 B 79/05 (1 PKH 22/05), Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 22, und vom 14. Februar 2012 9 B 79/11, 9 PKH 7/11, 9 VR 1/12, 9 PKH 1/12, NJW 2012, 1527), der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 92 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG- (Beschluss vom 18. November 2003 B 1 KR 1/02 S, SozR 4-1500 § 90 Nr. 1) und auch der Rechtsprechung des BGH zu § 253 der Zivilprozessordnung -ZPO- (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1987 IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, MDR 1988, 393, NJW 1988, 2114, sowie das von dem Kläger selbst zitierte Urteil in MDR 2004, 1014)."
In seinem vom BFH zitierten Beschluss vom 18.11.2003 (Az. B 1 KR 1/02 S) hat das Bundessozialgericht (BSG) wörtlich ausgeführt:
"Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren setzt im Regelfall mindestens voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtsuchenden (Klägers, Antragstellers, usw.) genannt wird. Dies entspricht überwiegend der in Rechtsprechung und Literatur zu den Parallelvorschriften anderer Prozessordnungen vertretenen Auffassung (in diesem Sinne: BVerfG - Kammer - NJW 1996, 1272; BGHZ 102, 332 und 145, 358, 363 f sämtlich zum Zivilprozessrecht; BVerwG NJW 1999, 2608, 2609 mwN; OVG Münster NVwZ-RR 1997, 390 und NVwZ-RR 1994, 124; VGH Kassel NJW 1990, 138 - sämtlich zu § 82 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung; aus der Literatur zB: Geiger in Eyermann/Fröhler, VwGO, 11. Aufl 2000, § 82 RdNr 3; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl 2003, § 82 RdNr 4 mwN; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl 2000, § 82 RdNr 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl 2003, § 253 RdNr 23; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl 2003, § 253 RdNr 7; Decker, VerwArch 86, 266, 273 ff; Gusy, JuS 1992, 28, 33; aA VGH Baden-Württemberg VBlBW 1996, 373; BayVGH BayVBl 1992, 594; VGH Kassel NJW 1990, 140). Dies wird - soweit in den Kommentierungen angesprochen - auch für den Geltungsbereich des SGG angenommen (so: Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 90 RdNr 4 und § 92 RdNr 3; Eschner in: Jansen, SGG, 2003, § 92 RdNr 8; Bley in: SGB-SozVers-GesKomm, § 92 SGG Anm 4, Stand August 1992) und steht im Einklang damit, dass eine formlos und ohne Unterschrift erhobene Klage nur dann wirksam erhoben ist, wenn die Person des Klägers feststeht und nichts dafür spricht, dass das Schriftstück ohne seinen Willen an das Gericht gelangt ist (Bley, aaO, § 90 Anm 4a mwN; vgl auch Peters/Sautter/Wolff, SGG, 4. Aufl, § 92 Anm 2, S II/33). Dem schließt sich der Senat an."
Das BSG führt in seiner Entscheidung weiter aus, dass auch im allgemein durch Bürgerfreundlichkeit und fehlende Formenstrenge gekennzeichneten sozialgerichtlichen Verfahren der Rechtsuchende verpflichtet sei, eine ladungsfähige Anschrift zu nennen. Im sozialgerichtlichen Verfahren gelte diese Anforderung bereits deshalb, um die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach § 57 SGG feststellen zu können und damit ein Tätigwerden des zuständigen gesetzlichen Richters zu gewährleisten. Da im Sozialgerichtsverfahren die örtliche Zuständigkeit gemäß § 59 SGG nicht disponibel sei, sei das Anschrifterfordernis unumgänglich. Auch die Möglichkeit, einem uneinsichtigen Rechtsuchenden nach § 192 SGG die durch das Betreiben eines aussichtslosen Rechtsstreits entstanden Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen, gebiete es, dem Gericht eine ladungsfähige Anschrift zu nennen, da sich der Betroffene ansonsten durch bloßes Verschweigen seiner Anschrift der Durchsetzung einer ihn treffenden Kostenlast entziehen könnte.
Der Senat schließt sich der dargelegten Rechtsauffassung des BSG ausdrücklich an und stellt fest, dass der Kläger bei Erhebung der Klage beim Sozialgericht München am 13.11.2012 keine ladungsfähige Anschrift angegeben hat, da er unter der in der Klageschrift angegebenen Adresse nicht erreichbar war. Vielmehr hatte der Kläger bereits zuvor seine bisherige Wohnung in A-Stadt aufgegeben und sich bei der Meldebehörde der Stadt A. am 22.10.2012 ohne Angabe einer Anschrift nach Griechenland abgemeldet. Nach Auskunft der E. war der Kläger (in Deutschland) zuletzt am 28.02.2012 versicherungspflichtig beschäftigt. Auch der Wohnungsgeber F., unter dem der Kläger nach Angabe seines Bevollmächtigten angeblich erreichbar wäre, hat dem Senat unterschriftlich bestätigt, dass der Kläger seit 22.10.2012 "nicht mehr in Deutschland lebt". Es lag damit zum Zeitpunkt der Klageerhebung beim SG München am 13.11.2012 weder ein Wohnsitz noch ein Aufenthaltsort noch ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers in Deutschland vor (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG). Ausnahmetatbestände, die ein besonderes Interesse des Klägers an der Verdeckung seiner ladungsfähigen Anschrift begründen würden, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat auch im weiteren sozialgerichtlichen Verfahren keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt. Vielmehr hat er sich offensichtlich während des gesamten sozialgerichtlichen Verfahrens in Griechenland aufgehalten.
Da der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung offenkundig seinen Wohnsitz im Ausland hatte, hätte er gemäß § 57 Abs. 3 SGG beim SG Nürnberg Klage erheben müssen. Die fehlende örtliche Zuständigkeit des angerufenen SG München führt jedoch nicht zur Begründetheit der Berufung, da insoweit eine Prüfung durch das Landessozialgericht nicht stattfindet (§ 98 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
Die Berufung des Klägers ist aus den oben genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
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