Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KR 237/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 328/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 33 SGB V) kann zu den veranlassten Leistungen im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V gehören.
2. Von der Ausübung des Wahlrechts nach § 13 Abs. 2 SGB V ist die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung zu informieren.
2. Von der Ausübung des Wahlrechts nach § 13 Abs. 2 SGB V ist die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung zu informieren.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 2. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für ein A-V-Impulse-System, ein Gerät mit einem pneumatischen Hochleistungsimpuls, der über eine Manschette den venösen Fußsohlenplexus aktivieren soll.
Der 1969 geborene Kläger, der bei der Beklagten als landwirtschaftlicher Unternehmer versichert ist, zog sich im August 2010 eine offene Unterschenkelfraktur zu. In der Folge ergaben sich Entzündungen, Durchblutungsstörungen und eine chronische Schwellneigung. Das Krankenhaus W-Stadt stellte nach Durchführung einer Antibiosebehandlung in einem Ambulanzbericht am 12.01.2011 fest, dass sich der Lokalbefund insgesamt verbessert habe. Es bestünden naturgemäß noch Umlaufstörungen und eine leichte Erwärmung, so dass geprüft werde, ob die Antibiose auslaufen könne. Dem Kläger seien Lymphdrainagen, Krankengymnastik und ein Kompressionsstrumpf rezeptiert worden sowie "Versuch für die Kostenübernahme der AV".
Am 13.01.2011 erhielt der Kläger einen Kostenvoranschlag der Firma O. GmbH für die Miete des A-V-Impulse-Systems mit Kompressor und Fußmanschette (insg. 1.643,39 Euro) und legte diesen noch am selben Tag der Beklagten vor, die den MDK am 14.01.2011 einschaltete. Am 17.01.2011 teilte der Kläger der Firma O. mit, dass er die Miete bestätige und um baldige Lieferung bitte. Das Hilfsmittel wurde am 19.01.2011 ausgeliefert und dem Kläger am 28.01.2011 in Rechnung gestellt.
Der MDK bat die Beklagte am 19.01.2011 um die Übermittlung eines verordnungsbegründenden Befundberichts, worauf sich die Beklagte an den behandelnden Arzt im Krankenhaus W-Stadt wandte. Am 03.02.2011 informierte die Beklagte den Kläger telefonisch, dass die Kostenübernahme noch nicht möglich sei. Die vom Kläger zwischenzeitlich eingereichte Rechnung werde nicht bearbeitet. Nach Vorlage des Ambulanzberichtes vom 12.01.2011 und eines weiteren Berichtes des Krankenhauses W-Stadt vom 31.01.2011, wonach sich nach wie vor eine fehlende Überbauung im Frakturbereich finde, eine Unterschenkelnachtschiene angelegt worden sei und Kortison reduziert werden solle, stellte der MDK am 09.03.2011 fest, dass primär die üblichen abschwellenden Maßnahmen wie Lymphdrainage, Kompressionswicklung und -strümpfe auszuschöpfen seien. Hierauf erging der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16.03.2011.
Mit seinem Widerspruch gab der Kläger an, dass die Schwellung des Beines durch die Nutzung der A-V-Pumpe zurückgegangen sei. Auf Schmerzmittel und Cortison könne verzichtet werden. Lymphdrainage sei durchgeführt worden, auch trage er einen Kompressionsstrumpf. Er legte einen weiteren Bericht der Klinik W-Stadt vom 31.03.2011 und ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vor, wonach eine deutlich verzögerte Frakturheilung vorliege. Der Kläger trage einen Vacopedschuh und habe eine Behandlung mit der A-V-Pumpe erhalten, die ihm sehr gut getan habe. Die Liegeschiene und der Vacopedschuh sollten weiter verwendet werden.
Der Kläger legte weiter dar, dass die Entzündung erst nach Einsatz der A-V-Pumpe abgeklungen sei. Lymphdrainagen seien im Zeitraum 29.11.2010 bis 02.03.2011 13 x durchgeführt worden. Der Fuß habe permanent hochgelagert werden müssen.
Mit ausführlichen Gutachten vom 07.04.2011 und 12.05.2011 nahm der MDK nochmals Stellung. Aus den Kassenunterlagen sei ersichtlich, dass lediglich ein Rezept manueller Lymphdrainage mit sechs Anwendungen im Zeitraum 19.01.2011 bis einschließlich 04.02.2011 eingelöst und eine Kompressionswadenstrumpfversorgung durchgeführt worden sei. Nach dem Hilfsmittelverzeichnis könne die A-V-Pumpe bei akuten posttraumatischen oder postoperativen Schwellungen zum Einsatz kommen, wenn die üblichen Maßnahmen erfolglos oder nicht ausreichend gewesen seien. Hier sei bereits die Indikation einer akuten Schwellung fraglich, daneben seien hier alle Maßnahmen parallel und nicht nacheinander zur Anwendung gekommen, so dass retrospektiv nicht mehr festgestellt werden könne, ob unter alleiniger Anwendung von Hochlagerung, Kühlung, manueller Lymphdrainage und Kompressionstherapie die Besserung ebenfalls möglich gewesen wäre. Wissenschaftliche Belege für die häusliche Anwendung der Pumpe bei chronischen Schwellungszuständen gebe es nicht. Eine zwingende medizinische Indikation habe nicht bestanden.
Mit Bescheid vom 29.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Das Hilfsmittel sei dem Kläger bereits in Rechnung gestellt worden, bevor der ablehnende Bescheid am 16.03.2011 ergangen sei. Eine Kostenerstattung scheide bereits aus diesem Grunde aus. Im Übrigen könne eine zwingende medizinische Indikation nicht nachgewiesen werden.
Das Sozialgericht Landshut (SG) zog im Klageverfahren weitere Befunde bei. Aus dem Befund des MVZ D-Stadt vom 28.02.2011 ergibt sich, dass ab Anfang Dezember 2010 eine zunehmende Rötung und Schwellung des Unterschenkels aufgetreten war, die unter Antibiose rückläufig gewesen sei. Es bestünden keine wesentlichen Beschwerden, aber durch geringe Belastung eine deutliche Zunahme der Schwellung, weswegen der Kläger das Bein wieder vollständig entlaste. Es wurde die Diagnose einer verzögerten Knochenbruchheilung gestellt und ein Vacoped-Schuh verordnet sowie Fortführung der Lymphdrainage und Krankengymnastik. Nach dem Bericht des MVZ vom 21.03.2011 habe der Kläger angegeben, dass sich durch den Vacoped-Schuh die Beschwerden deutlich gebessert hätten.
Das SG beauftragte den Facharzt für Chirurgie Dr. N. mit einem Gutachten. Dieser stellte nach persönlicher Untersuchung des Klägers am 13.09.2013 zusammenfassend fest, dass die üblichen Maßnahmen wie Hochlagerung, elastische Wickelung, lokale Kälteanwendung und auch Lymphdrainagen und krankengymnastische Übungsbehandlungen während der ambulanten Behandlungstermine nur unregelmäßig zur Anwendung gekommen seien. Dies erkläre sich durch die Umstände am Heimatort, da der einfache Weg zur Therapie etwa 25 Kilometer betrage und das selbstständige Führen eines Kfz nicht möglich gewesen sei. Eine wesentliche Rolle bei der verzögerten Wundheilung habe der ungenügende venöse Abfluss durch die Einschränkung der Sprunggelenksbeweglichkeit und die verminderte Belastbarkeit des Beines gehabt. Bei der Kontrolluntersuchung am 12.01.2011 habe sich gezeigt, dass die Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten, Hochlagerung, elastischen Wickelungen, Kompressionsstrumpf und lokale Kälteapplikation nicht ausreichend gewesen seien. Erst die A-V-Pumpe zum häuslichen Gebrauch habe einen anhaltenden Rückgang der Schwellung bewirkt. Im Übrigen habe der MDK die Bedeutung der manuellen Lymphdrainage überbetont.
Dies bestritt die Beklagte unter Verweis auf eine weitere Stellungnahme des MDK. Am 11.01.2011, also vor der Verordnung der A-V-Pumpe sei bereits eine klinische Besserung der Entzündung beschrieben worden. Die üblichen konservativen Maßnahmen seien nicht konsequent durchgeführt worden. Im Übrigen stehe fest, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten worden sei. Um eine unaufschiebbare Leistung habe es sich nicht gehandelt.
Der Kläger gab an, dass durch die rechtzeitige Antragstellung die Grundvoraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs erfüllt gewesen seien. Ein Zuwarten bis zur ablehnenden Entscheidung sei dann nicht mehr zumutbar gewesen. Man habe ihm telefonisch mitgeteilt, es werde sechs bis acht Wochen dauern, bis eine Entscheidung ergehe. Hätte der Kläger die Entscheidung abgewartet, wäre es zu einer weiteren Verschlechterung gekommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2014 wies das SG die Klage ab. Es habe keine Unaufschiebbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 3 Alt. 1 SGB V vorgelegen, da der Kläger nicht alles ihm Zumutbare vor der Beschaffung der Leistung getan habe. Auch sei die Ablehnung der Leistung nicht kausal für die entstandenen Kosten gewesen. Es komme im Ergebnis nicht darauf an, ob das Hilfsmittel medizinisch indiziert gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht. Das SG habe nicht geprüft, ob der Kläger seinen Anspruch auf § 13 Abs. 2 SGB V i. V. m. einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen könne. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Antrags nicht gewusst, dass er die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V mit der Beschränkung auf Hilfsmittel und mit einer Bindung an seine Wahl für lediglich drei Monate habe wählen können. Da sich die Rechtslage hierzu ab dem 02.01.2011 geändert habe und die Beklagte gewusst habe, dass es dem Kläger auf eine schnelle Versorgung ankomme, wäre sie verpflichtet gewesen, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Im Übrigen habe auch ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestanden, da die Leistung unaufschiebbar gewesen sei. Schließlich habe der Kläger bereits am 04.01.2011 mit einem Sachbearbeiter der Beklagten über die Versorgung mit dem Hilfsmittel gesprochen. Auch dies sei formell als Antrag auszulegen. Ein Aufschieben des Beginns der Heilbehandlung um zwei bis drei Monate sei nicht zumutbar gewesen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 02.07.2014 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 16.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Anwendung der A-V-Pumpe im Zeitraum 12.01.2011 bis 02.03.2011 in Höhe von insgesamt 1.643,39 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet einen Beratungs- oder Auskunftsfehler. Es bleibe dabei, dass der Beschaffungsweg nach § 13 Abs. 3 SGB V nicht eingehalten worden sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die keiner Zulassung bedurfte (§ 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Kostenerstattungsanspruch für das selbstbeschaffte A-V-Impulssystem unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruches nach § 13 Abs. 2 SGB V (i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.2010 Bundesgesetzblatt I S. 2309, in Kraft getreten am 02.01.2011) sind nicht erfüllt. Alle Versicherte können nach dieser Rechtsvorschrift anstelle der Sach- oder Dienstleistungen das Verfahren der Kostenerstattung wählen, wobei eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen mit Bindung für mindestens ein Kalendervierteljahr möglich ist (§ 13 Abs. 2 Satz 1, 4 und 12 SGB V). Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Auch der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln (§ 13 Abs. 2 Satz 2, 3, 8 und 9 SGB V). Versicherte, die das Kostenerstattungsverfahren wählen, verschaffen sich die Leistung durch Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Leistungserbringer. Dieser stellt die Kosten für die Behandlung dem Versicherten privat in Rechnung, der hierfür leistungspflichtig wird. Im Übrigen ist die Kostenerstattung nicht völlig aus dem Leistungssystem der GKV gelöst, denn es können grundsätzlich nur die Leistungen in Anspruch genommen werden, die die Krankenkasse als Sachleistung schuldet.
Zwar handelt es sich bei der Beschaffung des AV-Impulssystems um eine veranlasste Leistung im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB V, da das Gerät als Hilfsmittel nach § 33 Abs. 1 SGB V durch das Krankenhaus W-Stadt verordnet worden war. Vorliegend fehlt es aber bereits an der zeitgerechten Ausübung des Wahlrechts vor der Selbstbeschaffung ... Wie aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 SGB V hervorgeht, muss die Ausübung des Wahlrechts der Selbstbeschaffung zeitlich vorweggehen, um sicherzustellen, dass eine ausreichende Information des Versicherten über die Auswirkung und Risiken der Kostenerstattung erfolgen kann. Darüber hinaus genügt es für die Ausübung des Wahlrechts nicht, dass ein privatrechtlicher Vertrag mit einem Leistungserbringer geschlossen wird. Vielmehr ist es die Krankenkasse als künftige Kostenträgerin, die vorab ausdrücklich über die Ausübung des Wahlrechts zu informieren ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, da der Kläger weder eine ausdrückliche Wahl der Kostenerstattung vorgenommen hat noch die Beklagte hiervon vor Inanspruchnahme der Leistung informiert hat.
Der Kläger kann sich im Zusammenhang mit der Wahl der Kostenerstattung auch nicht auf ein Beratungsverschulden der Beklagten berufen und hieraus Kostenerstattung auf Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend machen. Der Herstellungsanspruch setzt voraus, dass ein Sozialleistungsträger seine gegenüber einem Berechtigten obliegende Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis verletzt, dem Berechtigten ein unmittelbarer sozialrechtlicher Nachteil entsteht und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil ein Ursachenzusammenhang besteht (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 23.10.2003 B 4 RA 27/03 R). § 13 Abs. 2 SGB V sah in der bis zum 31.03.2007 geltenden Fassung vor, dass die Versicherten von ihrer Krankenkasse vor ihrer Wahl zu beraten sind. Diese eigens geregelte Beratungsverpflichtung entfiel ab dem 01.04.2007, weil die entsprechenden Informationen den allgemeinen Auskunfts- und Beratungspflichten nach den §§ 13 bis 15 SGB I vorbehalten bleiben sollten (vgl. Bundestagsdrucksache 16/3100 S. 97).
Fraglich ist, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Kläger rechtzeitig, also vor Abschluss des Mietvertrages als maßgebliches Verpflichtungsgeschäft am 17.01.2011, zu beraten und darüber zu informieren, dass das beantragte Hilfsmittel nicht nur als Sachleistung, sondern auch im Wege der Kostenerstattung erlangt werden könnte. Hierfür gibt es gewisse Anhaltspunkte, da der Kläger vorgetragen hat, er habe gegenüber dem Sachbearbeiter der Beklagten seinen dringenden Wunsch auf eine schnelle Versorgung geäußert. Andererseits musste der Kläger aber davon ausgehen, dass nach der erst am 14.01.2011 erfolgten Antragstellung zumindest einige Tage bis zur Entscheidung der Beklagten verstreichen würden, zumal sich an den 14.01.2011 ein Wochenende anschloss. Eine Beratung über das Wahlrecht vor dem 17.01.2011 war daher aus Sicht des Senats nicht erforderlich. Die erfolgte Kostenbelastung durch den schon am 17.01.2011 geschlossenen Mietvertrages ist damit nicht kausal auf eine nicht erfolgte Beratung zurückzuführen.
Letztlich kann die Entscheidung über ein Beratungsverschulden aber dahingestellt bleiben, da für den Senat feststeht, dass der Kläger keinen Anspruch auf das beantragte Hilfsmittel gehabt hat und daher auch im Wege der Kostenerstattung eine Versorgung zu Lasten der Beklagten nicht möglich war. Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem A-V-Impulssystem als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich war, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Darüber hinaus scheiden Hilfsmittel aus, die als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der Einsatz des AV-Impulssystems beim Kläger sollte der Förderung der Frakturheilung dienen und damit den Erfolg der Krankenbehandlung sichern. Es handelte sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und auch nicht um ein Hilfsmittel, das nach § 34 Abs. 4 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen ist.
Nach nochmaliger Prüfung sämtlicher Befunde und Berichte ist der Senat jedoch davon überzeugt, dass der Einsatz des Hilfsmittels beim Kläger nicht erforderlich war. Wie aus dem Bericht des Krankenhauses W-Stadt vom 12.01.2011 über den Termin des Klägers am 11.01.2011 hervorgeht, lagen beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt "naturgemäß", also nicht ungewöhnliche Durchblutungsstörungen vor, die zu Schwellungen und einer Heilungsstörung führten. Nachdem mit der Antibiose bereits ein gewisser Rückgang der Entzündung erreicht worden war, sollten nun manuelle Lymphdrainage und Kompressionstherapie zur Anwendung kommen sowie der "Versuch" mit der A-V-Pumpe unternommen werden. Lymphdrainage und andere krankengymnastische Übungsbehandlungen waren zu diesem Zeitpunkt allerdings nur in geringem Umfang und unregelmäßig vom Kläger in Anspruch genommen worden. Laut Angaben der Beklagten wurden im Zeitraum 19.01.2011 bis 04.02.2011 lediglich sechs Behandlungen abgerechnet. Vorher ist eine Abrechnung überhaupt nicht dokumentiert. Es ist daher mit dem MDK davon auszugehen, dass die klassischen Behandlungsmöglichkeiten vom Kläger noch nicht ausgeschöpft waren, obwohl es gegebenenfalls möglich gewesen wäre, auch Hausbesuche zu verordnen, um den praktischen Schwierigkeiten zu begegnen. Anders als der gerichtliche Sachverständige Dr. N. angegeben hat, waren am 11.01.2011 also die klassischen Behandlungen noch nicht erfolglos getestet worden, vielmehr sind alle Behandlungsmaßnahmen, einschließlich des Kompressionsstrumpfes gleichzeitig verordnet worden. Es kann daher auch nicht nachvollzogen werden, weshalb aus Sicht des Dr. N. allein die Pumpenbehandlung für den schließlich im März eingetretenen Behandlungserfolg verantwortlich gemacht werden kann.
Dies gilt umso mehr als dem Kläger bereits am 28.02.2011 ein weiteres Hilfsmittel in Form eines Vacoped-Schuhes verordnet worden war mit der Begründung, dass weiterhin durch geringe Belastung eine deutliche Zunahme der Schwellung eintrete. Nach Angaben des MVZ D-Stadt berichtete der Kläger drei Wochen später, dass sich durch den Einsatz des Vacoped-Schuhes die Beschwerden deutlich gebessert hätten.
Für den Senat steht daher fest, dass die vorhandenen ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft waren und auch nicht nachgewiesen ist, dass die streitige Hilfsmittelbehandlung zum Behandlungserfolg beigetragen hat. Damit wäre aber auch ein Anspruch des Klägers nach rechtzeitiger Wahl der Kostenerstattung ins Leere gegangen.
Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Konnte die Krankenkasse danach eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R) verlangt Unaufschiebbarkeit, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z. B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Unaufschiebbar kann danach auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung solange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. Es betrifft auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte.
Der Annahme einer unaufschiebbaren Leistung steht im vorliegenden Fall entgegen, dass dem Kläger (erst) am 03.02.2011 mitgeteilt worden war, dass eine Entscheidung über die Kostenübernahme noch nicht möglich sei, jedoch bereits am 17.01.2011 der maßgebliche Mietvertrag geschlossen wurde - nachdem erst wenige Tage zuvor der Antrag bei der Beklagten vorgelegt worden war. Da der Kläger bereits am 17.01.2011 den Mietvertrag abgeschlossen hat, müssten schon zu diesem Zeitpunkt medizinische Gründe vorgelegen haben, die es ihm unzumutbar machten, die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Solche Gründe kann der Senat jedoch nicht erkennen, da konkrete Angaben über starke Schmerzen oder andere schwerwiegende Beeinträchtigungen fehlen. Ein Abwarten war dem Kläger daher jedenfalls für eine gewisse Zeit noch zumutbar. Hinzu kommt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung nicht alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hatte und daher noch gar nicht absehbar war, dass er auf den Einsatz der Pumpe angewiesen sein würde. Unabhängig davon, ob dem Kläger bereits zuvor mitgeteilt worden war, dass eine Entscheidung noch längere Zeit dauern werde, konnte am 17.01.2011 noch nicht feststehen, dass die konsequente Durchführung der anderen Behandlungsmöglichkeiten nicht den gewünschten Erfolg haben werde. Der Kläger hätte daher in jedem Fall zunächst die üblichen Maßnahmen ausschöpfen müssen, bevor er sich gegenüber dem Hilfsmittelerbringer verpflichtete, das AV-Impulssystem zu mieten.
Da Unaufschiebbarkeit nicht anzunehmen ist, steht auch fest, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten wurde. Der Kläger hat die Versorgung am 17.01.2011 durchgeführt, ohne dass zu diesem Zeitpunkt ein ablehnender Bescheid der Beklagten vorgelegen hätte. Dies schließt auch eine Kostenerstattung auf Grundlage von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V aus. Im Übrigen bestand kein Leistungsanspruch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für ein A-V-Impulse-System, ein Gerät mit einem pneumatischen Hochleistungsimpuls, der über eine Manschette den venösen Fußsohlenplexus aktivieren soll.
Der 1969 geborene Kläger, der bei der Beklagten als landwirtschaftlicher Unternehmer versichert ist, zog sich im August 2010 eine offene Unterschenkelfraktur zu. In der Folge ergaben sich Entzündungen, Durchblutungsstörungen und eine chronische Schwellneigung. Das Krankenhaus W-Stadt stellte nach Durchführung einer Antibiosebehandlung in einem Ambulanzbericht am 12.01.2011 fest, dass sich der Lokalbefund insgesamt verbessert habe. Es bestünden naturgemäß noch Umlaufstörungen und eine leichte Erwärmung, so dass geprüft werde, ob die Antibiose auslaufen könne. Dem Kläger seien Lymphdrainagen, Krankengymnastik und ein Kompressionsstrumpf rezeptiert worden sowie "Versuch für die Kostenübernahme der AV".
Am 13.01.2011 erhielt der Kläger einen Kostenvoranschlag der Firma O. GmbH für die Miete des A-V-Impulse-Systems mit Kompressor und Fußmanschette (insg. 1.643,39 Euro) und legte diesen noch am selben Tag der Beklagten vor, die den MDK am 14.01.2011 einschaltete. Am 17.01.2011 teilte der Kläger der Firma O. mit, dass er die Miete bestätige und um baldige Lieferung bitte. Das Hilfsmittel wurde am 19.01.2011 ausgeliefert und dem Kläger am 28.01.2011 in Rechnung gestellt.
Der MDK bat die Beklagte am 19.01.2011 um die Übermittlung eines verordnungsbegründenden Befundberichts, worauf sich die Beklagte an den behandelnden Arzt im Krankenhaus W-Stadt wandte. Am 03.02.2011 informierte die Beklagte den Kläger telefonisch, dass die Kostenübernahme noch nicht möglich sei. Die vom Kläger zwischenzeitlich eingereichte Rechnung werde nicht bearbeitet. Nach Vorlage des Ambulanzberichtes vom 12.01.2011 und eines weiteren Berichtes des Krankenhauses W-Stadt vom 31.01.2011, wonach sich nach wie vor eine fehlende Überbauung im Frakturbereich finde, eine Unterschenkelnachtschiene angelegt worden sei und Kortison reduziert werden solle, stellte der MDK am 09.03.2011 fest, dass primär die üblichen abschwellenden Maßnahmen wie Lymphdrainage, Kompressionswicklung und -strümpfe auszuschöpfen seien. Hierauf erging der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16.03.2011.
Mit seinem Widerspruch gab der Kläger an, dass die Schwellung des Beines durch die Nutzung der A-V-Pumpe zurückgegangen sei. Auf Schmerzmittel und Cortison könne verzichtet werden. Lymphdrainage sei durchgeführt worden, auch trage er einen Kompressionsstrumpf. Er legte einen weiteren Bericht der Klinik W-Stadt vom 31.03.2011 und ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vor, wonach eine deutlich verzögerte Frakturheilung vorliege. Der Kläger trage einen Vacopedschuh und habe eine Behandlung mit der A-V-Pumpe erhalten, die ihm sehr gut getan habe. Die Liegeschiene und der Vacopedschuh sollten weiter verwendet werden.
Der Kläger legte weiter dar, dass die Entzündung erst nach Einsatz der A-V-Pumpe abgeklungen sei. Lymphdrainagen seien im Zeitraum 29.11.2010 bis 02.03.2011 13 x durchgeführt worden. Der Fuß habe permanent hochgelagert werden müssen.
Mit ausführlichen Gutachten vom 07.04.2011 und 12.05.2011 nahm der MDK nochmals Stellung. Aus den Kassenunterlagen sei ersichtlich, dass lediglich ein Rezept manueller Lymphdrainage mit sechs Anwendungen im Zeitraum 19.01.2011 bis einschließlich 04.02.2011 eingelöst und eine Kompressionswadenstrumpfversorgung durchgeführt worden sei. Nach dem Hilfsmittelverzeichnis könne die A-V-Pumpe bei akuten posttraumatischen oder postoperativen Schwellungen zum Einsatz kommen, wenn die üblichen Maßnahmen erfolglos oder nicht ausreichend gewesen seien. Hier sei bereits die Indikation einer akuten Schwellung fraglich, daneben seien hier alle Maßnahmen parallel und nicht nacheinander zur Anwendung gekommen, so dass retrospektiv nicht mehr festgestellt werden könne, ob unter alleiniger Anwendung von Hochlagerung, Kühlung, manueller Lymphdrainage und Kompressionstherapie die Besserung ebenfalls möglich gewesen wäre. Wissenschaftliche Belege für die häusliche Anwendung der Pumpe bei chronischen Schwellungszuständen gebe es nicht. Eine zwingende medizinische Indikation habe nicht bestanden.
Mit Bescheid vom 29.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Das Hilfsmittel sei dem Kläger bereits in Rechnung gestellt worden, bevor der ablehnende Bescheid am 16.03.2011 ergangen sei. Eine Kostenerstattung scheide bereits aus diesem Grunde aus. Im Übrigen könne eine zwingende medizinische Indikation nicht nachgewiesen werden.
Das Sozialgericht Landshut (SG) zog im Klageverfahren weitere Befunde bei. Aus dem Befund des MVZ D-Stadt vom 28.02.2011 ergibt sich, dass ab Anfang Dezember 2010 eine zunehmende Rötung und Schwellung des Unterschenkels aufgetreten war, die unter Antibiose rückläufig gewesen sei. Es bestünden keine wesentlichen Beschwerden, aber durch geringe Belastung eine deutliche Zunahme der Schwellung, weswegen der Kläger das Bein wieder vollständig entlaste. Es wurde die Diagnose einer verzögerten Knochenbruchheilung gestellt und ein Vacoped-Schuh verordnet sowie Fortführung der Lymphdrainage und Krankengymnastik. Nach dem Bericht des MVZ vom 21.03.2011 habe der Kläger angegeben, dass sich durch den Vacoped-Schuh die Beschwerden deutlich gebessert hätten.
Das SG beauftragte den Facharzt für Chirurgie Dr. N. mit einem Gutachten. Dieser stellte nach persönlicher Untersuchung des Klägers am 13.09.2013 zusammenfassend fest, dass die üblichen Maßnahmen wie Hochlagerung, elastische Wickelung, lokale Kälteanwendung und auch Lymphdrainagen und krankengymnastische Übungsbehandlungen während der ambulanten Behandlungstermine nur unregelmäßig zur Anwendung gekommen seien. Dies erkläre sich durch die Umstände am Heimatort, da der einfache Weg zur Therapie etwa 25 Kilometer betrage und das selbstständige Führen eines Kfz nicht möglich gewesen sei. Eine wesentliche Rolle bei der verzögerten Wundheilung habe der ungenügende venöse Abfluss durch die Einschränkung der Sprunggelenksbeweglichkeit und die verminderte Belastbarkeit des Beines gehabt. Bei der Kontrolluntersuchung am 12.01.2011 habe sich gezeigt, dass die Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten, Hochlagerung, elastischen Wickelungen, Kompressionsstrumpf und lokale Kälteapplikation nicht ausreichend gewesen seien. Erst die A-V-Pumpe zum häuslichen Gebrauch habe einen anhaltenden Rückgang der Schwellung bewirkt. Im Übrigen habe der MDK die Bedeutung der manuellen Lymphdrainage überbetont.
Dies bestritt die Beklagte unter Verweis auf eine weitere Stellungnahme des MDK. Am 11.01.2011, also vor der Verordnung der A-V-Pumpe sei bereits eine klinische Besserung der Entzündung beschrieben worden. Die üblichen konservativen Maßnahmen seien nicht konsequent durchgeführt worden. Im Übrigen stehe fest, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten worden sei. Um eine unaufschiebbare Leistung habe es sich nicht gehandelt.
Der Kläger gab an, dass durch die rechtzeitige Antragstellung die Grundvoraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs erfüllt gewesen seien. Ein Zuwarten bis zur ablehnenden Entscheidung sei dann nicht mehr zumutbar gewesen. Man habe ihm telefonisch mitgeteilt, es werde sechs bis acht Wochen dauern, bis eine Entscheidung ergehe. Hätte der Kläger die Entscheidung abgewartet, wäre es zu einer weiteren Verschlechterung gekommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2014 wies das SG die Klage ab. Es habe keine Unaufschiebbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 3 Alt. 1 SGB V vorgelegen, da der Kläger nicht alles ihm Zumutbare vor der Beschaffung der Leistung getan habe. Auch sei die Ablehnung der Leistung nicht kausal für die entstandenen Kosten gewesen. Es komme im Ergebnis nicht darauf an, ob das Hilfsmittel medizinisch indiziert gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht. Das SG habe nicht geprüft, ob der Kläger seinen Anspruch auf § 13 Abs. 2 SGB V i. V. m. einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen könne. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Antrags nicht gewusst, dass er die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V mit der Beschränkung auf Hilfsmittel und mit einer Bindung an seine Wahl für lediglich drei Monate habe wählen können. Da sich die Rechtslage hierzu ab dem 02.01.2011 geändert habe und die Beklagte gewusst habe, dass es dem Kläger auf eine schnelle Versorgung ankomme, wäre sie verpflichtet gewesen, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Im Übrigen habe auch ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestanden, da die Leistung unaufschiebbar gewesen sei. Schließlich habe der Kläger bereits am 04.01.2011 mit einem Sachbearbeiter der Beklagten über die Versorgung mit dem Hilfsmittel gesprochen. Auch dies sei formell als Antrag auszulegen. Ein Aufschieben des Beginns der Heilbehandlung um zwei bis drei Monate sei nicht zumutbar gewesen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 02.07.2014 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 16.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Anwendung der A-V-Pumpe im Zeitraum 12.01.2011 bis 02.03.2011 in Höhe von insgesamt 1.643,39 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet einen Beratungs- oder Auskunftsfehler. Es bleibe dabei, dass der Beschaffungsweg nach § 13 Abs. 3 SGB V nicht eingehalten worden sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die keiner Zulassung bedurfte (§ 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Kostenerstattungsanspruch für das selbstbeschaffte A-V-Impulssystem unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruches nach § 13 Abs. 2 SGB V (i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.2010 Bundesgesetzblatt I S. 2309, in Kraft getreten am 02.01.2011) sind nicht erfüllt. Alle Versicherte können nach dieser Rechtsvorschrift anstelle der Sach- oder Dienstleistungen das Verfahren der Kostenerstattung wählen, wobei eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen mit Bindung für mindestens ein Kalendervierteljahr möglich ist (§ 13 Abs. 2 Satz 1, 4 und 12 SGB V). Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Auch der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln (§ 13 Abs. 2 Satz 2, 3, 8 und 9 SGB V). Versicherte, die das Kostenerstattungsverfahren wählen, verschaffen sich die Leistung durch Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Leistungserbringer. Dieser stellt die Kosten für die Behandlung dem Versicherten privat in Rechnung, der hierfür leistungspflichtig wird. Im Übrigen ist die Kostenerstattung nicht völlig aus dem Leistungssystem der GKV gelöst, denn es können grundsätzlich nur die Leistungen in Anspruch genommen werden, die die Krankenkasse als Sachleistung schuldet.
Zwar handelt es sich bei der Beschaffung des AV-Impulssystems um eine veranlasste Leistung im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB V, da das Gerät als Hilfsmittel nach § 33 Abs. 1 SGB V durch das Krankenhaus W-Stadt verordnet worden war. Vorliegend fehlt es aber bereits an der zeitgerechten Ausübung des Wahlrechts vor der Selbstbeschaffung ... Wie aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 SGB V hervorgeht, muss die Ausübung des Wahlrechts der Selbstbeschaffung zeitlich vorweggehen, um sicherzustellen, dass eine ausreichende Information des Versicherten über die Auswirkung und Risiken der Kostenerstattung erfolgen kann. Darüber hinaus genügt es für die Ausübung des Wahlrechts nicht, dass ein privatrechtlicher Vertrag mit einem Leistungserbringer geschlossen wird. Vielmehr ist es die Krankenkasse als künftige Kostenträgerin, die vorab ausdrücklich über die Ausübung des Wahlrechts zu informieren ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, da der Kläger weder eine ausdrückliche Wahl der Kostenerstattung vorgenommen hat noch die Beklagte hiervon vor Inanspruchnahme der Leistung informiert hat.
Der Kläger kann sich im Zusammenhang mit der Wahl der Kostenerstattung auch nicht auf ein Beratungsverschulden der Beklagten berufen und hieraus Kostenerstattung auf Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend machen. Der Herstellungsanspruch setzt voraus, dass ein Sozialleistungsträger seine gegenüber einem Berechtigten obliegende Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis verletzt, dem Berechtigten ein unmittelbarer sozialrechtlicher Nachteil entsteht und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil ein Ursachenzusammenhang besteht (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 23.10.2003 B 4 RA 27/03 R). § 13 Abs. 2 SGB V sah in der bis zum 31.03.2007 geltenden Fassung vor, dass die Versicherten von ihrer Krankenkasse vor ihrer Wahl zu beraten sind. Diese eigens geregelte Beratungsverpflichtung entfiel ab dem 01.04.2007, weil die entsprechenden Informationen den allgemeinen Auskunfts- und Beratungspflichten nach den §§ 13 bis 15 SGB I vorbehalten bleiben sollten (vgl. Bundestagsdrucksache 16/3100 S. 97).
Fraglich ist, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Kläger rechtzeitig, also vor Abschluss des Mietvertrages als maßgebliches Verpflichtungsgeschäft am 17.01.2011, zu beraten und darüber zu informieren, dass das beantragte Hilfsmittel nicht nur als Sachleistung, sondern auch im Wege der Kostenerstattung erlangt werden könnte. Hierfür gibt es gewisse Anhaltspunkte, da der Kläger vorgetragen hat, er habe gegenüber dem Sachbearbeiter der Beklagten seinen dringenden Wunsch auf eine schnelle Versorgung geäußert. Andererseits musste der Kläger aber davon ausgehen, dass nach der erst am 14.01.2011 erfolgten Antragstellung zumindest einige Tage bis zur Entscheidung der Beklagten verstreichen würden, zumal sich an den 14.01.2011 ein Wochenende anschloss. Eine Beratung über das Wahlrecht vor dem 17.01.2011 war daher aus Sicht des Senats nicht erforderlich. Die erfolgte Kostenbelastung durch den schon am 17.01.2011 geschlossenen Mietvertrages ist damit nicht kausal auf eine nicht erfolgte Beratung zurückzuführen.
Letztlich kann die Entscheidung über ein Beratungsverschulden aber dahingestellt bleiben, da für den Senat feststeht, dass der Kläger keinen Anspruch auf das beantragte Hilfsmittel gehabt hat und daher auch im Wege der Kostenerstattung eine Versorgung zu Lasten der Beklagten nicht möglich war. Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem A-V-Impulssystem als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass das Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich war, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Darüber hinaus scheiden Hilfsmittel aus, die als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der Einsatz des AV-Impulssystems beim Kläger sollte der Förderung der Frakturheilung dienen und damit den Erfolg der Krankenbehandlung sichern. Es handelte sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und auch nicht um ein Hilfsmittel, das nach § 34 Abs. 4 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen ist.
Nach nochmaliger Prüfung sämtlicher Befunde und Berichte ist der Senat jedoch davon überzeugt, dass der Einsatz des Hilfsmittels beim Kläger nicht erforderlich war. Wie aus dem Bericht des Krankenhauses W-Stadt vom 12.01.2011 über den Termin des Klägers am 11.01.2011 hervorgeht, lagen beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt "naturgemäß", also nicht ungewöhnliche Durchblutungsstörungen vor, die zu Schwellungen und einer Heilungsstörung führten. Nachdem mit der Antibiose bereits ein gewisser Rückgang der Entzündung erreicht worden war, sollten nun manuelle Lymphdrainage und Kompressionstherapie zur Anwendung kommen sowie der "Versuch" mit der A-V-Pumpe unternommen werden. Lymphdrainage und andere krankengymnastische Übungsbehandlungen waren zu diesem Zeitpunkt allerdings nur in geringem Umfang und unregelmäßig vom Kläger in Anspruch genommen worden. Laut Angaben der Beklagten wurden im Zeitraum 19.01.2011 bis 04.02.2011 lediglich sechs Behandlungen abgerechnet. Vorher ist eine Abrechnung überhaupt nicht dokumentiert. Es ist daher mit dem MDK davon auszugehen, dass die klassischen Behandlungsmöglichkeiten vom Kläger noch nicht ausgeschöpft waren, obwohl es gegebenenfalls möglich gewesen wäre, auch Hausbesuche zu verordnen, um den praktischen Schwierigkeiten zu begegnen. Anders als der gerichtliche Sachverständige Dr. N. angegeben hat, waren am 11.01.2011 also die klassischen Behandlungen noch nicht erfolglos getestet worden, vielmehr sind alle Behandlungsmaßnahmen, einschließlich des Kompressionsstrumpfes gleichzeitig verordnet worden. Es kann daher auch nicht nachvollzogen werden, weshalb aus Sicht des Dr. N. allein die Pumpenbehandlung für den schließlich im März eingetretenen Behandlungserfolg verantwortlich gemacht werden kann.
Dies gilt umso mehr als dem Kläger bereits am 28.02.2011 ein weiteres Hilfsmittel in Form eines Vacoped-Schuhes verordnet worden war mit der Begründung, dass weiterhin durch geringe Belastung eine deutliche Zunahme der Schwellung eintrete. Nach Angaben des MVZ D-Stadt berichtete der Kläger drei Wochen später, dass sich durch den Einsatz des Vacoped-Schuhes die Beschwerden deutlich gebessert hätten.
Für den Senat steht daher fest, dass die vorhandenen ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft waren und auch nicht nachgewiesen ist, dass die streitige Hilfsmittelbehandlung zum Behandlungserfolg beigetragen hat. Damit wäre aber auch ein Anspruch des Klägers nach rechtzeitiger Wahl der Kostenerstattung ins Leere gegangen.
Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Konnte die Krankenkasse danach eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R) verlangt Unaufschiebbarkeit, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z. B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Unaufschiebbar kann danach auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung solange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. Es betrifft auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte.
Der Annahme einer unaufschiebbaren Leistung steht im vorliegenden Fall entgegen, dass dem Kläger (erst) am 03.02.2011 mitgeteilt worden war, dass eine Entscheidung über die Kostenübernahme noch nicht möglich sei, jedoch bereits am 17.01.2011 der maßgebliche Mietvertrag geschlossen wurde - nachdem erst wenige Tage zuvor der Antrag bei der Beklagten vorgelegt worden war. Da der Kläger bereits am 17.01.2011 den Mietvertrag abgeschlossen hat, müssten schon zu diesem Zeitpunkt medizinische Gründe vorgelegen haben, die es ihm unzumutbar machten, die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Solche Gründe kann der Senat jedoch nicht erkennen, da konkrete Angaben über starke Schmerzen oder andere schwerwiegende Beeinträchtigungen fehlen. Ein Abwarten war dem Kläger daher jedenfalls für eine gewisse Zeit noch zumutbar. Hinzu kommt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung nicht alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hatte und daher noch gar nicht absehbar war, dass er auf den Einsatz der Pumpe angewiesen sein würde. Unabhängig davon, ob dem Kläger bereits zuvor mitgeteilt worden war, dass eine Entscheidung noch längere Zeit dauern werde, konnte am 17.01.2011 noch nicht feststehen, dass die konsequente Durchführung der anderen Behandlungsmöglichkeiten nicht den gewünschten Erfolg haben werde. Der Kläger hätte daher in jedem Fall zunächst die üblichen Maßnahmen ausschöpfen müssen, bevor er sich gegenüber dem Hilfsmittelerbringer verpflichtete, das AV-Impulssystem zu mieten.
Da Unaufschiebbarkeit nicht anzunehmen ist, steht auch fest, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten wurde. Der Kläger hat die Versorgung am 17.01.2011 durchgeführt, ohne dass zu diesem Zeitpunkt ein ablehnender Bescheid der Beklagten vorgelegen hätte. Dies schließt auch eine Kostenerstattung auf Grundlage von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V aus. Im Übrigen bestand kein Leistungsanspruch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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