Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AL 247/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 (9) AL 129/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 AL 5/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.05.2001 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Leistungsnachweise für die Zeit ab dem 28.02.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Rentenversicherungsträger im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe zu meldenden Entgelts.
Der am ...1943 geborene Kläger war vom 01.04.1958 bis zum 31.12.1995 als Gruppenleiter bei der ... Stahl AG in D ... beschäftigt. Die Kündigung erfolgte aus betrieblichen Gründen gegen Zahlung einer Abfindung. Zunächst bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld, nach Erschöpfung dieses Anspruchs ab dem 28.02.1998 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von zuletzt 1.720,00 DM wöchentlich.
Mit Leistungsnachweis vom 24.02.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, in Folge einer Gesetzesänderung zum 01.01.2000 betrage das beitragspflichtige Entgelt für die Rentenversicherung im Zeitraum 01.01. bis 27.02.2000 4.710,00 DM. Dies entspreche in der Höhe nur noch der gezahlten Arbeitslosenhilfe. Auszugehen sei nicht mehr, wie bisher, von 80 % des der Lohner- satzleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts.
Daraufhin beantragte der Kläger am 20.07.2000, dem Rentenversicherungsträger das Entgelt für die Rentenversicherung auf der Grundlage der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften zu melden. Mit Bescheid vom 21.08.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die ab Januar 2000 geltenden Vorschriften seien im Falle des Klägers zwingend anzuwenden.
Am 13.10.2000 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die gesetzliche Neuregelung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). § 166 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) greife in eine geschützte eigentumsähnliche Position ein, nämlich in die finanziellen Grundlagen der zu erwartenden Alterssicherung. Dies gelte auch für den Zeitraum 28.02.2000 bis 27.02.2001, für den die Beklagte den weiteren Leistungsnachweis vom 23.02.2001 erteilt hatte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 zu verurteilen, unter Änderung der Leistungsnachweise vom 24.02.2000 und 23.02.2001 dem Rentenversicherungsträger für die Zeit vom 01.01. bis 27.02.2000 und vom 28.02.2000 bis 27.02.2001 das Entgelt für die Rentenversicherung unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften zu melden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den ihrer Auffassung nach zutreffenden angefochtenen Bescheid sowie die Leistungsnachweise vom 24.02.2000 und 23.02.2001 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 15.05.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 19.06.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.07.2001 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI in der ab dem 01.01.2000 geltenden Fassung beinhalte eine unechte Rückwirkung, da das Gesetz auf einen gegenwärtig noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt einwirke und damit die betroffene Rechtsposition entwerte. Zwar sei dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG kein absolutes Verbot einer unechten Rückwirkung zu entnehmen; diese sei aber unter Berücksichtigung der Schranke des Rechts und des Sozialstaatsprinzips nur innerhalb sachlicher Grenzen zulässig, die sich aus dem Gebot der Rechtssicherheit und dem daraus folgenden Vertrauensschutz ergäben. Insbesondere rentennahe Jahrgänge könnten ein besonderes Vertrauen auf die bestehende Rechtslage geltend machen. Ihnen müsse die Möglichkeit einer zuverlässigen Kalkulationsgrundlage an die Hand gegeben werden. Sie benötigten eine verlässliche Ausgangsbasis für eine solide Lebensgestaltung im Alter. Rentennahe Jahrgänge hätten regelmäßig keine andere Möglichkeit mehr, anderweitig sinnvoll für ihr Alter zu sorgen. Insoweit müsse geprüft werden, ob die vom Gesetzgeber beabsichtigten Sparziele nicht auch ohne den rückwirkenden Eingriff im Wesentlichen erreichbar gewesen wären.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.05.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 zu verurteilen, unter Änderung der Leistungsnachweise für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 dem Rentenversicherungsträger für die Zeit ab dem 01.01.2000 das Entgelt für die Rentenversicherung unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften zu melden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Insbesondere sei eine Verfassungswidrigkeit des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI n. F. nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber verfüge über einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn es um den Erhalt der Funktion und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung gehe. Daher könne er im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG Rentenanwartschaften durchaus kürzen, wenn die Kürzung geeignet und erforderlich sei, um den Bestand des Systems zu sichern und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt sei. Zu Recht habe der Gesetzgeber im Hinblick auf die anhaltende hohe Arbeitslosigkeit und die hohe Staatsverschuldung im Rahmen eines Gesamtpaketes die Rentenanwartschaften u. a. des Klägers gekürzt.
Für die Zeit ab dem 28.02.2001 hat die Beklagte am 25.02.2002 und am 25.02.2003 weitere Leistungsnachweise erteilt und - entsprechend der ab dem 01.01.2000 geltenden Vorschriften - als Entgelt für die Rentenversicherung die gezahlte Arbeitslosenhilfe gemeldet.
Der Senat hat eine Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 03.04.2003 (Bl. 75 bis 86 Prozessakte) zu den Gründen, die zur Einführung der Vorschrift des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI und zur Gestaltung der Übergangsvorschrift des § 276a SGB VI geführt haben, eingeholt. Ergänzend hat der Kläger eine individuelle Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 06.11.2002 (Bl. 71) vorgelegt.
Wegen des Inhalts der Auskünfte und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Kunden-Nr ...) Bezug genommen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.05.2001 sowie die zulässige Klage gegen die Leistungsnachweise vom 25.02.2002 und 25.02.2003 für die Zeit ab dem 28.02.2001 sind nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Gleiches gilt für die angefochtenen Leistungsnachweise sowohl für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 27.02.2001, der dem Sozialgericht zur Entscheidung vorlag, als auch für die Folgezeit ab dem 28.02.2001.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Meldung des Entgelts für die Rentenversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2000 unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften.
Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass insbesondere kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG vorliegt.
Die Anwartschaft des Klägers auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterfällt grundsätzlich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 87, 348, 355), denn sie ist ihm als Versichertem (im Sinne eines subjektiv-öffentlichen Rechts) individuell zugeordnet, beruht (auch soweit versicherungstypische Risiken wie Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit bewertet werden und die erforderlichen Mittel von den weitgehend personenidentischen Versichertengemeinschaften der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung aufgebracht werden) auf seiner nicht unerheblichen Eigenleistung und dient schließlich seiner Existenzsicherung (vgl. zusammenfassend Jarass, NZS 1997, 545 f).
Bei der Kürzung der Rentenanwartschaften des Klägers hat der Gesetzgeber jedoch im Rahmen der zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG gehandelt. Die Kürzung ist geeignet und erforderlich zur Sicherung von Funktion und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Aus den beigezogenen Unterlagen des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung ergibt sich, dass es sich bei der in § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI n.F. verwirklichten Kürzung der Entgelte, die dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt werden, um eine Maßnahme innerhalb eines ganzen Maßnahmekataloges (Haushaltssanierungsgesetz) handelte. Ziele waren die dauerhafte Sanierung des Bundeshaushalts u. a. durch Einsparungen bei der Beitragsbelastung des Bundes in Höhe von rund 4.000 Mio DM jährlich ab 2000 und langfristig bei der Höhe der Rente für Arbeitslose nach Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe sowie die Senkung der zu erwartenden Neuverschuldung und damit die deutliche Entlastung und dauerhafte Sicherung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist gewahrt. Ein weniger belastendes, aber gleichermaßen geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Sinne einer unechten Rückwirkung hat der Gesetzgeber durch eine ausreichende Übergangsregelung, § 276a SGB VI, berücksichtigt. Diese gewährt den Betroffenen die Möglichkeit, durch Eigenleistungen eine Rentenhöhe zu erzielen, wie sie bei alter Rechtslage bestehen würde. Ohne diese Übergangsregelung wäre die Zahlung eigener Beiträge nicht zulässig gewesen. Damit hat der Gesetzgeber gerade rentennahen Jahrgängen die Möglichkeit eingeräumt, die auf Grund der Gesetzesänderung entstandenen Defizite auszugleichen.
Schließlich ist auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich. Der Gesetzgeber behandelt alle Bezieher von Arbeitslosenhilfe gleich, indem sich das Entgelt für die Rentenversicherung ab dem 01.01.2000 nur noch an der Höhe der Arbeitslosenhilfe orientiert. Es handelt sich bei der Arbeitslosenhilfe - im Gegensatz zum Arbeitslosengeld, das die originäre Versicherungsleistung darstellt - um eine staatliche Fürsorgeleistung, die der Gesetzgeber unter Ausschöpfung seines weiten Handlungsspielraumes sogar ganz streichen könnte. Für Sozialhilfeempfänger, die ebenfalls eine staatliche Fürsorgeleistung beziehen, werden dagegen überhaupt keine rentenrechtlich relevanten Maßnahmen finanziert. Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Grundsatzentscheidung verwirklicht, in Maßnahmen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit, nicht zur Festigung der Arbeitslosigkeit zu investieren. Dies stellt einen sachlichen Grund dar, der die Bezieher von Arbeitslosenhilfe nicht willkürlich trifft und dem im Rahmen der Gesamtabwägung ein deutlich größeres Gewicht zukommt als die Belange der Betroffenen, zumal die Auswirkungen für den Einzelnen (gekürzte Rente) verhältnismäßig gering sind und damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht widersprechen. Bei dem Kläger liegt die Einbuße mit 66,59 Euro im Monat bei rund 4 %, von der Höhe her also keineswegs in einem Bereich, der existenzbedrohend wäre.
Schließlich weist der Senat darauf hin, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, von der Übergangsregelung des § 276a Abs. 1 SGB VI Gebrauch zu machen und selbst Beiträge an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Ob sich dies für den Kläger gelohnt hätte, da sich die Beiträge nach Mitteilung des Rentenversicherungsträgers erst in 18 Jahren amortisiert hätten, ist sicherlich fraglich. Allerdings wird auch hieraus deutlich, dass der Gesetzgeber eine durchaus sinnvolle Kürzung vorgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Rentenversicherungsträger im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe zu meldenden Entgelts.
Der am ...1943 geborene Kläger war vom 01.04.1958 bis zum 31.12.1995 als Gruppenleiter bei der ... Stahl AG in D ... beschäftigt. Die Kündigung erfolgte aus betrieblichen Gründen gegen Zahlung einer Abfindung. Zunächst bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld, nach Erschöpfung dieses Anspruchs ab dem 28.02.1998 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von zuletzt 1.720,00 DM wöchentlich.
Mit Leistungsnachweis vom 24.02.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, in Folge einer Gesetzesänderung zum 01.01.2000 betrage das beitragspflichtige Entgelt für die Rentenversicherung im Zeitraum 01.01. bis 27.02.2000 4.710,00 DM. Dies entspreche in der Höhe nur noch der gezahlten Arbeitslosenhilfe. Auszugehen sei nicht mehr, wie bisher, von 80 % des der Lohner- satzleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts.
Daraufhin beantragte der Kläger am 20.07.2000, dem Rentenversicherungsträger das Entgelt für die Rentenversicherung auf der Grundlage der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften zu melden. Mit Bescheid vom 21.08.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die ab Januar 2000 geltenden Vorschriften seien im Falle des Klägers zwingend anzuwenden.
Am 13.10.2000 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die gesetzliche Neuregelung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). § 166 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) greife in eine geschützte eigentumsähnliche Position ein, nämlich in die finanziellen Grundlagen der zu erwartenden Alterssicherung. Dies gelte auch für den Zeitraum 28.02.2000 bis 27.02.2001, für den die Beklagte den weiteren Leistungsnachweis vom 23.02.2001 erteilt hatte.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 zu verurteilen, unter Änderung der Leistungsnachweise vom 24.02.2000 und 23.02.2001 dem Rentenversicherungsträger für die Zeit vom 01.01. bis 27.02.2000 und vom 28.02.2000 bis 27.02.2001 das Entgelt für die Rentenversicherung unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften zu melden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den ihrer Auffassung nach zutreffenden angefochtenen Bescheid sowie die Leistungsnachweise vom 24.02.2000 und 23.02.2001 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 15.05.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 19.06.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.07.2001 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI in der ab dem 01.01.2000 geltenden Fassung beinhalte eine unechte Rückwirkung, da das Gesetz auf einen gegenwärtig noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt einwirke und damit die betroffene Rechtsposition entwerte. Zwar sei dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG kein absolutes Verbot einer unechten Rückwirkung zu entnehmen; diese sei aber unter Berücksichtigung der Schranke des Rechts und des Sozialstaatsprinzips nur innerhalb sachlicher Grenzen zulässig, die sich aus dem Gebot der Rechtssicherheit und dem daraus folgenden Vertrauensschutz ergäben. Insbesondere rentennahe Jahrgänge könnten ein besonderes Vertrauen auf die bestehende Rechtslage geltend machen. Ihnen müsse die Möglichkeit einer zuverlässigen Kalkulationsgrundlage an die Hand gegeben werden. Sie benötigten eine verlässliche Ausgangsbasis für eine solide Lebensgestaltung im Alter. Rentennahe Jahrgänge hätten regelmäßig keine andere Möglichkeit mehr, anderweitig sinnvoll für ihr Alter zu sorgen. Insoweit müsse geprüft werden, ob die vom Gesetzgeber beabsichtigten Sparziele nicht auch ohne den rückwirkenden Eingriff im Wesentlichen erreichbar gewesen wären.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.05.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2000 zu verurteilen, unter Änderung der Leistungsnachweise für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 dem Rentenversicherungsträger für die Zeit ab dem 01.01.2000 das Entgelt für die Rentenversicherung unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften zu melden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Insbesondere sei eine Verfassungswidrigkeit des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI n. F. nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber verfüge über einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn es um den Erhalt der Funktion und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung gehe. Daher könne er im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG Rentenanwartschaften durchaus kürzen, wenn die Kürzung geeignet und erforderlich sei, um den Bestand des Systems zu sichern und das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt sei. Zu Recht habe der Gesetzgeber im Hinblick auf die anhaltende hohe Arbeitslosigkeit und die hohe Staatsverschuldung im Rahmen eines Gesamtpaketes die Rentenanwartschaften u. a. des Klägers gekürzt.
Für die Zeit ab dem 28.02.2001 hat die Beklagte am 25.02.2002 und am 25.02.2003 weitere Leistungsnachweise erteilt und - entsprechend der ab dem 01.01.2000 geltenden Vorschriften - als Entgelt für die Rentenversicherung die gezahlte Arbeitslosenhilfe gemeldet.
Der Senat hat eine Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 03.04.2003 (Bl. 75 bis 86 Prozessakte) zu den Gründen, die zur Einführung der Vorschrift des § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI und zur Gestaltung der Übergangsvorschrift des § 276a SGB VI geführt haben, eingeholt. Ergänzend hat der Kläger eine individuelle Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 06.11.2002 (Bl. 71) vorgelegt.
Wegen des Inhalts der Auskünfte und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Kunden-Nr ...) Bezug genommen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.05.2001 sowie die zulässige Klage gegen die Leistungsnachweise vom 25.02.2002 und 25.02.2003 für die Zeit ab dem 28.02.2001 sind nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Gleiches gilt für die angefochtenen Leistungsnachweise sowohl für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 27.02.2001, der dem Sozialgericht zur Entscheidung vorlag, als auch für die Folgezeit ab dem 28.02.2001.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Meldung des Entgelts für die Rentenversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2000 unter Zugrundelegung der bis zum 31.12.1999 geltenden Vorschriften.
Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass insbesondere kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG vorliegt.
Die Anwartschaft des Klägers auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterfällt grundsätzlich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 87, 348, 355), denn sie ist ihm als Versichertem (im Sinne eines subjektiv-öffentlichen Rechts) individuell zugeordnet, beruht (auch soweit versicherungstypische Risiken wie Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit bewertet werden und die erforderlichen Mittel von den weitgehend personenidentischen Versichertengemeinschaften der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung aufgebracht werden) auf seiner nicht unerheblichen Eigenleistung und dient schließlich seiner Existenzsicherung (vgl. zusammenfassend Jarass, NZS 1997, 545 f).
Bei der Kürzung der Rentenanwartschaften des Klägers hat der Gesetzgeber jedoch im Rahmen der zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG gehandelt. Die Kürzung ist geeignet und erforderlich zur Sicherung von Funktion und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Aus den beigezogenen Unterlagen des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung ergibt sich, dass es sich bei der in § 166 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI n.F. verwirklichten Kürzung der Entgelte, die dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt werden, um eine Maßnahme innerhalb eines ganzen Maßnahmekataloges (Haushaltssanierungsgesetz) handelte. Ziele waren die dauerhafte Sanierung des Bundeshaushalts u. a. durch Einsparungen bei der Beitragsbelastung des Bundes in Höhe von rund 4.000 Mio DM jährlich ab 2000 und langfristig bei der Höhe der Rente für Arbeitslose nach Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe sowie die Senkung der zu erwartenden Neuverschuldung und damit die deutliche Entlastung und dauerhafte Sicherung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist gewahrt. Ein weniger belastendes, aber gleichermaßen geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Sinne einer unechten Rückwirkung hat der Gesetzgeber durch eine ausreichende Übergangsregelung, § 276a SGB VI, berücksichtigt. Diese gewährt den Betroffenen die Möglichkeit, durch Eigenleistungen eine Rentenhöhe zu erzielen, wie sie bei alter Rechtslage bestehen würde. Ohne diese Übergangsregelung wäre die Zahlung eigener Beiträge nicht zulässig gewesen. Damit hat der Gesetzgeber gerade rentennahen Jahrgängen die Möglichkeit eingeräumt, die auf Grund der Gesetzesänderung entstandenen Defizite auszugleichen.
Schließlich ist auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich. Der Gesetzgeber behandelt alle Bezieher von Arbeitslosenhilfe gleich, indem sich das Entgelt für die Rentenversicherung ab dem 01.01.2000 nur noch an der Höhe der Arbeitslosenhilfe orientiert. Es handelt sich bei der Arbeitslosenhilfe - im Gegensatz zum Arbeitslosengeld, das die originäre Versicherungsleistung darstellt - um eine staatliche Fürsorgeleistung, die der Gesetzgeber unter Ausschöpfung seines weiten Handlungsspielraumes sogar ganz streichen könnte. Für Sozialhilfeempfänger, die ebenfalls eine staatliche Fürsorgeleistung beziehen, werden dagegen überhaupt keine rentenrechtlich relevanten Maßnahmen finanziert. Im Übrigen hat der Gesetzgeber die Grundsatzentscheidung verwirklicht, in Maßnahmen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit, nicht zur Festigung der Arbeitslosigkeit zu investieren. Dies stellt einen sachlichen Grund dar, der die Bezieher von Arbeitslosenhilfe nicht willkürlich trifft und dem im Rahmen der Gesamtabwägung ein deutlich größeres Gewicht zukommt als die Belange der Betroffenen, zumal die Auswirkungen für den Einzelnen (gekürzte Rente) verhältnismäßig gering sind und damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht widersprechen. Bei dem Kläger liegt die Einbuße mit 66,59 Euro im Monat bei rund 4 %, von der Höhe her also keineswegs in einem Bereich, der existenzbedrohend wäre.
Schließlich weist der Senat darauf hin, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, von der Übergangsregelung des § 276a Abs. 1 SGB VI Gebrauch zu machen und selbst Beiträge an den Rentenversicherungsträger zu leisten. Ob sich dies für den Kläger gelohnt hätte, da sich die Beiträge nach Mitteilung des Rentenversicherungsträgers erst in 18 Jahren amortisiert hätten, ist sicherlich fraglich. Allerdings wird auch hieraus deutlich, dass der Gesetzgeber eine durchaus sinnvolle Kürzung vorgenommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved