Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (15) EG 6/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 EG 37/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 13/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 06. Mai 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Erziehungsgeld für die Betreuung des am 00.00.1997 geborenen Sohnes K der Klägerin.
Die Klägerin ist niederländische Staatsangehörige. Sie lebte mit ihrem Ehemann, einem deutschen Staatsangehörigen, im Anspruchszeitraum in den Niederlanden. Der Ehemann der Klägerin war auch dort beschäftigt. Die Klägerin selbst übte bis zur Geburt des Kindes bzw. bis zum Beginn des Mutterschutzes abhängige Beschäftigungen sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland aus. Im Anschluss an den Mutterschutz war sie ausschließlich in Deutschland bei der Firma U Konfektions GmbH in C beschäftigt, wobei die Wochenarbeitszeit im ersten Lebensjahr des Kindes zwischen 3 und 14 Stunden und der wöchentliche Verdienst zwischen 40,00 und 168,87 DM schwankte; wegen der genauen Beschäftigungszeiten und Verdienste wird Bezug genommen auf die Auskunft der Firma U GmbH vom 17.06.2003 (Bl. 172 ff. Gerichtsakten).
Mit Bescheid und Widerspruchsbescheid vom 05.06.1998/27.01.2000 lehnte das beklagte Land den Antrag der Klägerin vom 02.06.1998 auf Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr von K ab, weil diese weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) seien nicht erfüllt, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht in einem Arbeitsverhältnis von mindestens 15 Stunden gestanden habe. Schließlich sei auch nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 ein Anspruch nicht gegeben, da die Klägerin, weil sie in Deutschland nur geringfügig beschäftigt war, keine Arbeitnehmerin im Sinne dieser Verordnung sei.
Mit der zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere vorgetragen, § 1 Abs. 4 BErzGG diskriminiere Frauen, weil diese häufig geringfügig beschäftigt seien. Dies widerspreche auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das SG hat mit Urteil vom 06.05.2002 die Klage abgewiesen: § 1 Abs. 4 Nr. 1 BErzGG verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG), weil die Ungleichbehandlung geringfügig Beschäftigter sachlich vertretbar sei. Das Erfordernis einer Mindestarbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich diene dazu, eine hinreichend enge Verbindung mit Deutschland zu gewährleisten, wenn diese nicht über den Wohnort gegeben sei. Darüber hinaus solle verhindert werden, dass jede noch so geringfügige Arbeit zum Anspruch auf volles Erziehungsgeld führe. Eine gegebenenfalls vorliegende indirekte Ungleichbehandung von Frauen sei zulässig, weil sie durch objektive Gründe gerechtfertigt sei und nichts mit einer Diskriminierung wegen des Geschlechts zu tun habe.
Ein Erziehungsgeldanspruch der Klägerin folge auch nicht aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften.
Insbesondere ergebe sich kein Anspruch aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO (EWG) Nr. 1408/71). Die Klägerin falle nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung. Sie sei keine Arbeitnehmerin im Sinne des Artikel 1 lit. a). Zwar erfülle sie die Voraussetzung des Artikel 1 lit. a) Nr. i. Die verschiedenen Definitionen der Nrn. i bis iv stünden jedoch mit den begehrten Leistungen in einem Rechtsfolgenzusammenhang. Bezüglich des Erziehungsgeldes richteten sich die Anforderungen nach Artikel 1 lit. a) Nr. ii), mithin nach Anhang I lit. C (Deutschland) lit. a), wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits in den verbundenen Rechtssachen C-4/95 und C-5/95 entschieden habe. Danach sei Arbeitnehmer für den Bezug der Familienleistung Erziehungsgeld nur derjenige, der für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert sei oder im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhalte. Diese Voraussetzungen träfen auf die Klägerin nicht zu, weil sie gemäß § 27 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) versicherungsfrei gewesen sei, denn sie sei gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) lediglich geringfügig beschäftigt gewesen.
Auch Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft begründe keinen Anspruch auf Erziehungsgeld. Gemäß Artikel 7 Abs. 2 dieser Verordnung könne sich die Klägerin lediglich darauf berufen, in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländische Arbeitnehmer zu genießen. Sie werde aber hinsichtlich des Erziehungsgeldes bereits wie eine deutsche Staatsangehörige behandelt. Zudem gebiete Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung keinen Export der sozialen Vergünstigung.
Auch Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie Nr. 79/7 vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit gewähre keinen Anspruch, denn die Richtlinie sei nicht auf Erziehungsgeld anwendbar, wie der EuGH bereits in den verbundenen Rechtssachen C-245/94 und C-312/94 entschieden habe. Die Richtlinie gelte gemäß ihrem Artikel 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht für Familienleistungen, wozu das Erziehungsgeld zähle.
Auch Artikel 5 der Richtlinie Nr. 76/207 vom 09.02.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf Arbeitsbedingungen sei nicht verletzt. Gemäß Artikel 5 Abs. 1 regele die Richtlinie zwar auch den Gleichheitsbehandlungsgrundsatz bzgl. der sozialen Sicherheit. Gleichwohl sei der Bereich der sozialen Sicherheit vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, was sich aus Artikel 5 Abs. 2 ergebe. Danach habe der Rat im Bereich der sozialen Sicherheit die Bestimmungen erst noch zu erlassen.
Schließlich führe auch das allgemeine Diskriminierungsverbot des Artikel 141 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EEG) zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis, denn eine ggf. vorliegende Ungleichbehandlung sei im Ergebnis jedenfalls gerechtfertigt. Ein Mindestmaß an Bindung zu dem Erziehungsgeld gewährenden Staat sei unabdingbar.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.05.2002 zugestellte Urteil am 13.06.2002 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie sich im Wesentlichen auf die Bestimmungen der VO (EWG) Nr. 1612/68 bezieht. Sie sei Arbeitnehmerin im Sinne dieser Verordnung, denn der dort geregelte Arbeitnehmerbegriff stimme nicht notwendig mit demjenigen der VO (EWG) Nr. 1408/71 überein. Vielmehr sei als Arbeitnehmer im Rahmen der VO (EWG) Nr. 1612/68 derjenige anzusehen, der während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringe, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalte; diese Voraussetzungen erfülle sie. Auch falle das Erziehungsgeld entgegen der Meinung des SG unter den Begriff der sozialen Vorteile im Sinne des Artikel 7 Abs. 2 der genannten Verordnung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 06.05.2002 zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2000 zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des am 18.12.1997 geborenen Kindes K zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es vertritt im Hinblick auf die VO (EWG) Nr. 1612/68 die Ansicht, für die Gewährung von Familienleistungen enthielten die VO (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 Sonderregelungen, die den Bereich der Familienleistungen abschließend regelten. Ein Anspruch auf Erziehungsgeld könne daher grundsätzlich nicht aus der VO (EWG) Nr. 1612/68 hergeleitet werden.
Der Senat hat eine Auskunft der Europäischen Kommission für Beschäftigung und Soziales von Oktober 2002 eingeholt, die mitgeteilt hat, gegen das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Münster sei bei der Kommission Beschwerde eingelegt worden, die als offizielle Beschwerde registriert sei. Eine Entscheidung der Kommission dazu, ob ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet werde, liege noch nicht vor. Des Weiteren hat der Senat die genannte eine Auskunft der Firma U Konfekions GmbH C zu den Arbeitszeiten der Klägerin im Jahr 1998 eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des beklagten Landes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erziehungsgeld für die Betreuung ihres am 18.12.1997 geborenen Sohnes K.
Nach nationalem Recht steht der Klägerin Erziehungsgeld nicht zu.
Nach § 1 Abs. 1 BErzGG in der vom 01.01.1994 bis 31.12.1997 geltenden Fassung vom 31.01.1994 (a.F.) hatte Anspruch auf Erziehungsgeld, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hatte, 2. mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zustand, im Haushalt lebte, 3. dieses Kind selbst betreute und erzog und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübte.
Diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt die Klägerin ersichtlich nicht, weil sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Geltungsbereich des BErzGG, sondern in den Niederlanden hatte.
Auch ein Anspruch nach § 1 Abs. 4 BErzGG a.F. ist nicht gegeben. Danach hatte Anspruch auf Erziehungsgeld auch, wer 1. als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften oder 2. Grenzgänger aus an die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar angrenzenden Staaten, die nicht Mitglied der europäischen Gemeinschaft waren, ein Arbeitsverhältnis im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, bei dem die wöchentliche Arbeitszeit die Grenze für geringfügige Beschäftigungen gemäß § 8 SGB IV überstieg und die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 bis 4 erfüllte.
Wie sowohl das SG als auch das beklagte Land bereits zutreffend ausgeführt haben, erfüllt die Klägerin diese Voraussetzungen nicht, weil sie im fraglichen Zeitraum lediglich geringfügig im Sinne des § 8 SGB IV beschäftigt war.
Der Anspruch ist auch nicht nach Gemeinschaftsrecht begründet. Weder kann die Klägerin ihren Anspruch aus der VO (EWG) Nr. 1408/71, noch aus Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie Nr. 79/7 vom 19.12.1978 oder Artikel 5 der Richtlinie Nr. 76/207 vom 09.02.1976 herleiten. Insofern nimmt der Senat im Wesentlichen zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils Bezug.
Zu Artikel 5 der Richtlinie Nr. 76/207 weist der Senat ergänzend darauf hin, dass diese auf das deutsche Erziehungsgeld auch deshalb nicht anwendbar ist, weil die im BErzGG normierte Voraussetzung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung für Grenzgänger und nicht in Deutschland lebende Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaften keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstellt, denn diese Voraussetzung beruht auf objektiven Faktoren (so auch Schlussanträge des Generalanwaltes Jacobs vom 02.05.1996 in den verbundenen Rechtssachen C-245/94 und C-312/94 in Sammlung der Rechtsprechung 1996, S. I-04895, RdNr. 80 ff). Die Beschränkung des Erziehungsgeldanspruchs für Angehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben, auf mehr als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer, beruht darauf, dass eine ausreichend enge Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt bestehen soll, um die Ausnahme vom Teritorialitätsprinzip zu rechtfertigen. Dies stellt einen objektiven Grund dar, der nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun hat.
Schließlich besteht ein Erziehungsgeldanspruch der Klägerin auch nicht auf Grund des Artikels 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1612/68. Nach Abs. 1 des Artikels 7 darf ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf die berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung nicht anders behandelt werden, als die inländischen Arbeitnehmer. Nach Abs. 2 genießt er dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.
Zwar fällt eine Leistung wie das deutsche Erziehungsgeld als soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Abs. 2 in den sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, wie der EuGH bereits - für alle Rechtsanwender verbindlich - mit Urteil vom 12.05.1998 in der Rechtssache C-85/96 (Sammlung der Rechtsprechung 1998, S. I-02691) entschieden hat. Die Vorschrift lässt entgegen der Ansicht des SG auch einen Export der betreffenden sozialen Vergünstigung zu, wie der EuGH bereits mit Urteil vom 27.11.1997 (C-57/96 in Sammlung der Rechtspechung 1997, S. I-06689) entschieden hat. Damit ist auch die Rechtsansicht des beklagten Landes, die VO (EWG) Nr. 1612/68 werde für die Gewährung von Erziehungsgeld durch die VOs (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 verdrängt, unrichtig.
Die Klägerin kann aus der genannten Vorschrift dennoch den begehrten Anspruch nicht herleiten, weil sie deren Voraussetzungen aus anderen Gründen nicht erfüllt. Der Senat läßt es im Ergebnis dahinstehen, ob die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, Arbeitnehmerin im Sinne der Verordnung ist. Allerdings entspricht der Arbeitnehmerbegriff der VO (EWG) Nr. 1612/68 nicht derjenigen der VO (EWG) Nr. 1408/71. Nach der Rechtsprechung des EuGH gibt es im Gemeinschaftsrecht keinen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff. Die Bedeutung des Begriffes hängt vom jeweiligen Anwendungsbereich ab, so dass die in der VO (EWG) Nr. 1612/68 verwendete Bezeichnung nicht notwendig mit derjenigen der VO (EWG) 1408/71 übereinstimmt (so insbesondere Urteil des EuGH vom 12.05.1998, Leitsatz Rdnr. 8, aaO). Alleine aus der Tatsache der im Sinne des deutschen Rechts lediglich geringfügigen Beschäftigung gemäß § 8 SGB IV lässt sich daher nicht herleiten, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin im Sinne der VO (EWG) Nr. 1612/68 ist bzw. war.
Die Klägerin wird aber jedenfalls, wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, gegenüber inländischen Arbeitnehmern nicht ungleich behandelt; es liegt insbesondere keine direkte Diskriminierung vor. Auch deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in den Niederlanden bzw. einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, die in Deutschland nur geringfügig beschäftigt sind, haben nach den nationalen Rechtsvorschriften keinen Anspruch auf Erziehungsgeld.
Allerdings verbietet der sowohl in Artikel 48 des EG-Vertrages, als auch in Artikel 7 der VO (EWG) Nr. 1612/68 niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht nur direkte bzw. offene Diskriminierungen auf Grund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verdeckten Formen, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale zu dem gleichen Ergebnis führen (vgl. insbesondere Urteil des EuGH vom 27.11.1997, aaO., Rdnr. 44, mwN). Eine Vorschrift, die nicht objektiv gerechtfertigt ist und in einem angemessenem Verhältnis zum verfolgten Zweck steht, diskriminiert mittelbar oder indirekt, wenn sie sich ihrem Wesen nach eher auf Wanderarbeitnehmer als auf inländische Arbeitnehmer auswirkt. Dies kann auf eine Wohnortvoraussetzung zutreffen, weil deren Erfüllung für inländische Arbeitnehmer einfacher als für Arbeitnehmer anderer Mitgliedstaaten ist. Daher kann ein Mitgliedstaat die Gewährung einer sozialen Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1612/68 nicht alleine davon abhängig machen, dass der Begünstigte seinen Wohnsitz in diesem Staat hat (so Urteil des EuGH in der Rechtssache C-57/96 aaO.). Die Unterscheidung nach dem Wohnsitz des Anspruchstellers im In- oder Ausland ist jedoch dann nicht als verbotene Diskriminierung zu bewerten, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 16.09.1997 in der Rechtssache C-57/96 in Sammlung der Rechtsprechung 1997 S. I-06689, Rdnr. 61 f).
Nach § 1 Artikel 4 BErzGG a.F. ist der Erziehungsgeldanspruch für Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft nicht alleine an den Wohnsitz, sondern vielmehr alternativ auch an ein mehr als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Geltungsbereich des BErzGG geknüpft. Der Grund für die Beschränkung des Erziehungsgeldanspruchs im Ausland lebender EG-Bürger und Grenzgänger auf diejenigen, die eine Mindestzahl von Arbeitsstunden bzw. einen Mindestverdienst in Deutschland haben, ist die Sicherstellung einer ausreichend engen Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt, um die Ausnahme vom Teritorialitätsprinzip zu rechtfertigen. Dieses Regelungsziel hat, wie der Generalanwalt Jacobs bereits in den Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-255/94 und C-312/94 (aaO) zutreffend ausgeführt hat, nichts mit einer Diskriminierung zu tun. Dies gilt zur Überzeugung des Senates nicht nur für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, sondern auch für eine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit. Da auch das Gemeinschaftsrecht nicht verlangt, dass die deutsche Familienleistung Erziehungsgeld sämtlichen Angehörigen der EG-Mitgliedsstaaten, gleich wo sie wohnen und wo sie ihren Beschäftigungsort haben, also auch solchen, die keinerlei Verbindung zu Deutschland haben, zu gewähren ist, muss es dem deutschen Gesetzgeber gestattet sein, eine Mindestanbindung an Deutschland als Voraussetzung für den Bezug von Erziehungsgeld zu verlangen. Ist ein solcher Anknüpfungspunkt nicht über den Wohnort gegeben, so lässt er sich nur über eine Beschäftigung in Deutschland herleiten. Die Aufstellung von zeitlichen oder finanziellen Mindestanforderungen für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland ist daher nicht zu beanstanden. Andernfalls würde bereits ein Beschäftigungsverhältnis von lediglich einer Wochenstunde oder gar einer Stunde im Monat zum Anspruch auf volles Erziehungsgeld führen, obwohl kaum Berührungspunkte zum deutschen Rechtsraum bestehen.
Da der Unterscheidung nach dem Wohnsitz in Verbindung mit einem mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnis sachliche Erwägungen zu Grunde liegen, ist diese nicht als verbotene Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts zu werten.
Der Ausschluss der Klägerin vom Erziehungsgeldbezug ist auch im Übrigen weder gemeinschaftswidrig noch verfassungswidrig. Auch insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das zutreffende erstinstanzliche Urteil Bezug.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die Vorschrift des Artikel 234 EGV und die Tatsache, dass die Auslegung von Gemeinschaftsrecht streitentscheidend ist, die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Erziehungsgeld für die Betreuung des am 00.00.1997 geborenen Sohnes K der Klägerin.
Die Klägerin ist niederländische Staatsangehörige. Sie lebte mit ihrem Ehemann, einem deutschen Staatsangehörigen, im Anspruchszeitraum in den Niederlanden. Der Ehemann der Klägerin war auch dort beschäftigt. Die Klägerin selbst übte bis zur Geburt des Kindes bzw. bis zum Beginn des Mutterschutzes abhängige Beschäftigungen sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland aus. Im Anschluss an den Mutterschutz war sie ausschließlich in Deutschland bei der Firma U Konfektions GmbH in C beschäftigt, wobei die Wochenarbeitszeit im ersten Lebensjahr des Kindes zwischen 3 und 14 Stunden und der wöchentliche Verdienst zwischen 40,00 und 168,87 DM schwankte; wegen der genauen Beschäftigungszeiten und Verdienste wird Bezug genommen auf die Auskunft der Firma U GmbH vom 17.06.2003 (Bl. 172 ff. Gerichtsakten).
Mit Bescheid und Widerspruchsbescheid vom 05.06.1998/27.01.2000 lehnte das beklagte Land den Antrag der Klägerin vom 02.06.1998 auf Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr von K ab, weil diese weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) seien nicht erfüllt, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht in einem Arbeitsverhältnis von mindestens 15 Stunden gestanden habe. Schließlich sei auch nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 ein Anspruch nicht gegeben, da die Klägerin, weil sie in Deutschland nur geringfügig beschäftigt war, keine Arbeitnehmerin im Sinne dieser Verordnung sei.
Mit der zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere vorgetragen, § 1 Abs. 4 BErzGG diskriminiere Frauen, weil diese häufig geringfügig beschäftigt seien. Dies widerspreche auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das SG hat mit Urteil vom 06.05.2002 die Klage abgewiesen: § 1 Abs. 4 Nr. 1 BErzGG verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG), weil die Ungleichbehandlung geringfügig Beschäftigter sachlich vertretbar sei. Das Erfordernis einer Mindestarbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich diene dazu, eine hinreichend enge Verbindung mit Deutschland zu gewährleisten, wenn diese nicht über den Wohnort gegeben sei. Darüber hinaus solle verhindert werden, dass jede noch so geringfügige Arbeit zum Anspruch auf volles Erziehungsgeld führe. Eine gegebenenfalls vorliegende indirekte Ungleichbehandung von Frauen sei zulässig, weil sie durch objektive Gründe gerechtfertigt sei und nichts mit einer Diskriminierung wegen des Geschlechts zu tun habe.
Ein Erziehungsgeldanspruch der Klägerin folge auch nicht aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften.
Insbesondere ergebe sich kein Anspruch aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO (EWG) Nr. 1408/71). Die Klägerin falle nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung. Sie sei keine Arbeitnehmerin im Sinne des Artikel 1 lit. a). Zwar erfülle sie die Voraussetzung des Artikel 1 lit. a) Nr. i. Die verschiedenen Definitionen der Nrn. i bis iv stünden jedoch mit den begehrten Leistungen in einem Rechtsfolgenzusammenhang. Bezüglich des Erziehungsgeldes richteten sich die Anforderungen nach Artikel 1 lit. a) Nr. ii), mithin nach Anhang I lit. C (Deutschland) lit. a), wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits in den verbundenen Rechtssachen C-4/95 und C-5/95 entschieden habe. Danach sei Arbeitnehmer für den Bezug der Familienleistung Erziehungsgeld nur derjenige, der für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert sei oder im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhalte. Diese Voraussetzungen träfen auf die Klägerin nicht zu, weil sie gemäß § 27 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) versicherungsfrei gewesen sei, denn sie sei gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) lediglich geringfügig beschäftigt gewesen.
Auch Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft begründe keinen Anspruch auf Erziehungsgeld. Gemäß Artikel 7 Abs. 2 dieser Verordnung könne sich die Klägerin lediglich darauf berufen, in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländische Arbeitnehmer zu genießen. Sie werde aber hinsichtlich des Erziehungsgeldes bereits wie eine deutsche Staatsangehörige behandelt. Zudem gebiete Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung keinen Export der sozialen Vergünstigung.
Auch Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie Nr. 79/7 vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit gewähre keinen Anspruch, denn die Richtlinie sei nicht auf Erziehungsgeld anwendbar, wie der EuGH bereits in den verbundenen Rechtssachen C-245/94 und C-312/94 entschieden habe. Die Richtlinie gelte gemäß ihrem Artikel 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht für Familienleistungen, wozu das Erziehungsgeld zähle.
Auch Artikel 5 der Richtlinie Nr. 76/207 vom 09.02.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf Arbeitsbedingungen sei nicht verletzt. Gemäß Artikel 5 Abs. 1 regele die Richtlinie zwar auch den Gleichheitsbehandlungsgrundsatz bzgl. der sozialen Sicherheit. Gleichwohl sei der Bereich der sozialen Sicherheit vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, was sich aus Artikel 5 Abs. 2 ergebe. Danach habe der Rat im Bereich der sozialen Sicherheit die Bestimmungen erst noch zu erlassen.
Schließlich führe auch das allgemeine Diskriminierungsverbot des Artikel 141 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EEG) zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis, denn eine ggf. vorliegende Ungleichbehandlung sei im Ergebnis jedenfalls gerechtfertigt. Ein Mindestmaß an Bindung zu dem Erziehungsgeld gewährenden Staat sei unabdingbar.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.05.2002 zugestellte Urteil am 13.06.2002 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie sich im Wesentlichen auf die Bestimmungen der VO (EWG) Nr. 1612/68 bezieht. Sie sei Arbeitnehmerin im Sinne dieser Verordnung, denn der dort geregelte Arbeitnehmerbegriff stimme nicht notwendig mit demjenigen der VO (EWG) Nr. 1408/71 überein. Vielmehr sei als Arbeitnehmer im Rahmen der VO (EWG) Nr. 1612/68 derjenige anzusehen, der während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringe, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalte; diese Voraussetzungen erfülle sie. Auch falle das Erziehungsgeld entgegen der Meinung des SG unter den Begriff der sozialen Vorteile im Sinne des Artikel 7 Abs. 2 der genannten Verordnung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 06.05.2002 zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2000 zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des am 18.12.1997 geborenen Kindes K zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es vertritt im Hinblick auf die VO (EWG) Nr. 1612/68 die Ansicht, für die Gewährung von Familienleistungen enthielten die VO (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 Sonderregelungen, die den Bereich der Familienleistungen abschließend regelten. Ein Anspruch auf Erziehungsgeld könne daher grundsätzlich nicht aus der VO (EWG) Nr. 1612/68 hergeleitet werden.
Der Senat hat eine Auskunft der Europäischen Kommission für Beschäftigung und Soziales von Oktober 2002 eingeholt, die mitgeteilt hat, gegen das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Münster sei bei der Kommission Beschwerde eingelegt worden, die als offizielle Beschwerde registriert sei. Eine Entscheidung der Kommission dazu, ob ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet werde, liege noch nicht vor. Des Weiteren hat der Senat die genannte eine Auskunft der Firma U Konfekions GmbH C zu den Arbeitszeiten der Klägerin im Jahr 1998 eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des beklagten Landes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erziehungsgeld für die Betreuung ihres am 18.12.1997 geborenen Sohnes K.
Nach nationalem Recht steht der Klägerin Erziehungsgeld nicht zu.
Nach § 1 Abs. 1 BErzGG in der vom 01.01.1994 bis 31.12.1997 geltenden Fassung vom 31.01.1994 (a.F.) hatte Anspruch auf Erziehungsgeld, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hatte, 2. mit einem Kind, für das ihm die Personensorge zustand, im Haushalt lebte, 3. dieses Kind selbst betreute und erzog und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübte.
Diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt die Klägerin ersichtlich nicht, weil sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Geltungsbereich des BErzGG, sondern in den Niederlanden hatte.
Auch ein Anspruch nach § 1 Abs. 4 BErzGG a.F. ist nicht gegeben. Danach hatte Anspruch auf Erziehungsgeld auch, wer 1. als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften oder 2. Grenzgänger aus an die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar angrenzenden Staaten, die nicht Mitglied der europäischen Gemeinschaft waren, ein Arbeitsverhältnis im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, bei dem die wöchentliche Arbeitszeit die Grenze für geringfügige Beschäftigungen gemäß § 8 SGB IV überstieg und die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 bis 4 erfüllte.
Wie sowohl das SG als auch das beklagte Land bereits zutreffend ausgeführt haben, erfüllt die Klägerin diese Voraussetzungen nicht, weil sie im fraglichen Zeitraum lediglich geringfügig im Sinne des § 8 SGB IV beschäftigt war.
Der Anspruch ist auch nicht nach Gemeinschaftsrecht begründet. Weder kann die Klägerin ihren Anspruch aus der VO (EWG) Nr. 1408/71, noch aus Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie Nr. 79/7 vom 19.12.1978 oder Artikel 5 der Richtlinie Nr. 76/207 vom 09.02.1976 herleiten. Insofern nimmt der Senat im Wesentlichen zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils Bezug.
Zu Artikel 5 der Richtlinie Nr. 76/207 weist der Senat ergänzend darauf hin, dass diese auf das deutsche Erziehungsgeld auch deshalb nicht anwendbar ist, weil die im BErzGG normierte Voraussetzung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung für Grenzgänger und nicht in Deutschland lebende Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaften keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstellt, denn diese Voraussetzung beruht auf objektiven Faktoren (so auch Schlussanträge des Generalanwaltes Jacobs vom 02.05.1996 in den verbundenen Rechtssachen C-245/94 und C-312/94 in Sammlung der Rechtsprechung 1996, S. I-04895, RdNr. 80 ff). Die Beschränkung des Erziehungsgeldanspruchs für Angehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben, auf mehr als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer, beruht darauf, dass eine ausreichend enge Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt bestehen soll, um die Ausnahme vom Teritorialitätsprinzip zu rechtfertigen. Dies stellt einen objektiven Grund dar, der nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun hat.
Schließlich besteht ein Erziehungsgeldanspruch der Klägerin auch nicht auf Grund des Artikels 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1612/68. Nach Abs. 1 des Artikels 7 darf ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf die berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung nicht anders behandelt werden, als die inländischen Arbeitnehmer. Nach Abs. 2 genießt er dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.
Zwar fällt eine Leistung wie das deutsche Erziehungsgeld als soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Abs. 2 in den sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, wie der EuGH bereits - für alle Rechtsanwender verbindlich - mit Urteil vom 12.05.1998 in der Rechtssache C-85/96 (Sammlung der Rechtsprechung 1998, S. I-02691) entschieden hat. Die Vorschrift lässt entgegen der Ansicht des SG auch einen Export der betreffenden sozialen Vergünstigung zu, wie der EuGH bereits mit Urteil vom 27.11.1997 (C-57/96 in Sammlung der Rechtspechung 1997, S. I-06689) entschieden hat. Damit ist auch die Rechtsansicht des beklagten Landes, die VO (EWG) Nr. 1612/68 werde für die Gewährung von Erziehungsgeld durch die VOs (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 verdrängt, unrichtig.
Die Klägerin kann aus der genannten Vorschrift dennoch den begehrten Anspruch nicht herleiten, weil sie deren Voraussetzungen aus anderen Gründen nicht erfüllt. Der Senat läßt es im Ergebnis dahinstehen, ob die Klägerin, wie von ihr vorgetragen, Arbeitnehmerin im Sinne der Verordnung ist. Allerdings entspricht der Arbeitnehmerbegriff der VO (EWG) Nr. 1612/68 nicht derjenigen der VO (EWG) Nr. 1408/71. Nach der Rechtsprechung des EuGH gibt es im Gemeinschaftsrecht keinen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff. Die Bedeutung des Begriffes hängt vom jeweiligen Anwendungsbereich ab, so dass die in der VO (EWG) Nr. 1612/68 verwendete Bezeichnung nicht notwendig mit derjenigen der VO (EWG) 1408/71 übereinstimmt (so insbesondere Urteil des EuGH vom 12.05.1998, Leitsatz Rdnr. 8, aaO). Alleine aus der Tatsache der im Sinne des deutschen Rechts lediglich geringfügigen Beschäftigung gemäß § 8 SGB IV lässt sich daher nicht herleiten, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin im Sinne der VO (EWG) Nr. 1612/68 ist bzw. war.
Die Klägerin wird aber jedenfalls, wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, gegenüber inländischen Arbeitnehmern nicht ungleich behandelt; es liegt insbesondere keine direkte Diskriminierung vor. Auch deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in den Niederlanden bzw. einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, die in Deutschland nur geringfügig beschäftigt sind, haben nach den nationalen Rechtsvorschriften keinen Anspruch auf Erziehungsgeld.
Allerdings verbietet der sowohl in Artikel 48 des EG-Vertrages, als auch in Artikel 7 der VO (EWG) Nr. 1612/68 niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH nicht nur direkte bzw. offene Diskriminierungen auf Grund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verdeckten Formen, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale zu dem gleichen Ergebnis führen (vgl. insbesondere Urteil des EuGH vom 27.11.1997, aaO., Rdnr. 44, mwN). Eine Vorschrift, die nicht objektiv gerechtfertigt ist und in einem angemessenem Verhältnis zum verfolgten Zweck steht, diskriminiert mittelbar oder indirekt, wenn sie sich ihrem Wesen nach eher auf Wanderarbeitnehmer als auf inländische Arbeitnehmer auswirkt. Dies kann auf eine Wohnortvoraussetzung zutreffen, weil deren Erfüllung für inländische Arbeitnehmer einfacher als für Arbeitnehmer anderer Mitgliedstaaten ist. Daher kann ein Mitgliedstaat die Gewährung einer sozialen Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1612/68 nicht alleine davon abhängig machen, dass der Begünstigte seinen Wohnsitz in diesem Staat hat (so Urteil des EuGH in der Rechtssache C-57/96 aaO.). Die Unterscheidung nach dem Wohnsitz des Anspruchstellers im In- oder Ausland ist jedoch dann nicht als verbotene Diskriminierung zu bewerten, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 16.09.1997 in der Rechtssache C-57/96 in Sammlung der Rechtsprechung 1997 S. I-06689, Rdnr. 61 f).
Nach § 1 Artikel 4 BErzGG a.F. ist der Erziehungsgeldanspruch für Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft nicht alleine an den Wohnsitz, sondern vielmehr alternativ auch an ein mehr als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Geltungsbereich des BErzGG geknüpft. Der Grund für die Beschränkung des Erziehungsgeldanspruchs im Ausland lebender EG-Bürger und Grenzgänger auf diejenigen, die eine Mindestzahl von Arbeitsstunden bzw. einen Mindestverdienst in Deutschland haben, ist die Sicherstellung einer ausreichend engen Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt, um die Ausnahme vom Teritorialitätsprinzip zu rechtfertigen. Dieses Regelungsziel hat, wie der Generalanwalt Jacobs bereits in den Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen C-255/94 und C-312/94 (aaO) zutreffend ausgeführt hat, nichts mit einer Diskriminierung zu tun. Dies gilt zur Überzeugung des Senates nicht nur für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, sondern auch für eine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit. Da auch das Gemeinschaftsrecht nicht verlangt, dass die deutsche Familienleistung Erziehungsgeld sämtlichen Angehörigen der EG-Mitgliedsstaaten, gleich wo sie wohnen und wo sie ihren Beschäftigungsort haben, also auch solchen, die keinerlei Verbindung zu Deutschland haben, zu gewähren ist, muss es dem deutschen Gesetzgeber gestattet sein, eine Mindestanbindung an Deutschland als Voraussetzung für den Bezug von Erziehungsgeld zu verlangen. Ist ein solcher Anknüpfungspunkt nicht über den Wohnort gegeben, so lässt er sich nur über eine Beschäftigung in Deutschland herleiten. Die Aufstellung von zeitlichen oder finanziellen Mindestanforderungen für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland ist daher nicht zu beanstanden. Andernfalls würde bereits ein Beschäftigungsverhältnis von lediglich einer Wochenstunde oder gar einer Stunde im Monat zum Anspruch auf volles Erziehungsgeld führen, obwohl kaum Berührungspunkte zum deutschen Rechtsraum bestehen.
Da der Unterscheidung nach dem Wohnsitz in Verbindung mit einem mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnis sachliche Erwägungen zu Grunde liegen, ist diese nicht als verbotene Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts zu werten.
Der Ausschluss der Klägerin vom Erziehungsgeldbezug ist auch im Übrigen weder gemeinschaftswidrig noch verfassungswidrig. Auch insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das zutreffende erstinstanzliche Urteil Bezug.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die Vorschrift des Artikel 234 EGV und die Tatsache, dass die Auslegung von Gemeinschaftsrecht streitentscheidend ist, die Revision zugelassen.
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