L 10 KA 42/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 68/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KA 42/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 68/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.05.2003 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die erstattungsfähigen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Eintragung des Klägers in das Arztregister als Psychologischer Psychotherapeut.

Der 1952 geborene Kläger hat ab 1973 an der Universität C Psychologie studiert; die Diplomprüfung hat er im April 1978 bestanden. Im März 1999 wurde ihm von der Bezirksregierung Düsseldorf die Approbation als Psychologischer Psychotherapeut erteilt. Neben Lehr- und Forschungstätigkeiten hat er seit 1986 in freiberuflicher Tätigkeit psychotherapeutische Behandlungen ohne Beteiligung von Kostenträgern durchgeführt.

Am 31.03.1999 beantragte er die bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychotherapeut, hilfsweise die bedarfsabhängige Zulassung sowie die Eintragung in das Arztregister. Er legte u.a. eine Aufstellung über 60 Behandlungsfälle im Umfang von 2.747 Stunden in Form einer sog. Kurzdokumentation sowie eine Bescheinigung der Ruhr-Universität C vom 18.03.1999 vor, nach der er im Rahmen des Psychologiestudiums Lehrveranstaltungen zur Klinischen Psychologie mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie im Umfang von mehr als 280 Stunden besucht hat. Der Zulassungsausschuss für Ärzte lehnte die bedarfsunabhängige Zulassung mit Beschluss vom 29.04.1999 mit der Begründung ab, es bestehe kein schutzwürdiger Besitzstand, da der Kläger in der Zeit vom 25.06.1994 bis 24.06.1997 keine Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt habe; zudem seien von den 280 Stunden theoretischer Ausbildung während des Studiums nur 25% anzurechnen, so dass 70 Stunden Theorie fehlten. Im Übrigen sei der Antrag nicht fristgerecht.

Im September 1999 beantragte der Kläger die bedarfsabhängige Zulassung und legte ergänzend eine Bescheinigung des Ausbildungsinstituts für Klinische Verhaltenstherapie in NW e.V. vom 02.09.1999 vor, nach der er im August 1999 an insgesamt 38 Unterrichtseinheiten Verhaltenstherapieausbildung teilgenommen hat. Ferner legte er eine Bescheinigung der Akademie für Verhaltenstherapie Köln GmbH vom 09.09.1999 vor; danach hat er im August und September 1999 als Gasthörer 36 Unterrichtseinheiten "Methoden der Selbststeuerung und Selbstmodifikation", "Behandlung von Essstörungen" und "Methoden zur kognitiven Umstrukturierung" besucht.

Mit Bescheid vom 16.12.1999 lehnte die Beklagte (durch den Verwaltungsrat der Kassenärztlichen Vereinigung) den Antrag auf Eintragung in das Arztregister mit der Begründung ab, die dokumentierten Fälle bestünden nur aus Eigenbelegen und Überweisungsbelegen; 14 Fälle seien gar nicht dokumentiert. Es könne nicht geklärt werden, ob es sich um Richtlinienverfahren handele, da fast alle Fälle in Tanztherapie durchgeführt worden seien.

Mit entsprechender Begründung lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte den Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung ab (Beschluss vom 29.02.2000).

Gegen beide Entscheidungen erhob der Kläger Widerspruch; den Widerspruch gegen die Versagung der Eintragung in das Arztregister begründete er nicht. In dem auf bedarfsabhängige Zulassung gerichteten Verfahren trug er vor, der Hinweis auf 14 nicht ordnungsgemäß belegte Fälle gehe fehl, denn er habe Kurzdokumentationen vorgelegt. Auch seien Tätigkeiten im Richtlinienverfahren nachgewiesen; seine Methode der Tanztherapie bestehe darin, dass die besonderen Vorzüge von Tanz als körperlich und künstlerisches Medium in einem Schema von Verhaltenstherapie begriffen, beschrieben und angewandt werde.

Der Berufungsausschuss für Ärzte (Beschluss vom 06.09.2000) lehnte den Antrag auf bedarfsabhängige Zulassung wegen fehlender Arztregistereintragung ab.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die eine Arztregistereintragung ablehnende Entscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001 unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid vom 16.12.1999 zurück.

Mit seiner gegen die Entscheidungen der Beklagten gerichteten Klage vom 27.02.2001 hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, bei der von ihm angewandten Therapie handele es sich um eine Form der Verhaltenstherapie, die das Mittel des Tanzes einsetze, nicht aber um eine eigene Therapierichtung. Er habe in seiner Aufstellung über die psychotherapeutische Berufstätigkeit auch die tiefenpsychologisch fundierte Therapie angekreuzt, weil er entsprechend der modernen Verhaltenstherapie in verstärktem Maß auch Aspekte der tiefenpsychologisch fundierten Therapie integriert habe. Dies entspreche der heutigen Verhaltenstherapie. Im Übrigen habe er die ansonsten erforderlichen Nachweise erbracht. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, erneut die Aussagekraft der Bescheinigungen von Ausbildungsinstituten in Frage zu stellen, die bereits die Approbationsbehörde geprüft habe.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn als Psychologischen Psychotherapeuten für das Verfahren Verhaltenstherapie in das Arztregister einzutragen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Fachkundenachweis sei nicht erbracht. Der Kläger habe lediglich eine Bescheinigung der Universität C über die Teilnahme an Lehrveranstaltungen im Rahmen des Studiums vorgelegt. Die erforderliche theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren könne aber nur durch Bescheinigungen anerkannter Ausbildungsinstitute nachgewiesen werden. Im Übrigen komme eine Berücksichtigung von Lehrveranstaltungen im Rahmen des Studiums nicht in Betracht; dies wäre mit dem Zweck des Fachkundenachweises, die Fähigkeit zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung in den anerkannten Behandlungsverfahren unter Beachtung krankenversicherungsrechtlicher Vorgaben der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, nicht zu vereinbaren. Ferner sei die erforderliche Behandlungstätigkeit nicht nachgewiesen. Die vorgelegte Aufstellung über psychotherapeutische Berufstätigkeit ohne Kostenträgerbeteiligung in 60 Behandlungsfällen sei keine ausreichende Dokumentation; aus der Aufstellung gehe auch nicht eindeutig hervor, um welche Richtlinienverfahren es sich gehandelt habe. Der Kläger habe die durchgeführten Behandlungen sowohl als verhaltenstherapeutisch als auch tiefenpsychologisch fundiert eingeordnet. Hinzu komme, dass es sich nach den Unterlagen bei den Behandlungen um "Tanztherapie" und damit nicht um ein Richtlinienverfahren gehandelt habe.

Das Sozialgericht Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 28.05.2003 stattgegeben. Es hat u. a. ausgeführt, dass die Prüfungsbefugnis der Beklagten darauf beschränkt sei, ob die bereits von der Approbationsbehörde akzeptierten 60 dokumentierten und abgeschlossenen Behandlungsfälle sowie die abgeleisteten mindestens 140 Stunden theoretische Ausbildung dem Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie zuzuordnen sind. Hieran bestehe kein Zweifel; bei der vom Kläger geschilderten Behandlungstätigkeit handele es sich - unter Einbeziehung der Sachkunde der ehrenamtlichen Richter - eindeutig um eine verhaltenstherapeutische Technik. Dass die bescheinigte theoretische Ausbildung in klinischer Psychologie mit dem Schwerpunkt Verhaltenstherapie dem Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie zuzuordnen sei, stehe außer Frage.

Gegen das am 21.08.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.09.2003 Berufung eingelegt und ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft. Sie ist insbesondere der Auffassung, dass die nach § 12 Abs. 3 S. 2 Psychotherapeutengesetz (PsychThG) geforderte theoretische Ausbildung postgraduell durchgeführt worden sein müsse, so dass die Ausbildung im Rahmen des Psychologiestudiums nicht berücksichtigt werden könne. Auch die übrigen 74 Theoriestunden seien unabhängig davon, dass die Stundenzahl nicht ausreichend sei, nicht zu berücksichtigen, da sie nicht bis zum 31.12.1998 erbracht wurden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.05.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verweist nochmals auf die nach seiner Auffassung eingeschränkte Prüfungskompetenz der Beklagten und ist der Ansicht, die Frage, ob er die theoretische Ausbildung während des Studiums erworben habe, sei kein spezifisches Problem der Fachkunde. Es sei nicht vorstellbar, dass Kenntnisse und Fertigkeiten gerade auf dem Gebiet der Verhaltenstherapie nur nach dem Erwerb eines Diploms erlangt werden können. 1973 bis 1977 sei eine Ausbildung im Bereich der Verhaltenstherapie in Deutschland nur an der Universität C möglich gewesen. Bei der nachfolgenden Entwicklung der Ausbildungsgänge in klinischer Psychologie habe gerade die Universität C eine wesentliche Rolle gespielt. Dies zeige, dass die in C in den Siebzigerjahren gebotene Ausbildung der späteren Weiterbildung mehr als gleichwertig gewesen sei. Wenn die Dokumentation der 60 Behandlungsfälle nicht ausreichend sei, könne er diese ergänzen. Bei der Behandlung habe er die Methode der Verhaltenstherapie abgewandt; es seien im therapeutischen Ansatz lediglich auch Elemente der Tiefenpsychologie eingebaut worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen Approbationsakte Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, den Kläger in das Arztregister einzutragen.

Nach § 95 c Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) setzt die Eintragung in das Arztregister bei Psychotherapeuten die Approbation als Psychotherapeut nach § 2 oder § 12 PsychThG und den Fachkundenachweis voraus. Der Fachkundenachweis ist nach Satz 2 Nr. 3 der Vorschrift für den - wie hier - nach § 12 des PsychThG approbierten Psychotherapeuten dadurch zu führen, dass er die für eine Approbation geforderte Qualifikation, Weiterbildung oder Behandlungsstunden, Behandlungsfälle und die theoretische Ausbildung in einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V anerkannten Behandlungsverfahren nachweist. Daran fehlt es. Der Kläger hat den Nachweis von "mindestens 140 Stunden theoretischer Ausbildung in wissenschaftlich anerkannten Verfahren" (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 PsychThG) bzw. von "mindestens 140 Stunden theoretischer Ausbildung in dem Gebiet, in dem sie beschäftigt sind" (§ 12 Abs. 4 Satz 2 PsychThG) nicht erbracht.

Die von der Universität C bescheinigte Teilnahme an mehr als 280 Stunden Lehrveranstaltungen zur Klinischen Psychologie mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie während des Psychologiestudiums ist nicht zu berücksichtigen; denn die in § 12 Abs. 3 bzw. 4 PsychThG geforderte theoretische Ausbildung muss postgraduell durchgeführt worden sein. Zwar ist der Zeitpunkt der theoretischen Ausbildung weder in § 95 c SGB V noch in § 12 PsychThG geregelt. Das wird in der Literatur als Hinweis dafür gewertet, dass auch eine entsprechende theoretische Ausbildung (Richtlinienverfahren) im Studium anrechenbar ist (Plagemann/Niggehoff, Vertragsarztrecht, 2. Auflage, Rn. 123; Pulverich, Psychotherapeutengesetz, Komm., 3. Aufl., S. 125; Redecker, "Gutachterliche Äußerung zu Auslegungsfragen der Übergangsvorschriften im Psychotherapeutengesetz"; Behnsen, Die Neuordnung der psychotherapeutischen Versorgung, SGb 12/98, Seite 565ff, 568; SG Köln, Urteil vom 03.05.2000 - S 19 KA 86/99 -). Indes lässt das Fehlen einer zeitlichen Regelung lediglich den Schluss zu, dass die theoretische Ausbildung weiter zurückliegen kann und für sie die für die psychotherapeutische Berufstätigkeit und Behandlungen im Gesetz vorgesehenen Zeiträume nicht gelten. Dass die im Sinne des § 12 Abs. 3 und 4 PsychThG geforderte theoretische Ausbildung auch schon im Rahmen des Studiums erfolgt sein kann, lässt sich daraus jedoch nicht herleiten. Aus den Strukturen der ärztlichen und psychotherapeutischen Weiterbildung folgt vielmehr, dass die theoretische Ausbildung während des Studiums nicht geeignet ist, den geforderten Theorienachweis zu erbringen. Ein Psychotherapeut, der die Approbation nach § 2 Abs. 1 PsychThG erwerben will, muss nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden haben. In der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-AprV) vom 18. Dezember 1998 (BGBl I S. 3749 ff.) wird hierzu in § 7 Abs. 2 näher bestimmt, dass zur Prüfung u.a. nur zugelassen wird, wer den Nachweis über die bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie nachweisen und die Bescheinigung nach § 1 Abs. 4 PsychTh-AprV über eine erfolgreiche Teilnahme an - praktischen und theoretischen - Ausbildungsveranstaltungen zum Psychologischen Psychotherapeuten vorlegen kann. Aus dieser Vorschrift folgt, dass sämtliche Theorienachweise für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach dem Studium - postgraduell - erworben sein müssen. Die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten erfordert also neben dem bestandenen Studium eine sich daran anschließende Weiterbildung. Dies steht in Übereinstimmung mit dem ärztlichen Weiterbildungsrecht, das die Qualifikation zum Facharzt und zum Führen von Schwerpunktbezeichnungen ebenfalls nur auf Grund einer postuniversitären Weiterbildung zulässt. Dass bezüglich der durch die Übergangsregelungen des § 12 PsychThG approbierten bzw. zugelassenen Psychotherapeuten von diesem Grundsatz abgewichen werden soll, ist den Übergangsregelungen nicht zu entnehmen (so zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.01.2002 - L 5 KA 288/01 -; gegen eine Berücksichtigung universitärer Ausbildung auch: Senatsurteil vom 10.03.2004 - L 10 KA 35/03 -; SG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.1999 - S 27 KA 3702/99 ER -; BayLSG, Beschluss vom 26.10.2000 - L 12 B 205/00 KA ER -; offengelassen vom BayLSG, Urteil vom 12.11.2003 - L 12 KA 2/02 -).

Dafür, dass eine theoretische Ausbildung vor Abschluss des Studiums nicht anrechenbar ist, sprechen auch die Formulierungen in § 12 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 PsychThG. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 PsychThG erhalten Personen mit einer Abschlussprüfung im Psychologiestudium an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule unter bestimmten Voraussetzungen eine Approbation zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten. Dass diese Voraussetzungen zusätzlich zu den in Abs. 3 Satz 1 genannten Anforderungen erfüllt sein müssen, wird durch die Formulierung "ferner" in § 12 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 PsychThG zum Ausdruck gebracht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in § 12 Abs. 3 Satz 3 bzw. Abs. 4 Satz 3 PsychThG hinsichtlich der an eine theoretische Ausbildung zu stellenden Voraussetzungen die Forderung "ferner" nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Beide Regelungen, die Alternativfälle für eine Approbation erfassen, beziehen sich vielmehr auf die vorangestellten Regelungen in § 12 Abs. 3 Satz 2 bzw. Abs. 4 Satz 2 PsychThG und treten bei Fehlen der einzelnen dort benannten Voraussetzungen an deren Stelle; der erste Halbsatz des § 12 Abs. 3 Satz 2 bzw. 4 Satz 2 PsychThG ("ferner") wird durch den jeweiligen Satz 3 nicht aufgehoben.

Auch den Gesetzesmaterialien zum PsychThG lässt sich nicht der Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass die während des Studiums absolvierte theoretische Ausbildung anrechenbar ist. Zwar heißt es in der Begründung im Gesetzentwurf der CDU/CSU und FDP (BT-Drucksache 13/8035 Seite 20), dass vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeleistete Stunden theoretischer Ausbildung unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Ableistung anzurechnen sind. Gleichzeitig wird aber von in den Absätzen 3 und 4 des § 12 PsychTHG enthaltenen abgestuften Übergangsregelungen gesprochen, die je nach Dauer der Berufstätigkeit und Ableistung einer gegebenenfalls erforderlichen qualifizierten Nachschulung den Zugang zum Beruf eröffnen. Ferner lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber, der für den neu geschaffenen Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten einen Universitätsabschluss im Fach Psychologie und eine darauf aufbauende Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten voraussetzt (§ 5 PsychThG), für die Übergangsregelung (Berufstätigkeit und ggf. erforderliche qualifizierte Nachschulung) einen mindestens gleichwertigen qualitativen Standard gewährleisten wollte. Die Berücksichtigung von Theoriestunden während des Studiums wäre deshalb mit dem Zweck des Fachkundenachweises, nämlich im Sinne eines Nachweises über die Tätigkeit, die Versicherten in den in der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannten Behandlungsverfahren unter Beachtung des Gebots der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu behandeln, nicht vereinbar (BT-Drucksache 13/8035 Seite 22; 13/91212, Seite 54; s. auch Urteil des SG Dortmund vom 09.01.2001 - S 26 KA 117/00 - in MedR 2001, 328ff; Urteil des SG Düsseldorf vom 17.03.2004 - S 2 KA 20/02 -; Senatsurteil vom 10.03.2004 - L 10 KA 35/03 - ).

Die Prüfungskompetenz der Beklagten ist auch nicht - wie der Kläger anführt - soweit eingeschränkt, dass sie die von der Universität C bescheinigte Ausbildung zwingend als theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren zugrunde legen muss.

Der Nachweis der Fachkunde ist nicht bereits durch die Approbation geführt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) haben insoweit vielmehr ein eigenständiges, wenn auch begrenztes Prüfungsrecht. Eigenständig zu prüfen haben sie, ob die bereits gegenüber der Approbationsbehörde erbrachten Nachweise einem Richtlinienverfahren zuzuordnen sind. Dagegen besteht ihre Aufgabe nicht darin, erneut die Richtigkeit und Aussagekraft der Bescheinigungen von Ausbildungsinstituten in Frage zu stellen, die die Approbationsbehörde bereits überprüft hat (BSG, Urteile vom 06.11.2002 - B 6 KA 37/01 R - in SozR 3-2500 § 95c Nr. 1 - sowie B 6 KA 38/01 R, Urteil vom 05.02.2003 - B 6 KA 42/02 R -). Dies beruht auf der Kompetenzverteilung zwischen Approbationsbehörde einerseits und Arztregisterstelle andererseits, von der abzuweichen weder für die Eintragung in das Arztregister noch für die Zulassung von Psychotherapeuten ein Anlass besteht. Diese formal zur Frage der Behandlungsstunden ergangene Rechtsprechung ist uneingeschränkt auf sämtliche im Rahmen der Approbation und für die Fachkunde erforderlichen Nachweise, einschließlich der Theoriestunden, zu übertragen. Die den KVen verbliebene eigenständige Prüfungskompetenz hinsichtlich der in § 12 PsychThG geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen beschränkt sich somit im Wesentlichen auf die Feststellung, ob die in § 12 Abs. 3 Satz 3 bzw. 4 PsychThG festgelegte erforderlichen Fall- bzw. Stundenzahlen nachgewiesen sind, und, wenn das der Fall ist, ob die Behandlungen bzw. die theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren erfolgt ist (BSG, Urteil vom 06.11.2002 - B 6 KA 37/01 R -, a.a.O.).

Davon ausgehend obliegt der Beklagten die Prüfung, ob mindestens 140 Stunden theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren erfolgt sind. Wenn die Beklagte aber hierzu befugt ist, muss sie - zwangsläufig - zuvor prüfen, ob die bescheinigten Ausbildungsstunden der theoretischen Ausbildung zugeordnet werden können. Erst anschließend kann sie prüfen, ob diese Stunden in einem Richtlinienverfahren absolviert worden sind. Davon zu unterscheiden ist die inhaltliche Überprüfung der Bescheinigung, also der Umstand, dass der Kläger "an mehr als 280 Stunden Lehrveranstaltungen zur Klinischen Psychologie mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie" teilgenommen hat. Insoweit ist es nicht Aufgabe der Beklagten, erneut die Richtigkeit und Aussagekraft dieser Bescheinigung in Frage zu stellen (soweit es nicht um die Zuordnung zu einem Richtlinienverfahren geht).

Soweit der Kläger weitere Bescheinigungen des Ausbildungsinstituts für Klinische Verhaltenstherapie in NW e.V. über 38 Unterrichtseinheiten und der Akademie für Verhaltenstherapie Köln GmbH über 36 Unterrichtseinheiten vorgelegt hat, kann dahingestellt bleiben, ob diese als theoretische Ausbildung in einem Richtlinienverfahren zu berücksichtigen sind (zum zeitlichen Faktor s. Urteil des Senats vom 12.11.2003 - L 10 KA 82/02 -). 140 Stunden theoretische Ausbildung werden damit selbst dann nicht erreicht, wenn entgegen der Auffassung des Senats entsprechend dem Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 18.08.1998 an die KVen der Länder (abgedruckt bei Behnsen/Bernhardt, Psychotherapeutengesetz, 1999, Anhang 14) pauschal 25 Theoriestunden aus dem Studium anzuerkennen sind.

Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 01.01.1989 bis 31.12.1998 überhaupt an der Versorgung von Versicherten einer Krankenkasse mitgewirkt hat oder ob seine Leistungen während dieser Zeit von einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung vergütet oder von der Beihilfe als beihilfefähig anerkannt worden sind (§ 12 Abs. 3 Satz 1 PsychThG) oder ob er als Angestellter oder Beamter in einer psychiatrischen, psychotherapeutischen, psychosomatischen oder neurologischen Einrichtung vorwiegend psychotherapeutisch tätig war oder hauptberuflich psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt hat (§ 12 Abs. 4 Satz 1 PsychThG) oder ob er als sog. Privatbehandler in verfassungskonformer Auslegung wie ein Erstattungs- bzw. Delegationspsychotherapeut behandelt werden muss (s. dazu Pulverich, aaO, S. 117). Ebenso ist der Frage nicht weiter nachzugehen, ob die Dokumentation der 60 Behandlungsfälle ausreicht, eine Behandlung in einem Richtlinienverfahren nachzuweisen bzw. ob die von dem Kläger vorgetragene Behandlungsmethode "Tanztherapie" einem Richtlinienverfahren zuzuordnen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung.

Die Revision war zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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