Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 306/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 18/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 3/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.03.2003 geändert. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 28.06.2001 und vom 26.11.2001 verurteilt, der Klägerin Verletztengeld ab 01.05.2000 unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes ausgehend von der Vergütungsgruppe KR1 für Mitarbeiter im Pflegedienst der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden im Übrigen zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob das der Klägerin gewährte Verletztengeld wegen einer Berufsausbildung im Sinne von § 90 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) neu festzusetzen ist.
Die am 00.00.1947 geborene Klägerin absolvierte eine Lehre als Metzgereiverkäuferin, war danach als Verkäuferin und zwischenzeitlich selbständig in einer Imbissbude tätig. Zuletzt arbeitete sie als Spielhallenaufsicht. Zum 31.12.1998 wurde sie arbeitslos.
Ab 11.05.1999 nahm die Klägerin an der Maßnahme "Qualifizierung zur Hauspflegehelferin" teil, die sie bedingt durch einen Unfall am 05.01.2000 vorzeitig beendete (Teilnahmebescheinigung vom 12.04.2000). Die für den Zeitraum vom 10.05.1999 bis 14.04.2000 bei dem Katholischen Jugendbildungswerk J vorgesehene Maßnahme umfasste 3 Unterrichtsblöcke mit täglichem Unterricht von 08:15 Uhr bis 14:15 Uhr. Die Unterrichtsinhalte im pflegerischen, hauswirtschaftlichen, allgemeinbildenden und sozialpädagogischen Bereich wurden von Fachkräften entsprechend einem Lehrplan mit Themen- und Zeitvorgaben vermittelt. Neben einem Urlaub von 22 Tagen in den Schulferien absolvierten die Teilnehmer 4 Praktikumsphasen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden und regelmäßig donnerstags begleitendem Unterricht für 7 Unterrichtsstunden von 08:15 Uhr bis 14:15 Uhr. Ziel der vom Arbeitsamt C geförderten und als "Vollzeitmaßnahme" bezeichneten Qualifizierungsmaßnahme war, Frauen ohne Ausbildung oder Arbeit verbesserte Chancen für den Berufseinstieg und die Integration bzw. Rückführung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen u.a. durch Qualifizierung für die Tätigkeit der Hauspflegehelferin, Erwerben von Schlüsselqualifikationen zur Berufsausübung allgemein sowie insbesondere für hauswirtschaftliche und pflegerische Berufe sowie verbesserte Allgemeinbildung. Teilnehmerinnen, die sich für den Pflegeberuf interessierten, sollten Grundqualifikationen und Erfahrungen erlangen, die ihnen bei der weiteren Verfolgung einer entsprechenden Ausbildung dienlich seien. Während der Maßnahme erhielten die Teilnehmerinnen Unterstützung, Begleitung und Hilfestellung durch eine sozialpädagogische Fachkraft. Während der Praxisphasen waren überwiegend Tätigkeiten unter Anleitung vorgesehen. Als Qualifikationsnachweis erhielten die Teilnehmerinnen nach einer trägerinternen Zwischen- und Abschlussprüfung ein differenziertes Zeugnis mit Auflistung der Unterrichtsinhalte, persönlicher Leistungsbewertung in den einzelnen Fächern sowie Beschreibung und Bewertung des Arbeitseinsatzes in den Praxisstellen.
Am 09.12.1999 erlitt die Klägerin auf dem Weg zum Unterricht einen Unfall. Beim Überqueren einer Straße auf dem Weg zur Bildungsstätte wurde sie von einem Pkw erfasst und zog sich eine laterale Schenkelhalsfraktur rechts zu. Anschließend war sie arbeitsunfähig und bezog von der Beklagten Verletztengeld auf Grundlage des vom Arbeitsamt gezahlten Unterhaltsgeldes nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 437,98 DM. Die Beklagte bat die AOK, das Verletztengeld "ggf. mit der entsprechenden Anpassung ab 16.04.2000" an die Klägerin auszuzahlen (12.04.2000). Die AOK Westfalen-Lippe rechnete Erstattungsansprüche ab (29.03., 25.04., 19.05., 21.06. und 18.07.2000). Das Arbeitsamt C teilte mit, die Klägerin hätte ab 22.06.2000 Anspruch auf höheres Unterhaltsgeld gehabt (09.08.2000). Daraufhin legte die AOK Westfalen-Lippe ab 22.06.2000 ein entsprechend höheres Ursprungs-Regelentgelt zugrunde und zahlte Verletztengeld in Höhe von 36,50 DM statt 29,96 DM (06.09.2000). Das Verletztengeld wurde auf Bitten der Beklagten über den 06.06.2001 hinausgezahlt. Das Arbeitsamt korrigierte seine Auskunft (02.07. und 24.07.2001). Die AOK Westfalen-Lippe bat um Mitteilung, wie mit der Überzahlung zu verfahren sei und gewährte weiterhin Verletztengeld nach einem Regellohn von 68,83 DM. Die Beklagte beendete die Verletztengeldzahlung mit dem 24.11.2001 (Bescheid vom 21.11.2001) gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII. Die Klägerin erhielt Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der LVA Westfalen ab 25.11.2001 (Bescheid vom 14.11.2001).
Im Mai 2000 bat die Klägerin um Überprüfung und Anpassung des Verletztengeldes. Der Pflegedienst "E" bescheinigte ihr, sie habe nach "der schulischen Maßnahme als Hauspflegehelferin eine reelle Chance auf Einstellung" in den Pflegedienst gehabt (10.04.2000). Das Katholische Jugendbildungswerk J teilte mit, voraussichtlich hätte die Klägerin die Maßnahme mit Erfolg abgeschlossen, bei Eignung und Bewährung habe sie die mündliche Zusage auf Übernahme in ein Anstellungsverhältnis gehabt (31.08.2000). Die Klägerin bat nochmals um Verletztengelderhöhung ab fiktiven Ende der Maßnahme am 14.04.2000 und übersandte den "Fortbildungsvertrag" zu der Qualifizierungsmaßnahme vom 10.05.1999. Demnach sollte die Teilnehmerin mit der Fortbildung in der Maßnahme Kenntnisse und Fertigkeiten für eine Tätigkeit als Hauspflegehelferin erwerben und damit ihre berufliche Beweglichkeit verbessern. Nach dem ebenfalls vorgelegten Praktikumsvertrag (18.06.1999) sollte das Praktikum im L-Haus die beim Bildungsträger erworbenen bzw. bereits vorhandenen Kenntnisse und Fertigkeiten durch praktische Arbeitsaufgaben ergänzen und vertiefen.
Die Beklagte holte telefonisch Auskünfte beim Arbeitsamt ein (13.09.2000). Demnach sei die Qualifizierungsmaßnahme als "Teil-/Berufsausbildung" zu bewerten, es handele sich nicht um eine Weiterbildung im Sinne der Fortbildung in einem bereits erlernten Beruf; nach Teilnahme an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme würden die Teilnehmer in der Regel eine Gehaltsstufe höher als ungelernte Kräfte eingestuft.
Nach Erinnerung hinsichtlich der Verletztengelderhöhung ging die Beklagte intern davon aus, "unter Würdigung der Gesamtumstände" sei "eine berufliche Ausbildung anzunehmen" (Entscheidungsvorschlag vom 10.10.2000 und Einverständniserklärung des ABL vom 07.11.2000).
Die Klägerin bat nochmals um Berechnung des Verletztengeldes nach dem tatsächlich erzielbaren Einkommen und legte dazu Lohnabrechnungen weiterer Kursteilnehmerinnen vor (02.11.2000). In Anfragen an den Pflegedienst "E", das L-Haus und die X Kranken- und Seniorenpflege teilte die Beklagte diesen mit, der Unfall der Klägerin habe sich "während der Schul-/Berufsausbildung ereignet". Die Entgeltersatzleistung sei "deshalb für die Zeit nach der Beendigung der Ausbildung neu zu berechnen". Das L-Haus konnte keine Angaben dazu machen, wieviel eine Hauspflegehelferin verdienen würde (30.11.2000). Die X Kranken- und Seniorenpflege in H teilte mit, es bestehe keine tarifvertragliche Regelung. Das in ihrem Betrieb gezahlte Entgelt betrage brutto 2.800,00 DM monatlich. Lohnsteuerfreie Zuschläge würden durchschnittlich in Höhe von 13,50 DM pro Stunde gezahlt. Sonderzuwendungen würden in Höhe von 3.064,00 DM jährlich gezahlt, jeweils betreffend den Zeitraum ab 15.04.2000. Der Pflegedienst "E" gab an, es bestehe keine tarifvertragliche Regelung. Die Klägerin hätte bei ihr ab 15.04.2000 2.502,50 DM sowie lohnsteuerfreie Zuschläge von 100,00 DM monatlich sowie als Sonderzuwendung Weihnachtsgeld zu 100 % eventuell anteilig erhalten (06. und 18.12.2000). Die X Kranken- und Seniorenpflege-Ambulanz GmbH erklärte auf nochmalige Anfrage der Beklagten, die von ihr erteilten Auskünfte seien zutreffend und bezögen sich auf eine Haushaltspflegehelferin mit abgeschlossener Ausbildung (06.04.2001). Auf nochmalige Anfrage (02.04.2001) teilte der Caritasverband für den Kreis H e.V. mit, bei ihr hätte die Klägerin ab 15.04.2000 monatlich 3.763,17 DM zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten; diese Angaben beruhten auf dem Tarifvertrag "AVR" in der ab 01.08.2000 gültigen Fassung (04.04. und 16.05.2001). Auf Nachfrage der Beklagten korrigierte der Caritasverband seine Auskunft. Die X Kranken- und Seniorenpflege-Ambulanz GmbH teilte auf Anfrage der Beklagten mit, Änderungen ergäben sich nicht und die lohnsteuerfreien Zuschläge von 13,50 DM stündlich seien nicht für Berufsanfänger (08.06.2001).
Die Bevollmächtigten der Klägerin benachrichtigte die Beklagte davon, dass sie die für die Neuberechnung des Verletztengeldes erforderlichen Angaben bislang nicht habe zusammentragen können. Sie habe 2 der 3 Vergleichsunternehmen wegen Unstimmigkeiten erneut anschreiben müssen. Ohne diese Angaben sei eine Neufeststellung nicht möglich (05.06.2001). Die Beklagte vermerkte über Telefonate mit der Caritas und der X Kranken- und Seniorenpflege, dort unterscheide man zwischen examinierten Kräften, angelernten Hilfskräften mit 1-jähriger Ausbildung und Prüfung durch eine staatliche Einrichtung sowie ungelernte Kräfte. Die von der Klägerin begonnene Qualifizierungsmaßnahme werde nicht als "kleines Examen" anerkannt und folglich eine Einstufung wie bei einer ungelernten Kraft vorgenommen, bei der Caritas nach KR 1 und 6 Jahren später nach KR 2 (18.06.2001). Sie errechnete aus den Angaben der angeschriebenen Unternehmen ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 39.911,45 DM jährlich und 3.325,95 DM monatlich, erwog intern die Anwendung von § 87 SGB VII analog für die Verletztengeldberechnung, verwarf dies mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke und verneinte mangels eines zu erwartenden Mehrverdienstes die Anwendung von § 47 Abs. 8 SGB VII in Verbindung mit § 90 SGB VII intern. Gegenüber der Klägerin lehnte sie eine Erhöhung des Verletztengeldes "für die Zeit ab 20.04.2000" ab (Bescheid vom 28.06.2001). Voraussetzung für die Erhöhung sei, dass die Ausbildung nach der Beendigung zu einem Höherverdienst gegenüber einer ungelernten Kraft führe. Dies sei nach ihren Ermittlungen nicht der Fall.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, nach den tariflichen Entgeltbestimmungen hätte sie ein erhöhtes Entgelt beanspruchen und auch erzielen können, dass der Berechnung des Verletztengeldes zugrunde zu legen sei. Auf weitere Anfragen der Beklagten (28.06. und 23.08.2001) erteilte die AOK Westfalen-Lippe weitere Auskünfte und übersandte die der Verletztengeldberechnung zugrunde liegenden Unterlagen (30.07. und 27.08.2001). Die Beklagte wies den Rechtsbehelf zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.11.2001). Es sei fraglich, ob die Qualifizierungsmaßnahme überhaupt die Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne von § 90 SGB VII erfüllt habe. Diese Frage sei aber nicht ausschlaggebend. Maßgeblich sei vielmehr, dass durch die Kursteilnahme nach den eingeholten Auskünften eine Höhergruppierung und damit verbunden ein Mehrverdienst nicht habe erreicht werden können.
Mit der am 18.12.2001 erhobenen Klage hat die Klägerin weiter vorgetragen, bei der Berechnung des Verletztengeldes sei ein erhöhtes Entgelt in Ansatz zu bringen. Dies ergebe sich aus der angestrebten Tätigkeit als Hauspflegehelferin, für die sie die betreffende Qualifikation mit Sicherheit erreicht und die Tätigkeit danach auch ausgeübt hätte.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 zu verurteilen, ihr ab dem 15.04.2000 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Monatseinkommens von 3.325,94 DM nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten und sich durch das Ergebnis der Ermittlungen des Sozialgerichts (SG) bestätigt gesehen.
Das SG hat Auskünfte der Bundesanstalt für Arbeit (22.07. und 19.12.2002) eingeholt, die Klägerin in einem Erörterungstermin gehört und Herrn M als beim Arbeitsamt C zuständigen Arbeitsvermittler für den Bereich der Pflegeberufe vernommen. Es hat die Akten des Arbeitsamtes C beigezogen und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 verurteilt, der Klägerin ab dem 15.04.2000 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Monatseinkommens von 3.325,94 DM zu gewähren (Urteil vom 25.03.2003, zugestellt am 08.04.2003).
Mit der am 07.05.2003 eingelegten Berufung vertritt die Beklagte die Auffassung, die Qualifizierungsmaßnahme zur Hauspflegehelferin stelle keine Berufsausbildung dar. Sie sei keine typischerweise notwendige bzw. unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit im Krankenhaus-/Pflegebereich. Allenfalls sei sie nützlich zur Verbesserung der Vermittelbarkeit. Die Maßnahme habe nur Grundqualifikationen und Erfahrungen vermitteln sollen. Im Vordergrund der Maßnahme habe das Ziel gestanden, die Chancen auf einen Berufseinstieg zu verbessern. Es handele sich folglich nur um eine nützliche, wünschenswerte bzw. förderliche Maßnahme zur Integration bzw. Rückführung in den Arbeitsmarkt. Dafür spreche auch, dass nach Abschluss der Teilnahme an einer solchen Maßnahme die Entlohnung nach den Maßstäben einer ungelernten Kraft erfolge, eine Ausbildung demgegenüber mehr Unterrichtsstunden beinhalte und bei einer 1-jährigen Ausbildung lediglich die Praktikumszeit angerechnet werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.03.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.03.2003 zu ändern und der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28.06.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes nach der Tarifgruppe KR 1 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass sie nach Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme besser verdient hätte.
Das Gericht hat eine Auskunft des Katholischen Jugendbildungswerkes J (30.07.2003) eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen sind teilweise begründet.
Streitgegenstand ist die Frage, ob und ggf. ab wann und in welcher Höhe eine Neufestsetzung des der Gewährung von Verletztengeld zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes gemäß §§ 47 Abs. 8, 90 Abs. 1 SGB VII zu erfolgen hat und deshalb höheres Verletztengeld zu zahlen ist (vgl. zum eingeschränkten Streitgegenstand BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B 2 U 28/01 R -).
Insoweit hat das SG die Beklagte dem Grunde nach zu Recht verurteilt, höheres Verletztengeld zu zahlen. Insoweit ist die Klägerin durch die angefochtenen Bescheide vom 28.06. und 26.11.2001 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn sie hat Anspruch auf höheres Verletztengeld und Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes. Jedoch besteht dieser Anspruch erst ab dem 01.05.2000 und ist der Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes eine tarifliche Regelung zugrunde zu legen.
Berechnungsgrundlage für das der Klägerin aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 09.12.1999 dem Grunde nach unstreitig zustehende Verletztengeld ist gemäß § 47 Abs. 1 SGB VII grundsätzlich das aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Arbeitseinkommens zu berechnende Regelentgelt. Eine Ausnahme gilt gemäß § 47 Abs. 8 SGB VII in Verbindung mit § 90 Abs. 1 SGB VII u.a. dann, wenn der Versicherungsfall während einer Schul- oder Berufsausbildung des Versicherten eintritt. In einem solchen Fall wird nach § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn es für den Versicherten günstiger ist, der Jahresarbeitsverdienst von dem Zeitpunkt an neu festgesetzt, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre. Der Neufestsetzung wird das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist. Besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort des Versicherten gilt (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). § 90 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen dem am 01.01.1997 außer Kraft getretenen § 573 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO). Nach der Zweckbestimmung des § 90 Abs. 1 SGB VII sollen Personen, die schon während der Ausbildung für einen Beruf einen Arbeitsunfall erleiden und deshalb im Jahre vor dem Unfall regelmäßig noch nicht das volle Arbeitsentgelt erzielt haben, zur Vermeidung von Härten geschützt und so gestellt werden, als hätten sie den Unfall nach der voraussichtlichen Beendigung der Berufsausbildung erlitten. Dabei genügt der zeitliche Zusammenhang mit der Ausbildung (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 07.11.2000 - B 2 U 31/99 R -).
Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist ein eigenständiger Begriff, bei dem die Abgrenzung einer beruflichen Bildungsmaßnahme nicht einheitlich für alle Rechtsgebiete erfolgen kann. Es kann daher nicht ohne Weiteres auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung einerseits und Fortbildung andererseits zurückgegriffen werden, wie sie zu anderen sozialversicherungsrechtlichen Normen - z.B. aus dem AFG bzw. SGB III - vorgenommen wird (vgl. zu § 573 RVO: BSG, Urteil vom 05.08.1993 - 2 RU 24/92 -, SozR 3 - 2200 § 573 Nr. 2). Der Begriff der Berufsausbildung ist dabei aus dieser Vorschrift selbst auszulegen. Andererseits finden aber auch die für die Gewährung von Waisenrente bei Schul- und Berufsausbildung in der Rentenversicherung der Arbeiter entwickelten Grundsätze Anwendung. Berufsausbildung im Sinne dieser Norm ist nicht nur eine herkömmliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (vgl. zu § 573 Abs. 1 RVO: Urteil des BSG vom 04.12.1991 - 2 RU 69/90 -).
Der Wortlaut des Gesetzes umfasst auch eine solche Ausbildung, die sowohl Elemente der Schulausbildung als auch solche der Berufsausbildung in sich vereinigt. Nach Auffassung des Senats gebietet der Zweck des Gesetzes - was das BSG zu § 1267 RVO dargelegt hat und auch auf § 90 SGB VII übertragbar ist - eine nicht zu enge Interpretation (vgl. zu § 1267 RVO BSG, Urteil vom 20.02.1975 - 4 RJ 17/74 -, SozR 2200 § 1267 RVO Nr. 9). Ebenfalls übertragbar ist die Rechtsprechung zu § 1267 RVO insofern, als dass eine Berufsausbildung den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten erfasst, die für die Ausübung des Berufes notwendig sind, sofern es für eine bestimmte berufliche Tätigkeit keinen vorgeschriebenen oder doch wenigstens von den beteiligten Kreisen allgemein anerkannten oder üblichen Ausbildungsweg gibt.
Nach Überzeugung des Senats befand sich die Klägerin zur Zeit des Versicherungsfalls am 09.12.1999 in diesem Sinne in Berufsausbildung. Für die Tätigkeit als Hauspflegehelferin gibt es keinen vorgeschriebenen, allgemein anerkannten oder üblichen Ausbildungsweg. Die Klägerin sollte mit der Qualifizierungsmaßnahme notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen, um den Beruf als Hauspflegehelferin ausüben zu können. Dabei ist es ohne maßgebliche Bedeutung, dass in den Unterlagen des Arbeitsamtes von einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme die Rede ist. Zwar zählt eine berufliche Weiterbildung grundsätzlich nicht zur Berufsausbildung im Sinne von § 90 SGB VII (vgl. LSG NRW, Urteil vom 20.12.1995 - L 17 U 252/95 - mit weiteren Nachweisen; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 90 Rdnr. 4 mit weiteren Nachweisen; Keller in Hauck/Heines SGB VII, § 90 Rdnr. 9; Ricke in Kasseler Kommentar, § 90 Rdnr. 4; Dahm in Lauterbach, SGB VII, § 90 Rdnr. 10). Jedoch kann nicht ohne Weiteres auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung einerseits und Fortbildung andererseits zurückgegriffen werden, wie sie zu anderen sozialversicherungsrechtlichen Normen - z.B. aus dem AFG oder dem SGB III - vorgenommen wird. Insbesondere ist im Arbeitsförderungsrecht eine Ausbildung in Abgrenzung zur Fortbildung oder Umschulung nur die erste zu einem beruflichen Abschluss führende Bildungsmaßnahme (vgl. Brackmann, a.a.O., § 90 Rdnr. 12). Unschädlich ist deshalb, dass die Klägerin bereits früher eine Lehre absolviert hatte. Sie wollte sich nicht in dem Beruf als Metzgereiverkäuferin weiter qualifizieren, sondern eine völlig andere Tätigkeit aufnehmen, die sie zuvor nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung ist, welches Berufsziel der Verletzte zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls angestrebt hat (BSG SozR 3 - 2200 § 573 Nr. 2; Brackmann, a.a.O., § 90 Rdnr. 13). Für die Klägerin war dies die Tätigkeit als Hauspflegehelferin. Die Ausbildung sollte dazu dienen, diesen Beruf gegen Entgelt auszuüben. Sie nahm die Arbeitskraft und Arbeitszeit der Klägerin als Vollzeitmaßnahme ausschließlich oder überwiegend in Anspruch und machte es ihr deshalb unmöglich, außerhalb der für die Ausbildung erforderlichen Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.03.1973 - 8/2 RU 137/72 -; Brackmann, § 90 Rdnr. 16).
Zutreffend hat das SG dazu im angefochtenen Urteil bereits ausgeführt, dass die Qualifizierungsmaßnahme planmäßig ausgestaltet war und sich an einem bestimmten Ausbildungsziel orientierte, die Dauer der Ausbildung von vorherein fest - und nicht im Belieben der Teilnehmer stand sowie Fachkräfte als Ausbilder tätig waren. Indizwirkung kommt auch der Zahlung von Unterhaltsgeld durch das Arbeitsamt zu. Letztlich steht dies auch in Übereinstimmung mit der telefonischen geäußerten Auffassung des Arbeitsamtes C, die Qualifizierung zur Hauspflegehelferin sei als "Teil-/Berufsausbildung" zu werten. Zutreffend hat das SG im übrigen dargelegt, dass es ohne maßgebliche Bedeutung ist, ob die Klägerin durch die Qualifizierungsmaßnahme mehr verdient hätte als eine ungelernte Kraft. Entscheidend ist vielmehr das zu erwartende höhere Entgelt nach fiktiver Beendigung der Maßnahme gegenüber dem der vorherigen Berechnung des Verletztengeldes zugrunde liegenden Entgelt.
Auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (28.02.2003 - L 1 U 3822/02 -) kann sich die Beklagte demgegenüber nicht mit Erfolg berufen. Dieses Gericht hatte einen anderen Sachverhalt zu beurteilen. Es ist vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne eines Diplomanden- oder Praktikantenvertrages ausgegangen und hat deshalb ein Berufsausbildungsverhältnis verneint.
Allerdings hat das SG die Beklagte zu Unrecht verurteilt, ab dem 15.04.2000 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Monatseinkommens von DM 3.325,94 zu gewähren.
Die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes nach § 90 Abs. 1 SGB VII wird entsprechend der Regelung in § 73 Abs. 1 SGB VII zum Ende des Monats wirksam, in dem die Schul- oder Berufsausbildung beendet worden wäre (vgl. Brackmann, § 90 Rdnr. 18; Keller, a.a.O., § 90 Rdnr.10; Ricke, a.a.O., § 90 Rdnr. 5). Dementsprechend war das Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten zu ändern und der Beginn auf den 01.05.2000 zu legen.
Entgegen der Auffassung des SG ist das Verletztengeld nicht unter Zugrundelegung eines auf Basis des von der Beklagten errechneten durchschnittlichen Jahreseinkommens ermittelten Monatseinkommen zu gewähren. Die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes richtet sich nach der gesetzlichen Neufassung in § 90 SGB VII vorrangig nach den tariflichen Regelungen (vgl. Burchardt in Brackmann, § 90 Rdnr. 23). Maßgeblich ist der am Stichtag geltende Tarifvertrag. Grundsätzlich ist auch ein Haustarifvertrag zugrunde zu legen (Keller, a.a.O., § 90 Rdnr. 11; Dahm, a.a.O., § 90 Rdnr. 20).
Demnach ist das tarifliche Entgelt auch dann zu berücksichtigen, wenn der maßgebliche Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden ist und der Unfallbetrieb nicht einem Arbeitgeberverband angehört. Jahressonderzuwendungen werden berücksichtigt, wenn sie altersbezogen gewährt werden (Bereiter-Hahn, § 90, Rdnr. 9, 19). Heranzuziehen ist die jeweils übliche Anfangsposition (Fricke, a.a.O., § 90 Rdnr. 7 mit weiteren Nachweisen). Mit den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritas-Verbandes (AVR) besteht entsprechend den der Beklagten erteilten Auskünften des Caritas-Verbandes eine in diesem Sinne vorrangige tarifliche Regelung. Entsprechend diesen Auskünften wäre die Klägerin zutreffend zunächst in die Vergütungsgruppe "Kr1" eingestuft worden, die Mitarbeiter/innen in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung (z.B. Pflegehelfer/in) erfasst. Insoweit war das Urteil des SG auf die Berufung der Klägerin zu ändern.
Im übrigen waren die Berufungen aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus den früheren Schreiben der Beklagten oder deren internen Vermerken. Zusicherungen im Sinne von § 34 SGB X sind darin nicht zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob das der Klägerin gewährte Verletztengeld wegen einer Berufsausbildung im Sinne von § 90 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) neu festzusetzen ist.
Die am 00.00.1947 geborene Klägerin absolvierte eine Lehre als Metzgereiverkäuferin, war danach als Verkäuferin und zwischenzeitlich selbständig in einer Imbissbude tätig. Zuletzt arbeitete sie als Spielhallenaufsicht. Zum 31.12.1998 wurde sie arbeitslos.
Ab 11.05.1999 nahm die Klägerin an der Maßnahme "Qualifizierung zur Hauspflegehelferin" teil, die sie bedingt durch einen Unfall am 05.01.2000 vorzeitig beendete (Teilnahmebescheinigung vom 12.04.2000). Die für den Zeitraum vom 10.05.1999 bis 14.04.2000 bei dem Katholischen Jugendbildungswerk J vorgesehene Maßnahme umfasste 3 Unterrichtsblöcke mit täglichem Unterricht von 08:15 Uhr bis 14:15 Uhr. Die Unterrichtsinhalte im pflegerischen, hauswirtschaftlichen, allgemeinbildenden und sozialpädagogischen Bereich wurden von Fachkräften entsprechend einem Lehrplan mit Themen- und Zeitvorgaben vermittelt. Neben einem Urlaub von 22 Tagen in den Schulferien absolvierten die Teilnehmer 4 Praktikumsphasen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden und regelmäßig donnerstags begleitendem Unterricht für 7 Unterrichtsstunden von 08:15 Uhr bis 14:15 Uhr. Ziel der vom Arbeitsamt C geförderten und als "Vollzeitmaßnahme" bezeichneten Qualifizierungsmaßnahme war, Frauen ohne Ausbildung oder Arbeit verbesserte Chancen für den Berufseinstieg und die Integration bzw. Rückführung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen u.a. durch Qualifizierung für die Tätigkeit der Hauspflegehelferin, Erwerben von Schlüsselqualifikationen zur Berufsausübung allgemein sowie insbesondere für hauswirtschaftliche und pflegerische Berufe sowie verbesserte Allgemeinbildung. Teilnehmerinnen, die sich für den Pflegeberuf interessierten, sollten Grundqualifikationen und Erfahrungen erlangen, die ihnen bei der weiteren Verfolgung einer entsprechenden Ausbildung dienlich seien. Während der Maßnahme erhielten die Teilnehmerinnen Unterstützung, Begleitung und Hilfestellung durch eine sozialpädagogische Fachkraft. Während der Praxisphasen waren überwiegend Tätigkeiten unter Anleitung vorgesehen. Als Qualifikationsnachweis erhielten die Teilnehmerinnen nach einer trägerinternen Zwischen- und Abschlussprüfung ein differenziertes Zeugnis mit Auflistung der Unterrichtsinhalte, persönlicher Leistungsbewertung in den einzelnen Fächern sowie Beschreibung und Bewertung des Arbeitseinsatzes in den Praxisstellen.
Am 09.12.1999 erlitt die Klägerin auf dem Weg zum Unterricht einen Unfall. Beim Überqueren einer Straße auf dem Weg zur Bildungsstätte wurde sie von einem Pkw erfasst und zog sich eine laterale Schenkelhalsfraktur rechts zu. Anschließend war sie arbeitsunfähig und bezog von der Beklagten Verletztengeld auf Grundlage des vom Arbeitsamt gezahlten Unterhaltsgeldes nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 437,98 DM. Die Beklagte bat die AOK, das Verletztengeld "ggf. mit der entsprechenden Anpassung ab 16.04.2000" an die Klägerin auszuzahlen (12.04.2000). Die AOK Westfalen-Lippe rechnete Erstattungsansprüche ab (29.03., 25.04., 19.05., 21.06. und 18.07.2000). Das Arbeitsamt C teilte mit, die Klägerin hätte ab 22.06.2000 Anspruch auf höheres Unterhaltsgeld gehabt (09.08.2000). Daraufhin legte die AOK Westfalen-Lippe ab 22.06.2000 ein entsprechend höheres Ursprungs-Regelentgelt zugrunde und zahlte Verletztengeld in Höhe von 36,50 DM statt 29,96 DM (06.09.2000). Das Verletztengeld wurde auf Bitten der Beklagten über den 06.06.2001 hinausgezahlt. Das Arbeitsamt korrigierte seine Auskunft (02.07. und 24.07.2001). Die AOK Westfalen-Lippe bat um Mitteilung, wie mit der Überzahlung zu verfahren sei und gewährte weiterhin Verletztengeld nach einem Regellohn von 68,83 DM. Die Beklagte beendete die Verletztengeldzahlung mit dem 24.11.2001 (Bescheid vom 21.11.2001) gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII. Die Klägerin erhielt Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der LVA Westfalen ab 25.11.2001 (Bescheid vom 14.11.2001).
Im Mai 2000 bat die Klägerin um Überprüfung und Anpassung des Verletztengeldes. Der Pflegedienst "E" bescheinigte ihr, sie habe nach "der schulischen Maßnahme als Hauspflegehelferin eine reelle Chance auf Einstellung" in den Pflegedienst gehabt (10.04.2000). Das Katholische Jugendbildungswerk J teilte mit, voraussichtlich hätte die Klägerin die Maßnahme mit Erfolg abgeschlossen, bei Eignung und Bewährung habe sie die mündliche Zusage auf Übernahme in ein Anstellungsverhältnis gehabt (31.08.2000). Die Klägerin bat nochmals um Verletztengelderhöhung ab fiktiven Ende der Maßnahme am 14.04.2000 und übersandte den "Fortbildungsvertrag" zu der Qualifizierungsmaßnahme vom 10.05.1999. Demnach sollte die Teilnehmerin mit der Fortbildung in der Maßnahme Kenntnisse und Fertigkeiten für eine Tätigkeit als Hauspflegehelferin erwerben und damit ihre berufliche Beweglichkeit verbessern. Nach dem ebenfalls vorgelegten Praktikumsvertrag (18.06.1999) sollte das Praktikum im L-Haus die beim Bildungsträger erworbenen bzw. bereits vorhandenen Kenntnisse und Fertigkeiten durch praktische Arbeitsaufgaben ergänzen und vertiefen.
Die Beklagte holte telefonisch Auskünfte beim Arbeitsamt ein (13.09.2000). Demnach sei die Qualifizierungsmaßnahme als "Teil-/Berufsausbildung" zu bewerten, es handele sich nicht um eine Weiterbildung im Sinne der Fortbildung in einem bereits erlernten Beruf; nach Teilnahme an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme würden die Teilnehmer in der Regel eine Gehaltsstufe höher als ungelernte Kräfte eingestuft.
Nach Erinnerung hinsichtlich der Verletztengelderhöhung ging die Beklagte intern davon aus, "unter Würdigung der Gesamtumstände" sei "eine berufliche Ausbildung anzunehmen" (Entscheidungsvorschlag vom 10.10.2000 und Einverständniserklärung des ABL vom 07.11.2000).
Die Klägerin bat nochmals um Berechnung des Verletztengeldes nach dem tatsächlich erzielbaren Einkommen und legte dazu Lohnabrechnungen weiterer Kursteilnehmerinnen vor (02.11.2000). In Anfragen an den Pflegedienst "E", das L-Haus und die X Kranken- und Seniorenpflege teilte die Beklagte diesen mit, der Unfall der Klägerin habe sich "während der Schul-/Berufsausbildung ereignet". Die Entgeltersatzleistung sei "deshalb für die Zeit nach der Beendigung der Ausbildung neu zu berechnen". Das L-Haus konnte keine Angaben dazu machen, wieviel eine Hauspflegehelferin verdienen würde (30.11.2000). Die X Kranken- und Seniorenpflege in H teilte mit, es bestehe keine tarifvertragliche Regelung. Das in ihrem Betrieb gezahlte Entgelt betrage brutto 2.800,00 DM monatlich. Lohnsteuerfreie Zuschläge würden durchschnittlich in Höhe von 13,50 DM pro Stunde gezahlt. Sonderzuwendungen würden in Höhe von 3.064,00 DM jährlich gezahlt, jeweils betreffend den Zeitraum ab 15.04.2000. Der Pflegedienst "E" gab an, es bestehe keine tarifvertragliche Regelung. Die Klägerin hätte bei ihr ab 15.04.2000 2.502,50 DM sowie lohnsteuerfreie Zuschläge von 100,00 DM monatlich sowie als Sonderzuwendung Weihnachtsgeld zu 100 % eventuell anteilig erhalten (06. und 18.12.2000). Die X Kranken- und Seniorenpflege-Ambulanz GmbH erklärte auf nochmalige Anfrage der Beklagten, die von ihr erteilten Auskünfte seien zutreffend und bezögen sich auf eine Haushaltspflegehelferin mit abgeschlossener Ausbildung (06.04.2001). Auf nochmalige Anfrage (02.04.2001) teilte der Caritasverband für den Kreis H e.V. mit, bei ihr hätte die Klägerin ab 15.04.2000 monatlich 3.763,17 DM zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten; diese Angaben beruhten auf dem Tarifvertrag "AVR" in der ab 01.08.2000 gültigen Fassung (04.04. und 16.05.2001). Auf Nachfrage der Beklagten korrigierte der Caritasverband seine Auskunft. Die X Kranken- und Seniorenpflege-Ambulanz GmbH teilte auf Anfrage der Beklagten mit, Änderungen ergäben sich nicht und die lohnsteuerfreien Zuschläge von 13,50 DM stündlich seien nicht für Berufsanfänger (08.06.2001).
Die Bevollmächtigten der Klägerin benachrichtigte die Beklagte davon, dass sie die für die Neuberechnung des Verletztengeldes erforderlichen Angaben bislang nicht habe zusammentragen können. Sie habe 2 der 3 Vergleichsunternehmen wegen Unstimmigkeiten erneut anschreiben müssen. Ohne diese Angaben sei eine Neufeststellung nicht möglich (05.06.2001). Die Beklagte vermerkte über Telefonate mit der Caritas und der X Kranken- und Seniorenpflege, dort unterscheide man zwischen examinierten Kräften, angelernten Hilfskräften mit 1-jähriger Ausbildung und Prüfung durch eine staatliche Einrichtung sowie ungelernte Kräfte. Die von der Klägerin begonnene Qualifizierungsmaßnahme werde nicht als "kleines Examen" anerkannt und folglich eine Einstufung wie bei einer ungelernten Kraft vorgenommen, bei der Caritas nach KR 1 und 6 Jahren später nach KR 2 (18.06.2001). Sie errechnete aus den Angaben der angeschriebenen Unternehmen ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 39.911,45 DM jährlich und 3.325,95 DM monatlich, erwog intern die Anwendung von § 87 SGB VII analog für die Verletztengeldberechnung, verwarf dies mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke und verneinte mangels eines zu erwartenden Mehrverdienstes die Anwendung von § 47 Abs. 8 SGB VII in Verbindung mit § 90 SGB VII intern. Gegenüber der Klägerin lehnte sie eine Erhöhung des Verletztengeldes "für die Zeit ab 20.04.2000" ab (Bescheid vom 28.06.2001). Voraussetzung für die Erhöhung sei, dass die Ausbildung nach der Beendigung zu einem Höherverdienst gegenüber einer ungelernten Kraft führe. Dies sei nach ihren Ermittlungen nicht der Fall.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, nach den tariflichen Entgeltbestimmungen hätte sie ein erhöhtes Entgelt beanspruchen und auch erzielen können, dass der Berechnung des Verletztengeldes zugrunde zu legen sei. Auf weitere Anfragen der Beklagten (28.06. und 23.08.2001) erteilte die AOK Westfalen-Lippe weitere Auskünfte und übersandte die der Verletztengeldberechnung zugrunde liegenden Unterlagen (30.07. und 27.08.2001). Die Beklagte wies den Rechtsbehelf zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.11.2001). Es sei fraglich, ob die Qualifizierungsmaßnahme überhaupt die Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne von § 90 SGB VII erfüllt habe. Diese Frage sei aber nicht ausschlaggebend. Maßgeblich sei vielmehr, dass durch die Kursteilnahme nach den eingeholten Auskünften eine Höhergruppierung und damit verbunden ein Mehrverdienst nicht habe erreicht werden können.
Mit der am 18.12.2001 erhobenen Klage hat die Klägerin weiter vorgetragen, bei der Berechnung des Verletztengeldes sei ein erhöhtes Entgelt in Ansatz zu bringen. Dies ergebe sich aus der angestrebten Tätigkeit als Hauspflegehelferin, für die sie die betreffende Qualifikation mit Sicherheit erreicht und die Tätigkeit danach auch ausgeübt hätte.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 zu verurteilen, ihr ab dem 15.04.2000 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Monatseinkommens von 3.325,94 DM nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten und sich durch das Ergebnis der Ermittlungen des Sozialgerichts (SG) bestätigt gesehen.
Das SG hat Auskünfte der Bundesanstalt für Arbeit (22.07. und 19.12.2002) eingeholt, die Klägerin in einem Erörterungstermin gehört und Herrn M als beim Arbeitsamt C zuständigen Arbeitsvermittler für den Bereich der Pflegeberufe vernommen. Es hat die Akten des Arbeitsamtes C beigezogen und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 verurteilt, der Klägerin ab dem 15.04.2000 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Monatseinkommens von 3.325,94 DM zu gewähren (Urteil vom 25.03.2003, zugestellt am 08.04.2003).
Mit der am 07.05.2003 eingelegten Berufung vertritt die Beklagte die Auffassung, die Qualifizierungsmaßnahme zur Hauspflegehelferin stelle keine Berufsausbildung dar. Sie sei keine typischerweise notwendige bzw. unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit im Krankenhaus-/Pflegebereich. Allenfalls sei sie nützlich zur Verbesserung der Vermittelbarkeit. Die Maßnahme habe nur Grundqualifikationen und Erfahrungen vermitteln sollen. Im Vordergrund der Maßnahme habe das Ziel gestanden, die Chancen auf einen Berufseinstieg zu verbessern. Es handele sich folglich nur um eine nützliche, wünschenswerte bzw. förderliche Maßnahme zur Integration bzw. Rückführung in den Arbeitsmarkt. Dafür spreche auch, dass nach Abschluss der Teilnahme an einer solchen Maßnahme die Entlohnung nach den Maßstäben einer ungelernten Kraft erfolge, eine Ausbildung demgegenüber mehr Unterrichtsstunden beinhalte und bei einer 1-jährigen Ausbildung lediglich die Praktikumszeit angerechnet werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.03.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.03.2003 zu ändern und der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28.06.2001 und des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes nach der Tarifgruppe KR 1 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass sie nach Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme besser verdient hätte.
Das Gericht hat eine Auskunft des Katholischen Jugendbildungswerkes J (30.07.2003) eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen sind teilweise begründet.
Streitgegenstand ist die Frage, ob und ggf. ab wann und in welcher Höhe eine Neufestsetzung des der Gewährung von Verletztengeld zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes gemäß §§ 47 Abs. 8, 90 Abs. 1 SGB VII zu erfolgen hat und deshalb höheres Verletztengeld zu zahlen ist (vgl. zum eingeschränkten Streitgegenstand BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B 2 U 28/01 R -).
Insoweit hat das SG die Beklagte dem Grunde nach zu Recht verurteilt, höheres Verletztengeld zu zahlen. Insoweit ist die Klägerin durch die angefochtenen Bescheide vom 28.06. und 26.11.2001 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn sie hat Anspruch auf höheres Verletztengeld und Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes. Jedoch besteht dieser Anspruch erst ab dem 01.05.2000 und ist der Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes eine tarifliche Regelung zugrunde zu legen.
Berechnungsgrundlage für das der Klägerin aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 09.12.1999 dem Grunde nach unstreitig zustehende Verletztengeld ist gemäß § 47 Abs. 1 SGB VII grundsätzlich das aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Arbeitseinkommens zu berechnende Regelentgelt. Eine Ausnahme gilt gemäß § 47 Abs. 8 SGB VII in Verbindung mit § 90 Abs. 1 SGB VII u.a. dann, wenn der Versicherungsfall während einer Schul- oder Berufsausbildung des Versicherten eintritt. In einem solchen Fall wird nach § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn es für den Versicherten günstiger ist, der Jahresarbeitsverdienst von dem Zeitpunkt an neu festgesetzt, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre. Der Neufestsetzung wird das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen ist. Besteht keine tarifliche Regelung, ist das Arbeitsentgelt maßgebend, das für derartige Tätigkeiten am Beschäftigungsort des Versicherten gilt (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). § 90 Abs. 1 SGB VII entspricht im Wesentlichen dem am 01.01.1997 außer Kraft getretenen § 573 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO). Nach der Zweckbestimmung des § 90 Abs. 1 SGB VII sollen Personen, die schon während der Ausbildung für einen Beruf einen Arbeitsunfall erleiden und deshalb im Jahre vor dem Unfall regelmäßig noch nicht das volle Arbeitsentgelt erzielt haben, zur Vermeidung von Härten geschützt und so gestellt werden, als hätten sie den Unfall nach der voraussichtlichen Beendigung der Berufsausbildung erlitten. Dabei genügt der zeitliche Zusammenhang mit der Ausbildung (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 07.11.2000 - B 2 U 31/99 R -).
Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist ein eigenständiger Begriff, bei dem die Abgrenzung einer beruflichen Bildungsmaßnahme nicht einheitlich für alle Rechtsgebiete erfolgen kann. Es kann daher nicht ohne Weiteres auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung einerseits und Fortbildung andererseits zurückgegriffen werden, wie sie zu anderen sozialversicherungsrechtlichen Normen - z.B. aus dem AFG bzw. SGB III - vorgenommen wird (vgl. zu § 573 RVO: BSG, Urteil vom 05.08.1993 - 2 RU 24/92 -, SozR 3 - 2200 § 573 Nr. 2). Der Begriff der Berufsausbildung ist dabei aus dieser Vorschrift selbst auszulegen. Andererseits finden aber auch die für die Gewährung von Waisenrente bei Schul- und Berufsausbildung in der Rentenversicherung der Arbeiter entwickelten Grundsätze Anwendung. Berufsausbildung im Sinne dieser Norm ist nicht nur eine herkömmliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (vgl. zu § 573 Abs. 1 RVO: Urteil des BSG vom 04.12.1991 - 2 RU 69/90 -).
Der Wortlaut des Gesetzes umfasst auch eine solche Ausbildung, die sowohl Elemente der Schulausbildung als auch solche der Berufsausbildung in sich vereinigt. Nach Auffassung des Senats gebietet der Zweck des Gesetzes - was das BSG zu § 1267 RVO dargelegt hat und auch auf § 90 SGB VII übertragbar ist - eine nicht zu enge Interpretation (vgl. zu § 1267 RVO BSG, Urteil vom 20.02.1975 - 4 RJ 17/74 -, SozR 2200 § 1267 RVO Nr. 9). Ebenfalls übertragbar ist die Rechtsprechung zu § 1267 RVO insofern, als dass eine Berufsausbildung den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten erfasst, die für die Ausübung des Berufes notwendig sind, sofern es für eine bestimmte berufliche Tätigkeit keinen vorgeschriebenen oder doch wenigstens von den beteiligten Kreisen allgemein anerkannten oder üblichen Ausbildungsweg gibt.
Nach Überzeugung des Senats befand sich die Klägerin zur Zeit des Versicherungsfalls am 09.12.1999 in diesem Sinne in Berufsausbildung. Für die Tätigkeit als Hauspflegehelferin gibt es keinen vorgeschriebenen, allgemein anerkannten oder üblichen Ausbildungsweg. Die Klägerin sollte mit der Qualifizierungsmaßnahme notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen, um den Beruf als Hauspflegehelferin ausüben zu können. Dabei ist es ohne maßgebliche Bedeutung, dass in den Unterlagen des Arbeitsamtes von einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme die Rede ist. Zwar zählt eine berufliche Weiterbildung grundsätzlich nicht zur Berufsausbildung im Sinne von § 90 SGB VII (vgl. LSG NRW, Urteil vom 20.12.1995 - L 17 U 252/95 - mit weiteren Nachweisen; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 90 Rdnr. 4 mit weiteren Nachweisen; Keller in Hauck/Heines SGB VII, § 90 Rdnr. 9; Ricke in Kasseler Kommentar, § 90 Rdnr. 4; Dahm in Lauterbach, SGB VII, § 90 Rdnr. 10). Jedoch kann nicht ohne Weiteres auf die Abgrenzung zwischen Ausbildung einerseits und Fortbildung andererseits zurückgegriffen werden, wie sie zu anderen sozialversicherungsrechtlichen Normen - z.B. aus dem AFG oder dem SGB III - vorgenommen wird. Insbesondere ist im Arbeitsförderungsrecht eine Ausbildung in Abgrenzung zur Fortbildung oder Umschulung nur die erste zu einem beruflichen Abschluss führende Bildungsmaßnahme (vgl. Brackmann, a.a.O., § 90 Rdnr. 12). Unschädlich ist deshalb, dass die Klägerin bereits früher eine Lehre absolviert hatte. Sie wollte sich nicht in dem Beruf als Metzgereiverkäuferin weiter qualifizieren, sondern eine völlig andere Tätigkeit aufnehmen, die sie zuvor nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Wesentlich für den Begriff der Berufsausbildung ist, welches Berufsziel der Verletzte zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls angestrebt hat (BSG SozR 3 - 2200 § 573 Nr. 2; Brackmann, a.a.O., § 90 Rdnr. 13). Für die Klägerin war dies die Tätigkeit als Hauspflegehelferin. Die Ausbildung sollte dazu dienen, diesen Beruf gegen Entgelt auszuüben. Sie nahm die Arbeitskraft und Arbeitszeit der Klägerin als Vollzeitmaßnahme ausschließlich oder überwiegend in Anspruch und machte es ihr deshalb unmöglich, außerhalb der für die Ausbildung erforderlichen Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.03.1973 - 8/2 RU 137/72 -; Brackmann, § 90 Rdnr. 16).
Zutreffend hat das SG dazu im angefochtenen Urteil bereits ausgeführt, dass die Qualifizierungsmaßnahme planmäßig ausgestaltet war und sich an einem bestimmten Ausbildungsziel orientierte, die Dauer der Ausbildung von vorherein fest - und nicht im Belieben der Teilnehmer stand sowie Fachkräfte als Ausbilder tätig waren. Indizwirkung kommt auch der Zahlung von Unterhaltsgeld durch das Arbeitsamt zu. Letztlich steht dies auch in Übereinstimmung mit der telefonischen geäußerten Auffassung des Arbeitsamtes C, die Qualifizierung zur Hauspflegehelferin sei als "Teil-/Berufsausbildung" zu werten. Zutreffend hat das SG im übrigen dargelegt, dass es ohne maßgebliche Bedeutung ist, ob die Klägerin durch die Qualifizierungsmaßnahme mehr verdient hätte als eine ungelernte Kraft. Entscheidend ist vielmehr das zu erwartende höhere Entgelt nach fiktiver Beendigung der Maßnahme gegenüber dem der vorherigen Berechnung des Verletztengeldes zugrunde liegenden Entgelt.
Auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (28.02.2003 - L 1 U 3822/02 -) kann sich die Beklagte demgegenüber nicht mit Erfolg berufen. Dieses Gericht hatte einen anderen Sachverhalt zu beurteilen. Es ist vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne eines Diplomanden- oder Praktikantenvertrages ausgegangen und hat deshalb ein Berufsausbildungsverhältnis verneint.
Allerdings hat das SG die Beklagte zu Unrecht verurteilt, ab dem 15.04.2000 Verletztengeld unter Zugrundelegung eines Monatseinkommens von DM 3.325,94 zu gewähren.
Die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes nach § 90 Abs. 1 SGB VII wird entsprechend der Regelung in § 73 Abs. 1 SGB VII zum Ende des Monats wirksam, in dem die Schul- oder Berufsausbildung beendet worden wäre (vgl. Brackmann, § 90 Rdnr. 18; Keller, a.a.O., § 90 Rdnr.10; Ricke, a.a.O., § 90 Rdnr. 5). Dementsprechend war das Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten zu ändern und der Beginn auf den 01.05.2000 zu legen.
Entgegen der Auffassung des SG ist das Verletztengeld nicht unter Zugrundelegung eines auf Basis des von der Beklagten errechneten durchschnittlichen Jahreseinkommens ermittelten Monatseinkommen zu gewähren. Die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes richtet sich nach der gesetzlichen Neufassung in § 90 SGB VII vorrangig nach den tariflichen Regelungen (vgl. Burchardt in Brackmann, § 90 Rdnr. 23). Maßgeblich ist der am Stichtag geltende Tarifvertrag. Grundsätzlich ist auch ein Haustarifvertrag zugrunde zu legen (Keller, a.a.O., § 90 Rdnr. 11; Dahm, a.a.O., § 90 Rdnr. 20).
Demnach ist das tarifliche Entgelt auch dann zu berücksichtigen, wenn der maßgebliche Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden ist und der Unfallbetrieb nicht einem Arbeitgeberverband angehört. Jahressonderzuwendungen werden berücksichtigt, wenn sie altersbezogen gewährt werden (Bereiter-Hahn, § 90, Rdnr. 9, 19). Heranzuziehen ist die jeweils übliche Anfangsposition (Fricke, a.a.O., § 90 Rdnr. 7 mit weiteren Nachweisen). Mit den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritas-Verbandes (AVR) besteht entsprechend den der Beklagten erteilten Auskünften des Caritas-Verbandes eine in diesem Sinne vorrangige tarifliche Regelung. Entsprechend diesen Auskünften wäre die Klägerin zutreffend zunächst in die Vergütungsgruppe "Kr1" eingestuft worden, die Mitarbeiter/innen in der Pflege ohne entsprechende Ausbildung (z.B. Pflegehelfer/in) erfasst. Insoweit war das Urteil des SG auf die Berufung der Klägerin zu ändern.
Im übrigen waren die Berufungen aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus den früheren Schreiben der Beklagten oder deren internen Vermerken. Zusicherungen im Sinne von § 34 SGB X sind darin nicht zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
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