Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 274/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 verurteilt, der Klägerin eine bariatrische Operation (Magenbypass) als Sachleistung zu gewähren.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einer bariatrischen Operation (Magenbypass) als Sachleistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt.
Bei der im Jahr 1956 geborene Klägerin bestand eine drittgradige Adipositas permagna, ihr Body Mass Index (BMI) lag bei etwa 44 Punkten (Körpergröße 180 cm, Gewicht 142 kg).
Sie beantragte mit Schreiben vom 12. März 2015 am 13. März 2015 die Übernahme der Kosten für einen Magenbypass. Hierzu legte sie eine ärztliche Stellungnahme des Klinikums X-Stadt vor. Die Beklagte holte daraufhin zu dem Antrag weitere Informationen bei der Klägerin und behandelnden Ärzten ein. Unter dem 8. April 2015 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) den Antrag auf einer Kostenübernahme für einen Magenbypass begutachten müsse. Mit einem weiteren Schreiben vom 15. April 2015 wurde die Klägerin zu einem Begutachtungstermin am 23. April beim MDK in Frankfurt geladen. Der MDK teilte der Beklagten noch am 23. April 2015 mit, dass einer Kostenübernahme für die beantragte Magenbypassoperation nicht empfohlen werde. Das Gutachten des MDK vom 28 April 2015 erhielt die Beklagte am 30. April 2015. Dort wurde ausgeführt, dass die nach den S3-Leitlinien erforderliche konservative Behandlung bislang nicht stattgefunden habe bzw. die bislang durchgeführten Diäten nicht den nach der genannten Leitlinie erforderlichen Qualitätskriterien entsprochen hätten.
Mit Bescheid vom 30. April 2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung wurde auf das Gutachten des MDK verwiesen und angeführt, dass danach eine medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht gegeben sei, da bislang keine hinreichende konservative Adipositasbehandlung stattgefunden habe.
Hiergegen legte die Klägerin durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten am 18. Mai 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Antrag nach § 13 Abs. 3a SGB V als genehmigt gelte. Diese Rechtsfolge sei eingetreten, nachdem die Beklagte erst am 30. April 2015 über den Antrag entschieden habe und zuvor eine Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V nicht erfolgt sei. Für die Übersendung einer Kostenübernahmeerklärung wurde eine Frist bis zum 8. Juni 2015 gesetzt.
Die Klägerin hat durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2015 Klage erhoben, zunächst mit dem Antrag auf Feststellung, dass der Antrag der Klägerin als Sachleistung als genehmigt gilt. Der unter dem 12. März 2015 gestellte Antrag sei erst am 30. April 2015 beschieden worden. Daher habe die Beklagte die Fünfwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1, 2. Alt. SGB V nicht eingehalten. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an die Klägerin, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne sei entgegen der Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V nicht erfolgt. Daher trete die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ein. Mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion sei das Antragsverfahren in der Hauptsache erledigt. Es verbleibe nur noch das Feststellungsinteresse. Mit der Genehmigungsfiktion bestehe ein Anspruch auf Sachleistung. Mit Ablauf der Fristen sei der geltend gemachte Anspruch von der angegangenen Krankenkasse ohne weitere Prüfung zu erfüllen.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wurden die Ausführungen des Ausgangsbescheides wiederholt und vertieft sowie im Übrigen angeführt, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a SGB V nicht bestehe. Diese Vorschrift begründe einen Anspruch auf Kostenerstattung für medizinisch notwendige und bereits selbstbeschaffte Leistungen, wenn die Krankenkasse ohne hinreichenden Grund nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist entschieden habe. Die Krankenkassen sollten hierdurch angehalten werden, das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen und die zeitnah medizinisch notwendige Förderung sicherzustellen. Eine Bewilligung medizinisch nicht erforderlicher Leistungen resultiere hieraus jedoch nicht.
Nach Erlass des Widerspruchsbescheides hat die Klägerin durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten die Klage in eine Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt und die Gewährung der Sachleistung unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheides beantragt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 zu verurteilen, ihr eine bariatrische Operation (Magenbypass) als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ist angeführt worden, dass es sich bei der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V um eine Kostenerstattungsregelung handele, da diese Vorschrift in die Rechtsnorm des § 13 SGB V eingefügt worden sei. Hieraus folge, dass sich die Klägerin, wenn sie nach § 13 Absatz 3a SGB V vorgehen wolle, zunächst die begehrte Leistung auf eigene Kosten beschaffen und im Anschluss die ihr entstandenen Kosten im Erstattungswege bei der Beklagten geltend machen müsse. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin besser gestellt werden sollte als ein Versicherter, der nach den Vorschriften des § 13 Abs. 3 Alt. 1 oder 2 SGB V ein Kostenerstattungsanspruch geltend macht. Auch ein solche Versicherter trage das Kostenrisiko, welches sich daraus ergebe, dass er zunächst in Vorleistung treten müsse, ohne sicher sein zu können, dass später das Vorliegen eines Notfalls oder einer rechtswidrigen Leistungsablehnung bestätigt wird. Auch diesem Versicherten werde von der Rechtsordnung nicht das Recht eingeräumt, zunächst gerichtlich feststellen zu lassen, ob ein Notfall bzw. eine rechtswidrige Leistungsablehnung vorliege, um dann den Weg der Selbstbeschaffung mit anschließender Kostenerstattung risikolos beschreiten zu können. In gleicher Weise müsse auch von der Klägerin verlangt werden, dass sie zunächst im Wege der Selbstbeschaffung die begehrte Leistung in Anspruch nehme, um anschließend die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a SGB V geltend machen zu können. Dies sei der Klägerin sei sogar noch in größerem Maße zuzumuten als einem nach § 13 Abs. 3 SGB V vorgehenden Versicherten. Der gesetzgeberische Zweck des § 13 Abs. 3a SGB V sei es nämlich gerade nicht, den Versicherten aus rein formalen Gründen (Fristablauf ohne hinreichende Entschuldigung seitens der Krankenkasse) jede beliebige Versicherungsleistung zu verschaffen. Vielmehr liege die gesetzgeberische Zielsetzung in der Sicherstellung eines möglichst beschleunigten Verfahrens, um dem Versicherten medizinisch notwendige Leistung möglichst schnell zur Verfügung zu stellen. Dass der Norm daneben durchaus auch ein Sanktionscharakter gegenüber besonders langsam arbeitenden Krankenkassen innewohne, habe gegenüber dem vorgenannten Zweck nur zweitrangige Bedeutung. Gerade der Zweck der möglichst raschen Leistungsgewährung würde durch die von der Klägerin gewählte Verfahrensweise jedoch konterkariert. Anstatt sich die begehrte Leistung schnell (auf eigene Kosten) zu beschaffen beschreite sie sind Sozialrechtsweg, um zunächst durch ein langwieriges Verfahren klären zu lassen, ob die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V tatsächlich eingetreten sei.
Mit Beschluss vom 17. Mai 2016 hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens angeordnet im Hinblick auf ein bei dem BSG zu § 13 Abs. 3a SGB V unter dem Aktenzeichen B 1 KR 25/15 R anhängiges Verfahren. Nach Verfügbarkeit des Urteils des BSG vom 8. März 2016 in diesem Verfahren ist das Klageverfahren fortgeführt worden, wobei die Beteiligten aufgrund des Urteils keine Veranlassung zur Änderung ihrer Rechtsauffassung gesehen haben.
Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf deren schriftsätzliche Ausführungen und im Übrigen auf die Inhalte der vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere bestehen insofern keine Bedenken in Bezug auf die Umstellung des Feststellungs- in einen Anfechtungs- und Leistungsantrag. Der Übergang von einer Feststellungsklage in eine Anfechtungs- und Leistungsklage stellt bereits gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Klageänderung dar, weil der Klagegrund derselbe ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 99 Rn. 3, 4).
Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid vom 30. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Magenbypass-Operation als Sachleistung.
Der Klägerin steht dieser Anspruch aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zu. Nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V hat die Krankenkasse, wenn sie eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt nach Satz 3 der Vorschrift innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V bestimmt, dass die Krankenkasse, wenn sie die Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten kann, dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mitteilt. Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt. § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V bestimmt, dass die Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet ist, wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen.
Der mit Schreiben der Klägerin vom 12. März 2015 gestellte Antrag, Eingang bei der Beklagten am 13. März 2015 (Freitag), ist erst am 30. April 2015 beschieden worden. Deshalb hat die Beklagte die vorliegend aufgrund der Befassung des MDK geltende Fünfwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1, 2. Alt. SGB V nicht eingehalten. Die Frist begann gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB am Samstag, 14. März 2017, zu laufen (§ 193 BGB gilt für den Fristbeginn nicht) und endete gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB am Freitag, dem 17. April 2015. Die Bescheidung am 30. April 2015 liegt damit außerhalb der Frist. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an die Klägerin, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne, ist entgegen der Vorschrift des § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V nicht ergangen. Daher ist die Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten, wonach die beantragte Leistung nach Ablauf der Frist bei ausgebliebender Mitteilung eines hinreichenden Grundes, weshalb die Frist nicht eingehalten werden kann, als genehmigt gilt. Diese Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V greift entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur ein, wenn sich der Versicherte die begehrte Leistung bereits selbst beschafft hat und Kostenerstattung begehrt. Vielmehr umfasst diese Rechtsfolge auch einen Sachleistungs- bzw. Naturalleistungsanspruch. Die Kammer folgt insofern der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das hierzu im Urteil vom 11. Juli 2017 (B 1 KR 26/16 R, Juris) Folgendes ausgeführt hat:
"Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch. Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 33, RdNr 25). Ausdrücklich regelt das Gesetz, dass wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V). Ohne den nachfolgenden Satz 7 bliebe es allein bei diesem Anspruch. Denn eine KK darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (vgl. § 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (vgl. § 13 Abs. 1 SGB V). Nach dem Regelungssystem entspricht dem Naturalleistungsanspruch der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz (vgl. § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl. zum Ganzen BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 33, RdNr 25; zum Sanktionscharakter Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).
Soweit die Beklagte mit vereinzelten abweichenden Stimmen einen Naturalleistungsanspruch als Rechtsfolge der Genehmigungsfiktion verneint, geht diese Ansicht fehl (einen Naturalleistungsanspruch bejahend z.B. LSG für das Saarland Urteil vom 17.5.2017 - L 2 KR 24/15 - Juris RdNr 34; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.3.2017 - L 1 KR 623/15 - Juris RdNr 26; Bayerisches LSG Urteil vom 12.1.2017 - L 4 KR 37/15 - Juris RdNr 42 ff; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 3.11.2016 - L 5 KR 197/15 - Juris RdNr 18; Bayerisches LSG Urteil vom 28.6.2016 - L 5 KR 323/14 - Juris RdNr 27; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr 25 ff = NZS 2016, 311, und nahezu die gesamte veröffentlichte umfängliche SG-Rspr; einen Naturalleistungsanspruch ablehnend zB Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f; Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr 69 ff, Update-Stand 7.6.2017; zutreffend dagegen Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2017, K § 13 RdNr 58l und 58r; Schifferdecker in Kasseler Komm, Stand März 2017, § 13 RdNr 145). Sie verkennt, dass die ursprüngliche geplante Regelung in Art. 2 Nr. 1 PatRVerbG-Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 17/10488 S 7) unmaßgeblich ist. Der Entwurf sah zunächst lediglich eine Fristsetzung durch den Antragsteller und eine an den Fristablauf gebundene Berechtigung zur Selbstbeschaffung der erforderlichen Leistung vor. Diese Konzeption wurde jedoch durch die vom Ausschuss für Gesundheit (14. Ausschuss) empfohlenen (BT-Drucks 17/11710 S 11), mit § 13 Abs. 3a Satz 5 und 6 SGB V Gesetz gewordenen Änderungen i.S. eines fingierten Verwaltungsakts (Genehmigung) grundlegend geändert. Letztlich will die einen Naturalleistungsanspruch ablehnende Meinung die von ihr als gesetzgeberische Fehlleistung bewertete Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V (vgl. nur Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr 71, Update-Stand 7.6.2017: "missglückte Wortwahl") entgegen dem eindeutigen Wortlaut nicht anwenden. Sie vernachlässigt dabei, dass § 13 Abs. 3a SGB V bewusst abweichend von den sonstigen in § 13 SGB V geregelten Kostenerstattungstatbeständen geregelt ist und sich wie der Erstattungsanspruch (vgl. § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V) nur auf subjektiv "erforderliche" Leistungen erstreckt (vgl. BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25)."
Aus den vorstehenden Gründen kann der gegenteiligen Auffassung der Beklagten, die einen Sachleistungsanspruch von der Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ausnimmt, nicht gefolgt werden. Die Regelung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ist auch auf den Antrag der Klägerin sachlich anwendbar, da dieser Antrag nicht auf eine Geldleistung oder eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, sondern auf eine (stationäre) Krankenbehandlung gerichtet ist (vgl. zu dieser und den nachfolgend genannten Voraussetzungen BSG, a.a.O., Juris Rn. 14 ff.). Der Antrag war auch hinreichend bestimmt – nämlich konkret auf einen Magenbypass bezogen – und betrifft im Übrigen eine Leistung, welche die Klägerin für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Die fiktive Genehmigung der Leistung ist auch nicht nachträglich erloschen. Damit besteht der geltend gemachte Sachleistungsanspruch der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob ein Antrag der Klägerin auf Gewährung einer bariatrischen Operation (Magenbypass) als Sachleistung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gilt.
Bei der im Jahr 1956 geborene Klägerin bestand eine drittgradige Adipositas permagna, ihr Body Mass Index (BMI) lag bei etwa 44 Punkten (Körpergröße 180 cm, Gewicht 142 kg).
Sie beantragte mit Schreiben vom 12. März 2015 am 13. März 2015 die Übernahme der Kosten für einen Magenbypass. Hierzu legte sie eine ärztliche Stellungnahme des Klinikums X-Stadt vor. Die Beklagte holte daraufhin zu dem Antrag weitere Informationen bei der Klägerin und behandelnden Ärzten ein. Unter dem 8. April 2015 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) den Antrag auf einer Kostenübernahme für einen Magenbypass begutachten müsse. Mit einem weiteren Schreiben vom 15. April 2015 wurde die Klägerin zu einem Begutachtungstermin am 23. April beim MDK in Frankfurt geladen. Der MDK teilte der Beklagten noch am 23. April 2015 mit, dass einer Kostenübernahme für die beantragte Magenbypassoperation nicht empfohlen werde. Das Gutachten des MDK vom 28 April 2015 erhielt die Beklagte am 30. April 2015. Dort wurde ausgeführt, dass die nach den S3-Leitlinien erforderliche konservative Behandlung bislang nicht stattgefunden habe bzw. die bislang durchgeführten Diäten nicht den nach der genannten Leitlinie erforderlichen Qualitätskriterien entsprochen hätten.
Mit Bescheid vom 30. April 2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung wurde auf das Gutachten des MDK verwiesen und angeführt, dass danach eine medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht gegeben sei, da bislang keine hinreichende konservative Adipositasbehandlung stattgefunden habe.
Hiergegen legte die Klägerin durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten am 18. Mai 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Antrag nach § 13 Abs. 3a SGB V als genehmigt gelte. Diese Rechtsfolge sei eingetreten, nachdem die Beklagte erst am 30. April 2015 über den Antrag entschieden habe und zuvor eine Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V nicht erfolgt sei. Für die Übersendung einer Kostenübernahmeerklärung wurde eine Frist bis zum 8. Juni 2015 gesetzt.
Die Klägerin hat durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2015 Klage erhoben, zunächst mit dem Antrag auf Feststellung, dass der Antrag der Klägerin als Sachleistung als genehmigt gilt. Der unter dem 12. März 2015 gestellte Antrag sei erst am 30. April 2015 beschieden worden. Daher habe die Beklagte die Fünfwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1, 2. Alt. SGB V nicht eingehalten. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an die Klägerin, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne sei entgegen der Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V nicht erfolgt. Daher trete die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ein. Mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion sei das Antragsverfahren in der Hauptsache erledigt. Es verbleibe nur noch das Feststellungsinteresse. Mit der Genehmigungsfiktion bestehe ein Anspruch auf Sachleistung. Mit Ablauf der Fristen sei der geltend gemachte Anspruch von der angegangenen Krankenkasse ohne weitere Prüfung zu erfüllen.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wurden die Ausführungen des Ausgangsbescheides wiederholt und vertieft sowie im Übrigen angeführt, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a SGB V nicht bestehe. Diese Vorschrift begründe einen Anspruch auf Kostenerstattung für medizinisch notwendige und bereits selbstbeschaffte Leistungen, wenn die Krankenkasse ohne hinreichenden Grund nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist entschieden habe. Die Krankenkassen sollten hierdurch angehalten werden, das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen und die zeitnah medizinisch notwendige Förderung sicherzustellen. Eine Bewilligung medizinisch nicht erforderlicher Leistungen resultiere hieraus jedoch nicht.
Nach Erlass des Widerspruchsbescheides hat die Klägerin durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten die Klage in eine Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt und die Gewährung der Sachleistung unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheides beantragt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 zu verurteilen, ihr eine bariatrische Operation (Magenbypass) als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ist angeführt worden, dass es sich bei der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V um eine Kostenerstattungsregelung handele, da diese Vorschrift in die Rechtsnorm des § 13 SGB V eingefügt worden sei. Hieraus folge, dass sich die Klägerin, wenn sie nach § 13 Absatz 3a SGB V vorgehen wolle, zunächst die begehrte Leistung auf eigene Kosten beschaffen und im Anschluss die ihr entstandenen Kosten im Erstattungswege bei der Beklagten geltend machen müsse. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin besser gestellt werden sollte als ein Versicherter, der nach den Vorschriften des § 13 Abs. 3 Alt. 1 oder 2 SGB V ein Kostenerstattungsanspruch geltend macht. Auch ein solche Versicherter trage das Kostenrisiko, welches sich daraus ergebe, dass er zunächst in Vorleistung treten müsse, ohne sicher sein zu können, dass später das Vorliegen eines Notfalls oder einer rechtswidrigen Leistungsablehnung bestätigt wird. Auch diesem Versicherten werde von der Rechtsordnung nicht das Recht eingeräumt, zunächst gerichtlich feststellen zu lassen, ob ein Notfall bzw. eine rechtswidrige Leistungsablehnung vorliege, um dann den Weg der Selbstbeschaffung mit anschließender Kostenerstattung risikolos beschreiten zu können. In gleicher Weise müsse auch von der Klägerin verlangt werden, dass sie zunächst im Wege der Selbstbeschaffung die begehrte Leistung in Anspruch nehme, um anschließend die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3a SGB V geltend machen zu können. Dies sei der Klägerin sei sogar noch in größerem Maße zuzumuten als einem nach § 13 Abs. 3 SGB V vorgehenden Versicherten. Der gesetzgeberische Zweck des § 13 Abs. 3a SGB V sei es nämlich gerade nicht, den Versicherten aus rein formalen Gründen (Fristablauf ohne hinreichende Entschuldigung seitens der Krankenkasse) jede beliebige Versicherungsleistung zu verschaffen. Vielmehr liege die gesetzgeberische Zielsetzung in der Sicherstellung eines möglichst beschleunigten Verfahrens, um dem Versicherten medizinisch notwendige Leistung möglichst schnell zur Verfügung zu stellen. Dass der Norm daneben durchaus auch ein Sanktionscharakter gegenüber besonders langsam arbeitenden Krankenkassen innewohne, habe gegenüber dem vorgenannten Zweck nur zweitrangige Bedeutung. Gerade der Zweck der möglichst raschen Leistungsgewährung würde durch die von der Klägerin gewählte Verfahrensweise jedoch konterkariert. Anstatt sich die begehrte Leistung schnell (auf eigene Kosten) zu beschaffen beschreite sie sind Sozialrechtsweg, um zunächst durch ein langwieriges Verfahren klären zu lassen, ob die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V tatsächlich eingetreten sei.
Mit Beschluss vom 17. Mai 2016 hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens angeordnet im Hinblick auf ein bei dem BSG zu § 13 Abs. 3a SGB V unter dem Aktenzeichen B 1 KR 25/15 R anhängiges Verfahren. Nach Verfügbarkeit des Urteils des BSG vom 8. März 2016 in diesem Verfahren ist das Klageverfahren fortgeführt worden, wobei die Beteiligten aufgrund des Urteils keine Veranlassung zur Änderung ihrer Rechtsauffassung gesehen haben.
Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf deren schriftsätzliche Ausführungen und im Übrigen auf die Inhalte der vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere bestehen insofern keine Bedenken in Bezug auf die Umstellung des Feststellungs- in einen Anfechtungs- und Leistungsantrag. Der Übergang von einer Feststellungsklage in eine Anfechtungs- und Leistungsklage stellt bereits gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Klageänderung dar, weil der Klagegrund derselbe ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 99 Rn. 3, 4).
Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid vom 30. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Magenbypass-Operation als Sachleistung.
Der Klägerin steht dieser Anspruch aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V zu. Nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V hat die Krankenkasse, wenn sie eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt nach Satz 3 der Vorschrift innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V bestimmt, dass die Krankenkasse, wenn sie die Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten kann, dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mitteilt. Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt. § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V bestimmt, dass die Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet ist, wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen.
Der mit Schreiben der Klägerin vom 12. März 2015 gestellte Antrag, Eingang bei der Beklagten am 13. März 2015 (Freitag), ist erst am 30. April 2015 beschieden worden. Deshalb hat die Beklagte die vorliegend aufgrund der Befassung des MDK geltende Fünfwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1, 2. Alt. SGB V nicht eingehalten. Die Frist begann gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB am Samstag, 14. März 2017, zu laufen (§ 193 BGB gilt für den Fristbeginn nicht) und endete gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB am Freitag, dem 17. April 2015. Die Bescheidung am 30. April 2015 liegt damit außerhalb der Frist. Eine rechtzeitige schriftliche Mitteilung der Beklagten an die Klägerin, dass diese Frist nicht eingehalten werden könne, ist entgegen der Vorschrift des § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V nicht ergangen. Daher ist die Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten, wonach die beantragte Leistung nach Ablauf der Frist bei ausgebliebender Mitteilung eines hinreichenden Grundes, weshalb die Frist nicht eingehalten werden kann, als genehmigt gilt. Diese Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V greift entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur ein, wenn sich der Versicherte die begehrte Leistung bereits selbst beschafft hat und Kostenerstattung begehrt. Vielmehr umfasst diese Rechtsfolge auch einen Sachleistungs- bzw. Naturalleistungsanspruch. Die Kammer folgt insofern der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das hierzu im Urteil vom 11. Juli 2017 (B 1 KR 26/16 R, Juris) Folgendes ausgeführt hat:
"Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch. Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 33, RdNr 25). Ausdrücklich regelt das Gesetz, dass wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V). Ohne den nachfolgenden Satz 7 bliebe es allein bei diesem Anspruch. Denn eine KK darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (vgl. § 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (vgl. § 13 Abs. 1 SGB V). Nach dem Regelungssystem entspricht dem Naturalleistungsanspruch der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz (vgl. § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl. zum Ganzen BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 33, RdNr 25; zum Sanktionscharakter Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).
Soweit die Beklagte mit vereinzelten abweichenden Stimmen einen Naturalleistungsanspruch als Rechtsfolge der Genehmigungsfiktion verneint, geht diese Ansicht fehl (einen Naturalleistungsanspruch bejahend z.B. LSG für das Saarland Urteil vom 17.5.2017 - L 2 KR 24/15 - Juris RdNr 34; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.3.2017 - L 1 KR 623/15 - Juris RdNr 26; Bayerisches LSG Urteil vom 12.1.2017 - L 4 KR 37/15 - Juris RdNr 42 ff; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 3.11.2016 - L 5 KR 197/15 - Juris RdNr 18; Bayerisches LSG Urteil vom 28.6.2016 - L 5 KR 323/14 - Juris RdNr 27; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr 25 ff = NZS 2016, 311, und nahezu die gesamte veröffentlichte umfängliche SG-Rspr; einen Naturalleistungsanspruch ablehnend zB Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f; Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr 69 ff, Update-Stand 7.6.2017; zutreffend dagegen Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2017, K § 13 RdNr 58l und 58r; Schifferdecker in Kasseler Komm, Stand März 2017, § 13 RdNr 145). Sie verkennt, dass die ursprüngliche geplante Regelung in Art. 2 Nr. 1 PatRVerbG-Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 17/10488 S 7) unmaßgeblich ist. Der Entwurf sah zunächst lediglich eine Fristsetzung durch den Antragsteller und eine an den Fristablauf gebundene Berechtigung zur Selbstbeschaffung der erforderlichen Leistung vor. Diese Konzeption wurde jedoch durch die vom Ausschuss für Gesundheit (14. Ausschuss) empfohlenen (BT-Drucks 17/11710 S 11), mit § 13 Abs. 3a Satz 5 und 6 SGB V Gesetz gewordenen Änderungen i.S. eines fingierten Verwaltungsakts (Genehmigung) grundlegend geändert. Letztlich will die einen Naturalleistungsanspruch ablehnende Meinung die von ihr als gesetzgeberische Fehlleistung bewertete Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V (vgl. nur Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr 71, Update-Stand 7.6.2017: "missglückte Wortwahl") entgegen dem eindeutigen Wortlaut nicht anwenden. Sie vernachlässigt dabei, dass § 13 Abs. 3a SGB V bewusst abweichend von den sonstigen in § 13 SGB V geregelten Kostenerstattungstatbeständen geregelt ist und sich wie der Erstattungsanspruch (vgl. § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V) nur auf subjektiv "erforderliche" Leistungen erstreckt (vgl. BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25)."
Aus den vorstehenden Gründen kann der gegenteiligen Auffassung der Beklagten, die einen Sachleistungsanspruch von der Rechtsfolge des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ausnimmt, nicht gefolgt werden. Die Regelung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V ist auch auf den Antrag der Klägerin sachlich anwendbar, da dieser Antrag nicht auf eine Geldleistung oder eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, sondern auf eine (stationäre) Krankenbehandlung gerichtet ist (vgl. zu dieser und den nachfolgend genannten Voraussetzungen BSG, a.a.O., Juris Rn. 14 ff.). Der Antrag war auch hinreichend bestimmt – nämlich konkret auf einen Magenbypass bezogen – und betrifft im Übrigen eine Leistung, welche die Klägerin für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Die fiktive Genehmigung der Leistung ist auch nicht nachträglich erloschen. Damit besteht der geltend gemachte Sachleistungsanspruch der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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