L 10 B 6/03 KA

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 88/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 B 6/03 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.01.2003 wird verworfen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 400,- EURO festgesetzt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten für das Beschwerdeverfahren.

Gründe:

1.

Streitig war, ob die Beklagte die der Klägerin zustehende Notfallvergütung für das Quartal 3/2001 zu Recht um einen Investitionskostenabschlag von 10.v.H. mindern durfte.

Die Klägerin hat den Honorarbescheid vom 17.01.2001 (3/2001) mit Widerspruch vom 21.02.2002 angefochten. Dabei wies sie darauf hin, dass ein zum gleichen Sachverhalt anhängiges Widerspruchsverfahren ruhend gestellt worden sei. Unter dem 14.03.2002 erklärte sich die Beklagte mit dem Ruhen des Verfahrens einverstanden. Mit Schriftsatz vom 17.07.2002 meldeten sich die Bevollmächtigten der Klägerin - ohne Prozessvollmacht - und begründeten den Widerspruch. Mit Schreiben vom 21.09.2002 setzten sie der Beklagten eine Frist zur Bescheidung bis zum 30.09.2002, anderenfalls unverzüglich Untätigkeitsklage erhoben werde. Die Beklagte erklärte hierauf, den Widerspruch in der 42. Kalenderwoche bescheiden zu wollen. Mit Schreiben vom 23.10.2002 erklärte sie sich angesichts der Entscheidung des BSG vom 13.03.2002 - B 6 KA 4/01 R - zur Abhilfe bereit.

Am 18.10.2002 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben. Sie hat vorgetragen: Ihre Bevollmächtigten hätten sich bereits am 14.05.2002 bei der Beklagten gemeldet und um Übersendung der Verwaltungsvorgänge zur Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens gebeten. Darüber hinaus hätten die Bevollmächtigten in diesem Schreiben um Fortführung des Parallelverfahrens S 26 (10) KA 68/00 gebeten. Damit sei für die Beklagte offensichtlich gewesen, dass auch das Widerspruchsverfahren fortgesetzt werden solle. Jedenfalls durch Schriftsatz vom 17.07.2002 sei die Ruhensvereinbarung mit der Folge beendet worden, dass die Frist des § 88 SGG laufe. Trotz mehrfacher telefonischer Ankündigungen habe die Beklagte den Widerspruchsbescheid bis zum Ablauf der Frist des § 88 SGG nicht erteilt. Daher sei Untätigkeitsklage geboten.

In Folge Abhilfe durch die Beklagte hat die Klägerin den Rechtsstreit am 21.11.2002 für erledigt erklärt und sinngemäß beantragt,

der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte hat vorgetragen: Im Widerspruchsschreiben vom 21.02.2002 habe die Klägerin ausdrücklich darum gebeten, das Widerspruchsverfahren solange nicht zu betreiben, bis über das Klageverfahren zur inhaltsgleichen Streitfrage im Quartal 4/1997 - S 26 (10) KA 68/00 - rechtskräftig entschieden worden sei. Angesichts dieser Ruhensvereinbarung sei die Beklagte nicht gehalten, einen formalen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Zwar habe sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21.09.1992 mit der Aufforderung an sie - die Beklagte - gewandt, bis zum 30.09.2002 zu entscheiden. Damit sei die Ruhensvereinbarung aufgehoben worden. Indessen komme der Fristsetzung keine Bedeutung zu, weil im Anschluss an die Ruhensvereinbarung die gesetzliche Frist des § 88 SGG erneut zu laufen beginne. Ungeachtet dessen sei der Widerspruch äußerst zeitnah (23.10.2002) entschieden worden. Von einer "Untätigkeit" könne daher keine Rede sein.

Mit Beschluss vom 13.01.2003 hat das Sozialgericht (SG) Dortmund die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens S 26 KA 88/02 der Klägerin auferlegt. Es hat ausgeführt: Bei Erhebung der Untätigkeitsklage am 18.10.2002 sei die Dreimonatsfrist zur Bescheidung des am 26.02.2002 erhobenen Widerspruchs nicht abgelaufen gewesen. Diese Frist sei durch die Ruhensvereinbarung unterbrochen worden, die wiederum mit Schreiben vom 21.09.2002 gekündigt worden sei. Die von den nicht durch Vollmacht legitimierten Klägerbevollmächtigten gesetzte Bescheidungsfrist von 6 Tagen sei unangemessen kurz. Die Beklagte habe zunächst Kenntnis von den Gründen der Entscheidung des BSG vom 13.03.2002 - B 6 KA 4/01 R - nehmen dürfen, um sodann eine Abhilfemöglichtkeit zu prüfen. Entsprechendes habe die Beklagte im Verfahren S 26 KA 39/02 ausdrücklich erklärt. Das SG hat in der Rechtsmittelbelehrung ausgeführt, dass die Entscheidung über die Kostentragungspflicht endgültig sei.

Diese Entscheidung greift die Klägerin mit der außenordentlichen Beschwerde an, der das SG nicht abgeholfen hat, sie trägt vor: Die außerordentliche Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung komme bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit in Betracht. Ein solcher Fall liege vor. Denn die Drei-Monatsfrist zur Bescheidung des Widerspruchs sei bei Erhebung der Untätigkeitsklage bereits abgelaufen gewesen. Bereits am 14.05.2002 hätten sich ihre Bevollmächtigten mit Vollmacht bei der Beklagten zur Sache gemeldet und um Übersendung der Verwaltungsvorgänge zur Bearbeitung des Widerspruchs gebeten. Mit Schriftsatz vom 17.07.2002 hätten Ihre Bevollmächtigten den Widerspruch unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 13.03.2002 - B 6 KA 4/01 R - begründet. Spätestens hierdurch sei die Ruhensvereinbarung beendet worden. Das Urteil des BSG sei der Beklagten zu diesem Zeitpunkt längst bekannt gewesen. Einer weiteren Prüfung habe es nicht mehr bedurft. Dennoch habe die Beklagte den Widerspruch erst am 23.10.2002 beschieden.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.01.2003 aufzuheben und der Beklagten die Kosten des Verfahrens S 26 KA 88/02 aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die außerordentliche Beschwerde zurückzuweisen.

2.

Die außerordentliche Beschwerde ist unzulässig.

Zutreffend hat das SG in der Rechtsbehelfsbelehrung darauf hingewiesen, dass nach § 197 a SGG iVm § 158 Abs. 2 VwGO die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar ist, sofern - wie hier - in der Hauptsache keine Entscheidung ergangen ist. Die (ordentliche) Beschwerde ist danach nicht statthaft. Folgerichtig greift die Klägerin die Entscheidung des SG mit der außerordentlichen Beschwerde an.

Die außerordentliche Beschwerde ist indessen gleichermaßen nicht statthaft. Zwar ist in der Vergangenheit eine außerordentliche Beschwerdewegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit für denkbar gehalten worden, um "in wirklichen Ausnahmefällen krassen Unrechts" (BGH, NJW 1993, 1865; vgl. auch Lipp, NJW 2002, 1700 ff.) eine Möglichkeit zu schaffen, nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidungen der Vorinstanzen zu korrigieren, z.B. wenn geltend gemacht wurde, sie seien mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar (BGH NJW 1990, 840; BGH NJW 1993, 135), indem sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrten und dem Gesetz fremd seien (BGH, NJW 1990, 840; Kopp, VwGO, 10. Auflage, 1994, Rdn. 1; hierzu auch Lipp, NJW 2002, 1700 ff., Fußnote 2 und 3; differenzierend: Frehse, Berliner Kommentare, SGG, 1. Auflage, 2003, § 172 Rdn. 3; verneinend: Zeihe, SGG, § 177 Rdn. 3b).

Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz - ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) kann diese Auffassung nicht mehr aufrechterhalten werden. Nunmehr kann der BGH gegen Beschlüsse der Beschwerdegerichte nur in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angerufen werden. Ein außerordentliches Rechtsmittel zum BGH ist deswegen auch dann nicht statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt oder aus sonstigen Gründen "greifbar gesetzwidrig" ist. In diesem Fall kann die angefochtene Entscheidung nur durch das Gericht, das sie erlassen hat, auf (fristgebundene) Gegenvorstellung korrigiert werden (BGH, NJW 2002, 1577; OLG Celle, NJW 2002, 3715). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dem mit folgender Erwägung angeschlossen: Dem Rechtsgedanken, dass eine erforderliche "Selbstkorrektur", soweit sie nicht innerhalb des allgemeinen Rechtsmittelzugs geleistet werden könne, dem Gericht obliege, dem der Rechtsverstoß zur Last falle (iudex a quo), könne auch im Rahmen der VwGO durch die Zulassung von Gegenvorstellungen Rechnung getragen werden; mit der gesetzgeberischen Entscheidung im Rahmen der Reform des Zivilprozesses, die von der Verfahrensart unabhängig sei (vgl. § 173 VwGO), wäre es unvereinbar, weiterhin ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel zum BVerwG zuzulassen (BVerwG NJW 2002, 2657). Der erkennende Senat tritt dem bei. Der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren maßgebenden Verweisungsnorm des § 173 VwGO entspricht die inhaltlich identische Regelung des § 202 SGG. Danach ist die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, sofern nicht die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies ausschließen. Das ist im hier interessierenden Zusammenhang zu verneinen (vgl. hierzu die Beispiele bei Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, 2003, § 202 Rdn. 3). Soweit die Neuregelung des Beschwederechts durch das Zivilprozessreformgesetz auch bezweckt, eine (außerordentliche) Selbstkorrektur auf die jeweilige Instanz zu beschränken (vgl. BVerwG aa0), werden von der ZPO abweichende, das Beschwerderecht des SGG betreffende Vorschriften nicht erfasst.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar ( § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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