Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 2 AS 55/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 B 27/06 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 15. März 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin vom 27.03.2006, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfeentscheidung vom 28.3.2006), ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt, da eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung unter Berücksichtigung der im Verfahren auf Bewilligung von PKH geforderten summarischen Prüfung (§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - i.V.m. § 115 der Zivilprozessordnung - ZPO) nicht gegeben ist. Insofern nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen er sich nach eigener Sach- und Rechtsprüfung in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Eine Grundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Übernahme der mit dem Klageantrag vom 28.10.2005 nur noch geltend gemachten Kosten für das Kieser-Training i.H.v. 25,63 Euro monatlich und die Fahrtkosten für drei Besuche in der Woche i.H.v. 38 Euro monatlich ist dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II nicht zu entnehmen. Auch aus dem Beschwerdevortrag der Klägerin ergeben sich keine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden schwierigen und ungeklärten Rechtsfragen. Die Erforderlichkeit einer weiteren Sachaufklärung ist nicht erkennbar.
Als Bezieherin von Arbeitslosengeld II ist die Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 2a des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Sie hat daher Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V, welche u.a. die Versorgung mit Heilmitteln umfasst (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Wie sich dem Ablehnungsbescheid der AOK Rheinland vom 15.7.2002 entnehmen lässt, fällt das Kieser-Training nicht hierunter, da es als Präventionsmaßnahme, nicht jedoch als eine Heilmaßnahme i.S. des § 32 SGB V angesehen wird. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinien/HMR) in der Neufassung vom 1.12.2003 (BAnz 2004 Nr. 1360) bestimmen für die dem Kieser-Training vergleichbare Geräte gestützte Krankengymnastik, dass diese unter Anleitung, Aufsicht und Kontrolle unmittelbar durch den behandelnden Therapeuten zu erfolgen hat. Es handelt sich bei den von der Krankenversicherung anerkannten physikalischen Therapien um persönlich von entsprechend ausgebildeten, berufspraktisch erfahrenen Personen zu erbringende medizinische Leistungen. Diese Festlegungen der gesetzlichen Krankenversicherung und deren ausschließliche Zuständigkeit für die Krankenbehandlung führen dazu, dass nicht daneben weitere, nicht anerkannte "Krankenbehandlungen" von dem Träger der Grundsicherung direkt zu übernehmen sind. Die Klägerin ist insofern darauf zu verweisen, alle Möglichkeiten gegenüber der Krankenkasse auszuschöpfen und Ansprüche durchzusetzen (vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 26.8.2005 - L 19 B 41/05 AS ER). Dass dies - bezogen auf den aktuell vorgetragenen Krankheitszustand (Schmerzen bei anerkannten Behinderungen "Verrenkungsbruch des linken Fußgelenkes 4/83, Sekundärarthrose, Funktionsstörung" mit einem Grad der Erwerbsminderung von 40 vH) - geschehen ist, ist nicht vorgetragen. So stammt das ärztliche Attest der Orthopäden T/L, mit dem die Klägerin die Notwendigkeit eines Kieser-Trainings begründet, aus dem Jahre 2002. Sie selbst hat vorwiegend in den Jahren 1983 bis 1988 und zuletzt im Jahre 2002 an Heilbehandlungen zu Lasten der Krankenversicherung teilgenommen.
Wenn der Gesetzgeber im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmte Präventionsmaßnahmen nicht als Teil der umfassenden medizinischen Versorgung ansieht, können diese Leistungen auch nicht vom Träger der Grundsicherung oder dem Sozialhilfeträger als unabweisbar notwendige Leistung i.S. des § 28 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) bzw des § 23 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II definiert werden. Zwar verweist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu Recht darauf hin, dass der in der Regelleistung nach § 20 SGB II - neben den Anteilen für Ernährung, Kleidung, Körperpflege und Hausrat - u.a. enthaltene Anteil für die Gesundheitspflege gering ist. Dies schließt jedoch nicht aus, unvermeidbare Kosten für die Gesundheit anzuerkennen, soweit diese mit anerkannten Behandlungen und Anwendungen der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden sind. Insofern ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unter Geltung des § 22 Abs. 1 Satz 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für atypische Bedarfslagen angenommen worden, dass angesichts der sehr knapp kalkulierten Aufwandsbeträge in den Regelsätzen unvermeidbare Kosten für die Gesundheit, insbesondere infolge der Auswirkungen von Leistungsbeschränkungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003 (BGBl I 2003, 2190), zu übernehmen waren (so z.B. Hess VGH, Beschluss vom 15.6.2004 - 10 TG 1223/04 - für monatliche Fahrtkosten zur Teilnahme an der Drogensubstitution; vgl BVerwG, Urt. v. 15.12.1994 – 5 C 55/92 – BVerwGE 97, 232, nach dem sich der Anwendungsbereich von § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG auf atypische Bedarfslagen beschränkt). Von einem derartigen Sachverhalt ist das hier streitige, von der Krankenversicherung gerade nicht als Krankenbehandlung anerkannte Kieser-Training jedoch abzugrenzen.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin vom 27.03.2006, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfeentscheidung vom 28.3.2006), ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt, da eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung unter Berücksichtigung der im Verfahren auf Bewilligung von PKH geforderten summarischen Prüfung (§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - i.V.m. § 115 der Zivilprozessordnung - ZPO) nicht gegeben ist. Insofern nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen er sich nach eigener Sach- und Rechtsprüfung in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Eine Grundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Übernahme der mit dem Klageantrag vom 28.10.2005 nur noch geltend gemachten Kosten für das Kieser-Training i.H.v. 25,63 Euro monatlich und die Fahrtkosten für drei Besuche in der Woche i.H.v. 38 Euro monatlich ist dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II nicht zu entnehmen. Auch aus dem Beschwerdevortrag der Klägerin ergeben sich keine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden schwierigen und ungeklärten Rechtsfragen. Die Erforderlichkeit einer weiteren Sachaufklärung ist nicht erkennbar.
Als Bezieherin von Arbeitslosengeld II ist die Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 2a des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V). Sie hat daher Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V, welche u.a. die Versorgung mit Heilmitteln umfasst (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Wie sich dem Ablehnungsbescheid der AOK Rheinland vom 15.7.2002 entnehmen lässt, fällt das Kieser-Training nicht hierunter, da es als Präventionsmaßnahme, nicht jedoch als eine Heilmaßnahme i.S. des § 32 SGB V angesehen wird. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-Richtlinien/HMR) in der Neufassung vom 1.12.2003 (BAnz 2004 Nr. 1360) bestimmen für die dem Kieser-Training vergleichbare Geräte gestützte Krankengymnastik, dass diese unter Anleitung, Aufsicht und Kontrolle unmittelbar durch den behandelnden Therapeuten zu erfolgen hat. Es handelt sich bei den von der Krankenversicherung anerkannten physikalischen Therapien um persönlich von entsprechend ausgebildeten, berufspraktisch erfahrenen Personen zu erbringende medizinische Leistungen. Diese Festlegungen der gesetzlichen Krankenversicherung und deren ausschließliche Zuständigkeit für die Krankenbehandlung führen dazu, dass nicht daneben weitere, nicht anerkannte "Krankenbehandlungen" von dem Träger der Grundsicherung direkt zu übernehmen sind. Die Klägerin ist insofern darauf zu verweisen, alle Möglichkeiten gegenüber der Krankenkasse auszuschöpfen und Ansprüche durchzusetzen (vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 26.8.2005 - L 19 B 41/05 AS ER). Dass dies - bezogen auf den aktuell vorgetragenen Krankheitszustand (Schmerzen bei anerkannten Behinderungen "Verrenkungsbruch des linken Fußgelenkes 4/83, Sekundärarthrose, Funktionsstörung" mit einem Grad der Erwerbsminderung von 40 vH) - geschehen ist, ist nicht vorgetragen. So stammt das ärztliche Attest der Orthopäden T/L, mit dem die Klägerin die Notwendigkeit eines Kieser-Trainings begründet, aus dem Jahre 2002. Sie selbst hat vorwiegend in den Jahren 1983 bis 1988 und zuletzt im Jahre 2002 an Heilbehandlungen zu Lasten der Krankenversicherung teilgenommen.
Wenn der Gesetzgeber im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmte Präventionsmaßnahmen nicht als Teil der umfassenden medizinischen Versorgung ansieht, können diese Leistungen auch nicht vom Träger der Grundsicherung oder dem Sozialhilfeträger als unabweisbar notwendige Leistung i.S. des § 28 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) bzw des § 23 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II definiert werden. Zwar verweist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu Recht darauf hin, dass der in der Regelleistung nach § 20 SGB II - neben den Anteilen für Ernährung, Kleidung, Körperpflege und Hausrat - u.a. enthaltene Anteil für die Gesundheitspflege gering ist. Dies schließt jedoch nicht aus, unvermeidbare Kosten für die Gesundheit anzuerkennen, soweit diese mit anerkannten Behandlungen und Anwendungen der gesetzlichen Krankenversicherung verbunden sind. Insofern ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung unter Geltung des § 22 Abs. 1 Satz 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für atypische Bedarfslagen angenommen worden, dass angesichts der sehr knapp kalkulierten Aufwandsbeträge in den Regelsätzen unvermeidbare Kosten für die Gesundheit, insbesondere infolge der Auswirkungen von Leistungsbeschränkungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003 (BGBl I 2003, 2190), zu übernehmen waren (so z.B. Hess VGH, Beschluss vom 15.6.2004 - 10 TG 1223/04 - für monatliche Fahrtkosten zur Teilnahme an der Drogensubstitution; vgl BVerwG, Urt. v. 15.12.1994 – 5 C 55/92 – BVerwGE 97, 232, nach dem sich der Anwendungsbereich von § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG auf atypische Bedarfslagen beschränkt). Von einem derartigen Sachverhalt ist das hier streitige, von der Krankenversicherung gerade nicht als Krankenbehandlung anerkannte Kieser-Training jedoch abzugrenzen.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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