Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RJ 106/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 89/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 08.04.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Auszahlung einer Beitragserstattung i.H.v. 8.322,47 DM.
Der am 00.00.1958 geborene Kläger ist indischer Staatsangehöriger. Er war von 1978 bis 1982 im Bundesgebiet u.a. rentenversicherungspflichtig mit Beitragszahlung zur Beklagten beschäftigt. Er beantragte im Mai 1984 über die Deutsche Botschaft in Neu Dehli die Erstattung seiner Beitragsanteile aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem.§ 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO). Er bat um Überweisung auf das Konto 000 Q National Bank (PNB) und bezeichnete sich selbst als Kontoinhaber. Als seine Anschrift gab er "xxx in Indien an.
Die Beklagte entsprach dem mit Bescheid vom 22.08.1984, den sie dem Kläger über die Deutsche Botschaft am 18.10.84 zustellte. Ebenfalls am 22.08.1984 erteilte sie der Beigeladenen den Zahlungsauftrag Nr. 000 zur Überweisung von 8.322,47 DM auf die vom Kläger im Erstattungsantrag vom April 1984 angegebene Bankverbindung, nämlich das Konto Nr. 000 bei der Q National Bank (PNB) im Wohnort T, Indien.
Die Beigeladene teilte der Beklagten am 29.01.1985 mit, der Kläger T, K sei unter der angegebenen Adresse für die Banküberweisung nicht erreichbar. Sie bat um Mitteilung einer etwaigen Adressenänderung oder Rückruf des Betrages. Mit Schreiben vom 05.02.1985 antwortete die Beklagte, der Erstattungsbetrag sei auf das Konto 000 der PNB T/ E zu überweisen. Der Bescheid sei dem Kläger zugestellt worden unter der Anschrift: xxx xxx Q / Indien.
Mit Schreiben vom 16.04.1985 rügte der Kläger, bei ihm sei noch keine Gutschrift eingegangen und bat um Überweisung auf das Konto 000, Q National Bank, C, Dist. L, Q, welches er bereits mit Schreiben vom 14.03.1985 erwähnt habe. Im Juni 1985 teilte der Kläger nochmals unter Angabe der obigen Bankverbindung mit, dass er noch kein Geld erhalten habe. Falls das Geld bereits überwiesen sei, bitte er um Mitteilung, über welche Bank die Überweisung erfolgt sei.
Auf Nachfrage teilte die Beigeladene gegenüber der Beklagten am 29.07.1985 nach einem in den Akten der Beklagten festgehaltenen Vermerk telefonisch mit, der Erstattungsbetrag sei auf das benannte Konto überwiesen worden. Da dieser Betrag nicht mehr zur Disposition stünde, müsse angenommen werden, dass der Versicherte ihn erhalten habe. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger Ende Juli 1985 mit, dass der Betrag auf das Konto Q National Bank in T/E, Kontonummer 000 überwiesen worden sei. Eingaben des Klägers zwischen 1986 und Oktober 1987 führten sodann zu Nachermittlungen bei der Beklagten ohne weitere Erkenntnisse.
Im April 2001 beantragte der Kläger erneut die Beitragserstattung bei der Beklagten. Nach weiteren Nachfragen vom Juni 2001 bis Januar 2003 verwies die Beklagte schließlich mit Schreiben vom 13.02.2003 nochmals darauf, dass sie ihre Zahlungspflicht erfüllt habe. Auch neue Nachforschungen seien ergebnislos geblieben. Es bleibe ihm überlassen, selbst bei der PNB nachzufragen.
Mit seiner am 30.11.2004 erhobenen Klage hat der Kläger das Zahlungsbegehren mit der wesentlichen Begründung weiterverfolgt, die Beklagte habe nicht die korrekte Adresse seiner Bank sowie den Namen des Staates und Landes angegeben. Sie laute: Q National Bank xxx xxx Q / Indien Sie solle durch eine Kopie des Überweisungsscheins die richtige Überweisung nachweisen oder die erfolgte Erstattung nun rückgängig machen. Schließlich stützt sich der Kläger noch auf ein von ihm vorgelegtes Schreiben der PNB Zentrale Neu Dehli vom 10.02.2005. Die Bankzentrale teilte darin mit, es seien Nachforschungen bei der Zweigstelle E, GT Road, Q branch unternommen worden. Diese habe mitgeteilt, das SF Konto mit der Nr. 000 stehe nicht dem Kläger zur Verfügung, weil es auf Herrn N T eingetragen und bereits seit langer Zeit erloschen sei. Einträge zu Transaktionen aus dem Jahre 1984 seien in der Zweigstelle nicht mehr vorhanden. Nach über 20 Jahren sei nicht mehr feststellbar , ob eine solche Überweisung eingegangen sei. Auch die Zweigstellen der West-LB Bank in Münster und Düsseldorf hätten trotz Nachforschung dort wegen Zeitablaufs keine Auskünfte zur Überweisung mehr erteilen können. Die Überweisung sei nicht mehr nachprüfbar.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte gemäß Klageschriftsatz vom 10.11.2004 zu verurteilen, auf den Bescheid vom 22.08.1984 hin die Beiträge aus der gesetzlichen Rentenversi cherung in Höhe von 4.255,21 Euro (ursprünglich: 8.322,47 DM) an ihn tatsächlich auszuzahlen und zu überweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf den Zahlungsauftrag vom 22.08.1984 zu dem vom gleichen Tag datierenden Erstattungsbescheid und die Bestätigung der Beigeladenen vom Juli 1984 verwiesen. Darüberhinaus habe der Kläger nach umfangreichem Schriftwechsel, zwischen 1987 und April 2001 keine Ansprüche mehr geltend gemacht hatte. Es sei anzunehmen, dass die Zahlung tatsächlich erfolgt sei.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt, hat aber mit Schreiben vom 12.01.2005 darauf hingewiesen, dass sie nicht mehr in der Lage sei, die Zahlung anhand eigener Belege nachzuvollziehen. Der Vorgang liege mehr als 20 Jahre zurück. Sie habe nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten die Überweisungsbelege zwischenzeitlich gelöscht.
Mit Urteil vom 08.04.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne aus der Beitragserstattung keine Rechte mehr herleiten, weil im Wege des Beweises des ersten Anscheins Erfüllung durch die Beklagte eingetreten sei. Nach dem Beweis des ersten Anscheins sei davon auszugehen, dass die Beklagte den Betrag im Wege der Banküberweisung tatsächlich ausgezahlt habe. Die Beklagte habe die Beitragserstattung aktenkundig gemacht und den Zahlungsauftrag herausgegeben. Seitens der Beigeladenen habe sie im Juli 1985 die Bestätigung erhalten, dass die Summe auf das vom Kläger benannte Konto überwiesen worden sei und nicht mehr zur Disposition stehe. Wesentliche Umstände, die Auszahlung in Frage zu stellen, habe der Kläger nicht vorgebracht. Dass nach der Auskunft der PNB Zentrale Neu Dehli vom 10.02.2005 das Konto Nr. 000 nicht im klägerischen Namen, sondern für den Berechtigten N T geführt und bereits seit langer Zeit erloschen sei, liege im Verantwortungsbereich des Klägers. Fehlende tatsächliche Zugriffsmöglichkeiten oder Beschränkungen in der Verfügungsmacht über dieses Konto gingen nicht zu Lasten der Beklagten. Der Kläger habe im Erstattungsantrag vom April 1984 die von ihm gewollte Bankverbindung angegeben und es sei anzunehmen, dass die Beklagte gemäß dem typischen Lebenssachverhalt die Beitragserstattung mit Erfüllungswirkung auch auf das im April 1984 vom Kläger selbst gewählte Konto überwiesen habe.
Gegen das am 14.04.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.05.2005 Berufung eingelegt. Er trägt erneut vor, er habe das Geld nicht erhalten. Von der Zentrale der Q National Bank in Neu Delhi sei durch alle Zweigstellen bestätigt worden, dass die Transaktion nicht in Indien eingegangen sei. Er benötige dringend wegen Alters und Erkrankung das Geld.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 08.04.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn aus dem Beitragserstattungsbescheid vom 22.08.1984 4.255,21 Euro (= 8.322,47 DM) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf das erstinstanzliche Urteil.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl für den Kläger und die Beigeladene niemand erschienen ist, durfte der Senat den Rechtsstreit im Termin vom 16.08.2006 verhandeln und entscheiden, weil beide Beteiligten auf diese Möglichkeit in der ihnen ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden sind.
Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Auszahlung der von ihm geltend gemachten Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 4.255,21 EUR zu.
Die Beklagte als Schuldnerin des damaligen unstreitig nach § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehenden Erstattungsanspruchs des Klägers hat die geschuldete Leistung bereits erfüllt, so dass das Schuldverhältnis erloschen ist (vgl. § 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Da die Beklagte die unbare Zahlung auf ein Konto des Klägers gewählt hat, hatte sie gemäß § 270 BGB als Schuldnerin den Erstattungsbetrag auf ihre Gefahr am Wohnort des Klägers zu übermitteln mit der Gefahr eines etwaigen Verlustes zu ihren Lasten. Nach § 47 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis bei einer Banküberweisung, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt ist. Bei der Banküberweisung tritt die Erfüllung mit der Gutschrift auf dem Konto ein. Eine Gutschrift (Wertschreibung) auf dem Konto des Klägers ist zwar nicht ausdrücklich bzw. schriftlich belegt. Die Beklagte kann sich jedoch auf die Erfüllungswirkung des § 362 Abs. 1 BGB berufen, da sie nachweisen kann, dass der Erstattungsbetrag über die Beigeladene an das vom Kläger angegebene Konto der PNB angewiesen worden ist. Die von der Beklagten nach Mikroverfilmung wiederhergestellten Akten beweisen, dass der Erstattungsbetrag an den Kläger durch Gutschrift auf das von ihm angegebene Konto "bewirkt" wurde. Dafür spricht nach dem Beweis des ersten Anscheins eine tatsächliche Vermutung.
Die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins, die die Beweiswürdigung erleichtern sind auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar und ermöglichen bei typischen Geschehensabläufen, von einer festgestellten Ursache auf einen bestimmten Erfolg zu schließen. Zwar erlaubt der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich nur solche Tatsachenvermutungen, die sich auf vom menschlichen Willen unabhängige, erfahrungsgemäß gleichmäßige Geschehensabläufe beziehen (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 128 Rdnr. 9 ff). Doch kann zur Überzeugung des Senats auch in den Fällen, in denen es um die Wirksamkeit von Beitragserstattungen nach dem Rentenversicherungsrecht geht, von einem typischen Geschehensablauf in diesem Sinne gesprochen werden, wenn die Erstattung nachweislich vermerkt ist, der Zahlungsauftrag an die für Auslandsüberweisungen als Korrespondenzbank zuständige Bank übermittelt wurde, diese die Überweisung ohne Rücklauf durchführt und sich der Berechtigte zwar anfänglich, aber dann trotz der behaupteten Nichtauszahlung über ein Jahrzehnt lang nicht mehr um die Erstattungsforderung kümmert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier, ein so langer Zeitraum verstrichen ist, dass die Aufbewahrungsfristen der Banken längst abgelaufen sind und sich darüberhinaus nachträgliche Zweifel an der Inhaberschaft des Erstattungsberechtigten über das von ihm angegebene Konto ergeben, die seinem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen sind.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn wie sich aus den Akten der Beklagten ergibt, führte sie die Erstattung mit Bescheid vom 22.08.1984 durch und erteilte gleichzeitig der Beigeladenen den Zahlungsauftrag Nr. 000 über 8.322,47 DM, wobei durch das in Durchschrift bei den Akten befindliche Schreiben der Beklagten vom 05.02.1985 sichergestellt worden ist, dass sie gegenüber der Beigeladenen die vom Kläger angegebene Bankverbindung (Konto 000 der PNB T/E) und Empfängeranschrift zutreffend angegeben hat. Die Beigeladene bestätigte gegenüber der Beklagten ausweislich des Telefonvermerks vom 29.07.1985 die Überweisung auf das benannte Konto ohne Rücklauf. Da sich der Kläger nach 1987 erst nach über 10 Jahren und dem Ablauf der Aufbewahrungsfristen der Banken im Jahre 2001 erneut bei der Beklagten nach seinem Erstattungsbetrag erkundigt hat, obwohl ihm aus dem ersten Schriftwechsel die Anweisung des Geldes durch die Beklagte bekannt war, kann im Wege der tatsächlichen Vermutung davon ausgegangen werden, dass der Erstattungsbetrag auf das vom Kläger angegebene Konto 1985 gutgeschrieben worden ist. Dies reicht zur Erfüllungswirkung aus. (vgl. auch BSG SozR 2200 § 1309 a Nr. 1; LSG Baden-Württemberg vom 27.02.1984 in ZfSH/ SGB 1985, 372).
Ob der Kläger Zugriff auf das von ihm benannte Konto hatte, ist hingegen für den Beweis des ersten Anscheins unerheblich. Unterlagen über Kontobewegungen, wie z.B. Kontoauszüge oder eine zeitnahe Bankauskunft, die einen fehlenden Eingang eventuell hätten belegen können, hat der Kläger weder in diesem Verfahren noch in seinen 1985 bis 1987 gemachten Eingaben gegenüber der Beklagten vorgelegt; auch nicht, nachdem diese ihm die Einzelheiten der Überweisung im Juli 1985 mitgeteilt hatte. Die von dem Kläger im Klageverfahren eingereichte Bescheinigung der PNB Zentrale vom 10.02.2005 spricht schließlich eher für die Annahme des Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich einer Gutschrift auf dem Konto und die sich daraus ergebende Erfüllungswirkung. Denn sie bietet eine mögliche Erklärung dafür, dass der Kläger, da nicht er selbst, sondern eine andere Person als ehemaliger Kontoinhaber aufgeführt ist, keinen Zugriff auf das Konto und damit den Geldbetrag hatte. Dies fällt allerdings nicht in den Risikobereich der Beklagten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Auszahlung einer Beitragserstattung i.H.v. 8.322,47 DM.
Der am 00.00.1958 geborene Kläger ist indischer Staatsangehöriger. Er war von 1978 bis 1982 im Bundesgebiet u.a. rentenversicherungspflichtig mit Beitragszahlung zur Beklagten beschäftigt. Er beantragte im Mai 1984 über die Deutsche Botschaft in Neu Dehli die Erstattung seiner Beitragsanteile aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem.§ 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO). Er bat um Überweisung auf das Konto 000 Q National Bank (PNB) und bezeichnete sich selbst als Kontoinhaber. Als seine Anschrift gab er "xxx in Indien an.
Die Beklagte entsprach dem mit Bescheid vom 22.08.1984, den sie dem Kläger über die Deutsche Botschaft am 18.10.84 zustellte. Ebenfalls am 22.08.1984 erteilte sie der Beigeladenen den Zahlungsauftrag Nr. 000 zur Überweisung von 8.322,47 DM auf die vom Kläger im Erstattungsantrag vom April 1984 angegebene Bankverbindung, nämlich das Konto Nr. 000 bei der Q National Bank (PNB) im Wohnort T, Indien.
Die Beigeladene teilte der Beklagten am 29.01.1985 mit, der Kläger T, K sei unter der angegebenen Adresse für die Banküberweisung nicht erreichbar. Sie bat um Mitteilung einer etwaigen Adressenänderung oder Rückruf des Betrages. Mit Schreiben vom 05.02.1985 antwortete die Beklagte, der Erstattungsbetrag sei auf das Konto 000 der PNB T/ E zu überweisen. Der Bescheid sei dem Kläger zugestellt worden unter der Anschrift: xxx xxx Q / Indien.
Mit Schreiben vom 16.04.1985 rügte der Kläger, bei ihm sei noch keine Gutschrift eingegangen und bat um Überweisung auf das Konto 000, Q National Bank, C, Dist. L, Q, welches er bereits mit Schreiben vom 14.03.1985 erwähnt habe. Im Juni 1985 teilte der Kläger nochmals unter Angabe der obigen Bankverbindung mit, dass er noch kein Geld erhalten habe. Falls das Geld bereits überwiesen sei, bitte er um Mitteilung, über welche Bank die Überweisung erfolgt sei.
Auf Nachfrage teilte die Beigeladene gegenüber der Beklagten am 29.07.1985 nach einem in den Akten der Beklagten festgehaltenen Vermerk telefonisch mit, der Erstattungsbetrag sei auf das benannte Konto überwiesen worden. Da dieser Betrag nicht mehr zur Disposition stünde, müsse angenommen werden, dass der Versicherte ihn erhalten habe. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger Ende Juli 1985 mit, dass der Betrag auf das Konto Q National Bank in T/E, Kontonummer 000 überwiesen worden sei. Eingaben des Klägers zwischen 1986 und Oktober 1987 führten sodann zu Nachermittlungen bei der Beklagten ohne weitere Erkenntnisse.
Im April 2001 beantragte der Kläger erneut die Beitragserstattung bei der Beklagten. Nach weiteren Nachfragen vom Juni 2001 bis Januar 2003 verwies die Beklagte schließlich mit Schreiben vom 13.02.2003 nochmals darauf, dass sie ihre Zahlungspflicht erfüllt habe. Auch neue Nachforschungen seien ergebnislos geblieben. Es bleibe ihm überlassen, selbst bei der PNB nachzufragen.
Mit seiner am 30.11.2004 erhobenen Klage hat der Kläger das Zahlungsbegehren mit der wesentlichen Begründung weiterverfolgt, die Beklagte habe nicht die korrekte Adresse seiner Bank sowie den Namen des Staates und Landes angegeben. Sie laute: Q National Bank xxx xxx Q / Indien Sie solle durch eine Kopie des Überweisungsscheins die richtige Überweisung nachweisen oder die erfolgte Erstattung nun rückgängig machen. Schließlich stützt sich der Kläger noch auf ein von ihm vorgelegtes Schreiben der PNB Zentrale Neu Dehli vom 10.02.2005. Die Bankzentrale teilte darin mit, es seien Nachforschungen bei der Zweigstelle E, GT Road, Q branch unternommen worden. Diese habe mitgeteilt, das SF Konto mit der Nr. 000 stehe nicht dem Kläger zur Verfügung, weil es auf Herrn N T eingetragen und bereits seit langer Zeit erloschen sei. Einträge zu Transaktionen aus dem Jahre 1984 seien in der Zweigstelle nicht mehr vorhanden. Nach über 20 Jahren sei nicht mehr feststellbar , ob eine solche Überweisung eingegangen sei. Auch die Zweigstellen der West-LB Bank in Münster und Düsseldorf hätten trotz Nachforschung dort wegen Zeitablaufs keine Auskünfte zur Überweisung mehr erteilen können. Die Überweisung sei nicht mehr nachprüfbar.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte gemäß Klageschriftsatz vom 10.11.2004 zu verurteilen, auf den Bescheid vom 22.08.1984 hin die Beiträge aus der gesetzlichen Rentenversi cherung in Höhe von 4.255,21 Euro (ursprünglich: 8.322,47 DM) an ihn tatsächlich auszuzahlen und zu überweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf den Zahlungsauftrag vom 22.08.1984 zu dem vom gleichen Tag datierenden Erstattungsbescheid und die Bestätigung der Beigeladenen vom Juli 1984 verwiesen. Darüberhinaus habe der Kläger nach umfangreichem Schriftwechsel, zwischen 1987 und April 2001 keine Ansprüche mehr geltend gemacht hatte. Es sei anzunehmen, dass die Zahlung tatsächlich erfolgt sei.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt, hat aber mit Schreiben vom 12.01.2005 darauf hingewiesen, dass sie nicht mehr in der Lage sei, die Zahlung anhand eigener Belege nachzuvollziehen. Der Vorgang liege mehr als 20 Jahre zurück. Sie habe nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten die Überweisungsbelege zwischenzeitlich gelöscht.
Mit Urteil vom 08.04.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne aus der Beitragserstattung keine Rechte mehr herleiten, weil im Wege des Beweises des ersten Anscheins Erfüllung durch die Beklagte eingetreten sei. Nach dem Beweis des ersten Anscheins sei davon auszugehen, dass die Beklagte den Betrag im Wege der Banküberweisung tatsächlich ausgezahlt habe. Die Beklagte habe die Beitragserstattung aktenkundig gemacht und den Zahlungsauftrag herausgegeben. Seitens der Beigeladenen habe sie im Juli 1985 die Bestätigung erhalten, dass die Summe auf das vom Kläger benannte Konto überwiesen worden sei und nicht mehr zur Disposition stehe. Wesentliche Umstände, die Auszahlung in Frage zu stellen, habe der Kläger nicht vorgebracht. Dass nach der Auskunft der PNB Zentrale Neu Dehli vom 10.02.2005 das Konto Nr. 000 nicht im klägerischen Namen, sondern für den Berechtigten N T geführt und bereits seit langer Zeit erloschen sei, liege im Verantwortungsbereich des Klägers. Fehlende tatsächliche Zugriffsmöglichkeiten oder Beschränkungen in der Verfügungsmacht über dieses Konto gingen nicht zu Lasten der Beklagten. Der Kläger habe im Erstattungsantrag vom April 1984 die von ihm gewollte Bankverbindung angegeben und es sei anzunehmen, dass die Beklagte gemäß dem typischen Lebenssachverhalt die Beitragserstattung mit Erfüllungswirkung auch auf das im April 1984 vom Kläger selbst gewählte Konto überwiesen habe.
Gegen das am 14.04.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.05.2005 Berufung eingelegt. Er trägt erneut vor, er habe das Geld nicht erhalten. Von der Zentrale der Q National Bank in Neu Delhi sei durch alle Zweigstellen bestätigt worden, dass die Transaktion nicht in Indien eingegangen sei. Er benötige dringend wegen Alters und Erkrankung das Geld.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 08.04.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn aus dem Beitragserstattungsbescheid vom 22.08.1984 4.255,21 Euro (= 8.322,47 DM) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf das erstinstanzliche Urteil.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl für den Kläger und die Beigeladene niemand erschienen ist, durfte der Senat den Rechtsstreit im Termin vom 16.08.2006 verhandeln und entscheiden, weil beide Beteiligten auf diese Möglichkeit in der ihnen ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden sind.
Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Auszahlung der von ihm geltend gemachten Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 4.255,21 EUR zu.
Die Beklagte als Schuldnerin des damaligen unstreitig nach § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehenden Erstattungsanspruchs des Klägers hat die geschuldete Leistung bereits erfüllt, so dass das Schuldverhältnis erloschen ist (vgl. § 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Da die Beklagte die unbare Zahlung auf ein Konto des Klägers gewählt hat, hatte sie gemäß § 270 BGB als Schuldnerin den Erstattungsbetrag auf ihre Gefahr am Wohnort des Klägers zu übermitteln mit der Gefahr eines etwaigen Verlustes zu ihren Lasten. Nach § 47 Abs. 1 SGB I i.V.m. § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis bei einer Banküberweisung, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt ist. Bei der Banküberweisung tritt die Erfüllung mit der Gutschrift auf dem Konto ein. Eine Gutschrift (Wertschreibung) auf dem Konto des Klägers ist zwar nicht ausdrücklich bzw. schriftlich belegt. Die Beklagte kann sich jedoch auf die Erfüllungswirkung des § 362 Abs. 1 BGB berufen, da sie nachweisen kann, dass der Erstattungsbetrag über die Beigeladene an das vom Kläger angegebene Konto der PNB angewiesen worden ist. Die von der Beklagten nach Mikroverfilmung wiederhergestellten Akten beweisen, dass der Erstattungsbetrag an den Kläger durch Gutschrift auf das von ihm angegebene Konto "bewirkt" wurde. Dafür spricht nach dem Beweis des ersten Anscheins eine tatsächliche Vermutung.
Die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins, die die Beweiswürdigung erleichtern sind auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar und ermöglichen bei typischen Geschehensabläufen, von einer festgestellten Ursache auf einen bestimmten Erfolg zu schließen. Zwar erlaubt der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich nur solche Tatsachenvermutungen, die sich auf vom menschlichen Willen unabhängige, erfahrungsgemäß gleichmäßige Geschehensabläufe beziehen (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 128 Rdnr. 9 ff). Doch kann zur Überzeugung des Senats auch in den Fällen, in denen es um die Wirksamkeit von Beitragserstattungen nach dem Rentenversicherungsrecht geht, von einem typischen Geschehensablauf in diesem Sinne gesprochen werden, wenn die Erstattung nachweislich vermerkt ist, der Zahlungsauftrag an die für Auslandsüberweisungen als Korrespondenzbank zuständige Bank übermittelt wurde, diese die Überweisung ohne Rücklauf durchführt und sich der Berechtigte zwar anfänglich, aber dann trotz der behaupteten Nichtauszahlung über ein Jahrzehnt lang nicht mehr um die Erstattungsforderung kümmert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier, ein so langer Zeitraum verstrichen ist, dass die Aufbewahrungsfristen der Banken längst abgelaufen sind und sich darüberhinaus nachträgliche Zweifel an der Inhaberschaft des Erstattungsberechtigten über das von ihm angegebene Konto ergeben, die seinem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen sind.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn wie sich aus den Akten der Beklagten ergibt, führte sie die Erstattung mit Bescheid vom 22.08.1984 durch und erteilte gleichzeitig der Beigeladenen den Zahlungsauftrag Nr. 000 über 8.322,47 DM, wobei durch das in Durchschrift bei den Akten befindliche Schreiben der Beklagten vom 05.02.1985 sichergestellt worden ist, dass sie gegenüber der Beigeladenen die vom Kläger angegebene Bankverbindung (Konto 000 der PNB T/E) und Empfängeranschrift zutreffend angegeben hat. Die Beigeladene bestätigte gegenüber der Beklagten ausweislich des Telefonvermerks vom 29.07.1985 die Überweisung auf das benannte Konto ohne Rücklauf. Da sich der Kläger nach 1987 erst nach über 10 Jahren und dem Ablauf der Aufbewahrungsfristen der Banken im Jahre 2001 erneut bei der Beklagten nach seinem Erstattungsbetrag erkundigt hat, obwohl ihm aus dem ersten Schriftwechsel die Anweisung des Geldes durch die Beklagte bekannt war, kann im Wege der tatsächlichen Vermutung davon ausgegangen werden, dass der Erstattungsbetrag auf das vom Kläger angegebene Konto 1985 gutgeschrieben worden ist. Dies reicht zur Erfüllungswirkung aus. (vgl. auch BSG SozR 2200 § 1309 a Nr. 1; LSG Baden-Württemberg vom 27.02.1984 in ZfSH/ SGB 1985, 372).
Ob der Kläger Zugriff auf das von ihm benannte Konto hatte, ist hingegen für den Beweis des ersten Anscheins unerheblich. Unterlagen über Kontobewegungen, wie z.B. Kontoauszüge oder eine zeitnahe Bankauskunft, die einen fehlenden Eingang eventuell hätten belegen können, hat der Kläger weder in diesem Verfahren noch in seinen 1985 bis 1987 gemachten Eingaben gegenüber der Beklagten vorgelegt; auch nicht, nachdem diese ihm die Einzelheiten der Überweisung im Juli 1985 mitgeteilt hatte. Die von dem Kläger im Klageverfahren eingereichte Bescheinigung der PNB Zentrale vom 10.02.2005 spricht schließlich eher für die Annahme des Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich einer Gutschrift auf dem Konto und die sich daraus ergebende Erfüllungswirkung. Denn sie bietet eine mögliche Erklärung dafür, dass der Kläger, da nicht er selbst, sondern eine andere Person als ehemaliger Kontoinhaber aufgeführt ist, keinen Zugriff auf das Konto und damit den Geldbetrag hatte. Dies fällt allerdings nicht in den Risikobereich der Beklagten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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