L 1 AL 24/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AL 197/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 24/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 27.03.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 13.01.2000 bis 12.12.2001 in Anspruch. Streitig ist hierbei insbesondere, ob der Kläger die Überprüfung eines am 06.06.2002 vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) geschlossenen Prozessvergleichs nach § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X) verlangen kann.

Der 1950 geborene Kläger steht seit 1984 im Leistungsbezug der Beklagten. Er ist Eigentümer eines Haus- und Hofgrundstücks mit landwirtschaftlicher Nutzfläche, das zum Zeitpunkt des ersten Antrages auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe im Jahre 1985 eine Fläche von insgesamt 132.500 m² aufwies. Während des Leistungsbezuges veräußerte der Kläger mehrfach Teilflächen. Zuletzt verkaufte er im Oktober 1999 eine Teilfläche von ca. 36.000 m² zu einem Quadratmeterpreis von 4,50 DM. Den daraus erzielten Erlös von 162.000,00 DM verwendete er eigenen Angaben zufolge, um Kreditverbindlichkeiten zurückzuführen.

Bis zum 12.01.2000 bezog der Kläger von der Beklagten Anschlussunterhaltsgeld auf Basis eines Bemessungsentgelts von 840 DM. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Grundstück noch eine Gesamtfläche von 62.215 m². Einen Antrag des Klägers vom 18.10.1999 auf Zahlung von weiterem Anschlussunterhaltsgeld deutete die Beklagte in einen Antrag auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe um und lehnte diesen mit Bescheid vom 28.02.2000 ab. Die Beklagte führte aus, dass der Kläger über ein Vermögen in Höhe von 152.426,75 DM verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung der Freigrenze von 8.000,00 DM verbleibe ein Betrag von 144.426,75 DM. Bei Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe des Arbeitslosenhilfe richte, ergebe sich, dass der Kläger für einen Zeitraum von 171 Wochen nicht bedürftig sei. Der Kläger verfüge nämlich noch über eine landwirtschaftliche Fläche von 62.215 m², die verwertbar sei. Dabei sei für die Ermittlung des Vermögens ein Anteil von 70 % des Verkehrswertes zu Grunde zu legen. Bei einer Gesamtfläche von 62.215 m² x 3,50 DM ergebe sich ein Verkehrswert von 217.752,50 DM. 70 % des Verkehrswertes entspreche einem Betrag von 152,426,75 DM. Abzüglich des Freibetrages von 8.000,00 DM errechne sich ein verwertbares Vermögen von 144.426,75 DM.

Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch, den der Kläger im Wesentlichen damit begründete, dass die Immobilie als Alterssicherung diene, ließ die Beklagte das Hausgrundstück (4.051,00 m²) unberücksichtigt und teilte mit, dass für die Bedürftigkeitsprüfung lediglich eine Fläche von 58.164 m² in Ansatz zu bringen sei. Bei Berücksichtigung eines Anteils von 70 % des Verkehrswertes ergebe sich ein Betrag von 142.501,80 DM. Abzüglich des Freibetrages verbleibe ein verwertbares Vermögen von 134.501,80 DM. Daraus resultiere, dass der Kläger für einen Zeitraum von 160 Wochen nicht bedürftig sei (Bescheid vom 07.05.2000). Sodann wies die Beklagte den Widerspruch mit gleichlautender Begründung zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2000).

Der Kläger hielt mit der am 31.05.2000 vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage (S 15 AL 63/00) daran fest, dass die Verwertung seines Grundeigentums nicht zumutbar sei, da es der Altersvorsorge diene.

Mit Urteil vom 28.09.2001 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es führte im Wesentlichen aus, dass die landwirtschaftliche Fläche mit einer Größe von 58.164 m² nicht von der Verwertbarkeit im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung ausgenommen werden könne. Denn es fehle an objektiven Begleitumständen, die auf einen Alterssicherungswillen schließen ließen. Der Kläger sei bei der erstmaligen Beantragung von Arbeitslosenhilfe im April 1985 Eigentümer einer landwirtschaftlichen Fläche mit einer Größe von 132.500 m² gewesen. In der Zeit von 1985 bis 1999 sei eine Fläche von insgesamt 74.336 m² - also mehr als 56 % des Grundeigentums - veräußert worden. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes könne weder von einer subjektiven Zweckbestimmung zur Alterssicherung ausgegangen werden noch von dem Vorhandensein objektiver Begleitumstände, die für eine solche Zweckbestimmung sprechen könnten. Bei einer Fläche von 58.164 m² ergebe sich somit ein Betrag von 142.501,80 DM, der im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Abzüglich eines Betrages von 1.000,00 DM je vollendetem Lebensjahr des Klägers sei ein Abzugsposten von 50.000,00 DM in Ansatz zu bringen. Damit verbleibe unter Berücksichtigung des allgemeinen Freibetrages von 8.000,00 DM ein zumutbar verwertbares Vermögen von 84.501,80 DM. Bei einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 840,00 DM entfalle mithin für 100 Wochen die Bedürftigkeit des Klägers.

In dem sich anschließenden Berufungsverfahren (LSG NRW - Az.: 9 AL 224/01) hielt der Kläger an seiner erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung fest. In der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2002 wies der Senat nach Durchführung einer Zwischenberatung auf Folgendes hin:

"Der Senat ist der Auffassung, dass das Haus- und Hofgrundstück des Klägers der Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage dient und daneben im Hinblick auf das im Wege der Erbfolge mit Belastungen übergegangenen Hofeigentums als Alterssicherung ein Betrag von 50.000,00 DM gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 2 AlhiVO bei der Anrechnung unberücksichtigt zu bleiben hat. Dies führt nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil zu einem Wegfall der Bedürftigkeit für 100 Wochen. Unter Berücksichtigung der Übergangsregelung der ab 01.01.2002 in Kraft getretenen neuen AlhiVO steht dem Kläger deshalb vom 13.12.2001 bis 14.10.2002 (Ablauf des nächsten Bewilligungsabschnitts) Alhi zu, soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind."

Weiterhin heißt es in der Niederschrift:

"Sodann schließen die Beteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits auf Vorschlag des Gerichts folgenden Vergleich:

1. Die Beklagte bewilligt dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 13.12.2001 bis zum 14.10.2002 unter Anrechnung von Nebeneinnahmen (Pachtzins).

2. Die Beklagte erstattet ein Drittel der dem Kläger in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten."

Mit Schreiben vom 15.07.2002 wandte sich der Kläger an das LSG und teilte unter anderem mit, dass ihm seitens des Gerichts am Ende der Verhandlung ein Kompromissvorschlag unterbreitet worden sei, nach dem "mit einer Sperrfrist von 100 Wochen weiter gezahlt werden sollte". Mit diesem Vorschlag sei er zunächst nicht einverstanden gewesen. Hierauf sei eine für ihn völlig überraschende Reaktion seitens der Richter erfolgt, die ihn förmlich zu überreden versucht hätten. Es sei die Aussage getroffen worden "wenn Sie diesen Kompromissvorschlag nicht annehmen, dann sind Sie aus allem heraus". Diese Eingabe wurde mit Bescheid des Präsidenten des LSG vom 17.07.2002 beantwortet. Auf die Anfrage, ob er den Vergleich anfechten wolle, meldete sich der Kläger nicht.

Die Beklagte führte den Vergleich aus und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 11.07.2002 für die Zeit vom 13.12.2001 bis 31.12.2001 Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte zahlte darüber hinaus durchgehend bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Ein Bescheid, der für die weitere im Vergleich vom 06.06.2002 vereinbarte Zeit vom 01.01.2002 bis 14.10.2002 Arbeitslosenhilfe bewilligt, findet sich nicht in den Akten.

Unter Beifügung einer Kopie der Sitzungsniederschrift vom 06.06.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten am 18.08.2005 die Überprüfung des am 06.06.2002 geschlossenen Vergleichs. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass vor Gericht geschlossene Vergleiche von ihr nicht überprüft werden könnten. § 44 SGB X finde keine Anwendung (Bescheid vom 05.10.2005).

Hiergegen erhob der Kläger am 17.10.2005 Widerspruch und teilte mit, dass er die Überprüfung des strittigen Zeitraums vor dem am 06.06.2002 geschlossenen Vergleich nach § 44 SGB X beantrage. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück und führte aus, dass der Vergleich mit den bestandskräftigen Bescheiden vom 11.07.2002 ausgeführt worden sei. Eine Überprüfung nach § 44 SGB X würde nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Der Kläger habe nichts vorgetragen, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Es hätten sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, die dafür sprächen, dass die Entscheidung falsch sei (Widerspruchsbescheid vom 14.11.2005).

Mit der hiergegen am 23.11.2005 erhobenen Klage hat der Kläger an seinem Begehren festgehalten.

Er hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, eine Überprüfung nach § 44 SGB X durchzuführen und Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum 13.01.2000 bis 12.12.2001 nachzuzahlen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.03.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erledigung eines Anspruchs durch gerichtlichen Vergleich einen Anspruch auf Neufeststellung nach § 44 SGB X wegen der Doppelnatur des Prozessvergleichs - materiell-rechtliche und prozessuale Wirkung - grundsätzlich ausschließe. Etwas anderes komme nur dann in Betracht, wenn der Prozessvergleich ausschließlich prozessuale Wirkungen entfalten solle, durch ihn also nur ein Verzicht auf die weitere prozessuale Geltendmachung des materiellen Anspruchs ausgesprochen werde. Hiervon sei im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen. Das Nachgeben durch den Kläger könne nur dahin verstanden werden, dass er auf den Leistungsanspruch für die Zeit vom 13.01.2000 bis 12.12.2001 im Sinne des § 46 Abs. 1 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB I) verzichtet habe. Hätte der Kläger dem Vergleich keine materiell-rechtliche Wirkung beimessen wollen, so hätte er dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Zwar könne in dem Überprüfungsantrag ein Widerruf des Verzichts im Sinne des § 46 Abs. 1 2. Hs. SGB I gesehen werden. Ein solcher könne jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden.

Gegen den ihm am 06.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.04.2006 Berufung erhoben. Er behauptet, dass er dem Vergleich nur zugestimmt habe, weil ihm seitens des Senats "angedroht" worden sei, dass bei Nichtzustimmung sein Vermögen höher zu bewerten sei. Er habe bereits mit seiner Eingabe vom 05.07.2002 das korrekte Zustandekommen des Vergleichs angezweifelt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 27.03.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2005 zu verurteilen, die Bescheide vom 28.02.1999 und 17.05.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2000 zurückzunehmen und ihm für die Zeit vom 13.01.2000 bis 12.12.2001 Arbeitslosenhilfe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides.

Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der den Kläger betreffenden Leistungsakten der Beklagten sowie auf den Inhalt der beigezogenen Streitakte LSG NRW - Az. L 9 AL 224/01.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht abgewiesen und den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 05.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2005 als rechtmäßig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angesehen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 28.02.1999 und 17.05.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2000 und Zahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 13.01.2000 bis 12.12.2001.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Die Rücknahme der vom Kläger ursprünglich angefochtenen Bescheide vom 28.02.1999 und 17.05.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2000 (wie auch des den Vergleich ausführenden Bescheides vom 11.07.2002) ist nicht zulässig. Im Hinblick auf die Überprüfung eines Prozessvergleichs ist - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - zu unterscheiden: Kann der Vergleich dahingehend ausgelegt werden, dass durch einen darin enthaltenen Verzicht lediglich weitere Ansprüche im Vorprozess nicht mehr geltend gemacht werden sollten, so ist eine spätere Überprüfung im Wege des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X grundsätzlich möglich. Wird in dem Vergleich allerdings ein materiell-rechtlicher Verzicht im Sinne des § 46 Abs. 1 1. Hs. SGB I vereinbart, kann wegen der damit verbundenen materiell-rechtlichen Wirkung nach Abschluss des Vergleichs kein Anspruch nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf Rücknahme oder Neufeststellung mit Wirkung für die Vergangenheit geltend gemacht werden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.10.1985 - Az.: 11 a RA 58/84, SozR 2200 § 1251 Nr. 115; LSG Niedersachsen, Urteil vom 03.03.1993 - Az.: L 2 J 182/91, E-LSG - J-012).

Der streitige Vergleich vom 06.06.2002 hat nach seinem Regelungsgehalt eine echte Doppelnatur und enthält neben seiner prozessbeendenen Wirkung eine materiell-rechtliche Regelung des Sozialrechtsverhältnisses des Klägers. Gegenstand des Vergleichs war die Frage, ob und ggf. ab welchem Zeitpunkt der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe hatte. Indem die Beteiligten vereinbart haben, dass dem Kläger für die Zeit ab 13.12.2001 bis zum 14.10.2002 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen ist, haben sie eine materiell-rechtliche Regelung des Sozialrechtsverhältnisses im Sinne des § 54 SGB X getroffen. Damit verbunden war ein Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen für die Zeit vom 13.01.2000 bis 12.12.2001. Dieser Verzicht hatte nicht nur eine prozessbeendende Bedeutung. Durch den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung wurde klargestellt, dass der Kläger erst für die Zeit ab 13.12.2001 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat. Der Kläger hat dies verstanden und durch seine zur Sitzungsniederschrift erklärte Zustimmung eine entsprechende Willenserklärung abgegeben. Er selbst ist im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses von den Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Verzichts im Sinne des § 46 Abs. 1 1. Hs. SGB I ausgegangen. Dies belegen seine Ausführungen in der Eingabe vom 05.07.2002. Der Kläger hat dort nämlich den Zeitraum von 100 Wochen, für den er keine Arbeitslosenhilfe zu beanspruchen hatte, als "Sperrfrist" bezeichnet. Bestätigt wird dies durch die Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin vom 10.10.2006. Dort hat er vorgetragen, dass er gedacht habe, dass er für 100 Wochen keine Leistungen erhalte und die Angelegenheit damit erledigt sei.

Demgegenüber bestehen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Vergleich vom 06.06.2002 lediglich als Prozesshandlung gewollt hat und nicht auch die materiell-rechtliche Regelung des Sozialrechtsverhältnisses. Insbesondere geben die Umstände nichts dafür her, dass er sich angesichts der Ausführungen des Senates in dem vorgeschalteten Hinweis zunächst nur über einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 13.12.2001 hat vergleichen, jedoch für die zurückliegende Zeit ab 13.01.2000 nicht auf Arbeitslosenhilfe hat verzichten und sich die Geltendmachung dieses Anspruchs hat vorbehalten wollen. Sofern der Kläger sich die Forderung von Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 13.01.2000 bis 13.12.2001 hätte vorbehalten wollen, hätte es nämlich nahe gelegen, das in dem Vergleich enthaltene Anerkenntnis der Beklagten nur als Teilanerkenntnis anzunehmen und den Rechtsstreit im Hinblick auf die zurückliegende Zeit fortzusetzen.

In dem Überprüfungsantrag kann zwar ein Widerruf des Verzichts gesehen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein Widerruf nur mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden kann (§ 46 Abs. 1 2. Hs. SGB I). Der vom Kläger erklärte Widerruf ist hier ohne Bedeutung, da er Leistungen für die Vergangenheit begehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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