L 12 AL 150/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AL 17/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 150/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.05.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 56.658,69 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Mitarbeiter der Klägerin bei der inzwischen beendeten Ausführung des Werkvertrages zwischen der ARGE Sumpfstrecke BW Auguste-Victoria und der Klägerin über das Herstellen von 240 m Sumpfstrecke im Bereich AV 3, 5. Sohle im Bergwerk Auguste-Victoria der Dienstleistungsfreiheit unterlagen.

Die Klägerin ist ein polnisches Unternehmen mit Sitz in Katowice in Polen. Sie unterhält in Deutschland eine Zweigniederlassung in N. Diese wird im Rahmen der zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Republik Polen geschlossenen Regierungsvereinbarung zur Ausführung von Werkverträgen im Bundesgebiet mit ihren aus Polen entsandten Arbeitnehmern tätig.

Am 21.12.2004 schlossen die Klägerin und die ARGE Sumpfstrecke BW Auguste-Victoria, Deilmann-Haniel GmbH/Thyssen Schachtbau GmbH einen Werkvertrag. Gegenstand des Vertrages ist nach § 1 Werkvertrag die Ausführung von Arbeiten zur Herstellung von ca. 240 m Sumpfstrecke im Bereich AV 3, 5. Sohle im Bergwerk Auguste-Victoria, Karl-Duisberg-Straße in 45772 Marl. Die Ausführung sollte am 24.01.2005 beginnen und am 30.09.2005 enden. Dieser Zeitrahmen gilt gemäß § 2 des Werkvertrages unter der Voraussetzung, dass Arbeits- und Aufenthaltserlaubnisse für die erforderlichen Fachkräfte der Klägerin durch die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig erteilt werden. Das Leistungsverzeichnis der ARGE Sumpfstrecke BW Auguste-Victoria, auf welches der Werkvertrag Bezug nimmt, umfasst das Einrichten des Betriebspunkts einschließlich aller Arbeiten, die Demontage von Einbauten und Rohren, den Ersteinbau von Fördermitteln und Geräten, den Umbau der Fördermittel nach Fertigstellung und Senken der Stufe 1, das Einbringen von Klebeankern, Mörtelankern und Litzenankern, den Rauben Verzug mit Hinterfüllung, Sägeschnitte, das Senken von Stufe 1 und Stufe 2, das Einbringen von Sohlen- und Wandbeton, den Einbau von Rohren und das Abrüsten des Betriebspunktes. Grundlage dieser Arbeiten war das Leistungs- und Preisverzeichnis der DSK Deutsche Steinkohle AG. Hierin ist das Projekt wie folgt beschrieben: "Im Zusammenhang mit der kompletten Neuausrichtung der Wasserhaltung ist die Verlegung der Hauptwasserhaltung vom Standort Auguste-Vicotria 1/2 zum Schacht Auguste-Victoria 3 auf der 5. Sohle vorgesehen. Einer der hierfür erforderlichen Schritte ist die Erstellung einer Sumpfstrecke. Die Sumpfstrecke ist im südlichen Umtrieb auf der 5. Sohle zu errichten. Um ein ausreichendes Speichervolumen (ca. 3.700 m3) zu erreichen, muss der südliche Umtrieb auf einer Länge von 240 m um 4 m durchgesenkt werden.

Für die sichere Ausführung der Arbeiten sind unserer Ansicht nach folgende Bergfach-kräfte erforderlich: ( ...)"

Mit Schreiben vom 28.12.2004 forderte die Klägerin die Beklagte zu der Bestätigung auf, dass es sich bei der Ausführung des Werkvertrages um eine genehmigungsfreie Tätigkeit handele. Es sei beabsichtigt, für die Ausführung des Werkvertrages 16 Mitarbeiter einzusetzen. Dabei handele es sich um einen Betriebsstellenleiter, zwei Steiger und 14 Hauer. Sie, die Klägerin, gehe von einer Genehmigungsfreiheit aus, da die auszuführenden Arbeiten dem Bereich Bergbau zuzuordnen seien.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin am 14.01.2005 ab. Bauarbeiten untertage seien dem Baugewerbe zuzuordnen. Dies gelte auch für die im streitgegenständlichen Werkvertrag aufgeführten Tätigkeiten, da es sich nicht um die reine Gewinnung natürlich vorkommender Rohstoffe wie zum Beispiel Kohle und Erz im Untertage- und Tageabbau handele. Die beabsichtigten Arbeiten seien daher dem Zusicherungsvorbehalt der Beklagten im Rahmen der zwischenstaatlichen Regierungsvereinbarung unterzuordnen und könnten nicht im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ausgeübt werden. Sie sei an die Weisungslage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) gebunden.

Die Klägerin stellte am 18.01.2005 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diesem Antrag wurde mit Beschluss des SG Düsseldorf vom 31.01.2005 stattgegeben. Die von der Beklagten dagegen erhobene Beschwerde wies das Landessozialgericht NRW mit Beschluss vom 13.04.2005 zurück ( S 7 AL 16/05 ER/L 12 B 14/05AL ER).

In der Hauptsache hat die Klägerin am 18.01.2005 Klage vor dem SG Düsseldorf erhoben. Unter Bezugnahme auf die in dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vorgelegten Vertragsunterlagen verweise sie auf die Entscheidung des SG Düsseldorf und des LSG NRW.

Danach sei von der Dienstleistungsfreiheit im streitgegenständlichen Bereich auszugehen. Bei den auszuführenden Arbeiten handele es sich ohne Zweifel um dem Bergbau zuzuordnende Tätigkeiten. Die Beklagte habe zwar aufgrund eines Schreibens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) vom 10.10.2003 ihre bisherige Praxis, bergmännische Tätigkeiten untertage dem Bergbau zuzuordnen, geändert. Es sei jedoch nicht möglich, die fraglichen Arbeiten, die einem Jahrhunderte alten Wirtschaftszweig angehörig seien, praktisch per behördlicher Order dem Baugewerbe unterzuordnen. Ihre Auffassung werde durch die Tatsache bestätigt, dass die Beklagte selbst bis Dezember 2003 die vorliegenden Tätigkeiten zum Wirtschaftsbereich Bergbau gezahlt habe. Die Arbeiten seien von bergmännisch ausgebildeten Fachkräften wie Hauern und Steigern auszuführen. Auch die Deutsche Steinkohle AG habe in ihrem Leistungs- und Preisverzeichnis Bergfachkräfte für die Ausführung der Arbeiten für erforderlich gehalten. Der hierzu befragte Diplomingenieur Dr. E X sei zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Auffahren von 240 m Strecke untertage um Bergbau handele. Wäre die Lesart der Beklagten, dass nur noch Tätigkeiten des reinen Kohleabbaus dem Tarifbereich Bergbau zuzuordnen seien, richtig, so würde die IGBCE laufend Tarifverträge außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches abschließen. Sozialrechtlich handele es sich bei den vorliegenden Tätigkeiten um solche, die nach § 138 Abs. 4 SGB VI (Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) eindeutig dem Zuständigkeitsbereich der Bundesknappschaft zuzuordnen seien. Die Tätigkeiten unterlägen auch ausschließlich der Bergaufsicht nach dem Bundesbergbaugesetz (BbergG). Bergbau sei nach der bundesrechtlichen Legaldefinition in §§ 2 und 4 BbergG jede Tätigkeit, die das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen sowie das Wiedernutzbarmachen der Oberfläche während und nach der Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen betreffe. Zum Gewinnen von Bodenschätzen seien auch die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten zugehörig. Niemand komme bei diesen Tätigkeiten z.B. auf die Idee, hier die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach dem Baugesetzbuch zu prüfen. Die Auffassung, dass nur der "reine Kohleabbau" Bergbau sei, entspreche auch nicht den einschlägigen Bestimmungen und dem Sprachverständnis. Auch sei Bergbau, gleich ob über- oder untertage, immer mit Erdbewegungsarbeiten verbunden. Um Bodenschätze zu erschließen, müsse man notwendigerweise Erdreich bewegen. Dies sei auch beim reinen Kohleabbau in großen Mengen der Fall. Im Erzabbau werde z.B. grundsätzlich Gestein mitgefördert, so dass der gewonnene Rohstoff einen Konzentrationsgrad von unter 1 % aufweise. Dies zeige, dass eine Differenzierung zwischen reinem Abbau und sonstigen Tätigkeiten nur in der Bürokratie möglich sei. Auch komme niemand auf den Gedanken, einen Bergbaubetrieb tariflich, sozialversicherungsrechtlich oder verwaltungsrechtlich in verschiedene Funktionen/ Tätigkeitsbereiche aufzuspalten. So sei die kaufmännische Abteilung eines Bergwerks nicht bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschart zu versichern, Lade- und Lkw-Fahrer unterfielen nicht dem Tarifbereich des Speditionsgewerbes.

Die Praxis der Beklagten verstoße gegen das gemeinschaftsrechtlich normierte Verbot, die Zugangsbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmer der Beitrittsländer nach Unterzeichnung des Beitrittsvertrages durch Anwendung von Übergangsbestimmungen zu verschlechtern. Deutschland habe nach dem EU-Beitritt von Polen zum 01.05.2004 Vorbehalte bezüglich der Geltung der Grundfreiheiten im Verhältnis zu Polen vereinbart. Dadurch sei die Freizügigkeit für das Baugewerbe einschließlich der verwandten Wirtschaftszweige eingeschränkt. In der Vereinbarung sei aber vorgesehen, dass diese nicht gegenüber den zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages geltenden Bedingungen zu Verschlechterungen für die zeitweilige Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen zwischen Deutschland bzw. Österreich und Polen führen dürfe. Die neue Handhabung der Beklagten habe weitreichende Konsequenzen. Nunmehr sei der jeweilige Unternehmer verpflichtet, den höheren Mindestlohn für das Baugewerbe anstatt den Mindestlohn für den Bergbau zu zahlen. Auch seien jeweils Zusicherungsbescheide bei der Beklagten zu beantragen. Gleiches gelte für entsprechende Arbeitserlaubnisse und Aufenthaltserlaubnisse. Außerdem erhebe die Beklagte Laufzeitgebühren, die unabhängig von einem etwaigen Rechtsmittelverfahren sofort fällig seien. Zusätzlich entstehe die Pflicht zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren der Bauwirtschaft. Gleichzeitig habe der Unternehmer die Vorschriften der Arbeitnehmerüberlassungsgesetze zu beachten. Die Klägerin sei seit vielen Jahren mit der Ausführung derartiger Verträge im Bundesgebiet befasst. In keinem der Verfahren habe die Beklagte vor dem 1.12.2003 die Mindestlöhne für das Baugewerbe, ZVK-Meldungen oder Quotierungsnachweise angefordert.

Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des SG Nürnberg (S 5 AL 223/04 ER und S 5 AL 473/04) ständen dem nicht entgegen. Dort gehe es um die Erteilung von Zusicherungsbescheiden ab 01.03.2004. Zu den in hiesigen Verfahren maßgeblichen Fragen enthielten die Entscheidungen des SG Nürnberg aufgrund ihres Entstehungsdatums nichts. Das SG Nürnberg sei im Übrigen der Behauptung der Beklagten aufgesessen, es gebe eine europarechtliche Wirtschaftsklassifikation, nach der das Auffahren von Strecken untertage neuerdings dem Baugewerbe zuzuordnen sei. Die dort vorgenommene Klassifikation basiere jedoch auf nicht autorisierten Wirtschaftsstatistiken und habe nichts mit Ziffer 1 bis 4 des NACE Codes zu tun.

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte, die sich schließlich auf eine Ausnahme von der Dienstleistungsfreiheit berufe, im Zweifel nachzuweisen habe, dass nur eine annähernd klare verbindliche und bestimmte Norm des Gemeinschaftsrechts existiere, welche eine Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten zum Baugewerbe ermögliche. Dies sei ihr nicht gelungen. Ausgangspunkt der Abgrenzung der Wirtschaftsbereiche Baugewerbe und Bergbau sei der Text des Anhangs XII, Ziffer 2.13 der Beitrittsakte - Polen -. Dort werde Baugewerbe definiert als die in Ziffer 45. 1 bis 4 des NACE Codes genannten Tätigkeiten. Ferner seien zum Baugewerbe alle als verwandte Wirtschaftszweige im Anhang in Richtlinie 96/7I/EG aufgeführten Tätigkeiten zugehörig. Weitere Rechtsgrundlagen seien für die streitentscheidende Frage nicht relevant. Insbesondere werde dem nationalen Gesetzgeber oder der nationalen Verwaltung keine Möglichkeit eröffnet, von den gemeinschaftsrechtlichen Definitionen der Wirtschaftszweige abzuweichen. Dies stelle die Präambel zur EWG-Verordnung 3037/90 ausdrücklich klar indem sie anordne, dass die Systematisierung der Wirtschaftszweige in Mitgliedsstaaten unbedingt einheitlich zu erfolgen habe. So enthalte z.B. das Arbeitnehmerentsendegesetz vom 26.2.1996 keine eigenständige Definition des Wirtschaftszweigs Baugewerbe. Es verweise lediglich auf die Baubetriebeverordnung. Die Baubetriebeverordnung vom 28.10.1980 bestimme, dass die ganzjährige Beschäftigung im Baugewerbe durch Wintergeld und das Winterausfallgeld in Betrieben zu fördern sei, die überwiegend Bauleistungen nach § 211 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch erbrächten. § 1 Abs. 1 Baubetriebeverordnung nenne in § 1 Abs. 2 Ziffer 24 auch solche Betriebe, die Schacht- und Tunnelbauarbeiten verrichten. Bergmännische Tätigkeiten ordne die Baubetriebeverordnung nicht dem Baugewerbe zu. Zwar seien Arbeiten, die dem Verkehrswegebau und z. B. dem Erstellen von Straßen- und Eisenbahntunneln dienten durchaus § 1 Abs. 1 Nr. 24 der Baubetriebeverordnung zuzuordnen. Im Bergbau sei es jedoch so, dass keine "Tunnel gebaut", sondern "Strecken vorgetrieben" würden. Die Baubetriebeverordnung sei überdies eine Bundesrechtsverordnung. In der dazugehörigen Ermächtigungsgrundlage, dem zwischenzeitlich aufgehobenen § 74 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei der Bundesminister für Arbeit ermächtigt worden durch Rechtsverordnung zu bestimmen, in welchen Betrieben des Baugewerbes die Gewährung von Schlechtwettergeld zulässig sei. Keinesfalls sei hierin eine Ermächtigung zur Definition von Betrieben des Baugewerbes enthalten.

Die der Entscheidung des BMWA zugrundeliegenden Urteile der Arbeitsgerichtsbarkeit seien in der vorliegenden Frage nicht einschlägig. Eine arbeitsgerichtliche Rechtsprechung, die Tätigkeiten von Bergleuten in Bergbauunternehmen dem Tarifvertragsbereich Baugewerbe zuordne, gebe es nicht. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BAG vom 25.10.2000 (4 AZR 572/99) betreffe die Anwendung des richtigen Lohntarifs auf ein Arbeitsverhältnis, das ohne jeden Zweifel dem persönlichen Geltungsbereich des Bautarifvertrages unterlegen habe. Die Frage, ob der Bautarif überhaupt zur Anwendung komme, habe dem BAG nicht zur Entscheidung vorgelegen. Es sei lediglich um die Tarifstufe in einem tarifgebundenen Tätigkeitsbereich gegangen. Aus dem Urteil des hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23.8.2004 (16/10 Sa 510/03) ergebe sich aber ebenso wie aus der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme der Bezirksregierung Arnsberg, dass sie, die Klägerin, richtig liege.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine Kopie der Sitzungsniederschrift in der Sache L 1 B 42/04 AL ER LSG NRW sowie eine Kopie der Entscheidung des hessischen Landesarbeitsgerichts (Az. 16/10 Sa 510/03) und der Stellungnahme der Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung Bergbau und Energie NRW vom 9.2.2005 zu den Akten gereicht.

Die Klägerin hat vor dem SG beantragt,

festzustellen, dass ihre Mitarbeiter bei der Ausführung des Werkvertrags vom 21.12.2004 zwischen der ARGE Sumpfstrecke BW Augusk; Viktoria, bestehend aus der Deilmann-Haniel GmbH und der Thyssen Schachtbau GmbH, Ruhrstraße 1, 45468 Mühlheim und der Klägerin über das Herstellen von ca. 240 m Sumpfstrecke im Bereich AV 3, 5. Sohle im Bergbau Auguste Victoria, Karl-Duisberg-Straße, 45772 Marl der Dienstleistungsfreiheit unterliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin unterliege mit ihren beabsichtigten Arbeiten nicht der Dienstleistungsfreiheit bzw. Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach dem Beitritt zur EU.

Dies ergebe sich zum einen aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 25.10.2000 - 4 AZR 592/99).

Die in Rede stehenden Arbeiten seien zum anderen von dem NACE Code erfasst, der Ausnahmen von der Freizügigkeit bestimme. Zu den Tätigkeiten, bei denen von einer Ausnahme von der Freizügigkeit auszugehen sei, gehörten im Sektor Bau u.a. vorbereitende Arbeiten wie Abbruch-, Spreng- und Erdbewegungsarbeiten, Test- und Suchbohrungen sowie im Hoch- und Tiefbaubereich, Hochbau, Brückenbau und Tunnelbau sowie ähnliche Arbeiten. Die Vortriebs- und Sicherungsarbeiten, die in dem streitigen Werkvertrag zur Erstellung einer Sumpfstrecke im Rahmen der Erstellung der Hauptwasserhaltung auf dem Bergbau Auguste Victoria vorgesehen seien, seien im weiteren Sinne dem Tunnelbau bzw. den Spreng- und Erdbewegungsarbeiten zuzurechnen. Zum Bergbau sei nur der reine Kohleabbau zugehörig. Die beschriebenen Leistungen gehörten zum Hoch- und Tiefbau und unterlägen hiermit eindeutig den Weisungen des BMWA. Die von dem erkennenden Gericht im einstweiligen Anordnungsverfahren herausgestellte Differenzierung zwischen Bau- und Bergbau zwinge zu einer Unterscheidung zwischen Tätigkeiten, die unmittelbar dem Abbau von Rohstoffen dienten (Dienstleistungsfreiheit) und sonstigen Bautätigkeiten, die einer Arbeitsgenehmigungspflicht unterlägen. Nur der reine Rohstoffabbau könne unter die oben genannte Dienstleistungsfreiheit fallen. Nicht zugehörig seien Vortriebs- und Auffahrarbeiten sowie sonstige Bautätigkeiten, die auf dem Gelände eines Bergbaus ausgeführt würden. Eine willkürliche Beurteilung sei darin nicht zu erblicken.

Auch sei ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot im Sinne von Ziffer 2.13 Anlage XII zum Beitrittsvertrag nicht gegeben. Eine Verschlechterung der Rechtslage sei nicht eingetreten, da der Kohleabbau nach dem Beitritt Polens zur EU nunmehr völlig von der Zustimmungspflicht befreit sei. Nach der alten Rechtslage seien solche Verträge zur Genehmigung vorzulegen gewesen. Es sei somit eine Verbesserung der rechtlichen Situation eingetreten. Für den Fall, dass nicht ausschließlich Kohleabbauarbeiten verrichtet werden, sei - wie bisher- eine Zusicherung einzuholen.

Nichts anderes ergebe die zitierte Rechtsprechung des Sozialgerichts Düsseldorf und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen. Der Beschluss des Landessozialgerichts NRW (L 12 B 93/04) enthalte zu der streitigen Frage der Abgrenzung zwischen Bau- und Bergbau keinerlei aussagekräftigen Ausführungen. Zudem stehe die Entscheidung des Sozialgerichts Nürnberg (S 5 AL 473/04) der Entscheidung der nordrhein-westfälischen Gerichte entgegen.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 18.05.2005 stattgegeben und die beantragte Feststellung ausgesprochen. Zur Begründung hat es wörtlich ausgeführt: "Die Feststellungsklage ist begründet. Die Beklagte hat der Klägerin in ihrem Schreiben vom 13.1.2005 zu Unrecht die Bestätigung verweigert, dass ihre Arbeitnehmer der Dienstleistungsfreiheit unterliegen. Nach dem seit dem 1.1.2005 in Kraft getretenen § 284 Abs. 1 SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch) dürfen Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16.4.2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Litauen, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union beigetreten sind, eine Beschäftigung in Deutschland nur mit Genehmigung der Beklagten ausüben und nur mit dieser Genehmigung beschäftigt werden, soweit nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrags abweichende Regelungen als Übergangsregelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden.

Nach dem Beitritt Polens zur EU am 1.5.2004 besteht grundsätzlich Dienstleistungsfreiheit bzw. Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Rahmen der Europäischen Union. Der Beitrittsvertrag (AblEU L 236 vom 23.9.2003 Seite 1 ff, insbesondere Art. 3 und 24 der Beitrittsakte; EU-Beitrittsvertragsgesetz vom 18.9,2003 (BGBL II Seite 1408)) sieht eine Reihe von Übergangsregelungen im Sinne von § 284 Abs.1 SGB III vor; unter anderem eine bis zu siebenjährige Regelung für Ausnahmen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit. Danach wird der freie Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland gem. Art. 1 bis 6 der VO EG 1612/68 zunächst für zwei Jahre ausgesetzt.

Für den Bergbau ist keine solche Ausnahme von der Dienstleistungsfreiheit vorgesehen. Gemäß Beitrittsvertrag Anhang XII, Art. 24 der Beitrittsakte Polen kann von der Ausnahme der Freizügigkeit aber unter anderem folgender Dienstleistungssektor betroffen sein:

"Baugewerbe einschließlich verwandte Wirtschaftszweige".

Welche Tätigkeiten im Einzelnen dem Baugewerbe einschließlich verwandter Wirtschaftszweige zuzuordnen sind, wird nach Art. 24 der Beitrittsakte durch den NACE Code 45.1 bis 4 geregelt.

Die von der Klägerin im Werkvertrag vom 21.12.2004 übernommenen Arbeiten zur Erstellung von 240 m Sumpfstrecke im Bereich AV 3, 5. Sohle im Bergwerk Auguste-Victoria in Marl unterfallen dem Bergbau. Die polnischen Arbeitnehmer der Klägerin unterliegen der Dienstleistungsfreiheit und bedürfen nicht der Zustimmung der Beklagten nach § 284 SGB III.

Die Kammer verweist zunächst auf ihre Ausführungen im Verfahren S 7 AL 16/05 ER, denen sich das LSG NRW vollumfänglich angeschlossen hat (L 12 B 14/05 AL ER). Darin hat die Kammer bereits ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Arbeiten nicht unter Nr. 45.1 bis 4 des NACE Codes zu subsumieren sind und die Tatsache, dass die DKS Deutsche Steinkohle AG Hauer und Steiger als Arbeitskräfte vorgeschlagen hat, die Zuordnung der Tätigkeiten gerade zum Bergbau unterstreicht.

Die streitentscheidende Frage, ob die in dem Werkvertrag aufgeführten Tätigkeiten dem Baugewerbe oder dem Bergbau zuzuordnen sind, ist auch nach dem weiteren Vorbringen der Beteiligten im Beschwerde- und Hauptsacheverfahren zu Gunsten des Bergbaus zu entscheiden.

Die Ansicht der Beklagten, die Ausnahmetatbestände zu der Dienstleistungsfreiheit durch Anwendung der Baubetriebeverordnung erweitern zu können, teilt das Gericht nicht. Gegen die Ansicht der Beklagten spricht, dass eine Bezugnahme auf die in der Baubetriebeverordnung genannten Bauleistungen ohne Weiteres hätte erfolgen können, wenn dies zur Regelung der Ausnahmen von der Dienstleistungsfreiheit beabsichtigt gewesen wäre. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Selbst wenn aber die Baubetriebeverordnung zu Grunde gelegt werden könnte, so sind die Arbeiten des streitgegenständlichen Werkvertrags nicht unter diese subsumierbar. So geht beispielsweise aus der Wortwahl des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Baubetriebeverordnung ("Aptierungs- und Drainagearbeiten, wie z.B. das Entwässern von Grundstücken und der urbar zu machenden Bodenflächen ( ...)" ) hervor, dass nur Arbeiten auf oder unmittelbar unter der Erdoberfläche gemeint sind. § 1 Abs. 2 Nr. 24 Baubetriebeverordnung erwähnt zwar den Schacht- und Tunnelbau. Bei dem Bau einer Sumpfstrecke viele Meter untertage wird aber weder ein Tunnel, der mit beiden Öffnungen übertage endet, noch ein Schacht ge"baut". Die Beklagte geht mitunter selbst davon aus, dass das Erstellen eines Flözes dem Bergbau unterliegt. Auf das Schreiben vom 9.8.04 auf BI.115 von L 12 B 93/o4 AL ER wird verwiesen. Dass der Bergbau, der der Gewinnung von Rohstoffen dient, schon systematisch nicht der Baubetriebeverordnung zuzuordnen ist, ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss zu § 1 Abs. 2 Nr. 27 Baubetriebeverordnung, der bei Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten solche Betriebe von der Anwendbarkeit der Baubetriebeverordnung ausnimmt, die überwiegend der Gewinnung von Rohmaterialien dienen. Zudem ist kaum vorstellbar, dass der Verordnungsgeber, hätte der den Bergbau der Baubetriebeverordnung unterordnen wollen, einen der ältesten Wirtschaftszweige einfach übersehen hat.

Die Beklagte meint, dass nur die Kerntätigkeit der reinen Rohstoffgewinnung dem Bergbau und alle vor- und nachbereitenden Arbeiten dem Baugewerbe zuzuordnen seien. Niemand komme beispielsweise auf die Idee, den Bau eines Hauses auf dem Gelände eines Bergwerks als Bergbau zu bezeichnen.

Diese enge Auslegung kann nach Ansicht der Kammer keinen Bestand haben. Es kommt maßgeblich auf eine Einzelfallbetrachtung an. Bei der Einordnung von Arbeiten auf dem Gelände eines Bergwerks oder im Bergwerk selbst ist im Einzelfall zu prüfen, ob diese einen Zusammenhang mit dem unmittelbaren Rohstoffabbau aufweisen oder nicht. Dies mag bei dem Bau eines Hauses auf dem Gelände eines Bergwerks durchaus fraglich sein. Bei dem Auffahren einer Sumpfstrecke besteht jedoch der erforderliche Zusammenhang mit der Rohstoffförderung:

Bei der wertenden Einzelbetrachtung ist zunächst auf den Wortlaut abzustellen. Hierbei kann allerdings nicht jede Tätigkeit, die im weiteren Sinne als " ...bau" bezeichnet wird, dem Baugewerbe zugeordnet werden. Hier verweist die Kammer auf das treffende Beispiel der Hessischen LAG, welches den Geigenbau nicht als Baugewerbe klassifiziert (Urteil vom 23.8.2004, Az: 16/10 Sa 510/03). Eine Definition des Bergbaus findet sich aber in §§ 2, 4 Abs. 2 Bundesberggesetz. Darin ist bestimmt, dass auch die mit dem Lösen und Fördern zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten dem Bergbau unterfallen. Eine Sumpfstrecke untertage soll durch das Auffangen von Grundwasser das Bergwerk entwässern. Da ohne die Entwässerung die Rohstoffgewinnung vereitelt würde, sind die streitgegenständlichen Arbeiten darauf ausgerichtet, die sachgerechte Gewinnung von Bodenschätzen zu ermöglichen.

Dass nicht nur der reine Rohstoffabbau dem Bergbau unterliegt, wird offensichtlich auch in der Praxis so gesehen. Hierzu wird auf die Stellungnahme des Bergwerkdirektors a.D. Dr.X vom 2.12.2004 und das Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 8 Bergbau und Energie vom 9.2.05 Bezug genommen.

Bezieht man die historische Entwicklung der Sozialversicherungssysteme in Deutschland mit ihrer Unterscheidung von Bergbau und Bau in die Auslegung ein, wird ebenfalls deutlich, dass die Tätigkeiten nur dem Bergbau zugeordnet werden können (Sozialgericht Düsseldorf, Beschluss vom 24.1.05, S 32 AL 453/04 ER). So sieht § 138 Abs. 4 SGB VI (Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) auch heute noch vor, dass räumlich und betrieblich mit einem Bergwerk zusammenhängende Arbeiten der Knappschaft zuzuordnen sind. Die Beklagte hat diese Einteilung selbst bis Dezember 2003 nicht in Frage gestellt.

Die Entscheidungen des SG Nürnberg (S 5 AL 223/04 und S 5 AL 473/04) hält die Kammer vorliegend nicht für einschlägig. Sie behandeln Auffahrarbeiten und nicht das Erstellen einer Sumpfstrecke. Zudem sind für einen Zeitraum vor dem Beitritt Polens zur EU ergangen und setzen sich nicht mit dem NACE Code auseinander. Die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen (BAG - 4 AZR 572/99 und AG Wiesbaden - 2 Ca 2151/02) beschäftigen sich nicht mit der tatsächlichen Abgrenzung von Bergbau und Bau nach den Maßgabe des NACE Codes, sondern behandeln die Auslegung von Tarifverträgen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Kammer im Verfahren S 7 AL 16/05 ER wird Bezug genommen.

Ob durch die Vorgehensweise der Beklagten gegen das gemeinschaftsrechtlich normierte Verbot, die Zugangsbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmer der Beitrittsländer nach Unterzeichnung des Beitrittsvertrages durch Anwendung von Übergangsbestimmungen zu verschlechtern, verstoßen wird, kann hier offen bleiben. Die Kammer hält die Entscheidung der Beklagten bereits aus den oben genannten Gründen für rechtswidrig. Von einer Vorlage des Rechtsstreits gem. Art. 234 des EGV kann daher abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG."

Gegen dieses ihr am 13.06.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 22.06.2005 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagte weist zunächst darauf hin, dass die Arbeiten inzwischen abgeschlossen worden seien. Damit sei einer Feststellungsklage und ggfs. einer Fortsetzungsfeststellungsklage der Boden entzogen worden. Die Klage sei jedenfalls mit Abschluss der Arbeiten unzulässig geworden.

Ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei nicht zu erkennen. Die Klägerin könnte sich zwar allgemein auf künftige, die Dienstleistungsfreiheit verneinende Entscheidungen der Beklagten berufen, jedoch reiche ein wirtschaftliches, vom konkreten Fall (Werkvertrag) losgelöstes Interesse nicht aus. Die angestrebte Entscheidung müsse die Situation der Klägerin in den konkreten Werkvertragsverfahren verbessern, was aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich sei. Aus dem gleichen Grund könne sich die Klägerin nicht auf eine in absehbarer Zeit bestehende Wiederholungsgefahr berufen. Ein allgemeines Interesse dergestalt, dass die Klägerin ihre Rechtsansicht bestätigt sehen möchte, reiche nicht aus.

In der Sache selbst ergänzt und wiederholt die Beklagte ihre in erster Instanz vertretene Rechtsauffassung. Sie verbleibt bei der Auffassung, dass nur der reine Kohleabbau der Dienstleistungsfreiheit unterliege, nicht aber sonstige Arbeiten, die diesen erst vorbereiten sollten. Wegen der Einzelheiten des genauen Berufungsvortrages wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 12.12.2005 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.05.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat ihren Antrag auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt und hält diese für zulässig. Sie weist darauf hin, dass sie weiterhin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Bereich des Bergbaus tätig sei. Zur Zeit schwebten noch neun Verfahren, in denen es um die gleiche Rechtsfrage gehe. Es stünden drei weitere Werkverträge aus diesem Bereich kurz vor dem Abschluss. Auch zu diesen Werkverträgen werde von der Beklagten die gleiche Rechtsauffassung wie im vorliegenden Fall vertreten, dass es sich um Tätigkeiten im Bereich Baugewerbe handele, die nicht der Dienstleistungsfreiheit unterlägen. Die üblichen Werkverträge hätten üblicherweise selten eine Laufzeit von mehr als zwölf Monate. Es liege in der Natur der Sache, dass ein Hauptsacheverfahren in der Regel nicht vor Beendigung der Arbeit abgeschlossen sein werde. Es bestehe daher eine sehr große Gefahr der Wiederholungen, zumal die Beklagte selbst signalisiert habe, dass sie auch in Zukunft wie bisher entscheiden werde.

In der Sache selbst verweist die Klägerin auf das von ihr für zutreffend gehaltene Urteil des Sozialgerichts. Wegen der ergänzenden Ausführungen zur Streitfrage wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 02.02.2006 Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, da der Streitwert, der bei einer Feststellungsklage zu ermitteln ist (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 144 Rdnr. 15) 56.658,69 EUR beträgt. Der Senat hat sich bei der Streitwertfestsetzung der Auffassung des 9. Senates, die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.08.2006 zutreffend zitiert worden ist, bereits zuvor in dem Rechtsstreit L 12 B 67/05 AL angeschlossen. Dort hatte der Senat seine gegenteilige Auffassung, wonach die Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 2 GKG zu erfolgen habe, auf die Gegenvorstellung des dortigen Klägers aufgegeben.

Die Feststellungsklage ist zulässig gewesen und auch nach Erledigung der Arbeiten zulässig geblieben. Der Senat folgt den Ausführungen der Klägerin, wonach Wiederholungsgefahr droht. Die Klägerin arbeitet mit ihren Bediensteten sei langem in Deutschland und bietet auch weiterhin die Ausführung entsprechender Werkverträge an. Dabei kommt es in allen Fällen auf die Frage an, ob die den reinen Kohleabbau erst ermöglichenden Arbeiten dem Bergbau oder dem Baugewerbe zuzuordnen sind. Zudem hat die Beklagte noch in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2006 erklärt, dass sie bei gleichbleibender Weisungslage auch in Zukunft bei einem ähnlichen Werkvertrag - wie vorliegend -, nicht von der Dienstleistungsfreiheit ausgehen werde. Würde man hier ein Feststellungsinteresse verneinen, würde man es der Klägerin letztlich verweigern, ihren Standpunkt jemals einer endgültigen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Würde man von der Klägerin verlangen, dass sie die Hauptsacheverfahren jeweils betreiben muss und jeweils nach Beendigung der Werkverträge für erledigt erklären müsste, würde sie immer in neue Verfahren gezwungen, ohne dass die Rechtsfrage endgültig entschieden würde. Die Rechtsfrage würde nur in Eilverfahren oder Kostenbeschlüssen abgehandelt, die einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht zugänglich sind. Das Feststellungsinteresse war daher nach Auffassung des Senats zu bejahen.

Die Feststellungsklage ist auch begründet, denn die Mitarbeiter der Klägerin unterlagen bei der Ausführung des hier streitigen Werkvertrages vom 21.12.2004 (Herstellung von ca. 240 Meter Sumpfstrecke im Bergwerk Auguste-Victoria) der Dienstleistungsfreiheit. Der Senat hat dem ausführlich und sorgfältig begründeten Urteil des Sozialgerichts nichts hinzuzufügen. Dort werden alle von den Beteiligten aufgeführten Argumente berücksichtigt und nach Auffassung des Senats zutreffend abgehandelt. Es wird deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren sind zur Rechtsfrage selbst keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden, die eine Ergänzung des angefochtenen Urteils gebieten würden. Abgesehen vom Vortrag zur Zulässigkeit der Feststellungsklage, auf die der Senat bereits eingegangen ist, wiederholen und konkretisieren sowohl die Beklagte im Schriftsatz vom 12.12.2005 als auch die Klägerin im Schriftsatz vom 02.02.2006 ihre bisherigen Standpunkte. Dass es auf die erneut ergänzend zur Diskussion gestellten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen nicht ankommt, hat das Sozialgericht ebenfalls auf Seite 13 seines Urteils aufgeführt. Auch insoweit folgt der Senat dem Sozialgericht.

Bei der Kostenentscheidung hat der Senat das Urteil des Sozialgerichts ergänzt. Maßgeblich für die Kostenentscheidung ist nicht § 193 SGG, sondern § 197a SGG.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Satz 1 SGG zugelassen, weil er der Frage grundsätzliche Bedeutung zumisst, ob in Fällen wie dem vorliegenden von Dienstleistungsfreiheit auszugehen ist oder nicht. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt, soweit für den Senat erkennbar, bisher nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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