Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 20 SO 323/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Der Kläger kann sich als Nachlassinsolvenzverwalter nicht auf § 19 Abs. 6 SGB XII stützen, da dieser Anspruch auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld nach dem Tod des Berechtigten, demjenigen zustehen, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Beide Umstände treffen auf den Kläger als Nachlassinsolvenzverwalter nicht zu.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.07.2008 in Form des Änderungsbescheides vom 15.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.09.2008.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin aufgrund des Bescheides vom 18.07.2007 in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 Leistungen zur Pflege in Höhe von 943,83 EUR monatlich (Bl. 164 VA).
Mit Bescheid vom 15.07.2008 wurde die Leistungsgewährung ab 01.01.2008 aufgehoben und Leistungen für die Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 i.H.v. 3.915,09 EUR zurückgefordert (Bl. 202 VA).
Der dagegen 04.08.2008 eingelegte Widerspruch hatte teilweise Erfolg (Bl. 225 VA). Am 15.09.2008 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem die Rückforderungssumme von 3.915,09 EUR auf 3.008,69 EUR reduziert wurde (Bl. 280 VA). Des Weiteren wurde in dem Bescheid ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege der Klägerin ab 1.1.2008 festgestellt (Bl. 280 VA).
Darüber hinaus wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 zurückgewiesen (Bl. 297 VA).
Die Klägerin erhob am 04.11.2008 Klage beim Sozialgericht Frankfurt.
Der Beklagte hat im Schreiben vom 07.04.2009 mitgeteilt, dass die Klägerin ihren Eigenmitteleinsatz nicht in hinreichender Höhe erbringe und Forderungen beim DRK C Stadt bestünden (Bl. 54 GA).
Mit Bescheid vom 20.03.2009 gewährte der Beklagte der Klägerin Hilfe zur Pflege ab 01.01.2009 in Höhe von 73,17 EUR monatlich (Bl. 82 GA).
Die Klägerin ist im Dezember 2009 verstorben (Bl. 98 VA).
Die Prozessbevollmächtigte hat mitgeteilt, dass das Verfahren nicht durch die Erben fortgesetzt wird. Die Erben würden die Eröffnung eines Nachlassinsolventverfahrens beantragen (Bl. 102 GA).
Mit Schreiben vom 04.02.2010 hat die damalige Kammervorsitzende die Prozessbevollmächtigte aufgefordert, eine prozessbeendende Erklärung abzugeben, da mit dem Tod die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin nach § 70 SGG ende (Bl. 104GA).
Mit Schreiben vom 11.03.2010 hat die Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass der jetzige Kläger als Nachlassinsolvenzverwalter eingesetzt worden sei (Bl. 106 GA).
Das Amtsgericht Offenbach hat mit Beschluss vom 17.05.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 110 GA).
Nach Aufforderung durch das Gericht hat der Kläger erklärt, dass das Verfahren fortgeführt werden soll (Bl. 115 GA).
Die nach einem Vorsitzwechsel zuständige Richterin hat im Schreiben vom 15.11.2011 ausgeführt, dass das Gericht nach Prüfung der Sach- und Rechtslage die Auffassung vertrete, dass der Nachlassinsolvenzverwalter nicht aktivlegitimiert sei, die Ansprüche der verstorbenen Klägerin betreffend die Hilfe zur Pflege ab 01.01.2008 geltend zu machen (Bl. 130 GA).
Der Kläger hat am 25.07.2013 die Insolvenzanfechtung gegenüber dem Beklagten nach § 134 InsO erklärt (Bl. 145 GA).
Mit Schreiben vom 18.01.2012 wurden die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheids angehört (Bl. 134 GA). Mit Schreiben vom 10.01.2014 hat die damalige Kammervorsitzende mitgeteilt, dass weiterhin die Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei (Bl. 154 GA).
Mit Schreiben vom 04.07.2017 hat die nunmehrige Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass zum 01.07.2017 ein Wechsel im Kammervorsitz eingetreten ist. Es wurde darauf hingewiesen, dass die jetzige Kammervorsitzende die im Schreiben vom 15.11.2011 von der damaligen Vorsitzenden vertretenen Rechtsansicht zur fehlenden Aktivlegimitation des Klägers teile und weiterhin beabsichtigt sei, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, dass die Vollmacht der bisherigen Prozessbevollmächtigten widerrufen worden sei und dass er die Ansicht vertreten, dass von einer Entscheidung nach § 105 Abs. 1 SGG Abstand zu nehmen sei, da die Rechtsfrage, ob der Anspruchsübergang nach § 19 Abs. 6 SGB XII der Insolvenzanfechtung unterliege rechtlich schwierig sei und grundsätzliche Bedeutung habe.
Nach Ansicht des Klägers sei § 17 SGB XII nicht anwendbar. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens sei die bestmögliche Befriedigung aller Gläubiger. Die Übertragbarkeit gemäß § 17 SGB XII bezieht sich nur auf Leistungsansprüche nicht aber auf Sekundäransprüche (Bl. 124 GA). Nach Ansicht des Klägers, ignoriere der Beklagte nach wie vor die lnsolvenzeröffnung und er ignoriere die Anfechtung des Anspruchsübergangs. Ob der Anspruchsübergang nach § l9 Abs. 6 SGB XII der Insolvenzanfechtung unterliege oder nicht, sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die in diesem Rechtsstreit zu klären sein werde. Zur insoweit maßgeblichen insolvenzrechtlichen Rechtslage äußert sich der Beklagte nicht.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid vom 15.07.2008 teilweise aufgehoben mit Bescheide vom 15.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.09.2008 aufzuheben und
2. der Klägerin ab 01.08.2008 Leistungen in Form der Hilfe zur Pflege zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert sei. Bei den Leistungen nach dem SGB XII handele es sich um höchst persönliche Ansprüche, die nicht vererbbar seien (Bl. 121 GA). Daher könne der Kläger als Nachlassinsolvenzverwalter die Ansprüche der Verstorbenen nicht geltend machen (Bl. 121 GA).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist aufgrund der beigezogenen Unterlagen hinsichtlich des vorliegenden Streitgegenstandes umfänglich geklärt. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben nichts vorgetragen, was einer Entscheidung gemäß § 105 SGG entgegenstehen würde. Entgegen der Ansicht des Klägers betrifft der Rechtsstreit nicht die Rechtsfrage, ob der Anspruchsübergang nach § 19 Abs. 6 SGB XII der Insolvenzanfechtung unterliegt. Zur weiteren Begründung wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen. Die zunächst zulässig erhobene Klage ist wegen der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers abzuweisen.
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten kann aus keinem denkbaren Gesichtspunkt erfolgreich geltend gemacht werden. Denn er ist weder Rechtsnachfolger der während des Klageverfahrens verstorbenen Klägerin noch steht ihm ein eigener Anspruch zu.
Grundsätzlich tritt gemäß § 202 SGG i.V. mit § 239 Abs. 1 ZPO im Falle des Todes einer Partei eine Unterbrechung des Gerichtsverfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. Hier greift allerdings § 202 SGG i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO, die Vorschriften sehen vor, dass im Falle der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten; nur auf Antrag des Bevollmächtigten oder des Gegners vom Gericht die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Hier ist das gerichtliche Verfahren mit dem Tod der Klägerin wegen deren Vertretung durch die Prozessbevollmächtigte nicht unterbrochen worden. Da weder die Prozessbevollmächtigte noch der Beklagte einen entsprechenden Antrag gestellt hat, war auch keine Aussetzung anzuordnen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. Dezember 2015 – L 8 SO 194/11 –, Rn. 21, juris).
Die Prozesspartei ist nach dem Tod eines Prozessbeteiligten grundsätzlich dessen Rechtsnachfolger. Sind – wie hier – Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch streitig, sind dies in erster Linie Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I oder § 19 Abs. 6 SGB XII. Sonderrechtsnachfolger können sein Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Eltern oder Haushaltsführer, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Dies trifft auf den Kläger offensichtlich nicht zu.
Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass Ansprüche nach dem SGB XII zum Nachlass gehörten, also vererblich nach § 58 SGB I wären. Nach § 58 S. 1 SGB I werden fällige Ansprüche auf Geldleistungen, soweit sie nicht nach §§ 56 und 57 einem Sonderrechtsnachfolger zustehen – was vorliegend nicht der Fall ist –, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vererbt. Diese Bestimmung des Ersten Buchs gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, aber nur soweit sich aus den übrigen Büchern gemäß § 37 S. 1 SGB I nichts Abweichendes ergibt (vgl. SG Berlin, Urteil vom 06. Februar 2008 – S 125 AS 6462/07 –, Rn. 13, juris).
Bereits das BVerwG war zum Ergebnis gekommen, dass ein Anspruch auf Pflegegeld nach § 69 BSHG beim Tode des Pflegebedürftigen nicht kraft Sonderrechtsnachfolge i.S. des § 56 Abs. 1 S. 1 SGB I übergeht und ein solcher Anspruch grundsätzlich auch nicht nach § 58 SGB I vererblich ist, selbst dann nicht, wenn er noch vor dem Tode des Pflegebedürftigen rechtshängig geworden war (BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1979 – V C 79.77 –, BVerwGE 58, 68-75). Nichts anderes kann im Grundsatz für das SGB XII gelten.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Kläger auf § 19 Abs. 6 SGB XII stützen kann. Die besondere Rechtsnachfolge des § 19 Abs. 6 SGB XII kommt nur zum Tragen, wenn ein Anspruch des Verstorbenen auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld im Streit stand. Zwar begehrt der Kläger die Gewährung für Leistungen zur Pflege für die verstorbene Klägerin, dennoch kann er sich nicht auf § 19 Abs. 6 SGB XII berufen. Nach § 19 Abs. 6 SGB XII steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Beide Umstände treffen auf den Kläger nicht zu.
Des Weiteren ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 15.07.2008 den Bescheid vom 18.07.2007 ab 01.01.2008 neben der Ablehnung weiterer Leistungsbewilligung ab 01.08.2008 - dies aufgrund seiner Ansicht nach als Vermögen bzw. Einkünfte einzusetzender Mieteinnahmen mit der Folge des Wegfalls der Hilfebedüftigkeit – Leistungen aufgehoben hat und überzahlte Leistungen in Höhe von (später korrigierten) 3.008,69 EUR von der verstorbenen Leistungsempfängerin zurückforderte.
Soweit Gegenstand des Verfahrens danach zusätzlich gegenüber der Verstorbenen ausgesprochene Rückzahlungsforderungen sind, sind diese ohnehin nicht "vererblich", sondern gegen etwaige Rechtsnachfolger durch den Beklagten erneut geltend zu machen.
Aus den dargelegten Gründen ist eine Aktivlegitimation des Klägers nicht ersichtlich, weshalb die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung nach § 144 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGG statthaft.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.07.2008 in Form des Änderungsbescheides vom 15.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.09.2008.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin aufgrund des Bescheides vom 18.07.2007 in der Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 Leistungen zur Pflege in Höhe von 943,83 EUR monatlich (Bl. 164 VA).
Mit Bescheid vom 15.07.2008 wurde die Leistungsgewährung ab 01.01.2008 aufgehoben und Leistungen für die Zeit vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 i.H.v. 3.915,09 EUR zurückgefordert (Bl. 202 VA).
Der dagegen 04.08.2008 eingelegte Widerspruch hatte teilweise Erfolg (Bl. 225 VA). Am 15.09.2008 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem die Rückforderungssumme von 3.915,09 EUR auf 3.008,69 EUR reduziert wurde (Bl. 280 VA). Des Weiteren wurde in dem Bescheid ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege der Klägerin ab 1.1.2008 festgestellt (Bl. 280 VA).
Darüber hinaus wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 zurückgewiesen (Bl. 297 VA).
Die Klägerin erhob am 04.11.2008 Klage beim Sozialgericht Frankfurt.
Der Beklagte hat im Schreiben vom 07.04.2009 mitgeteilt, dass die Klägerin ihren Eigenmitteleinsatz nicht in hinreichender Höhe erbringe und Forderungen beim DRK C Stadt bestünden (Bl. 54 GA).
Mit Bescheid vom 20.03.2009 gewährte der Beklagte der Klägerin Hilfe zur Pflege ab 01.01.2009 in Höhe von 73,17 EUR monatlich (Bl. 82 GA).
Die Klägerin ist im Dezember 2009 verstorben (Bl. 98 VA).
Die Prozessbevollmächtigte hat mitgeteilt, dass das Verfahren nicht durch die Erben fortgesetzt wird. Die Erben würden die Eröffnung eines Nachlassinsolventverfahrens beantragen (Bl. 102 GA).
Mit Schreiben vom 04.02.2010 hat die damalige Kammervorsitzende die Prozessbevollmächtigte aufgefordert, eine prozessbeendende Erklärung abzugeben, da mit dem Tod die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin nach § 70 SGG ende (Bl. 104GA).
Mit Schreiben vom 11.03.2010 hat die Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass der jetzige Kläger als Nachlassinsolvenzverwalter eingesetzt worden sei (Bl. 106 GA).
Das Amtsgericht Offenbach hat mit Beschluss vom 17.05.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 110 GA).
Nach Aufforderung durch das Gericht hat der Kläger erklärt, dass das Verfahren fortgeführt werden soll (Bl. 115 GA).
Die nach einem Vorsitzwechsel zuständige Richterin hat im Schreiben vom 15.11.2011 ausgeführt, dass das Gericht nach Prüfung der Sach- und Rechtslage die Auffassung vertrete, dass der Nachlassinsolvenzverwalter nicht aktivlegitimiert sei, die Ansprüche der verstorbenen Klägerin betreffend die Hilfe zur Pflege ab 01.01.2008 geltend zu machen (Bl. 130 GA).
Der Kläger hat am 25.07.2013 die Insolvenzanfechtung gegenüber dem Beklagten nach § 134 InsO erklärt (Bl. 145 GA).
Mit Schreiben vom 18.01.2012 wurden die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheids angehört (Bl. 134 GA). Mit Schreiben vom 10.01.2014 hat die damalige Kammervorsitzende mitgeteilt, dass weiterhin die Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei (Bl. 154 GA).
Mit Schreiben vom 04.07.2017 hat die nunmehrige Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass zum 01.07.2017 ein Wechsel im Kammervorsitz eingetreten ist. Es wurde darauf hingewiesen, dass die jetzige Kammervorsitzende die im Schreiben vom 15.11.2011 von der damaligen Vorsitzenden vertretenen Rechtsansicht zur fehlenden Aktivlegimitation des Klägers teile und weiterhin beabsichtigt sei, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, dass die Vollmacht der bisherigen Prozessbevollmächtigten widerrufen worden sei und dass er die Ansicht vertreten, dass von einer Entscheidung nach § 105 Abs. 1 SGG Abstand zu nehmen sei, da die Rechtsfrage, ob der Anspruchsübergang nach § 19 Abs. 6 SGB XII der Insolvenzanfechtung unterliege rechtlich schwierig sei und grundsätzliche Bedeutung habe.
Nach Ansicht des Klägers sei § 17 SGB XII nicht anwendbar. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens sei die bestmögliche Befriedigung aller Gläubiger. Die Übertragbarkeit gemäß § 17 SGB XII bezieht sich nur auf Leistungsansprüche nicht aber auf Sekundäransprüche (Bl. 124 GA). Nach Ansicht des Klägers, ignoriere der Beklagte nach wie vor die lnsolvenzeröffnung und er ignoriere die Anfechtung des Anspruchsübergangs. Ob der Anspruchsübergang nach § l9 Abs. 6 SGB XII der Insolvenzanfechtung unterliege oder nicht, sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die in diesem Rechtsstreit zu klären sein werde. Zur insoweit maßgeblichen insolvenzrechtlichen Rechtslage äußert sich der Beklagte nicht.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid vom 15.07.2008 teilweise aufgehoben mit Bescheide vom 15.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.09.2008 aufzuheben und
2. der Klägerin ab 01.08.2008 Leistungen in Form der Hilfe zur Pflege zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert sei. Bei den Leistungen nach dem SGB XII handele es sich um höchst persönliche Ansprüche, die nicht vererbbar seien (Bl. 121 GA). Daher könne der Kläger als Nachlassinsolvenzverwalter die Ansprüche der Verstorbenen nicht geltend machen (Bl. 121 GA).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist aufgrund der beigezogenen Unterlagen hinsichtlich des vorliegenden Streitgegenstandes umfänglich geklärt. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben nichts vorgetragen, was einer Entscheidung gemäß § 105 SGG entgegenstehen würde. Entgegen der Ansicht des Klägers betrifft der Rechtsstreit nicht die Rechtsfrage, ob der Anspruchsübergang nach § 19 Abs. 6 SGB XII der Insolvenzanfechtung unterliegt. Zur weiteren Begründung wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen. Die zunächst zulässig erhobene Klage ist wegen der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers abzuweisen.
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten kann aus keinem denkbaren Gesichtspunkt erfolgreich geltend gemacht werden. Denn er ist weder Rechtsnachfolger der während des Klageverfahrens verstorbenen Klägerin noch steht ihm ein eigener Anspruch zu.
Grundsätzlich tritt gemäß § 202 SGG i.V. mit § 239 Abs. 1 ZPO im Falle des Todes einer Partei eine Unterbrechung des Gerichtsverfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. Hier greift allerdings § 202 SGG i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO, die Vorschriften sehen vor, dass im Falle der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten; nur auf Antrag des Bevollmächtigten oder des Gegners vom Gericht die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Hier ist das gerichtliche Verfahren mit dem Tod der Klägerin wegen deren Vertretung durch die Prozessbevollmächtigte nicht unterbrochen worden. Da weder die Prozessbevollmächtigte noch der Beklagte einen entsprechenden Antrag gestellt hat, war auch keine Aussetzung anzuordnen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. Dezember 2015 – L 8 SO 194/11 –, Rn. 21, juris).
Die Prozesspartei ist nach dem Tod eines Prozessbeteiligten grundsätzlich dessen Rechtsnachfolger. Sind – wie hier – Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch streitig, sind dies in erster Linie Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I oder § 19 Abs. 6 SGB XII. Sonderrechtsnachfolger können sein Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Eltern oder Haushaltsführer, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Dies trifft auf den Kläger offensichtlich nicht zu.
Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass Ansprüche nach dem SGB XII zum Nachlass gehörten, also vererblich nach § 58 SGB I wären. Nach § 58 S. 1 SGB I werden fällige Ansprüche auf Geldleistungen, soweit sie nicht nach §§ 56 und 57 einem Sonderrechtsnachfolger zustehen – was vorliegend nicht der Fall ist –, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vererbt. Diese Bestimmung des Ersten Buchs gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, aber nur soweit sich aus den übrigen Büchern gemäß § 37 S. 1 SGB I nichts Abweichendes ergibt (vgl. SG Berlin, Urteil vom 06. Februar 2008 – S 125 AS 6462/07 –, Rn. 13, juris).
Bereits das BVerwG war zum Ergebnis gekommen, dass ein Anspruch auf Pflegegeld nach § 69 BSHG beim Tode des Pflegebedürftigen nicht kraft Sonderrechtsnachfolge i.S. des § 56 Abs. 1 S. 1 SGB I übergeht und ein solcher Anspruch grundsätzlich auch nicht nach § 58 SGB I vererblich ist, selbst dann nicht, wenn er noch vor dem Tode des Pflegebedürftigen rechtshängig geworden war (BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1979 – V C 79.77 –, BVerwGE 58, 68-75). Nichts anderes kann im Grundsatz für das SGB XII gelten.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der Kläger auf § 19 Abs. 6 SGB XII stützen kann. Die besondere Rechtsnachfolge des § 19 Abs. 6 SGB XII kommt nur zum Tragen, wenn ein Anspruch des Verstorbenen auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld im Streit stand. Zwar begehrt der Kläger die Gewährung für Leistungen zur Pflege für die verstorbene Klägerin, dennoch kann er sich nicht auf § 19 Abs. 6 SGB XII berufen. Nach § 19 Abs. 6 SGB XII steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Beide Umstände treffen auf den Kläger nicht zu.
Des Weiteren ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 15.07.2008 den Bescheid vom 18.07.2007 ab 01.01.2008 neben der Ablehnung weiterer Leistungsbewilligung ab 01.08.2008 - dies aufgrund seiner Ansicht nach als Vermögen bzw. Einkünfte einzusetzender Mieteinnahmen mit der Folge des Wegfalls der Hilfebedüftigkeit – Leistungen aufgehoben hat und überzahlte Leistungen in Höhe von (später korrigierten) 3.008,69 EUR von der verstorbenen Leistungsempfängerin zurückforderte.
Soweit Gegenstand des Verfahrens danach zusätzlich gegenüber der Verstorbenen ausgesprochene Rückzahlungsforderungen sind, sind diese ohnehin nicht "vererblich", sondern gegen etwaige Rechtsnachfolger durch den Beklagten erneut geltend zu machen.
Aus den dargelegten Gründen ist eine Aktivlegitimation des Klägers nicht ersichtlich, weshalb die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung nach § 144 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGG statthaft.
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