Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AY 3/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 59/06 AY
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.09.2006 geändert. Den Klägern wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt U, N, Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Verfahrens erster Instanz bewilligt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.09.2006, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 29.09.2006 nicht abgeholfen hat, ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im Sinne von § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt. Im vorliegenden Fall hält der Senat noch weitere Sachverhaltsermittlungen für erforderlich. In diesem Fall kann die Erfolgsaussicht in der Regel nicht verneint werden (vgl. hierzu Keller-Leiterer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73a Rn. 7a). Die Beteiligten streiten über die Anspruchseinschränkung des § 1a Nr. 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nrn. 4 u. 5 und ihrer Familienangehörigen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG, bei denen aus von ihnen zu vertretenen Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten Leistungen nach dem AsylbLG, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Bei den Klägern handelt es sich um geduldete Ausländer, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, nachdem das verwaltungsgerichtliche Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 15.09.2005 (Az.: 17 A 3802/03) zu Ungunsten der Kläger ausgegangen ist. Zwar dürfte nach der Entscheidung des Landgerichtes Essen im Verfahren 30 Ns 142/04 LG Essen vom 15.04.2005 und der genannten Entscheidung des OVG NRW kein Zweifel daran bestehen, dass die Kläger türkischer Herkunft sind. Allerdings könnte die Ausbürgerungsverfügung des Klägers vom 24.02.2003 der Anwendung des § 1a Nr. 2 AsylbLG entgegenstehen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass beim Verlust der Staatsangehörigkeit dem Betreffenden zugemutet werden kann, diese wieder zu erlangen. Ob der Kläger allerdings die mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit verbundene Nichtvollziehbarkeit der Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 1a Nr. 2 AsylbLG zu vertreten hat, wird von weiteren Ermittlungen abhängen. Es wird zur ermitteln sein, ob der Kläger zu 1. die türkische Staatsangehörigkeit tatsächlich verloren hat, weil er seinen Wehrdienst nicht abgeleistet hat, und unter welchen Voraussetzungen der türkische Staat bereit ist, ihn wieder in die türkische Staatsangehörigkeit aufzunehmen.
Hierzu ist zumindest eine Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen. Die vom Sozialgericht übernommene Erklärung der Beklagten, der Kläger hätte die Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit beantragen können, ist nicht verlässlich genug. Des Weiteren wird zu ermitteln sein, ob die Ausländerbehörde laufend bemüht war, den Aufenthalt der Kläger tatsächlich zu beenden. Aus der Leistungsakte ergeben sich hierzu keine ausreichenden Anhaltspunkte, so dass zumindest die Ausländerakte der Kläger beigezogen werden müsste. Hinzuweisen ist allerdings auch, dass sich minderjährige Familienangehörige das Verhalten ihrer Eltern zurechnen lassen müssen, so dass es für die Leistungseinschränkung nach § 1a Nr. 2 AsylbLG nicht darauf ankommt, ob minderjährigen Kindern - auch die am 00.00.1988 geborene Klägerin K war im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 20.12.2005 noch minderjährig - der Vorwurf eigenen zu vertretenden Verhaltens gemacht werden kann (vgl. OVG NRW, Beschluss v. 08.05.2000, 16 B 2033/99).
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.09.2006, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 29.09.2006 nicht abgeholfen hat, ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im Sinne von § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt. Im vorliegenden Fall hält der Senat noch weitere Sachverhaltsermittlungen für erforderlich. In diesem Fall kann die Erfolgsaussicht in der Regel nicht verneint werden (vgl. hierzu Keller-Leiterer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73a Rn. 7a). Die Beteiligten streiten über die Anspruchseinschränkung des § 1a Nr. 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nrn. 4 u. 5 und ihrer Familienangehörigen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG, bei denen aus von ihnen zu vertretenen Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten Leistungen nach dem AsylbLG, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Bei den Klägern handelt es sich um geduldete Ausländer, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, nachdem das verwaltungsgerichtliche Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 15.09.2005 (Az.: 17 A 3802/03) zu Ungunsten der Kläger ausgegangen ist. Zwar dürfte nach der Entscheidung des Landgerichtes Essen im Verfahren 30 Ns 142/04 LG Essen vom 15.04.2005 und der genannten Entscheidung des OVG NRW kein Zweifel daran bestehen, dass die Kläger türkischer Herkunft sind. Allerdings könnte die Ausbürgerungsverfügung des Klägers vom 24.02.2003 der Anwendung des § 1a Nr. 2 AsylbLG entgegenstehen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass beim Verlust der Staatsangehörigkeit dem Betreffenden zugemutet werden kann, diese wieder zu erlangen. Ob der Kläger allerdings die mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit verbundene Nichtvollziehbarkeit der Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 1a Nr. 2 AsylbLG zu vertreten hat, wird von weiteren Ermittlungen abhängen. Es wird zur ermitteln sein, ob der Kläger zu 1. die türkische Staatsangehörigkeit tatsächlich verloren hat, weil er seinen Wehrdienst nicht abgeleistet hat, und unter welchen Voraussetzungen der türkische Staat bereit ist, ihn wieder in die türkische Staatsangehörigkeit aufzunehmen.
Hierzu ist zumindest eine Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen. Die vom Sozialgericht übernommene Erklärung der Beklagten, der Kläger hätte die Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit beantragen können, ist nicht verlässlich genug. Des Weiteren wird zu ermitteln sein, ob die Ausländerbehörde laufend bemüht war, den Aufenthalt der Kläger tatsächlich zu beenden. Aus der Leistungsakte ergeben sich hierzu keine ausreichenden Anhaltspunkte, so dass zumindest die Ausländerakte der Kläger beigezogen werden müsste. Hinzuweisen ist allerdings auch, dass sich minderjährige Familienangehörige das Verhalten ihrer Eltern zurechnen lassen müssen, so dass es für die Leistungseinschränkung nach § 1a Nr. 2 AsylbLG nicht darauf ankommt, ob minderjährigen Kindern - auch die am 00.00.1988 geborene Klägerin K war im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 20.12.2005 noch minderjährig - der Vorwurf eigenen zu vertretenden Verhaltens gemacht werden kann (vgl. OVG NRW, Beschluss v. 08.05.2000, 16 B 2033/99).
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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