Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 (10) AL 29/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 61/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7a AL 38/07 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB d.Kl.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.02.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 01.12.2003 bis 10.10.2004.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger ist von Beruf Kunsthistoriker. Bis 1988 studiert und arbeitete anschließend einige Jahre an seiner Dissertation. Vom 01.10.1992 bis 30.11.1994 arbeitete er bei der Kunst- und Ausstellungshalle in C. Für die Zeit ab 01.12.1994 beantragte er Arbeitslosengeld. Dieses wurde ihm nach einem erfolgreichen Rechtsstreit mit seinem früheren Arbeitgeber von der Beklagten nachträglich mit Bescheid vom 10.07.1996 für die Zeit vom 01.12.1994 bis 30.11.1995 bewilligt. Daraufhin wurde dann auch ein Anspruch auf Alhi geprüft. Für den Zeitraum vom 01.12.1994 bis 30.11.1995 erhielt der Kläger eine Nachzahlung von 23.498,80 DM. Bei der Anschluss-Alhi berücksichtigte die Beklagte den Nachzahlungsbetrag sowie einen Kapitalsparbrief von 30.000,00 DM und ein Postsparbuch über 6.000,00 DM als Vermögen. Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 12.09.1996 Alhi nicht ab 01.12.1995, sondern nach einem Ruhenszeitraum von anfangs 36 Wochen, später reduziert auf 29 Wochen, bewilligt. Gegen die Bewilligungsbescheide führte der Kläger ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht in Köln (S 20 AL 101/97). In dem Verfahren war unter anderem streitig, ob und in welcher Höhe Vermögen des Klägers als Alterssicherung anzusehen war. Im Termin der mündlichen Verhandlung einigten sich die Beteiligten am 16.03.2001 auf folgenden Vergleich:
"1.Die Beklagte ändert den Bescheid vom 12.09.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1997 insoweit ab, als sie dem Kläger für weitere 14 Wochen Arbeitslosenhilfe bewilligt.
2. Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe wird endgültig.
3. Die Anlage des Vermögens des Klägers gilt mit Anlage bei der DIT als Alterssicherung.
4. Die mit diesem Vergleich verbundene Nachzahlung wird nicht als Vermögen angerechnet.
5. Der Kläger nimmt die darüber hinausgehende Klage zurück.
6. Die Beklagte übernimmt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach."
In Ausführung dieses Vergleichs bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.05.2001 Alhi nach einem Ruhenszeitraum von 13 Wochen bereits ab 29.02.1996. In der Folgezeit wurde dem Kläger ab 01.12.2001 und ab 01.12.2002 jeweils Alhi nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bewilligt. Die Beklagte wendete dabei weiterhin die Nr. 3 und die Nr. 4 aus dem Vergleich vom 16.03.2001 an.
Mit seinem Fortzahlungsantrag aus Oktober für die Zeit ab 01.12.2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er das Vermögen, das bisher beim Deutschen Investment-Trust (DIT) angelegt war, am 19.09.2003 verschenkt habe. Dabei handelte es sich nach der vorgelegten Depot-Abrechnung um Anteile im Gesamtwert von 23.611,63 EUR. Die Beklagte berücksichtigte diesen Betrag sowie einen weiteren bei der Postbank vorhandenen Sparbetrag von 690,54 EUR und ein bei der DiBa vorhandenes Depot im Wert von 1.692,30 EUR als Vermögen. Mit Bescheid vom 09.12.2003 lehnte die Beklagte den Alhi-Antrag des Klägers wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 9.800,00 EUR (49 Jahre x 200,00 EUR) verbleibe ein zumutbar verwertbares Vermögen von 16.194,47 EUR. Die Beklagte führte aus, dass zum Vermögen auch Rückübertragungsansprüche gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gehören. Ein solcher Anspruch bestehe, wenn der Arbeitslose - wie im vorliegenden Fall - mit der Schenkung die Bedürftigkeit herbeigeführt habe.
Der Kläger legte Widerspruch ein. Er führte aus, dass ein verschenktes Vermögen der Alterssicherung diene und bisher als Schonvermögen anerkannt gewesen sei. Im Zuge einer geplanten vorweggenommenen Erbfolge habe mit seinen Eltern eine Gesamtregelung zu seiner Altersabsicherung erfolgen sollen. Der Mutter sei das Vermögen übertragen worden. Da sich die Pläne zerschlagen hätten, sei inzwischen eine Rückübertragung erfolgt. Das Vermögen sei daher weiterhin als Altersvorsorgevermögen zu behandeln. Im Übrigen sei der angefochtene Bescheid auch rechnerisch falsch. Insgesamt bestehe allenfalls ein Gesamtvermögen in Höhe von 20.986,60 EUR. Da er ein 12 Jahre altes Auto fahre, stehe eine Ersatzbeschaffung an. Dafür seien Anschaffungskosten von mindestens 13.500,00 EUR anzusetzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie erläuterte, dass selbst nach der Eigenberechnung seines Vermögenswertes bei Abzug des Freibetrages von 9.800,00 EUR ein verwertbares Vermögen von 11.186,60 EUR verbleibe.
Der Kläger hat am 02.02.2004 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der Antrag ist in erster und zweiter Instanz erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 31.03.2004, - S 10 AL 28/04 ER - und Beschluss des LSG NRW vom 28.06.2004 - L 12 B 57/04 AL ER -).
Der Kläger hat vorgetragen, er habe im September 2003 seine Ansprüche gegen den DIT an seine Mutter abgetreten, weil seine Eltern ihm dafür eine erhöhte Zuwendung von Todes wegen machen wollten. Auf diese Weise sollte ihm eine verbesserte Altersvorsorgung ermöglicht werden. Zwischenzeitlich sei die Übertragung seines DIT-Altersvorsorgefonds an seine Mutter rückgängig gemacht worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass ein angelegtes Vermögen auf Grund der Nr. 3 des früheren gerichtlichen Vergleichs im Verfahren vor dem Sozialgericht (Az.: S 20 AL 101/97) weiterhin als Altersvorsorgevermögen bei der Beurteilung der Bedürftigkeit nicht berücksichtigt werden dürfe. Die Beklagte sei an den Vergleich gebunden. Die Auffassung des LSG NRW im Beschwerdeverfahren (Az.: L 12 B 57/04 AL ER), der Vergleich habe nur Bindungswirkung hinsichtlich des am Tag der mündlichen Verhandlung streitigen Bewilligungsabschnitts (bis zum 01.12.2001), treffe nicht zu. Durch die Fortzahlungsanträge auf Alhi werde ein Dauerrechtsverhältnis begründet, solange er die Leistungsvoraussetzungen erfülle. Ferner hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass ihm auch Alhi wegen eines Härtefalls zu bewilligen sei, da er im Falle des Fortbestehens seiner Arbeitslosigkeit nur mit einer kleinen Rente rechnen könne.
Auf einen erneuten Alhi-Antrag des Klägers, wurde ihm von der Beklagten mit Bescheid vom 28.10.2004 Alhi ab 11.10.2004 bewilligt. Der Kläger hatte sich inzwischen einen neuen PKW gekauft und dafür Teile seines Vermögens verwendet.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 09.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 01.12.2003 bis 10.11.2004 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer Entscheidung verblieben, weil auch nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zu der Arbeitslosenhilfeverordnung 2003 (Alhi-VO) keine Bedürftigkeit bestehe. Selbst bei Berücksichtigung eines weiteren Freibetrages von 9.800,00 EUR (insgesamt 400,00 EUR pro Lebensjahr) verbleibe ein anrechenbares Vermögen in Höhe von 6.394,47 EUR. Gründe für die Unzumutbarkeit der Verwertung dieses Vermögens seien nicht erkennbar.
Mit Urteil vom 15.02.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt:
"Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 09.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2004 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat für die Zeit vom 01.12.2003 bis zum 10.10.2004 keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alhi.
Der Anspruch auf Alhi setzt die Erfüllung der Voraussetzungen des § 190 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - voraus (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftzeit und Arbeitslosengeld, Vorfrist, Bedürftigkeit). Beim Kläger fehlt es für den streitigen Zeitraum an der Bedürftigkeit im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III.
Gemäß § 193 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen Alhi nicht erreicht; § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass ein Arbeitsloser nicht bedürftig ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Ob und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisiert § 1 der Alhi-VO 2002 in der hier maßgebenden ab 01.01.2003 geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 2 der im Jahr 2003 geltenden Alhi-VO beträgt der Vermögensfreibetrag 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen. Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 09.12.2004 - B 7 AL 46/04 R - und - B 7 AL 56/04R - und Urteile vom 17. März 2005 B 7a 7 AL 68/04 R sowie Urteile vom 25.05.2005 B 11a/11 AL 73/04 R und B 11a/11 AL 51/04 R und Urteil vom 14.09.2005 B 11a/11 AL 71/04 R) sind die Vorschriften der Alhi-VO 2002 und der Alhi-VO 2003 (Alhi-VO 2002 idV vom 23.12.2002) rechtswidrig, soweit sie keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten. Sie stehen insoweit nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i. V. m. § 193 Abs. 2 SGB III in Einklang. Die Notwendigkeit einer allgemeinen Härtefallregelung ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 193 Abs. 2 SGB III, die insbesondere eingreift, wenn die seit 01. Januar 2005 in § 12 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen (BSG Urteil vom 17.03.2005 Az. B 7a/7 AL 68/04 R).
Das Vermögen des Klägers ist nicht in Form einer Lebensversicherung angelegt. Es ist auch nicht in der Form festgelegt, dass erst eine Verfügung im sechzigsten bis fünfundsechzigsten Lebensjahr des Klägers möglich ist. Der Kläger hat selbst im Widerspruchsverfahren vorgetragen, dass er einen Teil seines Vermögens zur Neuanschaffung eines PKW verwenden wird. Die Kammer akzeptiert jedoch die vom Kläger angegebene subjektive Zweckbestimmung der Altersvorsorge. Allerdings führt dies nur zu einem weiteren Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr. Insgesamt ergibt dies einen Vermögensfreibetrag von 18.600,00 EUR (400,00 EUR x 49 Jahre). Der Kläger war zu Beginn des Fortbewilligungszeitraumes im Jahr 2003 49 Jahre alte. Ausgehend von dem vom Kläger angegebenen Vermögen von 20.986,60 EUR verbleibt ein zumutbar verwertbarer Vermögensbetrag in Höhe von 2.386,60 EUR. Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob der vom Kläger angegebene Vermögensbetrag oder der von der Beklagten zugrunde gelegte Vermögensbetrag zutreffend ist. Auch der durch Vollendung des 50. Lebensjahres um weitere 400,00 EUR erhöhte Freibetrag während des möglichen Bewilligungszeitraumes beeinflusst die Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht.
Der Kläger hat keinen Anspruch aus der Nr. 3 des am 16.03.2001 geschlossenen Prozessvergleichs auf die Nichtberücksichtigung eines höheren Betrags seines Vermögens. Das LSG NRW hat in seinem Beschluss vom 28.06.2004 (Az: L 12 B 57/04 AL ER) ausgeführt, dass sich der Vergleich nur auf den Streitgegenstand beziehen kann, nämlich den angefochtenen Bescheid und Bescheide, die nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden sind. Am Tage des Vergleichs vom 16.03.2001 war die Alhi bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts, dem 01.12.2001 bewilligt. Der Vergleich konnte somit nur bis zum Ablauf dieses Bewilligungsabschnitts Wirkung entfalten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass die Beklagte die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils neu und vollständig zu prüfen hat. An Handhabungen aus der Vergangenheit, die sich als unrichtig erweisen, ist die Beklagte nicht gebunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine einschneidende Änderung der Rechtsgrundlagen durch Senkung von Freibeträgen eingetreten ist. Diesen zutreffenden Ausführungen des LSG schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
Dem Kläger ist auch nicht im Rahmen der allgemeinen Härtefallregelung über den zusätzlichen Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr hinaus ein weiterer Freibetrag einzuräumen. Die Erwerbsbiografie des Klägers weist infolge der Dauer seiner Ausbildung und der Dauer seiner Arbeitslosigkeit erhebliche Versorgungslücken auf. Ein Überschreiten der Freibeträge im Rahmen der Härtefallprüfung unter Rücksicht auf die Berufsbiografie des Arbeitslosen und die daraus resultierenden Versorgungslücken können aber nicht unabhängig von ihrer Ursache zur Annahme einer Härte führen (vgl. BSG Urteil vom 14.09.2005 Az. B 11a/11 AL 71/04 R). Vielmehr sind als Gründe im Rahmen der Härtefallregelung zu berücksichtigende Lücken beim Aufbau einer Versorgungsanwartschaft nur Umstände zu berücksichtigen, die auf bestimmten, von der Rechtsordnung gebilligten Dispositionen beruhen, die zumindest mit denjenigen Gründen vergleichbar sind, die den Tatbeständen der Befreiung von Rentenversicherungspflicht nach § 231 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zugrunde liegen. Kein derartiger Sachverhalt liegt vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers geschmälert wird. Die Arbeitslosigkeit beruht in der Regel nicht auf einer Willensentscheidung des Betroffenen und kann jedenfalls nicht als schützenwerte (berufliche) Disposition anerkannt werden.
Der Arbeitslose wird hinsichtlich derartiger Lücken auf den durch die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges sowie den durch die gesetzlich geregelten Freibeträge gewährleisteten Mindestschutz verwiesen (BSG Urteil vom 14.09.2005 aaO).
Auch der Kläger ist auf den Mindestschutz durch die oben dargelegten Freibeträge zu verweisen. "
Gegen dieses ihm am 21.03.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 31.03.2006 eingegangen Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass ihm schon aus Vertrauensgründen die Freibeträge, die bis 2002 maßgeblich gewesen seien, eingeräumt werden müssten.
Für die Reduzierung der Freibeträge auf 200 EUR habe nach der Rechtsprechung des BSG keine Ermächtigungsgrundlage bestanden. Zu beachten sei auch, dass in seinem Fall alles immer erst nach Durchführung von Rechtsstreiten habe gelöst werden können. Hätte er gewusst, dass der ab 2003 vom Verordnungsgeber eingeräumte Freibetrag rechtswidrig sei, hätte er seine Vermögensdispositonen anders getroffen. Hier liege ein Beratungsfehler auf Seiten der Beklagten. Wäre er ab 01.12.2003 so schlau gewesen, wie er nunmehr nach Kenntnis der neueren BSG-Rechtsprechung sei, hätte er sich den neuen PKW schon früher gekauft, ohne dass man ihm dieses hätte vorwerfen können. Er hätte dann die neuen vom BSG gesetzten Freibeträge schon am 01.12.2003 unterschritten. Das rechtswidrige Verhalten des Verordnungsgebers müsse sich die Beklagte in irgendeiner Weise - z. B. als Folgenbeseitigungsanspruch - zurechnen lassen. Aber selbst wenn man dem nicht folge, so sei sein Anspruch schon aufgrund des Vergleichs vom 16.03.2001 begründet. Hier sei eine bindende Vereinbarung für die gesamte Folgezeit des Alhi-Bezuges getroffen worden.
Die Auffassung, dass nur rechtshängige Ansprüche verglichen worden seien, könne er nicht teilen. Durch den Vergleich habe Rechtssicherheit für die gesamte Zukunft hergestellt werden sollen. Dies schütze ihn zwar nicht vor Rechtsänderungen, jedoch müsse die Beklagte den Prozessvergleich dann vorher kündigen, was eindeutig nicht geschehen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.02.2006 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist ergänzend auf ihren Sachvortrag in erster Instanz.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ferner lagen die Akten des Sozialgerichts Köln S 10 AL 28/04 ER sowie die Akte S 20 AL 101/97 vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung entschieden, dass dem Kläger keine Alhi für die hier streitige Zeit zusteht.
Der Senat hat dem Urteil des Sozialgerichts nichts hinzuzufügen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug. Der Vortrag der Berufungsbegründungsschrift vom 04.06.2006 und in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2007 geben zu keiner anderen Beurteilung Anlass.
Der Senat hält weiterhin an der Auffassung fest, dass der Anspruch auf Alhi für die hier streitige Zeit (01.12.2003 bis 10.10.2004) nicht schon aus dem Vergleich vom 16.03.2001 hergeleitet werden kann. Ein Prozessvergleich bezieht sich in der Regel auf den Streitgegenstand. Streitig war damals der Bescheid vom 12.09.1996 für den Bewilligungszeitraum bis 01.12.1996. Danach hat der Kläger weiterhin im Leistungsbezug gestanden, wohl während der gesamten Dauer des Verfahrens S 20 AR 101/07 - Sozialgericht in Köln. Folgebescheide zur Alhi werden nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens, ohne dass es einer gesonderten Anfechtung bedarf. Am Tag des Vergleiches vom 16.03.2001 war Alhi bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes, den 01.12.2001, bewilligt. Der Vergleich konnte Bindungswirkung unter den Beteiligten nur bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes vom 01.12.2001 entfalten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass die Bundesagentur die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils vollständig zu prüfen hat. An Handhabungen aus der Vergangenheit, die sich als unrichtig erweisen, ist die Bundesagentur nicht gebunden. Selbst wenn man am 16.03.2001 ein rechtskräftiges Urteil mit gleichem Tenor ergangen wäre, wäre die Beklagte hieran nur bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraumes am 01.12.2001 gebunden gewesen. Wenn die Beklagte bereits ab 01.12.2001 nicht mehr an den Vergleich gebunden war, dann erst Recht nicht ab 01.12.2003, als zudem eine einschneidende Änderung der Alhi-VO durch Senkung der Freibeträge eingetreten war. Zwar dürfte es zulässig sein, im Vergleichswege auch Dinge zu regeln, die über den eigentlichen Streitgegenstand hinausgehen. Dies muss dann aber aus dem Wortlaut des Vergleichs klar erkennbar sein. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten. Die Auffassung des Klägers, die Beklagte müsse den Vergleich ihm gegenüber kündigen, vermag der Senat nicht zu teilen.
Dem Kläger sind auch die nach der neueren BSG-Rechtsprechung einzuräumenden Freibeträge zugestanden worden. Den Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Urteils hat der Senat nichts hinzuzufügen. Er hat sich den zutreffend zitierten neuen BSG Urteilen inzwischen angeschlossen (Urteile des Senats vom 14.12.2005 - L 12 AL 222/04 - und vom 23.08.2006 - L 12 AL 257/04 -). Die Ausführungen des SG halten sich in diesem Rahmen und bedürfen keiner Ergänzung. Es ist darauf hinzuweisen, dass das SG ausdrücklich die eigene Rechnung des Klägers zu seinen Vermögensverhältnissen als zutreffend unterstellt hat und selbst ausgehend von diesen Beträgen Bedürftigkeit nicht vorgelegen hat. Der Freibetrag von 400,00 EUR wird ab 01.10.2003 (Antragstellung) um 2.386,60 EUR und ab Mai 2004 (Vollendung des 50. Lebensjahres) noch um 1.986,60 EUR überschritten. Auch wenn die Überschreitung der Freibeträge nur geringfügig ist, ändert dies nicht am Fehlen der Bedürftigkeit. Die Beklagte war auch nicht gehalten, den Kläger etwa dahingehend zu beraten, durch Tätigung von anzuerkennenden Anschaffungen (neuer PKW) die Unterschreitung des Freibetrages herbeiführen zu können. Dies ist nicht Aufgabe der Beklagten. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die Rechtsprechung sich erst im Laufe des vorliegenden Verfahrens entwickelt hat und die Beklagte insoweit nicht beraten konnte. Ein Folgenbeseitungsanspruch, die Beklagte zum Ausgleich evtl. Rechtssetzungsfehler des Verordnungsgebers zu verpflichten, kann nicht anerkannt werden.
Auch zum Nichtvorliegen eines allgemeinen Härtefalles verweist der Senat auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils. Die Darlegungen im zweiten Absatz auf Seite 7 des Urteils sind ebenfalls zutreffend und bedürfen keiner Ergänzung.
Der Senat hat abschließend und in Ergänzung der Ausführungen des SG überprüft, ob die Wiederbewilligung der Alhi bereits vor dem 11.10.2004 in Betracht gekommen ist. Diesbezüglich verweist der Senat auf die Darlegungen in der gerichtlichen Verfügung vom 27.11.2006. Eine Unterschreitung des Freibetrages vor dem 11.10.2004 ergibt sich weder aus dem Akteninhalt noch ist vom Kläger auf den Hinweis des Senats ein entsprechender Vortrag erfolgt. Der Kläger hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung bestätigt, sich das neue Auto erst im Oktober 2004 gekauft zu haben. Dann aber ließ sich nicht feststellen, dass Bedürftigkeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres im Mai 2004, aber vor dem 11.10.2004 eingetreten ist. Klage und Berufung konnten somit im Ergebnis keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat weicht insbesondere nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, sondern macht sich die neuere Rechtsprechung des BSG genausowie schon das SG zu eigen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 01.12.2003 bis 10.10.2004.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger ist von Beruf Kunsthistoriker. Bis 1988 studiert und arbeitete anschließend einige Jahre an seiner Dissertation. Vom 01.10.1992 bis 30.11.1994 arbeitete er bei der Kunst- und Ausstellungshalle in C. Für die Zeit ab 01.12.1994 beantragte er Arbeitslosengeld. Dieses wurde ihm nach einem erfolgreichen Rechtsstreit mit seinem früheren Arbeitgeber von der Beklagten nachträglich mit Bescheid vom 10.07.1996 für die Zeit vom 01.12.1994 bis 30.11.1995 bewilligt. Daraufhin wurde dann auch ein Anspruch auf Alhi geprüft. Für den Zeitraum vom 01.12.1994 bis 30.11.1995 erhielt der Kläger eine Nachzahlung von 23.498,80 DM. Bei der Anschluss-Alhi berücksichtigte die Beklagte den Nachzahlungsbetrag sowie einen Kapitalsparbrief von 30.000,00 DM und ein Postsparbuch über 6.000,00 DM als Vermögen. Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 12.09.1996 Alhi nicht ab 01.12.1995, sondern nach einem Ruhenszeitraum von anfangs 36 Wochen, später reduziert auf 29 Wochen, bewilligt. Gegen die Bewilligungsbescheide führte der Kläger ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht in Köln (S 20 AL 101/97). In dem Verfahren war unter anderem streitig, ob und in welcher Höhe Vermögen des Klägers als Alterssicherung anzusehen war. Im Termin der mündlichen Verhandlung einigten sich die Beteiligten am 16.03.2001 auf folgenden Vergleich:
"1.Die Beklagte ändert den Bescheid vom 12.09.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.09.1997 insoweit ab, als sie dem Kläger für weitere 14 Wochen Arbeitslosenhilfe bewilligt.
2. Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe wird endgültig.
3. Die Anlage des Vermögens des Klägers gilt mit Anlage bei der DIT als Alterssicherung.
4. Die mit diesem Vergleich verbundene Nachzahlung wird nicht als Vermögen angerechnet.
5. Der Kläger nimmt die darüber hinausgehende Klage zurück.
6. Die Beklagte übernimmt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach."
In Ausführung dieses Vergleichs bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.05.2001 Alhi nach einem Ruhenszeitraum von 13 Wochen bereits ab 29.02.1996. In der Folgezeit wurde dem Kläger ab 01.12.2001 und ab 01.12.2002 jeweils Alhi nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bewilligt. Die Beklagte wendete dabei weiterhin die Nr. 3 und die Nr. 4 aus dem Vergleich vom 16.03.2001 an.
Mit seinem Fortzahlungsantrag aus Oktober für die Zeit ab 01.12.2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er das Vermögen, das bisher beim Deutschen Investment-Trust (DIT) angelegt war, am 19.09.2003 verschenkt habe. Dabei handelte es sich nach der vorgelegten Depot-Abrechnung um Anteile im Gesamtwert von 23.611,63 EUR. Die Beklagte berücksichtigte diesen Betrag sowie einen weiteren bei der Postbank vorhandenen Sparbetrag von 690,54 EUR und ein bei der DiBa vorhandenes Depot im Wert von 1.692,30 EUR als Vermögen. Mit Bescheid vom 09.12.2003 lehnte die Beklagte den Alhi-Antrag des Klägers wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 9.800,00 EUR (49 Jahre x 200,00 EUR) verbleibe ein zumutbar verwertbares Vermögen von 16.194,47 EUR. Die Beklagte führte aus, dass zum Vermögen auch Rückübertragungsansprüche gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gehören. Ein solcher Anspruch bestehe, wenn der Arbeitslose - wie im vorliegenden Fall - mit der Schenkung die Bedürftigkeit herbeigeführt habe.
Der Kläger legte Widerspruch ein. Er führte aus, dass ein verschenktes Vermögen der Alterssicherung diene und bisher als Schonvermögen anerkannt gewesen sei. Im Zuge einer geplanten vorweggenommenen Erbfolge habe mit seinen Eltern eine Gesamtregelung zu seiner Altersabsicherung erfolgen sollen. Der Mutter sei das Vermögen übertragen worden. Da sich die Pläne zerschlagen hätten, sei inzwischen eine Rückübertragung erfolgt. Das Vermögen sei daher weiterhin als Altersvorsorgevermögen zu behandeln. Im Übrigen sei der angefochtene Bescheid auch rechnerisch falsch. Insgesamt bestehe allenfalls ein Gesamtvermögen in Höhe von 20.986,60 EUR. Da er ein 12 Jahre altes Auto fahre, stehe eine Ersatzbeschaffung an. Dafür seien Anschaffungskosten von mindestens 13.500,00 EUR anzusetzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie erläuterte, dass selbst nach der Eigenberechnung seines Vermögenswertes bei Abzug des Freibetrages von 9.800,00 EUR ein verwertbares Vermögen von 11.186,60 EUR verbleibe.
Der Kläger hat am 02.02.2004 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der Antrag ist in erster und zweiter Instanz erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 31.03.2004, - S 10 AL 28/04 ER - und Beschluss des LSG NRW vom 28.06.2004 - L 12 B 57/04 AL ER -).
Der Kläger hat vorgetragen, er habe im September 2003 seine Ansprüche gegen den DIT an seine Mutter abgetreten, weil seine Eltern ihm dafür eine erhöhte Zuwendung von Todes wegen machen wollten. Auf diese Weise sollte ihm eine verbesserte Altersvorsorgung ermöglicht werden. Zwischenzeitlich sei die Übertragung seines DIT-Altersvorsorgefonds an seine Mutter rückgängig gemacht worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass ein angelegtes Vermögen auf Grund der Nr. 3 des früheren gerichtlichen Vergleichs im Verfahren vor dem Sozialgericht (Az.: S 20 AL 101/97) weiterhin als Altersvorsorgevermögen bei der Beurteilung der Bedürftigkeit nicht berücksichtigt werden dürfe. Die Beklagte sei an den Vergleich gebunden. Die Auffassung des LSG NRW im Beschwerdeverfahren (Az.: L 12 B 57/04 AL ER), der Vergleich habe nur Bindungswirkung hinsichtlich des am Tag der mündlichen Verhandlung streitigen Bewilligungsabschnitts (bis zum 01.12.2001), treffe nicht zu. Durch die Fortzahlungsanträge auf Alhi werde ein Dauerrechtsverhältnis begründet, solange er die Leistungsvoraussetzungen erfülle. Ferner hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass ihm auch Alhi wegen eines Härtefalls zu bewilligen sei, da er im Falle des Fortbestehens seiner Arbeitslosigkeit nur mit einer kleinen Rente rechnen könne.
Auf einen erneuten Alhi-Antrag des Klägers, wurde ihm von der Beklagten mit Bescheid vom 28.10.2004 Alhi ab 11.10.2004 bewilligt. Der Kläger hatte sich inzwischen einen neuen PKW gekauft und dafür Teile seines Vermögens verwendet.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 09.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 01.12.2003 bis 10.11.2004 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer Entscheidung verblieben, weil auch nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zu der Arbeitslosenhilfeverordnung 2003 (Alhi-VO) keine Bedürftigkeit bestehe. Selbst bei Berücksichtigung eines weiteren Freibetrages von 9.800,00 EUR (insgesamt 400,00 EUR pro Lebensjahr) verbleibe ein anrechenbares Vermögen in Höhe von 6.394,47 EUR. Gründe für die Unzumutbarkeit der Verwertung dieses Vermögens seien nicht erkennbar.
Mit Urteil vom 15.02.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt:
"Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den Bescheid der Beklagten vom 09.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2004 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat für die Zeit vom 01.12.2003 bis zum 10.10.2004 keinen Anspruch auf die Bewilligung von Alhi.
Der Anspruch auf Alhi setzt die Erfüllung der Voraussetzungen des § 190 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - voraus (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftzeit und Arbeitslosengeld, Vorfrist, Bedürftigkeit). Beim Kläger fehlt es für den streitigen Zeitraum an der Bedürftigkeit im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III.
Gemäß § 193 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen Alhi nicht erreicht; § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass ein Arbeitsloser nicht bedürftig ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Ob und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisiert § 1 der Alhi-VO 2002 in der hier maßgebenden ab 01.01.2003 geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 2 der im Jahr 2003 geltenden Alhi-VO beträgt der Vermögensfreibetrag 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen. Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 09.12.2004 - B 7 AL 46/04 R - und - B 7 AL 56/04R - und Urteile vom 17. März 2005 B 7a 7 AL 68/04 R sowie Urteile vom 25.05.2005 B 11a/11 AL 73/04 R und B 11a/11 AL 51/04 R und Urteil vom 14.09.2005 B 11a/11 AL 71/04 R) sind die Vorschriften der Alhi-VO 2002 und der Alhi-VO 2003 (Alhi-VO 2002 idV vom 23.12.2002) rechtswidrig, soweit sie keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten. Sie stehen insoweit nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i. V. m. § 193 Abs. 2 SGB III in Einklang. Die Notwendigkeit einer allgemeinen Härtefallregelung ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 193 Abs. 2 SGB III, die insbesondere eingreift, wenn die seit 01. Januar 2005 in § 12 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen (BSG Urteil vom 17.03.2005 Az. B 7a/7 AL 68/04 R).
Das Vermögen des Klägers ist nicht in Form einer Lebensversicherung angelegt. Es ist auch nicht in der Form festgelegt, dass erst eine Verfügung im sechzigsten bis fünfundsechzigsten Lebensjahr des Klägers möglich ist. Der Kläger hat selbst im Widerspruchsverfahren vorgetragen, dass er einen Teil seines Vermögens zur Neuanschaffung eines PKW verwenden wird. Die Kammer akzeptiert jedoch die vom Kläger angegebene subjektive Zweckbestimmung der Altersvorsorge. Allerdings führt dies nur zu einem weiteren Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr. Insgesamt ergibt dies einen Vermögensfreibetrag von 18.600,00 EUR (400,00 EUR x 49 Jahre). Der Kläger war zu Beginn des Fortbewilligungszeitraumes im Jahr 2003 49 Jahre alte. Ausgehend von dem vom Kläger angegebenen Vermögen von 20.986,60 EUR verbleibt ein zumutbar verwertbarer Vermögensbetrag in Höhe von 2.386,60 EUR. Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob der vom Kläger angegebene Vermögensbetrag oder der von der Beklagten zugrunde gelegte Vermögensbetrag zutreffend ist. Auch der durch Vollendung des 50. Lebensjahres um weitere 400,00 EUR erhöhte Freibetrag während des möglichen Bewilligungszeitraumes beeinflusst die Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht.
Der Kläger hat keinen Anspruch aus der Nr. 3 des am 16.03.2001 geschlossenen Prozessvergleichs auf die Nichtberücksichtigung eines höheren Betrags seines Vermögens. Das LSG NRW hat in seinem Beschluss vom 28.06.2004 (Az: L 12 B 57/04 AL ER) ausgeführt, dass sich der Vergleich nur auf den Streitgegenstand beziehen kann, nämlich den angefochtenen Bescheid und Bescheide, die nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden sind. Am Tage des Vergleichs vom 16.03.2001 war die Alhi bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts, dem 01.12.2001 bewilligt. Der Vergleich konnte somit nur bis zum Ablauf dieses Bewilligungsabschnitts Wirkung entfalten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass die Beklagte die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils neu und vollständig zu prüfen hat. An Handhabungen aus der Vergangenheit, die sich als unrichtig erweisen, ist die Beklagte nicht gebunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine einschneidende Änderung der Rechtsgrundlagen durch Senkung von Freibeträgen eingetreten ist. Diesen zutreffenden Ausführungen des LSG schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
Dem Kläger ist auch nicht im Rahmen der allgemeinen Härtefallregelung über den zusätzlichen Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr hinaus ein weiterer Freibetrag einzuräumen. Die Erwerbsbiografie des Klägers weist infolge der Dauer seiner Ausbildung und der Dauer seiner Arbeitslosigkeit erhebliche Versorgungslücken auf. Ein Überschreiten der Freibeträge im Rahmen der Härtefallprüfung unter Rücksicht auf die Berufsbiografie des Arbeitslosen und die daraus resultierenden Versorgungslücken können aber nicht unabhängig von ihrer Ursache zur Annahme einer Härte führen (vgl. BSG Urteil vom 14.09.2005 Az. B 11a/11 AL 71/04 R). Vielmehr sind als Gründe im Rahmen der Härtefallregelung zu berücksichtigende Lücken beim Aufbau einer Versorgungsanwartschaft nur Umstände zu berücksichtigen, die auf bestimmten, von der Rechtsordnung gebilligten Dispositionen beruhen, die zumindest mit denjenigen Gründen vergleichbar sind, die den Tatbeständen der Befreiung von Rentenversicherungspflicht nach § 231 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zugrunde liegen. Kein derartiger Sachverhalt liegt vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers geschmälert wird. Die Arbeitslosigkeit beruht in der Regel nicht auf einer Willensentscheidung des Betroffenen und kann jedenfalls nicht als schützenwerte (berufliche) Disposition anerkannt werden.
Der Arbeitslose wird hinsichtlich derartiger Lücken auf den durch die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges sowie den durch die gesetzlich geregelten Freibeträge gewährleisteten Mindestschutz verwiesen (BSG Urteil vom 14.09.2005 aaO).
Auch der Kläger ist auf den Mindestschutz durch die oben dargelegten Freibeträge zu verweisen. "
Gegen dieses ihm am 21.03.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 31.03.2006 eingegangen Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass ihm schon aus Vertrauensgründen die Freibeträge, die bis 2002 maßgeblich gewesen seien, eingeräumt werden müssten.
Für die Reduzierung der Freibeträge auf 200 EUR habe nach der Rechtsprechung des BSG keine Ermächtigungsgrundlage bestanden. Zu beachten sei auch, dass in seinem Fall alles immer erst nach Durchführung von Rechtsstreiten habe gelöst werden können. Hätte er gewusst, dass der ab 2003 vom Verordnungsgeber eingeräumte Freibetrag rechtswidrig sei, hätte er seine Vermögensdispositonen anders getroffen. Hier liege ein Beratungsfehler auf Seiten der Beklagten. Wäre er ab 01.12.2003 so schlau gewesen, wie er nunmehr nach Kenntnis der neueren BSG-Rechtsprechung sei, hätte er sich den neuen PKW schon früher gekauft, ohne dass man ihm dieses hätte vorwerfen können. Er hätte dann die neuen vom BSG gesetzten Freibeträge schon am 01.12.2003 unterschritten. Das rechtswidrige Verhalten des Verordnungsgebers müsse sich die Beklagte in irgendeiner Weise - z. B. als Folgenbeseitigungsanspruch - zurechnen lassen. Aber selbst wenn man dem nicht folge, so sei sein Anspruch schon aufgrund des Vergleichs vom 16.03.2001 begründet. Hier sei eine bindende Vereinbarung für die gesamte Folgezeit des Alhi-Bezuges getroffen worden.
Die Auffassung, dass nur rechtshängige Ansprüche verglichen worden seien, könne er nicht teilen. Durch den Vergleich habe Rechtssicherheit für die gesamte Zukunft hergestellt werden sollen. Dies schütze ihn zwar nicht vor Rechtsänderungen, jedoch müsse die Beklagte den Prozessvergleich dann vorher kündigen, was eindeutig nicht geschehen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.02.2006 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist ergänzend auf ihren Sachvortrag in erster Instanz.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ferner lagen die Akten des Sozialgerichts Köln S 10 AL 28/04 ER sowie die Akte S 20 AL 101/97 vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung entschieden, dass dem Kläger keine Alhi für die hier streitige Zeit zusteht.
Der Senat hat dem Urteil des Sozialgerichts nichts hinzuzufügen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug. Der Vortrag der Berufungsbegründungsschrift vom 04.06.2006 und in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2007 geben zu keiner anderen Beurteilung Anlass.
Der Senat hält weiterhin an der Auffassung fest, dass der Anspruch auf Alhi für die hier streitige Zeit (01.12.2003 bis 10.10.2004) nicht schon aus dem Vergleich vom 16.03.2001 hergeleitet werden kann. Ein Prozessvergleich bezieht sich in der Regel auf den Streitgegenstand. Streitig war damals der Bescheid vom 12.09.1996 für den Bewilligungszeitraum bis 01.12.1996. Danach hat der Kläger weiterhin im Leistungsbezug gestanden, wohl während der gesamten Dauer des Verfahrens S 20 AR 101/07 - Sozialgericht in Köln. Folgebescheide zur Alhi werden nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens, ohne dass es einer gesonderten Anfechtung bedarf. Am Tag des Vergleiches vom 16.03.2001 war Alhi bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes, den 01.12.2001, bewilligt. Der Vergleich konnte Bindungswirkung unter den Beteiligten nur bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes vom 01.12.2001 entfalten. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass die Bundesagentur die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils vollständig zu prüfen hat. An Handhabungen aus der Vergangenheit, die sich als unrichtig erweisen, ist die Bundesagentur nicht gebunden. Selbst wenn man am 16.03.2001 ein rechtskräftiges Urteil mit gleichem Tenor ergangen wäre, wäre die Beklagte hieran nur bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraumes am 01.12.2001 gebunden gewesen. Wenn die Beklagte bereits ab 01.12.2001 nicht mehr an den Vergleich gebunden war, dann erst Recht nicht ab 01.12.2003, als zudem eine einschneidende Änderung der Alhi-VO durch Senkung der Freibeträge eingetreten war. Zwar dürfte es zulässig sein, im Vergleichswege auch Dinge zu regeln, die über den eigentlichen Streitgegenstand hinausgehen. Dies muss dann aber aus dem Wortlaut des Vergleichs klar erkennbar sein. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten. Die Auffassung des Klägers, die Beklagte müsse den Vergleich ihm gegenüber kündigen, vermag der Senat nicht zu teilen.
Dem Kläger sind auch die nach der neueren BSG-Rechtsprechung einzuräumenden Freibeträge zugestanden worden. Den Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Urteils hat der Senat nichts hinzuzufügen. Er hat sich den zutreffend zitierten neuen BSG Urteilen inzwischen angeschlossen (Urteile des Senats vom 14.12.2005 - L 12 AL 222/04 - und vom 23.08.2006 - L 12 AL 257/04 -). Die Ausführungen des SG halten sich in diesem Rahmen und bedürfen keiner Ergänzung. Es ist darauf hinzuweisen, dass das SG ausdrücklich die eigene Rechnung des Klägers zu seinen Vermögensverhältnissen als zutreffend unterstellt hat und selbst ausgehend von diesen Beträgen Bedürftigkeit nicht vorgelegen hat. Der Freibetrag von 400,00 EUR wird ab 01.10.2003 (Antragstellung) um 2.386,60 EUR und ab Mai 2004 (Vollendung des 50. Lebensjahres) noch um 1.986,60 EUR überschritten. Auch wenn die Überschreitung der Freibeträge nur geringfügig ist, ändert dies nicht am Fehlen der Bedürftigkeit. Die Beklagte war auch nicht gehalten, den Kläger etwa dahingehend zu beraten, durch Tätigung von anzuerkennenden Anschaffungen (neuer PKW) die Unterschreitung des Freibetrages herbeiführen zu können. Dies ist nicht Aufgabe der Beklagten. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die Rechtsprechung sich erst im Laufe des vorliegenden Verfahrens entwickelt hat und die Beklagte insoweit nicht beraten konnte. Ein Folgenbeseitungsanspruch, die Beklagte zum Ausgleich evtl. Rechtssetzungsfehler des Verordnungsgebers zu verpflichten, kann nicht anerkannt werden.
Auch zum Nichtvorliegen eines allgemeinen Härtefalles verweist der Senat auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils. Die Darlegungen im zweiten Absatz auf Seite 7 des Urteils sind ebenfalls zutreffend und bedürfen keiner Ergänzung.
Der Senat hat abschließend und in Ergänzung der Ausführungen des SG überprüft, ob die Wiederbewilligung der Alhi bereits vor dem 11.10.2004 in Betracht gekommen ist. Diesbezüglich verweist der Senat auf die Darlegungen in der gerichtlichen Verfügung vom 27.11.2006. Eine Unterschreitung des Freibetrages vor dem 11.10.2004 ergibt sich weder aus dem Akteninhalt noch ist vom Kläger auf den Hinweis des Senats ein entsprechender Vortrag erfolgt. Der Kläger hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung bestätigt, sich das neue Auto erst im Oktober 2004 gekauft zu haben. Dann aber ließ sich nicht feststellen, dass Bedürftigkeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres im Mai 2004, aber vor dem 11.10.2004 eingetreten ist. Klage und Berufung konnten somit im Ergebnis keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat weicht insbesondere nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, sondern macht sich die neuere Rechtsprechung des BSG genausowie schon das SG zu eigen.
Rechtskraft
Aus
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