Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 72/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 45/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beklagte Kosten des Einfrierens von befruchteten Eizellen (Kryokonservierung) i.H.v. 758,94 Euro übernehmen muss.
Die im Jahre 1972 geborene und seit 1996 verheiratete, kinderlose Klägerin erkrankte Anfang 2001 an einem Hodgkin-Lymphom. Wegen des mit der Chemotherapie verbundenen Risikos einer Unfruchtbarkeit beantragte sie im Juli 2001 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung. Dabei wurden der Klägerin Eizellen entnommen und mit der sog. ICSI-Methode mit Samenzellen des Ehemannes künstlich befruchtet. Nachfolgend wurden die Eizellen einer Kryokonservierung unterzogen, um sie nach Abschluss der Krebsbehandlung wieder in die Gebärmutter der Klägerin einsetzen zu können. Die Beklagte übernahm die Kosten für die künstliche Befruchtung in Höhe von 4.595,91 DM. Mit Bescheid vom 09.01.2002 lehnte sie jedoch die Kostenübernahme für die Kryokonservierung ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2002 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin mit einem am 13.05.2002 bei dem Sozialgericht (SG) Münster eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Zwar sei es richtig, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und den einschlägigen Richtlinien grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Kryokonservierung bestehe. Ihr Fall stelle jedoch eine anders zu bewertende Ausnahme dar. Für die Kryokonservierung in dem Zeitraum bis zum 31.01.2003 seien Kosten in Höhe von 758,94 Euro entstanden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.10.2006 abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet, da es für den geltend gemachten Anspruch keine gesetzliche Grundlage gebe. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Gegen das ihr am 08.03.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.04.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen, das BSG habe bisher noch nicht über den vorliegenden Sachverhalt einer durch schicksalhafte Erkrankung hervorgerufenen Situation der Unfruchtbarkeit entschieden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.10.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2002 zu verurteilen, ihr die bis zum 31.01.2003 entstandenen Kosten der Kryokonservierung in Höhe eines Betrages von 758,94 Eurozu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind in dem Erörterungstermin vom 28.08.2007 darauf hingewiesen worden, dass der Senat eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beabsichtigt. Sie haben erklärt, dass sie die Besprechung im Erörterungstermin als Anhörung betrachten und nicht ergänzend vortragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bezieht sich der Senat auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
II.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die nach § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG nötige Anhörung durchgeführt worden ist.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG, auf dessen Ausführungen der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage in vollem Umfang Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), die Klage abgewiesen. Das SG hat ausgeführt, dass Versicherte nach § 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung hätten, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Diese Vorschrift stelle bereits deshalb keine Anspruchsgrundlage dar, weil die Kryokonservierung nicht geeignet gewesen sei, die Erkrankung der Klägerin (Hodgkin-Lymphom) zu beeinflussen. Zwar werde der Begriff der Krankenbehandlung insoweit erweitert, als dazu auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit gehörten, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden gewesen oder durch Krankheit verloren gegangen sei. Auch diese Voraussetzungen seien jedoch zum Zeitpunkt der hier streitigen Konservierung noch nicht erfüllt gewesen. Im Übrigen sei die Kryokonservierung mit anschließender Lagerung auch keine Leistung, die für den Verlust der Empfängnisfähigkeit zu deren Wiederherstellung geeignet gewesen sei. Als Anspruchsgrundlage komme daher allenfalls die Vorschrift des § 27a SGB V in Betracht. Hier sei ausdrücklich vorgesehen, dass Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft umfassten. Jedoch gehöre eine Kryokonservierung einschließlich anschließender Lagerung nicht zu den Leistungen i.S.d. § 27a SGB V, da mit dem Begriff der künstlichen Befruchtung nur Maßnahmen gemeint seien, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprächen und unmittelbar der Befruchtung dienten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 25.05.2000 - B 8 KN 3/99 KR R -; BSG, Beschluss vom 09.12.2004 - B 1 KR 95/03 B -; BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 11/03 R -). Die von der Klägerin vorgetragenen Besonderheiten rechtfertigten keine andere Beurteilung. Wenn eine Kryokonservierung in zutreffender Interpretation dieser Vorschrift schon begrifflich nicht zu den Maßnahmen der künstlichen Befruchtung i.S.d. § 27a SGB V zu zählen sei, begründe auch die angesichts der Umstände durchaus nachvollziehbare Vorsorgemaßnahme der Klägerin keinen Kostenerstattungsanspruch. Eine solche Interpretation setze eine sog. Regelungslücke voraus, die nicht erkennbar sei. Der Gesetzgeber selbst habe einen Anspruch auf Kryokonservierung ausdrücklich ausgeschlossen (BT-Drucks. 11/6760, S. 14). Es könne nicht unterstellt werden, dass er dabei die durchaus nicht kleine Gruppe derjenigen Versicherten übersehen haben solle, die in nachvollziehbarer Furcht vor einem mehr oder weniger konkret drohenden Verlust der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit in sinnvoller Weise eine vorsorgliche Kryokonservierung durchführten.
Auch der das bisherige Vorbringen der Klägerin wiederholende Berufungsvortrag führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat folgt der vom BSG vorgenommenen Interpretation des Begriffs der "künstlichen Befruchtung" in § 27a SGB V, der sich nur auf Maßnahmen erstreckt, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen (BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 11/03 R - SozR 4-2500 § 87a Nr. 1). Sie steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Ausschluss der Kostenübernahme für das Einfrieren und Lagern männlichen Samens auf unbestimmte Zeit (BSG, Beschluss vom 09.12.2004 - B 1 KR 95/03 B - m.w.N.) und liegt - trotz der im Falle der Klägerin sich ergebenden Härten - innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungs-spielraums.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beklagte Kosten des Einfrierens von befruchteten Eizellen (Kryokonservierung) i.H.v. 758,94 Euro übernehmen muss.
Die im Jahre 1972 geborene und seit 1996 verheiratete, kinderlose Klägerin erkrankte Anfang 2001 an einem Hodgkin-Lymphom. Wegen des mit der Chemotherapie verbundenen Risikos einer Unfruchtbarkeit beantragte sie im Juli 2001 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung. Dabei wurden der Klägerin Eizellen entnommen und mit der sog. ICSI-Methode mit Samenzellen des Ehemannes künstlich befruchtet. Nachfolgend wurden die Eizellen einer Kryokonservierung unterzogen, um sie nach Abschluss der Krebsbehandlung wieder in die Gebärmutter der Klägerin einsetzen zu können. Die Beklagte übernahm die Kosten für die künstliche Befruchtung in Höhe von 4.595,91 DM. Mit Bescheid vom 09.01.2002 lehnte sie jedoch die Kostenübernahme für die Kryokonservierung ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2002 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin mit einem am 13.05.2002 bei dem Sozialgericht (SG) Münster eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Zwar sei es richtig, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und den einschlägigen Richtlinien grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Kryokonservierung bestehe. Ihr Fall stelle jedoch eine anders zu bewertende Ausnahme dar. Für die Kryokonservierung in dem Zeitraum bis zum 31.01.2003 seien Kosten in Höhe von 758,94 Euro entstanden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.10.2006 abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet, da es für den geltend gemachten Anspruch keine gesetzliche Grundlage gebe. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Gegen das ihr am 08.03.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.04.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen, das BSG habe bisher noch nicht über den vorliegenden Sachverhalt einer durch schicksalhafte Erkrankung hervorgerufenen Situation der Unfruchtbarkeit entschieden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.10.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2002 zu verurteilen, ihr die bis zum 31.01.2003 entstandenen Kosten der Kryokonservierung in Höhe eines Betrages von 758,94 Eurozu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind in dem Erörterungstermin vom 28.08.2007 darauf hingewiesen worden, dass der Senat eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beabsichtigt. Sie haben erklärt, dass sie die Besprechung im Erörterungstermin als Anhörung betrachten und nicht ergänzend vortragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bezieht sich der Senat auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
II.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die nach § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG nötige Anhörung durchgeführt worden ist.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG, auf dessen Ausführungen der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage in vollem Umfang Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), die Klage abgewiesen. Das SG hat ausgeführt, dass Versicherte nach § 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung hätten, wenn diese notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Diese Vorschrift stelle bereits deshalb keine Anspruchsgrundlage dar, weil die Kryokonservierung nicht geeignet gewesen sei, die Erkrankung der Klägerin (Hodgkin-Lymphom) zu beeinflussen. Zwar werde der Begriff der Krankenbehandlung insoweit erweitert, als dazu auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit gehörten, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden gewesen oder durch Krankheit verloren gegangen sei. Auch diese Voraussetzungen seien jedoch zum Zeitpunkt der hier streitigen Konservierung noch nicht erfüllt gewesen. Im Übrigen sei die Kryokonservierung mit anschließender Lagerung auch keine Leistung, die für den Verlust der Empfängnisfähigkeit zu deren Wiederherstellung geeignet gewesen sei. Als Anspruchsgrundlage komme daher allenfalls die Vorschrift des § 27a SGB V in Betracht. Hier sei ausdrücklich vorgesehen, dass Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft umfassten. Jedoch gehöre eine Kryokonservierung einschließlich anschließender Lagerung nicht zu den Leistungen i.S.d. § 27a SGB V, da mit dem Begriff der künstlichen Befruchtung nur Maßnahmen gemeint seien, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprächen und unmittelbar der Befruchtung dienten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 25.05.2000 - B 8 KN 3/99 KR R -; BSG, Beschluss vom 09.12.2004 - B 1 KR 95/03 B -; BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 11/03 R -). Die von der Klägerin vorgetragenen Besonderheiten rechtfertigten keine andere Beurteilung. Wenn eine Kryokonservierung in zutreffender Interpretation dieser Vorschrift schon begrifflich nicht zu den Maßnahmen der künstlichen Befruchtung i.S.d. § 27a SGB V zu zählen sei, begründe auch die angesichts der Umstände durchaus nachvollziehbare Vorsorgemaßnahme der Klägerin keinen Kostenerstattungsanspruch. Eine solche Interpretation setze eine sog. Regelungslücke voraus, die nicht erkennbar sei. Der Gesetzgeber selbst habe einen Anspruch auf Kryokonservierung ausdrücklich ausgeschlossen (BT-Drucks. 11/6760, S. 14). Es könne nicht unterstellt werden, dass er dabei die durchaus nicht kleine Gruppe derjenigen Versicherten übersehen haben solle, die in nachvollziehbarer Furcht vor einem mehr oder weniger konkret drohenden Verlust der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit in sinnvoller Weise eine vorsorgliche Kryokonservierung durchführten.
Auch der das bisherige Vorbringen der Klägerin wiederholende Berufungsvortrag führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat folgt der vom BSG vorgenommenen Interpretation des Begriffs der "künstlichen Befruchtung" in § 27a SGB V, der sich nur auf Maßnahmen erstreckt, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen (BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 11/03 R - SozR 4-2500 § 87a Nr. 1). Sie steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Ausschluss der Kostenübernahme für das Einfrieren und Lagern männlichen Samens auf unbestimmte Zeit (BSG, Beschluss vom 09.12.2004 - B 1 KR 95/03 B - m.w.N.) und liegt - trotz der im Falle der Klägerin sich ergebenden Härten - innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungs-spielraums.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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