Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KN 121/05 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 162/05 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23.09.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erhöhung der dem Kläger gewährten Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) Nr. 4101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Quarzstaublungenerkrankung (Silikose).
Der am 00.00.1930 geborene Kläger arbeitete ca. 12 Jahre im Bergbau Untertage, zuletzt im Jahre 1964. Auf der Grundlage eines Gutachtens von Prof. Dr. X vom 14.11.1966 gewährte ihm die Beklagte ab dem 15.02.1966 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. der Vollrente wegen der Berufskrankheit Quarz-staublungenerkrankung. Seit dem 01.08.1999 bezieht der Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. (Bescheid vom 09.02.2000 aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten im Verfahren S 6 KN 65/99 U - SG Gelsenkirchen). Maßgebend für diese Erhöhung der Verletztenrente war ein Gutachten von Prof. Dr. T vom 06.07.1999. Prof. Dr. T ordnete die röntgenologisch nachweisbare Silikose dem Typ pq 3/3 zu. Er verwies darauf, dass es im Zusammenhang mit der Silikose zur Entwicklung eines deutlich ausgeprägten Lungenemphysems gekommen sei. Im Vergleich mit dem Gutachten vom 14.02.1966 wirkten sich die Silikose und ein silikosebedingtes Lungenemphysem ungünstiger auf die Lungenfunktion aus. In der Folgezeit wurde der Kläger u.a. von Dr. A untersucht (Verfahren S 6 KN 262/03 U - SG Gelsenkirchen / L 2 KN 154/04 U - LSG NRW). Dr. A konnte im Vergleich der Befundlage vom 06.07.1999 (Gutachten Prof. Dr. T) mit den aktuell erhobenen Befunden keine wesentliche Verschlimmerung erkennen. Er meinte, dass sich zwar das thorakale Gasvolumen und das Residualvolumen in Übereinstimmung mit dem maßgeblichen Vorbefund erneut als erhöht erweise, angesichts einer normalen Diffusion und eines normalen Gasaustausches könne man diesen Befund jedoch nicht als emphysembeweisend interpretieren. Keinesfalls ergebe sich bei den einzelnen lungenfunktionsanalytischen Messwerten eine erkennbare Verschlimmerungstendenz. Röntgenologisch lasse sich ebenfalls kein Fortschreiten der Silikose nachweisen. In den Folgen der BK Nr. 4101 der Anlage zur BKV sei gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. T vom 06.07.1999 keine Verschlimmerung eingetreten (pneumologisches Gutachten vom 05.04.2004). Nachdem sich der Kläger kritisch zu dem Gutachten geäußert hatte, führte Dr. A ergänzend aus, es sei festzustellen, dass die am 06.07.1999 gestellte Diagnose eines Lungenemphysems durch nachfolgende Untersuchungen und insbesondere durch seine Untersuchung vom 29.03.2004 nicht zu bestätigen sei. Es liege vielmehr eine variable Überblähung nichtemphysematösen Charakters vor. Da es sich bei einem Lungenemphysem um eine irreversible Erkrankung handele, müssten die emphysem- hinweisenden diagnostischen Kriterien zu jedem Untersuchungszeitpunkt nachweisbar sein (Stellungnahme vom 21.04.2004).
Auf Veranlassung der Beklagten vom 06.12.2004 erstattete Dr. T1 am 31.01.2005 ein weiteres Gutachten. Dr. T1 wies darauf hin, dass beim Kläger ein unverändertes Röntgenbild einer Silikose q/p 3/3 bestehe und keine wesentliche Änderung der Lungenfunktion festzustellen sei. Die MdE betrage weiterhin 30 v.H ... Gestützt auf diese Beurteilung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.02.2005 eine Erhöhung der dem Kläger gewährten Verletztenrente aus Anlass der Quarzstaublungenerkrankung ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2005 zurückgewiesen.
Mit seiner am 25.04.2005 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 zu verurteilen, ihm aus Anlass der Berufskrankheit Silikose eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 23.09.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht eine Erhöhung der dem Kläger gewähren Teilrente von 30 v.H. der Vollrente aus Anlass der Berufskrankheit Quarzstaublungen- erkrankung abgelehnt, da in den Verhältnissen, die bei Bewilligung der Teilrente vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung in Form einer Verschlimmerung nicht eingetreten sei. Dies ergebe sich aus dem von der Beklagten beigezogenen Gutachten von Dr. T1 vom 31.01.2005. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Erhöhung der bisher gewährten Rente von 30 v.H. nach BK Nr. 4101 der Anlage zur BKV objektiv nicht begründen lasse. Röntgenologisch könne er kein Fortschreiten der Silikose nachweisen. Eine wesentliche Änderung der Lungenfunktion sei ebenfalls nicht festgestellt worden. Bei der Lungenfunktionsprüfung des Kläger ergebe sich keine Obstruktion, keine Überblähung und keine Störung der Diffusion.
Gegen das dem Kläger am 30.09.2005 zugestellte Urteil hat dieser noch am gleichen Tag Berufung eingelegt und darauf hingewiesen, dass sein gesamter Gesundheitszustand aufgrund der Silikose und Luftnot mehr als eingeschränkt sei. Dr. M habe im Jahr 2005 (im Streitverfahren S 30 (19) SB 196/04 - SG Gelsenkirchen) erstmals eine Herzuntersuchung durchgeführt und aufgezeigt, dass die starke Atemnot u.a. von der Lungenerkrankung und der Herzschwäche verursacht werde. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Luftnot komme vom Herzen, bedingt durch den Bluthochdruck als Folge der Silikose.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 23.09.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 zu verurteilen, ihm nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen aus Anlass der Berufskrankheit Silikose eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat einen Befundbericht von Dr. N eingeholt (Befundbericht vom 15.03.2006). Er teilt u.a. mit, dass die Belastungsdyspnoe am ehesten kardiologischer Ursache sei. Seinem Befundbericht hat er u.a. einen Arztbrief von Dr. K vom 06.03.2006 über eine kardiologische Untersuchung vom 06.03.2006 beigelegt. Der Senat hat den Sachverhalt weiter aufgeklärt und ein Gutachten von Dr. A eingeholt. Mit Gutachten vom 26.06.2006 hat dieser ausgeführt, dass weder röntgenologisch noch lungenfunktionsanalytisch der Nachweis einer Verschlimmerung in den BK-Folgen im Vergleich zu dem maßgeblichen Gutachten des Prof. Dr. T vom 06.07.1999 festgestellt werden könne. Nachdem sich der Kläger kritisch zu dem Gutachten geäußert hat, hat Dr. A unter dem 21.11.2006 ergänzend Stellung genommen und zusammenfassend ausgeführt, das die Herz-Kreislauf-Erkrankung ursächlich in keiner Weise auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen ist.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Streitakten, der Akten S 30 (19) SB 196/04 - SG Gelsenkirchen, der Akten L 2 KN 154/04 U und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 18.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 nicht beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist, § 54 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine Verletztenrente nach einer höheren MdE als 30 v. H. zu zahlen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Voraussetzung für die Feststellung, ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist zunächst ein Vergleich zwischen den - in Wirklichkeit gegebenen - Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der bindend gewordenen letzten Feststellung der Leistung und dem Zustand im Zeitpunkt der Neufeststellung (vgl. Wiesner in von Wulfen, SGB X, 5. Aufl., § 48 Rdn. 7 m.w.N.). Die Beklagte hat daher zutreffend die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 09.02.2000 zugrundegelegen haben, mit den Verhältnissen verglichen, die im Dezember 2004 - Zeitpunkt der von Amts wegen aufgenommenen Ermittlungen - vorgelegen haben. Sie hat weiter zutreffend den Eintritt einer Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 SBG X verneint. Denn Verschlimmerungen sind nur dann wesentlich, wenn sich dadurch der Grad der MdE um mehr als 5 v.H. erhöht (§ 73 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ). Dies ist hier nicht der Fall. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass im Vergleich zu den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 09.02.2000 zugrundegelegen haben und im Gutachten des Prof. Dr. T vom 06.07.1999 beschrieben worden sind, keine Änderung eingetreten ist, die eine Erhöhung der MdE um mehr als 5 v. H. rechtfertigt. Der vom Senat beauftragte Sachverständige Dr. A hat - nach Untersuchung des Klägers - eingehend und widerspruchsfrei begründet, dass sich beim Vergleich der Vorbefunde zusammen mit den aktuell erhobenen Daten weder röntgenologisch noch lungen- funktionsanalytisch der Nachweis einer Verschlimmerung in den BK-Folgen - im Vergleich zu dem maßgeblichen Gutachten des Prof. Dr. T vom 06.07.1999 - feststellen lässt. Röntgenologisch ergibt sich eine fein- bis mittelgrobe silikotische Imprägnierung, die an keiner Stelle eine Konfluenztendenz oder gar Schwielenbildung erkennen lässt. Die vom Kläger vorgetragene Belastungskurzatmigkeit erklärt sich wesentlich durch die kardiozirkulatorische Problematik. Davon geht offenbar auch der behandelnde Arzt Dr. N (Befundbericht vom 15.03.2006) aus. In Auswertung der Untersuchung vom 06.03.2006 des Kardiologen Dr. K weist Dr. A darauf hin, dass eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung in Form einer konzentrischen Verdickung des Herzmuskels mit der Folge einer linksventrikulären Dehnbarkeitsstörung nachweisbar ist. Eine derartige hypertensive Herzerkrankung geht in klassischer Weise einher mit anstrengungsabhängiger Kurzatmigkeit. Dementsprechend steht der Kläger auch unter blutdruckkontrollierender medikamentöser Kombinationsbehandlung.
Die beim Kläger bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung führt - entgegen seiner Auffassung - nicht zu einer Erhöhung der MdE. Denn sie ist ursächlich nicht auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen. Für die Bejahung eines solchen Zusammenhangs genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. u.a. BSG Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84, SozR 2200 § 548 Nr 70; Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R, SozR 3-5670 Anlage 1, 2108 Nr 2). Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Tatsachen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (u.a. BSG Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77, SozR 2200 § 548 Nr 38). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der Herzerkrankung und der Silikose nicht wahrscheinlich ist. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. A. Dieser hat in Auswertung des Gutachtens von Dr. M vom 16.06.2005 (im Streitverfahren S 30 (19) SB 196/04 - SG Gelsenkirchen) und des Arztberichtes des Kardiologen Dr. K vom 06.03.2006 zunächst darauf hingewiesen, dass Dr. M mit der Beurteilung der Herz-Kreislauf-Situation vollständig übereinstimme mit den Ausführungen des Kardiologen Dr. K. Der Sachverständige hat sodann weiter festgestellt, dass bei dem Kläger keine echokardiographischen Hinweise auf eine vermehrte Rechtsherzbelastung im Sinne eines Cor pulmonale vorliegen. Lediglich eine solche vermehrte Rechtsherzbelastung könnte ursächlich auf eine chronische Atemwegserkrankung zurückgeführt werden. Soweit der Kläger sein Klagebegehren auf die Begutachtung durch Dr. M stützt ist darauf hinzuweisen, dass ein pathophysiologisch ursächlicher Zusammenhang zwischen den lungenfunktionsanalytischen Folgen der Quarzstaublungeneinlagerung und der diagnostizierten hypertensiven Herzerkrankung auch von Dr. M nicht behauptet wird. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich eine Erhöhung der MdE daher auch nicht mit dem Hinweis auf das Gutachten von Dr. M begründen. Vielmehr besteht eine Quarzstaublungenerkrankung und - davon pathophysiologisch vollständig abzugrenzen - ein Bluthochdruckleiden, dass zu einer hypertensiven Herzerkrankung geführt hat. Beide Krankheitsbilder (Quarzstaublungenerkrankung; Bluthochdruckleiden mit hypertensiver Herzerkrankung) bewirken (subjektiv) Kurzatmigkeit bei Anstrengung, stehen jedoch in keinem ursächlichen Zusammenhang miteinander. Die Herz-Kreislauf-Erkrankung ist - nach Auffassung des Sachverständigen Dr. A - ursächlich in keiner Weise auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen. Mit dieser differenzierten Bewertung des Kausalzusammenhangs hat sich der Kläger nicht weiter auseinandergesetzt. Er verkennt insoweit auch, dass Dr. A, entsprechend der vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Forderung, die Lungen- und die Herzerkrankung einer zusammenfassenden Bewertung unterzogen hat und dabei insbesondere das Gutachten von Dr. M ausgewertet hat. Die Auffassung des Klägers, der jahrelange Bluthochdruck sei durch die Silikose bedingt und habe zu seinem Herzleiden geführt, hat der Sachverständige allerdings nicht bestätigten können. Das ausgeprägte Lungenemphysem ist nicht wie der Kläger meint "verschwunden", sondern hat - zumindest in seiner Ausprägung - so wie von Prof. Dr. T ursprünglich angenommen niemals vorgelegen (vgl. insoweit Dr. A, Gutachten vom 05.04.2004 und ergänzende Stellungnahme vom 21.04.2004, S 6 KN 262/03 U SG Gelsenkirchen). Selbst die unterschiedlichen Feststellungen der Ärzte Dr. M1 und Dr. T1 - auf die der Kläger verweist - führen nach Auffassung von Dr. A letztlich nicht zu einer Erhöhung der MdE, da lungenfunktionsanalytisch keine Verschlimmerung gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. T vom 06.07.1999 eingetreten ist.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erhöhung der dem Kläger gewährten Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) Nr. 4101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Quarzstaublungenerkrankung (Silikose).
Der am 00.00.1930 geborene Kläger arbeitete ca. 12 Jahre im Bergbau Untertage, zuletzt im Jahre 1964. Auf der Grundlage eines Gutachtens von Prof. Dr. X vom 14.11.1966 gewährte ihm die Beklagte ab dem 15.02.1966 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. der Vollrente wegen der Berufskrankheit Quarz-staublungenerkrankung. Seit dem 01.08.1999 bezieht der Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. (Bescheid vom 09.02.2000 aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten im Verfahren S 6 KN 65/99 U - SG Gelsenkirchen). Maßgebend für diese Erhöhung der Verletztenrente war ein Gutachten von Prof. Dr. T vom 06.07.1999. Prof. Dr. T ordnete die röntgenologisch nachweisbare Silikose dem Typ pq 3/3 zu. Er verwies darauf, dass es im Zusammenhang mit der Silikose zur Entwicklung eines deutlich ausgeprägten Lungenemphysems gekommen sei. Im Vergleich mit dem Gutachten vom 14.02.1966 wirkten sich die Silikose und ein silikosebedingtes Lungenemphysem ungünstiger auf die Lungenfunktion aus. In der Folgezeit wurde der Kläger u.a. von Dr. A untersucht (Verfahren S 6 KN 262/03 U - SG Gelsenkirchen / L 2 KN 154/04 U - LSG NRW). Dr. A konnte im Vergleich der Befundlage vom 06.07.1999 (Gutachten Prof. Dr. T) mit den aktuell erhobenen Befunden keine wesentliche Verschlimmerung erkennen. Er meinte, dass sich zwar das thorakale Gasvolumen und das Residualvolumen in Übereinstimmung mit dem maßgeblichen Vorbefund erneut als erhöht erweise, angesichts einer normalen Diffusion und eines normalen Gasaustausches könne man diesen Befund jedoch nicht als emphysembeweisend interpretieren. Keinesfalls ergebe sich bei den einzelnen lungenfunktionsanalytischen Messwerten eine erkennbare Verschlimmerungstendenz. Röntgenologisch lasse sich ebenfalls kein Fortschreiten der Silikose nachweisen. In den Folgen der BK Nr. 4101 der Anlage zur BKV sei gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. T vom 06.07.1999 keine Verschlimmerung eingetreten (pneumologisches Gutachten vom 05.04.2004). Nachdem sich der Kläger kritisch zu dem Gutachten geäußert hatte, führte Dr. A ergänzend aus, es sei festzustellen, dass die am 06.07.1999 gestellte Diagnose eines Lungenemphysems durch nachfolgende Untersuchungen und insbesondere durch seine Untersuchung vom 29.03.2004 nicht zu bestätigen sei. Es liege vielmehr eine variable Überblähung nichtemphysematösen Charakters vor. Da es sich bei einem Lungenemphysem um eine irreversible Erkrankung handele, müssten die emphysem- hinweisenden diagnostischen Kriterien zu jedem Untersuchungszeitpunkt nachweisbar sein (Stellungnahme vom 21.04.2004).
Auf Veranlassung der Beklagten vom 06.12.2004 erstattete Dr. T1 am 31.01.2005 ein weiteres Gutachten. Dr. T1 wies darauf hin, dass beim Kläger ein unverändertes Röntgenbild einer Silikose q/p 3/3 bestehe und keine wesentliche Änderung der Lungenfunktion festzustellen sei. Die MdE betrage weiterhin 30 v.H ... Gestützt auf diese Beurteilung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.02.2005 eine Erhöhung der dem Kläger gewährten Verletztenrente aus Anlass der Quarzstaublungenerkrankung ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2005 zurückgewiesen.
Mit seiner am 25.04.2005 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 zu verurteilen, ihm aus Anlass der Berufskrankheit Silikose eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 23.09.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht eine Erhöhung der dem Kläger gewähren Teilrente von 30 v.H. der Vollrente aus Anlass der Berufskrankheit Quarzstaublungen- erkrankung abgelehnt, da in den Verhältnissen, die bei Bewilligung der Teilrente vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung in Form einer Verschlimmerung nicht eingetreten sei. Dies ergebe sich aus dem von der Beklagten beigezogenen Gutachten von Dr. T1 vom 31.01.2005. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Erhöhung der bisher gewährten Rente von 30 v.H. nach BK Nr. 4101 der Anlage zur BKV objektiv nicht begründen lasse. Röntgenologisch könne er kein Fortschreiten der Silikose nachweisen. Eine wesentliche Änderung der Lungenfunktion sei ebenfalls nicht festgestellt worden. Bei der Lungenfunktionsprüfung des Kläger ergebe sich keine Obstruktion, keine Überblähung und keine Störung der Diffusion.
Gegen das dem Kläger am 30.09.2005 zugestellte Urteil hat dieser noch am gleichen Tag Berufung eingelegt und darauf hingewiesen, dass sein gesamter Gesundheitszustand aufgrund der Silikose und Luftnot mehr als eingeschränkt sei. Dr. M habe im Jahr 2005 (im Streitverfahren S 30 (19) SB 196/04 - SG Gelsenkirchen) erstmals eine Herzuntersuchung durchgeführt und aufgezeigt, dass die starke Atemnot u.a. von der Lungenerkrankung und der Herzschwäche verursacht werde. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Luftnot komme vom Herzen, bedingt durch den Bluthochdruck als Folge der Silikose.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 23.09.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 zu verurteilen, ihm nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen aus Anlass der Berufskrankheit Silikose eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat einen Befundbericht von Dr. N eingeholt (Befundbericht vom 15.03.2006). Er teilt u.a. mit, dass die Belastungsdyspnoe am ehesten kardiologischer Ursache sei. Seinem Befundbericht hat er u.a. einen Arztbrief von Dr. K vom 06.03.2006 über eine kardiologische Untersuchung vom 06.03.2006 beigelegt. Der Senat hat den Sachverhalt weiter aufgeklärt und ein Gutachten von Dr. A eingeholt. Mit Gutachten vom 26.06.2006 hat dieser ausgeführt, dass weder röntgenologisch noch lungenfunktionsanalytisch der Nachweis einer Verschlimmerung in den BK-Folgen im Vergleich zu dem maßgeblichen Gutachten des Prof. Dr. T vom 06.07.1999 festgestellt werden könne. Nachdem sich der Kläger kritisch zu dem Gutachten geäußert hat, hat Dr. A unter dem 21.11.2006 ergänzend Stellung genommen und zusammenfassend ausgeführt, das die Herz-Kreislauf-Erkrankung ursächlich in keiner Weise auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen ist.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den übrigen Inhalt der Streitakten, der Akten S 30 (19) SB 196/04 - SG Gelsenkirchen, der Akten L 2 KN 154/04 U und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 18.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2005 nicht beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist, § 54 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine Verletztenrente nach einer höheren MdE als 30 v. H. zu zahlen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Voraussetzung für die Feststellung, ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist zunächst ein Vergleich zwischen den - in Wirklichkeit gegebenen - Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der bindend gewordenen letzten Feststellung der Leistung und dem Zustand im Zeitpunkt der Neufeststellung (vgl. Wiesner in von Wulfen, SGB X, 5. Aufl., § 48 Rdn. 7 m.w.N.). Die Beklagte hat daher zutreffend die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 09.02.2000 zugrundegelegen haben, mit den Verhältnissen verglichen, die im Dezember 2004 - Zeitpunkt der von Amts wegen aufgenommenen Ermittlungen - vorgelegen haben. Sie hat weiter zutreffend den Eintritt einer Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 SBG X verneint. Denn Verschlimmerungen sind nur dann wesentlich, wenn sich dadurch der Grad der MdE um mehr als 5 v.H. erhöht (§ 73 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ). Dies ist hier nicht der Fall. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass im Vergleich zu den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 09.02.2000 zugrundegelegen haben und im Gutachten des Prof. Dr. T vom 06.07.1999 beschrieben worden sind, keine Änderung eingetreten ist, die eine Erhöhung der MdE um mehr als 5 v. H. rechtfertigt. Der vom Senat beauftragte Sachverständige Dr. A hat - nach Untersuchung des Klägers - eingehend und widerspruchsfrei begründet, dass sich beim Vergleich der Vorbefunde zusammen mit den aktuell erhobenen Daten weder röntgenologisch noch lungen- funktionsanalytisch der Nachweis einer Verschlimmerung in den BK-Folgen - im Vergleich zu dem maßgeblichen Gutachten des Prof. Dr. T vom 06.07.1999 - feststellen lässt. Röntgenologisch ergibt sich eine fein- bis mittelgrobe silikotische Imprägnierung, die an keiner Stelle eine Konfluenztendenz oder gar Schwielenbildung erkennen lässt. Die vom Kläger vorgetragene Belastungskurzatmigkeit erklärt sich wesentlich durch die kardiozirkulatorische Problematik. Davon geht offenbar auch der behandelnde Arzt Dr. N (Befundbericht vom 15.03.2006) aus. In Auswertung der Untersuchung vom 06.03.2006 des Kardiologen Dr. K weist Dr. A darauf hin, dass eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung in Form einer konzentrischen Verdickung des Herzmuskels mit der Folge einer linksventrikulären Dehnbarkeitsstörung nachweisbar ist. Eine derartige hypertensive Herzerkrankung geht in klassischer Weise einher mit anstrengungsabhängiger Kurzatmigkeit. Dementsprechend steht der Kläger auch unter blutdruckkontrollierender medikamentöser Kombinationsbehandlung.
Die beim Kläger bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung führt - entgegen seiner Auffassung - nicht zu einer Erhöhung der MdE. Denn sie ist ursächlich nicht auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen. Für die Bejahung eines solchen Zusammenhangs genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. u.a. BSG Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84, SozR 2200 § 548 Nr 70; Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R, SozR 3-5670 Anlage 1, 2108 Nr 2). Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Tatsachen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (u.a. BSG Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77, SozR 2200 § 548 Nr 38). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der Herzerkrankung und der Silikose nicht wahrscheinlich ist. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. A. Dieser hat in Auswertung des Gutachtens von Dr. M vom 16.06.2005 (im Streitverfahren S 30 (19) SB 196/04 - SG Gelsenkirchen) und des Arztberichtes des Kardiologen Dr. K vom 06.03.2006 zunächst darauf hingewiesen, dass Dr. M mit der Beurteilung der Herz-Kreislauf-Situation vollständig übereinstimme mit den Ausführungen des Kardiologen Dr. K. Der Sachverständige hat sodann weiter festgestellt, dass bei dem Kläger keine echokardiographischen Hinweise auf eine vermehrte Rechtsherzbelastung im Sinne eines Cor pulmonale vorliegen. Lediglich eine solche vermehrte Rechtsherzbelastung könnte ursächlich auf eine chronische Atemwegserkrankung zurückgeführt werden. Soweit der Kläger sein Klagebegehren auf die Begutachtung durch Dr. M stützt ist darauf hinzuweisen, dass ein pathophysiologisch ursächlicher Zusammenhang zwischen den lungenfunktionsanalytischen Folgen der Quarzstaublungeneinlagerung und der diagnostizierten hypertensiven Herzerkrankung auch von Dr. M nicht behauptet wird. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich eine Erhöhung der MdE daher auch nicht mit dem Hinweis auf das Gutachten von Dr. M begründen. Vielmehr besteht eine Quarzstaublungenerkrankung und - davon pathophysiologisch vollständig abzugrenzen - ein Bluthochdruckleiden, dass zu einer hypertensiven Herzerkrankung geführt hat. Beide Krankheitsbilder (Quarzstaublungenerkrankung; Bluthochdruckleiden mit hypertensiver Herzerkrankung) bewirken (subjektiv) Kurzatmigkeit bei Anstrengung, stehen jedoch in keinem ursächlichen Zusammenhang miteinander. Die Herz-Kreislauf-Erkrankung ist - nach Auffassung des Sachverständigen Dr. A - ursächlich in keiner Weise auf die Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen. Mit dieser differenzierten Bewertung des Kausalzusammenhangs hat sich der Kläger nicht weiter auseinandergesetzt. Er verkennt insoweit auch, dass Dr. A, entsprechend der vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Forderung, die Lungen- und die Herzerkrankung einer zusammenfassenden Bewertung unterzogen hat und dabei insbesondere das Gutachten von Dr. M ausgewertet hat. Die Auffassung des Klägers, der jahrelange Bluthochdruck sei durch die Silikose bedingt und habe zu seinem Herzleiden geführt, hat der Sachverständige allerdings nicht bestätigten können. Das ausgeprägte Lungenemphysem ist nicht wie der Kläger meint "verschwunden", sondern hat - zumindest in seiner Ausprägung - so wie von Prof. Dr. T ursprünglich angenommen niemals vorgelegen (vgl. insoweit Dr. A, Gutachten vom 05.04.2004 und ergänzende Stellungnahme vom 21.04.2004, S 6 KN 262/03 U SG Gelsenkirchen). Selbst die unterschiedlichen Feststellungen der Ärzte Dr. M1 und Dr. T1 - auf die der Kläger verweist - führen nach Auffassung von Dr. A letztlich nicht zu einer Erhöhung der MdE, da lungenfunktionsanalytisch keine Verschlimmerung gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. T vom 06.07.1999 eingetreten ist.
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