L 12 AL 79/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AL 77/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 79/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 8/08 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. d.Kl.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.03.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt weiteres Insolvenzgeld aus Brottoentgeltansprüchen in Höhe von 3.018,53 EUR.

Er war von August 1996 bis 31.10.2003 bei der am Firma L Küchen GmbH (Arbeitgeber) in L beschäftigt. Über das Vermögen des Arbeitgebers, bei dem mehrere Hundert Arbeitnehmer beschäftigt waren, ist am 01.11.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Wie für alle Mitarbeiter des Unternehmens galt auch für den Kläger nach seinen Angaben der Tarifvertrag der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme.

Am 13.11.2002 hatte der Arbeitgeber mit der IG Metall - Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen - einen sog. Restrukturierungstarifvertrag geschlossen. Nach §§ 2 und 3 dieses Tarifvertrages verzichteten die Arbeitnehmer auf einen Teil ihrer tariflichen Ansprüche auf Urlaubsgeld und 13. Monatsgehalt. Die tarifliche Lohnerhöhung für das Jahr 2003 wurde nach § 4 bis 30.09.2003 ausgesetzt.

Der Vertrag enthielt in § 6 eine Prämienregelung für den Fall, dass das Unternehmen einen Jahresüberschuss von mindestens 200.000 Euro erzielen würde und im Übrigen noch folgenden Passus:

"Werden die vom Unternehmen vorgesehenen Modernisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nicht oder nur unzureichend durchgeführt oder verweigern Kreditinstitute zugesagte Kredite oder kündigen sie bestehende oder droht eine Insolvenz, hat die IG Metall das Recht, diese Vereinbarung zu kündigen. Damit entstehen die ursprünglichen Ansprüche neu und werden unmittelbar fällig."

Wegen des weiteren Inhalts des Tarifvertrages im Einzelnen wird auf Bl. 13 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die IG Metall kündigte nach dem Bekanntwerden des Insolvenzantrages am 03.09.2003 den Restrukturierungstarifvertrag und machte für die Beschäftigten die "ursprünglichen" Ansprüche geltend. Entgeltanspüche der Arbeitnehmer wurden von dem Arbeitgeber für die Zeit ab 01.08.2003 nicht mehr erfüllt.

Am 05.11.2003 beantragte der Kläger Insolvenzgeld. Der beigeladene Insolvenzverwalter bestätigte in einer Insolvenzgeldbescheinigung vom 18.11.2003 für die Monate August bis Oktober rückständige Entgeltansprüche in Höhe von 4.889,62 Euro, wobei die tariflichen Lohnansprüche nach seinen Angaben erst ab 03.09.2003 wieder in voller Höhe berücksichtigt wurden.

Mit Bescheid vom 20.11.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Insolvenzgeld für die Monate August bis Oktober in Höhe von 4.889,62 Euro, wobei ein Betrag in Höhe von 3.058,05 EUR an eine Bank gezahlt wurde, die den Insolvenzgeldanspruch mit Zustimmung der Beklagten in dieser Höhe vorfinanziert hatte.

Hiergegen legte der Kläger am 18.12.2003 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.04 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Beklagte führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Insolvenzgeld, da bis zur Kündigung des Restrukturierungstarifvertrages nur die sich daraus ergebenden Ansprüche insolvenzgeldfähig seien. Die dem Kläger tariflich zustehende Lohnerhöhung sei erst ab dem Zeitpunkt der Kündigung des Restrukturierungstarifvertrages im September zu berücksichtigen gewesen. Selbst wenn die Parteien des Tarifvertrages eine Rückwirkung der Kündigung gewollt hätten, so könne der Kläger hieraus gegenüber der Beklagten keine Ansprüche herleiten, da dieses eine Vereinbarung zu Lasten Dritter, nämlich der Allgemeinheit darstelle.

Dagegen hat der Kläger am 13.4.2004 vor dem Sozialgericht Detmold (SG) Klage erhobenen, mit der er einen Anspruch auf höheres Insolvenzgeld weiterverfolgt.

Er ist der Ansicht, dass ihm aufgrund der Vereinbarung in § 6 des Vertrages Insolvenzgeld aus den vollen in der Vergangenheit nicht erbrachten Leistungen zustehe. Durch die Kündigung seien seine Ansprüche rückwirkend entstanden und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Kündigung. Auch stelle diese Vereinbarung keinen Vertrag zu Lasten Dritter dar, da auch andere Ereignisse als die Insolvenz als Kündigungsgrund aufgeführt seien und daher keinesfalls somit nur höhere Insolvenzgeldansprüche abgesichert werden sollten.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2004 dahingehend abzuändern, dass die Beklagte ihm Insolvenzgeld für die Monate August bis Oktober auf der Grundlage seiner tariflichen Ansprüche nach den gesetzlichen Bestimmungen bewilligt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene hat ebenfalls die Auffassung vertreten, dass die Kündigung des Restrukturierungstarifvertrages keine Rückwirkung in Bezug auf die Insolvenzgeldansprüche des Klägers entfalte.

Durch Urteil vom 16.03.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Kläger habe bis 03.09.2003 nur einen Anspruch auf Insolvenzgeld in Höhe der sich aus dem Restrukturierungstarifvertrag vom 13.11.2002 ergebenden Lohnansprüche. Bei diesem Tarifvertrag handele es sich um eine zulässige Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zur Änderung des Lohntarifvertrages, die aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer des Arbeitgebers unabhängig von ihrer Tarifzugehörigkeit wirksam sei. Er sei auch erst mit Wirkung zum 03.09.2003 wirksam von der IG-Metall gekündigt worden. Die Insolvenzgeldbescheinigung sei zutreffend. Entgegen der Ansicht des Klägers komme der Kündigung des Restrukturierungstarifvertrages eine Rückwirkung vor dem 03.09.2003 jedenfalls in Bezug auf den Insolvenzgeldanspruch nicht zu, da eine Kündigung eines Vertrages grundsätzlich nur für die Zukunft wirke. Etwas anderes ergebe sich weder aus dem Wortlaut, noch auch aus dem Kontext des § 6 des Restrukturierungstarifvertrages. Die Arbeitnehmer hätten auf Lohnansprüche verzichtet, die nicht rückwirkend wieder aufleben und auch nicht rückwirkend fällig würden, sondern "neu" entstehen und auch erst ab der Kündigung des Restrukturierungstarifvertrages fällig werden sollten. Diese Auslegung werde gestützt vom Gesamtkontext des § 6. Denn dieser sehe auch für den Fall, dass das Unternehmen einen Jahresüberschuss von mindestens 200.000 Euro erzielen würde, nur eine anteilige Prämienzahlung entsprechend der Höhe des Überschusses vor, zum Ausgleich der Ansprüche, auf die die Arbeitnehmer verzichtet hatten. Es sei daher nicht einmal für den Fall, dass die Restrukturierungsmaßnahmen Erfolg hatten und das Unternehmen einen deutlichen Gewinn erzielen würde, ein rückwirkendes Aufleben der Ansprüche des Klägers vereinbart, sondern auch für diesen Fall nur ein neuer Anspruch auf entsprechende Prämienzahlungen vorgesehen gewesen. Selbst wenn man dem Kläger darin folge, dass die Parteien für den Fall der Kündigung einen rückwirkenden Anspruch gewollt haben, so wäre dieser jedenfalls in Bezug auf die Insolvenzgeldansprüche gegen die Beklagte unwirksam. Denn dann wäre diese Vereinbarung ein sog. "Vertrag zu Lasten Dritter".

Das Urteil ist dem Kläger am 20.04.2006 zugestellt worden. Am 18.05.2006 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er legt die Lohnabrechnungen von November 2002 bis August 2003 vor und vertritt die Auffassung, durch die Kündigung des Restrukturierungstarifvertrages seien Ansprüche in Höhe von brutto 3.018,53 EUR (1.845,13 EUR Urlaubs- und Weihnachtsgeld - laut Abrechnung Nov. 2002 und Juli 2003 - sowie 1.173,40 EUR Einsparungsbeträge) im Insolvenzgeldzeitraum neu entstanden. Ein Vertrag zu Lasten Dritter liege nicht vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.03.2006 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das Urteil für zutreffend. Sie sind der Auffassung, dass nach dem Tarifvertrag aufgrund der Kündigung nur für die Zukunft Ansprüche neu entstehen konnten. Eine andere Auslegung lasse der Tarifvertrag nicht zu, der keinen Anhalt dafür biete, dass die Vertragsparteien von dem gesetzlichen Leitbild einer Kündigung abweichen wollten. Für diesen Fall hätte es nahe gelegen, ein Rücktritts- oder Anfechtungsrecht zu regeln. Sie hätten auch eine auflösende Bedingung vereinbaren oder das Wort "rückwirkend" verwenden können. All dies spreche dafür, dass sie nur Ansprüche für die Zukunft regeln wollten.

Zu den Zielen der Regelung in § 6 letzter Satz des Restrukturierungstarifvertrages sind Auskünfte von dem an den Verhandlungen beteiligten Vertreter der IG Metall, vom Arbeitgeberverband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung sowie des ebenfalls zeitweilig beteiligten Landesschlichters Pollmeyer eingeholt worden. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 138 f., 144 und 145 f. der Gerichtsakte konkret verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten (Insolvenzgeldakte des Klägers; Insolvenzhauptakte). Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist aufgrund der ausdrücklichen Erklärung des Klägers, weiteres Insolvenzgeld ausgehend von einem Bruttobetrag in Höhe von 3.018,53 EUR zu begehren, zulässig, denn der Beschwerdewert von 500 EUR wird überschritten.

Die Berufung ist indes unbegründet. Dem Kläger steht höheres Insolvenzgeld nicht zu, so dass sich das Urteil des SG als rechtmäßig erweist.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Insolvenzgeld sind dem Grund nach erfüllt. Den Insolvenzgeldzeitraum hat die Beklagte zutreffen auf die Zeit vom 01.08.2003 bis 31.10.2003 erstreckt, dem Kläger auf der Grundlage der Insolvenzgeldbescheinigung des Beigeladenen vom 18.11.2003 Insolvenzgeld in Höhe von 3.058,05 EUR bewilligt und unter Berücksichtigung einer Vorfinanzierung ausgezahlt. Der Beigeladene hat nach seinen Angaben und vom Kläger unbeanstandet - jedenfalls was die Berechnung betrifft - die Regelungen des Restrukturierungstarifvertrages mit den geminderten Entgeltanspüchen bis zu dessen Kündigung (03.09.2003) angewandt und für den sich anschließenden Zeitraum bis 31.10.2003 Ansprüche nach den ursprünglichen vertraglichen Regelungen bescheinigt.

Streit besteht somit nur noch darüber, ob durch die Kündigung auch für zurückliegende Zeiten weitere Arbeitsentgeltansprüche - und zwar in Höhe der nach dem Restrukturierungstarifvertrages dokumentierten (§§ 2 - 4) Minderbeträgen - entstanden und dem Insolvenzgeldzeitraum zurechenbar sind.

Dies ist mit dem SG zu verneinen, weil der Restrukturierungstarifvertrag eine solche Auslegung nicht zulässt. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. nur BAG 19.01.2000 - 4 AZR 814/98 - Rz. 26; BAG 23.05.2007 - 10 AZR 363/06 - Rz. 30).

Nach dem Wortlaut von § 6 letzer Satz des Restrukturierungstarifvertrages entstehen mit der Kündigung des Vertrages die ursprünglichen Ansprüche neu. Dieser Wortlaut ist hinsichtlich der Bezeichnung "ursprüngliche Ansprüche" nicht eindeutig, denn es bleibt unklar, ob damit nur die allgemeinen Ansprüche gemeint sind, die vor dem Inkrafttreten des Tarifvertrages bestanden haben, oder aber auch die aufgrund des Tarifvertrages nicht ausgezahlten Ansprüche erfasst werden. Ein Verständnis im letzteren Sinne hätte tatsächlich das Entstehen von Ansprüchen für die Vergangenheit zur Folge.

Gegen dieses Verständnis spricht allerdings entscheidend das Anknüpfen an eine Kündigung. Denn eine Kündigung vermag Rechtswirkungen in aller Regel nur für die Zukunft herbeizuführen. Sie unterscheidet sich insoweit etwa von einem Rücktrittsrecht (vgl. dazu BGH 21.02.1979 - VIII ZR 88/78- Rz. 20), aber ebenso von der Vereinbarung eines Widerrufs oder einer auflösenden Bedingung. Diese Gestaltungselemente können Rechtswirkungen auch für die Vergangenheit entfalten.

Für die Annahme, dass die Tarifvertragsparteien der Regelung in § 6 des Restrukturierungstarifvertrages eine von diesem allgemeinen Verständnis des Wortlautes abweichende Bedeutung beimessen wollten, fehlen ausreichende Anhaltspunkte. Aus den eingeholten Auskünften lässt sich ein entsprechender einheitlicher Wille nicht entnehmen. Die ausführliche Auskunft des Bevollmächtigen der IG Metall O mit dem Hinweis, dass eine doppelte Benachteiligung der Betroffenen ausgeschlossen werden sollte, mag zwar eine arbeitnehmerfreundliche Auslegung nahe legen. Diese Angaben werden aber von anderer Seite nicht bestätigt.

Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass für den Fall des Arbeitsplatzverlustes eine Sicherung der Arbeitnehmer durch die besondere Prämienzahlungsregelung in den vorhergehenden Absätzen des § 6 vorhanden ist und so die Arbeitnehmer vor Nachteilen geschützt sind. Nach diesen Regelungen erwerben die Arbeitnehmer nämlich bei Ausscheiden einen Prämienanspruch in Höhe der gesamten Verzichtsbeträge. Dem Sinn und Zweck der Regelung in § 6 - auf den das SG Detmold in seinem zusprechenden Urteil vom 27.07.2007 (S 13 AL 17/04; Berufung anhängig unter L 9 AL 122/06) in einem Parallelverfahren wesentlich abstellt - wird daher auch die nach dem Wortlaut naheliegende Auslegung gerecht.

Im Übrigen wäre eine rückwirkende Entstehung von Ansprüchen kaum praktikabel, nicht zuletzt wegen der schwierigen sozialversicherungsrechtlichen Einordnung der Nachzahlung. So wäre etwa problematisch, ob es sich bei dem neu entstehenden Anspruch um einmalige Einnahmen im September 2003 oder um laufende, nachzuzahlende Einnahmen handelt.

Schließlich spricht für die vorgenommene Auslegung, dass dadurch dem Tarifvertrag nicht der Makel einer möglichen sittenwidrigen Regelung anhaftet. Im Zweifel ist nach Auffassung des Senats nämlich anzunehmen, dass Vertragsparteien eine Vereinbarung abschließen wollten, die rechtlich unzweifelhaft zulässig ist. Die vorliegende Reglung ist zwar im Hinblick auf das Urteil des BAG vom 19.01.2006 (6 AZR 529/04) möglicherweise noch mit § 138 BGB vereinbar. Unzweifelhaft ist dies im Hinblick auf Ansprüche gegenüber der Beklagten aber keinesfalls, wie bereits die durchaus nachvollziehbaren Ausführungen des SG zu diesem Aspekt zeigen (vgl. auch BAG aaO., Rz.39).

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass die hier vorgenommene Auslegung des § 6 des Tarifvertrages nicht nur dem Wortlaut am ehesten gerecht wird, sondern auch zu einer sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Der Beigeladene hat diese Auslegung seiner Insolvenzgeldbescheinigung zugrunde gelegt, die Beklagte hat auf dieser Grundlage Insolvenzgeld bewilligt. Weitere Ansprüche des Klägers bestehen somit nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Die Revision wird zugelassen, weil der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Da der Restrukturierungstarifvertrag nur in NRW gilt (§ 1), ist zwar höchst zweifelhaft, ob seine Auslegung im Einzelnen durch das Revisionsgericht überhaupt überprüft werden darf (vgl. BSG 09.02.2006 - B 7a/7 AL 48/04 R - Rz. 17). Revisibel sind aber jedenfalls die herangezogenen Auslegungsgrundsätze. Die Klärung dieser Fragen ist für eine Vielzahl noch anhängiger Parallelverfahren von Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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