Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 SO 218/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 18/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 21.01.2008 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 28.11.2007 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Rücknahmebescheid der Antragsgegnerin vom 05.11.2007.
Der 1982 geborene Antragsteller beantragte Ende November 2006 durch seinen später ausdrücklich schriftlich bevollmächtigten Vater, der als Generalvertreter für die B freiberuflich tätig ist, bei der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Dem Antragsteller ist durch Bescheid des Versorgungsamtes C vom 29.10.2004 ein Grad der Behinderung von 50 wegen einer Minderbegabung zuerkannt worden. Er ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Minden beschäftigt. Neben einer monatlichen Arbeitsprämie von 157,94 EUR erhält er Arbeitsförderungsgeld in Höhe von 26 EUR monatlich abzüglich des erhöhten Anteils zur Pflegeversicherung von 1,23 EUR. Seit Dezember 2005 bezieht er zudem eine Halbwaisenrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 113,19 EUR (Bescheid vom 16.02.2006). Kindergeld wird in Höhe von 154 EUR monatlich an den Vater des Antragstellers ausgezahlt. Die im Antragsformular gestellten Fragen nach in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung auf andere Personen übertragenem Vermögen verneinte der Antragsteller. Hingegen gab er an, über ein Anlage-Depot bei der B mit einem gegenwärtigen Wert von 2022,64 EUR zu verfügen.
Die Antragsgegnerin bewilligte mit Bescheid vom 08.01.2007 Grundsicherungsleistungen für die Monate November 2006 bis Januar 2007 in Höhe von 782,28 EUR. Mit Bescheid vom 26.01.2007 bewilligte sie Leistungen für den Zeitraum November 2006 bis Oktober 2007 in Höhe von insgesamt 260,76 EUR monatlich. Am 10.09.2007 stellte der Antragsteller einen Folgeantrag. Aufgrund eines Datenabgleichs stellte die Antragsgegnerin fest, dass für den Antragsteller Zinseinkünfte für das Jahr 2006 in Höhe von 313,26 EUR ausgewiesen waren. In einem Schreiben vom 08.10.2007 erklärte der Antragsteller zu von ihm überreichten Kontoauszügen hinsichtlich seines Anlagekontos, es könne nachvollzogen werden, dass am 09.10.2006 eine Verfügung über 190 Anteile im Wert von 13.424,20 EUR erfolgt sei. Der Grund für die Verfügung zu Gunsten seines Vaters sei gewesen, dass er in den letzten Jahren gegenüber diesem verschiedene Verpflichtungen aufgebaut habe, die sich aus immensen Kosten für seinen Führerschein, der Neueinrichtung und Renovierung seines Wohn- und Schlafzimmers, Kfz-Kosten und verauslagten Kosten für sein Hobby "Mittelalter" zusammengesetzt hätten. Die Schulden hätten bereits Anfang des Jahres 2006 durch ihn ausgeglichen werden sollen. Dies sei jedoch mehrfach vergessen und aufgeschoben und erst am 09.10.2006 erledigt worden. Da seitdem etwa ein Jahr vergangen sei und er nicht damit habe rechnen können, diese Verpflichtungen in allen Einzelheiten nachweisen zu müssen, seien nicht alle Kosten nachweisbar, vor allem was die Möbel-Neuanschaffungen und Aufwendungen für sein Hobby betreffe. Aufzeichnungen bis 09.10.2006 seien nicht mehr vorhanden. Der Antragsteller hat eine Aufstellung über die gesamten Aufwendungen überreicht. Danach sind Führerscheinkosten in Höhe von 6.783 EUR, Einrichtungs- und Renovierungskosten in Höhe von 4657 EUR, Reparaturkosten für sein Kfz in Höhe von 257 EUR und Kosten für sein Hobby (Rüstungen, Waffen, Teilnahmegebühr für Veranstaltungen usw.) in Höhe von etwa 1500 EUR angefallen. Dabei verteilen sich die Führerscheinkosten auf zwei Fahrschulen und Zeiträume vom 14.11.2002 bis 02.12.2005 sowie November 1999 bis September 2000. Rechnungen diesbezüglich konnten lediglich für den erstgenannten Zeitraum vorgelegt werden.
Mit Anhörungsschreiben vom 16.10.2007 ist dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Es werde davon ausgegangen, dass durch die Übertragung von Aktienanteilen Bedürftigkeit vorsätzlich bzw. grob fahrlässig herbeigeführt worden sei, um Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen zu können. Diese Annahme gründe auf dem Umstand, dass Schulden aus dem Jahre 2000 beglichen worden sein sollen und dies in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Beantragung von Leistungen der Grundsicherung. Im Antrag auf Leistungen der Grundsicherung vom 26.11.2006 sei eine Vermögensübertragung innerhalb der letzten 10 Jahre verneint worden. Auch die erzielten Zinseinkünfte seien nicht nachgewiesen worden. Hierzu hat der Antragsteller mit Schreiben vom 23.10.2007 ausgeführt, er sei der Überzeugung gewesen, dass eine Rückzahlung von Schulden und die Bereinigung von Verpflichtungen keine Vermögensübertragung sei. Die Zinseinkünfte habe er schlichtweg vergessen. Er könne kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten erkennen.
Mit Rücknahmebescheid vom 05.11.2007 hob der Antragsgegner seine Bescheide vom 08.01.2007 und 26.01.2007 in vollem Umfang unter Verweis auf die Vorschrift des § 45 Abs. 2 S. 3 Ziffer 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und setzte die zu erstattenden Sozialleistungen gemäß § 50 Abs. 3 SGB X mit 2.873,13 EUR fest. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, die mit seinem Vater getroffenen Vereinbarungen hätten dazu gedient, die Vermögensverhältnisse zulasten der öffentlichen Hand zu verschieben. Die Bedürftigkeit sei zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen könne jedoch nicht nachvollzogen werden, dass der Antragsteller seinem Vater gegenüber Schulden gehabt hätte. Belege seien diesbezüglich nicht vorgelegt worden.
Der Antragsteller wurde aufgefordert, den Erstattungsbetrag innerhalb eines Monats nach Zugang des Rücknahmebescheides zu erstatten. Darüber hinaus ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entscheidungen an. Es liege im öffentlichen Interesse, wenn Sozialleistungen, die aus Steuermitteln erbracht werden müssten, nur Personen zuflössen, die auch anspruchsberechtigt seien. Im Falle des Antragstellers hätten sich die Verhältnisse nachweislich verändert, so dass die Verwaltungsbehörde vor dem Hintergrund eines sparsamen und sorgfältigen Umgangs mit Steuergeldern unverzüglich reagieren und zumindest ausschließen müsse, dass für die Zukunft weiter und zu Unrecht Leistungen gezahlt würden. Auch aus einer Fürsorgepflicht der staatlichen Stellen gegenüber dem Antragsteller ergebe sich die Verpflichtung, nicht für die Zukunft Leistungen in einem Umfang zu gewähren, auf den kein Anspruch bestehe, und so für eine Übergangszeit einen Lebensstandard oberhalb der Sozialhilfegrenzen zu ermöglichen, wenn der Antragsteller gleichzeitig in entsprechendem Umfang nach Abschluss des Verfahrens Rückzahlungsanforderungen ausgesetzt wäre. Mit Bescheid vom 05.11.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Fortzahlung von Leistungen ab dem 01.11.2007 ab.
Mit Schreiben vom 28.11.2007 hat der Antragsteller Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid und die Rückforderung vom 05.11.2007 eingelegt. Zur Begründung hat er auf den Inhalt des geführten Schriftwechsels verwiesen. Er sei zudem der Auffassung, es sei zwischen Eltern und ihrem Sohn unüblich, bei finanziellen Verpflichtungen Schuldscheine auszustellen. Er glaube nicht, dass diese Vereinbarungen der Schriftform bedürften. Eine solche Vorgehensweise betrachte er als lebensfremd.
Ebenfalls am 28.11.2007 hat sich der Antragsteller an das Sozialgericht Detmold gewandt mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen. Der Antrag ist auch nach Akteneinsichtnahme durch den Bevollmächtigten des Antragstellers spätestens am 08.01.2008 und Erinnerung durch das Sozialgericht bis zum 21.01.2008 nicht begründet worden.
Das Sozialgericht hatte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 21.01.2008 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die im Rahmen des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Interessenabwägung rechtfertige die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers nicht. Dieser habe trotz Erinnerung seinen Antrag nicht begründet und ausgeführt, aus welchen Gründen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gerechtfertigt sein solle. Zum anderen erweise sich nach summarischer Prüfung der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid als rechtmäßig. Zur Begründung werde Bezug auf den Bescheid vom 05.11.2007 genommen. Es spreche Vieles dafür, dass die Vermögensübertragung erfolgt sei, um Grundsicherungsleistungen in Anspruch nehmen zu können. Der Antragsteller habe seine Bedürftigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Gemäß § 41 Abs. 3 SGB XII bestehe dann kein Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Schulden gegenüber seinem Vater seien nicht hinreichend belegt worden. Die vorgelegten Kostenaufstellungen belegten nicht, dass der Vater Aufwendungen für den Antragsteller im Darlehenswege erbracht habe. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Vermögensübertragung und Antragstellung lege den Verdacht nahe, der Antragsteller habe das Vermögen seinem Vater zugewandt, um es nicht im Rahmen der Grundsicherung einsetzen zu müssen.
Gegen den ihm am 27.01.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 28.01.2008. Zur Begründung hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, es sei nicht ausschlaggebend, wann eine Übertragung der Vermögenswerte stattgefunden habe, da keine freiwillige Übertragung der Vermögenswerte erfolgt sei, sondern Verbindlichkeiten gegenüber seinem Vater beglichen worden seien. Das Sozialgericht habe nicht überprüft, ob es sich tatsächlich um solche Verbindlichkeiten gehandelt habe. Das Sozialgericht hätte den Vater des Antragstellers hierzu vernehmen können bzw. den Vater des Antragstellers auffordern können, eine schriftliche Bestätigung über die bestehenden Verbindlichkeiten einzureichen. Das Sozialgericht habe übersehen, dass der Antragsteller sich bereits mit Schreiben vom 10.10.2007 sowie vom 08.10.2007 umfassend zu der beabsichtigten Rückforderung geäußert habe. Das Sozialgericht habe zudem nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller aufgrund einer bei ihm bestehenden Minderbegabung schwerbehindert sei. Es sei daher zu prüfen, ob der Antragsteller bei Angabe seiner Vermögensverhältnisse überhaupt gewusst habe, welche Angaben er tatsächlich tätigte. Schließlich sei übersehen worden, dass die Einlegung eines Widerspruchs nach § 86 a Abs. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung entfalte. Es fehle, soweit sich die Antragsgegnerin auf § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG berufe, jegliche Begründung dafür, dass die sofortige Vollziehung des Bescheides im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegen solle. Ein solches Interesse könne allenfalls dann gesehen werden, wenn zu befürchten sei, dass die zurückzufordernde Summe bei Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht mehr zur Verfügung stehe. Dies sei nicht zu befürchten. Zudem unterscheide die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid nicht, dass es nicht um laufende Leistungen für die Zukunft gehe, sondern es sich um einen Rücknahmebescheid handele. Leistungen für die Zukunft seien ohnehin abgelehnt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin sowie der Prozessakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers vom 28.01.2008, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 28.01.2008), ist begründet.
Nach § 86a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. § 86a Abs. 2 Nr. 1 - 4 SGG sind nicht einschlägig. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG aber in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Nach § 86a Abs. 3 SGG kann die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise durch die den Verwaltungsakt erlassende Stelle ausgesetzt werden.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Das Gericht entscheidet bei dem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG aufgrund einer Interessenabwägung (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNr. 12. m.w.N.). Im Rahmen einer summarischen Prüfung sind die öffentlichen und privaten Interessen und die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit spricht im Regelfall gegen die Wiederherstellung der aufschiebende Wirkung, die offensichtliche Rechtswidrigkeit dagegen. Bei nach summarischer Prüfung offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind im Rahmen der Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes sowie das private Interesse an der Wiederherstellung des Suspensiveffektes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen (vgl. Keller, a.a.O., RdNr. 12ff., insbesondere 12d).
Im Übrigen prüft das Gericht auch, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formal rechtmäßig getroffen worden ist. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bedarf die Anordnung der sofortigen Vollziehung ausdrücklich einer schriftlichen Begründung. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden und nicht lediglich formelhaften Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im konkreten Fall das Interessse des Betroffenen überwiegt. An die Begründung sind im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen (Keller, a.a.O., § 86a RdNr. 21b m.w.N.).
Zwar erscheint ein Erfolg des Antragstellers im Widerspruchsverfahrn auch aus Sicht des Senats zumindest zweifelhaft. Vielmehr spricht derzeit Einiges dafür, dass die Voraussetzungen des in § 41 Abs. 4 SGB XII normierten Leistungsausschlusses gegeben waren, weil der Antragsteller Teile seines Vermögens in den letzten 10 Jahren auf seinen Vater übertragen hat und dadurch die Bedürftigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat. Hierfür wiederum spricht zunächst der Unmittelbare zeitliche Zusammenhang zur Beantragung von Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII, obschon die angeblichen Verbindlichkeiten z.T. schon längere Zeit bestanden (z.T. zurückgehend bis ins Jahr 1999). Die hierfür gegebene Erklärung, die Verbindlichkeiten hätten schon zu einem früheren Zeitpunkt beglichen werden sollen, man habe dies schlicht vergessen, überzeugt nicht. Zudem sind die Verbindlichkeiten nur unzureichend belegt worden. Insbesondere erscheint es wenig glaubhaft, wenn behauptet wird, es könnten etwa keine Nachweise wegen der Neueinrichtung des Wohn- und Schlafzimmers vorgelegt werden, weil die Einrichtungsgegenstände bereits ein Jahr alt seien. Die im Übrigen aktenkundigen Unterlagen vermitteln hingegen den Eindruck Belege und Rechnungen würden ansonsten recht akribisch aufbewahrt. Gerade angesichts der gesetzlichen Dauer der Gewährleistung bei Kauf lässt sichkaum vermitteln, dass dies gerade hinsichtlich nicht unerheblicher Aufwendungen für die Neueinrichtung von Renovierung sowie das Hobby des Antragstellers nicht der Fall sein soll.
Zu Recht messen das Sozialgericht und die Antragsgegnerin zur Überzeugung des Senats auch dem Umstand maßgebliche Bedeutung bei, dass bei Antragstellung die Übertragung von Vermögen in den letzten10 Jahren verneint wurde. Die hierzu gegebene Erklärung ist nicht glaubhaft. Der Senat bezweifelt nicht, dass für den Antragsteller Aufwendung getätigt worden sind. Es erscheint aber zweifelhaft, insoweit davon auszugehen, es sollten Verbindlichkeiten aufgehäuft werden. Dies erscheint schon deshalb nicht nahe liegend, weil bis zur Antragstellung der Lebensunterhalt des Antragstellers durch seine Familie sichergestellt wurde, ohne Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.
Die unrichtigen Angaben des Antragsteller bei Antragstellung verhinderten eine Berücksichtigung des Leistungsausschlusses durch die Antragsgegnerin. Daher spricht derzeit auch mehr dafür, dass die auf § 45 Abs. 1 SGB X gestütze Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 08.01.2007 und 27.01.2007 nicht zu beanstanden ist, weil auch davon auszugehen ist, dass der Antragsteller bzw. der von ihm bevollmächtigte Vater die fehlerhafte Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig gemacht haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) und daher kein schutzwürdige Vertrauen des Antragstellers bzw. seines Bevollmächtigten vorliegt. Soweit der Antragsteller geltend macht, er sei wegen seiner Minderbegabung ggf. nicht in der Lage gewesen, die von ihm gemachten Angaben richtig einzuschätzen, mag dies zutreffen. Gerade die festgestellte Behinderung aber zeigt deutlich, dass unabhängig von der Bevollmächtigung das Finanzverhalten des Antragstellers wesentlich durch die für ihn handelnden Personen geprägt ist. Fehlerhaftes Verhalten und Kenntnis des gewillkürten Bevollmächtigten dürfte dem Antragsteller ohnehin zuzurechnen sein (vgl. Wieser in v. Wulffen, SGB X, 5 Auflage 2005, RdNr. 22).
Eine abschließende Bewertung wird dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen. Ggf. ist eine Vernehmung des Vaters und Bevollmächtigten des Antragstellers in Betracht zu ziehen. Zu beachten wird sein, dass das vorsätzliche oder grob fahrlässige Verhalten im Sinne des § 41 Abs. 3 SGB XII sowie dessen Ursächlichkeit für die Hilfebedürftigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast den Leistungsträger trifft (vgl. auch Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, 5. Erg.-Lfg. VI/06, § 41 RdNr. 42). Dies gilt auch für die Frage, welche Bedeutung einem etwaigen (vgl. Falterbaum, a.a.O., RdNr. 38; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 41 RdNr. 16; Niewald in LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 41 RdNr. 18) Anspruch des Antragstellers nach dem 3. Kapitel des SGB XII zukommt.
Der Senat hält auch angesichts dieser Erwägungen zur Erfolgsaussicht der Hauptsache die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für geboten. Denn es genügen die Ausführungen zur Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung den (strengen) gesetzlichen Anforderungen an die schriftliche Begründung nicht. Die Begründung hebt - wie vom Bevollmächtigten des Antragstellers zu Recht angemerkt - im Wesentlichen darauf ab, es müsse im öffentlichen Interesse, aber auch im Interesse des Antragstellers verhindert werden, dass "für die Zukunft weiter und zu Unrecht Leistungen gezahlt werden". Diese Begründung rechtfertigt die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits deshalb nicht, weil der durch die Bescheide vom 08.01.2007 und 27.01.2007 geregelte Bewilligungszeitraum bei Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides bereits abgelaufen war Zukünftige Leistungen sind lediglich Gegenstand des - hier nicht streitigen - (Ablehnungs-) Bescheides ebenfalls vom 05.11.2007 betreffend den Folgeantrag vom 11.09.2007. Es fehlt mithin an einer tragfähigen Begründung dafür, warum das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private (Aussetzungs-) Interesse derart überwiegen sollte, dass die Regel der aufschiebenden Wirkung zu durchbrechen gerechtfertigt erschiene.
Liegt keine formal rechtmäßige Anordnung der sofortigen Vollziehung vor, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen (vgl. etwa Keller, a.a.O., § 86b RdNr. 12f und § 86a RdNr. 21b). Der Senat lässt dahinstehen, ob als mindere Form lediglich die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Betracht kommt (vgl. etwa Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.08.2006 - L 8 SO 96/06 ER m.w.N.). Denn auch diese Vorgehensweise führte im Ergebnis dazu, dass der Widerspruch (erneut) aufschiebende Wirkung entfaltet. Zudem wäre es nach der hier vorgeschlagenen Vorgehensweise der Antragsgegnerin auch prinzipiell möglich, erneut die sofortige Vollziehung (mit Wirkung für die Zukunft) anzuordnen (vgl. Keller, a.a.O., § 86a RdNr. 21 b; Binder in Lüdtke, SGG, 2. Auflage 2006, § 86b RdNr. 10). Der Senat teilt daher die Auffassung des Landessozialgerichts Niedersachsen (a.a.O.), dass im Ergebnis keine Unterschied besteht, ob die Vollziehungsanordnung aufgehoben oder die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise angeordnet (vgl. auch Funke-Kaiser in Quaas/Zeck, Prozesse in Verwaltungssachen, 1. Auflage 2008, § 4 RdNr. 166 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechende Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Rücknahmebescheid der Antragsgegnerin vom 05.11.2007.
Der 1982 geborene Antragsteller beantragte Ende November 2006 durch seinen später ausdrücklich schriftlich bevollmächtigten Vater, der als Generalvertreter für die B freiberuflich tätig ist, bei der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Dem Antragsteller ist durch Bescheid des Versorgungsamtes C vom 29.10.2004 ein Grad der Behinderung von 50 wegen einer Minderbegabung zuerkannt worden. Er ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Minden beschäftigt. Neben einer monatlichen Arbeitsprämie von 157,94 EUR erhält er Arbeitsförderungsgeld in Höhe von 26 EUR monatlich abzüglich des erhöhten Anteils zur Pflegeversicherung von 1,23 EUR. Seit Dezember 2005 bezieht er zudem eine Halbwaisenrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 113,19 EUR (Bescheid vom 16.02.2006). Kindergeld wird in Höhe von 154 EUR monatlich an den Vater des Antragstellers ausgezahlt. Die im Antragsformular gestellten Fragen nach in den letzten 10 Jahren vor Antragstellung auf andere Personen übertragenem Vermögen verneinte der Antragsteller. Hingegen gab er an, über ein Anlage-Depot bei der B mit einem gegenwärtigen Wert von 2022,64 EUR zu verfügen.
Die Antragsgegnerin bewilligte mit Bescheid vom 08.01.2007 Grundsicherungsleistungen für die Monate November 2006 bis Januar 2007 in Höhe von 782,28 EUR. Mit Bescheid vom 26.01.2007 bewilligte sie Leistungen für den Zeitraum November 2006 bis Oktober 2007 in Höhe von insgesamt 260,76 EUR monatlich. Am 10.09.2007 stellte der Antragsteller einen Folgeantrag. Aufgrund eines Datenabgleichs stellte die Antragsgegnerin fest, dass für den Antragsteller Zinseinkünfte für das Jahr 2006 in Höhe von 313,26 EUR ausgewiesen waren. In einem Schreiben vom 08.10.2007 erklärte der Antragsteller zu von ihm überreichten Kontoauszügen hinsichtlich seines Anlagekontos, es könne nachvollzogen werden, dass am 09.10.2006 eine Verfügung über 190 Anteile im Wert von 13.424,20 EUR erfolgt sei. Der Grund für die Verfügung zu Gunsten seines Vaters sei gewesen, dass er in den letzten Jahren gegenüber diesem verschiedene Verpflichtungen aufgebaut habe, die sich aus immensen Kosten für seinen Führerschein, der Neueinrichtung und Renovierung seines Wohn- und Schlafzimmers, Kfz-Kosten und verauslagten Kosten für sein Hobby "Mittelalter" zusammengesetzt hätten. Die Schulden hätten bereits Anfang des Jahres 2006 durch ihn ausgeglichen werden sollen. Dies sei jedoch mehrfach vergessen und aufgeschoben und erst am 09.10.2006 erledigt worden. Da seitdem etwa ein Jahr vergangen sei und er nicht damit habe rechnen können, diese Verpflichtungen in allen Einzelheiten nachweisen zu müssen, seien nicht alle Kosten nachweisbar, vor allem was die Möbel-Neuanschaffungen und Aufwendungen für sein Hobby betreffe. Aufzeichnungen bis 09.10.2006 seien nicht mehr vorhanden. Der Antragsteller hat eine Aufstellung über die gesamten Aufwendungen überreicht. Danach sind Führerscheinkosten in Höhe von 6.783 EUR, Einrichtungs- und Renovierungskosten in Höhe von 4657 EUR, Reparaturkosten für sein Kfz in Höhe von 257 EUR und Kosten für sein Hobby (Rüstungen, Waffen, Teilnahmegebühr für Veranstaltungen usw.) in Höhe von etwa 1500 EUR angefallen. Dabei verteilen sich die Führerscheinkosten auf zwei Fahrschulen und Zeiträume vom 14.11.2002 bis 02.12.2005 sowie November 1999 bis September 2000. Rechnungen diesbezüglich konnten lediglich für den erstgenannten Zeitraum vorgelegt werden.
Mit Anhörungsschreiben vom 16.10.2007 ist dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Es werde davon ausgegangen, dass durch die Übertragung von Aktienanteilen Bedürftigkeit vorsätzlich bzw. grob fahrlässig herbeigeführt worden sei, um Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen zu können. Diese Annahme gründe auf dem Umstand, dass Schulden aus dem Jahre 2000 beglichen worden sein sollen und dies in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Beantragung von Leistungen der Grundsicherung. Im Antrag auf Leistungen der Grundsicherung vom 26.11.2006 sei eine Vermögensübertragung innerhalb der letzten 10 Jahre verneint worden. Auch die erzielten Zinseinkünfte seien nicht nachgewiesen worden. Hierzu hat der Antragsteller mit Schreiben vom 23.10.2007 ausgeführt, er sei der Überzeugung gewesen, dass eine Rückzahlung von Schulden und die Bereinigung von Verpflichtungen keine Vermögensübertragung sei. Die Zinseinkünfte habe er schlichtweg vergessen. Er könne kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten erkennen.
Mit Rücknahmebescheid vom 05.11.2007 hob der Antragsgegner seine Bescheide vom 08.01.2007 und 26.01.2007 in vollem Umfang unter Verweis auf die Vorschrift des § 45 Abs. 2 S. 3 Ziffer 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und setzte die zu erstattenden Sozialleistungen gemäß § 50 Abs. 3 SGB X mit 2.873,13 EUR fest. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, die mit seinem Vater getroffenen Vereinbarungen hätten dazu gedient, die Vermögensverhältnisse zulasten der öffentlichen Hand zu verschieben. Die Bedürftigkeit sei zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen könne jedoch nicht nachvollzogen werden, dass der Antragsteller seinem Vater gegenüber Schulden gehabt hätte. Belege seien diesbezüglich nicht vorgelegt worden.
Der Antragsteller wurde aufgefordert, den Erstattungsbetrag innerhalb eines Monats nach Zugang des Rücknahmebescheides zu erstatten. Darüber hinaus ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entscheidungen an. Es liege im öffentlichen Interesse, wenn Sozialleistungen, die aus Steuermitteln erbracht werden müssten, nur Personen zuflössen, die auch anspruchsberechtigt seien. Im Falle des Antragstellers hätten sich die Verhältnisse nachweislich verändert, so dass die Verwaltungsbehörde vor dem Hintergrund eines sparsamen und sorgfältigen Umgangs mit Steuergeldern unverzüglich reagieren und zumindest ausschließen müsse, dass für die Zukunft weiter und zu Unrecht Leistungen gezahlt würden. Auch aus einer Fürsorgepflicht der staatlichen Stellen gegenüber dem Antragsteller ergebe sich die Verpflichtung, nicht für die Zukunft Leistungen in einem Umfang zu gewähren, auf den kein Anspruch bestehe, und so für eine Übergangszeit einen Lebensstandard oberhalb der Sozialhilfegrenzen zu ermöglichen, wenn der Antragsteller gleichzeitig in entsprechendem Umfang nach Abschluss des Verfahrens Rückzahlungsanforderungen ausgesetzt wäre. Mit Bescheid vom 05.11.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Fortzahlung von Leistungen ab dem 01.11.2007 ab.
Mit Schreiben vom 28.11.2007 hat der Antragsteller Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid und die Rückforderung vom 05.11.2007 eingelegt. Zur Begründung hat er auf den Inhalt des geführten Schriftwechsels verwiesen. Er sei zudem der Auffassung, es sei zwischen Eltern und ihrem Sohn unüblich, bei finanziellen Verpflichtungen Schuldscheine auszustellen. Er glaube nicht, dass diese Vereinbarungen der Schriftform bedürften. Eine solche Vorgehensweise betrachte er als lebensfremd.
Ebenfalls am 28.11.2007 hat sich der Antragsteller an das Sozialgericht Detmold gewandt mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen. Der Antrag ist auch nach Akteneinsichtnahme durch den Bevollmächtigten des Antragstellers spätestens am 08.01.2008 und Erinnerung durch das Sozialgericht bis zum 21.01.2008 nicht begründet worden.
Das Sozialgericht hatte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 21.01.2008 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die im Rahmen des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Interessenabwägung rechtfertige die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers nicht. Dieser habe trotz Erinnerung seinen Antrag nicht begründet und ausgeführt, aus welchen Gründen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gerechtfertigt sein solle. Zum anderen erweise sich nach summarischer Prüfung der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid als rechtmäßig. Zur Begründung werde Bezug auf den Bescheid vom 05.11.2007 genommen. Es spreche Vieles dafür, dass die Vermögensübertragung erfolgt sei, um Grundsicherungsleistungen in Anspruch nehmen zu können. Der Antragsteller habe seine Bedürftigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Gemäß § 41 Abs. 3 SGB XII bestehe dann kein Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Schulden gegenüber seinem Vater seien nicht hinreichend belegt worden. Die vorgelegten Kostenaufstellungen belegten nicht, dass der Vater Aufwendungen für den Antragsteller im Darlehenswege erbracht habe. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Vermögensübertragung und Antragstellung lege den Verdacht nahe, der Antragsteller habe das Vermögen seinem Vater zugewandt, um es nicht im Rahmen der Grundsicherung einsetzen zu müssen.
Gegen den ihm am 27.01.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 28.01.2008. Zur Begründung hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, es sei nicht ausschlaggebend, wann eine Übertragung der Vermögenswerte stattgefunden habe, da keine freiwillige Übertragung der Vermögenswerte erfolgt sei, sondern Verbindlichkeiten gegenüber seinem Vater beglichen worden seien. Das Sozialgericht habe nicht überprüft, ob es sich tatsächlich um solche Verbindlichkeiten gehandelt habe. Das Sozialgericht hätte den Vater des Antragstellers hierzu vernehmen können bzw. den Vater des Antragstellers auffordern können, eine schriftliche Bestätigung über die bestehenden Verbindlichkeiten einzureichen. Das Sozialgericht habe übersehen, dass der Antragsteller sich bereits mit Schreiben vom 10.10.2007 sowie vom 08.10.2007 umfassend zu der beabsichtigten Rückforderung geäußert habe. Das Sozialgericht habe zudem nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller aufgrund einer bei ihm bestehenden Minderbegabung schwerbehindert sei. Es sei daher zu prüfen, ob der Antragsteller bei Angabe seiner Vermögensverhältnisse überhaupt gewusst habe, welche Angaben er tatsächlich tätigte. Schließlich sei übersehen worden, dass die Einlegung eines Widerspruchs nach § 86 a Abs. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung entfalte. Es fehle, soweit sich die Antragsgegnerin auf § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG berufe, jegliche Begründung dafür, dass die sofortige Vollziehung des Bescheides im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegen solle. Ein solches Interesse könne allenfalls dann gesehen werden, wenn zu befürchten sei, dass die zurückzufordernde Summe bei Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht mehr zur Verfügung stehe. Dies sei nicht zu befürchten. Zudem unterscheide die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid nicht, dass es nicht um laufende Leistungen für die Zukunft gehe, sondern es sich um einen Rücknahmebescheid handele. Leistungen für die Zukunft seien ohnehin abgelehnt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin sowie der Prozessakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers vom 28.01.2008, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 28.01.2008), ist begründet.
Nach § 86a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. § 86a Abs. 2 Nr. 1 - 4 SGG sind nicht einschlägig. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG aber in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Nach § 86a Abs. 3 SGG kann die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise durch die den Verwaltungsakt erlassende Stelle ausgesetzt werden.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Das Gericht entscheidet bei dem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG aufgrund einer Interessenabwägung (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNr. 12. m.w.N.). Im Rahmen einer summarischen Prüfung sind die öffentlichen und privaten Interessen und die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit spricht im Regelfall gegen die Wiederherstellung der aufschiebende Wirkung, die offensichtliche Rechtswidrigkeit dagegen. Bei nach summarischer Prüfung offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind im Rahmen der Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes sowie das private Interesse an der Wiederherstellung des Suspensiveffektes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen (vgl. Keller, a.a.O., RdNr. 12ff., insbesondere 12d).
Im Übrigen prüft das Gericht auch, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung formal rechtmäßig getroffen worden ist. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bedarf die Anordnung der sofortigen Vollziehung ausdrücklich einer schriftlichen Begründung. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden und nicht lediglich formelhaften Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im konkreten Fall das Interessse des Betroffenen überwiegt. An die Begründung sind im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen (Keller, a.a.O., § 86a RdNr. 21b m.w.N.).
Zwar erscheint ein Erfolg des Antragstellers im Widerspruchsverfahrn auch aus Sicht des Senats zumindest zweifelhaft. Vielmehr spricht derzeit Einiges dafür, dass die Voraussetzungen des in § 41 Abs. 4 SGB XII normierten Leistungsausschlusses gegeben waren, weil der Antragsteller Teile seines Vermögens in den letzten 10 Jahren auf seinen Vater übertragen hat und dadurch die Bedürftigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat. Hierfür wiederum spricht zunächst der Unmittelbare zeitliche Zusammenhang zur Beantragung von Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII, obschon die angeblichen Verbindlichkeiten z.T. schon längere Zeit bestanden (z.T. zurückgehend bis ins Jahr 1999). Die hierfür gegebene Erklärung, die Verbindlichkeiten hätten schon zu einem früheren Zeitpunkt beglichen werden sollen, man habe dies schlicht vergessen, überzeugt nicht. Zudem sind die Verbindlichkeiten nur unzureichend belegt worden. Insbesondere erscheint es wenig glaubhaft, wenn behauptet wird, es könnten etwa keine Nachweise wegen der Neueinrichtung des Wohn- und Schlafzimmers vorgelegt werden, weil die Einrichtungsgegenstände bereits ein Jahr alt seien. Die im Übrigen aktenkundigen Unterlagen vermitteln hingegen den Eindruck Belege und Rechnungen würden ansonsten recht akribisch aufbewahrt. Gerade angesichts der gesetzlichen Dauer der Gewährleistung bei Kauf lässt sichkaum vermitteln, dass dies gerade hinsichtlich nicht unerheblicher Aufwendungen für die Neueinrichtung von Renovierung sowie das Hobby des Antragstellers nicht der Fall sein soll.
Zu Recht messen das Sozialgericht und die Antragsgegnerin zur Überzeugung des Senats auch dem Umstand maßgebliche Bedeutung bei, dass bei Antragstellung die Übertragung von Vermögen in den letzten10 Jahren verneint wurde. Die hierzu gegebene Erklärung ist nicht glaubhaft. Der Senat bezweifelt nicht, dass für den Antragsteller Aufwendung getätigt worden sind. Es erscheint aber zweifelhaft, insoweit davon auszugehen, es sollten Verbindlichkeiten aufgehäuft werden. Dies erscheint schon deshalb nicht nahe liegend, weil bis zur Antragstellung der Lebensunterhalt des Antragstellers durch seine Familie sichergestellt wurde, ohne Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.
Die unrichtigen Angaben des Antragsteller bei Antragstellung verhinderten eine Berücksichtigung des Leistungsausschlusses durch die Antragsgegnerin. Daher spricht derzeit auch mehr dafür, dass die auf § 45 Abs. 1 SGB X gestütze Rücknahme der Bewilligungsbescheide vom 08.01.2007 und 27.01.2007 nicht zu beanstanden ist, weil auch davon auszugehen ist, dass der Antragsteller bzw. der von ihm bevollmächtigte Vater die fehlerhafte Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig gemacht haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) und daher kein schutzwürdige Vertrauen des Antragstellers bzw. seines Bevollmächtigten vorliegt. Soweit der Antragsteller geltend macht, er sei wegen seiner Minderbegabung ggf. nicht in der Lage gewesen, die von ihm gemachten Angaben richtig einzuschätzen, mag dies zutreffen. Gerade die festgestellte Behinderung aber zeigt deutlich, dass unabhängig von der Bevollmächtigung das Finanzverhalten des Antragstellers wesentlich durch die für ihn handelnden Personen geprägt ist. Fehlerhaftes Verhalten und Kenntnis des gewillkürten Bevollmächtigten dürfte dem Antragsteller ohnehin zuzurechnen sein (vgl. Wieser in v. Wulffen, SGB X, 5 Auflage 2005, RdNr. 22).
Eine abschließende Bewertung wird dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen. Ggf. ist eine Vernehmung des Vaters und Bevollmächtigten des Antragstellers in Betracht zu ziehen. Zu beachten wird sein, dass das vorsätzliche oder grob fahrlässige Verhalten im Sinne des § 41 Abs. 3 SGB XII sowie dessen Ursächlichkeit für die Hilfebedürftigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen der objektiven Beweislast den Leistungsträger trifft (vgl. auch Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, 5. Erg.-Lfg. VI/06, § 41 RdNr. 42). Dies gilt auch für die Frage, welche Bedeutung einem etwaigen (vgl. Falterbaum, a.a.O., RdNr. 38; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 41 RdNr. 16; Niewald in LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 41 RdNr. 18) Anspruch des Antragstellers nach dem 3. Kapitel des SGB XII zukommt.
Der Senat hält auch angesichts dieser Erwägungen zur Erfolgsaussicht der Hauptsache die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für geboten. Denn es genügen die Ausführungen zur Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung den (strengen) gesetzlichen Anforderungen an die schriftliche Begründung nicht. Die Begründung hebt - wie vom Bevollmächtigten des Antragstellers zu Recht angemerkt - im Wesentlichen darauf ab, es müsse im öffentlichen Interesse, aber auch im Interesse des Antragstellers verhindert werden, dass "für die Zukunft weiter und zu Unrecht Leistungen gezahlt werden". Diese Begründung rechtfertigt die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits deshalb nicht, weil der durch die Bescheide vom 08.01.2007 und 27.01.2007 geregelte Bewilligungszeitraum bei Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides bereits abgelaufen war Zukünftige Leistungen sind lediglich Gegenstand des - hier nicht streitigen - (Ablehnungs-) Bescheides ebenfalls vom 05.11.2007 betreffend den Folgeantrag vom 11.09.2007. Es fehlt mithin an einer tragfähigen Begründung dafür, warum das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private (Aussetzungs-) Interesse derart überwiegen sollte, dass die Regel der aufschiebenden Wirkung zu durchbrechen gerechtfertigt erschiene.
Liegt keine formal rechtmäßige Anordnung der sofortigen Vollziehung vor, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen (vgl. etwa Keller, a.a.O., § 86b RdNr. 12f und § 86a RdNr. 21b). Der Senat lässt dahinstehen, ob als mindere Form lediglich die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Betracht kommt (vgl. etwa Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.08.2006 - L 8 SO 96/06 ER m.w.N.). Denn auch diese Vorgehensweise führte im Ergebnis dazu, dass der Widerspruch (erneut) aufschiebende Wirkung entfaltet. Zudem wäre es nach der hier vorgeschlagenen Vorgehensweise der Antragsgegnerin auch prinzipiell möglich, erneut die sofortige Vollziehung (mit Wirkung für die Zukunft) anzuordnen (vgl. Keller, a.a.O., § 86a RdNr. 21 b; Binder in Lüdtke, SGG, 2. Auflage 2006, § 86b RdNr. 10). Der Senat teilt daher die Auffassung des Landessozialgerichts Niedersachsen (a.a.O.), dass im Ergebnis keine Unterschied besteht, ob die Vollziehungsanordnung aufgehoben oder die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise angeordnet (vgl. auch Funke-Kaiser in Quaas/Zeck, Prozesse in Verwaltungssachen, 1. Auflage 2008, § 4 RdNr. 166 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechende Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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