L 11 KA 103/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 164/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 103/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.10.2006 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger berechtigt war, auch in der Zeit vom 21.12. bis 31.12.2004 Leistungen abzurechnen, die er im Zusammenhang mit seiner Ermächtigung als psychologischer Psychotherapeut erbracht hat.

Der Zulassungsausschuss - Bereich Psychotherapie - ermächtigte den Kläger durch Beschluss vom 30.06.1999 mit Wirkung vom selben Tage an als psychologischer Psychotherapeut bedarfsunabhängig an der vertragsärztlichen Versorgung in S teilzunehmen. Die Ermächtigung war verbunden mit der Auflage, innerhalb von 5 Jahren die Fachkunde im Richtlinienverfahren der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie zu ergänzen. Auf den Antrag des Klägers vom 30.06.2004, die Ermächtigung zur Nachqualifikation in eine Zulassung als psychologischer Psychotherapeut umzuwandeln, stellte der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 01.12.2004 das Ende der Ermächtigung zur Nachqualifikation zum 30.06.2004 fest. Zur Fachkundeerfüllung seien die eingereichten Nachweise nicht ausreichend. Das dagegen gerichtete Widerspruchs- und Klageverfahren blieb erfolglos (Urteil SG Düsseldorf vom 31.05.2006, Az: S 14 KA 80/05). Die Berufung L 11 KA 75/06 hat der Kläger zurückgenommen.

Die für das Quartal IV/2004 eingereichte Abrechnung des Klägers führte die Beklagte nicht durch (Bescheid vom 26.01.2005). Sie behielt das ausstehende Honorar vollständig ein, da die Ermächtigung des Klägers zur Nachqualifikation zum 30.06.2004 geendet habe. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2005 zurück.

Hiergegen richtete sich die am 06.10.2005 erhobene Klage. Der Kläger vertrat die Ansicht, den erforderlichen Fachkundenachweis tatsächlich voll umfänglich erbracht zu haben. Zudem sei seine Ermächtigung nach § 95 Abs. 11 Satz 5 des Sozialgesetzbuches (SGB) IV in jedem Fall bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 01.12.2004, also auch im Quartal IV/2004, noch erhalten geblieben. Darüber hinaus habe sein Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses aufschiebende Wirkung, da der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung nicht angeordnet habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 26.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2005 die Abrechnung für das Quartal IV/2004 vorzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Im streitbefangenen Quartal habe der Kläger weder eine Ermächtigung noch eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung besessen. Nach § 95 Abs. 11 SGB V habe seine Ermächtigung mangels Nachweises des erfolgreichen Abschlusses der Nachqualifikation geendet, aus diesem Grunde besitze der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 01.12.2004 lediglich deklaratorischen Charakter. Der dagegen eingelegte Widerspruch habe dementsprechend keine aufschiebende Wirkung. Soweit der Kläger die Ansicht vertrete, die vom ihm eingereichten Unterlagen seien ausreichend, den Nachweis der Nachqualifikation erbracht zu haben, sei dies nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 18.10.2006 verurteilt, die Abrechnung des Klägers für das Quartal IV/04 bis zur Zustellung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 01.12.2004 am 20.12.2004 vorzunehmen. Für den noch streitigen Zeitraum des Quartals hat es die Klage abgewiesen. Bis zur Zustellung des Bescheides vom 01.12.2004 sei der Kläger zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung ermächtigt gewesen. Aufgrund der Ermächtigung habe ihm auch ein Anspruch auf Teilhabe an der Verteilung der Gesamtvergütung und damit Durchführung der Abrechnung zugestanden. Dies ergebe sich aus § 95 Abs. 11 Satz 5 SGB V, wonach die Ermächtigung des Psychotherapeuten bei Beendigung der Nachqualifikation, spätestens 5 Jahre nach Erteilung der Ermächtigung erlösche. Sie bleibe jedoch bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses erhalten, wenn der Antrag auf Umwandlung bis 5 Jahre nach Erteilung der Ermächtigung gestellt worden sei. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Nachdem der Kläger eine erfolgreiche Nachqualifikation nicht habe nachweisen können, habe seine Ermächtigung grundsätzlich am 30.06.2004 geendet, sei jedoch bis zur Entscheidung des Zulassungsausschusses aus dessen Sitzung vom 01.12.2004 erhalten geblieben, denn er habe am 30.06.2004, also innerhalb der Fünfjahresfrist, seinen Antrag auf Umwandlung der Ermächtigung in eine Zulassung gestellt. Der Beschluss des Zulassungsausschusses, der als Bescheid am 17.12.2004 ausgefertigt und zur Post gegeben worden sei, gelte gem. § 37 Abs. 2 SGB X als am 20.12.2004 bekannt gegeben mit der Folge, dass die Ermächtigung des Klägers an diesem Tage erloschen sei. Diese Rechtsfolge ergebe sich sowohl aus dem eindeutig formulierten Wortlaut des § 95 Abs. 11 SGB V als auch aus seinem gesetzgeberischen Zweck, mit dem den Fällen Rechnung getragen werden sollte, in denen der Zulassungsausschuss trotz rechtzeitiger Antragstellung vor Ablauf der Fünfjahresfrist nicht entschieden habe (Bundestagsdrucksache 13/8035 S. 22). Einen darüber hinaus gehenden Schutz könne der Kläger hingegen nicht beanspruchen. Zwar hätten Widerspruch und Anfechtungsklage nach § 86 a Abs. 1 SGG auch bei feststellenden Verwaltungsakten aufschiebende Wirkung, diese aufschiebende Wirkung stelle jedoch lediglich eine formale Position dar, die sich nicht auf die durch § 95 Abs. 11 Satz 5 SGB V materiell-rechtlich angeordnete Rechtsfolge erstrecke. Die Feststellung im Beschluss vom 01.12.2004 habe hinsichtlich der Ermächtigung nur deklaratorische Wirkung, vergleichbar mit der Rechtslage zu § 95 Abs. 7 SGB V, nach der die Zulassung des Vertragsarztes am Schluss des Kalendervierteljahres endet, in dem er sein 68 Lebensjahr vollende.

Hiergegen richtet sich die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung des Klägers vom 24.11.2006. Er ist der Auffassung, er könne auch für den Restzeitraum des Quartal IV/2004 eine Abrechnung beanspruchen. Relevant sei die Auslegung von § 95 Abs. 11 Satz 5 SGB V. Es sei nicht haltbar, dass die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nur eine formale Position darstelle. Dies sei insbesondere nicht vereinbar mit den gängigen Theorien der Rechtsprechungen hierzu. Die Auslegung des Sozialgerichts führe zu unhaltbaren Ergebnisses, wenn z. B. die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Zulassungsausschusses erst nach einem langen, mehrere Jahre dauernden Gerichtsverfahren festgestellt werde. In diesem Fall könne der Psychotherapeut seinem Erwerb nicht nachgehen. Die Situation sei auch nicht vergleichbar mit der Altesrgrenzenregelung für Vertragsärzte, da es sich hierbei um eine nicht verschiebbare feststehende zeitliche Fixierung handele, die einen qualitativen Unterschied zu der hier streitigen Regelung darstelle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 18.10.2006 aufzuheben und die Abrechnung für das Quartal IV/2004 vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und macht sich deren Begründung zu eigen.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte, die der Senat beigezogen und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, sowie den Vortrag der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist aber nicht begründet.

Zurecht hat das Sozialgericht für den streitigen Zeitraum die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 26.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2005 nicht beschwert i. S. d. § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da er keinen Anspruch auf Durchführung der Abrechnung seiner Leistungen aus dem Quartal IV/2004 hat, die er im Zeitraum vom 21.12. bis 31.12.2004 erbracht hat.

Hierzu verweist der Senat voll inhaltlich auf die zutreffende und ausführliche Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keiner abweichenden Entscheidung. Die vom ihm vertretene Ansicht, der Sachverhalt, der § 95 Abs. 11 Satz 5 SGB V zugrunde liege, sei nicht vergleichbar mit der in § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V getroffenen Altersgrenzenregelung für Vertragsärzte, da es sich hierbei um eine nicht verschiebbare, feststehende zeitliche Fixierung handele, die einen qualitativen Unterschied zu der hier streitigen Regelung darstelle, überzeugt nicht. Zwar steht der Zeitpunkt, in dem der Vertragsarzt das 68. Lebensjahr vollendet, im Gegensatz zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses bereits zu Beginn der vertragsärztlichen Tätigkeit fest, jedoch handelt es sich hierbei nicht um ein Kriterium, welches die gesetzlichen Regelungen grundsätzlich unterscheidet. Die Parallelität und damit die Vergleichbarkeit ergibt sich vielmehr aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber in beiden gesetzlichen Regelungen an den Eintritt eines bestimmten Zeitpunktes eine eindeutige Rechtsfolge geknüpft hat, die ohne weitere Bedingungen eintritt. Nach Auffassung des Senats sind die zitierten Vorschriften damit uneingeschränkt vergleichbar.

Soweit der Kläger darüber hinaus die Auffassung vertritt, es sei nicht haltbar, dass die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nur eine formale Position darstelle, hat der erkennende Senat hierzu in seinem Beschluss vom 20.06.2007 (L 11 B 12/07 KA ER) im Zusammenhang mit der Altersgrenzenregelung für Vertragsärzte ausgeführt, die sich aus dem Widerspruch gegen einen feststellenden Verwaltungsakt ergebende aufschiebende Wirkung habe nur zur Folge, dass sich keiner der an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung Beteiligten auf die Wirkung des Bescheides berufen könne. Von der prozessualen Folge werde die materielle Rechtslage nicht erfasst. Ferner wurde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 10. Senats des LSG NRW im Beschluss vom 17.05.2005 (Az. L 10 B 10/04 KA ER) ausgeführt, dass ein Widerspruch gegen einen feststellenden Verwaltungsakt des Zulassungsausschusses nicht die gesetzlich festgelegte Rechtsposition des Arztes verbessern könne. Er könne nicht durch seinen Widerspruch gegen einen "eigentlich überflüssigen" Bescheid eine Rechtsposition erlangen, die er Kraft Gesetzes verloren habe. In einem weiteren Beschluss vom 18.09.2007 (Az. L 11 B 17/07 KA ER) hat der erkennende Senat sich mit der vom Bayrischen Landessozialgericht in seinem Beschluss vom 28.03.2007 (Az. L 12 B 835/06 KA ER) vertretenen gegenteiligen Auffassung auseinander gesetzt und hierzu darauf hingewiesen, das Bayrische LSG übersehe, dass § 95 Abs. 7 SGB V keines Vollzugs bedürfe und die Feststellung der Zulassungsgremien nur den Zweck habe, Rechtssicherheit und für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen, ob der Arzt noch berechtigt sei, vertrags(zahn)ärztlich tätig zu werden. Durch den Eintritt der aufschiebenden Wirkung werde lediglich dieser Zweck verfehlt, weil sich niemand auf den Bescheid berufen könne. Es bleibe aber bei dem Erlöschen der Zulassung Kraft Gesetzes. Die Überlegungen des Bayrischen LSG, es sei zwischen dem materiell-rechtlichen Zustand und dem verfahrensrechtlichen Problem, ob die materiell-rechtliche Änderung bereits vollzogen werden dürfe, zu unterscheiden, gingen vor diesem Hintergrund ins Leere, weil mit der angefochtenen Entscheidung gerade nicht ein "Vollzug" der Beendigung der vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung geregelt werde. Die Auffassung des Bayrischen LSG hätte auch zur Folge, das der Widerspruch gegen eine deklaratorische Entscheidung dem Arzt das Recht gebe, bis zur Bestandskraft der Entscheidung noch an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilzunehmen, während er bei Untätigkeit der Zulassungsgremien eindeutig seine vertrags(zahn)ärztliche Tätigkeit einstellen müsse. Ein solches Ergebnis könne nicht richtig sein (Beschluss vom 18.09.2007 (a.a.O.)). An dieser Rechtsauffassung, die, wie ausgeführt, auf die Regelung des § 95 Abs. 11 Satz 5 SGB V uneingeschränkt zu übertragen ist, hält der Senat fest.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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