L 8 R 442/15 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 28 KR 63/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 442/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.4.2015 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.10.2014 wird abgelehnt, soweit die Antragsgegnerin die für Frau T S in der Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013 gezahlten Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 17.983,24 Euro beanstandet hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragsgegnerin drei Viertel, die Antragstellerin ein Viertel. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 15.225,71 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese sie auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch nimmt.

Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Stammkapital 25.000,00 Euro beträgt. Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin war zunächst Frau T S, die mit notariellem Vertrag vom 22.7.2004 ihre sämtlichen Geschäftsanteile auf ihren Vater E I übertrug. Mit Gesellschafterbeschluss vom 31.8.2004 wurde sie als Geschäftsführerin abberufen und ihr Ehemann N S (im Folgenden: Geschäftsführer) zum alleinigen Geschäftsführer der Antragstellerin bestellt.

Die Antragstellerin meldete den Geschäftsführer sodann gegenüber der zuständigen Einzugsstelle, der AOK Westfalen-Lippe, zur Sozialversicherung an. Die Einzugsstelle stellte nach Prüfung durch Bescheid vom 28.12.2004 jedoch fest, dass der Geschäftsführer in seiner Tätigkeit bei der Antragstellerin ab dem 1.9.2004 nicht der Versicherungspflicht unterliege: in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung schon deshalb nicht, weil er mit seinem Gehalt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreite, in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht, weil er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe.

Mit notariell beurkundetem Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 13.4.2007 (Urkundsrolle-Nr. 00/2007 Kr) übertrug der zwischenzeitliche Alleingesellschafter I seine Gesellschafteranteile insgesamt wieder zurück auf seine Tochter, Frau S. Die Antragstellerin - ursprünglich mit dem Firmennamen "S-Reinigungsbedarf GmbH" - firmierte ab dem 8.5.2007 unter dem Namen "S Steinbodensanierung GmbH" und erweiterte ihren Unternehmensgegenstand ab demselben Datum um die Durchführung von Gebäudereinigungen und das Fliegen-, Platten- und Mosaiklegehandewerk sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Arbeiten.

Am 16.5.2008 stellte die Antragstellerin für Frau S als mitarbeitende Alleingesellschafterin gegenüber der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) einen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Mit Bescheiden vom 3.9.2008 lehnte die DRV Bund gegenüber der Antragstellerin und Frau S die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens ab, da die für die Entscheidungsfindung notwendigen Unterlagen nicht eingereicht worden seien. Der Zugang der Bescheide wird jeweils bestritten.

Die Antragsgegnerin führte bei der Antragstellerin am 12. und 27.1.2010 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV für den Prüfungszeitraum vom 1.8.2006 bis zum 31.12.2009 durch. Im Protokoll der Schlussbesprechung vom 12.1.2010 hielt die damalige Betriebsprüferin im Beisein der Steuerberater der Antragstellerin unter anderem fest, dass sich seit der letzten Betriebsprüfung die Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft nicht geändert hätten. In dem darauf folgenden Betriebsprüfungsbescheid vom 28.1.2010 stellte die Antragsgegnerin fest, dass "die stichprobenweise durchgeführte Prüfung" keine Feststellungen ergeben habe. Seit der letzten Betriebsprüfung hätten sich die Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft nicht verändert.

Im Anschluss an die folgende, den Zeitraum vom 1.1.2010 bis 31.12.2013 umfassende Betriebsprüfung forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18.6.2014 die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 1.068,01 Euro nach. Bezüglich der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit der Gesellschafterin und des Geschäftsführers werde ein gesonderter Bescheid erteilt.

Im Rahmen eines Protokolls der Schlussbesprechung hielt der Betriebsprüfer fest, dass für die Alleingesellschafterin eine abhängige Beschäftigung ausscheide. Seit dem 1.1.2010 bestehe keine Versicherungs- und Beitragspflicht in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung. Im Hinblick auf die Tätigkeit des Fremdgeschäftsführers sei dieser im Bescheid vom 28.12.2004 durch die Einzugsstelle als nicht sozialversicherungspflichtig angesehen worden. Dieser Beurteilung schließe sich die Antragsgegnerin an. Die Antragstellerin nahm hierzu ergänzend Stellung: Die Alleingesellschafterin sei abhängig beschäftigt und unterliege daher der Sozialversicherungspflicht. Im Rahmen der vorangegangenen Betriebsprüfung im Jahr 2010 seien keine entgegenstehenden Feststellungen getroffen worden. Vor diesem Hintergrund genieße die Gesellschafterin Vertrauensschutz.

Mit Anhörung vom 22.10.2014 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie beabsichtige, für die Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 42.964,59 Euro zu erheben. Die versicherungsrechtliche Beurteilung des Fremdgeschäftsführers sei fehlerhaft. Er sei als abhängig Beschäftigter anzusehen und unterliege der Versicherungspflicht in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung. Die Antragstellerin machte daraufhin geltend, dass der Geschäftsführer seit 2007 durchgehend bis 2014 durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse habe verhindern bzw. herbeiführen können. Seit 2007 habe er durchgehend Bürgschaften zugunsten der Antragstellerin gewährt (vor 2010 in Höhe von 25.000,00 Euro, ab Juli 2011 in Höhe von 48.800,00 Euro). Er verfüge allein über die einschlägigen Branchenkenntnisse.

Daraufhin erließ die Antragsgegnerin am 29.12.2014 einen weiteren Betriebsprüfungsbescheid, mit welchem sie 42.964,59 Euro nachforderte. Der Geschäftsführer sei in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen. Die Alleingesellschafterin sei dagegen versicherungsfrei gewesen. Die für sie gezahlten Beiträge würden für die Zeit vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013 in Höhe von 17.938,24 Euro beanstandet.

Am 19.1.2015 legte die Antragstellerin dagegen Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Bescheid der Einzugsstelle vom 28.12.2004 entfalte weiterhin Bindungswirkung, da die Antragsgegnerin ihn nicht nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückgenommen habe.

Mit Schreiben vom 26.1.2015 lehnte die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung ab.

Die Antragstellerin hat daraufhin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen beantragt. Die Antragsgegnerin habe es versäumt, den Bescheid der Einzugsstelle vom 29.12.2004 nach § 45 SGB X aufzuheben. Ergänzend hat sie darauf verwiesen, dass der Widerspruch gegen den Prüfungsbescheid bereits nach § 7a Abs. 7 SGB IV aufschiebende Wirkung habe. Im Übrigen hat sie ihren Vortrag aus dem Anhörungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 29.12.2014 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Bescheid sei rechtmäßig. Zwar habe sie im Rahmen ihrer letzten Betriebsprüfung im Jahr 2010 festgestellt, dass sich seit der vorangegangenen Betriebsprüfung die Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft nicht verändert hätten. Diese Aussage sei allerdings aufgrund der seinerzeit erhaltenen Angaben durch die Antragstellerin getroffen worden. Erst im Rahmen der im Jahr 2014 durchgeführten Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass sich die gesellschaftrechtlichen Verhältnisse verändert hätten. Der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Alleingesellschafterin aus dem Jahr 2008 habe ihr nicht vorgelegen.

Das SG hat mit Beschluss vom 13.4.2015 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2014 angeordnet. Auf die Begründung wird Bezug genommen.

Gegen den am 28.4.2015 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 19.5.2015 Beschwerde eingelegt. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden nicht. Im Hinblick auf den Fremdgeschäftsführer gewähre der Bescheid der Einzugsstelle vom 28.12.2004 keinen Vertrauensschutz. Nach dessen Erlass hätten sich nicht nur die Gesellschafterverhältnisse geändert, sondern auch der Unternehmensgegenstand und die Firma der Antragstellerin. Die Einzugsstelle habe damit eine Beurteilung "gegenüber einem anderen Unternehmen" getroffen. Sie - die Antragsgegnerin - habe vor diesem Hintergrund den Bescheid der Einzugsstelle nicht aufheben müssen, da der Bescheidadressat nicht mehr existiere.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.4.2015 abzuändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie nimmt auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet, soweit das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.12.2014 auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen betreffend Frau T S angeordnet hat. Der dahingehende (1.) Antrag der Antragstellerin ist bereits unzulässig (2.). Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen für den Geschäftsführer, hat die Beschwerde keinen Erfolg, weil das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2014 insoweit zu Recht angeordnet hat.

1. Der Antrag der Antragstellerin ist dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2014 in vollem Umfang begehrt:

a) Der Bescheid vom 29.12.2014 trifft zwei Regelungen: Hinsichtlich des Geschäftsführers setzt er eine Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen in Höhe von 42.964,59 Euro fest. Hinsichtlich der Alleingesellschafterin T S beanstandet die Antragsgegnerin die Zahlung von Beiträgen in Höhe von 17.938,24 Euro.

b) Die rechtskundig vertretene Antragstellerin hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid uneingeschränkt beantragt. Angesichts dieses eindeutigen Wortlauts ihres Antrags könnte dieser als auf die Nachforderung von Beiträgen betreffend den Geschäftsführer beschränkt nur dann ausgelegt werden, wenn sich hierfür eindeutige Anhaltspunkte aus der Begründung des Antrags ergäben. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Prozessbevollmächtigten haben vielmehr in der Begründung ihres Antrags ausgeführt, "insbesondere" beziehe sich dieser "auf die Nachforderung betreffend" den Geschäftsführer (S. 2 des Antrags). Weiter heißt es auf S. 5 des Antrags, "hierneben" sei es "durchaus fragwürdig , ob tatsächlich seine Ehefrau selbständig sein" könne. Auf S. 7 des Antrags haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin der "Beanstandung" der Beiträge "der Frau S" zur Rentenversicherung widersprochen, "da § 26 SGB IV (Leistungsgewährung) dem entgegenstehen dürfte." Gleiches gelte für Beiträge auch zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Auch insoweit bestehe Vertrauensschutz. Des Weiteren habe sie sich insoweit "vollinhaltlich auf den Vortrag" des von der Alleingesellschafterin der Klägerin mandatierten Rechtsanwalts bezogen.

2. Soweit sich der Bescheid vom 29.12.2014 auf die Beanstandung der für die mitarbeitende Alleingesellschafterin S entrichteten Beiträge bezieht, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bereits unzulässig.

a) Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache (nur) in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Haben die genannten Rechtsbehelfe indessen aufschiebende Wirkung, gibt es kein Rechtsschutzbedürfnis, diese aufschiebende Wirkung (zusätzlich) gerichtlich anordnen zu lassen.

b) Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Das gilt nach § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG ausdrücklich auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten (demnach auch bei Bescheiden, die - wie hier - gezahlte Beiträge beanstanden) und bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. Einer der in § 86a Abs. 2 SGG geregelten Ausnahmefälle, in denen die aufschiebende Wirkung entfällt, liegt insoweit nicht vor.

Insbesondere handelt es sich nicht um einen Fall der "Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben" im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Zwar kann dem Wortlaut der Vorschrift nach auch die Entscheidung über das Nichtbestehen von Versicherungspflicht noch als eine "Entscheidung über Versicherungspflichten" verstanden werden. Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten es jedoch, sie auf Verwaltungsakte zu beschränken, mit denen Versicherungspflicht festgestellt wird. Den Gesetzesmaterialien zufolge soll nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die aufschiebende Wirkung in den Fällen entfallen, "in denen die Funktionsfähigkeit der Leistungsträger, insbesondere der Sozialversicherung, zu sichern ist." Damit verbleibe es "bei dem geltenden Recht, wenn die Entscheidung über Pflichten zur Zahlung oder die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben im Streit" sei (BT-Drucks. 14/5943, S. 25). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber den in § 86a Abs. 1 SGG normierten Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide über Versicherungs- und Beitragspflicht nur in den Fällen durchbrechen wollte, in denen andernfalls die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge unterbliebe. Dieses Verständnis entspricht auch der Parallelvorschrift des § 80 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach die aufschiebende Wirkung bei der "Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten" entfällt.

3. Hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen für den Geschäftsführer der Antragstellerin ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 29.12.2014 dagegen zulässig und begründet.

a) Der Antrag ist zunächst statthaft. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs nicht schon aus § 86a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG i.V.m. § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV. Rechtsbehelfe gegen Beitragsbescheide prüfender Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV haben weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV aufschiebende Wirkung (so bereits mit ausführlicher Begründung Senat, Beschluss v. 20.12.2012, L 8 R 565/12 B ER; Beschluss v. 16.9.2013, L 8 R 361/13 B ER; Beschluss v. 11.5.2015, L 8 R 106/15 B ER, juris; Bayerisches LSG, Beschluss v. 16.3.2010, L 5 R 21/10 B ER; LSG Hamburg, Beschluss v. 16.4.2012, L 3 R 19/12 B ER; Hessisches LSG, Beschluss v. 22.8.2013, L 1 KR 228/13 B ER; Sächsisches LSG, Beschluss v. 30.8.2013, L 1 KR 129/13 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss v. 7.9.2015, L 5 KR 147/15 B ER; jeweils juris).

b) Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER, Beschluss v. 8.4.2014, L 8 R 737/13 B ER; Beschluss v. 28.1.2015, L 8 R 1166/13 B ER; jeweils juris).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist gegenwärtig jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsachverfahren als rechtswidrig erweisen wird. Denn nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sprechen überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass eine Nachforderung an Beiträgen für den Geschäftsführer derzeit zumindest nach Treu und Glauben unzulässig ist.

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Bescheid der Einzugsstelle vom 28.12.2004 unmittelbar auch gegenüber der Antragsgegnerin Bindungswirkung erzeugt hat, insbesondere, ob er ihr bekannt gegeben worden ist. Wie das BSG bereits entschieden hat, darf die Antragstellerin davon ausgehen, dass sich die Einzugsstelle im Rahmen des damaligen Verwaltungsverfahrens gesetzeskonform verhielt und den Bescheid vom 28.12.2004 im Rahmen des Hinzuziehungsverfahrens (§ 12 SGB X) auch allen beteiligten und betroffenen Sozialversicherungsträgern bekannt gab, darunter der Antragsgegnerin als zuständigem prüfenden Rentenversicherungsträger (BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 4). Die Antragsgegnerin muss sich daher nach Treu und Glauben so verhalten, als sei dieser Bescheid - der bislang nicht nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB X beseitigt worden ist - auch ihr gegenüber verbindlich geworden.

bb) Mit diesem Bescheid hat die Einzugsstelle festgestellt, dass der Geschäftsführer seit dem 1.9.2004 nicht der Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterlag. Hinsichtlich der beiden letztgenannten Versicherungszweige beruhte die Entscheidung zwar in erster Linie auf der - im Streitzeitraum nicht mehr maßgeblichen - Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Das dem gesamten Inhalt des Bescheides nach zusätzlich maßgebende Kriterium des Nichtvorliegens einer abhängigen Beschäftigung erfasst jedoch auch diese beiden Versicherungszweige.

cc) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist dieser Bescheid nach wie vor maßgebend. Insbesondere hat er sich nicht etwa nach § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Weder die Umfirmierung noch die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes stellen eine Erledigung auf andere Weise in diesem Sinne dar.

Eine GmbH entsteht als juristische Person und wird rechtsfähig nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) mit der Eintragung in das Handelsregister; sie erlischt demgegenüber erst mit Eintritt der Vollbeendigung, wobei diese die Vermögenslosigkeit und die Eintragung der Löschung voraussetzt. Die Löschung erfolgt allerdings erst nach Abschluss eines Liquidationsverfahrens, § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG. Bei der Firma hingegen handelt es sich nach § 17 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) um den Namen eines Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und seine Unterschrift abgibt. Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden, § 17 Abs. 2 HGB. Handelsgesellschaften haben keinen anderen als den Handelsnamen. Die Firma ist ihr Name schlechthin. Sie kann allerdings jederzeit geändert werden. Die Änderung der Firma ist wie die Aufgabe der alten Firma als Bildung einer neuen Firma anzusehen (Hopt in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 36. Auflage, § 17 Rdnr. 22). Die Veränderung des Namens eines Handelsgewerbes beinhaltet allerdings keine Veränderung der dadurch benannten juristischen Person.

Auch auf die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes kann sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Dies gilt umso mehr, als sich die rechtliche Situation des Fremdgeschäftsführers seit 2004 nicht verändert hat. Er verfügte durchgehend über keine eigenen Anteile an der Antragstellerin. Dabei ist unerheblich, ob diese von seinem Schwiegervater oder seiner Ehefrau gehalten werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 52, 53 Gerichtkostengesetz (GKG) und berücksichtigt das in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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