Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 30 R 885/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 809/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 31.08.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1967 geborene Klägerin durchlief zunächst eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte. Anschließend studierte sie Pädagogik, Französisch und Kunst auf Lehramt - Sekundarstufe I. Die Klägerin durchlief vom 01.02.1997 bis zum 29.01.1999 als Beamtin auf Widerruf das Referendariat. Für diesen Zeitraum erfolgte eine Nachversicherung bei der Beklagten. Nachfolgend ist die Zeit vom 01.09.1999 bis 17.09.2001 lückenlos mit Pflichtbeiträgen belegt. Am 18.09.2001 wurde die Klägerin zur Beamtin auf Probe und am 05.05.2003 zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Die Klägerin hat zwei Kinder zur Welt gebracht, T, geboren am 00.00.1993, sowie N, geboren am 00.00.2004. Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind Kinderberücksichtigungszeiten vom 03.08.1993 bis zum 30.09.2001 gespeichert. Sie hat derzeit einen Grad der Behinderung (GdB) von 90 inne.
Die Klägerin wurde mit Ablauf des 31.8.2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 02.10.2008 berechnete das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) die Versorgungsbezüge der Klägerin mit 1.539,14 EUR. Den maßgeblichen Ruhegehaltssatz setzte das LBV dabei zunächst mit 35 v.H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge fest. Da die Klägerin hierbei unter dem Mindestbetrag nach § 14 Abs 4 Satz 2 Beamtenversorgungsgesetz des Bundes (BeamtVG), d.h. unter 65 % der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4, blieb, wurde dieser Mindestbetrag anstelle der erdienten Bezüge festgesetzt.
Im Oktober 2013 erhob die Klägerin eine "Feststellungsklage" bei dem Sozialgericht Köln gegen das LBV sowie die hiesige Beklagte mit dem Ziel, das Sozialgericht möge ihr bei der Aufklärung ihrer Ansprüche helfen. Bei ihr sei eine Unterversorgung in Höhe von ca. 500 EUR monatlich entstanden. Sie sei im Frühjahr 2003 auf Lebenszeit verbeamtet worden. Nach der Elternzeit habe sie wieder übernommen werden müssen. Der damalige Schulleiter habe sie mit unlauteren Mitteln aus dem Amt entfernt. Sie leide an hoher Kurzsichtigkeit, Frühgeborenenretinopathie, Netzhautablösung, Retinitis pigmentosa und damit verbunden an schweren Depressionen. Es sei gegenüber dem LBV zu prüfen, ob und inwieweit ihre Ruhestandsbezüge richtig berechnet seien. Gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund sei die Rentenberechtigung zu klären. Das Klageverfahren gegen die hiesige Beklagte trennte das Sozialgericht ab und führte es unter dem Aktenzeichen S 2 R 1724/13 weiter. Das Verfahren gegen das LBV wurde an das VG Köln verwiesen und erhielt dort das Aktenzeichen 3 K 868/14.
Zur Begründung der beim Sozialgericht verbliebenen Klage trug die Klägerin im Wesentlichen vor, dass der Versicherungsverlauf bei der Beklagten zwar richtig sei. Die Beklagte habe es allerdings zu Unrecht verneint, ihre erworbenen Rentenanwartschaften "in die Pensionsbezüge mit hinein zu nehmen und durch das LBV auszuzahlen". Das LBV habe einen "zur Zeit der Umstellung auf Frühpension" gestellten Antrag nach § 14a BeamtVG abgelehnt, da die Pension die Mindestbezugsgröße unterschreiten würde.
Nach Hinweis des Sozialgerichts darauf, dass die Klägerin sich nicht unmittelbar an das Gericht wenden könne, beantragte diese mit Schreiben vom 07.02.2014, "einen Beschluss zu verfassen gegen die Beklagte kurzfristig eine Entscheidung zu treffen, ob eine Rente gezahlt wird aus meinen Anspruchsjahren oder nicht". Sie bitte um "Mitwirkung i.S.d. gültigen Rechts auf Aufklärung". Ihre Klage sei eine Feststellungsklage. Die Beklagte verwies darauf, dass ihr kein Rentenantrag vorliege. Die Klägerin stellte daraufhin mit Schreiben vom 28.02.2014 - eingegangen am 04.03.2014 - einen formlosen "Rentenantrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente" "rückwirkend ab der Frühpensionierung". Die Beklagte stellte der Klägerin Antragsunterlagen für eine Erwerbsminderungsrente zur Verfügung. Diese Formulare gab die Klägern ausgefüllt am 20.03.2014 zurück.
Unter Berücksichtigung eines Leistungsfalls am 31.8.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 11.4.2014 ab. Zu diesem Zeitpunkt seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung dieser Rente nicht erfüllt. Das Versicherungskonto der Klägerin müsse in der Zeit vom 31.08.2003 bis zum 30.8.2008 eine Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen enthalten. Tatsächlich habe die Klägerin in diesem Zeitraum keinen Monat mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt. Das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei auch nicht aufgrund von Ausnahmeregelungen entbehrlich.
Am 28.4.2014 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 11.4.2014 im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch, dass die Nichtleistung einer Rente für sie eine besonders unbillige Härte darstelle. Sie verwies auf das bereits anhängige Feststellungsklageverfahren bei dem Sozialgericht Köln. Sie habe 18 Jahre lang Beiträge gezahlt und werde jetzt um die Leistungen hieraus betrogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.4.2014 wies das Sozialgericht die unter dem Aktenzeichen S 2 R 1724/13 geführte Feststellungsklage der Klägerin ab. Die Klage sei unzulässig. Es sei schon völlig unklar, welchen der wechselnden Klageanträge die Klägerin verfolge. Ein Feststellungsinteresse existiere jedenfalls nicht. Gegen den ihr am 03.05.2014 zugestellten Gerichtsbescheid erhob die Klägerin am 15.05.2014 "Widerspruch Untätigkeit". Das Sozialgericht habe ihr bei der Aufklärung ihrer Ansprüche nicht geholfen. Das Berufungsverfahren wurde unter dem Aktenzeichen L 14 R 416/14 geführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.6.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11.04.2014 zurück. Die Beklagte sei an Recht und Gesetz gebunden. Sie können daher von der Anwendung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch dann nicht absehen, wenn, wie die Klägerin vorgetragen habe, durch die Dienstunfähigkeit eine Unterversorgung eingetreten sei.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2014 hat die Klägerin, nunmehr anwaltlich vertreten, am 25.06.2014 die dem vorliegenden Berufungsverfahren zugrunde liegende Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sie vor ihrer Verbeamtung am 18.9.2001 insgesamt 71 Monate an Pflichtbeiträgen an die Beklagte geleistet habe. An Beitrags-, Kindererziehungs- und Ersatzzeiten habe sie insgesamt 137 Monate zurückgelegt. Diese Zeiten fänden weder bei der Beklagten noch bei der Beamtenversorgung Berücksichtigung. Die Besonderheit des Falles bestehe darin, dass durchaus eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, die vom Umfang und Einkommen her versicherungspflichtig gewesen wäre, wenn sie nicht in verbeamteter Form ausgeübt worden sei. § 14a BeamtVG sorge nicht für einen ausreichenden Ausgleich, da ohnehin nur die Mindestversorgung geleistet werde. Das faktische Leerlaufen der erworbenen Anwartschaften stelle einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes dar. Es sei im Übrigen davon auszugehen, dass die Klägerin bereits seit der Frühpensionierung mit der Beklagten in Verbindung gestanden habe und um die Gewährung einer Rente gebeten habe. Bei korrekter Beratung hätte man der Klägerin empfehlen müssen, in jedem Falle zur Wahrung ihrer Rechte einen Rentenantrag zu stellen. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei sie daher so zu stellen, als ob sie Rente "innerhalb der Dreimonatsfrist ab Eintritt der Erwerbsunfähigkeit" beantragt habe.
In einem Erörterungstermin am 31.10.2014 hat die Klägerin, nunmehr ebenfalls anwaltlich vertreten - die Berufung in dem Verfahren L 14 R 416/14 mit Blick darauf zurück genommen, dass das Begehren der Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung in dem hier zugrunde liegenden Verfahren verfolgt werde.
Das Sozialgericht hat nach entsprechender Anhörung die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31.8.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass ausweislich des von der Beklagten übersandten Versicherungsverlaufs letztmalig bei einem Eintritt der Erwerbsminderung im Oktober 2003 die erforderlichen 36 Monate an Pflichtbeiträgen im Fünfjahreszeitraum vorliegen würden. Im Versicherungsverlauf der Klägerin seien lediglich bis September 2001 Pflichtbeitragszeiten enthalten. Anhaltspunkte dafür, dass eine Erwerbsminderung bereits im Oktober 2003 eingetreten sei, bestünden nach Aktenlage nicht. Die Klägerin sei erst mit Ablauf des 31.8.2008 in den Ruhestand versetzt worden. Die tatsächliche Berufsausübung widerlege das Vorliegen einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt. Tatbestände, die den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum verlängern würden, lägen nicht vor. An der Vereinbarkeit der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit dem Verfassungsrecht bestünden keine Zweifel. In Reaktion auf die Einführung der 3/5-Belegung in der Rentenversicherung sei mit § 14 Buchst. a BeamtVG im Vierten Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.1985 zum 1.1.1986 eine Regelung geschaffen worden, wonach eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes für Personen möglich sei, die erst nach einer längeren versicherungspflichtigen Tätigkeit im fortgeschrittenen Lebensalter Beamten geworden und sodann vorzeitig dienstunfähig geworden seien, wenn ihnen eine ergänzende Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aufgrund der fehlenden 3/5-Belegung nicht zustehe. Der Gesetzgeber habe sich damit im Rahmen seiner weiten Gestaltungsfreiheit für einen Ausgleich der durch den Wechsel in ein Beamtenverhältnis gegebenenfalls entstehenden Versorgungslücke im Versorgungsrecht entschieden. Die Richtigkeit der Berechnung der Versorgungsbezüge einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden verfassungsrechtlichen Fragen sei in dem Verfahren 3 K 868/14 vor dem Verwaltungsgericht Köln zu klären.
Gegen den am 2.9.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.9.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Es sei verfassungswidrig, dass § 43 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung eine Anwartschaftszeit auch dann vorsehe, wenn die Anwartschaftszeit in der Vergangenheit schon einmal erfüllt gewesen sei, aber innerhalb des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums vor dem Eintritt Erwerbsminderung wegen Verbeamtung keine Pflichtbeiträge mehr gezahlt worden seien und kein Ausgleich nach § 14 Buchst a BeamtVG erfolge.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 31.8.2015 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2014 zu verurteilen, ihr ab dem 1.9.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte (Az 000) ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2014 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung können bei ansonsten gleichen Voraussetzungen Versicherte beanspruchen, deren Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden arbeitstäglich abgesunken ist.
Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob bei der Klägerin derzeit der Leistungsfall der Erwerbsminderung eingetreten ist. Die Beeinträchtigung ihrer Sehfähigkeit stellt zunächst einmal lediglich eine qualitative Leistungsbeeinträchtigung dar. Zwar ist auch bei einem zeitlich uneingeschränkten Leistungsvermögen unter der Voraussetzung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ein Rentenanspruch denkbar. Beide Alternativen setzen allerdings voraus, dass ein körperliches Leistungsvermögen für nur noch leichte Tätigkeiten besteht (Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 43 SGB VI, Rn. 167 m.w.N.). Eine solche Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens ist bislang weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Der Senat musste die Frage im Ergebnis aber nicht aufklären, da jedenfalls die in § 43 Abs 2 Nr 2 SGB VI normierten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung (sogenannte 3/5-Belegung) nicht vorliegen.
Bis zum 31.08.2008 ist ein zeitlich uneingeschränktes und nicht spezifisch behindertes Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes schon allein deshalb als vorhanden anzusehen, weil die Klägerin bis dahin eine Tätigkeit als Lehrerin tatsächlich ausgeübt hat (zum Beweiswert tatsächlicher Tätigkeitsausübung siehe BSG Urteil vom 26.09.1975 - 12 RJ 208/74).
In dem damit für die 3/5-Belegung maßgeblichen Zeitraum vom 31.08.2003 bis zum 30.08.2008 ist kein Pflichtbeitrag im Versicherungskonto der Klägerin gespeichert. Weder sind darüber hinaus weitere Versicherungszeiten zu berücksichtigen (nachfolgend a)), noch ist die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausnahmsweise entbehrlich (nachfolgend b)).
a)
Das Versicherungskonto der Klägerin ist vollständig. Zwar hat die Klägerin am 11.04.2004 ihre zweite Tochter zur Welt gebracht und anschließend nach unbestrittenem Vortrag auch erzogen. Hieraus resultieren allerdings weder weitere zu berücksichtigende Pflichtbeiträge noch Kinderberücksichtigungszeiten, die ihrerseits eine Streckung des für die Feststellung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen 5-Jahres-Zeitraums begründen würden.
aa)
Nach § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Während der Kindererziehungszeit ist die Erziehungsperson grundsätzlich pflichtversichert, § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI, so dass die Zeiten der Kindererziehung auf die Belegung mit Pflichtbeiträgen im 5-Jahres-Zeitraum angerechnet werden.
Die Anerkennung der Zeiten vom 01.05.2004 bis 30.04.2007 als Kindererziehungszeiten ist allerdings vorliegend ausgeschlossen. Maßgeblich ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der - zumindest konkludenten - Rentenantragstellung im Oktober 2013, § 300 SGB VI.
In der damit anwendbaren Fassung des § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI vom 22.07.2009 bis 30.06.2014 ist geregelt, dass Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen sind, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt werden wie die Kindererziehung nach dem SGB VI.
An einer solchen Gleichwertigkeit bestehen keine Zweifel. Maßgeblich ist hierfür der Rechtszustand zum Zeitpunkt der Ruhegehaltsbestimmung, hier also zum 31.08.2008. § 50 Buchst a BeamtVG des Bundes in der Fassung vom 20.12.2001 regelte in Abs 1: Hat ein Beamter ein nach dem 31. Dezember 1991 geborenes Kind erzogen, erhöht sich sein Ruhegehalt für jeden Monat einer ihm zuzuordnenden Kindererziehungszeit um einen Kindererziehungszuschlag nach Maßgabe dieses Gesetzes. Dies gilt nicht, wenn der Beamte wegen der Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig (§ 3 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) war und die allgemeine Wartezeit für eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt ist. In § 50 Buchst a Abs 2 BeamtVG des Bundes ist geregelt: Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten, spätestens jedoch mit dem Ablauf des Monats, in dem die Erziehung endet.
Damit steht eine systembezogene Gleichwertigkeit fest. Nicht erforderlich ist eine betragsmäßige Auswirkung der Kindererziehungszeiten in gleicher Höhe. Ab dem 01.07.2014 hat der Gesetzgeber deklaratorisch in § 56 Abs 4 SGB VI ausgeführt, dass eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt. § 50a BeamtVG wurde im Zuge des Übergangs der entsprechenden Gesetzgebungskompetenz mit Wirkung zum 01.06.2013 in das Landesbeamtenversorgungsgesetz NRW überführt, ohne dass sich eine inhaltlich wesentliche Änderung ergeben hätte.
Die Voraussetzungen für die Erfassung der Kindererziehungszeiten bei der beamtenrechtlichen Versorgung lagen auch vor. Die Klägerin hat vorliegend die allgemeine Wartezeit erfüllt und sie war auch nicht wegen der Kindererziehung versicherungspflichtig nach § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI. Denn sie war als Beamtin auf Lebenszeit nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB VI versicherungsfrei.
Selbst wenn man der Erwägung folgen wollte, dass die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen sei, als ob sie zum 31.08.2008 einen Rentenantrag bei der Beklagten gestellt hätte, und damit § 56 SGB VI in der vor dem 22.07.2009 geltenden Fassung zur Anwendung käme, ergäbe sich kein günstigeres Ergebnis.
§ 56 Abs 4 Nr 2 SGB VI in der vor dem 22.07.2009 maßgeblichen Fassung regelte, dass Kindererziehungszeiten für solche Erziehungspersonen ausgeschlossen waren, die während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs 1 und 4 genannten Personen gehörten und nach dieser Zeit nicht nachversichert worden sind. § 5 Abs 1 SGB VI regelte zum maßgeblichen Zeitpunkt, dass versicherungsfrei unter anderem Beamte und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst sind. Von diesem Ausschluss machte das Bundessozialgericht (Urteil vom 31.01.2008 - B 13 R 64/06 R) lediglich für den Fall eine Ausnahme, dass in einer berufsständischen Versorgung Zeiten der Kindererziehung im Verhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht annähernd gleichwertig berücksichtigt würden. Jedenfalls für nach dem 01.01.1992 geborene Kinder bestehen aber an der annähernden Gleichwertigkeit der Berücksichtigung, wie ausgeführt, keine Zweifel.
bb)
Aufgrund dieser Erwägungen ist auch eine Streckung des 5-Jahreszeitraums durch Kinderberücksichtigungszeiten ausgeschlossen. Nach § 43 Abs 4 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung u.a. um Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind. § 57 Satz 1 SGB VI bestimmt: Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Die Voraussetzungen einer Kindererziehungszeit sind nach den vorstehenden Erwägungen für den Zeitraum vom 11.04.2004 (Geburt der Tochter) bis zum Eintritt der Erwerbsminderung (31.08.2008) ebenfalls zu verneinen.
b)
Einfachgesetzliche Tatbestände der Entbehrlichkeit der Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.
Es ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu suspendieren. Es war gerade die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 verfolgte Zielsetzung, u.a. diejenigen von dem Bezug einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit auszuschließen, die aufgrund des Eintritts in ein anderes Sicherungssystem keine weiteren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet haben. Das BVerfG hat die Schaffung dieser zusätzlichen Anspruchsvoraussetzung als verfassungsgemäß und insbesondere mit der Eigentumsgarantie des Art 14 des Grundgesetzes (GG) für vereinbar erachtet (Beschluss vom 08. April 1987 - 1 BvR 564/84, 1 BvR 684/84, 1 BvR 877/84, 1 BvR 886/84, 1 BvR 1134/84, 1 BvR 1636/84, 1 BvR 1711/84 -, BVerfGE 75, 78-107). Die von der Klägerin zurückgelegten Versicherungszeiten sind im Übrigen nicht vollständig verloren. Sie bilden die Grundlage für einen Anspruch auf Altersrente.
Die Klägerin hat sich freiwillig entschieden, in das System der Beamtenversorgung zu wechseln. Ob im Rahmen der Beamtenversorgung der Klägerin eine weitergehende Berücksichtigung der in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten erfolgen muss, ist eine vom Verwaltungsgericht zu klärende Frage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1967 geborene Klägerin durchlief zunächst eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte. Anschließend studierte sie Pädagogik, Französisch und Kunst auf Lehramt - Sekundarstufe I. Die Klägerin durchlief vom 01.02.1997 bis zum 29.01.1999 als Beamtin auf Widerruf das Referendariat. Für diesen Zeitraum erfolgte eine Nachversicherung bei der Beklagten. Nachfolgend ist die Zeit vom 01.09.1999 bis 17.09.2001 lückenlos mit Pflichtbeiträgen belegt. Am 18.09.2001 wurde die Klägerin zur Beamtin auf Probe und am 05.05.2003 zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Die Klägerin hat zwei Kinder zur Welt gebracht, T, geboren am 00.00.1993, sowie N, geboren am 00.00.2004. Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind Kinderberücksichtigungszeiten vom 03.08.1993 bis zum 30.09.2001 gespeichert. Sie hat derzeit einen Grad der Behinderung (GdB) von 90 inne.
Die Klägerin wurde mit Ablauf des 31.8.2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 02.10.2008 berechnete das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) die Versorgungsbezüge der Klägerin mit 1.539,14 EUR. Den maßgeblichen Ruhegehaltssatz setzte das LBV dabei zunächst mit 35 v.H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge fest. Da die Klägerin hierbei unter dem Mindestbetrag nach § 14 Abs 4 Satz 2 Beamtenversorgungsgesetz des Bundes (BeamtVG), d.h. unter 65 % der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4, blieb, wurde dieser Mindestbetrag anstelle der erdienten Bezüge festgesetzt.
Im Oktober 2013 erhob die Klägerin eine "Feststellungsklage" bei dem Sozialgericht Köln gegen das LBV sowie die hiesige Beklagte mit dem Ziel, das Sozialgericht möge ihr bei der Aufklärung ihrer Ansprüche helfen. Bei ihr sei eine Unterversorgung in Höhe von ca. 500 EUR monatlich entstanden. Sie sei im Frühjahr 2003 auf Lebenszeit verbeamtet worden. Nach der Elternzeit habe sie wieder übernommen werden müssen. Der damalige Schulleiter habe sie mit unlauteren Mitteln aus dem Amt entfernt. Sie leide an hoher Kurzsichtigkeit, Frühgeborenenretinopathie, Netzhautablösung, Retinitis pigmentosa und damit verbunden an schweren Depressionen. Es sei gegenüber dem LBV zu prüfen, ob und inwieweit ihre Ruhestandsbezüge richtig berechnet seien. Gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund sei die Rentenberechtigung zu klären. Das Klageverfahren gegen die hiesige Beklagte trennte das Sozialgericht ab und führte es unter dem Aktenzeichen S 2 R 1724/13 weiter. Das Verfahren gegen das LBV wurde an das VG Köln verwiesen und erhielt dort das Aktenzeichen 3 K 868/14.
Zur Begründung der beim Sozialgericht verbliebenen Klage trug die Klägerin im Wesentlichen vor, dass der Versicherungsverlauf bei der Beklagten zwar richtig sei. Die Beklagte habe es allerdings zu Unrecht verneint, ihre erworbenen Rentenanwartschaften "in die Pensionsbezüge mit hinein zu nehmen und durch das LBV auszuzahlen". Das LBV habe einen "zur Zeit der Umstellung auf Frühpension" gestellten Antrag nach § 14a BeamtVG abgelehnt, da die Pension die Mindestbezugsgröße unterschreiten würde.
Nach Hinweis des Sozialgerichts darauf, dass die Klägerin sich nicht unmittelbar an das Gericht wenden könne, beantragte diese mit Schreiben vom 07.02.2014, "einen Beschluss zu verfassen gegen die Beklagte kurzfristig eine Entscheidung zu treffen, ob eine Rente gezahlt wird aus meinen Anspruchsjahren oder nicht". Sie bitte um "Mitwirkung i.S.d. gültigen Rechts auf Aufklärung". Ihre Klage sei eine Feststellungsklage. Die Beklagte verwies darauf, dass ihr kein Rentenantrag vorliege. Die Klägerin stellte daraufhin mit Schreiben vom 28.02.2014 - eingegangen am 04.03.2014 - einen formlosen "Rentenantrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente" "rückwirkend ab der Frühpensionierung". Die Beklagte stellte der Klägerin Antragsunterlagen für eine Erwerbsminderungsrente zur Verfügung. Diese Formulare gab die Klägern ausgefüllt am 20.03.2014 zurück.
Unter Berücksichtigung eines Leistungsfalls am 31.8.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 11.4.2014 ab. Zu diesem Zeitpunkt seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung dieser Rente nicht erfüllt. Das Versicherungskonto der Klägerin müsse in der Zeit vom 31.08.2003 bis zum 30.8.2008 eine Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen enthalten. Tatsächlich habe die Klägerin in diesem Zeitraum keinen Monat mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt. Das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sei auch nicht aufgrund von Ausnahmeregelungen entbehrlich.
Am 28.4.2014 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 11.4.2014 im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch, dass die Nichtleistung einer Rente für sie eine besonders unbillige Härte darstelle. Sie verwies auf das bereits anhängige Feststellungsklageverfahren bei dem Sozialgericht Köln. Sie habe 18 Jahre lang Beiträge gezahlt und werde jetzt um die Leistungen hieraus betrogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.4.2014 wies das Sozialgericht die unter dem Aktenzeichen S 2 R 1724/13 geführte Feststellungsklage der Klägerin ab. Die Klage sei unzulässig. Es sei schon völlig unklar, welchen der wechselnden Klageanträge die Klägerin verfolge. Ein Feststellungsinteresse existiere jedenfalls nicht. Gegen den ihr am 03.05.2014 zugestellten Gerichtsbescheid erhob die Klägerin am 15.05.2014 "Widerspruch Untätigkeit". Das Sozialgericht habe ihr bei der Aufklärung ihrer Ansprüche nicht geholfen. Das Berufungsverfahren wurde unter dem Aktenzeichen L 14 R 416/14 geführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.6.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11.04.2014 zurück. Die Beklagte sei an Recht und Gesetz gebunden. Sie können daher von der Anwendung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch dann nicht absehen, wenn, wie die Klägerin vorgetragen habe, durch die Dienstunfähigkeit eine Unterversorgung eingetreten sei.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2014 hat die Klägerin, nunmehr anwaltlich vertreten, am 25.06.2014 die dem vorliegenden Berufungsverfahren zugrunde liegende Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sie vor ihrer Verbeamtung am 18.9.2001 insgesamt 71 Monate an Pflichtbeiträgen an die Beklagte geleistet habe. An Beitrags-, Kindererziehungs- und Ersatzzeiten habe sie insgesamt 137 Monate zurückgelegt. Diese Zeiten fänden weder bei der Beklagten noch bei der Beamtenversorgung Berücksichtigung. Die Besonderheit des Falles bestehe darin, dass durchaus eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, die vom Umfang und Einkommen her versicherungspflichtig gewesen wäre, wenn sie nicht in verbeamteter Form ausgeübt worden sei. § 14a BeamtVG sorge nicht für einen ausreichenden Ausgleich, da ohnehin nur die Mindestversorgung geleistet werde. Das faktische Leerlaufen der erworbenen Anwartschaften stelle einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes dar. Es sei im Übrigen davon auszugehen, dass die Klägerin bereits seit der Frühpensionierung mit der Beklagten in Verbindung gestanden habe und um die Gewährung einer Rente gebeten habe. Bei korrekter Beratung hätte man der Klägerin empfehlen müssen, in jedem Falle zur Wahrung ihrer Rechte einen Rentenantrag zu stellen. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei sie daher so zu stellen, als ob sie Rente "innerhalb der Dreimonatsfrist ab Eintritt der Erwerbsunfähigkeit" beantragt habe.
In einem Erörterungstermin am 31.10.2014 hat die Klägerin, nunmehr ebenfalls anwaltlich vertreten - die Berufung in dem Verfahren L 14 R 416/14 mit Blick darauf zurück genommen, dass das Begehren der Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung in dem hier zugrunde liegenden Verfahren verfolgt werde.
Das Sozialgericht hat nach entsprechender Anhörung die Klage mit Gerichtsbescheid vom 31.8.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass ausweislich des von der Beklagten übersandten Versicherungsverlaufs letztmalig bei einem Eintritt der Erwerbsminderung im Oktober 2003 die erforderlichen 36 Monate an Pflichtbeiträgen im Fünfjahreszeitraum vorliegen würden. Im Versicherungsverlauf der Klägerin seien lediglich bis September 2001 Pflichtbeitragszeiten enthalten. Anhaltspunkte dafür, dass eine Erwerbsminderung bereits im Oktober 2003 eingetreten sei, bestünden nach Aktenlage nicht. Die Klägerin sei erst mit Ablauf des 31.8.2008 in den Ruhestand versetzt worden. Die tatsächliche Berufsausübung widerlege das Vorliegen einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt. Tatbestände, die den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum verlängern würden, lägen nicht vor. An der Vereinbarkeit der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit dem Verfassungsrecht bestünden keine Zweifel. In Reaktion auf die Einführung der 3/5-Belegung in der Rentenversicherung sei mit § 14 Buchst. a BeamtVG im Vierten Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.1985 zum 1.1.1986 eine Regelung geschaffen worden, wonach eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes für Personen möglich sei, die erst nach einer längeren versicherungspflichtigen Tätigkeit im fortgeschrittenen Lebensalter Beamten geworden und sodann vorzeitig dienstunfähig geworden seien, wenn ihnen eine ergänzende Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aufgrund der fehlenden 3/5-Belegung nicht zustehe. Der Gesetzgeber habe sich damit im Rahmen seiner weiten Gestaltungsfreiheit für einen Ausgleich der durch den Wechsel in ein Beamtenverhältnis gegebenenfalls entstehenden Versorgungslücke im Versorgungsrecht entschieden. Die Richtigkeit der Berechnung der Versorgungsbezüge einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden verfassungsrechtlichen Fragen sei in dem Verfahren 3 K 868/14 vor dem Verwaltungsgericht Köln zu klären.
Gegen den am 2.9.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18.9.2015 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Es sei verfassungswidrig, dass § 43 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung eine Anwartschaftszeit auch dann vorsehe, wenn die Anwartschaftszeit in der Vergangenheit schon einmal erfüllt gewesen sei, aber innerhalb des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums vor dem Eintritt Erwerbsminderung wegen Verbeamtung keine Pflichtbeiträge mehr gezahlt worden seien und kein Ausgleich nach § 14 Buchst a BeamtVG erfolge.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 31.8.2015 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2014 zu verurteilen, ihr ab dem 1.9.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte (Az 000) ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2014 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung können bei ansonsten gleichen Voraussetzungen Versicherte beanspruchen, deren Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden arbeitstäglich abgesunken ist.
Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob bei der Klägerin derzeit der Leistungsfall der Erwerbsminderung eingetreten ist. Die Beeinträchtigung ihrer Sehfähigkeit stellt zunächst einmal lediglich eine qualitative Leistungsbeeinträchtigung dar. Zwar ist auch bei einem zeitlich uneingeschränkten Leistungsvermögen unter der Voraussetzung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ein Rentenanspruch denkbar. Beide Alternativen setzen allerdings voraus, dass ein körperliches Leistungsvermögen für nur noch leichte Tätigkeiten besteht (Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 43 SGB VI, Rn. 167 m.w.N.). Eine solche Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens ist bislang weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Der Senat musste die Frage im Ergebnis aber nicht aufklären, da jedenfalls die in § 43 Abs 2 Nr 2 SGB VI normierten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung (sogenannte 3/5-Belegung) nicht vorliegen.
Bis zum 31.08.2008 ist ein zeitlich uneingeschränktes und nicht spezifisch behindertes Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes schon allein deshalb als vorhanden anzusehen, weil die Klägerin bis dahin eine Tätigkeit als Lehrerin tatsächlich ausgeübt hat (zum Beweiswert tatsächlicher Tätigkeitsausübung siehe BSG Urteil vom 26.09.1975 - 12 RJ 208/74).
In dem damit für die 3/5-Belegung maßgeblichen Zeitraum vom 31.08.2003 bis zum 30.08.2008 ist kein Pflichtbeitrag im Versicherungskonto der Klägerin gespeichert. Weder sind darüber hinaus weitere Versicherungszeiten zu berücksichtigen (nachfolgend a)), noch ist die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausnahmsweise entbehrlich (nachfolgend b)).
a)
Das Versicherungskonto der Klägerin ist vollständig. Zwar hat die Klägerin am 11.04.2004 ihre zweite Tochter zur Welt gebracht und anschließend nach unbestrittenem Vortrag auch erzogen. Hieraus resultieren allerdings weder weitere zu berücksichtigende Pflichtbeiträge noch Kinderberücksichtigungszeiten, die ihrerseits eine Streckung des für die Feststellung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen maßgeblichen 5-Jahres-Zeitraums begründen würden.
aa)
Nach § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VI sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Während der Kindererziehungszeit ist die Erziehungsperson grundsätzlich pflichtversichert, § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI, so dass die Zeiten der Kindererziehung auf die Belegung mit Pflichtbeiträgen im 5-Jahres-Zeitraum angerechnet werden.
Die Anerkennung der Zeiten vom 01.05.2004 bis 30.04.2007 als Kindererziehungszeiten ist allerdings vorliegend ausgeschlossen. Maßgeblich ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der - zumindest konkludenten - Rentenantragstellung im Oktober 2013, § 300 SGB VI.
In der damit anwendbaren Fassung des § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI vom 22.07.2009 bis 30.06.2014 ist geregelt, dass Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen sind, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt werden wie die Kindererziehung nach dem SGB VI.
An einer solchen Gleichwertigkeit bestehen keine Zweifel. Maßgeblich ist hierfür der Rechtszustand zum Zeitpunkt der Ruhegehaltsbestimmung, hier also zum 31.08.2008. § 50 Buchst a BeamtVG des Bundes in der Fassung vom 20.12.2001 regelte in Abs 1: Hat ein Beamter ein nach dem 31. Dezember 1991 geborenes Kind erzogen, erhöht sich sein Ruhegehalt für jeden Monat einer ihm zuzuordnenden Kindererziehungszeit um einen Kindererziehungszuschlag nach Maßgabe dieses Gesetzes. Dies gilt nicht, wenn der Beamte wegen der Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig (§ 3 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) war und die allgemeine Wartezeit für eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt ist. In § 50 Buchst a Abs 2 BeamtVG des Bundes ist geregelt: Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten, spätestens jedoch mit dem Ablauf des Monats, in dem die Erziehung endet.
Damit steht eine systembezogene Gleichwertigkeit fest. Nicht erforderlich ist eine betragsmäßige Auswirkung der Kindererziehungszeiten in gleicher Höhe. Ab dem 01.07.2014 hat der Gesetzgeber deklaratorisch in § 56 Abs 4 SGB VI ausgeführt, dass eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt. § 50a BeamtVG wurde im Zuge des Übergangs der entsprechenden Gesetzgebungskompetenz mit Wirkung zum 01.06.2013 in das Landesbeamtenversorgungsgesetz NRW überführt, ohne dass sich eine inhaltlich wesentliche Änderung ergeben hätte.
Die Voraussetzungen für die Erfassung der Kindererziehungszeiten bei der beamtenrechtlichen Versorgung lagen auch vor. Die Klägerin hat vorliegend die allgemeine Wartezeit erfüllt und sie war auch nicht wegen der Kindererziehung versicherungspflichtig nach § 3 Satz 1 Nr 1 SGB VI. Denn sie war als Beamtin auf Lebenszeit nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB VI versicherungsfrei.
Selbst wenn man der Erwägung folgen wollte, dass die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen sei, als ob sie zum 31.08.2008 einen Rentenantrag bei der Beklagten gestellt hätte, und damit § 56 SGB VI in der vor dem 22.07.2009 geltenden Fassung zur Anwendung käme, ergäbe sich kein günstigeres Ergebnis.
§ 56 Abs 4 Nr 2 SGB VI in der vor dem 22.07.2009 maßgeblichen Fassung regelte, dass Kindererziehungszeiten für solche Erziehungspersonen ausgeschlossen waren, die während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs 1 und 4 genannten Personen gehörten und nach dieser Zeit nicht nachversichert worden sind. § 5 Abs 1 SGB VI regelte zum maßgeblichen Zeitpunkt, dass versicherungsfrei unter anderem Beamte und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst sind. Von diesem Ausschluss machte das Bundessozialgericht (Urteil vom 31.01.2008 - B 13 R 64/06 R) lediglich für den Fall eine Ausnahme, dass in einer berufsständischen Versorgung Zeiten der Kindererziehung im Verhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht annähernd gleichwertig berücksichtigt würden. Jedenfalls für nach dem 01.01.1992 geborene Kinder bestehen aber an der annähernden Gleichwertigkeit der Berücksichtigung, wie ausgeführt, keine Zweifel.
bb)
Aufgrund dieser Erwägungen ist auch eine Streckung des 5-Jahreszeitraums durch Kinderberücksichtigungszeiten ausgeschlossen. Nach § 43 Abs 4 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung u.a. um Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind. § 57 Satz 1 SGB VI bestimmt: Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr ist bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Die Voraussetzungen einer Kindererziehungszeit sind nach den vorstehenden Erwägungen für den Zeitraum vom 11.04.2004 (Geburt der Tochter) bis zum Eintritt der Erwerbsminderung (31.08.2008) ebenfalls zu verneinen.
b)
Einfachgesetzliche Tatbestände der Entbehrlichkeit der Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.
Es ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu suspendieren. Es war gerade die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 verfolgte Zielsetzung, u.a. diejenigen von dem Bezug einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit auszuschließen, die aufgrund des Eintritts in ein anderes Sicherungssystem keine weiteren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet haben. Das BVerfG hat die Schaffung dieser zusätzlichen Anspruchsvoraussetzung als verfassungsgemäß und insbesondere mit der Eigentumsgarantie des Art 14 des Grundgesetzes (GG) für vereinbar erachtet (Beschluss vom 08. April 1987 - 1 BvR 564/84, 1 BvR 684/84, 1 BvR 877/84, 1 BvR 886/84, 1 BvR 1134/84, 1 BvR 1636/84, 1 BvR 1711/84 -, BVerfGE 75, 78-107). Die von der Klägerin zurückgelegten Versicherungszeiten sind im Übrigen nicht vollständig verloren. Sie bilden die Grundlage für einen Anspruch auf Altersrente.
Die Klägerin hat sich freiwillig entschieden, in das System der Beamtenversorgung zu wechseln. Ob im Rahmen der Beamtenversorgung der Klägerin eine weitergehende Berücksichtigung der in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten erfolgen muss, ist eine vom Verwaltungsgericht zu klärende Frage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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