Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 10 R 311/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 300/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.3.2015 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 106.466,14 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 24.2.2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2.5.2014 in der Fassung des Bescheides vom 7.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015, mit welchem diese sie auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen nebst Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 425.864,57 Euro in Anspruch nimmt.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine im Jahr 1999 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die derzeit in das Handelsregister des Amtsgerichts (AG) E unter der Registernummer HRB 000 eingetragen ist und über ein Stammkapital von 30.000,00 Euro verfügt. Unternehmensgegenstand ist die Marktforschung, Prognose und Informationstechnik aller Art.
Im März 2012 wurde die Q3 UG (haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital von 1.000,00 Euro gegründet und im April 2012 in das Handelsregister des AG E (HRB 000) mit dem Unternehmensgegenstand der Datenerhebung und Telefondienstleistung zum Zwecke der Marktforschung eingetragen. Im Oktober 2012 nahm sie - nach Angaben der Antragstellerin - ihre Geschäftstätigkeit auf, und die Tätigkeit der Telefoninterviewer wurde von der Antragstellerin auf diese verlagert. Geschäftsführer beider Gesellschaften waren jeweils die Herren H und von X. Beide sind derzeit allerdings im Rahmen der unter dem 29.6.2015 eingetragenen Auflösung der UG zu deren Liquidatoren bestellt worden.
Sie sind darüber hinaus Geschäftsführer in der im Oktober 2013 gegründeten Q1 GmbH (AG E HRB 000), deren Unternehmensgegenstand die empirische Marketing-, Markt- und Sozialforschung sowie der Abschluss aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte ist.
Ein maßgebliches Tätigkeitsfeld der Antragstellerin lag in der Durchführung von Telefoninterviews. Für diese Befragungen setzte sie Interviewer ein. In dem streitigen Zeitraum waren neben 11 festangestellten Mitarbeitern etwa 500 freiberufliche Interviewer für die Antragstellerin tätig, die überwiegend (zu etwa 80% oder mehr) im Telefonstudio der Antragstellerin an 21 computergestützten Telefonarbeitsplätzen telefonische Befragungen durchführten. Die Antragstellerin warb auf ihrer damaligen Internetpräsenz (www.Q.de/de/Unternehmen.html, Ausdruck vom 22.9.2011) damit, dass mit ständigem Sichtkontakt zu den Interviewern und permanenter persönlicher Präsenz im Studio ihre erfahrene Studioleitung den ordnungsgemäßen und zielführenden Ablauf der Studien sicherstelle. Über die Steuerung und Kontrolle des Interviewerstabes hinaus liege ein weiterer Auftrag der Studienleitung in der Weiterentwicklung und Motivierung der Interviewer. Für die durchzuführenden Befragungen schloss die Antragstellerin mit den Interviewern Rahmenverträge, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Im Jahr 2011 fand bei der Antragstellerin eine turnusmäßige Betriebsprüfung statt, im Rahmen derer die Antragsgegnerin zur Überprüfung der Interviewer 20 dieser Personen Fragebögen zur sozialversicherungsrechtlichen Feststellung übersandte, deren Beantwortung ihre Zweifel an der Einordnung als selbständige Tätigkeit weckten. Aus diesem Grund informierte die Antragsgegnerin im November 2011 das Hauptzollamt (HZA) E Finanzkontrolle Schwarzarbeit, welches weitere Ermittlungen durchführte, die schließlich in ein Ermittlungsverfahren (170 Js 1979/12) bei der Staatsanwaltschaft (StA) E mündeten. Die StA E erhob unter dem 29.10.2014 gegen die Geschäftsführer der Antragstellerin Anklage. Das Verfahren wurde im Jahr 2015 vorläufig durch das AG E (762 Ls - 170 Js 1979/12 - 149/14) nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) gegen eine Auflage eingestellt.
Nach Auswertung der Ermittlungen des HZA hörte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18.2.2014 die Antragstellerin zur beabsichtigten Nachforderung der Beitragsrückstände sowie Säumniszuschläge an. Es sei von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Interviewer bei der Antragstellerin auszugehen. Zwar werde diese in den geschlossenen Rahmenverträgen als selbständige Tätigkeit zum Zwecke der Marktforschung bezeichnet, allerdings gebe die Antragsstellerin aufgrund interner schriftlicher Anweisungen die Art und Weise der Tätigkeit vor und belasse den Interviewern keinen Handlungsspielraum zu einer inhaltlich freien Gestaltung des Interviews. Versicherungsrechtliche Besonderheiten (Studenten, Rentnereigenschaft, Geringfügigkeit etc.) seien berücksichtigt worden. Im Übrigen sei bei der Berechnung des Arbeitsentgeltes von der Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) auszugehen. Die Beiträge seien zudem nicht verjährt und Säumniszuschläge seien zu erheben. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Anhörung Bezug genommen.
Die Antragstellerin widersprach der beabsichtigten Bescheiderteilung und trug vor, dass die Interviewer keine abhängig Beschäftigten seien. Die zitierten Arbeitsanweisungen seien entweder nie oder in den letzten Jahren nicht mehr in Kraft gewesen. Der Ort der Leistungserbringung ergebe sich aus der Natur der Sache und sei nicht entscheidend für die Abgrenzung. Auch die Qualitätskontrolle und die inhaltlichen Vorgaben seien keine tauglichen Abgrenzungskriterien. Alle Interviewer hätten über das Ob und Wann frei entscheiden können. Schichtzeiten hätten sie nicht einhalten müssen. Die Anwesenheitslisten hätten lediglich organisatorischen Sinn. Im Übrigen werde auf die Branchenüblichkeit der selbständigen Telefoninterviewer verwiesen. Eine Hochrechnung bei geringfügig Beschäftigten nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV dürfe nicht stattfinden. Zudem könne der Antragstellerin kein Vorsatz vorgeworfen werden. Sie habe sich durchgehend steuer- und sozialversicherungsrechtlich beraten lassen. In dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 15.2.2005 sei ausdrücklich der Hinweis aufgenommen worden, dass die Anwendung für die Honorarkräfte ab Januar 2005 kreditorisch zu erfassen sei. Die Einführung einer Arbeitsplatzmiete sei auf Rat des Betriebsprüfers erfolgt. Im Betriebsprüfungsbericht vom 9.11.2011 über den Zeitraum 2007 bis 2010 sei die Tätigkeit der Interviewer nicht beanstandet worden.
Mit Bescheid vom 2.5.2014 forderte die Antragsgegnerin Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge für den Prüfzeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2012 in Höhe von 426.388,52 Euro inkl. Säumniszuschläge in Höhe von 150.930,00 Euro nach. Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Begründung aus dem Anhörungsschreiben verwies sie ergänzend darauf, dass eine wesentliche Deckung der genannten Arbeitsanweisungen mit den Zeugenvernehmungen festzustellen sei. Dafür, dass auch im Prüfungszeitraum schriftliche Arbeitsanweisungen zu befolgen gewesen seien, werde auf das Merkblatt "Q3" und den Leitfaden "Neue Arbeitsweise ab dem 1.10.2012 (Q3) Übersicht an die SL" verwiesen. Eine Hochrechnung sei für geringfügig Beschäftigte nicht vorgenommen worden. Die Vertretung durch einen Steuerberater schließe vorsätzliches Handeln nicht zwingend aus. Im Bescheid vom 9.11.2011 sei unter dem Gliederungspunkt "Interviewer" ausdrücklich mitgeteilt worden, dass bezüglich der versicherungsrechtlichen Beurteilung dieser Gruppe gegebenenfalls ein gesonderter Bescheid ergehen würde.
Gegen den Bescheid erhob die Antragstellerin unter dem 30.5.2014 Widerspruch und beantragte zudem die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Dies sei wegen der sonst zu befürchtenden Insolvenz der Antragstellerin unabdingbar.
Zur Begründung ihres Widerspruches verwies sie unter anderem darauf, dass die Antragstellerin seit 2002 durch Betriebsprüfungen im sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtlichen Bereich ohne Beanstandungen des freiberuflichen Honorarstatus der Telefoninterviewer überprüft worden sei. Ein Rückgriff auf einen Pool von freiberuflichen Telefoninterviewern sei zudem branchenüblich. Im Hinblick auf die durchgeführten Vorprüfungen und die engmaschige rechtliche Beratung eines anerkannten Büros sei die vorgenommene Kriminalisierung durch den Vorwurf der vorsätzlichen Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben nicht nachzuvollziehen. Die tatsächlich gelebten Auftragsverhältnisse seien zudem unberücksichtigt geblieben. Die konkrete Vorgabe von methodischen Standards sei in der Marktforschung zwingende Voraussetzung. Im Übrigen sei auch aus anderen Gründen teilweise rechtsfehlerhaft Versicherungspflicht bei den Interviewern angenommen worden. Auf die der Widerspruchsbegründung anliegenden Schreiben wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 7.1.2015 errechnete die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Studentenstellung von Herrn S eine Forderungsminderung von 523,95 Euro. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.1.2015 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Antragstellerin am 24.2.2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben (S 10 R 319/15) und am 25.2.2015 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass sie sich - während die Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status der Telefoninterviewer letztlich einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse - im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes maßgeblich gegen die Höhe der nachzuentrichtenden Beiträge wende, die nicht korrekt berechnet worden seien. Die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) enthebe die Antragsgegnerin nicht von der Verpflichtung, eigene Ermittlungen zu der Frage anzustellen, ob eine illegale Beschäftigung mit zumindest bedingtem Vorsatz des Auftraggebers vorliege. Aus den unbeanstandeten Prüfungen in der Vergangenheit könne die Antragstellerin Vertrauensschutz ableiten. Im Übrigen müsse die Aussetzung der Vollziehung auch zur Vermeidung einer nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte erfolgen, da eine Beitreibung der strittigen Beiträge zur Sozialversicherung unausweichlich zur Insolvenz der Antragstellerin führe. Zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben hat die Antragstellerin Stellungnahmen der Steuerberatungskanzlei T und C überreicht.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 24.2.2015 gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.5.2014 in der Gestalt des Bescheides vom 7.1.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig gehalten. Eine Aussetzung der Vollstreckung sei nicht geboten. Ergänzend hat sie darauf verwiesen, dass nur für etwa 1/3 der Arbeitnehmer eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorgenommen worden sei. Mehr als die Hälfte der Forderung beruhe auf geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, und in diesen Fällen sei nicht hochgerechnet worden. Es würden auch keine Beiträge über den vierjährigen Verjährungszeitraum des § 25 SGB IV hinaus beansprucht.
Mit Beschluss vom 30.3.2015 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Zunächst könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass im streitigen Zeitraum die Tätigkeit der Telefoninterviewer als selbständige Tätigkeit einzustufen sei. Bereits den Ausführungen der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 22.1.2015 sei zu entnehmen, dass sich die Telefoninterviewer innerhalb eines relativ engen Weisungsrechtes bewegten und sich in die Arbeitsabläufe der Antragstellerin im Telefonstudio integrieren müssten, was bereits durch den Zweck und das Ziel ihrer Tätigkeiten belegt werde. Telefoninterviews könnten nur zu verwertbaren Ergebnissen führen, wenn die Gestaltung und Vorgehensweise genau vorgegeben seien. Bereits nach eigenen Angaben der Antragstellerin würden daher Einführungsveranstaltungen in konkrete Projekte und Schulungen zwingend durchgeführt. Projektbezogen vorgegebene Fragebögen und der dadurch vorgeschrieben Ablauf konkretisierten die Weisungsgebundenheit und die Integration in den Betrieb der Antragstellerin. Der Vortrag, es habe einem Teil der Telefoninterviewer freigestanden, zu Hause zu arbeiten, rechtfertige im Rahmen der vorliegenden summarischen Entscheidung keine abweichende Beurteilung. Es ergebe sich bereits nicht aus dem Sachverhalt, ob und in welchen Fällen dies tatsächlich geschehen sei. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass im Rahmen der festgestellten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV als überwiegend fehlerhaft anzusehen sei. Die Antragstellerin habe zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten verletzt. Sie habe zudem eine Verletzung der Arbeitgeberpflichten zumindest billigend in Kauf genommen. Vertrauensschutz aus vorangegangenen unbeanstandeten Prüfungen durch die Finanzverwaltung und die Antragsgegnerin könne sie nicht herleiten. Entsprechendes gelte auch für die Gutgläubigkeit nach steuerrechtlicher Beratung. Die Antragsgegnerin habe zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Eine unbillige Härte sei nicht festzustellen. Im Übrigen wird auf die Gründe Bezug genommen.
Gegen den der Antragstellerin am 1.4.2015 zugestellten Beschluss hat diese am 13.4.2015 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das SG insbesondere auf die Frage des Vertrauensschutzes nicht hinreichend eingegangen sei. Weder der Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V. habe für den Zeitraum 2007 bis 2012 darauf hingewiesen, dass die Betriebsprüfung zur Frage des Status der Telefoninterviewer eine andere Ansicht vertreten habe als zuvor, noch sei anderweitig für die Antragstellerin erkennbar gewesen, dass die gesetzliche Rentenversicherung seit November 2009 Telefoninterviewer im Regelfall als abhängig Beschäftigte einstufe (Aktenvermerk des HZA E vom 22.11.2012). Vielmehr sei in der vorangegangenen Betriebsprüfung bezogen auf den Prüfzeitraum Januar 2003 bis Dezember 2006 die Praxis bei der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin nicht beanstandet worden. Der damalige Betriebsprüfer, Herr E, habe sich auch mit dieser Frage befasst, da er den für den damaligen Prüfzeitraum bereits vorliegenden Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes eingesehen habe, in welchem die Problematik angesprochen worden sei. Er habe erklärt, dass er keine Einwendungen gegen die Behandlung der Honorare habe. Die später eingeführte sog. Arbeitsplatzmiete gehe zudem auf eine Anregung des Herrn E zurück. Zur Glaubhaftmachung reicht die Antragstellerin diesbezüglich eine eidesstattliche Erklärung des Steuerberaters vom 9.4.2015 ein.
Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf eine stichprobenartige Betriebsprüfung zurückziehen, denn es mache keinen Sinn in einem Unternehmen, in welchem nur in einem geringen Umfang sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und im Übrigen ausschließlich Honorarkräfte tätig seien, letztgenannte Gruppe nicht zu überprüfen. Soweit sich die Antragsgegnerin weiterhin auf eine stichprobenartige Prüfung berufe, sei davon auszugehen, dass diese nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Es sei schließlich ihre Aufgabe, für eine vollständige Verbeitragung aus allen Beschäftigungsverhältnissen zu sorgen. Unter Vorlage eines weiteren Lohnsteuerprüfberichtes vom 22.6.2015 des Finanzamtes E Ost verweist sie darauf, dass wiederholt die Finanzverwaltung die Praxis der Antragstellerin anerkannt habe. Im Übrigen werde auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 18.6.2015 (VI R 77/12) hingewiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.3.2015 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 24.2.2015 gegen den Bescheid vom 2.5.2014 und 7.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss. In der Betriebsprüfung im Jahre 2007 seien keine Feststellungen zu den Telefoninterviewern getroffen worden. Es gebe auch keine Nachweise, dass der Prüfer, Herr E, derartige Aussagen wie behauptet getroffen haben solle. Die steuerrechtliche Einschätzung habe keinen unmittelbaren Einfluss auf die vorliegend zu treffende Beurteilung. Auf Vertrauensschutz könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Diesbezüglich sei auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 30.10.2013 (B 12 AL 2/11 R) zu verweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren vor dem SG Dortmund S 10 R 319/15 und die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das SG Dortmund die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 24.2.2015 gegen den Beitragsbescheid vom 2.5.2014 und 7.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 abgelehnt. Denn es ist nach summarischer Prüfung zutreffend davon ausgegangen worden, dass dieser Bescheid sich in der Hauptsache voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird. Der Senat schließt sich der Beurteilung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG, § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
2. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.
a) Soweit das SG im Rahmen der im Eilrechtschutz gebotenen summarischen Prüfung davon ausgegangen ist, dass mehr für als gegen eine Einordnung der Interviewer in den Status einer abhängigen Beschäftigung spricht, ist die Antragstellerin dem im Rahmen ihres Beschwerdevorbringens nicht entgegengetreten, sondern hat stattdessen diese Frage der Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen. Aus ihrer Bezugnahme auf das Urteil des BFH v. 18.6.2015 (VI R 77/12, juris) folgt nichts anders. Zudem hat der BFH darin ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln mangels ausreichender Berücksichtigung aller Umstände des dortigen Einzelfalls (maßgeblich zur Frage eines unternehmerischen Risikos) im Rahmen einer Gesamtwürdigung aufgehoben und zurückverwiesen. Inwiefern der dort zur Entscheidung stehende mit dem hiesigen Sachverhalt in vertraglicher und tatsächlicher Ausgestaltung vergleichbar ist, trägt die Antragstellerin nicht vor.
b) Die Antragsgegnerin hat zudem berücksichtigt, dass ab Oktober 2012 die Antragstellerin ihr vorliegend maßgebliches Geschäftsfeld auf die Q3 UG (haftungsbeschränkt) verlagert hat. Für die seitens der Antragstellerin benannten Interviewer, die ab Oktober 2012 für diese Gesellschaft auf Basis von geänderten Rahmenverträgen tätig geworden sind, wurden ab diesem Zeitraum keine Nachforderungen mehr erhoben.
c) Es ist ferner nicht ersichtlich, dass sich die Antragstellerin auf einen Vertrauensschutz berufen kann. Ein solcher folgt weder aus den zuvor durchgeführten Betriebsprüfungen noch aus der steuerrechtlichen Beurteilung durch das Finanzamt.
aa) Zur Annahme eines durch eine vorangegangene Betriebsprüfung resultierenden Vertrauensschutzes der Antragstellerin genügt nicht die Tatsache, dass es in dieser zu keinen Beanstandungen gekommen ist, wenn in ihr die Tätigkeit der Interviewer nicht konkreter Gegenstand der jeweiligen Prüfungen gewesen ist.
Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 8 R 203/09, juris; Scheer in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p Rdnr. 100; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 981/12, juris). Bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen besteht demnach keine Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) oder kein vertrauensbegründendes (Verwirkungs-)Verhalten des prüfenden Versicherungsträgers (zum Ganzen: BSG, Urteile v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R und 30.10.2013, a.a.O., jeweils juris). Soweit der zuständige Rentenversicherungsträger bei einer vorangegangenen Arbeitgeberprüfung einen bestimmten Sachverhalt (z.B. die Tätigkeit eines bestimmten Versicherten) nicht ausdrücklich überprüft hat, enthält deshalb ein zu dieser Arbeitgeberprüfung ergangener Bescheid keine Regelung und demzufolge auch keine begünstigende Regelung dahin, dass alle nicht im einzelnen geprüften Sachverhalte den rechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entsprechen. Deshalb bedarf es bei einer Nachforderung für einen von der vorangegangenen Prüfung umfassten Zeitraum auch keiner Aufhebung des vorangegangenen Prüfbescheids nach §§ 45 oder 48 SGB X (Hessisches LSG, Beschluss v. 23.4.2012, L 1 KR 95/12 B ER, Senat, Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; juris; Senat, Urteil v. 25.11.2015, L 8 R 538/14, juris).
(1) Dabei sind die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in Kleinbetrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Ein Hinweis im Bescheid, dass die Prüfung nur stichprobenhaft erfolge, ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 R 7/14 R, Terminsbericht Nr. 49/15). Wenn die Antragstellerin eine Prüfung der Interviewer bereits im vorangegangenen Prüfzeitraum gewünscht hätte, hätten ihr entsprechende Statusverfahren nach §§ 7a, 28h SGB IV auch über die Betriebsprüfung hinaus zur Verfügung gestanden.
(2) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 15.2.2005 (Prüfzeitraum 1.1.2002 bis 31.12.2004) im Betriebsprüfungsbescheid vom 14.8.2007 (Prüfzeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2006) erwähnt worden ist. Denn auch daraus folgt nicht, dass durch die Antragsgegnerin eine Statusprüfung der Interviewer vorgenommen worden ist, die regelnd im Bescheid ihren Niederschlag gefunden hat.
Die Antragstellerin verweist diesbezüglich auf eine Versicherung an Eides statt ihres damaligem Steuerberaters vom 9.4.2015, nach deren Inhalt der Betriebsprüfer keine Beanstandungen hinsichtlich der Beurteilung der Interviewer gemacht habe. Sie beruft sich damit auf eine mündlich erteilte rechtliche Einschätzung des Betriebsprüfers. Es ist zu bezweifeln, ob diese überhaupt in der Lage ist, Vertrauensschutz zu gewähren, nachdem nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5) bereits Prüfmitteilungen ggf. schon deshalb keinen Vertrauensschutz auslösen können, weil sie generell nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind. Etwas anderes dürfte dann für eine mündliche Rechtsauskunft, der kein Regelungscharakter zukam, auch nicht gelten.
Dies bedarf indes im einstweiligen Rechtsschutz keiner abschließenden Entscheidung, denn die Antragsgegnerin ist einer diesbezüglichen Auskunft ihres Betriebsprüfers vehement entgegengetreten. Sie verweist darauf, dass sich eine entsprechende status- und beitragsrechtliche Prüfung der Interviewer nicht im daraufhin erlassenen Bescheid wiederfindet. Die weitere Sachaufklärung - insbesondere ggf. erforderliche zeugenschaftliche Vernehmungen und die Beiziehung des Protokolls der Schlussbesprechung - bleiben dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dass allerdings im Rechtsbehelfsverfahren noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, führt nicht dazu, dass die Beschwerde der Antragstellerin Erfolg hat und es zu einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; juris, jeweils m.w.N.).
bb) Auch durch Lohnsteueraußenprüfungen des Finanzamtes ist die Antragsgegnerin nicht gebunden, auch wenn diese von selbständigen Tätigkeiten der fraglichen Beschäftigten ausgegangen sein sollten. Denn es besteht zwischen arbeits- und sozialrechtlicher Einordnung von Einkünften einerseits und steuerrechtlicher andererseits ebenso wenig eine Bindung wie im umgekehrten Fall (LSG Hamburg, Urteil v. 10.12.2012, L 2 R 13/09, juris m.w.N.).
d) Die von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente gegen die Höhe der Beitragsforderung rechtfertigen ebenfalls keinen Erfolg der Beschwerde. Es spricht nicht mehr gegen als für die durch die Antragsgegnerin durchgeführte Berechnung.
aa) Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten bei diversen Interviewern, die ggf. Versicherungsfreiheitstatbestände begründen könnten, nicht berücksichtigt worden sind, obliegt es grundsätzlich dem Arbeitgeber, die maßgeblichen Umstände, die versicherungsfreie Tatbestände begründen können, aufzuzeichnen und entsprechende Meldungen vorzunehmen, (vgl. §§ 28a, 28f SGB IV). Daher hätte es der Antragstellerin oblegen, konkret darzulegen, bezüglich welcher weiteren Personen in welcher Hinsicht Unrichtigkeiten bestehen. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung lassen sich Fehler in der Berechnung der Beitragsforderung zulasten der Antragstellerin nicht feststellen (zum Prüfungsmaßstab vgl. Senat, Beschluss v. 3.7.2015, L 8 R 672/14 B ER, juris).
bb) Es spricht auch mehr dafür als dagegen, dass von einer fiktiven Nettolohnvereinbarung ausgegangen werden kann. Dabei hat die Antragsgegnerin bereits zu Recht darauf verwiesen, dass sie in den antragstellerseitig beanstandeten Fällen keine Hochrechnung vorgenommen habe. Dagegen hat die Antragstellerin keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben.
(1) Wenn nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart ist, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Demgegenüber gilt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, für die Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind, ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Dabei ist objektiv erforderlich, dass zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt und subjektiv diese Pflichtverletzung zumindest bedingt vorsätzlich begangen worden ist (BSG Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13; Senat, Beschluss v. 29.4.2014, L 8 R 752/13 B ER; Senat, Beschluss v. 23.6.2014, L 8 R 206/13 B ER).
(2) Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin gegen die aus §§ 28a Abs. 1, 28e Abs. 1 SGB IV folgende Pflicht zur Meldung und Beitragszahlung verstoßen hat. Zudem spricht mehr dafür als dagegen, dass auch von einer zumindest bedingt vorsätzlich begangenen Pflichtverletzung auszugehen ist. Es genügt, dass der Arbeitgeber seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Hiervon ist aber vorliegend im Rahmen der summarischen Prüfung schon allein deswegen auszugehen, da der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte von Gewicht für das Vorliegen von selbständigen Tätigkeiten bietet.
(3) Soweit sich die Antragstellerin auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum beruft, ist dem nicht zu folgen. Die Einordnung der tätigen Personen als abhängig Beschäftigte oder Selbständige ist bei - wie hier - personalintensiven Unternehmen eine wesentliche Grundfrage für die weitere sozialversicherungsrechtliche Behandlung. Vor diesem Hintergrund ist das Unterlassen der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Möglichkeit, eine Klärung des Status nach §§ 7a, 28h Abs. 2 SGB IV herbeizuführen, als ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen von bedingtem Vorsatz zu sehen (vgl. BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O. BFH, Urteil v. 29.5.2008, VI R 11/07, juris).
Zudem ist nicht ersichtlich, wonach ein Arbeitgeber bis zur Mitteilung einer geänderten Entscheidungspraxis durch die Einzugsstelle bzw. den prüfenden Rentenversicherungsträger auf den auch zukünftigen Beibehalt der ursprünglich vertretenen dortigen Rechtsansicht vertrauen kann. Dies gilt umso mehr als es sich bei der Beurteilung des Status um Entscheidungen handelt, die stets auf Basis einer Einzelfallbetrachtung ergehen. Darüber hinaus hätten sich bei einer Auswertung der Praxis der Gerichte gerade auch Entscheidungen gefunden, die die Rechtsansicht der Antragstellerin nicht teilten (z.B. BFH, Urteil v. 29.5.2008, a.a.O., juris Rdnr. 14ff. [abhängig beschäftigte Telefoninterviewer]; Landesarbeitsgericht [LArbG] Hamm, Urteil v. 3.4.2007, 19 Sa 2003/06, juris Rdnr. 62ff. [Telefoninterviewer im Arbeitsverhältnis], Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen [LSG NRW], Urteil v. 2.2.2006, L 16 KR 253/04, juris Rdnr. 36ff. [abhängig beschäftigte Telefoninterviewer]).
Unerheblich ist schließlich, ob weitere Meinungsforschungsinstitute und Fachverbände die Rechtsansicht der Antragstellerin teilten. Inwieweit dies den Verzicht auf die Nutzung naheliegender Instrumente der Statusklärung rechtfertigt, ist nicht ersichtlich (Senat, Beschluss v. 3.7.2015, a.a.O.).
e) Die Forderung ist auch nicht verjährt. Dabei kann zunächst nach summarischer Prüfung und derzeitigem Sach- und Rechtsstand dahinstehen, ob auch die Voraussetzungen der dreißigjährigen Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vorliegen. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig (§ 23 Abs. 1 SGB IV). Die Beiträge für Januar 2007 wären damit am 31.12.2011 verjährt. Allerdings spricht derzeit mehr dafür als dagegen, dass die Verjährung vor ihrem grundsätzlichen Ablauf durch die Antragsgegnerin wirksam gehemmt worden ist.
Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung nämlich für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Dies gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (Satz 3). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung (Satz 4).
Nach summarischer Prüfung spricht mehr dafür als dagegen, dass die Voraussetzungen einer Hemmung erfüllt sind. Die Prüfung der Antragsgegnerin begann nach dem erlassenen Bescheid am 9.11.2011. Nach § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV endet die Hemmung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides [§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)], spätestens aber sechs Kalendermonate nach Abschluss der Prüfung. Den Abschluss der Prüfung markiert zwar grundsätzlich das sog. Schlussgespräch, das die Funktion einer Anhörung i.S.d. § 24 SGB X hat. Erfolgt eine Anhörung allerdings - wie vorliegend - auf schriftlichem Wege, endet die Hemmung mit der Beendigung des Anhörungsverfahrens (vgl. Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 25 SGB IV, Rdnr. 57). Hier ist am 18.2.2014 die Anhörung auf schriftlichem Wege unter Fristsetzung bis zum 21.3.2014 erfolgt. Eine Unterbrechung der Prüfung, die in den Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin fällt, ist entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV weder ersichtlich noch seitens der Antragstellerin vorgetragen.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird entsprechend § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Hemmung beginnt mit dem Tag, an dem sich der Hemmungstatbestand verwirklicht hat, und endet mit dem Tag, an dem er weggefallen ist bzw. mit dem Tag, der ausdrücklich im Gesetz bezeichnet wird. Dabei werden der Tag, an dem der Hemmungsgrund entsteht, der Tag, an dem er entfällt, und die Tage dazwischen nicht in die Verjährung eingerechnet, die um 0 Uhr des folgenden Tages weiterläuft (OLG Köln v. 10.06.2008, 9 U 144/07, juris, Rdnr. 47). Die Hemmung endete mithin mit Ablauf des 21.3.2014. Die Verjährungsfrist lief weiter vom 22.3.2014 bis zum 14.5.2014. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 2.5.2014 waren die Beiträge für 2007 folglich noch nicht verjährt.
f) Die Verpflichtung, Säumniszuschläge zu verlangen, folgt aus § 24 Abs. 1 SGB IV. Für eine unverschuldete Nichtentrichtung der Beiträge nach § 24 Abs. 2 SGB IV bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
g) Dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen keine Anhaltspunkte. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (Senat, Beschluss v. 13.7.2011, L 8 R 287/11 B ER, juris).
Das ist vorliegend jedoch nicht glaubhaft gemacht. Es wurden lediglich die liquiden Mittel zu Beginn 2015 mitgeteilt. Die aktuellen Vermögensverhältnisse der Antragstellerin wurden nicht vorgetragen. Nach eigenen Angaben hat die Antragstellerin jedoch begonnen, Rückstellungen zu bilden. Sie hat ferner erneut die Geschäftstätigkeit von der zwischenzeitlich sich im Liquidationsverfahren befindlichen Q3 UG auf die Q1 GmbH verlagert (vgl. Internetpräsenz Q2 www.Q2-mr.de, Abruf 1.3.2016). Dem Bericht der Lohnsteueraußenprüfung vom 22.6.2015 ist zu entnehmen, dass das operative Geschäft der Antragstellerin an die Q2 mit Wirkung zum 31.10.2013 verkauft wurde, so dass bereits aus diesem Grund bei einem Abwarten eine weitere Gefährdung der Forderung nicht auszuschließen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 3, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 24.2.2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2.5.2014 in der Fassung des Bescheides vom 7.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015, mit welchem diese sie auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen nebst Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 425.864,57 Euro in Anspruch nimmt.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine im Jahr 1999 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die derzeit in das Handelsregister des Amtsgerichts (AG) E unter der Registernummer HRB 000 eingetragen ist und über ein Stammkapital von 30.000,00 Euro verfügt. Unternehmensgegenstand ist die Marktforschung, Prognose und Informationstechnik aller Art.
Im März 2012 wurde die Q3 UG (haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital von 1.000,00 Euro gegründet und im April 2012 in das Handelsregister des AG E (HRB 000) mit dem Unternehmensgegenstand der Datenerhebung und Telefondienstleistung zum Zwecke der Marktforschung eingetragen. Im Oktober 2012 nahm sie - nach Angaben der Antragstellerin - ihre Geschäftstätigkeit auf, und die Tätigkeit der Telefoninterviewer wurde von der Antragstellerin auf diese verlagert. Geschäftsführer beider Gesellschaften waren jeweils die Herren H und von X. Beide sind derzeit allerdings im Rahmen der unter dem 29.6.2015 eingetragenen Auflösung der UG zu deren Liquidatoren bestellt worden.
Sie sind darüber hinaus Geschäftsführer in der im Oktober 2013 gegründeten Q1 GmbH (AG E HRB 000), deren Unternehmensgegenstand die empirische Marketing-, Markt- und Sozialforschung sowie der Abschluss aller damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte ist.
Ein maßgebliches Tätigkeitsfeld der Antragstellerin lag in der Durchführung von Telefoninterviews. Für diese Befragungen setzte sie Interviewer ein. In dem streitigen Zeitraum waren neben 11 festangestellten Mitarbeitern etwa 500 freiberufliche Interviewer für die Antragstellerin tätig, die überwiegend (zu etwa 80% oder mehr) im Telefonstudio der Antragstellerin an 21 computergestützten Telefonarbeitsplätzen telefonische Befragungen durchführten. Die Antragstellerin warb auf ihrer damaligen Internetpräsenz (www.Q.de/de/Unternehmen.html, Ausdruck vom 22.9.2011) damit, dass mit ständigem Sichtkontakt zu den Interviewern und permanenter persönlicher Präsenz im Studio ihre erfahrene Studioleitung den ordnungsgemäßen und zielführenden Ablauf der Studien sicherstelle. Über die Steuerung und Kontrolle des Interviewerstabes hinaus liege ein weiterer Auftrag der Studienleitung in der Weiterentwicklung und Motivierung der Interviewer. Für die durchzuführenden Befragungen schloss die Antragstellerin mit den Interviewern Rahmenverträge, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Im Jahr 2011 fand bei der Antragstellerin eine turnusmäßige Betriebsprüfung statt, im Rahmen derer die Antragsgegnerin zur Überprüfung der Interviewer 20 dieser Personen Fragebögen zur sozialversicherungsrechtlichen Feststellung übersandte, deren Beantwortung ihre Zweifel an der Einordnung als selbständige Tätigkeit weckten. Aus diesem Grund informierte die Antragsgegnerin im November 2011 das Hauptzollamt (HZA) E Finanzkontrolle Schwarzarbeit, welches weitere Ermittlungen durchführte, die schließlich in ein Ermittlungsverfahren (170 Js 1979/12) bei der Staatsanwaltschaft (StA) E mündeten. Die StA E erhob unter dem 29.10.2014 gegen die Geschäftsführer der Antragstellerin Anklage. Das Verfahren wurde im Jahr 2015 vorläufig durch das AG E (762 Ls - 170 Js 1979/12 - 149/14) nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) gegen eine Auflage eingestellt.
Nach Auswertung der Ermittlungen des HZA hörte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18.2.2014 die Antragstellerin zur beabsichtigten Nachforderung der Beitragsrückstände sowie Säumniszuschläge an. Es sei von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Interviewer bei der Antragstellerin auszugehen. Zwar werde diese in den geschlossenen Rahmenverträgen als selbständige Tätigkeit zum Zwecke der Marktforschung bezeichnet, allerdings gebe die Antragsstellerin aufgrund interner schriftlicher Anweisungen die Art und Weise der Tätigkeit vor und belasse den Interviewern keinen Handlungsspielraum zu einer inhaltlich freien Gestaltung des Interviews. Versicherungsrechtliche Besonderheiten (Studenten, Rentnereigenschaft, Geringfügigkeit etc.) seien berücksichtigt worden. Im Übrigen sei bei der Berechnung des Arbeitsentgeltes von der Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) auszugehen. Die Beiträge seien zudem nicht verjährt und Säumniszuschläge seien zu erheben. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Anhörung Bezug genommen.
Die Antragstellerin widersprach der beabsichtigten Bescheiderteilung und trug vor, dass die Interviewer keine abhängig Beschäftigten seien. Die zitierten Arbeitsanweisungen seien entweder nie oder in den letzten Jahren nicht mehr in Kraft gewesen. Der Ort der Leistungserbringung ergebe sich aus der Natur der Sache und sei nicht entscheidend für die Abgrenzung. Auch die Qualitätskontrolle und die inhaltlichen Vorgaben seien keine tauglichen Abgrenzungskriterien. Alle Interviewer hätten über das Ob und Wann frei entscheiden können. Schichtzeiten hätten sie nicht einhalten müssen. Die Anwesenheitslisten hätten lediglich organisatorischen Sinn. Im Übrigen werde auf die Branchenüblichkeit der selbständigen Telefoninterviewer verwiesen. Eine Hochrechnung bei geringfügig Beschäftigten nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV dürfe nicht stattfinden. Zudem könne der Antragstellerin kein Vorsatz vorgeworfen werden. Sie habe sich durchgehend steuer- und sozialversicherungsrechtlich beraten lassen. In dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 15.2.2005 sei ausdrücklich der Hinweis aufgenommen worden, dass die Anwendung für die Honorarkräfte ab Januar 2005 kreditorisch zu erfassen sei. Die Einführung einer Arbeitsplatzmiete sei auf Rat des Betriebsprüfers erfolgt. Im Betriebsprüfungsbericht vom 9.11.2011 über den Zeitraum 2007 bis 2010 sei die Tätigkeit der Interviewer nicht beanstandet worden.
Mit Bescheid vom 2.5.2014 forderte die Antragsgegnerin Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge für den Prüfzeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2012 in Höhe von 426.388,52 Euro inkl. Säumniszuschläge in Höhe von 150.930,00 Euro nach. Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Begründung aus dem Anhörungsschreiben verwies sie ergänzend darauf, dass eine wesentliche Deckung der genannten Arbeitsanweisungen mit den Zeugenvernehmungen festzustellen sei. Dafür, dass auch im Prüfungszeitraum schriftliche Arbeitsanweisungen zu befolgen gewesen seien, werde auf das Merkblatt "Q3" und den Leitfaden "Neue Arbeitsweise ab dem 1.10.2012 (Q3) Übersicht an die SL" verwiesen. Eine Hochrechnung sei für geringfügig Beschäftigte nicht vorgenommen worden. Die Vertretung durch einen Steuerberater schließe vorsätzliches Handeln nicht zwingend aus. Im Bescheid vom 9.11.2011 sei unter dem Gliederungspunkt "Interviewer" ausdrücklich mitgeteilt worden, dass bezüglich der versicherungsrechtlichen Beurteilung dieser Gruppe gegebenenfalls ein gesonderter Bescheid ergehen würde.
Gegen den Bescheid erhob die Antragstellerin unter dem 30.5.2014 Widerspruch und beantragte zudem die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Dies sei wegen der sonst zu befürchtenden Insolvenz der Antragstellerin unabdingbar.
Zur Begründung ihres Widerspruches verwies sie unter anderem darauf, dass die Antragstellerin seit 2002 durch Betriebsprüfungen im sozialversicherungs- und lohnsteuerrechtlichen Bereich ohne Beanstandungen des freiberuflichen Honorarstatus der Telefoninterviewer überprüft worden sei. Ein Rückgriff auf einen Pool von freiberuflichen Telefoninterviewern sei zudem branchenüblich. Im Hinblick auf die durchgeführten Vorprüfungen und die engmaschige rechtliche Beratung eines anerkannten Büros sei die vorgenommene Kriminalisierung durch den Vorwurf der vorsätzlichen Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben nicht nachzuvollziehen. Die tatsächlich gelebten Auftragsverhältnisse seien zudem unberücksichtigt geblieben. Die konkrete Vorgabe von methodischen Standards sei in der Marktforschung zwingende Voraussetzung. Im Übrigen sei auch aus anderen Gründen teilweise rechtsfehlerhaft Versicherungspflicht bei den Interviewern angenommen worden. Auf die der Widerspruchsbegründung anliegenden Schreiben wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 7.1.2015 errechnete die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Studentenstellung von Herrn S eine Forderungsminderung von 523,95 Euro. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.1.2015 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Antragstellerin am 24.2.2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben (S 10 R 319/15) und am 25.2.2015 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass sie sich - während die Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status der Telefoninterviewer letztlich einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse - im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes maßgeblich gegen die Höhe der nachzuentrichtenden Beiträge wende, die nicht korrekt berechnet worden seien. Die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) enthebe die Antragsgegnerin nicht von der Verpflichtung, eigene Ermittlungen zu der Frage anzustellen, ob eine illegale Beschäftigung mit zumindest bedingtem Vorsatz des Auftraggebers vorliege. Aus den unbeanstandeten Prüfungen in der Vergangenheit könne die Antragstellerin Vertrauensschutz ableiten. Im Übrigen müsse die Aussetzung der Vollziehung auch zur Vermeidung einer nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte erfolgen, da eine Beitreibung der strittigen Beiträge zur Sozialversicherung unausweichlich zur Insolvenz der Antragstellerin führe. Zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben hat die Antragstellerin Stellungnahmen der Steuerberatungskanzlei T und C überreicht.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 24.2.2015 gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.5.2014 in der Gestalt des Bescheides vom 7.1.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig gehalten. Eine Aussetzung der Vollstreckung sei nicht geboten. Ergänzend hat sie darauf verwiesen, dass nur für etwa 1/3 der Arbeitnehmer eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorgenommen worden sei. Mehr als die Hälfte der Forderung beruhe auf geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, und in diesen Fällen sei nicht hochgerechnet worden. Es würden auch keine Beiträge über den vierjährigen Verjährungszeitraum des § 25 SGB IV hinaus beansprucht.
Mit Beschluss vom 30.3.2015 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Zunächst könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass im streitigen Zeitraum die Tätigkeit der Telefoninterviewer als selbständige Tätigkeit einzustufen sei. Bereits den Ausführungen der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 22.1.2015 sei zu entnehmen, dass sich die Telefoninterviewer innerhalb eines relativ engen Weisungsrechtes bewegten und sich in die Arbeitsabläufe der Antragstellerin im Telefonstudio integrieren müssten, was bereits durch den Zweck und das Ziel ihrer Tätigkeiten belegt werde. Telefoninterviews könnten nur zu verwertbaren Ergebnissen führen, wenn die Gestaltung und Vorgehensweise genau vorgegeben seien. Bereits nach eigenen Angaben der Antragstellerin würden daher Einführungsveranstaltungen in konkrete Projekte und Schulungen zwingend durchgeführt. Projektbezogen vorgegebene Fragebögen und der dadurch vorgeschrieben Ablauf konkretisierten die Weisungsgebundenheit und die Integration in den Betrieb der Antragstellerin. Der Vortrag, es habe einem Teil der Telefoninterviewer freigestanden, zu Hause zu arbeiten, rechtfertige im Rahmen der vorliegenden summarischen Entscheidung keine abweichende Beurteilung. Es ergebe sich bereits nicht aus dem Sachverhalt, ob und in welchen Fällen dies tatsächlich geschehen sei. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass im Rahmen der festgestellten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV als überwiegend fehlerhaft anzusehen sei. Die Antragstellerin habe zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten verletzt. Sie habe zudem eine Verletzung der Arbeitgeberpflichten zumindest billigend in Kauf genommen. Vertrauensschutz aus vorangegangenen unbeanstandeten Prüfungen durch die Finanzverwaltung und die Antragsgegnerin könne sie nicht herleiten. Entsprechendes gelte auch für die Gutgläubigkeit nach steuerrechtlicher Beratung. Die Antragsgegnerin habe zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Eine unbillige Härte sei nicht festzustellen. Im Übrigen wird auf die Gründe Bezug genommen.
Gegen den der Antragstellerin am 1.4.2015 zugestellten Beschluss hat diese am 13.4.2015 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das SG insbesondere auf die Frage des Vertrauensschutzes nicht hinreichend eingegangen sei. Weder der Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V. habe für den Zeitraum 2007 bis 2012 darauf hingewiesen, dass die Betriebsprüfung zur Frage des Status der Telefoninterviewer eine andere Ansicht vertreten habe als zuvor, noch sei anderweitig für die Antragstellerin erkennbar gewesen, dass die gesetzliche Rentenversicherung seit November 2009 Telefoninterviewer im Regelfall als abhängig Beschäftigte einstufe (Aktenvermerk des HZA E vom 22.11.2012). Vielmehr sei in der vorangegangenen Betriebsprüfung bezogen auf den Prüfzeitraum Januar 2003 bis Dezember 2006 die Praxis bei der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin nicht beanstandet worden. Der damalige Betriebsprüfer, Herr E, habe sich auch mit dieser Frage befasst, da er den für den damaligen Prüfzeitraum bereits vorliegenden Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes eingesehen habe, in welchem die Problematik angesprochen worden sei. Er habe erklärt, dass er keine Einwendungen gegen die Behandlung der Honorare habe. Die später eingeführte sog. Arbeitsplatzmiete gehe zudem auf eine Anregung des Herrn E zurück. Zur Glaubhaftmachung reicht die Antragstellerin diesbezüglich eine eidesstattliche Erklärung des Steuerberaters vom 9.4.2015 ein.
Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf eine stichprobenartige Betriebsprüfung zurückziehen, denn es mache keinen Sinn in einem Unternehmen, in welchem nur in einem geringen Umfang sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und im Übrigen ausschließlich Honorarkräfte tätig seien, letztgenannte Gruppe nicht zu überprüfen. Soweit sich die Antragsgegnerin weiterhin auf eine stichprobenartige Prüfung berufe, sei davon auszugehen, dass diese nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Es sei schließlich ihre Aufgabe, für eine vollständige Verbeitragung aus allen Beschäftigungsverhältnissen zu sorgen. Unter Vorlage eines weiteren Lohnsteuerprüfberichtes vom 22.6.2015 des Finanzamtes E Ost verweist sie darauf, dass wiederholt die Finanzverwaltung die Praxis der Antragstellerin anerkannt habe. Im Übrigen werde auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 18.6.2015 (VI R 77/12) hingewiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 30.3.2015 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 24.2.2015 gegen den Bescheid vom 2.5.2014 und 7.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss. In der Betriebsprüfung im Jahre 2007 seien keine Feststellungen zu den Telefoninterviewern getroffen worden. Es gebe auch keine Nachweise, dass der Prüfer, Herr E, derartige Aussagen wie behauptet getroffen haben solle. Die steuerrechtliche Einschätzung habe keinen unmittelbaren Einfluss auf die vorliegend zu treffende Beurteilung. Auf Vertrauensschutz könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Diesbezüglich sei auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 30.10.2013 (B 12 AL 2/11 R) zu verweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren vor dem SG Dortmund S 10 R 319/15 und die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das SG Dortmund die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 24.2.2015 gegen den Beitragsbescheid vom 2.5.2014 und 7.1.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 abgelehnt. Denn es ist nach summarischer Prüfung zutreffend davon ausgegangen worden, dass dieser Bescheid sich in der Hauptsache voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird. Der Senat schließt sich der Beurteilung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG, § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
2. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.
a) Soweit das SG im Rahmen der im Eilrechtschutz gebotenen summarischen Prüfung davon ausgegangen ist, dass mehr für als gegen eine Einordnung der Interviewer in den Status einer abhängigen Beschäftigung spricht, ist die Antragstellerin dem im Rahmen ihres Beschwerdevorbringens nicht entgegengetreten, sondern hat stattdessen diese Frage der Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen. Aus ihrer Bezugnahme auf das Urteil des BFH v. 18.6.2015 (VI R 77/12, juris) folgt nichts anders. Zudem hat der BFH darin ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln mangels ausreichender Berücksichtigung aller Umstände des dortigen Einzelfalls (maßgeblich zur Frage eines unternehmerischen Risikos) im Rahmen einer Gesamtwürdigung aufgehoben und zurückverwiesen. Inwiefern der dort zur Entscheidung stehende mit dem hiesigen Sachverhalt in vertraglicher und tatsächlicher Ausgestaltung vergleichbar ist, trägt die Antragstellerin nicht vor.
b) Die Antragsgegnerin hat zudem berücksichtigt, dass ab Oktober 2012 die Antragstellerin ihr vorliegend maßgebliches Geschäftsfeld auf die Q3 UG (haftungsbeschränkt) verlagert hat. Für die seitens der Antragstellerin benannten Interviewer, die ab Oktober 2012 für diese Gesellschaft auf Basis von geänderten Rahmenverträgen tätig geworden sind, wurden ab diesem Zeitraum keine Nachforderungen mehr erhoben.
c) Es ist ferner nicht ersichtlich, dass sich die Antragstellerin auf einen Vertrauensschutz berufen kann. Ein solcher folgt weder aus den zuvor durchgeführten Betriebsprüfungen noch aus der steuerrechtlichen Beurteilung durch das Finanzamt.
aa) Zur Annahme eines durch eine vorangegangene Betriebsprüfung resultierenden Vertrauensschutzes der Antragstellerin genügt nicht die Tatsache, dass es in dieser zu keinen Beanstandungen gekommen ist, wenn in ihr die Tätigkeit der Interviewer nicht konkreter Gegenstand der jeweiligen Prüfungen gewesen ist.
Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 8 R 203/09, juris; Scheer in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p Rdnr. 100; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 981/12, juris). Bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen besteht demnach keine Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) oder kein vertrauensbegründendes (Verwirkungs-)Verhalten des prüfenden Versicherungsträgers (zum Ganzen: BSG, Urteile v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R und 30.10.2013, a.a.O., jeweils juris). Soweit der zuständige Rentenversicherungsträger bei einer vorangegangenen Arbeitgeberprüfung einen bestimmten Sachverhalt (z.B. die Tätigkeit eines bestimmten Versicherten) nicht ausdrücklich überprüft hat, enthält deshalb ein zu dieser Arbeitgeberprüfung ergangener Bescheid keine Regelung und demzufolge auch keine begünstigende Regelung dahin, dass alle nicht im einzelnen geprüften Sachverhalte den rechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entsprechen. Deshalb bedarf es bei einer Nachforderung für einen von der vorangegangenen Prüfung umfassten Zeitraum auch keiner Aufhebung des vorangegangenen Prüfbescheids nach §§ 45 oder 48 SGB X (Hessisches LSG, Beschluss v. 23.4.2012, L 1 KR 95/12 B ER, Senat, Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; juris; Senat, Urteil v. 25.11.2015, L 8 R 538/14, juris).
(1) Dabei sind die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in Kleinbetrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Ein Hinweis im Bescheid, dass die Prüfung nur stichprobenhaft erfolge, ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 R 7/14 R, Terminsbericht Nr. 49/15). Wenn die Antragstellerin eine Prüfung der Interviewer bereits im vorangegangenen Prüfzeitraum gewünscht hätte, hätten ihr entsprechende Statusverfahren nach §§ 7a, 28h SGB IV auch über die Betriebsprüfung hinaus zur Verfügung gestanden.
(2) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 15.2.2005 (Prüfzeitraum 1.1.2002 bis 31.12.2004) im Betriebsprüfungsbescheid vom 14.8.2007 (Prüfzeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2006) erwähnt worden ist. Denn auch daraus folgt nicht, dass durch die Antragsgegnerin eine Statusprüfung der Interviewer vorgenommen worden ist, die regelnd im Bescheid ihren Niederschlag gefunden hat.
Die Antragstellerin verweist diesbezüglich auf eine Versicherung an Eides statt ihres damaligem Steuerberaters vom 9.4.2015, nach deren Inhalt der Betriebsprüfer keine Beanstandungen hinsichtlich der Beurteilung der Interviewer gemacht habe. Sie beruft sich damit auf eine mündlich erteilte rechtliche Einschätzung des Betriebsprüfers. Es ist zu bezweifeln, ob diese überhaupt in der Lage ist, Vertrauensschutz zu gewähren, nachdem nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5) bereits Prüfmitteilungen ggf. schon deshalb keinen Vertrauensschutz auslösen können, weil sie generell nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind. Etwas anderes dürfte dann für eine mündliche Rechtsauskunft, der kein Regelungscharakter zukam, auch nicht gelten.
Dies bedarf indes im einstweiligen Rechtsschutz keiner abschließenden Entscheidung, denn die Antragsgegnerin ist einer diesbezüglichen Auskunft ihres Betriebsprüfers vehement entgegengetreten. Sie verweist darauf, dass sich eine entsprechende status- und beitragsrechtliche Prüfung der Interviewer nicht im daraufhin erlassenen Bescheid wiederfindet. Die weitere Sachaufklärung - insbesondere ggf. erforderliche zeugenschaftliche Vernehmungen und die Beiziehung des Protokolls der Schlussbesprechung - bleiben dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dass allerdings im Rechtsbehelfsverfahren noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, führt nicht dazu, dass die Beschwerde der Antragstellerin Erfolg hat und es zu einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; juris, jeweils m.w.N.).
bb) Auch durch Lohnsteueraußenprüfungen des Finanzamtes ist die Antragsgegnerin nicht gebunden, auch wenn diese von selbständigen Tätigkeiten der fraglichen Beschäftigten ausgegangen sein sollten. Denn es besteht zwischen arbeits- und sozialrechtlicher Einordnung von Einkünften einerseits und steuerrechtlicher andererseits ebenso wenig eine Bindung wie im umgekehrten Fall (LSG Hamburg, Urteil v. 10.12.2012, L 2 R 13/09, juris m.w.N.).
d) Die von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente gegen die Höhe der Beitragsforderung rechtfertigen ebenfalls keinen Erfolg der Beschwerde. Es spricht nicht mehr gegen als für die durch die Antragsgegnerin durchgeführte Berechnung.
aa) Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten bei diversen Interviewern, die ggf. Versicherungsfreiheitstatbestände begründen könnten, nicht berücksichtigt worden sind, obliegt es grundsätzlich dem Arbeitgeber, die maßgeblichen Umstände, die versicherungsfreie Tatbestände begründen können, aufzuzeichnen und entsprechende Meldungen vorzunehmen, (vgl. §§ 28a, 28f SGB IV). Daher hätte es der Antragstellerin oblegen, konkret darzulegen, bezüglich welcher weiteren Personen in welcher Hinsicht Unrichtigkeiten bestehen. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung lassen sich Fehler in der Berechnung der Beitragsforderung zulasten der Antragstellerin nicht feststellen (zum Prüfungsmaßstab vgl. Senat, Beschluss v. 3.7.2015, L 8 R 672/14 B ER, juris).
bb) Es spricht auch mehr dafür als dagegen, dass von einer fiktiven Nettolohnvereinbarung ausgegangen werden kann. Dabei hat die Antragsgegnerin bereits zu Recht darauf verwiesen, dass sie in den antragstellerseitig beanstandeten Fällen keine Hochrechnung vorgenommen habe. Dagegen hat die Antragstellerin keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben.
(1) Wenn nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart ist, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Demgegenüber gilt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen, für die Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind, ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Dabei ist objektiv erforderlich, dass zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt und subjektiv diese Pflichtverletzung zumindest bedingt vorsätzlich begangen worden ist (BSG Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13; Senat, Beschluss v. 29.4.2014, L 8 R 752/13 B ER; Senat, Beschluss v. 23.6.2014, L 8 R 206/13 B ER).
(2) Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin gegen die aus §§ 28a Abs. 1, 28e Abs. 1 SGB IV folgende Pflicht zur Meldung und Beitragszahlung verstoßen hat. Zudem spricht mehr dafür als dagegen, dass auch von einer zumindest bedingt vorsätzlich begangenen Pflichtverletzung auszugehen ist. Es genügt, dass der Arbeitgeber seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Hiervon ist aber vorliegend im Rahmen der summarischen Prüfung schon allein deswegen auszugehen, da der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte von Gewicht für das Vorliegen von selbständigen Tätigkeiten bietet.
(3) Soweit sich die Antragstellerin auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum beruft, ist dem nicht zu folgen. Die Einordnung der tätigen Personen als abhängig Beschäftigte oder Selbständige ist bei - wie hier - personalintensiven Unternehmen eine wesentliche Grundfrage für die weitere sozialversicherungsrechtliche Behandlung. Vor diesem Hintergrund ist das Unterlassen der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Möglichkeit, eine Klärung des Status nach §§ 7a, 28h Abs. 2 SGB IV herbeizuführen, als ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen von bedingtem Vorsatz zu sehen (vgl. BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O. BFH, Urteil v. 29.5.2008, VI R 11/07, juris).
Zudem ist nicht ersichtlich, wonach ein Arbeitgeber bis zur Mitteilung einer geänderten Entscheidungspraxis durch die Einzugsstelle bzw. den prüfenden Rentenversicherungsträger auf den auch zukünftigen Beibehalt der ursprünglich vertretenen dortigen Rechtsansicht vertrauen kann. Dies gilt umso mehr als es sich bei der Beurteilung des Status um Entscheidungen handelt, die stets auf Basis einer Einzelfallbetrachtung ergehen. Darüber hinaus hätten sich bei einer Auswertung der Praxis der Gerichte gerade auch Entscheidungen gefunden, die die Rechtsansicht der Antragstellerin nicht teilten (z.B. BFH, Urteil v. 29.5.2008, a.a.O., juris Rdnr. 14ff. [abhängig beschäftigte Telefoninterviewer]; Landesarbeitsgericht [LArbG] Hamm, Urteil v. 3.4.2007, 19 Sa 2003/06, juris Rdnr. 62ff. [Telefoninterviewer im Arbeitsverhältnis], Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen [LSG NRW], Urteil v. 2.2.2006, L 16 KR 253/04, juris Rdnr. 36ff. [abhängig beschäftigte Telefoninterviewer]).
Unerheblich ist schließlich, ob weitere Meinungsforschungsinstitute und Fachverbände die Rechtsansicht der Antragstellerin teilten. Inwieweit dies den Verzicht auf die Nutzung naheliegender Instrumente der Statusklärung rechtfertigt, ist nicht ersichtlich (Senat, Beschluss v. 3.7.2015, a.a.O.).
e) Die Forderung ist auch nicht verjährt. Dabei kann zunächst nach summarischer Prüfung und derzeitigem Sach- und Rechtsstand dahinstehen, ob auch die Voraussetzungen der dreißigjährigen Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vorliegen. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig (§ 23 Abs. 1 SGB IV). Die Beiträge für Januar 2007 wären damit am 31.12.2011 verjährt. Allerdings spricht derzeit mehr dafür als dagegen, dass die Verjährung vor ihrem grundsätzlichen Ablauf durch die Antragsgegnerin wirksam gehemmt worden ist.
Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung nämlich für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Dies gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (Satz 3). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung (Satz 4).
Nach summarischer Prüfung spricht mehr dafür als dagegen, dass die Voraussetzungen einer Hemmung erfüllt sind. Die Prüfung der Antragsgegnerin begann nach dem erlassenen Bescheid am 9.11.2011. Nach § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV endet die Hemmung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides [§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)], spätestens aber sechs Kalendermonate nach Abschluss der Prüfung. Den Abschluss der Prüfung markiert zwar grundsätzlich das sog. Schlussgespräch, das die Funktion einer Anhörung i.S.d. § 24 SGB X hat. Erfolgt eine Anhörung allerdings - wie vorliegend - auf schriftlichem Wege, endet die Hemmung mit der Beendigung des Anhörungsverfahrens (vgl. Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 25 SGB IV, Rdnr. 57). Hier ist am 18.2.2014 die Anhörung auf schriftlichem Wege unter Fristsetzung bis zum 21.3.2014 erfolgt. Eine Unterbrechung der Prüfung, die in den Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin fällt, ist entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV weder ersichtlich noch seitens der Antragstellerin vorgetragen.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird entsprechend § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Hemmung beginnt mit dem Tag, an dem sich der Hemmungstatbestand verwirklicht hat, und endet mit dem Tag, an dem er weggefallen ist bzw. mit dem Tag, der ausdrücklich im Gesetz bezeichnet wird. Dabei werden der Tag, an dem der Hemmungsgrund entsteht, der Tag, an dem er entfällt, und die Tage dazwischen nicht in die Verjährung eingerechnet, die um 0 Uhr des folgenden Tages weiterläuft (OLG Köln v. 10.06.2008, 9 U 144/07, juris, Rdnr. 47). Die Hemmung endete mithin mit Ablauf des 21.3.2014. Die Verjährungsfrist lief weiter vom 22.3.2014 bis zum 14.5.2014. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 2.5.2014 waren die Beiträge für 2007 folglich noch nicht verjährt.
f) Die Verpflichtung, Säumniszuschläge zu verlangen, folgt aus § 24 Abs. 1 SGB IV. Für eine unverschuldete Nichtentrichtung der Beiträge nach § 24 Abs. 2 SGB IV bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
g) Dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen keine Anhaltspunkte. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (Senat, Beschluss v. 13.7.2011, L 8 R 287/11 B ER, juris).
Das ist vorliegend jedoch nicht glaubhaft gemacht. Es wurden lediglich die liquiden Mittel zu Beginn 2015 mitgeteilt. Die aktuellen Vermögensverhältnisse der Antragstellerin wurden nicht vorgetragen. Nach eigenen Angaben hat die Antragstellerin jedoch begonnen, Rückstellungen zu bilden. Sie hat ferner erneut die Geschäftstätigkeit von der zwischenzeitlich sich im Liquidationsverfahren befindlichen Q3 UG auf die Q1 GmbH verlagert (vgl. Internetpräsenz Q2 www.Q2-mr.de, Abruf 1.3.2016). Dem Bericht der Lohnsteueraußenprüfung vom 22.6.2015 ist zu entnehmen, dass das operative Geschäft der Antragstellerin an die Q2 mit Wirkung zum 31.10.2013 verkauft wurde, so dass bereits aus diesem Grund bei einem Abwarten eine weitere Gefährdung der Forderung nicht auszuschließen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 3, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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