Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 44 R 819/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 801/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.7.2015 geändert und der Bescheid vom 16.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 16.578,24 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten, mit welchem diese Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe von 16.578,24 Euro für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 nachfordert.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine mit Gesellschaftsvertrag vom 8.10.2004 (GesV-KG) gegründete GmbH & Co. KG (Amtsgericht [AG] X, HRA 000). Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 Abs. 1 GesV-KG die Fertigung von Litzen, Bändern und sonstigem Textilzubehör sowie der Handel mit diesen Gegenständen. Kommanditisten der Klägerin waren nach § 4 GesV-KG bei Gründung Herr F mit einem Kapitalanteil von 60.000,00 Euro und der Beigeladene zu 1) mit einem Kapitalanteil von 30.000,00 Euro bei einem Gesamtkommanditkapital in Höhe von 90.000,00 Euro. Persönlich haftende Gesellschafterin war die T Verwaltungs GmbH, die auch zur Geschäftsführung der Klägerin berufen war, § 5 GesV-KG. Die Fassung von Gesellschafterbeschlüssen erfolgte grundsätzlich mit einfacher Mehrheit, wobei je volle 500,00 Euro eine volle Stimme gewährten, § 6 GesV-KG. Im Übrigen wird auf den Inhalt des GesV-KG Bezug genommen.
Die T Verwaltungs GmbH wurde bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 6.8.2004 (GesV-GmbH) gegründet (AG X, HRB 000). Sie firmiert ab dem 31.8.2015 unter I Verwaltungs GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel, die Produktion, der Vertrieb von Erzeugnissen aller Art. Sie ist zudem berechtigt, zu diesem Zweck die persönliche Haftung und Geschäftsführung der Klägerin zu übernehmen, § 2 GesV-GmbH. Ihr Stammkapital beträgt seit Gründung durchgehend 27.000,00 Euro, § 3 GesV-GmbH. Davon übernahmen zunächst Herr F einen Anteil von 18.000,00 Euro und der Beigeladene zu 1) einen Anteil von 9.000,00 Euro. Nach § 7 Abs. 1 GesV-GmbH wurden Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit aller vorhandenen Stimmen gefasst, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz eine andere Mehrheit vorschrieben. Je 50,00 Euro Geschäftsanteil gewährten eine Stimme.
Am 6.8.2004 wurden der Beigeladene zu 1) und Herr E I (letzterer bis zum 15.12.2005) zu einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführern der T Verwaltungs GmbH bestellt. Mit Datum vom 8.10.2004 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Geschäftsführervertrag (GF-V) ab, wonach der Beigeladene zu 1) von ihr für die Tätigkeit als Geschäftsführer mit einem Entgelt von 66.000,00 Euro in zwölf gleichen monatlichen Raten honoriert wurde, § 3 GF-V. Auf den Inhalt des GF-V, dessen Regelungen nachfolgend durch die Vertragsparteien nicht geändert worden sind, wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.7.2004 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beigeladenen zu 2), der zuständigen Einzugsstelle, nach § 28h Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Klärung seines versicherungsrechtlichen Status im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin ab dem 1.1.2005. Nachdem er zunächst noch mit Datum vom 29.7.2004 einen ausgefüllten Feststellungsbogen unter Vorlage weiterer Anlagen (Gesellschaftsvertrag, Dienstvertrag) eingereicht hatte, stellte die Beigeladene zu 2) mit Bescheid vom 16.9.2004 fest, dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer bei der in Gründung befindlichen Klägerin ab dem 1.1.2005 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege und seine Erwerbstätigkeit im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübe. Zur Begründung führte sie aus, dass er keinem Weisungsrecht der Gesellschaft unterworfen sei. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit. Er habe eine Bürgschaft übernommen und erhalte kein festes Gehalt, sondern eine Gewinnvorwegnahme. Ferner heißt es in dem Bescheid wörtlich:
"Wir weisen Sie an dieser Stelle jedoch darauf hin, dass sich die versicherungsrechtliche Beurteilung nur auf die im Zeitpunkt der Beurteilung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse bezieht und eine Änderung in diesen Verhältnissen zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung führen kann. Sollte sich nach Abschluss des Geschäftsführervertrages Änderungen ergeben, bitten wir Sie uns entsprechend zu informieren."
Mit notariellem Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag vom 30.12.2009 übertrug der Beigeladene zu 1) seine Anteile sowohl an der T Verwaltungs GmbH als auch an der Klägerin mit Wirkung zum 1.1.2010 an den weiteren Gesellschafter Herrn F, der damit zum Alleingesellschafter der T Verwaltungs GmbH und zum alleinigen Kommanditisten der Klägerin wurde. Im Übrigen blieben die jeweiligen Gesellschaftsverträge unverändert. Im Zuge dessen meldete die Klägerin den Beigeladenen zu 1), der weiterhin aufgrund Bestellung und GF-V als Geschäftsführer tätig war, bei der Beigeladenen zu 2) zum 1.1.2010 zur Sozialversicherung an.
Mit Wirkung zum 1.1.2012 übertrug der Gesellschafter, Herr F, durch erneuten notariellen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 8.12.2011 den Anteil von 9.000,00 Euro an der T Verwaltungs GmbH sowie den Anteil von 30.00,00 Euro an der Klägerin zurück an den Beigeladenen zu 1) und stellte so den ursprüngliche Zustand in der Gesellschafterversammlung in beiden Gesellschaften wieder her. Die Klägerin meldete daraufhin den Beigeladenen zu 1) erneut von der Sozialversicherung ab.
Die Beklagte führte am 13.8.2013 für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2012 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Nach erfolgter Schlussbesprechung erließ sie am 16.8.2013 einen Betriebsprüfungsbescheid, mit welchem sie von der Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Beigeladen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 in Höhe von insgesamt 16.578,24 Euro nachforderte. Der Beigeladene zu 1) sei seit dem 1.1.2012 an der Komplementär-GmbH mit 33,3% beteiligt und könne auf diese keinen maßgeblichen Einfluss ausüben. Er sei insofern gegen Entgelt versicherungspflichtig beschäftigt.
Dagegen erhob die Klägerin am 26.8.2013 Widerspruch. Die Beklagte habe die Entscheidung der Beigeladenen zu 2) vom 16.9.2004 nicht berücksichtigt. Der Beigeladene zu 1) sei bereits in den Jahren 2005 bis 2009 bei ihr zu den gleichen Bedingungen tätig geworden. Dies sei durch die Beklagte unbeanstandet geblieben.
Nach Mitteilung der Beigeladenen zu 2), dass ihr die Verwaltungsvorgänge des Verfahrens nach § 28h SGB IV aus dem Jahr 2004 bezüglich des Beigeladenen zu 1) nicht mehr vorlägen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.3.2014, zugestellt am 10.3.2014, den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Es bestehe kein maßgeblicher Einfluss des Beigeladenen zu 1) auf die Klägerin. Auf die Entscheidung der Beigeladenen zu 2) könne sich die Klägerin nicht mehr berufen, denn sie sei in dieser darauf hingewiesen worden, dass bei Änderungen der Verhältnisse eine Überprüfung der Entscheidung notwendig werde. Ab dem 1.1.2012 hätten sich Veränderungen in den Verhältnissen ergeben, da der Beigeladene zu 1) seine Beteiligung an der Klägerin aufgestockt habe.
Dagegen hat die Klägerin am 9.4.2014 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Ergänzend verweist sie darauf, dass zum 1.1.2012 keine Änderung in den gesellschaftlichen Verhältnissen stattgefunden habe, sondern stattdessen die bei Bescheiderteilung nach § 28h SGB IV bestehenden Bedingungen wiederhergestellt worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 16.8.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit ab dem 1.1.2012 nicht der durch eine abhängige Beschäftigung begründeten Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterfiel.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen. Auf den Bescheid der Beigeladenen zu 2) könne sich die Klägerin nicht berufen, da nach Bescheiderteilung Änderungen in den Verhältnissen eingetreten seien.
Der mit Beschluss vom 6.8.2014 am Verfahren beteiligte und keinen Antrag stellende Beigeladene zu 1) hat sich im Wesentlichen den Erklärungen der Klägerin angeschlossen.
Das SG hat mit Urteil vom 28.7.2015 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 13.8.2015 zugestellte Urteil hat diese am Montag, den 14.9.2015 Berufung eingelegt. Sie verfolgt unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags ihr Begehren fort.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.7.2015 zu ändern und den Bescheid vom 16.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die durch den Senat am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 2) bis 5) sind in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
Im Rahmen seiner Ermittlungen hat der Senat u.a. die dem Beigeladenen zu 1) noch vorliegenden Unterlagen zum Verfahren vor der Einzugsstelle aus 2004 sowie einen Versicherungsverlauf des Beigeladenen zu 1) beigezogen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) verhandeln und entscheiden können, nachdem er sie jeweils mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 28.7.2015 ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben, §§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2, 3 SGG. Die vollständige Entscheidung ist der Klägerin am 13.8.2015 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem erkennenden Gericht am Montag, den 14.9.2015 eingegangen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zudem begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zwar darf die Beklagte als prüfender Rentenversicherungsträger auf der Grundlage von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV grundsätzlich Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erlassen. Im vorliegenden Fall war sie an einer entsprechenden Feststellung betreffend den Beigeladenen zu 1) jedoch durch den Bescheid der Beigeladenen zu 2) vom 16.9.2004 gehindert. Mit diesem Bescheid hat die Beigeladene zu 2) in ihrer Eigenschaft als zuständige Einzugsstelle (auch) die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin festgestellt (1.). Der Bescheid vom 16.9.2004 hat sich in der Folgezeit weder gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (2.). Schließlich muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als sei dieser Bescheid ihr gegenüber bestandskräftig geworden (3.).
1. Der auf der Grundlage von § 28h Abs. 2 SGB IV ergangene Bescheid der Beigeladenen zu 2) vom 16.9.2004 stellt in seinem Verfügungssatz fest, dass der Beigeladene zu 1) "als Geschäftsführer bei der in Gründung befindlichen" Klägerin "ab dem 01.01.05 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt". Damit ist das von der Beigeladenen zu 2) statusrechtlich beurteilte Vertragsverhältnis hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X) umschrieben. Es bestehen keine Bedenken, dass sich die Beurteilung auf die Klägerin auch nach Abschluss ihres Gründungsstadiums bezieht. Auch wenn die einzelnen Zweige der Sozialversicherung im Bescheid nicht ausdrücklich genannt sind, ergibt sich vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch), dass die Beigeladene zu 2) in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle Versicherungsfreiheit in den vom Gesamtsozialversicherungsbeitrag umfassten Versicherungszweigen der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (§§ 28h Abs. 1 Satz 1, 28d Satz 1 und 2 SGB IV) festgestellt hat.
2. Der Bescheid der Beigeladenen vom 16.9.2004 hat sich mit der beschriebenen Feststellungswirkung in der Folgezeit nicht gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
a) Weder die Beigeladene zu 2) noch die Beklagte haben den Bescheid gemäß § 45 SGB X zurückgenommen oder gemäß § 48 SGB X ausdrücklich oder durch schlüssiges willentliches Handeln aufgehoben. Ob die Voraussetzungen dieser Normen überhaupt vorgelegen haben, kann der Senat daher offen lassen.
b) Der Bescheid, der zwar den Beginn der Versicherungsfreiheit am 1.1.2005, aber nicht deren Ende regelt, war zudem nicht gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X befristet.
c) Der Bescheid hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt.
aa) Ein Verwaltungsakt erledigt sich auf andere Weise, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl.2014, § 39 Rdnr. 14; Steinwedel in Kasseler Kommentar, 88. EL 2015, § 39 SGB X Rdnr. 24). Das ist insbesondere der Fall, wenn sein Regelungsgegenstand entfallen ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.1.1993, 4 RA 40/92, SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; Urteil v. 25.5.2011, B 12 KR 9/09 R, SozR 4-2500 § 8 Nr. 3).
bb) Im vorliegenden Fall war der Regelungsgegenstand, nämlich das vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) als deren Geschäftsführer, ungeachtet der zum 1.1.2010 und nochmals zum 1.1.2012 eingetretenen Veränderung der Beteiligungsverhältnisse am Gesellschaftsvermögen der Klägerin und ihrer Komplementär-GmbH nicht entfallen (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 28.10.2015, L 8 R 442/15 B ER, juris). Vielmehr liegt es im Wesen der juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften, dass ihre Identität durch Veränderungen im Gesellschafterbestand und in den Beteiligungsverhältnissen nicht berührt wird, sofern dies gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich nicht ausdrücklich geregelt ist. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Eine bloße Änderung in den Beteiligungsverhältnissen, die den Geschäftsführervertrag als solchen unangetastet lässt, kann daher allenfalls nach § 48 Abs. 1 SGB X maßgeblich sein (vgl. zur Abgrenzung von § 39 Abs. 2 SGB X und § 48 SGB X bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung auch Steinwedel, a.a.O. Rdnr. 25), setzt hierzu aber einen entsprechenden Verwaltungsakt voraus, der im vorliegenden Fall - wie dargelegt - nicht erlassen worden ist. Diesem Verständnis entspricht im Übrigen auch der im Bescheid der Beigeladenen zu 2) erteilte Hinweis, dass Änderungen in den Verhältnissen zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung (nicht aber zum "automatischen" Wegfall des Bescheides selbst) führen können.
cc) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Klägerin den Beigeladenen zu 1) mit Wirkung vom 1.1.2010 zur Sozialversicherung angemeldet und sodann für die Zeit bis zum 31.12.2011 Sozialversicherungsbeiträge für ihn abgeführt hat. Die Meldung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV hat ebenso wie die Zahlung von Beiträgen keine einen Bescheid der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB X erledigende Wirkung. Ebenso wenig wie die "Abmeldung" nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV einem die Versicherungspflicht feststellenden Bescheid seine Wirkung entziehen kann, vermag dies umgekehrt die "Anmeldung" gegenüber einem die Versicherungsfreiheit feststellenden Bescheid zu bewirken. Speziell für die Rentenversicherung steht dieser Beurteilung auch nicht die Vorschrift des § 199 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) entgegen, wonach bei ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeiten vermutet wird, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat. Denn diese Vermutung kann dann keine Geltung beanspruchen, wenn ihr eine das Gegenteil feststellende bestandskräftige Verwaltungsentscheidung entgegensteht. Die genannten Überlegungen gelten erst recht, wenn - wie hier - im anschließenden zur Beurteilung anstehenden Zeitraum die rechtlichen Verhältnisse wiederhergestellt worden sind, wie sie der Beurteilung bei Erlass des Bescheides vom 16.9.2004 zugrunde gelegen haben.
3. Auch wenn - wovon mangels entgegenstehender Erkenntnisse auszugehen ist - der Bescheid vom 16.9.2004 nicht gegenüber der Beklagten bekanntgegeben worden ist, muss diese ihn jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegen sich gelten lassen. Nach § 28h Abs. 2 SGB IV entscheiden die Einzugsstellen durch Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie greifen damit notwendigerweise über die Sphäre des direkten Adressaten hinaus in die Sphäre Dritter rechtsgestaltend ein, sodass die Betroffenen - unter ihnen die Beklagte als prüfender und im Übrigen auch kontoführender Rentenversicherungsträger - nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X notwendig am Verfahren zu beteiligen sind. Etwaige Verwaltungsentscheidungen über das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht sind ihnen gegenüber bekanntzugeben (§ 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). In diesem Fall kann sich auch der betroffene Sozialversicherungsträger gegen die Feststellung von Versicherungsfreiheit prozessual zur Wehr setzen. Umgekehrt darf sich jedoch der durch einen solchen Bescheid begünstigte Versicherte (wie sein Arbeitgeber) darauf verlassen, dass nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist im Falle ordnungsgemäßer Bekanntgabe Bestandskraft des Bescheides gemäß § 77 SGG mit dem daraus folgenden Vertrauensschutz eintritt (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5; Urteil v. 18.12.2013, B 12 R 2/11 R, SozR 4-2400 § 23a Nr. 7; jeweils m.w.N.). Angesichts dessen würde es einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn sich die Beklagte nunmehr darauf beriefe, dass ihr der Bescheid vom 16.9.2004 nicht bekanntgegeben worden sei (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 4; Senat, Beschluss v. 28.10.2015, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben.
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden wirtschaftlichen Bedeutung festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten, mit welchem diese Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in Höhe von 16.578,24 Euro für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 nachfordert.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine mit Gesellschaftsvertrag vom 8.10.2004 (GesV-KG) gegründete GmbH & Co. KG (Amtsgericht [AG] X, HRA 000). Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 Abs. 1 GesV-KG die Fertigung von Litzen, Bändern und sonstigem Textilzubehör sowie der Handel mit diesen Gegenständen. Kommanditisten der Klägerin waren nach § 4 GesV-KG bei Gründung Herr F mit einem Kapitalanteil von 60.000,00 Euro und der Beigeladene zu 1) mit einem Kapitalanteil von 30.000,00 Euro bei einem Gesamtkommanditkapital in Höhe von 90.000,00 Euro. Persönlich haftende Gesellschafterin war die T Verwaltungs GmbH, die auch zur Geschäftsführung der Klägerin berufen war, § 5 GesV-KG. Die Fassung von Gesellschafterbeschlüssen erfolgte grundsätzlich mit einfacher Mehrheit, wobei je volle 500,00 Euro eine volle Stimme gewährten, § 6 GesV-KG. Im Übrigen wird auf den Inhalt des GesV-KG Bezug genommen.
Die T Verwaltungs GmbH wurde bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 6.8.2004 (GesV-GmbH) gegründet (AG X, HRB 000). Sie firmiert ab dem 31.8.2015 unter I Verwaltungs GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel, die Produktion, der Vertrieb von Erzeugnissen aller Art. Sie ist zudem berechtigt, zu diesem Zweck die persönliche Haftung und Geschäftsführung der Klägerin zu übernehmen, § 2 GesV-GmbH. Ihr Stammkapital beträgt seit Gründung durchgehend 27.000,00 Euro, § 3 GesV-GmbH. Davon übernahmen zunächst Herr F einen Anteil von 18.000,00 Euro und der Beigeladene zu 1) einen Anteil von 9.000,00 Euro. Nach § 7 Abs. 1 GesV-GmbH wurden Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit aller vorhandenen Stimmen gefasst, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz eine andere Mehrheit vorschrieben. Je 50,00 Euro Geschäftsanteil gewährten eine Stimme.
Am 6.8.2004 wurden der Beigeladene zu 1) und Herr E I (letzterer bis zum 15.12.2005) zu einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführern der T Verwaltungs GmbH bestellt. Mit Datum vom 8.10.2004 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Geschäftsführervertrag (GF-V) ab, wonach der Beigeladene zu 1) von ihr für die Tätigkeit als Geschäftsführer mit einem Entgelt von 66.000,00 Euro in zwölf gleichen monatlichen Raten honoriert wurde, § 3 GF-V. Auf den Inhalt des GF-V, dessen Regelungen nachfolgend durch die Vertragsparteien nicht geändert worden sind, wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.7.2004 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beigeladenen zu 2), der zuständigen Einzugsstelle, nach § 28h Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Klärung seines versicherungsrechtlichen Status im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin ab dem 1.1.2005. Nachdem er zunächst noch mit Datum vom 29.7.2004 einen ausgefüllten Feststellungsbogen unter Vorlage weiterer Anlagen (Gesellschaftsvertrag, Dienstvertrag) eingereicht hatte, stellte die Beigeladene zu 2) mit Bescheid vom 16.9.2004 fest, dass der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer bei der in Gründung befindlichen Klägerin ab dem 1.1.2005 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege und seine Erwerbstätigkeit im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübe. Zur Begründung führte sie aus, dass er keinem Weisungsrecht der Gesellschaft unterworfen sei. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit. Er habe eine Bürgschaft übernommen und erhalte kein festes Gehalt, sondern eine Gewinnvorwegnahme. Ferner heißt es in dem Bescheid wörtlich:
"Wir weisen Sie an dieser Stelle jedoch darauf hin, dass sich die versicherungsrechtliche Beurteilung nur auf die im Zeitpunkt der Beurteilung maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse bezieht und eine Änderung in diesen Verhältnissen zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung führen kann. Sollte sich nach Abschluss des Geschäftsführervertrages Änderungen ergeben, bitten wir Sie uns entsprechend zu informieren."
Mit notariellem Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag vom 30.12.2009 übertrug der Beigeladene zu 1) seine Anteile sowohl an der T Verwaltungs GmbH als auch an der Klägerin mit Wirkung zum 1.1.2010 an den weiteren Gesellschafter Herrn F, der damit zum Alleingesellschafter der T Verwaltungs GmbH und zum alleinigen Kommanditisten der Klägerin wurde. Im Übrigen blieben die jeweiligen Gesellschaftsverträge unverändert. Im Zuge dessen meldete die Klägerin den Beigeladenen zu 1), der weiterhin aufgrund Bestellung und GF-V als Geschäftsführer tätig war, bei der Beigeladenen zu 2) zum 1.1.2010 zur Sozialversicherung an.
Mit Wirkung zum 1.1.2012 übertrug der Gesellschafter, Herr F, durch erneuten notariellen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 8.12.2011 den Anteil von 9.000,00 Euro an der T Verwaltungs GmbH sowie den Anteil von 30.00,00 Euro an der Klägerin zurück an den Beigeladenen zu 1) und stellte so den ursprüngliche Zustand in der Gesellschafterversammlung in beiden Gesellschaften wieder her. Die Klägerin meldete daraufhin den Beigeladenen zu 1) erneut von der Sozialversicherung ab.
Die Beklagte führte am 13.8.2013 für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2012 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Nach erfolgter Schlussbesprechung erließ sie am 16.8.2013 einen Betriebsprüfungsbescheid, mit welchem sie von der Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Beigeladen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 in Höhe von insgesamt 16.578,24 Euro nachforderte. Der Beigeladene zu 1) sei seit dem 1.1.2012 an der Komplementär-GmbH mit 33,3% beteiligt und könne auf diese keinen maßgeblichen Einfluss ausüben. Er sei insofern gegen Entgelt versicherungspflichtig beschäftigt.
Dagegen erhob die Klägerin am 26.8.2013 Widerspruch. Die Beklagte habe die Entscheidung der Beigeladenen zu 2) vom 16.9.2004 nicht berücksichtigt. Der Beigeladene zu 1) sei bereits in den Jahren 2005 bis 2009 bei ihr zu den gleichen Bedingungen tätig geworden. Dies sei durch die Beklagte unbeanstandet geblieben.
Nach Mitteilung der Beigeladenen zu 2), dass ihr die Verwaltungsvorgänge des Verfahrens nach § 28h SGB IV aus dem Jahr 2004 bezüglich des Beigeladenen zu 1) nicht mehr vorlägen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.3.2014, zugestellt am 10.3.2014, den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Es bestehe kein maßgeblicher Einfluss des Beigeladenen zu 1) auf die Klägerin. Auf die Entscheidung der Beigeladenen zu 2) könne sich die Klägerin nicht mehr berufen, denn sie sei in dieser darauf hingewiesen worden, dass bei Änderungen der Verhältnisse eine Überprüfung der Entscheidung notwendig werde. Ab dem 1.1.2012 hätten sich Veränderungen in den Verhältnissen ergeben, da der Beigeladene zu 1) seine Beteiligung an der Klägerin aufgestockt habe.
Dagegen hat die Klägerin am 9.4.2014 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Ergänzend verweist sie darauf, dass zum 1.1.2012 keine Änderung in den gesellschaftlichen Verhältnissen stattgefunden habe, sondern stattdessen die bei Bescheiderteilung nach § 28h SGB IV bestehenden Bedingungen wiederhergestellt worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 16.8.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit ab dem 1.1.2012 nicht der durch eine abhängige Beschäftigung begründeten Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterfiel.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen. Auf den Bescheid der Beigeladenen zu 2) könne sich die Klägerin nicht berufen, da nach Bescheiderteilung Änderungen in den Verhältnissen eingetreten seien.
Der mit Beschluss vom 6.8.2014 am Verfahren beteiligte und keinen Antrag stellende Beigeladene zu 1) hat sich im Wesentlichen den Erklärungen der Klägerin angeschlossen.
Das SG hat mit Urteil vom 28.7.2015 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 13.8.2015 zugestellte Urteil hat diese am Montag, den 14.9.2015 Berufung eingelegt. Sie verfolgt unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags ihr Begehren fort.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.7.2015 zu ändern und den Bescheid vom 16.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die durch den Senat am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 2) bis 5) sind in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
Im Rahmen seiner Ermittlungen hat der Senat u.a. die dem Beigeladenen zu 1) noch vorliegenden Unterlagen zum Verfahren vor der Einzugsstelle aus 2004 sowie einen Versicherungsverlauf des Beigeladenen zu 1) beigezogen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) verhandeln und entscheiden können, nachdem er sie jeweils mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 28.7.2015 ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben, §§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 2, 3 SGG. Die vollständige Entscheidung ist der Klägerin am 13.8.2015 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem erkennenden Gericht am Montag, den 14.9.2015 eingegangen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zudem begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.8.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2014 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zwar darf die Beklagte als prüfender Rentenversicherungsträger auf der Grundlage von § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV grundsätzlich Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erlassen. Im vorliegenden Fall war sie an einer entsprechenden Feststellung betreffend den Beigeladenen zu 1) jedoch durch den Bescheid der Beigeladenen zu 2) vom 16.9.2004 gehindert. Mit diesem Bescheid hat die Beigeladene zu 2) in ihrer Eigenschaft als zuständige Einzugsstelle (auch) die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Klägerin festgestellt (1.). Der Bescheid vom 16.9.2004 hat sich in der Folgezeit weder gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (2.). Schließlich muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als sei dieser Bescheid ihr gegenüber bestandskräftig geworden (3.).
1. Der auf der Grundlage von § 28h Abs. 2 SGB IV ergangene Bescheid der Beigeladenen zu 2) vom 16.9.2004 stellt in seinem Verfügungssatz fest, dass der Beigeladene zu 1) "als Geschäftsführer bei der in Gründung befindlichen" Klägerin "ab dem 01.01.05 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt". Damit ist das von der Beigeladenen zu 2) statusrechtlich beurteilte Vertragsverhältnis hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X) umschrieben. Es bestehen keine Bedenken, dass sich die Beurteilung auf die Klägerin auch nach Abschluss ihres Gründungsstadiums bezieht. Auch wenn die einzelnen Zweige der Sozialversicherung im Bescheid nicht ausdrücklich genannt sind, ergibt sich vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch), dass die Beigeladene zu 2) in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle Versicherungsfreiheit in den vom Gesamtsozialversicherungsbeitrag umfassten Versicherungszweigen der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (§§ 28h Abs. 1 Satz 1, 28d Satz 1 und 2 SGB IV) festgestellt hat.
2. Der Bescheid der Beigeladenen vom 16.9.2004 hat sich mit der beschriebenen Feststellungswirkung in der Folgezeit nicht gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Nach § 39 Abs. 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
a) Weder die Beigeladene zu 2) noch die Beklagte haben den Bescheid gemäß § 45 SGB X zurückgenommen oder gemäß § 48 SGB X ausdrücklich oder durch schlüssiges willentliches Handeln aufgehoben. Ob die Voraussetzungen dieser Normen überhaupt vorgelegen haben, kann der Senat daher offen lassen.
b) Der Bescheid, der zwar den Beginn der Versicherungsfreiheit am 1.1.2005, aber nicht deren Ende regelt, war zudem nicht gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X befristet.
c) Der Bescheid hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt.
aa) Ein Verwaltungsakt erledigt sich auf andere Weise, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl.2014, § 39 Rdnr. 14; Steinwedel in Kasseler Kommentar, 88. EL 2015, § 39 SGB X Rdnr. 24). Das ist insbesondere der Fall, wenn sein Regelungsgegenstand entfallen ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.1.1993, 4 RA 40/92, SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; Urteil v. 25.5.2011, B 12 KR 9/09 R, SozR 4-2500 § 8 Nr. 3).
bb) Im vorliegenden Fall war der Regelungsgegenstand, nämlich das vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) als deren Geschäftsführer, ungeachtet der zum 1.1.2010 und nochmals zum 1.1.2012 eingetretenen Veränderung der Beteiligungsverhältnisse am Gesellschaftsvermögen der Klägerin und ihrer Komplementär-GmbH nicht entfallen (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 28.10.2015, L 8 R 442/15 B ER, juris). Vielmehr liegt es im Wesen der juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften, dass ihre Identität durch Veränderungen im Gesellschafterbestand und in den Beteiligungsverhältnissen nicht berührt wird, sofern dies gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich nicht ausdrücklich geregelt ist. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Eine bloße Änderung in den Beteiligungsverhältnissen, die den Geschäftsführervertrag als solchen unangetastet lässt, kann daher allenfalls nach § 48 Abs. 1 SGB X maßgeblich sein (vgl. zur Abgrenzung von § 39 Abs. 2 SGB X und § 48 SGB X bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung auch Steinwedel, a.a.O. Rdnr. 25), setzt hierzu aber einen entsprechenden Verwaltungsakt voraus, der im vorliegenden Fall - wie dargelegt - nicht erlassen worden ist. Diesem Verständnis entspricht im Übrigen auch der im Bescheid der Beigeladenen zu 2) erteilte Hinweis, dass Änderungen in den Verhältnissen zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung (nicht aber zum "automatischen" Wegfall des Bescheides selbst) führen können.
cc) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Klägerin den Beigeladenen zu 1) mit Wirkung vom 1.1.2010 zur Sozialversicherung angemeldet und sodann für die Zeit bis zum 31.12.2011 Sozialversicherungsbeiträge für ihn abgeführt hat. Die Meldung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV hat ebenso wie die Zahlung von Beiträgen keine einen Bescheid der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB X erledigende Wirkung. Ebenso wenig wie die "Abmeldung" nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV einem die Versicherungspflicht feststellenden Bescheid seine Wirkung entziehen kann, vermag dies umgekehrt die "Anmeldung" gegenüber einem die Versicherungsfreiheit feststellenden Bescheid zu bewirken. Speziell für die Rentenversicherung steht dieser Beurteilung auch nicht die Vorschrift des § 199 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) entgegen, wonach bei ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeiten vermutet wird, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat. Denn diese Vermutung kann dann keine Geltung beanspruchen, wenn ihr eine das Gegenteil feststellende bestandskräftige Verwaltungsentscheidung entgegensteht. Die genannten Überlegungen gelten erst recht, wenn - wie hier - im anschließenden zur Beurteilung anstehenden Zeitraum die rechtlichen Verhältnisse wiederhergestellt worden sind, wie sie der Beurteilung bei Erlass des Bescheides vom 16.9.2004 zugrunde gelegen haben.
3. Auch wenn - wovon mangels entgegenstehender Erkenntnisse auszugehen ist - der Bescheid vom 16.9.2004 nicht gegenüber der Beklagten bekanntgegeben worden ist, muss diese ihn jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegen sich gelten lassen. Nach § 28h Abs. 2 SGB IV entscheiden die Einzugsstellen durch Verwaltungsakt über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie greifen damit notwendigerweise über die Sphäre des direkten Adressaten hinaus in die Sphäre Dritter rechtsgestaltend ein, sodass die Betroffenen - unter ihnen die Beklagte als prüfender und im Übrigen auch kontoführender Rentenversicherungsträger - nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X notwendig am Verfahren zu beteiligen sind. Etwaige Verwaltungsentscheidungen über das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht sind ihnen gegenüber bekanntzugeben (§ 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). In diesem Fall kann sich auch der betroffene Sozialversicherungsträger gegen die Feststellung von Versicherungsfreiheit prozessual zur Wehr setzen. Umgekehrt darf sich jedoch der durch einen solchen Bescheid begünstigte Versicherte (wie sein Arbeitgeber) darauf verlassen, dass nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist im Falle ordnungsgemäßer Bekanntgabe Bestandskraft des Bescheides gemäß § 77 SGG mit dem daraus folgenden Vertrauensschutz eintritt (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5; Urteil v. 18.12.2013, B 12 R 2/11 R, SozR 4-2400 § 23a Nr. 7; jeweils m.w.N.). Angesichts dessen würde es einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn sich die Beklagte nunmehr darauf beriefe, dass ihr der Bescheid vom 16.9.2004 nicht bekanntgegeben worden sei (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 4; Senat, Beschluss v. 28.10.2015, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben.
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden wirtschaftlichen Bedeutung festgesetzt.
Rechtskraft
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