L 8 R 1013/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 2151/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 1013/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.11.2015 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum ab dem 25.6.2014.

Die Beigeladene zu 1) wurde als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 19.2.1979 (GesV a.F.) gegründet und am 3.5.1979 in das Handelsregister des Amtsgerichts (AG) Krefeld (HRB 1826) eingetragen. Gegenstand der Gesellschaft ist der Fahrzeugbau, Bremsendienst, Instandsetzung von Nutzfahrzeugen, Handel mit Zubehör und Ersatzteilen (§ 2 Abs. 1 GesV a.F.). Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) in Höhe von zunächst 50.000,00 DM trugen ursprünglich der Onkel des Klägers, Herr G-K P, sowie der Vater des Klägers, Herr I-K (gen. I) P jeweils zur Hälfte (§ 3 Abs. 1 GesV a.F.). § 7 des Gesellschaftsvertrages in seiner ursprünglichen Fassung hatte folgenden Wortlaut:

Gesellschafterbeschlüsse

1. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine Mehrheit vorschreibt.

2. Je einhundert Deutsche Mark eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen zu 1) vom 19.12.1979 (GesV a.F.) Bezug genommen.

Nach zwischenzeitlich erfolgen Erhöhungen des Stammkapitals der Beigeladenen zu 1) auf einen Betrag von 250.000,00 Euro wurden die Beteiligungsverhältnisse dahingehend geändert, dass auf den Kläger und dessen Bruder, Herrn U P, jeweils eine Stammeinlage von 82.500,00 Euro sowie auf Herrn I-K P eine Stammeinlage von 85.000,00 Euro entfiel (Geschäftsanteilsübertragungsverträge vom 11.7.2007 [UR.-Nr. 657/2007] des Notars Dr. G, L sowie vom 11.12.2007 [UR.-Nr. 1188/2007] des Notars Dr. G, L).

Mit weiterem notariellem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 28.6.2011 (UR.-Nr. 620/2011 des Notars Dr. G, L) übertrug der Vater des Klägers nach entsprechender Teilung einen Stammkapitalanteil in Höhe von jeweils 40.000,00 Euro auf den Kläger sowie dessen Bruder. Den verbliebenen Stammkapitalanteil in Höhe von 5.000,00 Euro hält Herr I-K P weiterhin.

Mit am 8.1.2014 in das Handelsregister eingetragenem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) vom 30.12.2013 wurden der am 00.00.1975 geborene und nach eigener Bekundung über eine Ausbildung zum Dipl.-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau verfügende Kläger sowie der Dipl.-Kaufmann (MBA) Herr U P zu alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführern der Beigeladenen zu 1) bestellt. Mit Wirkung zum 31.12.2013 wurde Herr I-K P als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) abberufen.

Unter dem 31.12.2013 schlossen der Kläger sowie die Beigeladene zu 1) einen als solchen bezeichneten "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag", auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Mit bei der Beklagten am 29.1.2014 eingegangenem Schreiben beantragte der Kläger die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status betreffend die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) mit dem Ziel der Feststellung, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht vorliege. Auf die Erklärungen des Klägers in dem Formularantrag wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Nachdem die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zur beabsichtigten Feststellung des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sowie von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und nach dem Recht der Arbeitsförderung angehört hatte (Schreiben v. 9.4.2014), wurde der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1) mit am 6.6.2014 notariell beurkundetem Beschluss geändert. Nach der am 25.6.2014 in das Handelsregister eingetragenen Änderung wurde in § 7 des Gesellschaftsvertrages folgender Absatz 2 eingefügt:

2. Folgende Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von mehr als 51 % der abgegebenen Stimmen

- Berufung und Abberufung der Geschäftsführer sowie

- Abschluss, Änderung und Kündigung von Anstellungsverträgen, sofern die betreffenden Personen Gesellschafter sind.

Unter dem 27.5.2014 wurde der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Anstellungsvertrag vom 31.12.2013 wie folgt neu gefasst:

§ 1 Beginn des Vertragsverhältnisses

Die Parteien haben ihre vertraglichen Beziehungen zwar im Vertrag vom 31.12.2013 schriftlich niedergelegt. Jedoch entspricht dieser nicht den tatsächlich getroffenen Vereinbarungen und Absprachen und wird nunmehr durch diesen Vertrag ersetzt. Dieser Vertrag gibt daher die Verhältnisse wieder, die bereits ab dem 01.01.2014 gegolten haben.

§ 2 Tätigkeit

2.1. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft allein und ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

2.2. Der Geschäftsführer leitet die Geschäfte der GmbH selbstständig und nach eigenem Ermessen.

2.3. Der Geschäftsführer ist an Weisungen der Gesellschafter nicht gebunden, es sei denn zwingende gesetzliche Regelungen stehen der Weisungsfreiheit entgegen.

§ 3 Arbeitszeit

Der Arbeitseinsatz erfolgt nach eigenem Ermessen von Herrn P und nach Bedarf der Firma.

§ 4 Bezüge

4.1. Herr P erhält Bezüge in Höhe von 7.900,00 EUR monatlich. Dieser Betrag wird nach Auftragslage und Leistungsfähigkeit in der Firma angepasst.

4.2. Zusätzlich erhält Herr P eine jährliche Sonderzahlung in Form einer Tantieme in Höhe von 12 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses nach Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuer. Die Bemessungsgrundlage ist nicht um die Beträge, die nach Gesetz oder Satzung aus dem Jahresüberschuss in laufenden Rücklagen einzustellen ist, zu kürzen. Steuerliche Sonderabschreibungen, welche den Gewinn unmittelbar beeinflussen, werden hinzugerechnet.

Die Tantieme ist einen Monat nach Feststellung des Jahresüberschusses durch die Gesellschafterversammlung fällig. Nachträgliche Änderungen des Jahresabschlusses sind nicht zu berücksichtigen.

4.3. Die GmbH stellt Herrn P für die Dauer dieses Vertrages einen Dienstwagen der Marke Mercedes, Typ E Klasse oder einen vergleichbaren PKW zur Verfügung und übernimmt alle damit zusammenhängenden Kosten. Die private Nutzung hat Herr P selbst zu versteuern.

4.4. Die GmbH schließt zum Zwecke der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf das Leben des Geschäftsführers eine Lebensversicherung ab, wonach monatlich zusätzlich zu den in diesem Vertrag genannten Bezügen der gesetzlich festgelegte Höchstbetrag in Euro auf einen entsprechenden Direktversicherungsvertrag einbezahlt wird.

Die Versicherungssumme wird mit Vollendung des 65. Lebensjahres, dem Eintritt der Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI oder dem Tod des Geschäftsführers zur Zahlung fällig. Bezugsberechtigt sind im Erlebensfall der Geschäftsführer, im Todesfall die von ihm bestimmten Personen oder bei Fehlen einer solchen Bestimmung seine Erben.

Scheidet Herr P vor Vollendung seines 65. Lebensjahres als Geschäftsführer der GmbH aus, ohne dass eine Berufsunfähigkeit eingetreten ist, wird die GmbH die Versicherung mit allen Rechten und Pflichten auf Herrn P übertrage, falls dieser zum Zeitpunkt seines Ausscheidens eine Dienstzeit von mindestens 10 Jahren bei der GmbH erfüllt hat.

§ 5 Urlaub

Herr P kann Dauer und Lage seines Urlaubs frei bestimmen, solange die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden.

§ 6 Vertragsbeendigung

Der Vertrag kann nur aus wichtigem Grund beendet werden. Im Zweifel gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen für Anstellungsverhältnisse.

§ 7 Sonstige Vertragsbedingungen

7.1. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sowie Nebenabreden bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Mündliche Abreden haben in keinem Fall Wirksamkeit.

7.2. Sind einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam, so wird hierdurch die Wirksamkeit des übrigen Vertrages nicht berührt. An ihrer Stelle treten die Regelungen, die im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten des Vertragswillens der Parteien am nächsten kommen.

7.3. Mit dieser Vereinbarung werden alle vorherigen Vereinbarungen aufgehoben. Es gelten von nun an nur die Regelungen auf der vorliegenden Vereinbarung.

Mit - an den Kläger und die Beigeladene zu 1) adressierten - Bescheiden vom 30.5.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.1.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in diesem Versicherungsflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 1.1.2014 bestehe. In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung bestehe keine Versicherungspflicht.

Für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spreche - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - die fehlende Rechtsmacht des Klägers, kraft seines Anteils am Stammkapital der Gesellschaft einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) zu nehmen. An deren Stammkapital sei er mit einem Anteil von 49% beteiligt. Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) würden hingegen mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, wobei sich das Stimmrecht nach der Höhe des jeweiligen Geschäftsanteils richte. Zugunsten einer abhängigen Beschäftigung sprächen überdies die Zahlung einer regelmäßigen monatlichen Festvergütung sowie der Abschluss eines die Mitarbeit des Klägers in der Gesellschaft regelnden gesonderten Anstellungsvertrages.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller abgrenzungsrelevanter Umstände komme den für eine selbständige Tätigkeit streitenden Indizien, namentlich der Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB sowie der ihm eingeräumten Alleinvertretungsberechtigung, darüber hinaus aber auch der Gewinnbeteiligung in Gestalt einer Tantieme kein überwiegendes Gewicht zu.

Die Versicherungspflicht beginne am 1.1.2014. Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV komme nicht in Betracht, da der Kläger einem späteren Beginn der Versicherungspflicht nicht zugestimmt habe und eine ausreichende Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge nicht nachgewiesen sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Inhalt der Bescheide vom 30.5.2014 Bezug genommen.

Gegen die an sie adressierten Bescheide erhoben der Kläger und die Beigeladene zu 1) am 10.6.2014 unter Verweis auf die am 6.6.2014 notariell beurkundete Änderung des Gesellschaftsvertrages schriftlich Widerspruch. Aufgrund der Neufassung des § 7 des Gesellschaftsvertrages verfüge der Kläger über eine Sperrminorität für sämtliche Beschlüsse, die sein Tätigkeitsverhältnis als Geschäftsführer beträfen. Seither unterfalle nicht nur die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern dem Erfordernis einer einstimmigen Beschlussfassung; vielmehr könne der Kläger auch einen maßgeblichen Einfluss auf sein Anstellungsverhältnis ausüben und seine Abberufung als Geschäftsführer verhindern. Infolge eines Irrtums seitens der Gesellschafter sei lediglich versäumt worden, die Sperrminorität in der ursprünglichen Fassung des Gesellschaftsvertrages aufzunehmen. Es sei jedoch bereits seit der Bestellung des Klägers als Geschäftsführer gewollt gewesen, dass dieser in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer nicht den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliege. Nachdem anlässlich des Statusfeststellungsverfahrens die "fehlerhafte Entscheidung" offenbar geworden sei, sei der Gesellschaftsvertrag zugunsten eines qualifizierten Mehrheitserfordernisses geändert worden.

Nicht zuletzt unterstreiche die Änderung des Gesellschaftsvertrages das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern, welches seit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer bestanden habe und seither praktiziert werde. Da dieses Vertrauen nicht erst seit der Beschlussfassung über die Änderung des Gesellschaftsvertrages bestanden habe, könne seit Beginn des Anstellungsverhältnisses ein maßgeblicher Einfluss des Klägers auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) angenommen werden. Die Rückwirkung einer gesellschaftsvertraglich verankerten Sperrminorität auf den Beginn des Anstellungsverhältnisses habe sogar die Beklagte in einem vergleichbaren Sachverhalt angenommen.

In der Abwägung aller abgrenzungsrelevanten Umstände gewichte die Beklagte den Abschluss eines "Dienstvertrages" zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) unangemessen. Dieser Umstand folge lediglich dem Erfordernis, dass die Tätigkeit eines Geschäftsführers stets in einem Vertrag geregelt werden müsse, da andernfalls nicht klar sei, welche Aufgabe die Tätigkeit umfasse. Ungeachtet dessen betone der am 27.5.2014 neu gefasste Anstellungsvertrag die Gestaltungsfreiheit des Klägers hinsichtlich seiner Tätigkeit sowie seine Weisungsungebundenheit.

Schließlich werde innerhalb der Gesellschaft aus Gründen familiärer Rücksichtnahme faktisch auf die Erteilung von Weisungen verzichtet. Zur weiteren Begründung seines Widerspruchs hat der Kläger auf die Bereitstellung eines Darlehens verwiesen, welches er der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 150.000,00 Euro zur Verfügung gestellt habe. Auf den Inhalt des Darlehensrahmenvertrages vom 1.6.2011 wird Bezug genommen. Nicht zuletzt sprächen für eine selbständige Tätigkeit des Klägers seine alleinige Branchenkenntnis, die ihm erteilte Kontovollmacht über die Geschäftskonten der Gesellschaft sowie die ihm erteilte Unterschriftsberechtigung.

Mit - an den Kläger und die Beigeladene zu 1) - adressierten Widerspruchsbescheiden vom 26.9.2014 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Unter Vertiefung der Ausführungen im Ausgangsbescheid führte sie ergänzend aus, die am 6.6.2014 beurkundete Änderung des Gesellschaftsvertrages beinhalte keine umfassende Sperrminorität und ermögliche dem Kläger lediglich partiell, die eigene Abberufung zu verhindern.

Mit der am 7.10.2014 zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat zur Begründung sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Die Auffassung der Beklagten erweise sich - ungeachtet aller weiteren, für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Indizien - allein deshalb als unrichtig, weil er kraft der am 6.6.2014 beurkundeten Änderung des Gesellschaftsvertrages über eine Sperrminorität im Hinblick auf sein eigenes Tätigkeitsverhältnis als Geschäftsführer verfüge. Aufgrund dieser Regelung unterfalle nicht lediglich die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern einem besonderem Mehrheitserfordernis; vielmehr könne er auch einen maßgeblichen Einfluss auf sein Anstellungsverhältnis ausüben und die eigene Abberufung als Geschäftsführer stets verhindern. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil v. 24.9.1992, 7 RAr 12/92) reiche eine das eigene Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers betreffende Sperrminorität aus. Im Rahmen einer solchen Sperrminorität könne der Geschäftsführer jegliche an ihn adressierte Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit durch die Gesellschafterversammlung verhindern. Der Rechtsprechung könne entgegen der Annahme der Beklagten das Erfordernis einer weiterreichenden "allumfassenden" Sperrminorität nicht entnommen werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30.5.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.9.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 1.1.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und damit nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.

Das SG hat nach Beiziehung eines Auszugs aus dem Handelsregister im Rahmen eines am 8.9.2015 durchgeführten Termins zur Erörterung des Sachverhalts den Gesellschafter der Beigeladenen zu 1), Herrn I-K P, zeugenschaftlich vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 8.9.2015 verwiesen.

Mit Urteil vom 3.11.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 30.5.2014 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.9.2014 teilweise aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 25.6.2014 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht bestehe. Die weitergehende Klage hat das SG abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 10.11.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.11.2015 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die angefochtene Entscheidung widerspreche der aktuellen Rechtsprechung des BSG, wonach für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status die einem Geschäftsführer zukommende abstrakte Rechtsmacht maßgeblich sei. Die frühere "Kopf und Seele"-Rechtsprechung habe das BSG mit Urteilen vom 29.7.2015 (B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R) aufgegeben. Mit Urteil vom 19.8.2015 (B 12 KR 9/14 R) habe das BSG zudem bestätigt, dass aus einer Darlehensgewährung kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden könne und familiäre Rücksichtnahmen - auch wegen der erforderlichen Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände - statusrechtlich irrelevant seien.

Soweit sie - die Beklagte - in der Vergangenheit in Einzelfällen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bereits vor Eintragung einer Satzungsänderung im Handelsregister eine Rechtsmachtverschiebung angenommen habe, sei hierfür die Zeitnähe der Änderung im Zusammenspiel mit anderen Besonderheiten des Einzelfalles maßgeblich gewesen. Selbst wenn - retrospektiv betrachtet - insoweit zweifelhafte Entscheidungen getroffen worden seien, könne sich der Kläger auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht berufen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.11.2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die von der Beklagten zur Begründung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Entscheidungen seien nicht geeignet, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu begründen. Ungeachtet der von der Beklagten in den Mittelpunkt gerückten Frage seiner Rechtsmacht seien Beschlüsse ohne seine Zustimmung nicht möglich. Die Beklagte führe zwar zutreffend aus, dass eine familiäre Rücksichtnahme, die nicht auf vertraglich vereinbarter Rechtsmacht beruhe, eine sozialversicherungsrechtliche Weisungsgebundenheit nicht aufhebe. Auf diesen Aspekt komme es allerdings vorliegend aufgrund der ihm eingeräumten Sperrminorität nicht an. An deren Relevanz ändere sich auch nicht deshalb etwas, weil sie einen sachlich begrenzten Anwendungsbereich habe.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Mit Bescheid vom 21.4.2016 hat die Beklagte den streitbefangenen Bescheid zugunsten der Feststellung geändert, dass in der von dem Kläger ausgeübten Beschäftigung als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Die Feststellung des Nichtbestehens einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung hat sie unangetastet gelassen.

Der Senat hat die monatlichen Verdienstbescheinigungen des Klägers seit dem 1.1.2014, Jahresabschlüsse der Beigeladenen zu 1) betreffend die Kalenderjahre 2013 bis 2015 sowie eine Prüfungsmitteilung der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 23.8.2011 betreffend eine für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2010 durchgeführte Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV) beigezogen. Auf deren Inhalt wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.6.2016 sind Vertreter der Beigeladenen zu 2) und 3) trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Diese ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) und 3) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er in den ordnungsgemäßen Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 30.5.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.9.2014 in seiner Fassung, die er durch den gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kraft Gesetzes zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid der Beklagten vom 21.4.2016 erlangt hat, soweit mit diesem eine Versicherungspflicht des Klägers in dem Zeitraum ab dem 25.6.2014 festgestellt worden ist. Der von diesem Verwaltungsakt erfasste Regelungszeitraum vom 1.1.2014 bis zum 24.6.2014 ist nicht Gegenstand des Verfahrens, da Rechtsmittelberechtigte eine (Anschluss-)Berufung gegen das insoweit abweisende Urteil des SG nicht erhoben haben.

I. Die am 25.11.2015 bei dem erkennenden Gericht schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 10.11.2015 zugestellte Urteil des SG Düsseldorf ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 SGG ohne gerichtliche Zulassung statthaft sowie form- und fristgerecht (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegt worden.

II. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 30.5.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.9.2014 zu Unrecht teilweise aufgehoben und zu Unrecht festgestellt, dass der Kläger seit dem 25.6.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Diese Feststellung beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte ist für den Zeitraum ab dem 25.6.2014 in formell (hierzu 1.) und materiell (hierzu 2.) rechtmäßiger Weise zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung gelangt.

1. Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV).

An der Feststellung der Versicherungspflicht im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens war die Beklagte nicht aus formellen Gründen gehindert. Es ist nicht erkennbar, dass ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Beantragung der Statusfeststellung, dem 29.1.2014, bereits ein Verfahren auf Feststellung einer Versicherungspflicht des Klägers in der - hier zu beurteilenden - Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) eingeleitet hatte.

Die mit Prüfungsmitteilung (§ 7 Abs. 4 Beitragsverfahrensverordnung) vom 23.8.2011 abgeschlossene Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV) der Deutschen Rentenversicherung Rheinland bezog sich auf den Prüfungszeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2010 und war schon deshalb nicht auf die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers in dessen ab dem 1.1.2014 aufgenommenen Auftragsbeziehung zur Beigeladenen zu 1) gerichtet.

2. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers ab dem 25.6.2014 ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beklagte ein zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung führendes Beschäftigungsverhältnis des Klägers angenommen [hierzu a)]. Tatbestände, die in diesen Zweigen der Sozialversicherung eine Versicherungsfreiheit des Klägers begründen, sind nicht gegeben [hierzu b)].

a) Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

aa) Der Kläger ist bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R; jeweils juris).

Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12; jeweils juris).

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8 m.w.N.). Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG, Urt. v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, juris, Rdnr. 23). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Ausnahmsweise kann von Bedeutung sein, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm gegenüber nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. In solchen Fällen kann eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen sein, wenn die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; vgl. insgesamt: Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris).

(1) Der für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung des Klägers im Ausgangspunkt zugrunde zu legende Geschäftsführervertrag in seiner für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung vom 27.5.2014 (GFV n.F.) trägt arbeitsvertragliche Züge. Dieses zeigen beispielhaft der Anspruch auf Zahlung einer regelmäßigen Vergütung in Höhe von 7.900,00 Euro monatlich (§ 4.1 GFV n.F.), die den Angaben des Klägers in dem Statusfeststellungsantrag zufolge als Betriebsausgabe verbucht wird.

Der Umstand, dass anstellungsvertraglich nach Maßgabe der in § 4.2 GFV n.F. enthaltenen Regelungen ein Anspruch auf Gewährung einer Tantieme geregelt wird, entkräftet in der gebotenen Gesamtschau die arbeitsvertragliche Typik nicht. Auch wenn Regelungen über die Gewährung einer Tantieme nicht standardisiert in Arbeitsverträgen enthalten sind, finden entsprechende Vereinbarungen als personalwirtschaftliches Steuerungsinstrument leistungsorientierter Vergütung gleichwohl in vielen Anstellungsverträgen, insbesondere bei solchen leitender Arbeitnehmer, Eingang und sind daher arbeitsvertraglichen Vereinbarungen keineswegs fremd. Entsprechendes gilt für die anstellungsvertraglich vorgesehene Lockerung der Weisungsdichte hinsichtlich der Arbeitszeit des Klägers (§ 3 GFV n.F.) und der in § 5 GFV n.F. eingeräumten Befugnis des Klägers, Dauer und Lage des Urlaubs frei zu bestimmen, solange die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. Eher kennzeichnend für die arbeitsvertraglicher Natur sind überdies die in § 4.3. GFV n.F. gewährleistete Bereitstellung eines Dienstwagens sowie die in § 4.4. GFV n.F. enthaltene Verpflichtung der Beigeladenen zu 1), zugunsten des Klägers versicherungsvertraglich zum Zwecke der Alters-, Berufungsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf das Leben des Geschäftsführers eine Direktversicherung abzuschließen. Die in § 4.1 Satz 2 GFV n.F. enthaltene Regelung, wonach die monatlichen Bezüge des Klägers je nach Auftragslage und Leistungsfähigkeit angepasst werden, mag nicht ohne Weiteres arbeitsvertragstypisch sein, ist aber zumindest für unzweifelhaft beschäftigte Fremdgeschäftsführer nicht unüblich. Die Geschäftsführerbezüge einer GmbH müssen der Höhe nach angemessen sein und eine Herabsetzung bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft ermöglichen (vgl. nur Kort, AG 2016, 209, 213). Hierbei kann der Senat offen lassen, ob sich eine Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH, im Falle einer Krise der Gesellschaft einer Herabsetzung seiner Bezüge zuzustimmen, aus einer entsprechenden Anwendung des § 87 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG) ergibt (so noch Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 15.6.1992, II ZR 88/91, juris; Oberlandesgericht [OLG] Köln, Beschluss v. 6.7.2007, 18 U 131/07, juris; Paefgen, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2014, § 35 GmbHG, Rdnr. 370; verneinend nunmehr BGH, Urteil v. 27.10.2015, II ZR 296/14, juris mit kritischer Anmerkung Kort, AG 2016, 209, 213) oder aus seiner organschaftlichen Treuepflicht, wobei § 87 Abs. 2 AktG lediglich seinem wesentlichen Rechtsgedanken nach zur Konkretisierung herangezogen wird (Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 35 Rdnr. 183, 187; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 6 Rdnr. 93; Lunk/Stolz, NZA 2010, 121, 123f.). Überdies ist bei der Würdigung des § 4.1 Satz 2 GFV n.F. auch zu berücksichtigen, dass Vereinbarungen zur Reduzierung von Entgeltansprüchen auch bei unstreitig beschäftigten Arbeitnehmern mit dem Ziel der Konsolidierung der wirtschaftlichen Verfassung eines Unternehmens in der arbeitsrechtlichen Praxis durchaus anzutreffen sind. So sind als betriebswirtschaftliche Handlungsoption zur Sicherung der Liquidität eines Unternehmens und als Instrument zur Beschäftigungssicherung beispielsweise betriebliche Vereinbarungen zur Reduzierung von Entgeltansprüchen anerkannt. Die in § 2.2. GFV n.F. enthaltene Regelung, wonach der Kläger die Geschäfte selbständig und nach freiem Ermessen leitet, ist zwar nicht typisch für einen Arbeitsvertrag. Allerdings nimmt auch der abhängig beschäftigte Fremdgeschäftsführer Arbeitgeberfunktionen war. Zudem ist die Einräumung weitgehender Handlungsfreiräume auch bei Arbeitnehmern, die Dienste höherer Art verrichten, nicht ungewöhnlich. Entsprechendes gilt für die in § 2.3. GFV n.F. enthaltene Regelung, wonach der Kläger an Weisungen der Gesellschafter nicht gebunden ist, es sei denn, zwingende gesetzliche Regelungen stehen der Weisungsfreiheit entgegen. Diese Regelung vermittelt indessen bei näherer Würdigung die von dem Kläger angenommene Weisungsfreiheit gegenüber der Beigeladenen zu 1) nicht [hierzu nachfolgend (3) (c)]. (2) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Kläger in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem der Beigeladenen zu 1) tatsächlich tätig geworden. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltete GmbH selbst. Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rdnr. 21 m.w.N.) und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten (vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rdnr. 18). Der Kläger hat seine Tätigkeit unter Nutzung der von der Beigeladenen zu 1) bereitgestellten Räumlichkeiten und deren Infrastruktur ausgeübt. Seine Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) wird überdies nicht nur durch § 2.1 und § 2.2 GFV n.F. anstellungsvertraglich verschriftlicht, wonach der Kläger die GmbH vertritt und deren Geschäfte führt, sondern auch dadurch offenbar, dass die Unternehmensführung nach eigenem Vortrag des Klägers in funktioneller Arbeitsteilung zwischen ihm und seinem Bruder erfolgt und die in diesem Rahmen praktizierte Ressortaufteilung erkennbar dem Umstand Rechnung trägt, dass der Kläger über eine Ausbildung zum Dipl.-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau verfügt und sein Bruder seine Qualifikationen als Dipl.-Kaufmann (MBA) einbringt.

(3) Der Kläger hat seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) auch im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nach Weisungen ausgeübt. Er besitzt keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht (zu diesem Erfordernis etwa BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; zur Bedeutung der gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 32), die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm unter Umständen unangenehme Weisungen jederzeit zu verhindern.

(a) Der Kläger unterlag nach §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1). Nach § 47 Abs. 1 GmbHG erfolgen die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Dieser gesetzlichen Konzeption entsprechend werden nach § 7 Abs. 1 GesV n.F. Beschlüsse innerhalb der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Nach § 7 Abs. 3 GesV n.F. entfällt auf je einen Euro Geschäftsanteil eine Stimme. Aufgrund seines Anteils am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) von lediglich 49% steht dem Kläger daher nicht die Rechtsmacht zu, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung jederzeit wirksam abzuwehren.

(b) Der Kläger verfügt auch nicht über eine umfassende gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität, um alle ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern, was die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde (Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Abs. 1 Rdnr. 103).

(aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG reicht eine lediglich partiell wirkende Sperrminorität, etwa bzgl. der Unternehmenspolitik und der Auflösung der Gesellschaft, nicht aus, um eine sozialversicherungsrechtlich relevante Weisungsgebundenheit auszuschließen (BSG, Urteil v. 24.9.1992, 7 RAr 12/92, SozR 3-4100 § 168 Nr. 8, S. 16). Notwendig ist vielmehr eine umfassende Sperrminorität, die dem Geschäftsführer ermöglicht, nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren (etwa BSG, Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R unter Hinweis auf BSGE 38, 53, 57 f. = SozR 4600 § 56 Nr. 1, S. 5; BSGE 42, 1, 3 = SozR 2200 § 723 Nr. 1, S. 3 m.w.N.; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 25 m.w.N.; BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21, Rdnr. 16).

Nach diesen Maßstäben vermittelt die in § 7 Abs. 2 GesV n.F. enthaltene Regelung, wonach Beschlüsse über die Berufung und Abberufung der Geschäftsführer sowie über Abschlüsse, Änderung und Kündigung von Anstellungsverträgen, sofern die betreffenden Personen Gesellschafter sind, dem Kläger nicht in diesem Sinne eine Rechtsmacht, sich gegenüber Weisungen der Gesellschafter in Bezug auf Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit wirksam zur Wehr zu setzen. Der Anwendungsbereich des qualifizierten Mehrheitserfordernisses ist ausdrücklich auf die von § 7 Abs. 2 GesV n.F. erfassten Beschlussfassungen beschränkt und vermittelt dem Kläger mithin keine Rechtsmacht, etwaige übrige Weisungen der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich seiner konkreten Geschäftsführertätigkeit wirksam abzuwehren. So ist die Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) trotz Einfügung des § 7 Abs. 2 GesV n.F. insbesondere weiterhin in der Lage, Weisungen unterhalb der Schwelle einer Berufung und Abberufung der Geschäftsführer sowie des Abschlusses, der Änderung und der Kündigung von Anstellungsverträgen zu treffen, ohne dass der Kläger diese unter Berufung auf § 7 Abs. 2 GesV n.F. wirksam abwehren könnte.

(bb) Ohnehin ist der Anwendungsbereich des qualifizierten Mehrheitserfordernisses des § 7 Abs. 2 GesV n.F. weniger weitreichend, als von dem Kläger angenommen. Soweit er geltend macht, er könne sich kraft der Neufassung des Gesellschaftsvertrages wirksam gegen eine Abberufung als Geschäftsführer sowie eine Kündigung des Anstellungsvertrages zur Wehr setzen, weist der Senat darauf hin, dass er jedenfalls bei einer Abberufung aus wichtigem Grund einem Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG analog unterliegt (BGH, Urteil v. 27.4.2009, II ZR 167/07, BB 2009, 1249 Ls., NJW 2009, 2300; BGH, Urteil v. 27.10.1986, II ZR 74/85, NJW 1987, 1889; BGH, Urteil v. 14.2.2000, II ZR 218/98, BB 2000, 844, NZG 2000, 546; OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.2.2000, 6 U 77/99, NZG 2000, 1135; OLG Stuttgart, Urteil v. 13.5.2013, 14 U 12/13, NZG 2013, 1146, 1147). Insoweit ist in Rechtsprechung und Literatur lediglich umstritten, welche Anforderungen im Einzelnen an den Stimmrechtsausschluss zu stellen sind, namentlich ob der Ausschluss von der Beschlussfassung bereits bei einem substantiierten Vorwurf eines wichtigen Grundes zu bejahen ist (so OLG Brandenburg, Urteil v. 17.1.1996, 7 U 106/95, GmbHR 1996, 539, 542; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 38 Rdnr. 17; Schmidt, in Scholz [Hrsg.], GmbHG, 11. Aufl. 2014, § 46 Rdnr. 76 ["ernst zu nehmender (substantiierter) Vorwurf eines wichtigen Grundes]) oder das Stimmrecht erst ausgeschlossen ist, wenn der wichtige Grund objektiv vorlag (so OLG Karlsruhe, Urteil v. 4.5.1999, 8 U 153/97, NZG 2000, 264, 265; OLG Naumburg, Urteil v. 25.1.1996, 2 U 31/95, GmbHR 1996, 934, 936; OLG Düsseldorf, Urteil v. 23.2.2012, I 6 U 135/10), wovon der BGH jedenfalls für die Konstellation einer paritätischen Beteiligung der Gesellschafter ausgeht (BGH, Urteil v. 20.12.1982, II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 181 f., GmbHR 1983, 149; umfassend zum Streitstand Ensenbach, GmbHR 2016, 8, 11). Ein derartiger wichtiger Grund wird regelmäßig dann vorliegen, wenn ein Geschäftsführer sich weigert, Weisungen der Gesellschafterversammlung auszuführen.

(cc) Da die Regelung des § 7 Abs. 2 GesV n.F. eine statusrechtlich maßgebliche Rechtsmachtverschiebung zugunsten des Klägers aus diesen Gründen bereits im Ansatz nicht vermittelt, kommt es auf die von dem Kläger aufgeworfene - im Hinblick auf § 54 Abs. 3 GmbHG indessen zu verneinende - (Folge-)Frage einer Rückwirkung der Satzungsänderung im vorliegenden Fall nicht an.

(c) Erst Recht hat § 2.3 AnstV n.F. eine sozialversicherungsrechtlich maßgebliche Verschiebung der Rechtsmacht des Klägers nicht bewirkt. Hiernach ist der Geschäftsführer an Weisungen der Gesellschafter nicht gebunden, es sei denn, zwingende gesetzliche Regelungen stehen der Weisungsfreiheit entgegen.

Aus dieser anstellungsvertraglichen Vereinbarung kann der Kläger schon deshalb keine sozialversicherungsrechtlich relevante Rechtsmachtverschiebung zu seinen Gunsten ableiten, da es an der erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Verankerung mangelt. Darüber hinaus sind der schuldrechtlich vereinbarten Weisungsfreiheit schon ihrem Wortlaut nach Grenzen gesetzt. So besteht eine Weisungsfreiheit nur solange zwingende gesetzliche Regelungen dem nicht entgegenstehen. Nach den insoweit zwingenden gesetzlichen Regelungen des Gesellschaftsrechts kann aber die Kontrolle über einen Geschäftsführer nicht dadurch beseitigt werden, dass er jeder von den Gesellschaftern beeinflussbaren Aufsicht entzogen wird. Vielmehr ist die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern aufgrund des Verbots der Selbstentmündigung der Gesellschafter bzw. Grundsatz der Verbandssouveränität in ihrem Kern nicht abdingbar (Senat, Urteil v. 4.3.2015, L 8 R 931/13 unter Hinweis auf Schmidt, a.a.O., § 46 Rdnr. 113; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 45 Rdnr. 11; Mollenkopf in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2011, § 45 Rdnr. 9; Zöllner in: Baumbach/Hueck, a.a.O., § 46 Rdnr. 7; BSG, Urteil v. 22.8.1973, 12 RK 24/72, BB 1973, 1310 für Personengesellschaften aus diesem Grund jedenfalls gegen eine stillschweigende Abbedingung der Gesellschafterbefugnis BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-182).

(4) Besondere Umstände des Einzelfalles, die ausnahmsweise eine faktische Weisungsfreiheit des Klägers begründen könnten, sind nach den Feststellungen des Senats nicht gegeben.

(a) Eine für den sozialversicherungsrechtlichen Status relevante faktische Weisungsfreiheit ergibt sich nicht aus einer familiären Verbundenheit innerhalb des Gesellschafterkreises der Beigeladenen zu 1). Die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht heranzuziehen. Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R; jeweils juris unter Verweis auf BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 32).

Wegen der dem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV schon aus diesem Grund immanenten "ex-ante"-Betrachtung spielt es auch keine Rolle, dass der Vater des Klägers im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem Sozialgericht (retrospektiv) bekundet hat, er habe seinen Stammkapitalanteil nie nutzen müssen.

(b) Ebenso wenig ist die behauptete besondere Fachkompetenz und Branchenkenntnis des Klägers geeignet, eine sozialversicherungsrechtlich relevante Weisungsfreiheit zu begründen. Dieser Aspekt stellt schon keinen besonderen Umstand des Einzelfalles dar. Es liegt vielmehr in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle Kenntnisse und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich tätig zu sein (Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris). In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, a.a.O.; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.).

(5) Für eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem die Gesamtabwägung maßgeblich bestimmenden Umfang gegeben.

(a) Der Kläger konnte seine Tätigkeit nicht unternehmertypisch im Wesentlichen frei bestimmen. Die - auch anstellungsvertraglich vorgesehene - weitgehende Lockerung der Weisungspraxis ist bei Arbeitnehmern, die - wie der zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellte Kläger - Dienste höherer Art ausüben, nicht ungewöhnlich.

(b) Der Kläger verfügte über keine eigene Betriebsstätte.

(c) Ein wesentliches unternehmerisches Risiko bestand für den Kläger im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehung zur Beigeladenen zu 1) gleichfalls nicht.

Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR -3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27).

(aa) Seine Arbeitskraft hat der Kläger nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Er konnte vielmehr die anstellungsvertraglich vereinbarte Festvergütung in Höhe von 7.900,00 Euro beanspruchen, die ausweislich der beigezogenen Verdienstnachweise bis zum 31.3.2016 auch regelmäßig zur Auszahlung gebracht wurde. Für die Kalendermonate April und Mai 2016 hat der Kläger in gleichbleibender Höhe eine Festvergütung in Höhe von 8.090,00 Euro erhalten.

(bb) Die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) hat auch einen nennenswerten eigenen, mit einem etwaigen Verlustrisiko verbundenen Kapitaleinsatz des Klägers nicht erfordert. Er konnte nach § 4.3 GFV n.F. die Gestellung eines gesellschaftseigenen Pkw der Marke Mercedes (Typ E-Klasse) oder einen vergleichbaren Pkw beanspruchen, wobei die Beigeladene zu 1) alle mit der Bereitstellung zusammenhängenden Kosten zu tragen hat. Der Kläger hatte lediglich die private Nutzung zu versteuern.

(cc) Ein unternehmerisches Risiko in einem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung interpretierten Sinne folgt schließlich nicht aus dem mit dem Darlehensrahmenvertrag vom 1.6.2011 der Beigeladenen zu 1) gewährten Darlehen. Der Kläger übernahm damit nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, wie es mit jeder Darlehensgewährung verbunden ist. In Bezug auf die mit Wirkung zum 1.1.2014 übernommene Tätigkeit als Geschäftsführer ergaben sich aus der im Jahr 2011 erfolgten Darlehensgewährung auch keine verstärkten Einflussmöglichkeiten des Klägers auf die Beigeladene zu 1) (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R m.w.N.), da die Tilgung des Darlehens nach Ziffer 2 des Darlehensrahmenvertrages nach der Geschäftslage begann.

(dd) Die anstellungsvertraglich vereinbarte Gewährung einer Tantieme begründet gleichfalls kein unternehmerisches Risiko in einem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung interpretierten Sinne. Zwar kommt der Zahlung von Tantiemen für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit insoweit Bedeutung zu, als sie Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen ist (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, m.w.N., juris, Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., juris). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, kommt ihr indessen jedenfalls dann keine Indizwirkung von wesentlichem Gewicht für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit zu, wenn sie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung - wie hier nach Maßgabe des § 4.1. GFV n.F. - deutlich hinter dem vereinbarten Festgehalt zurückbleibt.

(d) Die dem Kläger eingeräumte Alleinvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH wie der Beigeladenen zu 1) nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 5/13, juris).

(e) In der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen im Gesamtbild die für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses des Klägers sprechenden Indizien erheblich. bb) Die Beschäftigung des Klägers erfolgt auch gegen Entgelt (§ 14 SGB IV). b) Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit des am 00.00.1975 geborenen Klägers in den allein streitigen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründen, sind nicht ersichtlich. Die Kostenscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Dr. Freudenberg Schneider Köster

Beglaubigt

Roth Regierungsbeschäftigte
Rechtskraft
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