Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AS 984/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1993/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 06.09.2016 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten. Den Klägern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt E aus M beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Kosten des Widerspruchsverfahrens.
Die im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Kläger erhielten auf Grundlage eines vorläufigen Bescheides vom 15.01.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04.02.2014 und 22.05.2014 für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte berücksichtigte ein durchschnittliches Einkommen der Klägerin zu 1) in Höhe von 220,75 Euro. Gegen die Anrechnung von Einkommen im Bescheid vom 15.01.2014 legte die Klägerin am 23.01.2014 Widerspruch ein. Wie sie bereits mehrfach mitgeteilt habe, werde sie von ihrem Arbeitgeber seit Anfang Dezember nicht mehr eingesetzt. Sie erhalte keine Einkommen.
Mit Bescheiden vom 06.03.2014 und 24.01.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 endgültig ohne Anrechnung von Einkommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 verwarf der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 15.01.2014 als unzulässig. Der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 15.01.2014 habe sich nach Erlass der endgültigen Festsetzungsbescheide vom 06.03.2014 und 24.01.2015 auf andere Weise erledigt, da er seine Wirksamkeit verloren habe, weil die angegriffene Entscheidung durch die Entscheidungen vom 06.03.2014 und 24.01.2015 ersetzt worden sei Eine Beschwer sei nicht mehr gegeben. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens seien nicht zu übernehmen.
Mit Urteil vom 06.09.2016 hat das Sozialgericht der Klage der Kläger auf Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach stattgegeben und den Beklagten verurteilt, unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2015 den Klägern die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach zu erstatten. Die Berufung gegen das Urteil hat es nicht zugelassen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Der Beklagte hat gegen das am 12.09.2016 zugestellte Urteil am 06.10.2016 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsfrage, ob die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bei einem als unzulässig verworfenen Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 SGB III, welche nach Erlass eines Bescheides, mit dem die Leistungshöhe endgültig festgesetzt werde, seine Wirksamkeit nach § 39 Abs. 2 SGB X verloren habe, sei im vorliegenden Verfahren klärungsbedürftig und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach §§ 145 Abs. 1 S. 1 SGG statthaft. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts bedarf nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes einen Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt. Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung bestimmt sich der Beschwerdewert i.S.v. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Beschwerdeführer weiter verfolgt wird. Maßgebend ist die Leistung, die im Streit ist. Vorliegend hat der Beklagte sein Berufungsbegehren nicht konkret beziffert. Bei einem unbezifferten Antrag hat das Berufungsgericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (vgl. BSG, Beschluss vom 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B und Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 39/07 R, SozR 4-2600 § 210 Nr. 2; siehe auch BSG, Beschluss vom 24.02.2011 - B 14 AS 143/10 B). Streitgegenstand des Verfahrens ist der Kostenerstattungsanspruch der Kläger nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der notwendigen Aufwendungen - vorliegend des Gebührenanspruchs ihrer Bevollmächtigten für ihre Vertretung im Widerspruchsverfahren. Der Gebührenanspruch ihres Bevollmächtigten beläuft sich unter Zugrundelegung einer Schwellengebühr von 480,00 EUR (Nrn. 2302, 1008 VV RVG) auf weniger als 750,00 EUR.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Zulassungsgründe in diesem Sinne liegen nicht vor.
1.) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 28; BSG, Beschluss vom 24.09.2012 - B 14 AS 36/12 B zu § 160 SGG; Beschluss des Senats vom 07.10.2013 - L 19 AS 1101/13 NZB). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, a.a.O., § 160 Rn. 9 m.w.N.).
Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bei einem als unzulässig verworfenen Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 SGB III, welche nach Erlass eines Bescheides, mit dem die Leistungshöhe endgültig festgesetzt wird, seine Wirksamkeit nach § 39 Abs. 2 SGB X verloren hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht klärungsbedürftig.
Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 35/15 B m.w.N. zum gleichlautenden § 160 SGG). Die von dem Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage weist keine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne auf. Sie ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erledigt sich eine vorläufige Bewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 SGB III durch den Erlass einer endgültigen Bewilligung in sonstiger Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X. Eine endgültige Bewilligung ersetzt die vorläufige Bewilligung und wird nach § 96 SGG Gegenstand eines Klageverfahrens, dessen Gegenstand eine vorläufige Bewilligung ist (BSG, Urteile vom 25.06.2016 - B 4 AS 54/15 R und 17.02.2016 - B 4 AS 17/15 R SozR 4-4200 § 11 Nr. 75 m.w.N.). Ebenso wird eine endgültige Bewilligung nach § 86 SGG Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens, dessen Gegenstand eine vorläufige Bewilligung ist (BSG, Urteile vom 02.05.2012 - B 11 AL 23/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 17 und 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr.16, LSG NRW, Beschluss vom 24.04.2015 - L 19 AS 507/15 NZB mit Zusammenfassung des Meinungsstandes; siehe auch BSG, Urteil vom 19.11.2009 - B 13 R 113/08 R, SozR 4-2600 § 307b Nr. 10, wonach Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nur der letzte - alle zuvor ergangenen Bescheide vollständig konsumierende - Bescheid ist. Wenn der ursprünglich durch Widerspruch angefochtene Bescheid nicht nur abgeändert, sondern vollständig ersetzt und damit im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X "anderweitig aufgehoben" und wirkungslos wird, ist im Rahmen der Anwendung des § 86 SGG für eine Kumulation der streitgegenständlichen Bescheide kein Raum.).
Ob die Kosten eines Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X von dem Beklagten zu übernehmen sind, hängt davon ab, ob der Widerspruch "Erfolg" hat. Die Kriterien, die an dieses Tatbestandsmerkmal zu stellen sind, sind ebenfalls höchstrichterlich geklärt. Ein Widerspruch hat i.S.v. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X nur dann Erfolg, wenn die Behörde ihm stattgibt. Eine Stattgabe liegt vor, wenn die Behörde eine für den Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung trifft und zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung ein Kausalzusammenhang besteht.
Erfolg oder Misserfolg eines eingelegten Widerspruchs ist am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 78 ff. SGG zu messen (vgl. BSG, Urteile vom 02.11.2012 - B 4 AS 97/11 R und 19.06.2012 - B 4 AS 142/11 R, SozR 1300 § 63 Nr. 20 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich der mit dem Widerspruch begehrten und der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung (BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 68/12 R, NZS 2012, 957). Daher ist das mit dem Widerspruch Begehrte und der Inhalt der letzten im Widerspruchsverfahren ergangenen Sachentscheidung, die die vorangegangenen Bescheide abgeändert oder konsumiert hat und damit Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach § 86 SGG geworden ist, zu vergleichen. Abgesehen von dem Fall des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X kommen Ausnahmen von diesem Erfolgsprinzip, etwa unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung, nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 19.06.2012, a.a.O.).
Weiterhin muss zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehen. Ein Widerspruch ist nicht immer schon dann erfolgreich, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine dem Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung ergeht, wenn also der belastende Verwaltungsakt, der Widerspruch des Betroffenen hiergegen und ein "stattgebender" Verwaltungsakt in zeitlicher Reihenfolge stehen. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (vgl. BSG, Urteile vom 02.05.2012, a.a.O. m.w.N., vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R und vom 13.10.2010 - B 6 KA 29/09 R - SozR 4-1300 § 63 Nr. 13). Für die Annahme eines Kausalzusammenhangs im Rechtssinne genügt in der Regel, dass der Widerspruchsführer durch die Erhebung des Rechtsbehelfs eine Ursache für die Abänderung der ablehnenden Entscheidung - der Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft des Verwaltungsaktes (§ 77 SGG) - gesetzt hat (BSG, Urteil vom 13.10.2010, a.a.O.). Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen der Widerspruch in der Sache Erfolg hatte (BSG, Urteil vom 19.06.2012, a.a.O.). Höchstrichterlich ist geklärt, dass der Kausalzusammenhang zwischen einem Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung und einer im Laufe des Widerspruchsverfahrens ergangenen endgültigen Bewilligung i.S.v. § 63 Abs. 1 SGB X nicht entfällt, sondern ein solcher Widerspruch - abhängig vom Inhalt der endgültigen Entscheidung - erfolgreich sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 02.05.2012, a.a.O. und vom 19.10.2011, a.a.O.). Der Kausalzusammenhang entfällt, wenn der angegriffene Bescheid nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand eines anderen Gerichtsverfahrens (BSG, Urteil vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R, SozR 4-1500 § 193 Nr. 6) oder nach § 86 SGG Gegenstand eines anderen Vorverfahrens wird (BSG, Urteil vom 19.06.2012, a.a.O.) und damit die Erhebung eines Widerspruchs zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft nicht erforderlich ist bzw. das die Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides auslösende Ereignis im Verantwortungsbereich des Widerspruchsführers gelegen hat (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 16).
Anhand dieser Kriterien kann beurteilt werden, ob ein Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung, die sich nach Erlass eines endgültigen Bescheides auf andere Weise erledigt, erfolgreich war oder nicht. Wie im vorliegenden Fall beinhaltet die endgültige Bewilligung eine vollständige Abhilfeentscheidung, da die Kläger bereits im Widerspruchsverfahren mitgeteilt haben, dass sie kein Einkommen erzielten. Die Ursächlichkeit des Widerspruchs ist damit gegeben.
2.) Auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung nicht den Kriterien entspricht, die diese Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Eine eventuelle Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B zum gleichlautenden § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Vorliegend hat das Sozialgericht keinen von der Rechtsprechung der genannten Gerichte abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt.
3) Das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat der Beklagte nicht gerügt und es ist auch nicht ersichtlich.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 S. 4 SGG).
Nach Vorstehendem war den Klägern Prozesskostenhilfe nach §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten. Den Klägern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt E aus M beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Kosten des Widerspruchsverfahrens.
Die im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Kläger erhielten auf Grundlage eines vorläufigen Bescheides vom 15.01.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04.02.2014 und 22.05.2014 für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte berücksichtigte ein durchschnittliches Einkommen der Klägerin zu 1) in Höhe von 220,75 Euro. Gegen die Anrechnung von Einkommen im Bescheid vom 15.01.2014 legte die Klägerin am 23.01.2014 Widerspruch ein. Wie sie bereits mehrfach mitgeteilt habe, werde sie von ihrem Arbeitgeber seit Anfang Dezember nicht mehr eingesetzt. Sie erhalte keine Einkommen.
Mit Bescheiden vom 06.03.2014 und 24.01.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 endgültig ohne Anrechnung von Einkommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 verwarf der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 15.01.2014 als unzulässig. Der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 15.01.2014 habe sich nach Erlass der endgültigen Festsetzungsbescheide vom 06.03.2014 und 24.01.2015 auf andere Weise erledigt, da er seine Wirksamkeit verloren habe, weil die angegriffene Entscheidung durch die Entscheidungen vom 06.03.2014 und 24.01.2015 ersetzt worden sei Eine Beschwer sei nicht mehr gegeben. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens seien nicht zu übernehmen.
Mit Urteil vom 06.09.2016 hat das Sozialgericht der Klage der Kläger auf Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach stattgegeben und den Beklagten verurteilt, unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2015 den Klägern die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach zu erstatten. Die Berufung gegen das Urteil hat es nicht zugelassen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Der Beklagte hat gegen das am 12.09.2016 zugestellte Urteil am 06.10.2016 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsfrage, ob die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bei einem als unzulässig verworfenen Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 SGB III, welche nach Erlass eines Bescheides, mit dem die Leistungshöhe endgültig festgesetzt werde, seine Wirksamkeit nach § 39 Abs. 2 SGB X verloren habe, sei im vorliegenden Verfahren klärungsbedürftig und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach §§ 145 Abs. 1 S. 1 SGG statthaft. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts bedarf nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes einen Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt. Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung bestimmt sich der Beschwerdewert i.S.v. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Beschwerdeführer weiter verfolgt wird. Maßgebend ist die Leistung, die im Streit ist. Vorliegend hat der Beklagte sein Berufungsbegehren nicht konkret beziffert. Bei einem unbezifferten Antrag hat das Berufungsgericht den Beschwerdewert zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (vgl. BSG, Beschluss vom 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B und Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 39/07 R, SozR 4-2600 § 210 Nr. 2; siehe auch BSG, Beschluss vom 24.02.2011 - B 14 AS 143/10 B). Streitgegenstand des Verfahrens ist der Kostenerstattungsanspruch der Kläger nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der notwendigen Aufwendungen - vorliegend des Gebührenanspruchs ihrer Bevollmächtigten für ihre Vertretung im Widerspruchsverfahren. Der Gebührenanspruch ihres Bevollmächtigten beläuft sich unter Zugrundelegung einer Schwellengebühr von 480,00 EUR (Nrn. 2302, 1008 VV RVG) auf weniger als 750,00 EUR.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Zulassungsgründe in diesem Sinne liegen nicht vor.
1.) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 28; BSG, Beschluss vom 24.09.2012 - B 14 AS 36/12 B zu § 160 SGG; Beschluss des Senats vom 07.10.2013 - L 19 AS 1101/13 NZB). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, a.a.O., § 160 Rn. 9 m.w.N.).
Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bei einem als unzulässig verworfenen Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 SGB III, welche nach Erlass eines Bescheides, mit dem die Leistungshöhe endgültig festgesetzt wird, seine Wirksamkeit nach § 39 Abs. 2 SGB X verloren hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht klärungsbedürftig.
Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 35/15 B m.w.N. zum gleichlautenden § 160 SGG). Die von dem Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage weist keine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne auf. Sie ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erledigt sich eine vorläufige Bewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 SGB III durch den Erlass einer endgültigen Bewilligung in sonstiger Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X. Eine endgültige Bewilligung ersetzt die vorläufige Bewilligung und wird nach § 96 SGG Gegenstand eines Klageverfahrens, dessen Gegenstand eine vorläufige Bewilligung ist (BSG, Urteile vom 25.06.2016 - B 4 AS 54/15 R und 17.02.2016 - B 4 AS 17/15 R SozR 4-4200 § 11 Nr. 75 m.w.N.). Ebenso wird eine endgültige Bewilligung nach § 86 SGG Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens, dessen Gegenstand eine vorläufige Bewilligung ist (BSG, Urteile vom 02.05.2012 - B 11 AL 23/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 17 und 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr.16, LSG NRW, Beschluss vom 24.04.2015 - L 19 AS 507/15 NZB mit Zusammenfassung des Meinungsstandes; siehe auch BSG, Urteil vom 19.11.2009 - B 13 R 113/08 R, SozR 4-2600 § 307b Nr. 10, wonach Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nur der letzte - alle zuvor ergangenen Bescheide vollständig konsumierende - Bescheid ist. Wenn der ursprünglich durch Widerspruch angefochtene Bescheid nicht nur abgeändert, sondern vollständig ersetzt und damit im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X "anderweitig aufgehoben" und wirkungslos wird, ist im Rahmen der Anwendung des § 86 SGG für eine Kumulation der streitgegenständlichen Bescheide kein Raum.).
Ob die Kosten eines Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X von dem Beklagten zu übernehmen sind, hängt davon ab, ob der Widerspruch "Erfolg" hat. Die Kriterien, die an dieses Tatbestandsmerkmal zu stellen sind, sind ebenfalls höchstrichterlich geklärt. Ein Widerspruch hat i.S.v. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X nur dann Erfolg, wenn die Behörde ihm stattgibt. Eine Stattgabe liegt vor, wenn die Behörde eine für den Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung trifft und zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung ein Kausalzusammenhang besteht.
Erfolg oder Misserfolg eines eingelegten Widerspruchs ist am tatsächlichen (äußeren) Verfahrensgang der §§ 78 ff. SGG zu messen (vgl. BSG, Urteile vom 02.11.2012 - B 4 AS 97/11 R und 19.06.2012 - B 4 AS 142/11 R, SozR 1300 § 63 Nr. 20 m.w.N.). Entscheidend ist der Vergleich der mit dem Widerspruch begehrten und der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung (BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 68/12 R, NZS 2012, 957). Daher ist das mit dem Widerspruch Begehrte und der Inhalt der letzten im Widerspruchsverfahren ergangenen Sachentscheidung, die die vorangegangenen Bescheide abgeändert oder konsumiert hat und damit Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach § 86 SGG geworden ist, zu vergleichen. Abgesehen von dem Fall des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X kommen Ausnahmen von diesem Erfolgsprinzip, etwa unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung, nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 19.06.2012, a.a.O.).
Weiterhin muss zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne bestehen. Ein Widerspruch ist nicht immer schon dann erfolgreich, wenn zeitlich nach der Einlegung des Rechtsbehelfs eine dem Widerspruchsführer begünstigende Entscheidung ergeht, wenn also der belastende Verwaltungsakt, der Widerspruch des Betroffenen hiergegen und ein "stattgebender" Verwaltungsakt in zeitlicher Reihenfolge stehen. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (vgl. BSG, Urteile vom 02.05.2012, a.a.O. m.w.N., vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R und vom 13.10.2010 - B 6 KA 29/09 R - SozR 4-1300 § 63 Nr. 13). Für die Annahme eines Kausalzusammenhangs im Rechtssinne genügt in der Regel, dass der Widerspruchsführer durch die Erhebung des Rechtsbehelfs eine Ursache für die Abänderung der ablehnenden Entscheidung - der Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft des Verwaltungsaktes (§ 77 SGG) - gesetzt hat (BSG, Urteil vom 13.10.2010, a.a.O.). Unerheblich ist insoweit, aus welchen Gründen der Widerspruch in der Sache Erfolg hatte (BSG, Urteil vom 19.06.2012, a.a.O.). Höchstrichterlich ist geklärt, dass der Kausalzusammenhang zwischen einem Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung und einer im Laufe des Widerspruchsverfahrens ergangenen endgültigen Bewilligung i.S.v. § 63 Abs. 1 SGB X nicht entfällt, sondern ein solcher Widerspruch - abhängig vom Inhalt der endgültigen Entscheidung - erfolgreich sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 02.05.2012, a.a.O. und vom 19.10.2011, a.a.O.). Der Kausalzusammenhang entfällt, wenn der angegriffene Bescheid nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand eines anderen Gerichtsverfahrens (BSG, Urteil vom 20.10.2010 - B 13 R 15/10 R, SozR 4-1500 § 193 Nr. 6) oder nach § 86 SGG Gegenstand eines anderen Vorverfahrens wird (BSG, Urteil vom 19.06.2012, a.a.O.) und damit die Erhebung eines Widerspruchs zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft nicht erforderlich ist bzw. das die Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides auslösende Ereignis im Verantwortungsbereich des Widerspruchsführers gelegen hat (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 35/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 16).
Anhand dieser Kriterien kann beurteilt werden, ob ein Widerspruch gegen eine vorläufige Bewilligung, die sich nach Erlass eines endgültigen Bescheides auf andere Weise erledigt, erfolgreich war oder nicht. Wie im vorliegenden Fall beinhaltet die endgültige Bewilligung eine vollständige Abhilfeentscheidung, da die Kläger bereits im Widerspruchsverfahren mitgeteilt haben, dass sie kein Einkommen erzielten. Die Ursächlichkeit des Widerspruchs ist damit gegeben.
2.) Auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung nicht den Kriterien entspricht, die diese Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Eine eventuelle Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. BSG, Beschluss vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B zum gleichlautenden § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Vorliegend hat das Sozialgericht keinen von der Rechtsprechung der genannten Gerichte abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt.
3) Das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat der Beklagte nicht gerügt und es ist auch nicht ersichtlich.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 S. 4 SGG).
Nach Vorstehendem war den Klägern Prozesskostenhilfe nach §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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