L 15 U 281/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 135/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 281/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 15/16 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 04.04.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zahlung von Verletztengeld und Pflegegeld.

Der im September 1943 geborene Kläger erlitt am 28.07.1961 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich am linken Knie verletzte. Die hierfür zuständige vormalige Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft (jetzt: Berufsgenossenschaft Holz und Metall) gewährte dem Kläger auf der Grundlage des Bescheides vom 03.01.1966 eine Rente nach einer MdE von 20 v. H, wobei diese Rente später abgefunden wurde (Bescheid vom 03.08.1977). Ein 1990 eingeleitetes Rentenerhöhungsverfahren blieb ohne Erfolg.

Am 05.01.1990 erlitt der Kläger als Teilnehmer einer Integrationsmaßnahme einen weiteren Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Rückenprellung sowie eine Prellung des linken Kniegelenkes zuzog. Mit Bescheid vom 08.02.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.02.1997 lehnte die für die Entschädigung dieses anerkannten Arbeitsunfalles zuständige Beklagte (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) die Gewährung einer Rente ab, da keine Unfallfolgen mit einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) verblieben seien. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.01.1998 S 14 U 118/96). Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 31.10.2010 zurück (L 5 U 16/98). Einen Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) des Klägers, der auf die Gewährung von Verletztengeld und Pflegegeld gerichtet war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2004 ab. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Detmold mit Gerichtsbescheid vom 10.03.2005 ab (S 14 U 60/04); die Berufung nahm der Kläger anschließend zurück. Weitere Bescheide sind in der Folgezeit nicht erteilt worden.

Am 07.05.2013 hat der Kläger unmittelbar Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben, mit dem Begehren, sowohl die Beklagte wie auch die Berufsgenossenschaft Holz und Metall zur Zahlung von Verletztengeld und Pflegegeld wegen des Unfallereignisses vom 05.01.1990 zu verurteilen. Es müsse Berücksichtigung finden, dass seine Krankenkasse die Angelegenheit damals fehlerhaft behandelt habe. Eine insoweit gegen die AOK vor dem Sozialgericht Detmold erhobene Klage (S 3 KR 193/13) hat der Kläger im März 2014 zurückgenommen). Das Sozialgericht hat die vorliegenden Verfahren gemäß § 114 SGG getrennt und als Klagen gerichtet gegen die Berufsgenossenschaft Holz und Metall - als Rechtsnachfolgerin der Maschinenbau- und Metall BG einerseits (S 14 U 142/13 = L 15 U 288/16) und gegen die Verwaltungs-BG (S 14 U 135/13 = L 15 U 281/16) geführt.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2016 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt:

"Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und die Streitsache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies.

Die Klage ist unzulässig.

Soweit der Kläger wegen seines Arbeitsunfalles vom 05.01.1990 erneut die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente (§ 56 des 7. Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII -) und Pflegegeld (§ 44 SGB VII) begehrt, ist eine "Sofortklage" nicht statthaft. Vielmehr war der Kläger gehalten, zuvor beim zuständigen Versicherungsträger die Gewährung dieser Leistungen zu beantragen und nach Entscheidung dessen hierüber durch Verwaltungsakt nötigenfalls ein Vorverfahren (§ 78 Abs. 1, 3 SGG) durchzuführen. Eine Direktklage auf Verurteilung zu einer Leistung ist nach § 54 Abs. 5 SGG lediglich dann zulässig, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Solche haben aber zu ergehen, soweit nach der Konzeption des Gesetzes ein Subordinationsverhältnis zwischen Sozialleistungsträger und Bürger vorliegt bzw. die Befugnis zu einer Regelung in Form eines Verwaltungsaktes gesetzlich bestimmt ist. Über die genannten Leistungsansprüche wegen eines Arbeitsunfalles hat der Unfallversicherungsträger durch Verwaltungsakt zu entscheiden; im Vergleich zu diesem steht der Kläger in einem Subordinationsverhältnis (Über-Unterordnungsverhältnis). Solche liegen dann vor, wenn die Ausübung von in öffentlichem Recht gegebenen hoheitlichen Befugnissen betroffen ist.

Gemäß § 62 SGB VII hat der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung und als Rente auf unbestimmte Zeit festzusetzen bzw. festzustellen; gemäß § 44 Abs. 2 SGB VII ist im Falle der Hilfebedürftigkeit in erheblichem Umfang ein Pflegegeld unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens durch den Unfallversicherungsträger festzusetzen, d. h. der Unfallversicherungsträger hat die gesetzliche Möglichkeit und Ermächtigung, über die Gewährung und Versagung der begehrten Leistung durch Verwaltungsakt zu entscheiden. In diesem Falle hat der betroffene Bürger nur die Verpflichtungsklage, kombiniert mit einer inzident zu erhebenden Anfechtungsklage auf Aufhebung des Bescheides und Verurteilung zu einer Leistung, als statthafte Klageart zur Verfügung. Dies ergibt sich daraus, dass Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse der Hoheitsverwaltung und des Rechtsschutzes in diesem Bereich an besondere Voraussetzungen geknüpft sind (z. B. Vorverfahren) oder in anderer Hinsicht besonderen Regelungen unterworfen sind, deren Zwecksetzung nicht erreicht würde, wenn der Kläger statt der vorgesehenen Klagen auch die allgemeine Leistungsklage erheben könnte.

Unabhängig davon ist das Vorbringen des Klägers, welches wie auch in den früheren gerichtlichen Verfahren im Wesentlichen sich in der stereotypen Wiederholung und Aneinanderreihung von Daten und Fakten erschöpft, die ohne Bedeutung für sein Begehren sind, unverständlich, als, wie tatbestandlich dargestellt, die Beklagte mit Bescheid vom 08.02.1996 den Unfall vom 05.01.1990 als Arbeitsunfall anerkannt hat. Für eine wie vom Kläger gewünschte "förmliche Feststellung" besteht damit kein Raum.

Überdies hat, was dem Kläger aus den vorangegangenen Verfahren bekannt ist, der Arbeitsunfall vom 05.01.1990 keine substantiellen Folgen hinterlassen, an welche Entschädigungsansprüche geknüpft werden könnten. Insoweit stünde einem Erfolg seines Begehrens allein die bindende Feststellung der Beklagten mit Bescheid vom 08.02.1996 bzw. 06.01.2004 entgegen, die beim Unfall erlittenen Prellungen seien folgenlos ausgeheilt bzw. Unfallfolgen seien nicht verblieben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG."

Gegen den am 08.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06.05.2016 Berufung eingelegt und hat zur Begründung ein" Antragspaket" übersandt.

Der Kläger beantragt nach seinem bisherigen Vorbringen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 04.04.2016 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 05.01.1990 als Arbeitsunfall anzuerkennen und eine Verletztenrente sowie Pflegegeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und den Nachzahlungsbetrag zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

der Senat konnte trotz Fernbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da der Kläger mit der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, da es an den Sachurteilsvoraussetzungen für eine gerichtliche Entscheidung fehlt.

Der Senat nimmt insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides, denen er sich anschließt. Über die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren zu befinden, das mit einem Verwaltungsakt abschließt, gegen den nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (§ 78 Abs. 1 S. 1 SGG) die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.1, 2, 4 SGG) zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R). Die Voraussetzungen für eine echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG sind bei einem Streit um die genannten Leistungen ebenfalls nicht gegeben (BSG a. a. O). Die vom Kläger angedachten "Direkt- und Sammelklagen" sind im sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved