L 6 AS 405/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 57 AS 2143/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 405/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 22.11.2016 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Mit Bescheid vom 21.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2016 hat der Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Klägerin nach deren Antrag vom 22.12.2015 in ungekürzter Höhe von rechnerisch 744 Euro betreffend den Kalendermonat Dezember 2015 ( Regelbedarfe sowie Bedarfe für Unterkunft und Heizung) abgelehnt.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die 1984 geborene Klägerin habe im Dezember 2015 wegen mehrerer Teilzeitbeschäftigungen und noch vorrangig bestehender Ansprüche auf Arbeitslosengeld I nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ausweislich der am 14.01.2016 beim Beklagten vorgelegten Kopien von Kontoauszügen im Dezember 2015 insges. 2.262,32 Euro an Einkommen erhalten. Angesichts der ihr damit tatsächlich zugeflossen und zur Verfügung stehenden Mittel sei sie nicht hilfebedürftig (gewesen). Sie habe keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen für Dezember 2015 gehabt.

Die dagegen am 04.05.2016 von der Klägerin durch mündliche Erklärung zur Niederschrift bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhobene Klage S 57 AS 2143/16 hat das SG nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, u.a. zur Entscheidungsform, im Wege des Gerichtsbescheides nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 22.11.2016 als unbegründet abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Das SG hat die Berufung angesichts unterschrittenem Beschwerdewert nicht zugelassen sowie in seiner Rechtsmittelbelehrung zum einen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung benannt und zum anderen auf die Möglichkeit eines Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim SG hingewiesen. Zugleich hat das SG die Anforderungen zur Nutzung elektronischer Kommunikationswege gegenüber den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit einschließlich dafür vorhandener ergänzender Informationsmöglichkeiten nach dem Landesrecht NRW in der Rechtsmittelbelehrung ausgeführt. Der Gerichtsbescheid vom 22.11.2016 ist der Klägerin am Samstag, 26.11.2016 ausweislich Postzustellungsurkunde durch Einlegung im Hausbriefkasten zugestellt worden.

Unter der e-mail-Adresse "C@gmx.de" ging am Sonntag, 27.11.2016, im e-mail-Postfach des SG eine einfache e-mail ohne elektronische Signatur ein, wonach "T C" in Berufung gehen möchte. Dabei wurde das Az. S 57 AS 2143/16 als Betreff benannt und zur Begründung ausgeführt, es "stimmten die Monate der Rentenbezüge sowie die Versicherungsmonate für die Krankenkasse" nicht.

Das SG hat die Klägerin durch Schreiben vom 29.11.2016 angesichts der "Berufung" auf den Inhalt der seinem Gerichtsbescheid vom 22.14.2016 beigefügten Rechtsmittelbelehrung hingewiesen und sie darauf aufmerksam gemacht, dass Rechtsmittel schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen seien. Die Einlegung durch einfache e-Mail , so das SG abschließend im Schreiben an die Klägerin vom 29.11.2016, genüge den Anforderungen an die Schriftlichkeit nicht.

Nach fruchtlosem Ablauf der Frist für den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Übermittlung Anfang Januar 2017 an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat der Vorsitzende des Senats am 05.01.2017 die Klägerin auf die fehlende Formwahrung einer Berufung durch e-mail, wie bereits vom SG schon in der Rechtsmittelbelehrung seines Gerichtsbescheides vom 22.11.2016 sowie im Schreiben des SG vom 29.11.2016, hingewiesen. Die Klägerin erhielt zudem Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt, warum sie sich nicht an die Rechtsmittelbelehrung gehalten habe. Sodann ging mit der Absender-Angabe "C@gmx.de" am Donnerstag, 19.01.2017, eine e-mail im e-mail-Postfach des LSG NRW ein. Danach wandte sich - soweit erkennbar -"T C" weiterhin dagegen, das "Rentenmonate aus zwei Monaten erschlichen würden". Zudem befinden sich in der Gerichtsakte noch drei weitere, am 18.01.2017 und 24.01.2017 beim SG bzw. am 15.03.2017 beim LSG NRW eingegangene, e-mails, auf deren Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 22.11.2016 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 21.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2016 zu verurteilen, ihr Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für Dezember 2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Mangels elektronischer Signatur sei schon die Berufungseinlegung vom 27.11.2016 durch einfache e-mail bei dem SG unzulässig erfolgt.

Mit Beschluss vom 02.03.2017 hat der Senat die Entscheidung über die Berufung gemäß § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen einschließlich des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung der auch bei Abwesenheit eines Vertreters des Beklagten durch Urteil entscheiden, weil er mit der Terminsmitteilung auf diese gesetzesgemäße Möglichkeit hingewiesen worden war.

Die Streitsache konnte ferner gemäß § 153 Abs. 5 SGG vom Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden werden. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor, denn die Klägerin hat gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG gegen einen Gerichtsbescheid Berufung eingelegt, welche vom Senat durch Beschluss vom 02.03.2017 dem Berichterstatter übertragen worden ist.

Die auf eine "Berufung" abzielende e-mail vom 27.11.2016 ist als Rechtsmittel nicht innerhalb gesetzlicher Frist und Form erhoben worden. Sie wird daher vom Senat als unzulässig verworfen. Eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde scheidet auch bei Beachtung des Meistbegünstigungsgrundsatzes und Auslegung im Rahmen des § 123 SGG angesichts der klaren und zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des SG einerseits und der von der Klägerin selbst gleichwohl gewählten Bezeichnung ihres erkennbar als "Berufung" gewollten Rechtmittels andererseits aus.

Die e-mail vom 27.11.2016 ist als Berufung gemäß §§ 143, 144 SGG bereits unstatthaft, da das SG im Gerichtsbescheid vom 22.11.2016 eine solche zutreffend weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen und in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen hat. Dies entspricht der Sach- und Rechtslage, denn gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in der Entscheidung des SG (Urteil bzw. hier Gerichtsbescheid) oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst-oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das war hier der Fall, da die Berufung weder wiederkehrende noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG) und die hier allein für Dezember 2015 streitige Grundsicherungsleistung nach dem SGB II selbst bei - sachlich ausgeschlossener - vollständiger Bewilligung iHv 744 Euro den für die zulassungsfreie Berufung erforderlichen Berufungsstreitwert iHv 750 Euro nicht erreicht (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).

Darüber hinaus war die Berufung auch deshalb unzulässig und zu verwerfen, weil sie als Rechtsmittel nicht innerhalb gesetzlich bestimmter Form und Frist eingelegt wurde.

Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils ( bzw. hier Gerichtsbescheides, vgl. § 105 Abs. 1 S.3, Abs. 3 SGG) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufung wurde von der Klägerin weder schriftlich im Sinne der vorgenannten Vorschriften noch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt

§ 65a Abs. 1 SGG wiederum regelt in Ergänzung dazu die näheren Einzelheiten über die Zulässigkeit der Übermittlung von elektronischen Dokumenten an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Gemäß § 65a Abs. 1 S. 2 SGG wird durch Rechtsverordnung die Art und Weise bestimmt, in der elektronische Dokumente einzureichen sind. Nach der vom Sozialgericht bereits benannten ERVVO SG (Gesetzes- und Verordnungsblatt NRW 2012, 551) ist, sofern, wie bei der Berufungseinlegung, eine gesetzlich bestimmte Schriftform vorgeschrieben ist, das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur entsprechend dem Signaturgesetz vom 16.05.2001 (BGBl. I 2001, Seite 876) zu versehen. Mit einer solchen elektronischen Signatur war die von der Klägerin zur Einlegung der Berufung versandte e-Mail vom 27.11.2016 erkennbar nicht versehen. Eine e-Mail ohne solche Signatur ist jedoch nicht ausreichend, um formwirksam Berufung einlegen zu können (vgl. zum Ganzen auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Auflage 2014, § 151 Rn. 3 f). Daran fehlt es hier in jedem Fall, weil ein ausschließlich per e-mail eingelegtes Rechtsmittel ohne elektronische Authentifizierung insoweit schon nicht die erforderliche Schriftform aufweist (vgl bereits Senats-Urteil vom 06.10.2016 - L 6 AS 241/16, unveröffentlicht).

In Rechtsprechung und Literatur besteht - soweit erkennbar- Einigkeit, dass die erforderliche Schriftform durch eine einfache - ohne qualifizierte elektronische Signatur versehene - e-mail nicht gewahrt wird (vgl. Bundessozialgericht -BSG - Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 1/16 R , juris; ebenso BSG Beschluss vom 29.12.2016 - B 11 AL 90/16 B -, juris, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2015 - L 25 AS 1511/15 - ,juris Rn. 21 ff; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. 04. 2013 - L 9 AS 4755/12, juris Rn. 28; Bayerisches LSG Urteil vom 20. 12.2011 - L 15 SB 123/10 - juris Rn. 29; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014 § 151 Rn. 3f mwN; für das zivilgerichtliche Verfahren siehe nur BGH Beschluss vom 11.06.2015 - I ZB 64/14 - juris Rn. 13 sowie bereits Beschluss vom 4.12.2008 - IX ZB 41/08 juris Rn. 6; für das finanzgerichtliche Verfahren BFH, Beschluss vom 14.09.2005 - VII B 138/05 - juris Rn. 5; für das verwaltungsgerichtliche Verfahren: Sächsisches Oberverwaltungsgericht -OVG Bautzen - Beschluss vom 19. 10.2015 - 5 D 55/14 - juris Rn. 6 ff).

Eine solche elektronische Signatur enthielt die von der Klägerin am 27.11.2016 an das SG übermittelte e-mail nicht, ebenso wenig die weiteren e-Mails vom 18.01.2017 (an das SG) bzw. 24.01.2017 und 15.03.2017 ( an das LSG). Dabei liegt auch mit Ausnahme der vom Gericht sicherzustellenden Empfangsbereitschaft des elektronischen Gerichtsbriefkastens das Übermittlungsrisiko beim Absender. Ausgehend davon hat die Klägerin kein einem Schriftstück gleichstehendes elektronisches Dokument eingereicht. Die von ihr gewählte Form der Übermittlung elektronischer Daten per einfacher e-Mail genügt nicht den Anforderungen des § 65 a SGG und damit zugleich - wie auch die übrigen zur Senats-Akte gelangten e-mails aus Januar 2017 und März 2017 - nicht dem Schriftformerfordernis in § 151 Abs. 1 SGG. Bis zum Ablauf der Beschwerdefrist (vgl Fock in: Breitkreuz/Fichte, SGG-Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 151 Rn. 17) hat die Klägerin damit kein Schriftstück beim LSG oder dem SG vorgelegt.

Die Schriftform der Berufung ist hier auch durch die späteren, im Januar 2017 und März 2017 von ihr gesandten "einfachen" e-mails nicht gewahrt worden. Die am Donnerstag, 19.01.2017, an das e-Mail-Postfach des LSG NRW gesandte und hier eingegangene, nicht signierte elektronische Nachricht , wonach sich - soweit überhaupt verständlich - "T C" dagegen wendet, das "Rentenmonate aus zwei Monaten erschlichen würden", ist nach dem oben Ausgeführten mangels Formwahrung für die Berufungsfrist unbeachtlich.Denn § 65 a SGG schreibt auch vor, dass dort, wo die Unterschrift auf einem Papierdokument gefordert ist - wie auf der Berufungsschrift - dies auch zwingend für die elektronische Signatur gilt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz Urteil vorn 04.08.2016 - L 5 SO 130/15 - juris Rn. 12). Die vorgeschriebene Schriftform erfordert in der Regel die eigenhändige Unterschrift ( LSG NRW Beschluss vom 23.11.2012 - L 19 AS 1974/12 B; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014 , § 151 Rn. 3a), an der es bei der e-Mail der Klägerin vom 27.11.2016 erkennbar mangelt (vgl. zur formunwirksamen "einfachen" e-mail bereits BSG Beschluss vom 15.11.2010 - B 8 SO 71/10 8 juris Rn. 6 ).

Zwar kann nach der Rechtsprechung ( siehe nur Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS) vom 05.04.2000 - GmS-OGB 1/98, juris) unter bestimmten Umständen auf eine eigenhändige Unterschrift selbst bei bestimmenden Schriftsätzen verzichtet werden, z.B. wenn diese durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden (Computerfax). Diese Rechtsprechung ist aber auf die Übermittlung von Dokumenten durch einfache e-Mail nicht übertragbar. Hat der Gesetzgeber, wie hier bei der Berufungsschrift mit Schriftformerfordernis, für gleich zu behandelnde elektronische Dokumente die qualifizierte elektronische Signatur vorgesehen, dann ist für eine entsprechende Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Computerfax kein Raum mehr. Das zwingende Formerfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur für den elektronischen Rechtsverkehr darf dabei nicht durch die Möglichkeit einer Heilung ausgehöhlt werden ( LSG NRW Beschlüsse vom 23.11.2012 - L 19 AS 1974/12 B und vom 1504.2015 - L 19 AS 422/15 = www.sozialgerichtsbarkeitde vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 65a Rn. 8c) sowie Bundesfinanzhof - BFH - Beschluss vom 26.07.2011 - VII R 30/10 - BFHE 234, 118; Bundesverwaltungsgereicht - BVerwG - Beschluss vom 14.09.2010 - 7 B 15/10, juris).

Die nicht formgerechte Einlegung bedingt zugleich die Fristversäumnis, da die Klägerin die Berufung als Rechtsmittel nicht schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle binnen eines Monats nach der nachweislich am Samstag, 26.11.2016 durch Postzustellungsurkunde mittels Einlegung im Hausbriefkasten erfolgten Zustellung des Gerichtsbescheides des SG vom 22.11.2016 erhoben hat, vgl. § 152 Abs. 1, Abs. 2 SGG.

Gegen die Versäumung der Berufungsfrist ist der Klägerin auch keine Wedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gründe für die Wiedereinsetzung gemäß § 67 Abs. 1 SGG sind hier weder vorgetragen noch dem Senat erkennbar. Es ist insbes. nicht ersichtlich, dass die Klägerin ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, die Berufungsfrist gem. § 151 SGG einzuhalten. Sie war vielmehr nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Berufungsfrist einzuhalten, § 67 Abs. 1 SGG. Dieses Verschulden der Klägerin besteht darin, dass sie die Berufung entgegen der Rechtsmittelbelehrung per e-Mail ohne elektronische Signatur eingelegt hat. Ob sie insofern absichtlich von der Rechtsmittelbelehrung abgewichen ist, kann offen bleiben, jedenfalls liegt hier angesichts der zutreffenden und eindeutigen Rechtsmittelbelehrung des SG zu dem angefochtenen Gerichtsbescheid ein mindestens fahrlässig schuldhaftes Handeln vor. Die Klägerin wusste oder hätte bei Beachtung der Rechtsmittelbelehrung ohne weiteres wissen können, dass die ihre Handhabung nicht der vorgeschriebenen Rechtsmitteleinlegung entsprach.

Die Fristversäumnis beruhte zudem nicht auf daran anschließenden Fehlern oder Versäumnissen der Gerichte ( siehe auch dazu Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer a.a.O § 67 Rb. 3c, 4d). Wiedereinsetzung war hier schon deswegen nicht zu gewähren, weil das SG die Klägerin durch Schreiben vom Dienstag, 29.11.2016 frühzeitig, hinreichend klar und eindeutig auf die einzuhaltenden Formvorschriften und ebenso deutlich auf die laufende Frist hingewiesen hatte. Die Klägerin hat daraufhin gleichwohl nichts weiter unternommen. Die Klägerin konnte schon aus den Angaben im Schreiben des SG vom 29.11.2016 in Verbindung mit der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des von ihr angefochtenen Gerichtsbescheides vom 22.11.2016 die Bedeutung der qualifizierten elektronischen Signatur für die Wirksamkeit einer Rechtsmitteleinlegung per e-Mail erkennen. Die Ausführungen waren präzis, weil das Fehlen der qualifizierten elektronischen Signatur nur zur Unwirksamkeit der Rechtsmitteleinlegung führt und dadurch zugleich Rechtsmittelfristen verstreichen. Das war nach dem Gesetz von Seiten des SG ausreichend, um der Klägerin in jedem Fall hinreichend, ja frühzeitig zwecks Möglichkeit der Einhaltung der Rechtsmittelfrist die Folgen fehlender qualifizierter elektronischer Signatur vor Augen zu führen.

Hier ist sodann das LSG - zutreffend wegen der Besonderheiten beim berufungsfreien Gerichtsbescheid gem. § 105 SGG nach fruchtlosem Ablauf der Frist für den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung - Anfang Januar 2017 und damit nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist mit dem Vorgang befasst worden. Das Rechtsmittelgericht selbst ist , wie aus § 65a Abs. 2 Satz 3 SGG hervorgeht, verpflichtet, eingehende e-mails umgehend darauf zu prüfen, ob sie den Vorgaben der - hier in NRW gültigen - Landesverordnung entsprechen, auch hinsichtlich der qualifizierten elektronischen Signatur. Ist dies nicht der Fall, hat das Rechtsmittelgericht nach § 65a Abs. 2 S. 3 SGG den Absender unverzüglich hierüber unter Angabe der geltenden technischen Rahmenbedingungen zu informieren. Eine Wiedereinsetzung gem. § 67 SGG kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn wie hier Übermittlungsanforderungen der Verordnung nach § 65 a Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG oder gemäß einer solchen Verordnung auf der Internetseite des Gerichts gegebene weitere Hinweise zur Übermittlung -komplett - unbeachtet bleiben ( vgl. ausführlich dazu Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 65a Rn. 7, 8,mwN).

Der Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 05.01.2017 an die Klägerin - nach fruchtlosem Ablauf der Frist für den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Übermittlung vom SG an das LSG NRW - auf die fehlende Formwahrung einer Berufung durch e-mail mit Gelegenheit zur Äußerung, warum sie sich nicht an die Rechtsmittelbelehrung gehalten hatte, ist ebenfalls fruchtlos geblieben. Die am Donnerstag, 19.01.2017, im e-mail-Postfach des LSG NRW eingegangene weitere einfache e-mail , mit der sich - soweit aus Wortlaut und Zusammenhang heraus überhaupt verständlich - "T C" weiterhin dagegen wendet, das "Rentenmonate aus zwei Monaten erschlichen würden, bietet sachlich auch keinen Anhalt, der Klägerin Wiedereinsetzung zu gewähren. Die formalen Anforderungen waren klar. Die Folgen fehlerhafter Übermittlung hat die Klägerin selbstverschuldet zu tragen.

Mit dem BSG ist letztlich vom Formerfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur selbst dann nicht ausnahmsweise deshalb abzusehen, weil sich - was der Senat hier dahingestellt bleiben lässt - aus den e-mails oder begleitenden Umständen die Urheberschaft und der Wille, ein elektronisches Dokument in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergäben sollte (vgl. BSG, Beschluss vom 30. 01.2017 - B 1 KR 14/16 S -, juris Rn.5, bestätigt zuletzt durch BSG, Beschlüsse vom 22.02. 2017 - B 1 KR 18/16 S - sowie B 1 KR 19/16 S -, jeweils nach juris ; ebenso Hauck in Hennig, SGG, Stand 1.9.2016, § 65a RdNr 15 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt
Rechtskraft
Aus
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