L 21 R 407/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 44/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 R 407/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 58/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 14.04.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1939 geborene Kläger begehrt die Auszahlung einer höheren Altersrente. Er bezieht seit dem 01.08.2004 Regelaltersrente, die infolge der Währungsumstellung vom 01.01.2002 von DM in Euro von Anfang an in Euro ausgezahlt wurde. Auf seinen am 19.06.2007 hingestellten Überprüfungsantrag hin, gestützt auf den Nachweis weiterer rentenrechtlicher Zeiten, stellte die Beklagte die Regelaltersrente mit Bescheid vom 28.09.2007 neu fest. Für die Zeit ab dem 01.10.2007 zahlte sie laufend 564,91 EUR, für die Zeit vom 01.08.2004 bis zum 30.09.2007 ergab sich eine Nachzahlung i.H.v. 309,85 EUR. Grund der Neufeststellung waren zusätzlich zu berücksichtigende Anrechnungszeiten in den Jahren 1976 und 1977.

Mit Schreiben vom 23.6.2015 beantragte der Kläger die Anpassung seiner Altersrente im Sinne einer Anhebung um 400 %. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der erheblich gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Zum 01.07.2007 erfolgte durch die Beklagte nach Durchführung der Rentenanpassung eine um 2,1 % erhöhte Rentenzahlung, nunmehr i.H.v. 627,58 EUR.

Mit Bescheid vom 03.08.2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers hinsichtlich der Rentenanpassung von 400 % ab 01.07.2015 ab. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass ab 01.07.2015 die Versicherten- und Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Berechtigte, die einen Rentenanspruch ab dem 01.07.2015 erworben haben, angepasst würden, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt werde. Der aktuelle Rentenwert betrage in den alten Bundesländern 29,21 EUR. Gegenüber dem bisherigen Wert sei das eine Erhöhung um 2,1 %. Zudem habe die Beklagte festgestellt, dass die Rente des Klägers ab dem 01.07.2005 unter Berücksichtigung der Rentenwertbestimmungsverordnung 2015 in richtiger Höhe gezahlt werde.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12.08.2015 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2015 zurückwies. Durch die Rentenwertbestimmungsverordnung 2015 vom 12.06.2015 seien der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Rentenwert Ost zum 01.07.2015 neu bestimmt worden. Der aktuelle Rentenwert betrage seit dem 01.07.2015 29,21 EUR, der aktuelle Rentenwert Ost betrage 27,05 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte ferner aus, welche verschiedenen Faktoren die Bestimmung des aktuellen Rentenwertes berücksichtige. Die Anpassung der Rente zum 01.07.2015 sei gemäß den §§ 65, 254c Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vorzunehmen gewesen. Dabei sei in der Formel für die Berechnung des Monatsbetrags der Rente der enthaltene aktuelle Rentenwert oder der enthaltene aktuelle Rentenwert Ost durch den jeweils neuen aktuellen Rentenwert zu ersetzen und die Rente mit den bisher ermittelten persönlichen Entgeltpunkten neu zu berechnen.

Der Kläger hat hiergegen am 23.11.2005 Klage erhoben. Er hat im Wesentlichen die Ansicht vertreten, die Währungsumstellung vom 01.01.2002 bedeute einen erheblichen rechtswidrigen Eingriff in das Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland. Ihm sei daher unter Berücksichtigung des Umrechnungsfaktors von 1,95583 und der Tatsache, dass ihm eine monatliche Rente i.H.v. 627,58 EUR gewährt werde, eine monatliche Rente i.H.v. 1227,43 EUR ab der Währungsumstellung am 01.01.2002 zu gewähren. Durch die verfassungswidrige Währungsumstellung habe er eine dramatische und erhebliche Zerstörung seiner Lebensqualität und seines Lebensstandards erlitten und sei auch in seiner Menschenwürde beeinträchtigt. Mit der jetzigen gezahlten monatlichen Altersrente sei der erforderliche Finanzbedarf für seine Lebenshaltungskosten nicht gedeckt. Mit Schriftsatz vom 26.01.2016 hat der Kläger mitgeteilt, dass er nunmehr zur Kostendeckung eine Rente in Höhe von monatlich 1255,16 EUR begehre.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2015 zu verurteilen, an ihn eine monatliche Rente von 1255,16 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, bei der Rentenanpassung seien die nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beitrags-, Ersatz-, Kindererziehungs- und Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Die Berechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Auch die Anpassung der Rente erfolge seit Rentenbeginn nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften. Ferner sei der Kläger mit Rentenbescheid vom 28.09.2007 auf die Möglichkeit hingewiesen worden, Grundsicherungsleistungen zu beantragen.

Nach entsprechender Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 24.03.2016, welches dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 26.03.2016 und der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 29.03.2016 zugestellt worden ist, hat das Sozialgericht (SG) mit Gerichtsbescheid vom 14.04.2016 die zulässige Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere monatliche Rentenzahlung, da sich ein solcher nicht aus den gesetzlichen Vorschriften ergebe. Die Rente des Klägers sei nach den gesetzlichen Vorschriften korrekt berechnet und nach den §§ 65, 254c SBG VI in zutreffender Weise angepasst worden. Die dem Kläger zustehende Altersrente bestimme sich nach den §§ 63, 64 SGV VI. Nach § 63 Abs. 6 i. V. m. § 64 SGB VI ergebe sich der Monatsbetrag einer Rente, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt würden. Der aktuelle Rentenwert werde entsprechend der Entwicklung des Durchschnittsentgelts unter Berücksichtigung der Änderung des Beitragssatzes zu allgemeinen Rentenversicherung jährlich angepasst, § 63 Abs. 7 SGB VI. Die Rentenanpassung ab dem 01.07.2015 entspreche den gesetzlichen Vorgaben des §§ 65 SGB VI i.V.m. der RentenwertbestimmungsVO 2015. Es sei der nach § 1 Abs. 1 RentenwertbestimmungsVO 2015 sich ergebende aktuelle Rentenwert i.H.v. 29,21 EUR korrekt berücksichtigt worden.

Die Rentenberechnung begegne auch hinsichtlich der aufgrund der Währungsreform erfolgten Umrechnung von 1,95583 DM in einen Euro keinen Bedenken. Die Rentenberechnung sei auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere eine durch den Kläger gerügte Verletzung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sei schon deshalb nicht gegeben, da der Kläger bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere bei Hilfebedürftigkeit, Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehen könne. Weitere Berechnungsfehler seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Kammer verweise insoweit auf die zutreffenden Gründe in den angefochtenen Bescheiden, § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gegen den ihm am 19.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 04.05.2016 eingelegte Berufung des Klägers, die er darauf stützt, dass die am 01.01.2002 erfolgte Währungsumstellung von DM auf Euro verfassungswidrig sei. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, die hierauf beruhende Umrechnung seiner Rente von DM in Euro vermindere seine Rente in verfassungswidriger Weise, weshalb er einen Anspruch auf höhere Rentenleistungen habe.

Mit Beschluss vom 22.08.2016 hat der Senat die Berufung gem. § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen. Dieser Beschluss ist dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 26.08.2016, der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 24.08.2016, zugestellt worden.

Der Kläger hält den Beschluss für rechtswidrig und hat mit Schriftsatz vom 20.09.2016 eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gerügt, weil er vorher hierzu hätte gehört werden müssen.

In der öffentlichen Sitzung des 21. Senats am 28.10.2016 hat der Kläger das Ruhen, hilfsweise die Aussetzung des anhängigen Berufungsverfahrens im Hinblick auf das beim Sozialgericht Köln zu Az.: S 7 R 1045/16 anhängige Klageverfahren beantragt. Er hat hierzu dem Senat Einsicht in die Klageschrift vom 29.07.2016 gewährt, wonach es bei der beim Sozialgericht Köln anhängigen Klage um ein Verrechnungsersuchen der AOK gegenüber der Beklagten wegen von der AOK nach deren Auffassung überzahlter Leistungen geht. Die Gesamtforderung von 3.966,37 EUR soll zur Befriedigung des von der AOK gesehenen Anspruchs mit der von der Beklagten an den Kläger geleisteten Regelaltersrente verrechnet werden, wogegen sich der Kläger in dem beim Sozialgericht Köln anhängigen Klageverfahren wehrt.

Die Beklagte hat sich mit dem Ruhen des Verfahrens nicht einverstanden erklärt. Nach Zwischenberatung hat der Senat mit im Termin verkündeten Beschluss die Anträge des Klägers auf Ruhen und Aussetzung des Verfahrens abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen weder für ein Ruhen noch für eine Aussetzung des Verfahrens vorlägen und auf die Unanfechtbarkeit des Beschlusses gemäß § 177 SGG hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

den soeben in der öffentlichen Sitzung des Senats vom heutigen Tage verkündeten Beschluss über die Ablehnung des Ruhens und die Aussetzung des Verfahrens aufzuheben,

hilfsweise

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 14.04.2016 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.08.2004 1.255,16 Euro Rente aufgrund der Währungsumstellung vom 01.01.2002 von DM auf Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Prozessakte und beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in der Sache in der Besetzung mit dem Berichterstatter als Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 153 Abs. 5 SGG vorliegen. Die Vorschrift lautet: "Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet". Ein Fall des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG liegt vor, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Das SG hat auch verfahrensfehlerfrei durch Gerichtsbescheid entschieden. Insbesondere sind die Beteiligten vorher gemäß § 105 Abs. 1 S. 2 SGG gehört worden. Ihres Einverständnisses mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid bedarf es hingegen nicht.

Unbeschadet dessen, dass deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für den nicht begründungsbedürftigen Beschluss nach § 153 Abs. 5 SGG vorlagen, ist dieser Beschluss ohnehin mit Zustellung an die Beteiligten am 24.08.2016 und 26.08.2016 wirksam geworden. Entgegen der Auffassung des Klägers mussten die Beteiligten auch nicht vor dem Senatsbeschluss angehört werden (vgl. BSG, Beschluss vom 24.10.2013, B 13 R 240/12 B, RNr. 7 - juris -; BSG, Beschluss vom 13.11.2012, B 2 U 218/12 B, Rn. 5; - juris -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, Rn. 25 zu § 153 SGG).

Der Senat war auch deshalb an einer Entscheidung in der Sache gehindert, weil der Kläger den in der öffentlichen Sitzung vom 28.10.2016 verkündeten Beschluss, mit dem der Senat die Anträge des Klägers auf Ruhen und Aussetzung des Verfahrens abgelehnt hat, mit seinem von ihm alsdann als Hauptantrag gestellten Antrag angefochten hat. Unbeschadet dessen, dass dieser Beschluss ohnehin gemäß § 177 SGG unanfechtbar ist, lagen die Voraussetzungen für eine Ruhensanordnung schon deshalb nicht vor, weil es an einem hierfür gemäß § 202 SGG i. V. m. § 251 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auch erforderlichen diesbezüglichen Antrag der Beklagten fehlt. Diese hat sich vielmehr mit dem Ruhen des Verfahrens gerade nicht einverstanden erklärt.

Auch liegen die materiellen Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 114 SGG nicht vor. Insbesondere hängt die Entscheidung über das Berufungsverfahren nicht vom Bestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht Köln zu S 7 R 1045/16 ist (vgl. § 114 Abs. 2 SGG). Denn die Entscheidung über die im Berufungsverfahren streitige Rentenhöhe hängt nicht davon ab, ob das Verrechnungsersuchen der AOK gegenüber der Beklagten begründet ist.

Auch mit dem vom Kläger als Hilfsantrag gestellten Antrag, ihm ab dem 01.08.2004 1.255,16 Euro Rente zu zahlen, konnte er nicht durchdringen. Die dem Kläger gezahlte Regelaltersrente ist nach dem anzuwendenden einfachen Recht, insbesondere nach dem SGB VI, zur Überzeugung des Senats richtig berechnet worden, so dass sich hieraus kein höherer Zahlungsanspruch ergibt. Zur Begründung nimmt der Senat jeweils nach eigener Überprüfung sowohl auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG) als auch auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides, soweit sie die Rentenberechnung nach einfachem Recht betreffen (§ 153 Abs. Abs. 2 SGG) Bezug.

Überdies ist weder die Rentenberechnung noch die dem Kläger ausgezahlte Rente verfassungswidrig, wie das SG ebenfalls zutreffend erkannt hat. Insbesondere ist dem Kläger die Rente in Euro in zutreffender Höhe ausgezahlt worden. Eine Auszahlung in DM ist seit dem 01.01.2002 ohnehin nicht mehr möglich, eine Auszahlung in Höhe eines Euro-Betrages, der dem nach dem DM-Wert zu zahlenden Betrag entspricht, wie dies der Kläger begehrt, ist nach den von der Beklagten für den Kläger korrekt ermittelten Entgeltpunkten weder möglich noch von Verfassungs wegen geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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