Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 48 KN 613/14 KR
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 658/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 34/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.07.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Krankengeld für die Zeit ab dem 28.08.2013.
Die am 00.00.1975 geborene Klägerin ist gelernte Bürokauffrau und war bis zum Jahre 2012 langjährig als solche bei der Firma S beschäftigt. In der Zeit vom 30.07.2013 bis 30.09.2013 war die Klägerin bei der Firma B Personal GmbH als Bürokauffrau angestellt. Die einmalige Befristung der Beschäftigung auf zwei Monate ergab sich aus § 2 des Arbeitsvertrages vom 29.07.2013. Die Arbeitgeberin meldete die Klägerin (zunächst) zum ermäßigten Beitragssatz - ohne Anspruch auf Krankengeld - zur Sozialversicherung an. Eine Wahlerklärung zum Abschluss eines Wahltarifs zur Abdeckung des Krankengeldrisikos wurde von der Klägerin anlässlich des Vertragsschlusses nicht abgegeben.
Seit dem 01.01.2014 bezieht die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
In der Zeit vom 15.08.2013 bis 20.08.2013 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig (aufgrund eines Wundabszesses nach einer Bauchoperation; Diagnose: "L 02.9 G" ICD-10 GM).
Am 28.08.2013 erkrankte die Klägerin (erneut), diesmal an einer depressiven Episode ("F32.9 G" ICD-10 GM). Die Erkrankung ist - unstreitig - durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Allgemeinmedizinerin Dr. X vom 28.08.2013 bis zum 04.09.2013, vom 04.09.2013 bis zum 13.09.2013, vom 12.09.2013 bis 20.09.2013, vom 20.09.2013 bis 27.09.2013 und sodann wieder vom 30.09.2013 bis 11.10.2013, vom 10.10.2013 bis 25.10.2013, dann wieder vom 28.10.2013 bis 08.11.2013, vom 08.11.2013 bis 20.11.2013, sowie sodann durch Bescheinigungen der Neurologin und Psychiaterin C vom 20.11.2013 bis 04.12.2013, vom 04.12.2013 bis 20.12.2013, vom 20.12.2013 bis 06.01.2014, vom 06.01.2014 bis 20.01.2014, dann wieder vom 04.03.2014 bis 18.03.2014, vom 18.03.2014 bis 14.04.2014, vom 14.04.2014 bis 29.04.2014, vom 29.04.2014 bis 14.05.2014, vom 14.05.2014 bis 05.06.2014, vom 05.06.2014 bis 26.06.2014, vom 26.06.2014 bis 10.07.2014, vom 10.07.2014 bis 24.07.2014 und vom 24.07.2014 bis 08.08.2014 dokumentiert.
Innerhalb dieses Zeitraumes bestätigte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten mit ärztlicher Stellungnahme vom 13.09.2013 aufgrund Untersuchung der Klägerin vom selben Tage Arbeitsunfähigkeit infolge einer schweren Depression und merkte eine Wiedereinbestellung nach Ablauf von 6 Wochen vor.
Mit Schreiben vom 20.09.2013 machte die Klägerin "Krankengeld für die Zeit vom 15.08.2013 bis 20.08.2013" gegenüber der Beklagten geltend. Sie gehe davon aus, dass sie trotz der Befristung mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei.
Die Firma B stellte auf Rückfrage sowohl der Klägerin als auch der Beklagten klar, dass sie die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages über die Wahlmöglichkeiten bei den Krankenkassen aufgeklärt habe. Die Beklagte habe nach ihren Informationen die Nachfrage der Klägerin nach einem "Wahlbrief" terminologisch nicht einordnen können. Für den Zeitraum vom 15.08.2013 bis 20.08.2013 leistete sie (nachträglich) Entgeltfortzahlung.
Ebenfalls nachträglich im Dezember 2013 meldete die Firma B die Klägerin zum vollen Beitragssatz an und teilte der Klägerin diese "Umschlüsselung" (mit Schreiben vom 06.12.2013) mit.
Mit Bescheid vom 08.01.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld aufgrund des Krankheitsfalles ab dem 28.08.2013 ab. Der Anspruch werde vom Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erfasst: Der Klägerin stehe für die geltend gemachte Zeit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zu, da ihr Arbeitsverhältnis von vornherein auf weniger als zehn Wochen befristet gewesen sei. Auch habe sie keinen Anspruch aus einem Wahltarif nach Maßgabe von § 53 Abs. 6 SGB V, da sie innerhalb von vierzehn Tagen nach Aufnahme der Beschäftigung keine Wahlerklärung abgegeben habe. Die Unterlagen hätten ihr auch nicht übersandt werden können, da sie diese trotz der vermeintlichen Aufklärung durch den Arbeitgeber niemals angefordert habe.
Hiergegen legte die Klägerin (mit Schriftsatz vom 17.01.2014) Widerspruch ein. Jedenfalls aufgrund der nachträglichen Anmeldung zum vollen Beitragssatz stehe ihr der geltend gemachte Krankengeldanspruch zu. Im Übrigen ergebe sich dieser auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Ihre Arbeitgeberin habe sie - ebenso wenig wie die Beklagte trotz entsprechender Beratungspflichten - nicht über die Möglichkeit aufgeklärt, eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld zu wählen. Die Beklagte habe bei Anmeldung des Sozialversicherungsverhältnisses auch ohne weiteres erkennen können, dass die vorgenommene Vertragsgestaltung Lücken zu Lasten der Klägerin aufgewiesen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie erneut auf den Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V, der trotz der nachträglichen, aus ihrer Sicht rechtswidrigen Ummeldung greife. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien bereits mangels erkennbarer Pflichtverletzung nicht gegeben, da aufgrund der automatisierten bzw. elektronischen Meldung zur Sozialversicherung kein Anlass für eine Beratung der Klägerin im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestanden habe.
Mit ihrer hiergegen vor dem SG Dortmund (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt. Der Anspruch sei jedenfalls aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründet. Sie habe zum Zeitpunkt der Aufnahme des Arbeitsverhältnisses weder gewusst, dass die Möglichkeit einer Versicherung bei der Beklagten ohne Anspruch auf Krankengeld bestehe, noch, dass ihre Arbeitgeberin sie nur zum ermäßigten Beitragssatz gemeldet habe. Bei entsprechender Kenntnis hätte sie den Arbeitsvertrag nie geschlossen. Es sei daher Pflicht der Beklagten gewesen, sie über die bestehenden Wahlmöglichkeiten zu beraten, zu deren Angebot der Gesetzgeber die gesetzlichen Krankenkassen in § 53 Abs. 6 SGB V verpflichtet habe. Diese Pflicht könne sie nicht auf den Arbeitgeber "abwälzen". Bei ordnungsgemäßer Beratung hätte sie von der Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht, was sie jedenfalls mit sofortiger Wirkung nachhole. Auch sei sie fortlaufend erkrankt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 08.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 zu verurteilen, ihr Krankengeld für die Zeit ab dem 28.08.2013 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die angefochtenen Bescheide und ihren Sachvortrag aus dem Verwaltungsverfahren bezogen. Die nachträgliche Wahlerklärung der Klägerin vermöge die Rechtslage zum streitigen Zeitpunkt nicht mehr zu verändern.
Durch Urteil vom 15.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, insbesondere liege ein abgeschlossenes Vorverfahren vor, da die Auslegung der streitgegenständlichen Bescheide ergebe, dass die Beklagte (auch) über den Krankengeldanspruch ab dem 28.08.2013 entschieden habe. Die Klage sei jedoch unbegründet, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Krankengeld ab dem 28.08.2013 nicht zustehe. Zur Überzeugung der Kammer habe das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma B der Klägerin infolge der Befristung auf zwei Monate aufgrund von § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V keine Mitgliedschaft bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld vermittelt. Aus dieser Vorschrift folge, dass aufgrund einer Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherte, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach dem EFZG, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, keinen Anspruch auf Krankengeld haben, es sei denn, das Mitglied gebe eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen solle. Zu der Personengruppe, die keinen Anspruch nach dem EFZG haben, gehörten jedoch u.a. solche Personen, deren Beschäftigungsverhältnis im Voraus auf weniger als zehn Wochen befristet sei. Auch habe sich die Klägerin den Krankengeldanspruch nicht durch Abgabe einer Wahlerklärung verschafft. Die entsprechende nachträgliche Äußerung im Klageverfahren reiche hierzu nicht aus, da es darauf ankomme, dass der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei (§ 46 S. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld lasse sich auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen, da bereits die hierfür notwendige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nicht erkennbar sei. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass der Versicherte die geltenden Gesetze kenne, so dass sich die Klägerin nicht auf Unkenntnis des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V und seiner Konsequenzen berufen könne. Aufgrund des automatisierten Meldeverfahrens habe überdies für die Beklagte auch weder Möglichkeit noch Anlass bestanden, die Klägerin zu beraten. Insofern komme es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld im Übrigen nachgewiesen seien.
Die Klägerin hat gegen das (ihr am 15.08.2016 zugestellte) Urteil am 05.09.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Das Sozialgericht verkenne, dass § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V nach dem Wortlaut allein auf das Bestehen eines Anspruchs nach dem EFZG abstelle und nicht verlange, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich länger als zehn Wochen andauere. Nach Ablauf der Wartefrist von vier Wochen habe die Klägerin den Anspruch auf Entgeltfortzahlung jedoch nach § 3 EFZG dem Grunde nach erworben. Eine andere Interpretation führe zu Schwierigkeiten bei Verlängerungstatbeständen im Rahmen von Befristungen und zu einer gesetzeswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber Probearbeitsverhältnissen mit zweiwöchiger Kündigungsfrist. Aus ihrer Sicht habe die streitige Rechtsfrage daher grundsätzliche Bedeutung. Andere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als die bereits bei den Akten befindlichen könne sie nicht vorlegen. Hilfsweise sei der Klageanspruch daher auf die nachgewiesene Zeit (jedoch nicht mit Ende vor dem 27.09.2013) zu begrenzen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 15.07.2016 zu ändern und gemäß dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Die Auslegung von § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V sei rechtsfehlerfrei und insbesondere vom Wortlaut gedeckt. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass nur solchen Personen kein Anspruch auf Krankengeld zustehen solle, deren Beschäftigung nicht länger als vier Wochen andauere, hätte er dies auch so bestimmen müssen. Die von der Klägerin aufgezeigte Ungleichbehandlung sei für sie nicht erkennbar.
Am 16.01.2017 ist ein Erörterungstermin durchgeführt worden; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 30.03.2017 und Schriftsatz der Klägerin vom 05.04.2017 sowie die Sitzungsniederschrift vom 16.01.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 08.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG. Sie hat keinen Anspruch auf Krankengeld ab dem 28.08.2013.
Dem steht bei unstreitiger ärztlicher Bescheinigung mit Datum vom 28.08.2013 bereits entgegen, dass aufgrund der Wirkung der ärztlichen Feststellung erst mit dem Folgetag gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V in der hier maßgeblichen Gesetzesfassung (im Folgenden: m.F.) vom 17.07.2009 bis 22.07.2015 (BGBl. I, S. 2477) als Anspruchsbeginn frühestens der 29.08.2013 in Betracht kommt. Doch auch zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert (vgl. 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
Es kann dabei dahinstehen, ob und inwieweit die Voraussetzungen des den Krankengeldanspruch dem Grunde nach regelnden § 44 Abs. 1 SGB V tatsächlich erfüllt sind. Zu klären war daher nicht, ob die nach dem 27.09.2013 bestehende Lücke in den ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch die MDK-Feststellungen vom 13.09.2013 zu schließen war oder jedenfalls ab dem 26.10.2013 eine (erste zugleich) anspruchsvernichtende Lücke aufgetreten ist.
Zur Überzeugung des Senates ist das SG vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass der Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V m.F. greift.
Nach dieser Vorschrift haben trotz sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V solche Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes aufgrund des EFZG, eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll.
Nach § 3 Abs. 3 EFZG entsteht der bis zu sechs Wochen umfassende Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG indes erst nach vierwöchiger Dauer des Arbeitsverhältnisses. Dies führt dazu, dass der Anspruch für Versicherte, deren Arbeitsverhältnis von vornherein auf weniger als zehn Wochen befristet ist, nicht zu realisieren ist. Zwar ändert dies nichts daran, dass nach dem EFZG damit nach vierwöchiger Dauer der arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis als solches auf zwei Monate befristet ist. Nach § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V m.F. korrespondiert dieser Anspruch aber nicht mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung auf Krankengeld: Denn dieser krankenversicherungsrechtliche Anspruch besteht nach dem Gesetzeswortlaut entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht bereits dann, wenn ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG zu bejahen ist, sondern gerade nur, wenn der Versicherte mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes nach dem EFZG hat, der Anspruch also mindestens sechs Wochen umfasst oder umfassen kann. Dieser klare Wortlaut erlaubt es zur Überzeugung des Senates - im Einklang mit der allgemeinen Meinung in der Literatur (vgl. statt vieler: Brandts in: Kasseler Kommentar, SGB V, Stand: Oktober 2010, § 44 Rn. 73; Legde in: LPK-SGB V, 5. Aufl. 2016, Rn. 4 je m.w.N.) - gedanklich zu den vier Wochen Wartezeit sechs Wochen als Entstehungsvoraussetzung für die Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch hinzuzuaddieren und damit Personen wie die Klägerin, deren Beschäftigung von vornherein auf weniger als zehn Wochen begrenzt ist, vom Krankgeldanspruch nach § 44 Abs. 1 SGB V auszunehmen. Dies entspricht überdies auch dem Willen des Gesetzgebers, der Personen, deren Beschäftigung von Anfang an auf unter zehn Wochen befristet ist, ausdrücklich als Beispiel für solche Personen benennt, denen keinen Anspruch auf mindestens sechs Wochen Entgeltfortzahlung nach dem EFZG zusteht (Vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 107). Diese aus Sicht des Senates klare Formulierung von Gesetzeswortlaut und Gesetzesbegründung erklärt auch, warum zu der streitigen Frage keine einschlägige (obergerichtliche) Judikatur erforderlich geworden ist, die den Rechtsstandpunkt der Klägerin stützen könnte.
Eine Ungleichbehandlung zu (unbefristeten) Beschäftigungsverhältnissen, in denen nach vergleichbarer Beschäftigungsdauer unter zehn Wochen eine Probezeitkündigung ausgesprochen wird, vermag der Senat nicht zu erkennen, da hier die unbefristete Einstellung und damit erfolgende volle Beitragszahlung von Anfang an als sachlicher Grund die rechtliche Andersbehandlung (nach der gesetzlichen Regel des § 44 Abs. 1 SGB V) rechtfertigt. Auch das von der Klägerin vorgetragene Argument einer sozialen Härte verfängt nicht, da der Gesetzgeber die gesetzlichen Krankenkassen zum Ausgleich für die Anerkennung krankengeldfreier Versicherungsverhältnisse in § 53 Abs. 6 S. 1 SGB V durch die Auflage der Schaffung von Wahltarifen ausdrücklich verpflichtet hat, u.a. für die von § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V erfassten Personen den Zugang zu einem Versicherungsschutz mit Krankengeld zu ermöglichen.
Aus der nachträglichen vollen Beitragsleistung durch die Arbeitgeberin im Dezember 2013 kann die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch auf Krankengeld herleiten. Selbst wenn man dies als vertragliche Zusage und damit Entgeltfortzahlungsabrede außerhalb des EFZG betrachten wollte, hat der Gesetzgeber auch diese Variante unter den Vorbehalt einer sechswöchigen Dauer gestellt. Einen derart weitgehenden Rechtsbindungswillen gegenüber der Klägerin kann man der sozialversicherungsrechtlichen "Umschlüsselung" jedoch nicht entnehmen, da diese insoweit überhaupt keinen auslegungsfähigen Inhalt hat.
Die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses sind auch insoweit gegeben, als die Klägerin - wie vom SG ebenfalls zutreffend festgestellt - keine dem Leistungsausschluss entgegenwirkende Wahlerklärung abgegeben hat. Ihre entsprechende nachträgliche Äußerung erlaubt - unabhängig davon, ob und in welchem Umfang dies überhaupt möglich ist - keine andere Beurteilung. Dies deckt sich mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. nur BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 1 KR 9/06 R, Rn. 11, juris, m.w.N.), die bei der Frage, ob und in welchem Umfang ein Krankengeldanspruch besteht, allein auf das Versicherungsverhältnis abstellt, das zur Zeit der Entstehung des Krankengeldanspruchs vorliegt, die hier wiederum nach § 46 S. 1 Nr. 2 m ...F. am Tag nach der ärztlichen Feststellung eingetreten wäre; zu diesem Zeitpunkt (29.08.2013) lag jedoch unstreitig keine Wahlerklärung vor. Diese zeitliche Verknüpfung von Krankengeldanspruch und Krankheitsfall lässt sich darüber hinaus auch mit § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V m.F. selbst begründen, der das Bestehen des Entgeltfortzahlungsanspruchs bei - also zum Zeitpunkt der - Arbeitsunfähigkeit voraussetzt.
Der Krankengeldanspruch lässt sich schließlich auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieser hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können; die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (grundlegend: BSG, Urteile vom 14.2.1989, 7 RAr 18/87, SozR 4100 § 66 Nr. 2, und vom 24.7.2003, B 4 RA 13/03 R, SozR 4-1200 § 46 Nr. 1 m.w.N.) stützen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Aufgrund der unstreitig automatisierten Meldung zur Sozialversicherung hält der Senat die erstinstanzliche Entscheidung auch insoweit für vollumfänglich zutreffend, da - bei zugleich zu unterstellender Gesetzeskenntnis von Seiten der Klägerin - bereits kein Anlass für eine Spontanberatung (hierzu: BSG, Urteil vom 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, juris, Rn. 19) erkennbar ist, aus der sich die erforderliche Pflichtverletzung konstruieren ließe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG) vermag der Senat nicht zu erkennen, da es sich um einen Einzelfall handelt, der durch Subsumtion unter einen aus den dargelegten Gründen klaren Gesetzestext in Übereinstimmung mit dem erklärten gesetzgeberischen Willen ohne weiteres zu lösen ist.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Krankengeld für die Zeit ab dem 28.08.2013.
Die am 00.00.1975 geborene Klägerin ist gelernte Bürokauffrau und war bis zum Jahre 2012 langjährig als solche bei der Firma S beschäftigt. In der Zeit vom 30.07.2013 bis 30.09.2013 war die Klägerin bei der Firma B Personal GmbH als Bürokauffrau angestellt. Die einmalige Befristung der Beschäftigung auf zwei Monate ergab sich aus § 2 des Arbeitsvertrages vom 29.07.2013. Die Arbeitgeberin meldete die Klägerin (zunächst) zum ermäßigten Beitragssatz - ohne Anspruch auf Krankengeld - zur Sozialversicherung an. Eine Wahlerklärung zum Abschluss eines Wahltarifs zur Abdeckung des Krankengeldrisikos wurde von der Klägerin anlässlich des Vertragsschlusses nicht abgegeben.
Seit dem 01.01.2014 bezieht die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
In der Zeit vom 15.08.2013 bis 20.08.2013 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig (aufgrund eines Wundabszesses nach einer Bauchoperation; Diagnose: "L 02.9 G" ICD-10 GM).
Am 28.08.2013 erkrankte die Klägerin (erneut), diesmal an einer depressiven Episode ("F32.9 G" ICD-10 GM). Die Erkrankung ist - unstreitig - durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Allgemeinmedizinerin Dr. X vom 28.08.2013 bis zum 04.09.2013, vom 04.09.2013 bis zum 13.09.2013, vom 12.09.2013 bis 20.09.2013, vom 20.09.2013 bis 27.09.2013 und sodann wieder vom 30.09.2013 bis 11.10.2013, vom 10.10.2013 bis 25.10.2013, dann wieder vom 28.10.2013 bis 08.11.2013, vom 08.11.2013 bis 20.11.2013, sowie sodann durch Bescheinigungen der Neurologin und Psychiaterin C vom 20.11.2013 bis 04.12.2013, vom 04.12.2013 bis 20.12.2013, vom 20.12.2013 bis 06.01.2014, vom 06.01.2014 bis 20.01.2014, dann wieder vom 04.03.2014 bis 18.03.2014, vom 18.03.2014 bis 14.04.2014, vom 14.04.2014 bis 29.04.2014, vom 29.04.2014 bis 14.05.2014, vom 14.05.2014 bis 05.06.2014, vom 05.06.2014 bis 26.06.2014, vom 26.06.2014 bis 10.07.2014, vom 10.07.2014 bis 24.07.2014 und vom 24.07.2014 bis 08.08.2014 dokumentiert.
Innerhalb dieses Zeitraumes bestätigte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten mit ärztlicher Stellungnahme vom 13.09.2013 aufgrund Untersuchung der Klägerin vom selben Tage Arbeitsunfähigkeit infolge einer schweren Depression und merkte eine Wiedereinbestellung nach Ablauf von 6 Wochen vor.
Mit Schreiben vom 20.09.2013 machte die Klägerin "Krankengeld für die Zeit vom 15.08.2013 bis 20.08.2013" gegenüber der Beklagten geltend. Sie gehe davon aus, dass sie trotz der Befristung mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei.
Die Firma B stellte auf Rückfrage sowohl der Klägerin als auch der Beklagten klar, dass sie die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages über die Wahlmöglichkeiten bei den Krankenkassen aufgeklärt habe. Die Beklagte habe nach ihren Informationen die Nachfrage der Klägerin nach einem "Wahlbrief" terminologisch nicht einordnen können. Für den Zeitraum vom 15.08.2013 bis 20.08.2013 leistete sie (nachträglich) Entgeltfortzahlung.
Ebenfalls nachträglich im Dezember 2013 meldete die Firma B die Klägerin zum vollen Beitragssatz an und teilte der Klägerin diese "Umschlüsselung" (mit Schreiben vom 06.12.2013) mit.
Mit Bescheid vom 08.01.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld aufgrund des Krankheitsfalles ab dem 28.08.2013 ab. Der Anspruch werde vom Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erfasst: Der Klägerin stehe für die geltend gemachte Zeit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zu, da ihr Arbeitsverhältnis von vornherein auf weniger als zehn Wochen befristet gewesen sei. Auch habe sie keinen Anspruch aus einem Wahltarif nach Maßgabe von § 53 Abs. 6 SGB V, da sie innerhalb von vierzehn Tagen nach Aufnahme der Beschäftigung keine Wahlerklärung abgegeben habe. Die Unterlagen hätten ihr auch nicht übersandt werden können, da sie diese trotz der vermeintlichen Aufklärung durch den Arbeitgeber niemals angefordert habe.
Hiergegen legte die Klägerin (mit Schriftsatz vom 17.01.2014) Widerspruch ein. Jedenfalls aufgrund der nachträglichen Anmeldung zum vollen Beitragssatz stehe ihr der geltend gemachte Krankengeldanspruch zu. Im Übrigen ergebe sich dieser auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Ihre Arbeitgeberin habe sie - ebenso wenig wie die Beklagte trotz entsprechender Beratungspflichten - nicht über die Möglichkeit aufgeklärt, eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld zu wählen. Die Beklagte habe bei Anmeldung des Sozialversicherungsverhältnisses auch ohne weiteres erkennen können, dass die vorgenommene Vertragsgestaltung Lücken zu Lasten der Klägerin aufgewiesen habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie erneut auf den Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V, der trotz der nachträglichen, aus ihrer Sicht rechtswidrigen Ummeldung greife. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien bereits mangels erkennbarer Pflichtverletzung nicht gegeben, da aufgrund der automatisierten bzw. elektronischen Meldung zur Sozialversicherung kein Anlass für eine Beratung der Klägerin im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestanden habe.
Mit ihrer hiergegen vor dem SG Dortmund (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt. Der Anspruch sei jedenfalls aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründet. Sie habe zum Zeitpunkt der Aufnahme des Arbeitsverhältnisses weder gewusst, dass die Möglichkeit einer Versicherung bei der Beklagten ohne Anspruch auf Krankengeld bestehe, noch, dass ihre Arbeitgeberin sie nur zum ermäßigten Beitragssatz gemeldet habe. Bei entsprechender Kenntnis hätte sie den Arbeitsvertrag nie geschlossen. Es sei daher Pflicht der Beklagten gewesen, sie über die bestehenden Wahlmöglichkeiten zu beraten, zu deren Angebot der Gesetzgeber die gesetzlichen Krankenkassen in § 53 Abs. 6 SGB V verpflichtet habe. Diese Pflicht könne sie nicht auf den Arbeitgeber "abwälzen". Bei ordnungsgemäßer Beratung hätte sie von der Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht, was sie jedenfalls mit sofortiger Wirkung nachhole. Auch sei sie fortlaufend erkrankt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 08.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 zu verurteilen, ihr Krankengeld für die Zeit ab dem 28.08.2013 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die angefochtenen Bescheide und ihren Sachvortrag aus dem Verwaltungsverfahren bezogen. Die nachträgliche Wahlerklärung der Klägerin vermöge die Rechtslage zum streitigen Zeitpunkt nicht mehr zu verändern.
Durch Urteil vom 15.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, insbesondere liege ein abgeschlossenes Vorverfahren vor, da die Auslegung der streitgegenständlichen Bescheide ergebe, dass die Beklagte (auch) über den Krankengeldanspruch ab dem 28.08.2013 entschieden habe. Die Klage sei jedoch unbegründet, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Krankengeld ab dem 28.08.2013 nicht zustehe. Zur Überzeugung der Kammer habe das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma B der Klägerin infolge der Befristung auf zwei Monate aufgrund von § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V keine Mitgliedschaft bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld vermittelt. Aus dieser Vorschrift folge, dass aufgrund einer Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherte, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach dem EFZG, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, keinen Anspruch auf Krankengeld haben, es sei denn, das Mitglied gebe eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen solle. Zu der Personengruppe, die keinen Anspruch nach dem EFZG haben, gehörten jedoch u.a. solche Personen, deren Beschäftigungsverhältnis im Voraus auf weniger als zehn Wochen befristet sei. Auch habe sich die Klägerin den Krankengeldanspruch nicht durch Abgabe einer Wahlerklärung verschafft. Die entsprechende nachträgliche Äußerung im Klageverfahren reiche hierzu nicht aus, da es darauf ankomme, dass der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei (§ 46 S. 1 Nr. 2 SGB V). Der Anspruch auf Krankengeld lasse sich auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen, da bereits die hierfür notwendige Beratungspflichtverletzung der Beklagten nicht erkennbar sei. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass der Versicherte die geltenden Gesetze kenne, so dass sich die Klägerin nicht auf Unkenntnis des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V und seiner Konsequenzen berufen könne. Aufgrund des automatisierten Meldeverfahrens habe überdies für die Beklagte auch weder Möglichkeit noch Anlass bestanden, die Klägerin zu beraten. Insofern komme es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld im Übrigen nachgewiesen seien.
Die Klägerin hat gegen das (ihr am 15.08.2016 zugestellte) Urteil am 05.09.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Das Sozialgericht verkenne, dass § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V nach dem Wortlaut allein auf das Bestehen eines Anspruchs nach dem EFZG abstelle und nicht verlange, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich länger als zehn Wochen andauere. Nach Ablauf der Wartefrist von vier Wochen habe die Klägerin den Anspruch auf Entgeltfortzahlung jedoch nach § 3 EFZG dem Grunde nach erworben. Eine andere Interpretation führe zu Schwierigkeiten bei Verlängerungstatbeständen im Rahmen von Befristungen und zu einer gesetzeswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber Probearbeitsverhältnissen mit zweiwöchiger Kündigungsfrist. Aus ihrer Sicht habe die streitige Rechtsfrage daher grundsätzliche Bedeutung. Andere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als die bereits bei den Akten befindlichen könne sie nicht vorlegen. Hilfsweise sei der Klageanspruch daher auf die nachgewiesene Zeit (jedoch nicht mit Ende vor dem 27.09.2013) zu begrenzen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 15.07.2016 zu ändern und gemäß dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Die Auslegung von § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V sei rechtsfehlerfrei und insbesondere vom Wortlaut gedeckt. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass nur solchen Personen kein Anspruch auf Krankengeld zustehen solle, deren Beschäftigung nicht länger als vier Wochen andauere, hätte er dies auch so bestimmen müssen. Die von der Klägerin aufgezeigte Ungleichbehandlung sei für sie nicht erkennbar.
Am 16.01.2017 ist ein Erörterungstermin durchgeführt worden; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 30.03.2017 und Schriftsatz der Klägerin vom 05.04.2017 sowie die Sitzungsniederschrift vom 16.01.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 08.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG. Sie hat keinen Anspruch auf Krankengeld ab dem 28.08.2013.
Dem steht bei unstreitiger ärztlicher Bescheinigung mit Datum vom 28.08.2013 bereits entgegen, dass aufgrund der Wirkung der ärztlichen Feststellung erst mit dem Folgetag gem. § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V in der hier maßgeblichen Gesetzesfassung (im Folgenden: m.F.) vom 17.07.2009 bis 22.07.2015 (BGBl. I, S. 2477) als Anspruchsbeginn frühestens der 29.08.2013 in Betracht kommt. Doch auch zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert (vgl. 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
Es kann dabei dahinstehen, ob und inwieweit die Voraussetzungen des den Krankengeldanspruch dem Grunde nach regelnden § 44 Abs. 1 SGB V tatsächlich erfüllt sind. Zu klären war daher nicht, ob die nach dem 27.09.2013 bestehende Lücke in den ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch die MDK-Feststellungen vom 13.09.2013 zu schließen war oder jedenfalls ab dem 26.10.2013 eine (erste zugleich) anspruchsvernichtende Lücke aufgetreten ist.
Zur Überzeugung des Senates ist das SG vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass der Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V m.F. greift.
Nach dieser Vorschrift haben trotz sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V solche Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes aufgrund des EFZG, eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll.
Nach § 3 Abs. 3 EFZG entsteht der bis zu sechs Wochen umfassende Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG indes erst nach vierwöchiger Dauer des Arbeitsverhältnisses. Dies führt dazu, dass der Anspruch für Versicherte, deren Arbeitsverhältnis von vornherein auf weniger als zehn Wochen befristet ist, nicht zu realisieren ist. Zwar ändert dies nichts daran, dass nach dem EFZG damit nach vierwöchiger Dauer der arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlungsanspruch auch dann entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis als solches auf zwei Monate befristet ist. Nach § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V m.F. korrespondiert dieser Anspruch aber nicht mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung auf Krankengeld: Denn dieser krankenversicherungsrechtliche Anspruch besteht nach dem Gesetzeswortlaut entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht bereits dann, wenn ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem EFZG zu bejahen ist, sondern gerade nur, wenn der Versicherte mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes nach dem EFZG hat, der Anspruch also mindestens sechs Wochen umfasst oder umfassen kann. Dieser klare Wortlaut erlaubt es zur Überzeugung des Senates - im Einklang mit der allgemeinen Meinung in der Literatur (vgl. statt vieler: Brandts in: Kasseler Kommentar, SGB V, Stand: Oktober 2010, § 44 Rn. 73; Legde in: LPK-SGB V, 5. Aufl. 2016, Rn. 4 je m.w.N.) - gedanklich zu den vier Wochen Wartezeit sechs Wochen als Entstehungsvoraussetzung für die Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch hinzuzuaddieren und damit Personen wie die Klägerin, deren Beschäftigung von vornherein auf weniger als zehn Wochen begrenzt ist, vom Krankgeldanspruch nach § 44 Abs. 1 SGB V auszunehmen. Dies entspricht überdies auch dem Willen des Gesetzgebers, der Personen, deren Beschäftigung von Anfang an auf unter zehn Wochen befristet ist, ausdrücklich als Beispiel für solche Personen benennt, denen keinen Anspruch auf mindestens sechs Wochen Entgeltfortzahlung nach dem EFZG zusteht (Vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 107). Diese aus Sicht des Senates klare Formulierung von Gesetzeswortlaut und Gesetzesbegründung erklärt auch, warum zu der streitigen Frage keine einschlägige (obergerichtliche) Judikatur erforderlich geworden ist, die den Rechtsstandpunkt der Klägerin stützen könnte.
Eine Ungleichbehandlung zu (unbefristeten) Beschäftigungsverhältnissen, in denen nach vergleichbarer Beschäftigungsdauer unter zehn Wochen eine Probezeitkündigung ausgesprochen wird, vermag der Senat nicht zu erkennen, da hier die unbefristete Einstellung und damit erfolgende volle Beitragszahlung von Anfang an als sachlicher Grund die rechtliche Andersbehandlung (nach der gesetzlichen Regel des § 44 Abs. 1 SGB V) rechtfertigt. Auch das von der Klägerin vorgetragene Argument einer sozialen Härte verfängt nicht, da der Gesetzgeber die gesetzlichen Krankenkassen zum Ausgleich für die Anerkennung krankengeldfreier Versicherungsverhältnisse in § 53 Abs. 6 S. 1 SGB V durch die Auflage der Schaffung von Wahltarifen ausdrücklich verpflichtet hat, u.a. für die von § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V erfassten Personen den Zugang zu einem Versicherungsschutz mit Krankengeld zu ermöglichen.
Aus der nachträglichen vollen Beitragsleistung durch die Arbeitgeberin im Dezember 2013 kann die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch auf Krankengeld herleiten. Selbst wenn man dies als vertragliche Zusage und damit Entgeltfortzahlungsabrede außerhalb des EFZG betrachten wollte, hat der Gesetzgeber auch diese Variante unter den Vorbehalt einer sechswöchigen Dauer gestellt. Einen derart weitgehenden Rechtsbindungswillen gegenüber der Klägerin kann man der sozialversicherungsrechtlichen "Umschlüsselung" jedoch nicht entnehmen, da diese insoweit überhaupt keinen auslegungsfähigen Inhalt hat.
Die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses sind auch insoweit gegeben, als die Klägerin - wie vom SG ebenfalls zutreffend festgestellt - keine dem Leistungsausschluss entgegenwirkende Wahlerklärung abgegeben hat. Ihre entsprechende nachträgliche Äußerung erlaubt - unabhängig davon, ob und in welchem Umfang dies überhaupt möglich ist - keine andere Beurteilung. Dies deckt sich mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. nur BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 1 KR 9/06 R, Rn. 11, juris, m.w.N.), die bei der Frage, ob und in welchem Umfang ein Krankengeldanspruch besteht, allein auf das Versicherungsverhältnis abstellt, das zur Zeit der Entstehung des Krankengeldanspruchs vorliegt, die hier wiederum nach § 46 S. 1 Nr. 2 m ...F. am Tag nach der ärztlichen Feststellung eingetreten wäre; zu diesem Zeitpunkt (29.08.2013) lag jedoch unstreitig keine Wahlerklärung vor. Diese zeitliche Verknüpfung von Krankengeldanspruch und Krankheitsfall lässt sich darüber hinaus auch mit § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V m.F. selbst begründen, der das Bestehen des Entgeltfortzahlungsanspruchs bei - also zum Zeitpunkt der - Arbeitsunfähigkeit voraussetzt.
Der Krankengeldanspruch lässt sich schließlich auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieser hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können; die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (grundlegend: BSG, Urteile vom 14.2.1989, 7 RAr 18/87, SozR 4100 § 66 Nr. 2, und vom 24.7.2003, B 4 RA 13/03 R, SozR 4-1200 § 46 Nr. 1 m.w.N.) stützen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Aufgrund der unstreitig automatisierten Meldung zur Sozialversicherung hält der Senat die erstinstanzliche Entscheidung auch insoweit für vollumfänglich zutreffend, da - bei zugleich zu unterstellender Gesetzeskenntnis von Seiten der Klägerin - bereits kein Anlass für eine Spontanberatung (hierzu: BSG, Urteil vom 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, juris, Rn. 19) erkennbar ist, aus der sich die erforderliche Pflichtverletzung konstruieren ließe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG) vermag der Senat nicht zu erkennen, da es sich um einen Einzelfall handelt, der durch Subsumtion unter einen aus den dargelegten Gründen klaren Gesetzestext in Übereinstimmung mit dem erklärten gesetzgeberischen Willen ohne weiteres zu lösen ist.
Rechtskraft
Aus
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