Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 25 R 1508/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 167/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 60/17 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.11.2013 geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69.109,24 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Summenbeitragsbescheides (§§ 28p Abs. 1 Satz 5, 28f Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]), mit dem die Beklagte den Kläger auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 nebst Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV) in Anspruch genommen hat.
Der nach eigenen Angaben über eine Qualifikation zum Dipl.-Bauingenieur (YU) verfügende Kläger betrieb in dem Zeitraum von 2003 bis Februar 2008 als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen in I. Hierzu hatte er mit Wirkung zum 1.1.2003 zunächst ein Gewerbe mit der Tätigkeitsbezeichnung "Rohbauarbeiten" angezeigt und zum 15.6.2003 eine Änderung zugunsten eines Gewerbes mit der Beschreibung "Einschalungsarbeiten, Eisenverlegen, Trockenbau und Reinigung" gemeldet (Ummeldungsanzeige der Stadt I vom 18.6.2003). Mit Wirkung zum 12.1.2004 machte er der Gewerbeaufsicht eine Erweiterung seiner Tätigkeit zugunsten von "Maurer- und Stahlbetonarbeiten" bekannt. Im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit hatte der Kläger insgesamt 51 Arbeitskräfte als (teilweise geringfügig) beschäftigte Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich angemeldet.
Im Jahr 2006 gewann das Hauptzollamt (HZA) E (Finanzkontrolle Schwarzarbeit [FKS]) im Zuge von Ermittlungen gegen verantwortlich Handelnde der Firma C GmbH, E, Informationen über Vertragsbeziehungen zwischen dieser Gesellschaft und dem Kläger. Diese Erkenntnisse veranlassten das HZA E im August 2007 zur Einleitung eines gesonderten Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung sowie der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum von 2003 bis zunächst Juli 2007. Nach Auswertung sichergestellter Vertragsdokumente, vorgefundenen Ausgangsrechnungen und dokumentierten Aufwänden des Klägers für beauftragte Subunternehmer, einzelner Wochenberichte über ein von dem Kläger bearbeitetes Bauvorhaben sowie den dokumentierten Meldungen zur Sozialversicherung nahm das HZA E an, dass der prozentuale Anteil zwischen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen einerseits und geringfügigen Beschäftigungen andererseits für den "Baubereich absolut untypisch" sei. So habe der Kläger im Kalenderjahr 2003 keinerlei sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen gemeldet. Im Kalenderjahr 2004 habe der Anteil der gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungstage 54,1% betragen, wohingegen 45,9% der Beschäftigungstage als geringfügige Arbeitsverhältnisse gemeldet worden seien. Im Jahr 2005 habe sich der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Einsatztage auf lediglich 48,13% und im Jahr 2006 auf sogar nur 30,03% belaufen. Die im Übrigen geleisteten Arbeitstage seien als geringfügige Beschäftigung gemeldet worden (Vermerk des HZA E vom 29.1.2009).
Nachdem im Zuge sodann vollzogener Durchsuchungsmaßnahmen (Beschlüsse des Amtsgerichts [AG] I vom 16.2.2009 und vom 6.7.2009) bei dem Kläger und dessen Steuerberaterin umfangreiche Geschäftsunterlagen beschlagnahmt worden waren, stellte das HZA E nach deren Auswertung fest, dass der Kläger im Zeitraum von November 2003 bis März 2008 in einem Umfang von insgesamt 17.016 Arbeitsstunden keine Beiträge zur Sozialversicherung und keine Lohnsteuern abgeführt habe (Vermerk des HZA E vom 27.7.2009).
Anlässlich einer Beschuldigtenvernehmung am 28.9.2009 durch das HZA E bekundete der Kläger, er habe den Vermerk vom 27.7.2009 mehrfach durchgerechnet, ohne zahlenmäßig zu einem anderen Ergebnis gelangt zu sein. Gleichwohl sei die Differenz zwischen den gemeldeten und den zollbehördlich zugrunde gelegten tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden für ihn "nicht nachvollziehbar". Auf die Vernehmungsniederschrift vom 28.9.2009 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Aufgrund der Einlassungen des Klägers reduzierte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (FA SteuFA) I den Anteil der von dem Kläger nachträglich zu versteuernden Arbeitsstunden auf 9.536 Stunden. Hierbei legte es für den Zeitraum von November 2003 bis Februar 2008 produktiv geleistete eigene Arbeitsstunden des Klägers in Höhe von insgesamt 7.480 Stunden zugrunde, wobei es die von ihm erbrachten Arbeitsstunden mit monatlich 160 Stunden bemaß. Bezogen auf die Monate, in denen der Kläger neben seiner selbständigen Tätigkeit als Bauleiter für zwei weitere Bauunternehmen tätig war, ging das FA SteuFa von monatlich 100 eigenen Arbeitsstunden des Klägers aus. Auf den Inhalt des Vermerks vom 28.9.2009 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Anlässlich eines im Dezember 2009 mit Vertretern des FA SteuFA und des HZA E geführten Gesprächs trat der Kläger dieser modifizierten Stundenkalkulation mit der Begründung entgegen, er habe persönlich eine wesentlich größere Anzahl von Arbeitsstunden geleistet. Außerdem machte er geltend, er sei aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Erfahrung in der Lage gewesen, Baugewerke in wesentlich kürzerer Zeit zu erstellen, als dieses "normal" der Fall sei (Vermerk des FA SteuFa vom 11.12.2009).
In seinem abschließenden "Bericht vom 5.2.2010 über die strafrechtlichen Feststellungen" stellte das FA SteuFA I fest, dass der Kläger von November 2003 bis Dezember 2007 neben den im Bericht namentlich und unter Angabe des Geburtsdatums sowie des Wohnortes ausgewiesenen 51 sozialversicherungsrechtlich gemeldeten Personen weitere Arbeitnehmer entweder gar nicht angemeldet oder den gemeldeten Personen höhere Entgelte ausgezahlt habe, als sie der Lohnversteuerung unterworfen worden seien. Grundlage für die Bemessung der angenommenen Schwarzlöhne seien die den Auftraggebern erbrachten Leistungen, die mangels anderer Fakten auch zur Schätzung der Gesamtlohnsumme herangezogen werden müssten. Zusammenfassend gelangte das FA SteuFA zu einem von dem Kläger "nachzuversteuernden Lohn" in folgender Höhe:
Kalenderjahr - Kalendermonat - "nachzuversteuernder Lohn"
2003
November - 2.310,28 EUR
Dezember 4.392,64 EUR
Summe 6.702,92 EUR
2004
Januar - 773,08 EUR
Februar - 2.080,55 EUR
März - 4.211,94 EUR
April - 2.871,18 EUR
Mai - 2.450,08 EUR
Juni - 3.614,67 EUR
Juli - 3.709,90 EUR
August - 3.892,54 EUR
September - 2.691,42 EUR
Oktober - 6.810,55 EUR
November - 995.40 EUR
Dezember - 2.598,66 EUR
Summe - 36.699,95 EUR
2005
Januar - 2.664,24 EUR
Februar - 1.621,91 EUR
März - 2.623,88 EUR
April - 985,62 EUR
Mai - 2.048,40 EUR
Juni - 721,80 EUR
Juli - 3.262,72 EUR
August - 2.806,09 EUR
September - 174,64 EUR
Oktober - 924,23 EUR
November - 2.061,34 EUR
Dezember - 2.668,61 EUR
Summe - 22.563,48 EUR
2006
Januar - 1.463,81 EUR
Februar - 279,61 EUR
März - 1.126,26 EUR
April - 952,04 EUR
Mai - 4.153,47 EUR
Juni - 2.050,88 EUR
Juli - 1.235,44 EUR
August - 1.673,06 EUR
September - 3.397,90 EUR
Oktober - 3.692,33 EUR
November - 1.538,68 EUR
Dezember - 1.572,40 EUR
Summe - 23.135,90 EUR
2007
Januar - 292,98 EUR
Februar - 730,29 EUR
März - 737,83 EUR
April - 1.221,48 EUR
Mai - 431,63 EUR
Juni - 488.92 EUR
Juli - 1.068,14 EUR
August - 1.054,00 EUR
September - 667,48 EUR
Oktober - 826,95 EUR
November - 2.469,70 EUR
Dezember - 483,56
Summe - 10.473,95 EUR
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Inhalt des Berichtes des FA SteuFA vom 5.2.2010 Bezug genommen.
Unter Zugrundelegung der von dem FA SteuFa ermittelten Arbeitslöhne bezifferte das Finanzamt (FA) J mit Haftungsbescheid vom 18.3.2010, auf dessen Inhalt und Anlagen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, für die Kalenderjahre 2003 bis 2007 von dem Kläger nachzuentrichtende Lohnsteuern in Höhe von 15.631,87 EUR. Diesen Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.
Mit Strafbefehl vom 8.7.2010 hat das AG I wegen Steuerhinterziehung in 50 Fällen und Vorenthaltung von Arbeitsentgelt in 50 Fällen (§ 370 Abs. 1 Abgabenordnung [AO], § 41a Einkommensteuergesetz [EStG], §§ 266a, 53 Strafgesetzbuch [StGB]) gegen den Kläger eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Az.: 76 Cs-00 Js 00/09-00/10). Eine dem Kläger mit Beschluss vom 8.7.2010 erteilte Auflage zur Schadenswiedergutmachung durch Zahlung von monatlich mindestens 200,00 EUR (jeweils 100,00 EUR auf die Steuerrückstände sowie die rückständigen Beiträge zur Sozialversicherung) ist auf den Einspruch des Klägers in der Hauptverhandlung vom 23.11.2010 ersatzlos gestrichen worden. Im Übrigen ist der Strafbefehl in Rechtskraft erwachsen. Auf die Niederschrift zur Hauptverhandlung vom 23.11.2010 wird Bezug genommen.
Nachdem der Bericht des FA SteuFa vom 5.2.2010 der Beklagten übermittelt worden war, wertete diese die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV i.V.m. §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz [SchwarzArbG]) aus. Im Ergebnis schloss sie sich den im Bericht vom 5.2.2010 getroffenen Beurteilungen an und machte nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 5.5.2010) mit Bescheid vom 20.7.2010 nachträglich Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nebst Beiträgen zur Umlage 1 (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sowie zur Umlage 2 (Leistungen des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld) für den Zeitraum November 2003 bis Dezember 2007 in Höhe von 43.766,74 EUR geltend. Zudem erhob sie Säumniszuschläge in Höhe von 25.342,50 EUR.
Aufgrund des Ermittlungsergebnisses des FA SteuFA - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - seien in der Zeit von November 2003 bis Dezember 2007 Arbeitnehmer überhaupt nicht angemeldet worden oder an diese höhere Löhne gezahlt worden, als sie der Beitragsberechnung unterworfen worden seien. Grundlage der ausbezahlten Schwarzlöhne seien die den Auftraggebern erbrachten Leistungen, die mangels anderer Fakten auch bei der Schätzung der Lohnsumme herangezogen werden müssten. Als Bruttostundenlohn sei der durch den Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) in der jeweils gültigen Fassung festgesetzte Mindeststundenlohn anzusetzen. Neben den nachträglich zu entrichtenden Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung habe der Kläger Säumniszuschläge zu leisten, da er nicht geltend machen könne, unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben. Bei der fortgesetzten Zahlung von Arbeitsentgelten außerhalb einer ordnungsgemäßen Lohn- und Gehaltsabrechnung mit dem Ziel der Vermeidung des Eintritts von Versicherungs- und Beitragspflicht handele es sich um einen Fall bewusster Beitragshinterziehung, der eine Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen nach sich ziehe. Wegen der weiteren Begründung sowie der Berechnung der Pflichtbeiträge und Säumniszuschläge wird auf den Inhalt des Bescheides vom 20.7.2010 nebst Anlagen Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28.7.2010 schriftlich Widerspruch. Nachdem er zunächst angeregt hatte, das vor dem AG I geführte Strafverfahren abzuwarten (Schreiben vom 16.8.2010), trug er nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls vor, der Erlass eines Summenbeitragsbescheides sei rechtswidrig, da eine personenbezogene Feststellung der beitragspflichtigen Entgelte mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen sei (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.7.2003, L 9 KR 373/01). So seien nach den Ermittlungen des HZA E die Namen seiner Arbeitnehmer bekannt gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte davon abgesehen, diese in ihre Ermittlungen einzubeziehen. Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung folgten auch daraus, dass er per Strafbefehl "lediglich" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden sei. Nach Maßgabe der von der Beklagten ermittelten Beitragsforderung sei eine weitaus höhere Strafe zu erwarten gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.6.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Im Rahmen der Ermittlungen des FA SteuFA seien für den 216 Kalenderwochen umfassenden Prüfungszeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 lediglich Wochenberichte für den Zeitraum vom 11.11.2003 bis zum 21.12.2003 sichergestellt worden, in denen für fünf Wochen drei und für eine Woche vier Arbeitnehmer ausgewiesen worden seien. Zudem seien im Oktober 2004 Arbeitseinsätze an zwei Arbeitstagen für zwei Personen und im Oktober 2006 ein Arbeitseinsatz für lediglich eine Person mit zwei Arbeitstagen dokumentiert. Über die gemeldeten Verhältnisse hinaus seien weitere Arbeitsleistungen außerhalb einer ordentlichen Buchführung erbracht worden. Wegen der Verletzung der Aufzeichnungspflicht sei die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand individuell feststellbar. Es lasse sich nicht feststellen, dass Arbeitsentgelte im Rahmen nicht versicherungspflichtiger, versicherungs- bzw. beitragsfreier Beschäftigungsverhältnisse erzielt worden oder dass die Entgelte nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen seien.
Besondere Gründe, von einer Erhebung der Beiträge auf Basis der Summe der geschätzten Arbeitsentgelte abzusehen, seien nicht ersichtlich; im Übrigen werde das Wort "kann" im Sinne des § 28f Abs. 2 SGB IV nicht in dem Sinne verstanden, dass dem prüfenden Rentenversicherungsträger ein Rechtsfolgeermessen eingeräumt werde. Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 wird Bezug genommen.
Mit der am 21.7.2011 zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger das auf die Aufhebung des Summenbeitragsbescheides gerichtete Begehren weiterverfolgt. Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 1.2.2003, B 12 KR 12/01 R verweise, überzeuge der Verweis nicht, da es in dem vom BSG zu entscheidenden Fall nicht um Schwarzarbeit gegangen sei (Schriftsatz vom 27.10.2011).
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten. Aus den Vernehmungen im Zuge des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger folge, dass eine namentliche Zuordnung der Entgelte nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich gewesen sei.
Nachdem die Beklagte einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag nicht angenommen hatte, hat das SG mit Urteil vom 12.11.2013 den Bescheid vom 20.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 aufgehoben. Der Erlass des Summenbeitragsbescheides sei rechtswidrig, da eine personenbezogene Beitragserhebung ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand feststellbar gewesen sei. Obgleich in dem Bericht des FA SteuFA vom 5.2.2010 insgesamt 51 Personen mit vollständigem Namen, Geburtsdatum und Wohnort benannt worden seien, habe es die Beklagte trotz ihrer Verpflichtung, diese Personen am Verwaltungsverfahren zu beteiligen, unterlassen, eine personenbezogene Zuordnung der Sozialversicherungsbeiträge auch nur in Ansätzen zu unternehmen. Ausweislich eines Vermerks des Betriebsprüfers der Beklagten vom 5.5.2010 habe sie vielmehr darauf vertraut, dass Einwendungen gegen einen Betriebsprüfungsbescheid nicht erhoben würden. Es sei der Beklagten zwar zuzugeben, dass eine personenbezogene Zuordnung mit einem deutlichen Verwaltungsmehraufwand verbunden gewesen sei; dieser wäre allerdings nicht unverhältnismäßig hoch gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 14.2.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.2.2014 schriftlich Berufung zum LSG Nordrhein-Westfalen eingelegt. Eine personenbezogene Zuordnung der Arbeitsentgelte - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - erfordere im vorliegenden Fall nicht lediglich einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, sondern sei praktisch unmöglich. So seien nach dem Ermittlungsergebnis für den streitentscheidenden Zeitraum von 52 Monaten lediglich für zwei Monate Stundenaufzeichnungen vorgefunden worden, die sich zudem auf lediglich ein Bauvorhaben des Klägers bezogen hätten. Im Übrigen seien für den Prüfungszeitraum weder Aufzeichnungen vorhanden; noch habe der Kläger im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren substantiiert vorgetragen, woraus eine personenbezogene Zuordnung ermöglicht werde.
Nach den zollbehördlichen Erkenntnissen seien die geleisteten Arbeiten mit den abgerechneten Stunden nicht zu erbringen gewesen, weshalb die Lohnsummen unter Berücksichtigung der Beteiligung von Subunternehmern sachgerecht geschätzt worden seien. Es sei nicht zu rekonstruieren, von welcher Person die von den Lohnabrechnungen nicht gedeckten Arbeitsstunden geleistet worden seien. Es sei ebenso möglich, dass diese von gemeldeten Personen erbracht worden und nicht in die Lohnabrechnung eingeflossen seien als auch, dass diese von nicht gemeldeten und damit gänzlich unbekannten Personen erbracht worden seien. Sie sei als prüfender Rentenversicherungsträger nicht gehalten, "insoweit ins Blaue hinein" zu ermitteln, ohne über verlässliche Anhaltspunkte zu verfügen. Es sei auch wenig sinnvoll, die gemeldeten Arbeitnehmer zu befragen, da im Rahmen derartiger Befragungen erfahrungsgemäß sachgerechte Erkenntnisse nicht gewonnen würden.
Entgegen der Auffassung des SG orientiere sich der zumutbare Ermittlungsaufwand durchaus auch an der individuellen Bedeutung der Beitragsnachberechnung für jeden Arbeitnehmer und richte sich nicht ausschließlich an der absoluten Höhe der Gesamtforderung. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sämtliche schwarz ausgezahlten Entgelte an die gemeldeten Arbeitnehmer geflossen seien, sei der individuelle Vorteil als gering zu bewerten, da im Prüfzeitraum 51 Arbeitnehmer beschäftigt worden seien, was bei der streitbefangenen Gesamtnachforderung einen rechnerischen Durchschnittsbetrag von 858,17 EUR, mithin monatlich 16,50 EUR, ausmache.
Soweit sich der Kläger auf Entscheidungen des LSG Berlin-Brandenburg vom 9.7.2013 (L 9 KR 373/01) und vom 25.8.2004 (L 9 KR 63/02) berufe, bleibe festzustellen, dass diese Entscheidungen die Auffassung der Beklagten stützten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.11.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist zur Begründung auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie auf den Prozessvortrag im erstinstanzlichen Rechtszug.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind der Rechtsauffassung der Beklagten beigetreten.
Der Senat hat am 17.6.2016 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, zu dem trotz ordnungsgemäßer Ladung Vertreter der Beigeladenen 3) nicht erschienen sind, hat der Senat den Kläger ergänzend befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 31.5.2017 Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen zu 1). Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der Ermittlungsakten des HZA E. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 3) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (hierzu I.) und begründet (hierzu II.).
I. Die bei dem erkennenden Gericht am 28.2.2014 schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 14.2.2014 zugestellte Urteil des SG Dortmund vom 12.11.2013 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG) eingelegt worden.
II. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 20.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 auf die insoweit statthafte und im Übrigen zulässig erhobene Anfechtungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 Altern. 1, 90, 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) zu Unrecht aufgehoben. Dieser Verwaltungsakt beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger formell und materiell rechtmäßig Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 nebst Umlagebeiträgen nacherhoben und Säumniszuschläge festgesetzt.
1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Diese Rechtsgrundlage ermächtigt auch zur Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 24 SGB IV (Senat, Beschluss v. 20.1.2015, L 8 R 70/14 B ER; Scheer in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p Rdnr. 213).
2. Der Bescheid vom 20.7.2010 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Kläger vor dessen Erlass unter dem 5.5.2010 ordnungsgemäß schriftlich angehört worden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).
3. Der angefochtene Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines nicht personenbezogenen Summenbeitragsbescheides sind erfüllt [hierzu a)]. Die getroffene Schätzung der Höhe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte ist beanstandungsfrei [hierzu b)]. Ermessensfehler liegen nicht vor [hierzu c)]. Die nacherhobenen Pflichtbeiträge sind nicht verjährt [hierzu d)]. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen ist schließlich ebenfalls rechtmäßig [hierzu e)].
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen zum Erlass eines nicht personenbezogenen Summenbeitragsbescheids (§ 28f Abs. 2 SGB IV) sind erfüllt.
aa) Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Zum Nachweis der richtigen Beitragszahlung hat der Arbeitgeber der Einzugsstelle Beitragsnachweise zu übermitteln (§ 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Soweit er die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen (§ 28f Abs. 2 Sätze 1, 3 und 4 SGB IV).
Ob der prüfende Rentenversicherungsträger nach diesen Vorgaben einen Summenbeitragsbescheid erlassen darf, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. Entscheidend ist, ob aufgrund einer Gesamtwürdigung der Erlass eines Summenbescheides verhältnismäßig ist. Diese Frage kann im gerichtlichen Verfahren voll überprüft werden (BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R, SozR 3-2400 § 24f Nr. 3; Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09, juris, jeweils m.w.N.).
(1) Der Kläger hat die ihn als Arbeitgeber treffenden Aufzeichnungspflichten nach § 28f Abs. 1 SGB VI nicht ordnungsgemäß erfüllt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich des SGB IV in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Nicht ordnungsgemäß erfüllt werden die arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten dann, wenn die aufzeichnungspflichtigen Tatsachen gemäß § 8 der - aufgrund der Ermächtigung des § 28n Nr. 7 SGB IV erlassenen - Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Beitragsverfahrensverordnung [BVV], BGBl. I S. 1138) ) bzw. die nach der bis zum 30.6.2006 geltenden (Art. 15 Satz 2 BVV) Beitragsüberwachungsverordnung (§ 2 BÜVO) vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht zeitgerecht oder in einer Weise geführt werden, die einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit keinen Überblick über die Lohnabrechnung erlaubt (Werner, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28f Rdnr. 51). Diesen Anforderungen entsprechende personenbezogene Aufzeichnungen für die in seinem Unternehmen weisungsgebunden tätig gewordenen Arbeitnehmer hat der Kläger - wie von diesem auch nicht in Abrede gestellt wird - für den gesamten streitbefangenen Prüfungszeitraum nicht vorgelegt.
(2) Zudem hat der Kläger die ihm branchenspezifisch obliegenden besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 28f Abs. 1a SGB IV nicht ordnungsgemäß erfüllt. Nach dieser mit Wirkung zum 1.8.2002 durch das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung vom 23.7.2002 (BGBl. I 2002, 4621) in Kraft getretenen und damit im Streitzeitraum geltenden Vorschrift hat der Unternehmer bei der Ausführung von Dienst- oder Werkverträgen in dem - hier vorliegenden (vgl. § 1 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe [BRTV]) - Baugewerbe die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnungen so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Hiernach ist der Unternehmer verpflichtet, die Entgeltunterlagen auftrags- bzw. projektbezogen oder auch "baustellenbezogen" zu gestalten (Werner, a.a.O., § 28f Rdnr. 38). Zwar hat der Arbeitgeber einen weiten Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Ordnung, Aufbewahrung und die einzelnen Kennzeichen und Zuordnungsmerkmale; gleichwohl muss mit Hilfe der Entgeltunterlagen nachvollzogen werden können, ob und welche gemeldeten Arbeitnehmer bei den jeweiligen Bauleistungen des Unternehmers mitgearbeitet haben und ob deren Zahl und die Höhe der nachgewiesenen Lohnaufwendungen für die übernommenen Arbeiten ausgereicht haben, um die im Dienst- oder Werkvertrag übernommenen Arbeiten zu erbringen (Werner, a.a.O., § 28f Rdnr. 41). Die nach § 28f Abs. 1a SGB IV erforderlichen Aufzeichnungen gehören zu den Entgeltunterlagen und sind getrennt nach den verschiedenen Generalunternehmen mindestens zwei Jahre aufzubewahren (Wagner, in: Rolfs/Gießen/Kreikebohm/Udsching [Hrsg.], BeckOK Sozialrecht, § 28f Rdnr. 5).
Diesen Anforderungen auch nur im Ansatz genügende Aufzeichnungen hat der Kläger im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens nicht vorlegen können. Aktenkundig sind lediglich ganz vereinzelte und den Prüfungszeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 allenfalls punktuell betreffende Wochenberichte ausschließlich bzgl. des Bauvorhabens "MSV Duisburg Arena".
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Erlass des Summenbeitragsbescheides der in § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV normierte Vorbehalt nicht entgegen. Hiernach ist der prüfende Rentenversicherungsträger zum Erlass eines Summenbeitragsbescheides nicht befugt, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung, ob eine personenbezogene Beitragserhebung in diesem Sinne einen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand erfordert, ist der Abschluss des Vorverfahrens. Ein Summenbescheid kann daher auch gerichtlich nur dann mit Erfolg beanstandet werden, wenn im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also in der Regel bei Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, bei einer Gesamtwürdigung der Summenbeitragsbescheid dem prüfenden Rentenversicherungsträger als unverhältnismäßig erscheinen musste und deshalb eine personenbezogene Feststellung der Beiträge geboten war (BSG, a.a.O.; Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09).
§ 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV entbindet den prüfenden Rentenversicherungsträger nicht von seiner Amtsermittlungspflicht gemäß §§ 20, 21 SGB X. Vielmehr werden die danach grundsätzlich gebotenen Bemühungen nach dem allgemeinen Gebot der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns, dessen besondere Ausprägung § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist, lediglich auf ein zumutbares Maß beschränkt (BT-Drucks. 11/2221, S. 23; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.8.2004, L 9 KR 63/02, ASR 2005, 78; Mette, in: Rolf/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Sozialrecht, 2007, § 28f SGB IV Rdnr. 7; Roßbach: KSW, 2009, § 28f SGB IV Rdnr. 11; Sehnert, in: Hauck-Noftz, SGB IV, Stand 2007, § 28f Rdnr. 9; Werner, in: jurisPK-SGB IV, Stand 2007, § 28 f. Rdnr. 54). Ob der Summenbescheid in diesem Sinne verhältnismäßig ist, kann im gerichtlichen Verfahren voll überprüft werden (BSG, Urteil v. 7.2.2002, a.a.O.; a.A. Sehnert, a.a.O. Rn. 9, der von einem Beurteilungsspielraum der Verwaltung ausgeht).
Ob nach dieser Maßgabe der Erlass eines Summenbeitragsbescheides unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig ist, steht nicht zur Disposition des Arbeitgebers oder des prüfenden Rentenversicherungsträgers. Die Vorschrift des § 28f Abs. 2 SGB IV gibt ihrem Sinn und Zweck nach eine gesetzliche Grundlage für den Interessenausgleich im Spannungsverhältnis zwischen dem individuellen Interesse an der Äquivalenz zwischen Beitragszahlung und sozialer Leistung einerseits und dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der Sicherung des Beitragsaufkommens andererseits. Sie dient in keinem Fall dazu, die Arbeitgeber von ihren Mitwirkungspflichten bei der Betriebsprüfung zu entlasten. Ebenso wenig besteht ihre Funktion in einer allgemeinen Arbeitserleichterung für die Prüfdienste. Vielmehr wollte der Gesetzgeber erkennbar dem Interesse an der Sicherung des Beitragsaufkommens dann, aber auch nur dann Vorrang gegenüber den Individualinteressen an Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung einräumen, wenn Letzterem nur mit unverhältnismäßigem Aufwand des prüfenden Rentenversicherungsträgers Rechnung getragen werden kann (Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Interesse an Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung nicht vorrangig ein solches des Arbeitgebers, sondern vielmehr in erster Linie des versicherten Arbeitnehmers ist, der bei Erlass des Summenbescheides Gefahr läuft, seinen aus den zu entrichtenden Beiträgen folgenden Anspruch auf soziale Leistungen zu verlieren. Mit Blick darauf kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine personenbezogene Zuordnung nicht ohne unverhältnismäßig großen Aufwand vorgenommen werden kann, nicht in erster Linie auf die Beurteilung des Arbeitgebers (bzw. seiner Mitarbeitenden) an. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV, der von einem "Verwaltungsaufwand" spricht und damit erkennbar vorrangig auf den Arbeitsaufwand des prüfenden Rentenversicherungsträgers und nicht des Arbeitgebers abhebt. Der Rentenversicherungsträger darf sich daher nicht ohne Prüfung auf entsprechende Angaben des Arbeitgebers verlassen und muss - auch zur Wahrung der Schutzinteressen der Versicherten - vielmehr auf eine Befolgung der Mitwirkungspflicht drängen. Erst wenn sich dabei ergibt, dass der vom Arbeitgeber zu leistende Arbeitsaufwand - z.B. weil er zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen führt - das Interesse an der Sicherung des Beitragsaufkommens gefährdet, kann unter Abwägung mit den individuellen Leistungsinteressen der Versicherten der Erlass des Summenbescheides gerechtfertigt sein (zum Ganzen Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09; Beschluss v. 30.12.2013, L 8 R 406/13 B ER; Beschluss v. 14.4.2014, L 8 R 911/13 B ER).
Nach diesen Maßstäben war die individualisierte Zuordnung von Arbeitsentgelt zu einem bestimmten Beschäftigten mit einem unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand verbunden:
(1) Der Senat verkennt bei dieser Beurteilung nicht, dass der Inhalt des Aktenvermerkes des zuständigen Betriebsprüfers vom 5.5.2010 bei vordergründiger Betrachtung darauf hindeutet, dass der Erlass des Summenbeitragsbescheides (jedenfalls auch) als Instrument der Arbeitserleichterung gedient hat. Die in diesem Vermerk zum Ausdruck gebrachte Vermutung des zuständigen Amtswalters, es sei mit einer "Gegenwehr" des Adressaten nicht zu rechnen, lässt die Annahme zu, dass diese Erwartung die Motivation zum Erlass des Summenbeitragsbescheides mitbeeinflusst hat. Soweit in dem aktenkundigen Vermerk überdies darauf hingewiesen wird, der Sachverhalt sei durch das FA SteuFA ermittelt und "mit dem Arbeitgeber abgesprochen", ist dieser Umstand nach den vorstehenden Ausführungen zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Erlasses eines Summenbeitragsbescheides nicht von Belang, da der Wortlaut des § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV ("Verwaltungsaufwand") nicht auf den Ermittlungsaufwand des Arbeitgebers abstellt.
(2) Ungeachtet dessen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass eine personenbezogene Beitragserhebung im vorliegenden Fall mit einem unverhältnismäßigen großen Verwaltungsaufwand verbunden war.
(a) Hierfür spricht zunächst, dass nach dem von dem Kläger nicht angefochtenen Ermittlungsergebnis des HZA E für den Prüfungszeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 lediglich für zwei Monate Stundenaufzeichnungen vorgelegt worden sind. Im Übrigen sind personenbezogene Aufzeichnungen weder zu ermitteln gewesen, noch hat der Kläger bis zum Abschluss des Vorverfahrens prüfungsfähige Unterlagen vorgelegt, die eine individuelle Beitragsberechnung ermöglicht hätten.
(b) Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass auch eingedenk der in dem Bericht des FA SteuFA vom 5.2.2010 namentlich benannten Personen nicht nachvollzogen werden kann, von welchem Arbeitnehmer des Klägers die von den Lohn- und Gehaltsabrechnungen nicht gedeckten Arbeitsstunden tatsächlich geleistet worden sind. Es ist ebenso denkbar, dass diese Arbeitsleistungen von gemeldeten Personen erbracht und in die Lohnabrechnung nicht einbezogen wurden; ebenso ist es möglich, dass diese von nicht gemeldeten und gänzlich unbekannten Personen erbracht worden sind. Bei der hier vorliegenden gravierenden Verletzung der arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten ist die Beklagte nicht gehalten, einzelne Personen, deren aktuelle Anschrift der Kläger im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren, im Übrigen allerdings auch im gerichtlichen Verfahren nicht einmal mitgeteilt hat, zu kontaktieren und so einen über die erfolgte Meldung hinausgehenden Tätigkeitsumfang, die konkreten Beschäftigungszeiträume, die Höhe des Arbeitsentgeltes sowie die Entgeltbestandteile zu rekonstruieren und für den Kläger dessen arbeitgeberseitige Aufzeichnungspflichten nachträglich zu erfüllen. Vielmehr trifft den Kläger, sofern er weiterhin eine personenbezogene Beitragsbemessung anstrebt, die Verpflichtung, in einem etwaigen Widerrufsverfahren nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV die Möglichkeiten einer personenbezogenen Beitragsfestsetzung aufzuzeigen, wobei er im Hinblick auf § 28f Abs. 3 SGB IV zugleich alle für die individuelle Beitragsfeststellung erforderlichen Angaben mitzuteilen hat (BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R, Rdnr. 28 a.E.).
b) Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV ist nicht zu beanstanden. Die in Anlehnung an das Steuerrecht vorzunehmende und gerichtlich voll überprüfbare Schätzung (vgl. § 162 AO; BT-Drucks. 11/2221, S. 23) soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Auch wenn der prüfende Rentenversicherungsträger bei der Wahl der Schätzmethoden frei ist, muss er von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen und eigene, sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anlegen (vgl. Werner, in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28f Rdnr. 65 ff.; Senat, Beschlüsse v. 6.12.2011, L 8 R 701/11 B ER und v. 6.6.2016, L 8 R 972/14 B ER, jeweils juris). Beanstandungswürdig ist eine Schätzung hingegen, soweit der prüfende Rentenversicherungsträger willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgegangen ist (vgl. Werner, a.a.O., Rdnr. 69) oder eine unzulässige Übermaßschätzung (vgl. Hinweise in Bundesfinanzhof [BFH], Urteil v. 19.9.2001, XI B 6/01, BFHE 196, 200) vorgenommen hat. Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich die Schätzung der Beklagten als beanstandungsfrei.
aa) Die der streitbefangenen Beitragsnacherhebung zugrunde liegende Schätzung der Arbeitsentgelte basiert auf dem von dem FA SteuFa in dessen Bericht vom 5.2.2010 monatlich bezifferten "nachzuversteuernden Lohn". Die Übernahme des von den zuständigen Finanzbehörden geschätzten Arbeitslohns zur Bemessung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts ist zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Hierfür spricht die von dem Gesetzgeber ausdrücklich angestrebte und normativ - etwa in § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV - zum Ausdruck gebrachte weitgehende Übereinstimmung der beitragsrechtlichen Behandlung mit den Regelungen des Steuerrechts. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - Umstände, die eine von der steuerrechtlichen Bewertung abweichende Behandlung geboten erscheinen lassen, weder erkennbar sind, noch seitens des in Anspruch genommenen Arbeitgebers substantiiert vorgetragen werden.
Gegen die Annahme einer die Grenzen der Willkür oder das Gebot der Verhältnismäßigkeit überschreitenden Schätzung spricht überdies, dass der Kläger die seitens des FA J mit Haftungsbescheid vom 18.3.2010 nacherhobene Lohnsteuer nicht angefochten und damit dokumentiert hat, keine Einwände gegen die steuerrechtliche Bewertung des Sachverhalts zu erheben. Die Plausibilität der steuerrechtlichen Bewertung wird retrospektiv zusätzlich dadurch gestützt, dass der Kläger auf Befragung durch den Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet hat, er habe den Haftungsbescheid auch deshalb nicht angefochten, weil er keine überwiegende Erfolgsaussicht für ein Einspruchs- und Klageverfahren gesehen hat.
bb) Soweit der Kläger gegen die der Schätzung der Beklagten zugrunde liegende Stundenkalkulation des HZA E bzw. des FA SteuFA eingewandt hat, die von ihm geleisteten Arbeitsstunden seien nicht angemessen berücksichtigt worden, weist der Senat darauf hin, dass etwaige eigene produktiv geleisteten Arbeitsstunden des Klägers durch einen Abzug von 7.480 Stunden von dem zunächst ermittelten Wert von 17.016 Stunden erfasst worden sind. Hierbei sind für 38 Monate Arbeitsleistungen des Klägers in einen wöchentlichen Stundenumfang von 40 Stunden und für solche Monate, in denen der Kläger zugleich als Bauleiter für andere Bauunternehmen tätig gewesen ist, im wöchentlichen Umfang von 25 Stunden kalkuliert worden. Dass und inwieweit diese Schätzung fehlerhaft sein soll, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Die sachliche Plausibilität der Schätzung wird jedenfalls nicht dadurch erschüttert, indem der Kläger lediglich pauschal behauptet, er habe persönlich eine wesentlich größere Anzahl von Arbeitsstunden geleistet und sei aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Erfahrung in der Lage gewesen, Baugewerke in wesentlich kürzerer Zeit zu erstellen, als dieses "normal" der Fall sei (Vermerk des FA SteuFa vom 11.12.2009).
c) Die Ermessensausübung der Beklagten ist keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt. Soweit der Erlass eines Summenbescheides nach Maßgabe des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat (vgl. hierzu: Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, Stand 2012, § 28f SGB IV, Rdnr. 8a m.w.N.; Werner in: juris-PK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 28f Rdnr. 55; vgl. dazu: Senat, Beschluss v. 30.12.2013, L 8 R 406/13 B ER), hat die Beklagte zutreffend dargelegt, dass eine personenbezogene Zuordnung der Beiträge nicht möglich gewesen ist. Bei der gegebenen Sachlage besteht für die Beklagte keine andere Möglichkeit als die Wahl eines Summenbeitragsbescheides, um ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen und vollständigen Beitragserhebung (§ 76 Abs. 1 SGB IV) zu entsprechen (vgl. auch Senat, Urteil v. 17.2.2016, L 8 R 66/14).
d) Die nacherhobene Beitragsforderung ist nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
aa) Die aus dem Zeitraum ab dem 1.1.2006 resultierende Nachforderung ist bereits nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht verjährt. Die Verjährungsfrist für die insoweit entstandene Forderung ist vor Ablauf der Verjährungsfrist durch Erlass des Bescheides vom 20.7.2010 nach § 52 Abs. 1 SGB X gehemmt worden.
bb) Die für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2005 nacherhobenen Beiträge sind gleichfalls nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Diese Vorschrift kommt auch dann zum Tragen, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bei ihrer Fälligkeit noch nicht vorlag, jedoch bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Senat, Beschluss v. 7.11.2012, L 8 R 699/12 B ER, juris), wobei bedingter Vorsatz ausreicht (BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7). Bedingt vorsätzlich handelt der Beitragsschuldner, der seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Dabei geht es in der Sache nach ausschließlich um den Nachweis der den subjektiven Tatbestand begründenden Umstände. Liegen Umstände vor, aus denen nachvollziehbar der Schluss gezogen werden kann, dass Vorsatz gegeben ist, obliegt es dem Schuldner, Umstände vorzutragen, die geeignet sind, die bisher gewonnenen Erkenntnisse zu entkräften (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 25 Rdnr. 30; Senat, Beschluss v. 14.4.2014, L 8 R 911/13 B ER).
Im vorliegenden Fall bestehen zur Überzeugung des Senats keinerlei Zweifel, dass der Kläger die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Hierbei geht der Senat davon aus, dass die Auszahlung von Arbeitsentgelten außerhalb einer ordnungsgemäßen Buchführung dem Ziel des Klägers entsprach, Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten. Umstände, die geeignet sind, diese Einschätzung zu entkräften, hat der - wegen Vorenthaltung von Arbeitsentgelt in 50 Fällen (§ 266a StGB) rechtskräftig verurteilte - Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
e) Schließlich ist die Festsetzung der Säumniszuschläge nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung - wie vorliegend - durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).
Für die Frage, ob in diesem Sinne unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist in Ermangelung anderer Maßstäbe auf diejenigen zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7). Dieser schließt den bedingten Vorsatz ein (BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 S. 35 m.w.N.). Hierfür ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 S. 35). Für eine unverschuldete Nichtentrichtung der Beiträge im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV bestehen weder Anhaltspunkte, noch hat der Kläger entsprechende Umstände substantiiert dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben ihre Kosten selbst zu tragen, da sie auf eine eigene Antragstellung verzichtet haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Die Festsetzung des Streitwertes in Höhe der mit dem Bescheid festgestellten Beitragsforderung einschließlich der festgesetzten Säumniszuschläge beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Summenbeitragsbescheides (§§ 28p Abs. 1 Satz 5, 28f Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]), mit dem die Beklagte den Kläger auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 nebst Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV) in Anspruch genommen hat.
Der nach eigenen Angaben über eine Qualifikation zum Dipl.-Bauingenieur (YU) verfügende Kläger betrieb in dem Zeitraum von 2003 bis Februar 2008 als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen in I. Hierzu hatte er mit Wirkung zum 1.1.2003 zunächst ein Gewerbe mit der Tätigkeitsbezeichnung "Rohbauarbeiten" angezeigt und zum 15.6.2003 eine Änderung zugunsten eines Gewerbes mit der Beschreibung "Einschalungsarbeiten, Eisenverlegen, Trockenbau und Reinigung" gemeldet (Ummeldungsanzeige der Stadt I vom 18.6.2003). Mit Wirkung zum 12.1.2004 machte er der Gewerbeaufsicht eine Erweiterung seiner Tätigkeit zugunsten von "Maurer- und Stahlbetonarbeiten" bekannt. Im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit hatte der Kläger insgesamt 51 Arbeitskräfte als (teilweise geringfügig) beschäftigte Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich angemeldet.
Im Jahr 2006 gewann das Hauptzollamt (HZA) E (Finanzkontrolle Schwarzarbeit [FKS]) im Zuge von Ermittlungen gegen verantwortlich Handelnde der Firma C GmbH, E, Informationen über Vertragsbeziehungen zwischen dieser Gesellschaft und dem Kläger. Diese Erkenntnisse veranlassten das HZA E im August 2007 zur Einleitung eines gesonderten Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung sowie der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum von 2003 bis zunächst Juli 2007. Nach Auswertung sichergestellter Vertragsdokumente, vorgefundenen Ausgangsrechnungen und dokumentierten Aufwänden des Klägers für beauftragte Subunternehmer, einzelner Wochenberichte über ein von dem Kläger bearbeitetes Bauvorhaben sowie den dokumentierten Meldungen zur Sozialversicherung nahm das HZA E an, dass der prozentuale Anteil zwischen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen einerseits und geringfügigen Beschäftigungen andererseits für den "Baubereich absolut untypisch" sei. So habe der Kläger im Kalenderjahr 2003 keinerlei sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen gemeldet. Im Kalenderjahr 2004 habe der Anteil der gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungstage 54,1% betragen, wohingegen 45,9% der Beschäftigungstage als geringfügige Arbeitsverhältnisse gemeldet worden seien. Im Jahr 2005 habe sich der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Einsatztage auf lediglich 48,13% und im Jahr 2006 auf sogar nur 30,03% belaufen. Die im Übrigen geleisteten Arbeitstage seien als geringfügige Beschäftigung gemeldet worden (Vermerk des HZA E vom 29.1.2009).
Nachdem im Zuge sodann vollzogener Durchsuchungsmaßnahmen (Beschlüsse des Amtsgerichts [AG] I vom 16.2.2009 und vom 6.7.2009) bei dem Kläger und dessen Steuerberaterin umfangreiche Geschäftsunterlagen beschlagnahmt worden waren, stellte das HZA E nach deren Auswertung fest, dass der Kläger im Zeitraum von November 2003 bis März 2008 in einem Umfang von insgesamt 17.016 Arbeitsstunden keine Beiträge zur Sozialversicherung und keine Lohnsteuern abgeführt habe (Vermerk des HZA E vom 27.7.2009).
Anlässlich einer Beschuldigtenvernehmung am 28.9.2009 durch das HZA E bekundete der Kläger, er habe den Vermerk vom 27.7.2009 mehrfach durchgerechnet, ohne zahlenmäßig zu einem anderen Ergebnis gelangt zu sein. Gleichwohl sei die Differenz zwischen den gemeldeten und den zollbehördlich zugrunde gelegten tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden für ihn "nicht nachvollziehbar". Auf die Vernehmungsniederschrift vom 28.9.2009 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Aufgrund der Einlassungen des Klägers reduzierte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (FA SteuFA) I den Anteil der von dem Kläger nachträglich zu versteuernden Arbeitsstunden auf 9.536 Stunden. Hierbei legte es für den Zeitraum von November 2003 bis Februar 2008 produktiv geleistete eigene Arbeitsstunden des Klägers in Höhe von insgesamt 7.480 Stunden zugrunde, wobei es die von ihm erbrachten Arbeitsstunden mit monatlich 160 Stunden bemaß. Bezogen auf die Monate, in denen der Kläger neben seiner selbständigen Tätigkeit als Bauleiter für zwei weitere Bauunternehmen tätig war, ging das FA SteuFa von monatlich 100 eigenen Arbeitsstunden des Klägers aus. Auf den Inhalt des Vermerks vom 28.9.2009 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Anlässlich eines im Dezember 2009 mit Vertretern des FA SteuFA und des HZA E geführten Gesprächs trat der Kläger dieser modifizierten Stundenkalkulation mit der Begründung entgegen, er habe persönlich eine wesentlich größere Anzahl von Arbeitsstunden geleistet. Außerdem machte er geltend, er sei aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Erfahrung in der Lage gewesen, Baugewerke in wesentlich kürzerer Zeit zu erstellen, als dieses "normal" der Fall sei (Vermerk des FA SteuFa vom 11.12.2009).
In seinem abschließenden "Bericht vom 5.2.2010 über die strafrechtlichen Feststellungen" stellte das FA SteuFA I fest, dass der Kläger von November 2003 bis Dezember 2007 neben den im Bericht namentlich und unter Angabe des Geburtsdatums sowie des Wohnortes ausgewiesenen 51 sozialversicherungsrechtlich gemeldeten Personen weitere Arbeitnehmer entweder gar nicht angemeldet oder den gemeldeten Personen höhere Entgelte ausgezahlt habe, als sie der Lohnversteuerung unterworfen worden seien. Grundlage für die Bemessung der angenommenen Schwarzlöhne seien die den Auftraggebern erbrachten Leistungen, die mangels anderer Fakten auch zur Schätzung der Gesamtlohnsumme herangezogen werden müssten. Zusammenfassend gelangte das FA SteuFA zu einem von dem Kläger "nachzuversteuernden Lohn" in folgender Höhe:
Kalenderjahr - Kalendermonat - "nachzuversteuernder Lohn"
2003
November - 2.310,28 EUR
Dezember 4.392,64 EUR
Summe 6.702,92 EUR
2004
Januar - 773,08 EUR
Februar - 2.080,55 EUR
März - 4.211,94 EUR
April - 2.871,18 EUR
Mai - 2.450,08 EUR
Juni - 3.614,67 EUR
Juli - 3.709,90 EUR
August - 3.892,54 EUR
September - 2.691,42 EUR
Oktober - 6.810,55 EUR
November - 995.40 EUR
Dezember - 2.598,66 EUR
Summe - 36.699,95 EUR
2005
Januar - 2.664,24 EUR
Februar - 1.621,91 EUR
März - 2.623,88 EUR
April - 985,62 EUR
Mai - 2.048,40 EUR
Juni - 721,80 EUR
Juli - 3.262,72 EUR
August - 2.806,09 EUR
September - 174,64 EUR
Oktober - 924,23 EUR
November - 2.061,34 EUR
Dezember - 2.668,61 EUR
Summe - 22.563,48 EUR
2006
Januar - 1.463,81 EUR
Februar - 279,61 EUR
März - 1.126,26 EUR
April - 952,04 EUR
Mai - 4.153,47 EUR
Juni - 2.050,88 EUR
Juli - 1.235,44 EUR
August - 1.673,06 EUR
September - 3.397,90 EUR
Oktober - 3.692,33 EUR
November - 1.538,68 EUR
Dezember - 1.572,40 EUR
Summe - 23.135,90 EUR
2007
Januar - 292,98 EUR
Februar - 730,29 EUR
März - 737,83 EUR
April - 1.221,48 EUR
Mai - 431,63 EUR
Juni - 488.92 EUR
Juli - 1.068,14 EUR
August - 1.054,00 EUR
September - 667,48 EUR
Oktober - 826,95 EUR
November - 2.469,70 EUR
Dezember - 483,56
Summe - 10.473,95 EUR
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Inhalt des Berichtes des FA SteuFA vom 5.2.2010 Bezug genommen.
Unter Zugrundelegung der von dem FA SteuFa ermittelten Arbeitslöhne bezifferte das Finanzamt (FA) J mit Haftungsbescheid vom 18.3.2010, auf dessen Inhalt und Anlagen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, für die Kalenderjahre 2003 bis 2007 von dem Kläger nachzuentrichtende Lohnsteuern in Höhe von 15.631,87 EUR. Diesen Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.
Mit Strafbefehl vom 8.7.2010 hat das AG I wegen Steuerhinterziehung in 50 Fällen und Vorenthaltung von Arbeitsentgelt in 50 Fällen (§ 370 Abs. 1 Abgabenordnung [AO], § 41a Einkommensteuergesetz [EStG], §§ 266a, 53 Strafgesetzbuch [StGB]) gegen den Kläger eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Az.: 76 Cs-00 Js 00/09-00/10). Eine dem Kläger mit Beschluss vom 8.7.2010 erteilte Auflage zur Schadenswiedergutmachung durch Zahlung von monatlich mindestens 200,00 EUR (jeweils 100,00 EUR auf die Steuerrückstände sowie die rückständigen Beiträge zur Sozialversicherung) ist auf den Einspruch des Klägers in der Hauptverhandlung vom 23.11.2010 ersatzlos gestrichen worden. Im Übrigen ist der Strafbefehl in Rechtskraft erwachsen. Auf die Niederschrift zur Hauptverhandlung vom 23.11.2010 wird Bezug genommen.
Nachdem der Bericht des FA SteuFa vom 5.2.2010 der Beklagten übermittelt worden war, wertete diese die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV i.V.m. §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz [SchwarzArbG]) aus. Im Ergebnis schloss sie sich den im Bericht vom 5.2.2010 getroffenen Beurteilungen an und machte nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 5.5.2010) mit Bescheid vom 20.7.2010 nachträglich Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nebst Beiträgen zur Umlage 1 (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sowie zur Umlage 2 (Leistungen des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld) für den Zeitraum November 2003 bis Dezember 2007 in Höhe von 43.766,74 EUR geltend. Zudem erhob sie Säumniszuschläge in Höhe von 25.342,50 EUR.
Aufgrund des Ermittlungsergebnisses des FA SteuFA - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - seien in der Zeit von November 2003 bis Dezember 2007 Arbeitnehmer überhaupt nicht angemeldet worden oder an diese höhere Löhne gezahlt worden, als sie der Beitragsberechnung unterworfen worden seien. Grundlage der ausbezahlten Schwarzlöhne seien die den Auftraggebern erbrachten Leistungen, die mangels anderer Fakten auch bei der Schätzung der Lohnsumme herangezogen werden müssten. Als Bruttostundenlohn sei der durch den Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) in der jeweils gültigen Fassung festgesetzte Mindeststundenlohn anzusetzen. Neben den nachträglich zu entrichtenden Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung habe der Kläger Säumniszuschläge zu leisten, da er nicht geltend machen könne, unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben. Bei der fortgesetzten Zahlung von Arbeitsentgelten außerhalb einer ordnungsgemäßen Lohn- und Gehaltsabrechnung mit dem Ziel der Vermeidung des Eintritts von Versicherungs- und Beitragspflicht handele es sich um einen Fall bewusster Beitragshinterziehung, der eine Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen nach sich ziehe. Wegen der weiteren Begründung sowie der Berechnung der Pflichtbeiträge und Säumniszuschläge wird auf den Inhalt des Bescheides vom 20.7.2010 nebst Anlagen Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28.7.2010 schriftlich Widerspruch. Nachdem er zunächst angeregt hatte, das vor dem AG I geführte Strafverfahren abzuwarten (Schreiben vom 16.8.2010), trug er nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls vor, der Erlass eines Summenbeitragsbescheides sei rechtswidrig, da eine personenbezogene Feststellung der beitragspflichtigen Entgelte mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen sei (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.7.2003, L 9 KR 373/01). So seien nach den Ermittlungen des HZA E die Namen seiner Arbeitnehmer bekannt gewesen. Zu Unrecht habe die Beklagte davon abgesehen, diese in ihre Ermittlungen einzubeziehen. Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung folgten auch daraus, dass er per Strafbefehl "lediglich" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden sei. Nach Maßgabe der von der Beklagten ermittelten Beitragsforderung sei eine weitaus höhere Strafe zu erwarten gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.6.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Im Rahmen der Ermittlungen des FA SteuFA seien für den 216 Kalenderwochen umfassenden Prüfungszeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 lediglich Wochenberichte für den Zeitraum vom 11.11.2003 bis zum 21.12.2003 sichergestellt worden, in denen für fünf Wochen drei und für eine Woche vier Arbeitnehmer ausgewiesen worden seien. Zudem seien im Oktober 2004 Arbeitseinsätze an zwei Arbeitstagen für zwei Personen und im Oktober 2006 ein Arbeitseinsatz für lediglich eine Person mit zwei Arbeitstagen dokumentiert. Über die gemeldeten Verhältnisse hinaus seien weitere Arbeitsleistungen außerhalb einer ordentlichen Buchführung erbracht worden. Wegen der Verletzung der Aufzeichnungspflicht sei die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand individuell feststellbar. Es lasse sich nicht feststellen, dass Arbeitsentgelte im Rahmen nicht versicherungspflichtiger, versicherungs- bzw. beitragsfreier Beschäftigungsverhältnisse erzielt worden oder dass die Entgelte nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen seien.
Besondere Gründe, von einer Erhebung der Beiträge auf Basis der Summe der geschätzten Arbeitsentgelte abzusehen, seien nicht ersichtlich; im Übrigen werde das Wort "kann" im Sinne des § 28f Abs. 2 SGB IV nicht in dem Sinne verstanden, dass dem prüfenden Rentenversicherungsträger ein Rechtsfolgeermessen eingeräumt werde. Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 wird Bezug genommen.
Mit der am 21.7.2011 zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger das auf die Aufhebung des Summenbeitragsbescheides gerichtete Begehren weiterverfolgt. Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 1.2.2003, B 12 KR 12/01 R verweise, überzeuge der Verweis nicht, da es in dem vom BSG zu entscheidenden Fall nicht um Schwarzarbeit gegangen sei (Schriftsatz vom 27.10.2011).
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten. Aus den Vernehmungen im Zuge des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger folge, dass eine namentliche Zuordnung der Entgelte nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich gewesen sei.
Nachdem die Beklagte einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag nicht angenommen hatte, hat das SG mit Urteil vom 12.11.2013 den Bescheid vom 20.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 aufgehoben. Der Erlass des Summenbeitragsbescheides sei rechtswidrig, da eine personenbezogene Beitragserhebung ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand feststellbar gewesen sei. Obgleich in dem Bericht des FA SteuFA vom 5.2.2010 insgesamt 51 Personen mit vollständigem Namen, Geburtsdatum und Wohnort benannt worden seien, habe es die Beklagte trotz ihrer Verpflichtung, diese Personen am Verwaltungsverfahren zu beteiligen, unterlassen, eine personenbezogene Zuordnung der Sozialversicherungsbeiträge auch nur in Ansätzen zu unternehmen. Ausweislich eines Vermerks des Betriebsprüfers der Beklagten vom 5.5.2010 habe sie vielmehr darauf vertraut, dass Einwendungen gegen einen Betriebsprüfungsbescheid nicht erhoben würden. Es sei der Beklagten zwar zuzugeben, dass eine personenbezogene Zuordnung mit einem deutlichen Verwaltungsmehraufwand verbunden gewesen sei; dieser wäre allerdings nicht unverhältnismäßig hoch gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 14.2.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.2.2014 schriftlich Berufung zum LSG Nordrhein-Westfalen eingelegt. Eine personenbezogene Zuordnung der Arbeitsentgelte - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - erfordere im vorliegenden Fall nicht lediglich einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, sondern sei praktisch unmöglich. So seien nach dem Ermittlungsergebnis für den streitentscheidenden Zeitraum von 52 Monaten lediglich für zwei Monate Stundenaufzeichnungen vorgefunden worden, die sich zudem auf lediglich ein Bauvorhaben des Klägers bezogen hätten. Im Übrigen seien für den Prüfungszeitraum weder Aufzeichnungen vorhanden; noch habe der Kläger im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren substantiiert vorgetragen, woraus eine personenbezogene Zuordnung ermöglicht werde.
Nach den zollbehördlichen Erkenntnissen seien die geleisteten Arbeiten mit den abgerechneten Stunden nicht zu erbringen gewesen, weshalb die Lohnsummen unter Berücksichtigung der Beteiligung von Subunternehmern sachgerecht geschätzt worden seien. Es sei nicht zu rekonstruieren, von welcher Person die von den Lohnabrechnungen nicht gedeckten Arbeitsstunden geleistet worden seien. Es sei ebenso möglich, dass diese von gemeldeten Personen erbracht worden und nicht in die Lohnabrechnung eingeflossen seien als auch, dass diese von nicht gemeldeten und damit gänzlich unbekannten Personen erbracht worden seien. Sie sei als prüfender Rentenversicherungsträger nicht gehalten, "insoweit ins Blaue hinein" zu ermitteln, ohne über verlässliche Anhaltspunkte zu verfügen. Es sei auch wenig sinnvoll, die gemeldeten Arbeitnehmer zu befragen, da im Rahmen derartiger Befragungen erfahrungsgemäß sachgerechte Erkenntnisse nicht gewonnen würden.
Entgegen der Auffassung des SG orientiere sich der zumutbare Ermittlungsaufwand durchaus auch an der individuellen Bedeutung der Beitragsnachberechnung für jeden Arbeitnehmer und richte sich nicht ausschließlich an der absoluten Höhe der Gesamtforderung. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sämtliche schwarz ausgezahlten Entgelte an die gemeldeten Arbeitnehmer geflossen seien, sei der individuelle Vorteil als gering zu bewerten, da im Prüfzeitraum 51 Arbeitnehmer beschäftigt worden seien, was bei der streitbefangenen Gesamtnachforderung einen rechnerischen Durchschnittsbetrag von 858,17 EUR, mithin monatlich 16,50 EUR, ausmache.
Soweit sich der Kläger auf Entscheidungen des LSG Berlin-Brandenburg vom 9.7.2013 (L 9 KR 373/01) und vom 25.8.2004 (L 9 KR 63/02) berufe, bleibe festzustellen, dass diese Entscheidungen die Auffassung der Beklagten stützten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.11.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist zur Begründung auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie auf den Prozessvortrag im erstinstanzlichen Rechtszug.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind der Rechtsauffassung der Beklagten beigetreten.
Der Senat hat am 17.6.2016 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, zu dem trotz ordnungsgemäßer Ladung Vertreter der Beigeladenen 3) nicht erschienen sind, hat der Senat den Kläger ergänzend befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 31.5.2017 Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen zu 1). Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der Ermittlungsakten des HZA E. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 3) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (hierzu I.) und begründet (hierzu II.).
I. Die bei dem erkennenden Gericht am 28.2.2014 schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 14.2.2014 zugestellte Urteil des SG Dortmund vom 12.11.2013 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG) eingelegt worden.
II. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 20.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 auf die insoweit statthafte und im Übrigen zulässig erhobene Anfechtungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1 Altern. 1, 90, 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) zu Unrecht aufgehoben. Dieser Verwaltungsakt beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger formell und materiell rechtmäßig Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 nebst Umlagebeiträgen nacherhoben und Säumniszuschläge festgesetzt.
1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Diese Rechtsgrundlage ermächtigt auch zur Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 24 SGB IV (Senat, Beschluss v. 20.1.2015, L 8 R 70/14 B ER; Scheer in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p Rdnr. 213).
2. Der Bescheid vom 20.7.2010 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.6.2011 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Kläger vor dessen Erlass unter dem 5.5.2010 ordnungsgemäß schriftlich angehört worden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]).
3. Der angefochtene Bescheid ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines nicht personenbezogenen Summenbeitragsbescheides sind erfüllt [hierzu a)]. Die getroffene Schätzung der Höhe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte ist beanstandungsfrei [hierzu b)]. Ermessensfehler liegen nicht vor [hierzu c)]. Die nacherhobenen Pflichtbeiträge sind nicht verjährt [hierzu d)]. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen ist schließlich ebenfalls rechtmäßig [hierzu e)].
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen zum Erlass eines nicht personenbezogenen Summenbeitragsbescheids (§ 28f Abs. 2 SGB IV) sind erfüllt.
aa) Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Zum Nachweis der richtigen Beitragszahlung hat der Arbeitgeber der Einzugsstelle Beitragsnachweise zu übermitteln (§ 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Soweit er die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen (§ 28f Abs. 2 Sätze 1, 3 und 4 SGB IV).
Ob der prüfende Rentenversicherungsträger nach diesen Vorgaben einen Summenbeitragsbescheid erlassen darf, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. Entscheidend ist, ob aufgrund einer Gesamtwürdigung der Erlass eines Summenbescheides verhältnismäßig ist. Diese Frage kann im gerichtlichen Verfahren voll überprüft werden (BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R, SozR 3-2400 § 24f Nr. 3; Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09, juris, jeweils m.w.N.).
(1) Der Kläger hat die ihn als Arbeitgeber treffenden Aufzeichnungspflichten nach § 28f Abs. 1 SGB VI nicht ordnungsgemäß erfüllt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich des SGB IV in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Nicht ordnungsgemäß erfüllt werden die arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten dann, wenn die aufzeichnungspflichtigen Tatsachen gemäß § 8 der - aufgrund der Ermächtigung des § 28n Nr. 7 SGB IV erlassenen - Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (Beitragsverfahrensverordnung [BVV], BGBl. I S. 1138) ) bzw. die nach der bis zum 30.6.2006 geltenden (Art. 15 Satz 2 BVV) Beitragsüberwachungsverordnung (§ 2 BÜVO) vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht zeitgerecht oder in einer Weise geführt werden, die einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit keinen Überblick über die Lohnabrechnung erlaubt (Werner, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28f Rdnr. 51). Diesen Anforderungen entsprechende personenbezogene Aufzeichnungen für die in seinem Unternehmen weisungsgebunden tätig gewordenen Arbeitnehmer hat der Kläger - wie von diesem auch nicht in Abrede gestellt wird - für den gesamten streitbefangenen Prüfungszeitraum nicht vorgelegt.
(2) Zudem hat der Kläger die ihm branchenspezifisch obliegenden besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 28f Abs. 1a SGB IV nicht ordnungsgemäß erfüllt. Nach dieser mit Wirkung zum 1.8.2002 durch das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung vom 23.7.2002 (BGBl. I 2002, 4621) in Kraft getretenen und damit im Streitzeitraum geltenden Vorschrift hat der Unternehmer bei der Ausführung von Dienst- oder Werkverträgen in dem - hier vorliegenden (vgl. § 1 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe [BRTV]) - Baugewerbe die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnungen so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Hiernach ist der Unternehmer verpflichtet, die Entgeltunterlagen auftrags- bzw. projektbezogen oder auch "baustellenbezogen" zu gestalten (Werner, a.a.O., § 28f Rdnr. 38). Zwar hat der Arbeitgeber einen weiten Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Ordnung, Aufbewahrung und die einzelnen Kennzeichen und Zuordnungsmerkmale; gleichwohl muss mit Hilfe der Entgeltunterlagen nachvollzogen werden können, ob und welche gemeldeten Arbeitnehmer bei den jeweiligen Bauleistungen des Unternehmers mitgearbeitet haben und ob deren Zahl und die Höhe der nachgewiesenen Lohnaufwendungen für die übernommenen Arbeiten ausgereicht haben, um die im Dienst- oder Werkvertrag übernommenen Arbeiten zu erbringen (Werner, a.a.O., § 28f Rdnr. 41). Die nach § 28f Abs. 1a SGB IV erforderlichen Aufzeichnungen gehören zu den Entgeltunterlagen und sind getrennt nach den verschiedenen Generalunternehmen mindestens zwei Jahre aufzubewahren (Wagner, in: Rolfs/Gießen/Kreikebohm/Udsching [Hrsg.], BeckOK Sozialrecht, § 28f Rdnr. 5).
Diesen Anforderungen auch nur im Ansatz genügende Aufzeichnungen hat der Kläger im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens nicht vorlegen können. Aktenkundig sind lediglich ganz vereinzelte und den Prüfungszeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 allenfalls punktuell betreffende Wochenberichte ausschließlich bzgl. des Bauvorhabens "MSV Duisburg Arena".
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Erlass des Summenbeitragsbescheides der in § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV normierte Vorbehalt nicht entgegen. Hiernach ist der prüfende Rentenversicherungsträger zum Erlass eines Summenbeitragsbescheides nicht befugt, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung, ob eine personenbezogene Beitragserhebung in diesem Sinne einen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand erfordert, ist der Abschluss des Vorverfahrens. Ein Summenbescheid kann daher auch gerichtlich nur dann mit Erfolg beanstandet werden, wenn im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also in der Regel bei Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, bei einer Gesamtwürdigung der Summenbeitragsbescheid dem prüfenden Rentenversicherungsträger als unverhältnismäßig erscheinen musste und deshalb eine personenbezogene Feststellung der Beiträge geboten war (BSG, a.a.O.; Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09).
§ 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV entbindet den prüfenden Rentenversicherungsträger nicht von seiner Amtsermittlungspflicht gemäß §§ 20, 21 SGB X. Vielmehr werden die danach grundsätzlich gebotenen Bemühungen nach dem allgemeinen Gebot der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns, dessen besondere Ausprägung § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist, lediglich auf ein zumutbares Maß beschränkt (BT-Drucks. 11/2221, S. 23; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.8.2004, L 9 KR 63/02, ASR 2005, 78; Mette, in: Rolf/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Sozialrecht, 2007, § 28f SGB IV Rdnr. 7; Roßbach: KSW, 2009, § 28f SGB IV Rdnr. 11; Sehnert, in: Hauck-Noftz, SGB IV, Stand 2007, § 28f Rdnr. 9; Werner, in: jurisPK-SGB IV, Stand 2007, § 28 f. Rdnr. 54). Ob der Summenbescheid in diesem Sinne verhältnismäßig ist, kann im gerichtlichen Verfahren voll überprüft werden (BSG, Urteil v. 7.2.2002, a.a.O.; a.A. Sehnert, a.a.O. Rn. 9, der von einem Beurteilungsspielraum der Verwaltung ausgeht).
Ob nach dieser Maßgabe der Erlass eines Summenbeitragsbescheides unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig ist, steht nicht zur Disposition des Arbeitgebers oder des prüfenden Rentenversicherungsträgers. Die Vorschrift des § 28f Abs. 2 SGB IV gibt ihrem Sinn und Zweck nach eine gesetzliche Grundlage für den Interessenausgleich im Spannungsverhältnis zwischen dem individuellen Interesse an der Äquivalenz zwischen Beitragszahlung und sozialer Leistung einerseits und dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der Sicherung des Beitragsaufkommens andererseits. Sie dient in keinem Fall dazu, die Arbeitgeber von ihren Mitwirkungspflichten bei der Betriebsprüfung zu entlasten. Ebenso wenig besteht ihre Funktion in einer allgemeinen Arbeitserleichterung für die Prüfdienste. Vielmehr wollte der Gesetzgeber erkennbar dem Interesse an der Sicherung des Beitragsaufkommens dann, aber auch nur dann Vorrang gegenüber den Individualinteressen an Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung einräumen, wenn Letzterem nur mit unverhältnismäßigem Aufwand des prüfenden Rentenversicherungsträgers Rechnung getragen werden kann (Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Interesse an Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung nicht vorrangig ein solches des Arbeitgebers, sondern vielmehr in erster Linie des versicherten Arbeitnehmers ist, der bei Erlass des Summenbescheides Gefahr läuft, seinen aus den zu entrichtenden Beiträgen folgenden Anspruch auf soziale Leistungen zu verlieren. Mit Blick darauf kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine personenbezogene Zuordnung nicht ohne unverhältnismäßig großen Aufwand vorgenommen werden kann, nicht in erster Linie auf die Beurteilung des Arbeitgebers (bzw. seiner Mitarbeitenden) an. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV, der von einem "Verwaltungsaufwand" spricht und damit erkennbar vorrangig auf den Arbeitsaufwand des prüfenden Rentenversicherungsträgers und nicht des Arbeitgebers abhebt. Der Rentenversicherungsträger darf sich daher nicht ohne Prüfung auf entsprechende Angaben des Arbeitgebers verlassen und muss - auch zur Wahrung der Schutzinteressen der Versicherten - vielmehr auf eine Befolgung der Mitwirkungspflicht drängen. Erst wenn sich dabei ergibt, dass der vom Arbeitgeber zu leistende Arbeitsaufwand - z.B. weil er zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen führt - das Interesse an der Sicherung des Beitragsaufkommens gefährdet, kann unter Abwägung mit den individuellen Leistungsinteressen der Versicherten der Erlass des Summenbescheides gerechtfertigt sein (zum Ganzen Senat, Urteil v. 28.4.2010, L 8 R 30/09; Beschluss v. 30.12.2013, L 8 R 406/13 B ER; Beschluss v. 14.4.2014, L 8 R 911/13 B ER).
Nach diesen Maßstäben war die individualisierte Zuordnung von Arbeitsentgelt zu einem bestimmten Beschäftigten mit einem unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand verbunden:
(1) Der Senat verkennt bei dieser Beurteilung nicht, dass der Inhalt des Aktenvermerkes des zuständigen Betriebsprüfers vom 5.5.2010 bei vordergründiger Betrachtung darauf hindeutet, dass der Erlass des Summenbeitragsbescheides (jedenfalls auch) als Instrument der Arbeitserleichterung gedient hat. Die in diesem Vermerk zum Ausdruck gebrachte Vermutung des zuständigen Amtswalters, es sei mit einer "Gegenwehr" des Adressaten nicht zu rechnen, lässt die Annahme zu, dass diese Erwartung die Motivation zum Erlass des Summenbeitragsbescheides mitbeeinflusst hat. Soweit in dem aktenkundigen Vermerk überdies darauf hingewiesen wird, der Sachverhalt sei durch das FA SteuFA ermittelt und "mit dem Arbeitgeber abgesprochen", ist dieser Umstand nach den vorstehenden Ausführungen zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Erlasses eines Summenbeitragsbescheides nicht von Belang, da der Wortlaut des § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV ("Verwaltungsaufwand") nicht auf den Ermittlungsaufwand des Arbeitgebers abstellt.
(2) Ungeachtet dessen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass eine personenbezogene Beitragserhebung im vorliegenden Fall mit einem unverhältnismäßigen großen Verwaltungsaufwand verbunden war.
(a) Hierfür spricht zunächst, dass nach dem von dem Kläger nicht angefochtenen Ermittlungsergebnis des HZA E für den Prüfungszeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2007 lediglich für zwei Monate Stundenaufzeichnungen vorgelegt worden sind. Im Übrigen sind personenbezogene Aufzeichnungen weder zu ermitteln gewesen, noch hat der Kläger bis zum Abschluss des Vorverfahrens prüfungsfähige Unterlagen vorgelegt, die eine individuelle Beitragsberechnung ermöglicht hätten.
(b) Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass auch eingedenk der in dem Bericht des FA SteuFA vom 5.2.2010 namentlich benannten Personen nicht nachvollzogen werden kann, von welchem Arbeitnehmer des Klägers die von den Lohn- und Gehaltsabrechnungen nicht gedeckten Arbeitsstunden tatsächlich geleistet worden sind. Es ist ebenso denkbar, dass diese Arbeitsleistungen von gemeldeten Personen erbracht und in die Lohnabrechnung nicht einbezogen wurden; ebenso ist es möglich, dass diese von nicht gemeldeten und gänzlich unbekannten Personen erbracht worden sind. Bei der hier vorliegenden gravierenden Verletzung der arbeitgeberseitigen Aufzeichnungspflichten ist die Beklagte nicht gehalten, einzelne Personen, deren aktuelle Anschrift der Kläger im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren, im Übrigen allerdings auch im gerichtlichen Verfahren nicht einmal mitgeteilt hat, zu kontaktieren und so einen über die erfolgte Meldung hinausgehenden Tätigkeitsumfang, die konkreten Beschäftigungszeiträume, die Höhe des Arbeitsentgeltes sowie die Entgeltbestandteile zu rekonstruieren und für den Kläger dessen arbeitgeberseitige Aufzeichnungspflichten nachträglich zu erfüllen. Vielmehr trifft den Kläger, sofern er weiterhin eine personenbezogene Beitragsbemessung anstrebt, die Verpflichtung, in einem etwaigen Widerrufsverfahren nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV die Möglichkeiten einer personenbezogenen Beitragsfestsetzung aufzuzeigen, wobei er im Hinblick auf § 28f Abs. 3 SGB IV zugleich alle für die individuelle Beitragsfeststellung erforderlichen Angaben mitzuteilen hat (BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R, Rdnr. 28 a.E.).
b) Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV ist nicht zu beanstanden. Die in Anlehnung an das Steuerrecht vorzunehmende und gerichtlich voll überprüfbare Schätzung (vgl. § 162 AO; BT-Drucks. 11/2221, S. 23) soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Auch wenn der prüfende Rentenversicherungsträger bei der Wahl der Schätzmethoden frei ist, muss er von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen und eigene, sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anlegen (vgl. Werner, in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28f Rdnr. 65 ff.; Senat, Beschlüsse v. 6.12.2011, L 8 R 701/11 B ER und v. 6.6.2016, L 8 R 972/14 B ER, jeweils juris). Beanstandungswürdig ist eine Schätzung hingegen, soweit der prüfende Rentenversicherungsträger willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgegangen ist (vgl. Werner, a.a.O., Rdnr. 69) oder eine unzulässige Übermaßschätzung (vgl. Hinweise in Bundesfinanzhof [BFH], Urteil v. 19.9.2001, XI B 6/01, BFHE 196, 200) vorgenommen hat. Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich die Schätzung der Beklagten als beanstandungsfrei.
aa) Die der streitbefangenen Beitragsnacherhebung zugrunde liegende Schätzung der Arbeitsentgelte basiert auf dem von dem FA SteuFa in dessen Bericht vom 5.2.2010 monatlich bezifferten "nachzuversteuernden Lohn". Die Übernahme des von den zuständigen Finanzbehörden geschätzten Arbeitslohns zur Bemessung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts ist zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Hierfür spricht die von dem Gesetzgeber ausdrücklich angestrebte und normativ - etwa in § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV - zum Ausdruck gebrachte weitgehende Übereinstimmung der beitragsrechtlichen Behandlung mit den Regelungen des Steuerrechts. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - Umstände, die eine von der steuerrechtlichen Bewertung abweichende Behandlung geboten erscheinen lassen, weder erkennbar sind, noch seitens des in Anspruch genommenen Arbeitgebers substantiiert vorgetragen werden.
Gegen die Annahme einer die Grenzen der Willkür oder das Gebot der Verhältnismäßigkeit überschreitenden Schätzung spricht überdies, dass der Kläger die seitens des FA J mit Haftungsbescheid vom 18.3.2010 nacherhobene Lohnsteuer nicht angefochten und damit dokumentiert hat, keine Einwände gegen die steuerrechtliche Bewertung des Sachverhalts zu erheben. Die Plausibilität der steuerrechtlichen Bewertung wird retrospektiv zusätzlich dadurch gestützt, dass der Kläger auf Befragung durch den Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet hat, er habe den Haftungsbescheid auch deshalb nicht angefochten, weil er keine überwiegende Erfolgsaussicht für ein Einspruchs- und Klageverfahren gesehen hat.
bb) Soweit der Kläger gegen die der Schätzung der Beklagten zugrunde liegende Stundenkalkulation des HZA E bzw. des FA SteuFA eingewandt hat, die von ihm geleisteten Arbeitsstunden seien nicht angemessen berücksichtigt worden, weist der Senat darauf hin, dass etwaige eigene produktiv geleisteten Arbeitsstunden des Klägers durch einen Abzug von 7.480 Stunden von dem zunächst ermittelten Wert von 17.016 Stunden erfasst worden sind. Hierbei sind für 38 Monate Arbeitsleistungen des Klägers in einen wöchentlichen Stundenumfang von 40 Stunden und für solche Monate, in denen der Kläger zugleich als Bauleiter für andere Bauunternehmen tätig gewesen ist, im wöchentlichen Umfang von 25 Stunden kalkuliert worden. Dass und inwieweit diese Schätzung fehlerhaft sein soll, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Die sachliche Plausibilität der Schätzung wird jedenfalls nicht dadurch erschüttert, indem der Kläger lediglich pauschal behauptet, er habe persönlich eine wesentlich größere Anzahl von Arbeitsstunden geleistet und sei aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Erfahrung in der Lage gewesen, Baugewerke in wesentlich kürzerer Zeit zu erstellen, als dieses "normal" der Fall sei (Vermerk des FA SteuFa vom 11.12.2009).
c) Die Ermessensausübung der Beklagten ist keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt. Soweit der Erlass eines Summenbescheides nach Maßgabe des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat (vgl. hierzu: Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, Stand 2012, § 28f SGB IV, Rdnr. 8a m.w.N.; Werner in: juris-PK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 28f Rdnr. 55; vgl. dazu: Senat, Beschluss v. 30.12.2013, L 8 R 406/13 B ER), hat die Beklagte zutreffend dargelegt, dass eine personenbezogene Zuordnung der Beiträge nicht möglich gewesen ist. Bei der gegebenen Sachlage besteht für die Beklagte keine andere Möglichkeit als die Wahl eines Summenbeitragsbescheides, um ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen und vollständigen Beitragserhebung (§ 76 Abs. 1 SGB IV) zu entsprechen (vgl. auch Senat, Urteil v. 17.2.2016, L 8 R 66/14).
d) Die nacherhobene Beitragsforderung ist nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
aa) Die aus dem Zeitraum ab dem 1.1.2006 resultierende Nachforderung ist bereits nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht verjährt. Die Verjährungsfrist für die insoweit entstandene Forderung ist vor Ablauf der Verjährungsfrist durch Erlass des Bescheides vom 20.7.2010 nach § 52 Abs. 1 SGB X gehemmt worden.
bb) Die für den Zeitraum vom 1.11.2003 bis zum 31.12.2005 nacherhobenen Beiträge sind gleichfalls nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Diese Vorschrift kommt auch dann zum Tragen, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bei ihrer Fälligkeit noch nicht vorlag, jedoch bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Senat, Beschluss v. 7.11.2012, L 8 R 699/12 B ER, juris), wobei bedingter Vorsatz ausreicht (BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7). Bedingt vorsätzlich handelt der Beitragsschuldner, der seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Dabei geht es in der Sache nach ausschließlich um den Nachweis der den subjektiven Tatbestand begründenden Umstände. Liegen Umstände vor, aus denen nachvollziehbar der Schluss gezogen werden kann, dass Vorsatz gegeben ist, obliegt es dem Schuldner, Umstände vorzutragen, die geeignet sind, die bisher gewonnenen Erkenntnisse zu entkräften (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 25 Rdnr. 30; Senat, Beschluss v. 14.4.2014, L 8 R 911/13 B ER).
Im vorliegenden Fall bestehen zur Überzeugung des Senats keinerlei Zweifel, dass der Kläger die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Hierbei geht der Senat davon aus, dass die Auszahlung von Arbeitsentgelten außerhalb einer ordnungsgemäßen Buchführung dem Ziel des Klägers entsprach, Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten. Umstände, die geeignet sind, diese Einschätzung zu entkräften, hat der - wegen Vorenthaltung von Arbeitsentgelt in 50 Fällen (§ 266a StGB) rechtskräftig verurteilte - Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
e) Schließlich ist die Festsetzung der Säumniszuschläge nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung - wie vorliegend - durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).
Für die Frage, ob in diesem Sinne unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist in Ermangelung anderer Maßstäbe auf diejenigen zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7). Dieser schließt den bedingten Vorsatz ein (BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 S. 35 m.w.N.). Hierfür ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 S. 35). Für eine unverschuldete Nichtentrichtung der Beiträge im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV bestehen weder Anhaltspunkte, noch hat der Kläger entsprechende Umstände substantiiert dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben ihre Kosten selbst zu tragen, da sie auf eine eigene Antragstellung verzichtet haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Die Festsetzung des Streitwertes in Höhe der mit dem Bescheid festgestellten Beitragsforderung einschließlich der festgesetzten Säumniszuschläge beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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