Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 19 SF 58/16 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 871/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.04.2017 geändert. Die Vergütung wird auf 273,12 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit der am 12.03.2013 erhobenen Klage begehrte der Kläger, vertreten durch den Beschwerdegegner, den Beklagten zu verurteilen, in Ausführung der Bescheide vom 18.05.2012 die bereits bewilligten Regelleistungen für die Monate Juni bis August 2011 i.H.v. insgesamt 1092,00 EUR sowie bereits bewilligte Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate Juli und August 2011 i.H.v. weiteren 740,00 EUR nebst gesetzlicher Zinsen zu zahlen.
Durch Beschluss vom 14.06.2013 bewilligte das Sozialgericht Düsseldorf dem Kläger Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdegegner bei.
Im Erörterungstermin vom 20.10.2104 erkannte der Beklagte einen Forderungsbetrag für die Monate Juli und August 2011 i.H.v. insgesamt 740,00 EUR (2 x 370,00 EUR Miete für Juli/August 2011) an, wobei hiervon auf die Kosten der Unterkunft und Heizung jeweils 278,42 EUR monatlich entfielen, auf die Regelleistungen jeweils 91,58 EUR. Er erklärte sich bereit, 2/5 der dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen. Der Beschwerdegegner nahm das Teilanerkenntnis des Beklagten an und nahm im Übrigen die Klage zurück. Der Termin dauerte von 11.44 Uhr bis 12.13 Uhr
Der Beklagte erstattete an den Beschwerdegegner einen Betrag von 332,82 EUR (2/5 von 832,05 EUR).
Der Beschwerdegegner hat die Festsetzung einer Vergütung von 499,23 EUR nach § 45 RVG beantragt und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Auslagen Nr. 7003 VV RVG 19,20 EUR Auslagen Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 699,20 EUR
19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 132,85 EUR
832,05 EUR
abzüglich 332,82 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 15.01.2016 auf 363,56 EUR festgesetzt in Höhe von:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Auslagen Nr. 7003 VV RVG 19,20 EUR
Auslagen Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 509,20 EUR
19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 96,74 EUR
605,94 EUR
abzüglich Vorschuss (3/5) 242,50 EUR
Eine Vergleichsgebühr sei nicht entstanden, da die Streitsache durch Teilanerkenntnis im Termin beendet worden sei.
Hiergegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt. Er hat vorgetragen, dass die wechselseitigen Erklärungen - Teilanerkenntnis und Klagerücknahme - auf einer entsprechenden Prozessabsprache basiert hätten. Es habe sich um eine vereinbarte Klagerücknahme gehandelt.
Der Beschwerdeführer hat Erinnerung mit dem Begehren eingelegt, die Vergütung auf 273,12 EUR festzusetzen. Denn auf den Betrag von 605,94 EUR sei die vom Beklagten erstattete Vergütung von 332,82 EUR anzurechnen.
Durch Beschluss vom 10.04.2017 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Vergütung des Beschwerdegegners auf 499,23 EUR festgesetzt. Im Termin am 20.10.2014 sei ein Gesamtvergleich in Form eines Teilanerkenntnisses in Verbindung mit einer Klagerücknahme geschlossen worden. Für die Annahme eins Gesamtvergleichs spreche insbesondere, dass im Termin am 20.10.2014 nicht die schriftlich gestellten Anträge aus der Klageschrift vom 12.03.2013 übernommen und einer von ihnen anerkannt, der andere zurückgenommen worden sei. Mit der im Termin am 20.10.2014 vorgenommen Regelung sei die Übernahme von (anteiligen) Leistungen, die sich auf beide streitigen Ansprüche bezogen habe, erfolgt. Damit sei der Gesamtrechtsstreit teilweise zu Gunsten des Klägers, teilweise zu seinen Ungunsten geklärt worden.
Gegen den ihm am 13.04.2017 hat der Beschwerdeführer am 27.04.2017 Beschwerde eingelegt.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 RVG, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
A. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung der Vergütung des Beschwerdegegners durch das Sozialgericht auf 499, 23 EUR und begehrt die Festsetzung einer Vergütung auf 273,12 EUR. Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt mehr als 200,00 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist gewahrt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).
B. Die Beschwerde ist begründet.
Die Vergütung des Beschwerdeführers wird auf insgesamt 273,12 EUR festgesetzt. Eine Einigungsgebühr ist nicht angefallen (1). Die Verfahrensgebühr beläuft sich auf 250,00 EUR und die Terminsgebühr auf 200,00 EUR (2.). Von der Vergütungsforderung i.H.v 605,94 EUR (3) ist ein Betrag i.H.v. 332,82 EUR (4) abzusetzen.
1. Eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Abs. 1 und Abs. 4, 1006 VV RVG ist nicht angefallen.
Nach Nrn. 1000 Abs. 1 S. 1, 1006 VV RVG entsteht eine Einigungsgebühr in gerichtskostenfreien Verfahren für die Mitwirkung des Rechtsanwaltes beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit über die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 S. 2 VV RVG). Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden; zudem soll die Belastung der Gerichte gemindert werden (BGH, Urteil vom 20.11.2008 - IX ZR 186/07 - FamRZ 2009, 30). Dies gilt gemäß Nr. 1000 Abs. 4 VV RVG auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts, soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann. Insoweit sind die Bestimmungen der §§ 53ff. SGB X über den öffentlich-rechtlichen Vertrag, insbesondere § 53 Abs. 2 SGB X, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen (vgl. § 11 SGB I) nur geschlossen werden kann, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht, § 54 SGB X über die Voraussetzungen eines Vergleichsvertrages und die Formvorschrift des § 56 SGB X zu beachten. Bei einem Vergleichsvertrag i.S.v. § 54 SGB X handelt es sich entsprechend § 779 BGB um einen Vertrag, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts der der Rechtslage bestehenden Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird.
Vorliegend fehlt es an einer solchen vertraglichen Vereinbarung in Form eines schriftlichen Vergleichsvertrags i.S.v. § 54 SGB X. Ein Vertragsabschluss durch die Abgabe wechselseitiger Erklärungen der Beteiligten ergibt sich nicht aus dem Terminsprotokoll. Es handelt sich vielmehr um die (bloße) Annahme eines (Teil-)Anerkenntnisses, einschließlich eines Teilkostenanerkenntnisses bezüglich der Kosten mit gleichzeitiger Teilklagerücknahme.
Bloße einseitige, voneinander unabhängige Erklärungen, auch wenn sie von beiden Seiten abgegeben werden und zur Beendigung eines Rechtsstreits führen, genügen für die Annahme einer Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000, 1006 VV RVG nicht (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.03.2014 - L 5 SF 43/14 B E; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.03.2013 - L 7 AS 1391/ 2 B; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.02.2011 - 8 W 40/11 -; siehe auch BGH, Beschluss vom 28.03.2066 - VIII ZB 29/05 -, wonach nicht in jedem Fall bei einer Teilrücknahme und Anerkenntnis hinsichtlich der verbleibenden Klageforderung eine Einigung angenommen werden kann). Vielmehr können solche Prozesserklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben werden, ohne dass ihnen eine Einigung der Parteien zugrunde liegt (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV RVG 1000 Rn. 35, 44). Wenn die prozessbeendenden Handlungen von den Beteiligten unabhängig von der Erklärung des anderen vorgenommen werden, fehlt es an einer Einigung.
Vorliegend ergeben sich aus dem Terminsprotokoll keine Anhaltspunkte, dass die wechselseitigen, prozessbeendenden Erklärungen aufgrund einer zuvor geschlossenen entsprechenden Vereinbarung zwischen den Beteiligten abgegeben wurden. Der Beklagte hat nach Klärung der Zahlungsflüsse anerkannt, dass die Zahlung der Miete i.H.v. 370,00 EUR für zwei Monate an den Vermieter den aus dem Bewilligungsbescheid resultierenden Zahlungsanspruch des Klägers nicht erfüllt hat. Soweit der Vertreter des Beklagten sein Anerkenntnis dahingehend präzisiert, dass in dem an den Vermieter ausgezahlten Betrag von 370,00 EUR monatlich ein Teilbetrag der Regelleistung enthalten war, diente diese Erklärung zur Klarstellung, da der Beklagte in dem Bewilligungsbescheid nicht die vollen Kosten für Unterkunft und Heizung, sondern nur abgesenkte Kosten übernommen hatte.
Der förmlichen Bezeichnung von prozessbeendenden Erklärungen der Beteiligten in der Sitzungsniederschrift kommt entscheidende Bedeutung bei der rechtlichen Bewertung dieser Erklärungen zu. Denn es besteht die Vermutung, dass ein Vorsitzender des jeweiligen Spruchkörpers in der Sitzungsniederschrift die prozessbeendenden Erklärungen von Beteiligten in materiell zutreffender Weise bezeichnet. Die förmliche Bezeichnung wird nur dann nicht maßgeblich sein können, wenn sie offensichtlich unzutreffend ist (Beschluss des Senats vom 01.02.2017 - L 19 AS 1408/16 B; LSG Bayern, Beschluss vom 09.03.2016 - L 15 SF 109/15 m.w.N.). Vorliegend erklärte der Beschwerdegegner laut Terminsprotokoll, dass er das Teilanerkenntnis annimmt und im Übrigen die Klage zurücknimmt. Aus dem Terminsprotokoll ergibt sich nicht, dass sich die Beteiligten bei der Abgabe der prozessbeendenden Erklärungen - Teilanerkenntnis und Annahme eines Teilanerkenntnisses verbunden mit Teilklagerücknahme - zugleich vertraglich über die Beseitigung von Streit oder Ungewissheit geeinigt haben. Dem Terminsprotokoll ist nur zu entnehmen, dass der Beklagte Zahlungsnachweise vorgelegt hatte und mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert wurde. Auch die Tatsache, dass der Beklagte sich nicht gegen den Ansatz einer Einigungsgebühr durch der Beschwerdegegner im Kostenfestsetzungsantrag nach § 197 SGG wandte, ist nicht geeignet, den Abschluss einer vom Beschwerdegegner geltend gemachten "Prozessabrede" zu belegen.
2. Die vom Beschwerdegegner angesetzte Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG von 250,00 EUR sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG von 200,00 EUR sind billig i.S.v. § 14 Abs. 1 RVG.
3. Die vom Beschwerdegegner geltend gemachte Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR (Nr. 7002 VV RVG) und Auslagen nach Nr. 7003, 7005 VV RVG i.H.v. insgesamt 39,20 EUR sind erstattungsfähig. Damit steht dem Beschwerdegegner eine Vergütung von 509,20 EUR (250,00 EUR + 200,00 EUR + 20,00 EUR + 39,20) zu.
Unter Berücksichtigung einer Umsatzsteuer von 96,74 EUR (19% von 509,20 EUR) beläuft sich der Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners gegenüber der Staatskasse auf insgesamt 605,94 EUR.
4. Auf den Vergütungsanspruch ist die im Beschwerdeverfahren vom Beklagten geleistete Zahlung von 332,82 EUR nach § 58 Abs. 2 RVG anzurechnen.
Nach § 58 Abs. 2 RVG sind Zahlungen von Dritten, soweit sie nicht auf andere, nicht durch die Prozesskostenhilfe abgedeckte Vergütungsansprüche geleistet wurden, auf die Ansprüche gegen die Staatskasse anzurechnen. Dahinstehen kann, dass der Beklagte bei seiner Zahlung von einem Gesamtvergütungsanspruch des Beschwerdegegners i.H.v. insgesamt 853,05 EUR, also unter Berücksichtigung der vom Beschwerdegegner angesetzten Einigungsgebühr, ausgegangen ist. Der Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Gegner im Hauptsacheverfahren ist in Höhe der tatsächlichen Zahlung an den beigeordneten Rechtsanwalt auf dessen Prozesskostenhilfe-Vergütungsanspruch anzurechnen, weil es bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG aus Gründen der Gleichbehandlung mit dem "Wahlanwalt" nicht darauf ankommt, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet wurden - also Ansprüche bestehen -, sondern nur darauf, in welcher Höhe Zahlungen tatsächlich geleistet wurden (LSG Sachsen, Beschluss vom 14.07.2016 - L 8 AS 644/14 B KO; LSG Hessen, Beschluss vom 23.06.2014 - L 2 AS 568/13 B a.A. LSG Bayern, Beschluss vom 31.07.2012 - L 15 SF 214/10 B E). Denn anders als § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG spricht § 58 Abs. 2 RVG nicht von "Ansprüchen", sondern von "Vorschüssen und Zahlungen".
Daher ist der Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners gegenüber der Staatskasse auf 273,12 EUR festzusetzen. Die geleistete Vorschusszahlung i.H.v. 242,50 EUR kann wegen des Verbots der reformatio in peius nicht berücksichtigt werden.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I.
Mit der am 12.03.2013 erhobenen Klage begehrte der Kläger, vertreten durch den Beschwerdegegner, den Beklagten zu verurteilen, in Ausführung der Bescheide vom 18.05.2012 die bereits bewilligten Regelleistungen für die Monate Juni bis August 2011 i.H.v. insgesamt 1092,00 EUR sowie bereits bewilligte Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate Juli und August 2011 i.H.v. weiteren 740,00 EUR nebst gesetzlicher Zinsen zu zahlen.
Durch Beschluss vom 14.06.2013 bewilligte das Sozialgericht Düsseldorf dem Kläger Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdegegner bei.
Im Erörterungstermin vom 20.10.2104 erkannte der Beklagte einen Forderungsbetrag für die Monate Juli und August 2011 i.H.v. insgesamt 740,00 EUR (2 x 370,00 EUR Miete für Juli/August 2011) an, wobei hiervon auf die Kosten der Unterkunft und Heizung jeweils 278,42 EUR monatlich entfielen, auf die Regelleistungen jeweils 91,58 EUR. Er erklärte sich bereit, 2/5 der dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen. Der Beschwerdegegner nahm das Teilanerkenntnis des Beklagten an und nahm im Übrigen die Klage zurück. Der Termin dauerte von 11.44 Uhr bis 12.13 Uhr
Der Beklagte erstattete an den Beschwerdegegner einen Betrag von 332,82 EUR (2/5 von 832,05 EUR).
Der Beschwerdegegner hat die Festsetzung einer Vergütung von 499,23 EUR nach § 45 RVG beantragt und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Auslagen Nr. 7003 VV RVG 19,20 EUR Auslagen Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 699,20 EUR
19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 132,85 EUR
832,05 EUR
abzüglich 332,82 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 15.01.2016 auf 363,56 EUR festgesetzt in Höhe von:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Auslagen Nr. 7003 VV RVG 19,20 EUR
Auslagen Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 509,20 EUR
19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG 96,74 EUR
605,94 EUR
abzüglich Vorschuss (3/5) 242,50 EUR
Eine Vergleichsgebühr sei nicht entstanden, da die Streitsache durch Teilanerkenntnis im Termin beendet worden sei.
Hiergegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt. Er hat vorgetragen, dass die wechselseitigen Erklärungen - Teilanerkenntnis und Klagerücknahme - auf einer entsprechenden Prozessabsprache basiert hätten. Es habe sich um eine vereinbarte Klagerücknahme gehandelt.
Der Beschwerdeführer hat Erinnerung mit dem Begehren eingelegt, die Vergütung auf 273,12 EUR festzusetzen. Denn auf den Betrag von 605,94 EUR sei die vom Beklagten erstattete Vergütung von 332,82 EUR anzurechnen.
Durch Beschluss vom 10.04.2017 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Vergütung des Beschwerdegegners auf 499,23 EUR festgesetzt. Im Termin am 20.10.2014 sei ein Gesamtvergleich in Form eines Teilanerkenntnisses in Verbindung mit einer Klagerücknahme geschlossen worden. Für die Annahme eins Gesamtvergleichs spreche insbesondere, dass im Termin am 20.10.2014 nicht die schriftlich gestellten Anträge aus der Klageschrift vom 12.03.2013 übernommen und einer von ihnen anerkannt, der andere zurückgenommen worden sei. Mit der im Termin am 20.10.2014 vorgenommen Regelung sei die Übernahme von (anteiligen) Leistungen, die sich auf beide streitigen Ansprüche bezogen habe, erfolgt. Damit sei der Gesamtrechtsstreit teilweise zu Gunsten des Klägers, teilweise zu seinen Ungunsten geklärt worden.
Gegen den ihm am 13.04.2017 hat der Beschwerdeführer am 27.04.2017 Beschwerde eingelegt.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 RVG, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
A. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung der Vergütung des Beschwerdegegners durch das Sozialgericht auf 499, 23 EUR und begehrt die Festsetzung einer Vergütung auf 273,12 EUR. Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt mehr als 200,00 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist gewahrt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).
B. Die Beschwerde ist begründet.
Die Vergütung des Beschwerdeführers wird auf insgesamt 273,12 EUR festgesetzt. Eine Einigungsgebühr ist nicht angefallen (1). Die Verfahrensgebühr beläuft sich auf 250,00 EUR und die Terminsgebühr auf 200,00 EUR (2.). Von der Vergütungsforderung i.H.v 605,94 EUR (3) ist ein Betrag i.H.v. 332,82 EUR (4) abzusetzen.
1. Eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Abs. 1 und Abs. 4, 1006 VV RVG ist nicht angefallen.
Nach Nrn. 1000 Abs. 1 S. 1, 1006 VV RVG entsteht eine Einigungsgebühr in gerichtskostenfreien Verfahren für die Mitwirkung des Rechtsanwaltes beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit über die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 S. 2 VV RVG). Durch die zusätzliche Gebühr soll die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden; zudem soll die Belastung der Gerichte gemindert werden (BGH, Urteil vom 20.11.2008 - IX ZR 186/07 - FamRZ 2009, 30). Dies gilt gemäß Nr. 1000 Abs. 4 VV RVG auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts, soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann. Insoweit sind die Bestimmungen der §§ 53ff. SGB X über den öffentlich-rechtlichen Vertrag, insbesondere § 53 Abs. 2 SGB X, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen (vgl. § 11 SGB I) nur geschlossen werden kann, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht, § 54 SGB X über die Voraussetzungen eines Vergleichsvertrages und die Formvorschrift des § 56 SGB X zu beachten. Bei einem Vergleichsvertrag i.S.v. § 54 SGB X handelt es sich entsprechend § 779 BGB um einen Vertrag, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts der der Rechtslage bestehenden Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird.
Vorliegend fehlt es an einer solchen vertraglichen Vereinbarung in Form eines schriftlichen Vergleichsvertrags i.S.v. § 54 SGB X. Ein Vertragsabschluss durch die Abgabe wechselseitiger Erklärungen der Beteiligten ergibt sich nicht aus dem Terminsprotokoll. Es handelt sich vielmehr um die (bloße) Annahme eines (Teil-)Anerkenntnisses, einschließlich eines Teilkostenanerkenntnisses bezüglich der Kosten mit gleichzeitiger Teilklagerücknahme.
Bloße einseitige, voneinander unabhängige Erklärungen, auch wenn sie von beiden Seiten abgegeben werden und zur Beendigung eines Rechtsstreits führen, genügen für die Annahme einer Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000, 1006 VV RVG nicht (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.03.2014 - L 5 SF 43/14 B E; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.03.2013 - L 7 AS 1391/ 2 B; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.02.2011 - 8 W 40/11 -; siehe auch BGH, Beschluss vom 28.03.2066 - VIII ZB 29/05 -, wonach nicht in jedem Fall bei einer Teilrücknahme und Anerkenntnis hinsichtlich der verbleibenden Klageforderung eine Einigung angenommen werden kann). Vielmehr können solche Prozesserklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben werden, ohne dass ihnen eine Einigung der Parteien zugrunde liegt (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV RVG 1000 Rn. 35, 44). Wenn die prozessbeendenden Handlungen von den Beteiligten unabhängig von der Erklärung des anderen vorgenommen werden, fehlt es an einer Einigung.
Vorliegend ergeben sich aus dem Terminsprotokoll keine Anhaltspunkte, dass die wechselseitigen, prozessbeendenden Erklärungen aufgrund einer zuvor geschlossenen entsprechenden Vereinbarung zwischen den Beteiligten abgegeben wurden. Der Beklagte hat nach Klärung der Zahlungsflüsse anerkannt, dass die Zahlung der Miete i.H.v. 370,00 EUR für zwei Monate an den Vermieter den aus dem Bewilligungsbescheid resultierenden Zahlungsanspruch des Klägers nicht erfüllt hat. Soweit der Vertreter des Beklagten sein Anerkenntnis dahingehend präzisiert, dass in dem an den Vermieter ausgezahlten Betrag von 370,00 EUR monatlich ein Teilbetrag der Regelleistung enthalten war, diente diese Erklärung zur Klarstellung, da der Beklagte in dem Bewilligungsbescheid nicht die vollen Kosten für Unterkunft und Heizung, sondern nur abgesenkte Kosten übernommen hatte.
Der förmlichen Bezeichnung von prozessbeendenden Erklärungen der Beteiligten in der Sitzungsniederschrift kommt entscheidende Bedeutung bei der rechtlichen Bewertung dieser Erklärungen zu. Denn es besteht die Vermutung, dass ein Vorsitzender des jeweiligen Spruchkörpers in der Sitzungsniederschrift die prozessbeendenden Erklärungen von Beteiligten in materiell zutreffender Weise bezeichnet. Die förmliche Bezeichnung wird nur dann nicht maßgeblich sein können, wenn sie offensichtlich unzutreffend ist (Beschluss des Senats vom 01.02.2017 - L 19 AS 1408/16 B; LSG Bayern, Beschluss vom 09.03.2016 - L 15 SF 109/15 m.w.N.). Vorliegend erklärte der Beschwerdegegner laut Terminsprotokoll, dass er das Teilanerkenntnis annimmt und im Übrigen die Klage zurücknimmt. Aus dem Terminsprotokoll ergibt sich nicht, dass sich die Beteiligten bei der Abgabe der prozessbeendenden Erklärungen - Teilanerkenntnis und Annahme eines Teilanerkenntnisses verbunden mit Teilklagerücknahme - zugleich vertraglich über die Beseitigung von Streit oder Ungewissheit geeinigt haben. Dem Terminsprotokoll ist nur zu entnehmen, dass der Beklagte Zahlungsnachweise vorgelegt hatte und mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert wurde. Auch die Tatsache, dass der Beklagte sich nicht gegen den Ansatz einer Einigungsgebühr durch der Beschwerdegegner im Kostenfestsetzungsantrag nach § 197 SGG wandte, ist nicht geeignet, den Abschluss einer vom Beschwerdegegner geltend gemachten "Prozessabrede" zu belegen.
2. Die vom Beschwerdegegner angesetzte Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG von 250,00 EUR sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG von 200,00 EUR sind billig i.S.v. § 14 Abs. 1 RVG.
3. Die vom Beschwerdegegner geltend gemachte Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR (Nr. 7002 VV RVG) und Auslagen nach Nr. 7003, 7005 VV RVG i.H.v. insgesamt 39,20 EUR sind erstattungsfähig. Damit steht dem Beschwerdegegner eine Vergütung von 509,20 EUR (250,00 EUR + 200,00 EUR + 20,00 EUR + 39,20) zu.
Unter Berücksichtigung einer Umsatzsteuer von 96,74 EUR (19% von 509,20 EUR) beläuft sich der Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners gegenüber der Staatskasse auf insgesamt 605,94 EUR.
4. Auf den Vergütungsanspruch ist die im Beschwerdeverfahren vom Beklagten geleistete Zahlung von 332,82 EUR nach § 58 Abs. 2 RVG anzurechnen.
Nach § 58 Abs. 2 RVG sind Zahlungen von Dritten, soweit sie nicht auf andere, nicht durch die Prozesskostenhilfe abgedeckte Vergütungsansprüche geleistet wurden, auf die Ansprüche gegen die Staatskasse anzurechnen. Dahinstehen kann, dass der Beklagte bei seiner Zahlung von einem Gesamtvergütungsanspruch des Beschwerdegegners i.H.v. insgesamt 853,05 EUR, also unter Berücksichtigung der vom Beschwerdegegner angesetzten Einigungsgebühr, ausgegangen ist. Der Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Gegner im Hauptsacheverfahren ist in Höhe der tatsächlichen Zahlung an den beigeordneten Rechtsanwalt auf dessen Prozesskostenhilfe-Vergütungsanspruch anzurechnen, weil es bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG aus Gründen der Gleichbehandlung mit dem "Wahlanwalt" nicht darauf ankommt, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet wurden - also Ansprüche bestehen -, sondern nur darauf, in welcher Höhe Zahlungen tatsächlich geleistet wurden (LSG Sachsen, Beschluss vom 14.07.2016 - L 8 AS 644/14 B KO; LSG Hessen, Beschluss vom 23.06.2014 - L 2 AS 568/13 B a.A. LSG Bayern, Beschluss vom 31.07.2012 - L 15 SF 214/10 B E). Denn anders als § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG spricht § 58 Abs. 2 RVG nicht von "Ansprüchen", sondern von "Vorschüssen und Zahlungen".
Daher ist der Vergütungsanspruch des Beschwerdegegners gegenüber der Staatskasse auf 273,12 EUR festzusetzen. Die geleistete Vorschusszahlung i.H.v. 242,50 EUR kann wegen des Verbots der reformatio in peius nicht berücksichtigt werden.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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