L 8 R 622/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 744/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 622/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 7.6.2016 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 5.7.2017 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) vom 1.11.2011 bis 5.2.2012 unter der Firma N Consulting GmbH und vom 6.2.2012 bis zum 30.11.2013 unter der Firma N1 GmbH in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Beigeladene zu 1) existierte im Zeitraum vom 1.11.2011 bis 5.2.2012 unter der Firma N Consulting GmbH mit Sitz in I (Amtsgericht [AG] I, HRB 000) mit einem Stammkapital von 25.000,00 Euro. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war der Kläger. Mit Gesellschafterbeschluss vom 5.12.2011 beschloss der Kläger unter entsprechender Neufassung des Gesellschaftsvertrages deren Umfirmierung in N1 GmbH, die Sitzverlegung nach C und die Erhöhung des Stammkapitals um 225.000,00 Euro auf 250.000,00 Euro (notarielle Urkunde Nr. 000/2011 des Notars X mit dem Amtssitz in C), wobei diese Änderungen am 6.2.2012 in das Handelsregister eingetragen wurden (HRB 001, AG C). Alleiniger Gesellschafter blieb der Kläger (§ 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 5.12.2011), ebenso alleiniger Geschäftsführer (HRB 001, AG C).

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) war die Entwicklung, Konzeptionierung, die Verpackung und der Vertrieb von Möbeln und Möbelteilen (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 5.12.2011).

Nach § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages vom 5.12.2011 konnte sich jeder Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung durch einen anderen Gesellschafter, seinen Ehegatten oder durch einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) mit schriftlicher Vollmacht vertreten sowie von letzteren auch beraten und begleiten lassen. Auf den weiteren Inhalt des Gesellschaftsvertrages vom 5.12.2011 wird Bezug genommen.

Am 5.12.2011 schlossen der Kläger und die I-Beteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts einen notariell beurkundeten Treuhandvertrag (notarielle Urkunde Nr. 000/2011 des Notars X mit Amtssitz in C), der - auszugsweise - wie folgt lautet:

"§ 1 Vertragsgegenstand

1. Der Erschienene zu 1. ist Alleingesellschafter der N Consulting GmbH mit Sitz in I, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts I unter HRB 000. Der Sitz dieser Gesellschaft wird unter vollständiger Neufassung des Gesellschaftsvertrages und Änderung der Firma und des Gegenstandes nach T verlegt. Gleichzeitig wird das Stammkapital der Gesellschaft auf 250.000 EUR erhöht. Die vom Erschienenen zu 2. vertretene I Beteiligungs-GbR wird von der Kapitalerhöhung einen Geschäftsanteil von 167.640 EUR übernehmen. Der Erschienene zu 1. wird den auf ihn entfallenden Teil der Erhöhung teils durch Sacheinlage im Wert von 27.360 EUR, im übrigen in bar in Höhe von 30.000 EUR erbringen.

Der Erschienene zu 1. (im Folgenden auch "Treuhänder") wird im Rahmen der Kapitalerhöhung der zukünftigen N1 GmbH (im Folgenden auch "die Gesellschaft") einen Geschäftsanteil in Höhe von 25.000 EUR (Nummer des Geschäftsanteils: 1), einen Geschäftsanteil in Höhe von 57.360 EUR (Nummer des Geschäftsanteils: 2) sowie einen Geschäftsanteil in Höhe von 167.640 EUR (Nummer des Geschäftsanteils: 3) übernehmen. Er wird diesen Geschäftsanteil Nr. 3 im Nennbetrag von 167.640 EUR (im Folgenden auch "Treugut" treuhänderisch für die I-Beteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden auch "Treugeber"), ... , halten.

2 ...

§ 2 Plichten des Treuhänders

1. Der Treuhänder ist verpflichtet, das Treugut nach den Weisungen des Treugebers zu verwalten und alle Weisungen des Treugebers zu befolgen.

2. Die Weisungsbefugnis erstreckt sich insbesondere auch auf die Ausübung des Stimmrechts durch den Treuhänder. Der Treuhänder ist verpflichtet, dem Treugeber zur Ausübung des Weisungsrechts die Gegenstände, über die Beschlüsse zu fassen sind, jeweils rechtzeitig vor der Beschlussfassung mitzuteilen. Der Treuhänder wird dem Treugeber alle ihm bekannten Informationen, die für die Beschlussfassung von Bedeutung sein können, mitteilen. Er wird den Treugeber darüber hinaus über die die Gesellschaft betreffenden Sachverhalte unterrichten.

3 ...

§ 3 Herausgabe an den Treugeber

1. Der Treuhänder ist verpflichtet, alles unverzüglich dem Treugeber herauszugeben, was ihm aus dem Treugut zufließt.

2. Der Treugeber kann jederzeit vom Treuhänder die Übertragung des Treuguts auf sich oder auf einen von ihm benannten Dritten verlangen, soweit nicht zwingende gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Bestimmungen entgegenstehen.

§ 4 Kontrollrechte des Treugebers

...

§ 5 Freistellung des Treuhänders von allen Lasten

...

§ 6 Sicherung des Treugebers

1 ...

2. Der Treuhänder erteilt dem Treugeber unwiderrufliche, durch den Tod des Treuhänders nicht erlöschende Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts aus dem treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil gemäß § 1.

3 ...

4 ...

5. Der Treuhänder macht dem Treugeber das unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Angebot zur Abtretung des treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteils gemäß § 1 an den Treugeber. Der Abtretungsvertrag kommt mit Beurkundung der Annahmeerklärung durch den Treugeber bei einem Notar mit Amtssitz in der Bundesrepublik Deutschland zu Stande.

6 ...

§ 7 Zustimmung zu Kapitalerhöhung der N1 GmbH

...

§ 8 Schweigepflicht

1. Der Treuhänder darf Dritten gegenüber seine Treuhänderstellung nicht offenbaren.

2 ...

§ 9 Dauer, Kündigung

1. Der Treugeber kann den Treuhandvertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist, der Treuhänder kann den Treuhandvertrag jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Kündigungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.

2. - 3 ...

§ 10 Schlussbestimmungen

... "

Ebenfalls am 5.12.2011 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) mit Wirkung zum 1.11.2011 einen "Geschäftsführervertrag", auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Die Beigeladene zu 1) befindet sich in Liquidation (Eintragung vom 24.2.2014, HRB 001, AG C). Liquidator ist der Kläger.

Der Kläger beantragte am 16.12.2014 die nachträgliche Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für die Zeit vom 1.11.2011 bis zum 30.11.2013, nachdem ein Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld abgelehnt worden war. Er machte nähere Angaben zu seiner Tätigkeit und legte die Neufassung des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen zu 1) vom 5.12.2011, den Treuhandvertrag sowie den Geschäftsführervertrag jeweils selben Datums nebst zwei Nachträgen zum Geschäftsführervertrag vor. Er begehrte die Feststellung, "dass eine Beschäftigung nicht vorliegt".

Er brachte des Weiteren die Bescheide der Beigeladenen zu 2) und 3) vom 29.10.2008 über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung aufgrund des Bezuges von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bei.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) jeweils mit Schreiben vom 24.2.2015, auf welche keine Stellungnahme erfolgte, stellte die Beklagte mit gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) erlassenen Bescheiden jeweils vom 1.4.2015 fest, die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.11.2011 bis zum 30.11.2013 sei nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden. Es habe daher in dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden. Zur Begründung führte sie aus, für eine selbständige Tätigkeit sprächen folgende Merkmale: Der Kläger habe aufgrund seines Anteils von 100 % am Stammkapital maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) ausüben können. Der Kläger sei einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot gem. § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit gewesen. Er habe die Tätigkeit frei von Weisungen bezüglich Arbeitszeit, -ort sowie Art und Weise der Ausgestaltung der Tätigkeit ausgeübt. Für eine abhängige Beschäftigung spräche, dass ein gesonderter Arbeitsvertrag bestanden habe, der die Mitarbeit in der Gesellschaft geregelt habe. Nach Gesamtwürdigung überwögen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Da der Kläger über die erforderliche Mehrheit des Stammkapitals verfügt habe und somit die erforderliche Mehrheit habe erreichen können, habe er somit Einfluss auf die Firmenpolitik und auf die Willenserklärung der Gesellschaft hinsichtlich der Beendigung seines Anstellungsvertrages bzw. Mitarbeiterverhältnisses nehmen können.

Hiergegen erhoben der Kläger und die Beigeladene zu 1) jeweils am 22.4.2015 Widerspruch und führten zur Begründung aus, die vom Kläger für die Beigeladene zu 1) ausgeübte Tätigkeit sei als sozialversicherungspflichtig zu bewerten. Der Kläger habe den überwiegenden Teil des Stammkapitals, nämlich 167.640,00 Euro von 250.000,00 Euro, treuhänderisch mit der Folge verwaltet, dass er bei allen wesentlichen Entscheidungen an das Weisungs-, Informations- und Rückspracherecht des Treugebers auf der Grundlage des Treuhandvertrages gebunden gewesen sei und damit keinen maßgeblichen Einfluss auf Entscheidungen der Gesellschaft gehabt habe.

Mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 30.7.2015 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers und der Beigeladenen zu 1) zurück. Sie verwies auf die angefochtenen Bescheide und führte ergänzend aus, eine nach außen wirkende Abhängigkeit des Klägers zum Treugeber ergebe sich weder aus dem Gesellschaftsvertrag noch aus dem Anstellungsvertrag.

Zur Begründung seiner hiergegen am 6.8.2015 zum Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat der Kläger auf die sich aus dem vorgelegten Treuhandvertrag ergebenden Weisungsbefugnisse des Treugebers verwiesen und zudem ausgeführt, die I-Beteiligungs-GbR habe bei der Beigeladenen zu 1) als Geldgeberin das Sagen gehabt. Aus rechtlichen Gründen sei anstelle einer Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) formal die Konstruktion über einen Treuhandvertrag gewählt worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 1.4.2015 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 30.7.2015 aufzuheben und festzustellen, dass er in der Zeit vom 1.11.2011 bis zum 30.11.2013 für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit als abhängig Beschäftigter versicherungspflichtig zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gewesen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen und ergänzend ausgeführt, der außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene Treuhandvertrag sei grundsätzlich nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht zu negieren. Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages müsse nach dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) notariell beurkundet werden und sei zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Eine Abänderung habe keine rechtliche Wirkung, bevor sie nicht in das Handelsregister eingetragen worden sei. Eine wirksame Änderung des Gesellschaftsvertrages sei hiernach vorliegend nicht erfolgt.

Das SG Detmold hat mit Urteil vom 7.6.2016 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 10.6.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6.7.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, statusrechtlich sei neben dem Gesellschafts- und dem Geschäftsführervertrag auch auf den Treuhandvertrag und seine damit verbundene Weisungsgebundenheit gegenüber dem Treugeber, der Fa. I-Beteiligungs-GbR, abzustellen. Aufgrund der Weisungsbefugnis des Treugebers in § 2 Treuhandvertrag, die sich insbesondere auch auf die Ausübung des Stimmrechts durch den Treuhänder erstreckt habe, sei seine Entscheidungsfreiheit deutlich eingeschränkt gewesen. Ihm sei es untersagt gewesen, schuldrechtliche Verpflichtungen über das Treugut einzugehen oder Verfügungen über das Treugut zu treffen, es sei denn, dass ihm dies durch den Treugeber gestattet worden sei. Die im Treuhandvertrag geregelte Weisungsgebundenheit gegenüber dem Treugeber habe bedeutet, dass sämtliche, das Treugut betreffende wesentliche Entscheidungen für die GmbH mit dem Treugeber hätten besprochen werden müssen und er - trotz der alleinigen Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung - habe angewiesen werden können, die Entscheidungen nicht oder in anderer Weise zu treffen. Diese Weisungsgebundenheit sei nicht nur vereinbart, sondern auch praktiziert worden. Unter Einbeziehung des Treuhandvertrages überwögen in der Gesamtschau die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung.

Im Übrigen enthalte auch der Geschäftsführervertrag vom 5.12.2011 wesentliche Merkmale die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen, so u.a. ein monatliches Festgehalt, ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie ein Anspruch auf bezahlten, jährlichen Erholungsurlaub. Allein die Tatsache, dass ihm im Geschäftsführervertrag eine gewisse Handlungsfreiheit, insbesondere das Recht auf freie Bestimmung seiner Arbeitszeit und die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot, eingeräumt gewesen sei, führe nicht automatisch zu der Annahme einer selbständigen Tätigkeit.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5.7.2017 hat die Beklagte die Bescheide vom 1.4.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.7.2015 dahingehend abgeändert, dass die darin enthaltenen Feststellungen sich für den Zeitraum vom 1.11.2011 bis 5.2.2012 auf die N Consulting GmbH und für die Zeit vom 6.2.2012 bis 30.11.2013 auf die N1 GmbH beziehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 7.6.2016 zu ändern, den Bescheid vom 1.4.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.7.2015 und des Bescheides vom 5.7.2017 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer für die N Consulting GmbH vom 1.11.2011 bis 5.2.2012 und für die Beigeladene zu 1) vom 6.2.2012 bis zum 30.11.2013 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Dem Umstand, dass der Kläger als Treuhänder im Innenverhältnis durch den Treuhandvertrag gebunden gewesen sei und die ihm formal zustehenden Gesellschafterrechte nur nach den Weisungen des Treugebers habe ausüben dürfen, komme keine Bedeutung zu, da diese Abhängigkeit rein schuldrechtlicher Natur gewesen sei und nur zum Treugeber, nicht aber zur Gesellschaft, in der der Kläger regelmäßig als im eigenen Namen handelnder Gesellschafter tätig geworden sei, bestanden habe. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn sich eine nach außen wirkende Abhängigkeit des Treuhänders vom Treugeber unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag selbst oder seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer ergebe. Bei einem Treugeber, der sich nicht allein mit einem schuldrechtlichen Weisungsrecht und der Möglichkeit, durch Kündigung des Treuhandverhältnisses das Treugut wieder an sich zu ziehen, zufrieden gebe, sondern sich zusätzliche Befugnisse - insbesondere die persönliche Ausübung des Stimmrechts - vorbehalte, sei ein versicherungs- und beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Treuhänders und Alleingesellschafters zur GmbH allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus dem Gesellschaftsvertrag und dem Anstellungsvertrag keine nach außen wirkende Abhängigkeit des Treuhänders vom Treugeber.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

II. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zunächst zulässig und insbesondere nach den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 3, 64 Abs. 1, 3, 63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist dem Kläger am 10.6.2016 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 6.7.2016 eingegangen.

III. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid vom 5.7.2017 ist gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Insoweit entscheidet der Senat auf Klage.

Die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Altern. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG).

Die Klage ist jedoch unbegründet, da die angefochtenen Bescheide in den nunmehr gültigen Fassungen rechtmäßig sind und den Kläger damit nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschweren. Denn die Beklagte hat im Rahmen des § 7a Abs. 1 SGB IV formell (hierzu 1.) und materiell (hierzu 2.) rechtmäßig festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) unter der Firma N Consulting GmbH vom 1.11.2011 bis 5.2.2012 und unter der Firma N1 GmbH vom 6.2.2012 bis 30.11.2013 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

1. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 7a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) des Klägers und der Beigeladenen zu 1) (Schreiben v. 24.2.2015) ergangene Verwaltungsakt ist auch im Übrigen formell rechtmäßig. Die Beklagte war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers im Rahmen der Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zuständig (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung, dem 11.12.2014, ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der streitigen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) mit der Folge einer nach § 7a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.

2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.

a) Eine nach § 77 SGG bindende Feststellung des (Nicht-) Bestehens einer Versicherungspflicht des Klägers in den genannten Zweigen der Sozialversicherung in der streitbefangenen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) liegt nicht vor. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung durch die Beigeladenen zu 2) und 3) vom 29.10.2008 betrifft nicht das streitgegenständliche Vertragsverhältnis, sondern den Zeitraum des Bezugs von Leistungen nach dem SGB III ab dem 16.9.2008, sodass sie der angefochtenen Statusentscheidung der Beklagten nicht entgegenstehen.

b) Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) vom 1.11.2011 bis zum 30.11.2013 nicht der Versicherungspflicht in den vorgenannten Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

aa) Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).

Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, jeweils juris).

Dabei fällt nicht maßgeblich ins Gewicht, dass es sich bei dem Kläger um einen Geschäftsführer handelt. Denn die vorgenannten Grundsätze sind auch bei Organen juristischer Personen anzuwenden (statt vieler: BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er in der Regel im Alltagsgeschäft keinen Einzelweisungen Dritter bezüglich Zeit, Art und Ort der Beschäftigung unterliegt oder gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Unerheblich ist auch, dass er gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) nicht als Arbeitnehmer gilt. Denn nur in besonderen Ausnahmefällen hat der Gesetzgeber derartige Personen vom Kreis der Beschäftigten bzw. der Versicherungspflichtigen ausgenommen, nämlich z.B. Vorstände von Aktiengesellschaften nach §§ 1 Satz 4 SGB VI, § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III [zu stellvertretenden Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und Vorstandsmitglieder großer Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit: § 94 AktG und § 34 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen (VAG); BSG, Urteil v. 27.3.1980, 12 RAr 1/79, BB 1980, 1473]. Dieser Vorschriften bedürfte es nicht, wenn leitende Angestellte oder Organe juristischer Personen bereits aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen nicht als Beschäftigte anzusehen wären (BSG, Urteil v. 8.12.1987, 7 Rar 25/86, USK 87170, 826; BSG, Urteil v. 18.12.2001, a.a.O.).

Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.; Senat. Urteil v. 2.4.2014, L 8 R 530/13; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13, jeweils juris). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, 11 Rar 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte, die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8).

bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Kläger in den von den angefochtenen Bescheiden erfassten Zeitraum für die Beigeladene zu 1) nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist.

(1) Ausgangspunkt der Statusbeurteilung ist der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Geschäftsführervertrag vom 5.12.2011. Obwohl dieser nach seinen Regelungen zum Umfang der einzusetzenden Arbeitskraft (§ 1 Abs. 4), der Wahrung der Interessen der Beigeladenen zu 1) (§ 1 Abs. 4 bis 6), der Zustimmungsbedürftigkeit von Nebentätigkeiten (§ 1 Abs. 4 und 6), zu den festen Bezügen (§ 2 Abs. 1), zur Überlassung eines Firmenfahrzeugs auch zur privaten Nutzung (§ 3 Abs. 1 und 2), zur Erstattung von Aufwendungen und Reisekosten (§ 3 Abs. 3), zur Fortzahlung der Festbezüge im Krankheits- und Todesfall (§ 3 Abs. 4 und 5), zum Abschluss von Versicherungen (§ 4), zur sich nach den Interessen der Beigeladenen zu 1) richtenden Arbeitszeit (§ 5), zum bezahlten Urlaub (§ 6), zu Geheimhaltungspflichten (§ 7), zu Diensterfindungen (§ 8) und zur Vertragsdauer und Kündigung (§ 9) nahezu vollständig arbeitsvertragstypisch ist, kommt diesem Umstand keine maßgebliche Bedeutung zu, da der Kläger als Allein-Gesellschafter und Allein-Geschäftsführer die für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden konnte. Er unterlag keinerlei Weisungen der Gesellschafterversammlung gem. §§ 37 Abs. 1, 46 GmbHG.

Es gab in der GmbH niemanden, der gegen den Willen des Klägers bestimmen konnte, welche Interessen der Beigeladenen zu 1) von ihm an welchem Ort, zu welcher Zeit und welchen Inhalts wahrgenommen werden sollten. Niemand konnte ihm die Genehmigung von Nebentätigkeiten versagen. Der Kläger war daher im Wesentlichen in der Gestaltung seiner Tätigkeit und der Bestimmung seiner Arbeitszeit frei (Rechtsgedanke des § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuch). Er konnte gegen seinen Willen schließlich nicht als Geschäftsführer gem. § 46 Nr. 5 GmbHG als Geschäftsführer abberufen werden.

(2) An dieser Rechtsstellung und der damit verbundenen Weisungsfreiheit des Klägers vermochte auch der notariell beurkundete und damit nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG formwirksame Treuhandvertrag vom 5.12.2011 nichts zu ändern.

(a) Dies gilt für den Zeitraum bis zum 5.2.2012 bereits deshalb, weil die Rechtswirkungen dieses Vertrages erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister, die am 6.2.2012 erfolgte, eintreten konnten. Die Kapitalerhöhung selbst wurde gem. § 54 Abs. 3 GmbHG erst mit der Eintragung ins Handelsregister wirksam.

(b) Ein Treuhandverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögenswerte überträgt, ihn aber in Ausübung des sich hieraus ergebenden Außenverhältnisses (des Treuhänders zu Dritten) ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis (Treuhänder zu Treugeber) nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (BGH, Urt. v. 11.10.1976, II ZR 119/75, BB 1977, 10 ff; BSG, Urt. v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R unter Hinweis auf Bassenge, in Palandt, Kommentar zum BGB, 65. Aufl. § 903 Rn. 33, und BFH, Urt. v. 20.1.1999, I R 69/97). Aufgrund des Treuhandverhältnisses ist jedoch allein der Treuhänder, mithin hier der Kläger ab dem 6.2.2012, vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter, dem alle Mitgliedschaftsrechte aus dem Geschäftsanteil zustehen und den alle Pflichten aus dem Geschäftsanteil treffen (Seibt, in: Scholz [Hrsg.], GmbHG, 11 Aufl., § 15 Rn. 228 m.w.N.; Görner, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl. 2013, § 15 Rn. 70).

(c) Der vorliegende Fall weist keine Besonderheiten auf, die im Hinblick auf den Treuhandvertrag eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Es ist zwar allgemein anerkannt, dass die Begründung eines Treuhandverhältnisses nicht etwa zur Unwirksamkeit der Gesellschaftsbeteiligung des "Strohmanns" führt, sondern dieser als mittelbarer Stellvertreter im Außenverhältnis die Gesellschafterstellung vollumfänglich erwirbt und demzufolge in der Regel auch einen entsprechenden Einfluss auf die Gesellschaft haben wird (vgl. auch zu folgenden Ausführungen: BSG, Urt v. 8.12.1994, 11 Rar 49/94, juris). Doch andererseits ist zu berücksichtigen, dass - wie der BGH bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt hat (BGH DB 1976, 2295) - der Treuhandvertrag ganz unterschiedlich gestaltet sein kann. In einem Streitfall, in dem sich der Treugeber nicht mit einem schuldrechtlichen Weisungsrecht zufrieden gegeben hat, sondern sich die Ausübung des Stimmrechts persönlich vorbehalten hat, erschien es dem BSG (a.a.O.) gerechtfertigt, die Gesellschafterstellung nicht nach rein formalrechtlichen Kriterien zu bestimmen.

Es kann dahinstehen, ob die Rechtsprechung des 11. Senats, die in einem leistungsrechtlichen Streitfall nach dem Recht der Arbeitsförderung erging, überhaupt auf das Sozialversicherungsrecht übertragbar ist. Denn derartige Umstände sind vorliegend trotz der Regelung in § 6 Abs. 2 Treuhandvertrag nicht gegeben. Der Treugeberin wurde zwar in der Treuhandvereinbarung die unwiderrufliche Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts aus dem treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil in der Gesellschafterversammlung erteilt. Diese Vollmachtserteilung führte jedoch aus mehreren Gründen nicht zu einer Rechtsmachtverschiebung zu Lasten des Klägers:

(aa) Die Erteilung einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht (§ 6 Abs. 2 Treuhandvertrag) in Verbindung mit einer für den Kläger nur fristgebundenen Kündbarkeit des Treuhandvertrages (§ 9 Abs. 1) ist unwirksam und damit sozialversicherungsrechtlich ohne Belang (vgl. BSG, Urt. v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, juris; BGH a.a.O.). Gesellschaftsrechtlich wirksam wäre vorliegend lediglich die Erteilung einer widerruflichen Vollmacht gewesen, in die die unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht gem. § 140 BGB umgedeutet werden kann. Der Kläger war daher rechtlich befugt, die der Treugeberin erteilte Stimmrechtsvollmacht jederzeit zu widerrufen.

(bb) Trotz der widerruflichen Stimmrechtsvollmacht konnte die Treugeberin nicht als Vertreterin des Klägers in der Gesellschafterversammlung abstimmen. Denn nach § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages kann sich jeder Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung durch einen anderen Gesellschafter, seinen Ehegatten oder durch einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) mit schriftlicher Vollmacht vertreten sowie von letzteren auch beraten und begleiten lassen. Zu diesem Personenkreis gehörte die Treugeberin ersichtlich nicht, sodass sie nach dem Gesellschaftsvertrag nicht berechtigt war, als Vertreterin des Klägers abzustimmen.

(cc) Die Regelungen des Treuhandvertrages mit einer Stimmrechtsvollmacht (§ 6 Abs. 2) hinderten den Kläger auch darüber hinaus nicht, selber in der Gesellschafterversammlung abzustimmen. Denn eine mit dinglicher Wirkung "verdrängende" Vollmacht gibt es nicht (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1976, II ZR 119/75, juris).

(4) Die dem Kläger eingeräumte Alleinvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH wie der Beigeladenen zu 1) nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R; BSG Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 5/13, juris).

(5) Es ist für die Statusbeurteilung letztlich unerheblich, dass der Kläger sich in der Praxis an Weisungen der Treugeberin hielt. Dies änderte nichts an seiner gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht, die - wie oben im Einzelnen dargelegt - von den Regelungen des Treuhandvertrages nicht beeinträchtigt war.

(6) Es überwiegen damit deutlich die Gesichtspunkte, die für eine selbständige und damit versicherungsfreie Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) sprechen, zumal der maßgebliche Gesichtspunkt der Weisungsfreiheit des Klägers aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht vorliegt.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

V. Ein Grund gem. § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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