Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KR 59/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 113/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 11.02.2016 wird zurückgewiesen. Der Antrag der Antragstellerin, den Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zu vorläufigen Leistungen der Sozialhilfe zu verpflichten, wird abgelehnt. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat das Begehren der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, die Antragsgegnerin zur Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten der Sorte Bedrocan zu verpflichten, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller das Bestehen eines Rechtsverhältnisses glaubhaft macht, aus dem er eigene Ansprüche ableitet. Maßgeblich sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Hauptsache (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Aufl., 2014, § 86b Rdn. 27 ff.). Ein Anordnungsgrund ist nur gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage, die eine unverzügliche Entscheidung als unabweisbar erscheinen lässt.
Die Antragstellerin hat hier das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt insoweit zunächst Bezug auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Detmold vom 11.02.2016. Im Hinblick auf den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gegen die Beschwerdegegnerin allein weiterverfolgten Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten aus § 2 Abs. 1a SGB V weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin: Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, wonach eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegen muss, sind nicht erfüllt. In Betracht kommt hier - davon geht auch die Antragstellerin aus - allein, dass eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung gegeben ist. Entsprechend der gesetzlichen Konzeption der Vorschrift als Kodifizierung einer Notstandssituation können nur schwerste, anhaltende Schmerzzustände wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbar sein. Den von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen ist nur zu entnehmen, dass bei ihr ein schweres chronisches Schmerzsyndrom (Bescheinigung des Internisten N, C, vom 12.01.2015) bzw. ein starkes Schmerzsyndrom (Befundbericht der Internistin Dr. L, C, vom 20.06.2014), ein chronisches Schmerzsyndrom mit starken tieflumbalen Rückenschmerzen (Arztbrief des Dr. W, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie, B-Klinik, Bad P, vom 20.04.2015) bzw. ein chronisches Schmerzsyndrom (Befundbericht der praktischen Ärztin Dr. S, N, vom 03.02.2016) vorliegt. Es werden auch keine Befunde mitgeteilt, die einen Hinweis auf das Vorliegen einer extremen Schmerzsituation der Antragstellerin bieten würden. Dr. W teilt lediglich mit, dass "Frau S reduziert mobilisiert ist, sie kann aufgrund der Schmerzen nur vornübergebeugt gehen ". Insgesamt vermitteln die Äußerungen der behandelnden Ärzte nicht den Eindruck, dass die Behandlung der Schmerzsymptomatik ganz wesentlich im Vordergrund der ärztlichen Bemühungen um die Antragstellerin gestanden hätte. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass die Antragstellerin eine Behandlung durch ärztliche Schmerztherapeuten bislang offensichtlich nicht in Anspruch genommen hat. Obwohl der Antragstellerin bereits unter dem 12.11.2015 durch die Orthopäden Dres. H, L und L, Q, eine Überweisung an die "Schmerztherapie Klinikum N" ausgestellt worden ist, hat die Antragstellerin hiervon offenbar keinen Gebrauch gemacht, denn weder sind solche Ärzte in der vom 26.01.2016 datierenden Schweigepflichtsentbindungserklärung der Antragstellerin aufgeführt, noch finden sich in den von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen Hinweise auf die Behandlung der Antragstellerin durch Schmerztherapeuten. Es wäre aber unbedingt zu erwarten, dass die Antragstellerin in der behaupteten verzweifelten Lage - beraten durch ihre behandelnden Ärzte - die vielfältigen Möglichkeiten der Schmerztherapie in Anspruch nehmen würde. Ferner erscheint auch nicht verständlich, warum die behandelnden Ärzte der Antragstellerin sich in ihren Berichten in keiner Weise mit den Behandlungsmöglichkeiten der Schmerztherapie auseinandersetzen. Ebensowenig findet sich in den von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen eine Auseinandersetzung mit den von Dr. T, MDK, in dem Gutachten vom 23.07.2014 aufgezeigten Behandlungsalternativen. Bei dieser Sachlage kann nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Antragstellerin ein derart extremes Schmerzsyndrom vorliegt, das dieses mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung i.S.d. § 2 Abs. 1a SGB V vergleichbar ist.
II.
Der im Beschwerdeverfahren hilfsweise gestellte Antrag auf Verpflichtung des Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erbringung vorläufiger Leistungen ist ebenfalls unbegründet. Ein Anspruch gemäß § 48 SGB XII besteht nicht, weil der Umfang dieses Anspruchs auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt ist
(§ 52 Absatz 1 SGB X). Ein Anspruch auf Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 73 SGB XII scheidet aus, weil durch diese Vorschrift eine Ausweitung der Leistungstatbestände, die andere Lebenslagen regeln - wie hier die der Krankheit - ebenfalls nicht erfolgt (vergl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl., § 73 Randnr. 7). Zudem erschiene ein Einsatz öffentlicher Mittel auch nicht gerechtfertigt, weil die Antragstellerin ihren Anspruch auf Krankenbehandlung gegenüber der Antragsgegnerin nicht ausgeschöpft hat (vergl. die Ausführungen oben I.). Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Aufstockung des Regelbedarfs gemäß § 27a Absatz 4 SGB XII, weil gerade nicht festgestellt werden kann, dass der individuelle Bedarf der Antragstellerin unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Auch insoweit ist die Antragstellerin auf ihre Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin zu verweisen. Um diese spezifischen und im Falle der Antragstellerin eindeutig einschlägigen Behandlungsmöglichkeiten (Schmerztherapie) hat sie sich bislang nicht bemüht; dann ist auch ein Anspruch gegen den Träger der Sozialhilfe nicht gegeben (vergl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl., § 2 Randnr. 35 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
III.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unbegründet. Insoweit fehlt es an der gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO erforderlichen Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Insoweit wird auf die Ausführungen oben (I. und II.) verwiesen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat das Begehren der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, die Antragsgegnerin zur Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten der Sorte Bedrocan zu verpflichten, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller das Bestehen eines Rechtsverhältnisses glaubhaft macht, aus dem er eigene Ansprüche ableitet. Maßgeblich sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Hauptsache (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Aufl., 2014, § 86b Rdn. 27 ff.). Ein Anordnungsgrund ist nur gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage, die eine unverzügliche Entscheidung als unabweisbar erscheinen lässt.
Die Antragstellerin hat hier das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt insoweit zunächst Bezug auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Detmold vom 11.02.2016. Im Hinblick auf den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gegen die Beschwerdegegnerin allein weiterverfolgten Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten aus § 2 Abs. 1a SGB V weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin: Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, wonach eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegen muss, sind nicht erfüllt. In Betracht kommt hier - davon geht auch die Antragstellerin aus - allein, dass eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung gegeben ist. Entsprechend der gesetzlichen Konzeption der Vorschrift als Kodifizierung einer Notstandssituation können nur schwerste, anhaltende Schmerzzustände wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbar sein. Den von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen ist nur zu entnehmen, dass bei ihr ein schweres chronisches Schmerzsyndrom (Bescheinigung des Internisten N, C, vom 12.01.2015) bzw. ein starkes Schmerzsyndrom (Befundbericht der Internistin Dr. L, C, vom 20.06.2014), ein chronisches Schmerzsyndrom mit starken tieflumbalen Rückenschmerzen (Arztbrief des Dr. W, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie, B-Klinik, Bad P, vom 20.04.2015) bzw. ein chronisches Schmerzsyndrom (Befundbericht der praktischen Ärztin Dr. S, N, vom 03.02.2016) vorliegt. Es werden auch keine Befunde mitgeteilt, die einen Hinweis auf das Vorliegen einer extremen Schmerzsituation der Antragstellerin bieten würden. Dr. W teilt lediglich mit, dass "Frau S reduziert mobilisiert ist, sie kann aufgrund der Schmerzen nur vornübergebeugt gehen ". Insgesamt vermitteln die Äußerungen der behandelnden Ärzte nicht den Eindruck, dass die Behandlung der Schmerzsymptomatik ganz wesentlich im Vordergrund der ärztlichen Bemühungen um die Antragstellerin gestanden hätte. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass die Antragstellerin eine Behandlung durch ärztliche Schmerztherapeuten bislang offensichtlich nicht in Anspruch genommen hat. Obwohl der Antragstellerin bereits unter dem 12.11.2015 durch die Orthopäden Dres. H, L und L, Q, eine Überweisung an die "Schmerztherapie Klinikum N" ausgestellt worden ist, hat die Antragstellerin hiervon offenbar keinen Gebrauch gemacht, denn weder sind solche Ärzte in der vom 26.01.2016 datierenden Schweigepflichtsentbindungserklärung der Antragstellerin aufgeführt, noch finden sich in den von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen Hinweise auf die Behandlung der Antragstellerin durch Schmerztherapeuten. Es wäre aber unbedingt zu erwarten, dass die Antragstellerin in der behaupteten verzweifelten Lage - beraten durch ihre behandelnden Ärzte - die vielfältigen Möglichkeiten der Schmerztherapie in Anspruch nehmen würde. Ferner erscheint auch nicht verständlich, warum die behandelnden Ärzte der Antragstellerin sich in ihren Berichten in keiner Weise mit den Behandlungsmöglichkeiten der Schmerztherapie auseinandersetzen. Ebensowenig findet sich in den von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen eine Auseinandersetzung mit den von Dr. T, MDK, in dem Gutachten vom 23.07.2014 aufgezeigten Behandlungsalternativen. Bei dieser Sachlage kann nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Antragstellerin ein derart extremes Schmerzsyndrom vorliegt, das dieses mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung i.S.d. § 2 Abs. 1a SGB V vergleichbar ist.
II.
Der im Beschwerdeverfahren hilfsweise gestellte Antrag auf Verpflichtung des Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erbringung vorläufiger Leistungen ist ebenfalls unbegründet. Ein Anspruch gemäß § 48 SGB XII besteht nicht, weil der Umfang dieses Anspruchs auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt ist
(§ 52 Absatz 1 SGB X). Ein Anspruch auf Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 73 SGB XII scheidet aus, weil durch diese Vorschrift eine Ausweitung der Leistungstatbestände, die andere Lebenslagen regeln - wie hier die der Krankheit - ebenfalls nicht erfolgt (vergl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl., § 73 Randnr. 7). Zudem erschiene ein Einsatz öffentlicher Mittel auch nicht gerechtfertigt, weil die Antragstellerin ihren Anspruch auf Krankenbehandlung gegenüber der Antragsgegnerin nicht ausgeschöpft hat (vergl. die Ausführungen oben I.). Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Aufstockung des Regelbedarfs gemäß § 27a Absatz 4 SGB XII, weil gerade nicht festgestellt werden kann, dass der individuelle Bedarf der Antragstellerin unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Auch insoweit ist die Antragstellerin auf ihre Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin zu verweisen. Um diese spezifischen und im Falle der Antragstellerin eindeutig einschlägigen Behandlungsmöglichkeiten (Schmerztherapie) hat sie sich bislang nicht bemüht; dann ist auch ein Anspruch gegen den Träger der Sozialhilfe nicht gegeben (vergl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl., § 2 Randnr. 35 mit weiteren Nachweisen).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
III.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unbegründet. Insoweit fehlt es an der gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO erforderlichen Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Insoweit wird auf die Ausführungen oben (I. und II.) verwiesen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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