L 9 AL 201/17 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 22 SF 507/16 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 201/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 12.10.2017 gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Dortmund vom 06.10.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

I.
Die am 13.10.2017 eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Dortmund vom 06.10.2017 ist nach § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Beschwerdegegenstand (d.h. die Differenz zwischen der mit 535,50 Euro festgesetzten und der weiterhin geltend gemachten Vergütung i.H.v. insgesamt 663,43 Euro) übersteigt zwar nicht den Betrag von 200,00 Euro. Die Beschwerde ist aber zulässig, da sie das Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem angefochtenen Beschluss gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen hat. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach Zustellung i.S.v. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG ist eingehalten. Eine Nichtabhilfeentscheidung des Sozialgerichts i.S.v. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 1 RVG liegt vor.

II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichtes in der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 142 Abs. 3 Satz 2 SGG) und weist ergänzend auf Folgendes hin:

1. Auf die Verfahrensgebühr i.H.v. 300,00 Euro ist nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG ein Betrag von 150,00 Euro anzurechnen. Danach wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d.h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG) entsteht, diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Geschäftsgebühr ist hier unstreitig entstanden. Mit dem Sozialgericht und der in seiner Entscheidung zitierten Rechtsprechung des 19.Senates des LSG NRW (Beschluss vom 01.02.2017 - L 19 AS 1408/16 B -, juris Rn. 32 ff.) geht auch der erkennende Senat davon aus, dass der Anfall der Gebühr ausreicht, um die Anrechnung auszulösen. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum vergleichbaren Ansatz einer reduzierten Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren bei vorangegangener Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Verwaltungsverfahren, nach der es allein auf das Tätigwerden des Rechtsanwaltes ankommt (zu 2501 VV RVG a.F. [heute 2503 (2) VV RVG], BSG, Urteil vom 25.02.2010 - B 11 AL 24/08 R -, juris Rn. 20, nachgehend BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2017 - 1 BvR 2124/10 -, n.v.).

2. Zwar ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten worden, eine Geschäftsgebühr (Nr. 2302 VV RVG) für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts sei auf die Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) nur dann anzurechnen, soweit sie tatsächlich gezahlt worden ist (vgl. Sächs. Landessozialgericht, Beschluss vom 26.07.2017 - L 8 AS 640/15 -, juris Rn. 22; Bayer. LSG, Beschluss vom 02.12.2015 - L 15 SF 133/15 -, juris Rn. 25 ff.; Hess. LSG, Beschluss vom 03.02.2015 - L 2 AS 605/14 B -, juris Rn. 18 ff.). Hierauf beruft sich der Beschwerdeführer.

Dabei ist aber zunächst zu beachten, dass hier die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren vollständig von der Beklagten anerkannt und auch teilweise im Wege der Auszahlung (71,65 Euro an den Beschwerdeführer), teilweise im Wege der Aufrechnung mit einer in Folge der Klagerücknahme im Ursprungsverfahren S 22 AL 28/15 unstreitigen Rückzahlungsverpflichtung des Klägers (309,15 Euro) übernommen worden ist. Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob dies bereits eine Zahlung i.S. der vorgenannten Rechtsprechung darstellt. Denn im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer - anders als in den den zitierten Entscheidungen zu Grunde liegenden Fällen - sein Wahlrecht aus § 15a Abs. 1 RVG durch Übersendung einer Rechnung über die Gebühren des Widerspruchsverfahrens bereits ausgeübt. Diese hat er lediglich der Einfachheit halber an die Beklagte und nicht an seinen Mandaten als seinen Gebührenschuldner übersandt. Durch die Geltendmachung der (vollen) Geschäftsgebühr (gegenüber der Beklagten) hat der Beschwerdeführer sein Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass er beide Gebühren fordert und er (für den eigentlich ihm gegenüber zahlungspflichtigen, aber gegenüber der Beklagten erstattungsberechtigten Kläger) entsprechend der Kostentragungspflicht die Beklagte als Schuldner einer Gebühr in Anspruch nimmt. Damit kann die Staatskasse, die hinsichtlich des im Gerichtsverfahren entstandenen Gebührenanspruchs in die Schuldnerstellung des Mandanten eingetreten ist, dem Beschwerdeführer die Anrechnung entgegenhalten. Sie kann sich darauf berufen, dass dieser nicht insgesamt mehr als den Betrag verlangen kann, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrages ergibt. Zwar hat ein Rechtsanwalt ein Wahlrecht, ob er wegen seiner Vergütung zuerst die erstattungspflichtige Gegenpartei oder zuerst die Staatskasse in Anspruch nehmen will oder beide nur zu einem Teil; der Gesamtbetrag darf seine gesetzliche Vergütung jedoch nicht übersteigen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 01.02.2017 - L 19 AS 1408/16 B -, juris Rn. 38 m.w.N.).

3. Soweit der Beschwerdeführer sich auf § 9 Abs. 2 BerHG beruft, so kann er damit nicht gehört werden. Denn der darin vorgesehene Forderungsübergang tritt nur ein, soweit Beratungshilfe bewilligt worden ist (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.05.2015 - L 6 AS 34/15, juris Rn. 21; SG Hannover, Urteil vom 20.02.2014 - S 31 AS 3217/11 -, juris RN. 21). Nach seinem eigenen Bekunden war das vorliegend nicht der Fall.

Die im Übrigen behauptete Abtretung der Forderung des Klägers gegenüber der Beklagten an ihn hat der Beschwerdeführer nicht weiter substantiiert. Der Vollmacht vom 12.01.2015 lässt sich diese nicht entnehmen. Die Vereinbarung einer Abrechnung über Beratungshilfe, wie im Schriftsatz vom 24.11.2016 vorgetragen, stellt noch keine Abtretungserklärung dar. Vereinbart ein Bevollmächtigter mit seinem Mandanten die Anwendung der Regelungen über die Beratungshilfe, ist aber eine Abrechnung auf diesem Wege z.B. wegen eines - wie hier - umfassenden Kostenanerkenntnisses der Beklagten im Widerspruchsverfahren nicht möglich, tragen die Beteiligten dieses Mandatsverhältnisses die damit verbundenen Risiken.

Im Übrigen steht der Berufung auf einen gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 9 BerHG oder eine (vorsorgliche) Abtretung entgegen, dass beide die Aufrechnungsmöglichkeit gemäß §§ 412, 406 BGB nur beseitigen würden, wenn der Gläubigerwechsel gemäß § 9 BerHG oder die Abtretung dem Erstattungspflichtigen bereits vor Erwerb der Forderung gegen den Mandaten bekannt gewesen wäre, wofür nichts spricht und auch nichts vorgetragen ist.

4. Der Anspruch des Widerspruchsführers auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X gegenüber der Behörde steht nur dem Widerspruchsführer, nicht dagegen dem Rechtsanwalt im eigenen Namen zu (vgl. BSG, Urteil vom 25.02.2010 - B 11 AL 24/08 R -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.08.2013 - L 34 AS 53/12 -, juris Rn. 26). Gläubiger des Kostenanerkenntnisses der Beklagten ist der Kläger/Mandant und nicht der Beschwerdeführer selber. Ist dieser der Auffassung, dass die Beklagte mit dem Kostenerstattungsanspruch zu Unrecht aufgerechnet habe, bleibt es ihm unbenommen, sich an seinen Mandaten zu halten bzw. für diesen die Beklagte im Wege der Leistungsklage aus dem Kostenanerkenntnis vom 12.12.2016 in Anspruch zu nehmen. Sodann mag geklärt werden, ob die Aufrechnung rechtmäßig gewesen ist.

III.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG).

IV.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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