Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 29 R 77/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 1089/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 2.9.2013 wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 7/8 und der Beigeladene zu 1) 1/8, jeweils mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 4), die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nur noch, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Verkaufsförderer für die Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 1.2.2002 bis 30.6.2009 unterlag.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Oberflächenbehandlung von Metallen, insbesondere der Betrieb einer oder mehrerer Zinkereien und/oder Verzinnereien und des Apparate- und Behälterbaus, ferner die artverwandte Fertigung und Verarbeitung sowie der Vertrieb der hergestellten Produkte und damit im Zusammenhang stehende Handelsgeschäfte. Die Klägerin ist eingetragen im Handelsregister (HR) des Amtsgerichts (AG) H unter HRA 000. Sie entstand am 24.11.2004 durch Ausgliederung von Vermögensteilen der T Holding und Verwaltungs GmbH & Co. KG (HRA 001, AG H), die zuvor unter "S GmbH & Co. KG" firmierte (im Folgenden: Rechtsvorgängerin der Klägerin).
Mit Datum vom 16.1.2002 schlossen die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Vertrag, der mit "Vertrag über freie Mitarbeit" (VfrM) bezeichnet war. Der Vertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:
" § 1 Tätigkeit
Herr M wird die Aufgaben eines Verkaufsförderers mit folgenden Tätigkeiten übernehmen:
- Systematische Marktbearbeitung mit Schwerpunkt neue Behälterprodukte oder Produkte, welche in das Fertigungsspektrum der S passen.
- Bei gefundenen Potentialen die systematische Potentialerarbeitung (Marktgröße, Marktvolumen, Chancen und Risiken), insbesondere Ermittlung der potentiellen Kunden und deren Besuch / Bearbeitung.
- Ermittlung und zur Verfügungsstellung von neuen Kunden für bestehende Produkte.
- Ermittlung und zur Verfügungsstellung von bekannten Behälterlösungen, welche jedoch nicht in den S gefertigt werden. Gleichzeitig Aufbau und Klassifizierung der notwendigen Kundenpotentiale.
- Bearbeitung von Bestandskunden mit neuen und modifizierten Produkten.
- Bei erfolgreichen Akquisitionen Durchführung der kompletten kaufmännischen Aufgaben.
§ 2 Vergütung / Fälligkeit
Als Vergütung für die Tätigkeit wird ein monatliches Pauschalhonorar von EUR 5.000,- zuzügl. der jeweiligen Mehrwertsteuer vereinbart. Grundlage für dieses Honorar ist ein zu erbringender durchschnittlicher Zeitaufwand von ca. 220 Tagen à 8 Stunden im Kalenderjahr, also durchschnittlich 146,75 Stunden monatlich. Die vereinbarte Vergütung ist jeweils monatlich nach erbrachter Tätigkeit durch Herrn M unter Ausweisung der gesetzlichen Mehrwertsteuer abzurechnen. Die Auszahlung erfolgt unbar auf ein von Herrn M zu benennendes Konto jeweils spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungserteilung.
§ 3 Sonstige Ansprüche / Versteuerung
Mit der Zahlung der in § 2 vereinbarten Vergütung sind alle Ansprüche des Herrn M gegen die S aus diesem Vertrag abgegolten. Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, sondern ein unabhängiges Dienstverhältnis. Daher trägt Herr M allein die Verpflichtung für Abgabepflichten wie Steuern, Renten- und Krankenversicherung.
§ 4 Geheimhaltung
§ 5 Dauer des Vertrages
Das Vertragsverhältnis beginnt am 01. Februar 2002 und endet am 31.1.2003.
§ 6 Sonstiges
Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Herrn M soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.
§ 7 Schriftform / Salvatorische Klausel
Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Das Schriftformerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden.
..."
Der Beigeladene zu 1) war alleiniger Gesellschafter der mit Gesellschaftsvertrag vom 19.9.2002 gegründeten und am 21.10.2002 in HR eingetragenen Fa. M & Handelsgesellschaft GmbH (Fa. M1, HRB XXX, AG E).
Mit Vertrag vom 22.11.2002 vereinbarten die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladene zu 1) die Verlängerung des Vertrages vom 16.1.2002 bis zum 31.1.2004. Am 9.12.2003 vereinbarten sie die weitere Verlängerung bis um 31.12.2004. Des Weiteren wurde vereinbart, dass sich der Vertrag jeweils bis zum 31.12. eines Jahres verlängerte, wenn nicht eine der Vertragsparteien den Vertrag bis zum 30.9. kündigte.
Am 5.7.2004 unterzeichnete der Beigeladene zu 1) folgende Erklärung:
"Hiermit erkläre ich M gegenüber der Fa. S GmbH, dass durch meine privaten Aktivitäten in meinem Unternehmen der M & Handels GmbH die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft für die S GmbH nicht beeinträchtigt wird.
Die Geschäftsaktivitäten der M & Handels GmbH kollidieren nicht mit den der S. Die Geschäftsaktivitäten der M & Handels GmbH sind der Handel mit gebrauchten großvolumigen Gasbehältern. Darüber hinaus hat sich die M mit der Entwicklung von einer Fördereinheit für aggressive Medien befasst.
Dieser Sachverhalt wurde am 5.7.2004 in einer persönlichen Unterredung mit der Geschäftsführung der S, vertreten durch Herrn T, und Herrn M besprochen. Es wurde festgelegt, dass diese Information schriftlich durch Herrn M fixiert wird und der Personalabteilung, vertreten durch Herrn C, zum Verbleib in der Personalakte übergeben wird."
Mit Vertrag vom 10.9.2004 vereinbarten nunmehr die Klägerin und der Beigeladene zu 1), dass die Klägerin in alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag mit ihrer Rechtsvorgängerin vom 16.1.2002 eintrat und das Vertragsverhältnis mit der Klägerin fortgesetzt wurde.
Mit dem Nachtrag Nr. 1 zum Vertrag über freie Mitarbeit vom 10.9.2004 vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) am 31.10.2005 die Anhebung des monatlichen Pauschalhonorars rückwirkend ab dem 1.10.2005 um 450,00 EUR zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer. Eine weitere Anhebung des monatlichen Pauschalhonorars um 300,00 EUR zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer erfolgte mit der Vereinbarung vom 29.9.2008 (Nachtrag Nr. 2 zum Vertrag über freie Mitarbeit vom 10.9.2004). Gleichzeitig wurde vereinbart, dass der Beigeladene zu 1) für jeden dienstlich gefahrenen Kilometer eine Kostenerstattung in Höhe von 0,40 EUR erhielt. Für Februar 2009 erhielt der Beigeladene zu 1) eine auf 5.175,00 EUR netto und für den Zeitraum von März bis Juni 2009 eine auf 5.031,25 EUR netto monatlich gekürzte Vergütung. Eine schriftliche Vereinbarung existiert insoweit nicht. Diese Kürzung erfolgte aufgrund wirtschaftlicher Probleme der Klägerin im Rahmen der Kurzarbeit bei ihren angestellten Mitarbeitern.
Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin zahlten an den Beigeladenen zu 1) die vereinbarte monatliche Vergütung nebst einer Kostenerstattung für geleistete Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug nach Rechnungstellung. Im Falle der Erkrankung des Beigeladenen zu 1) erfolgte keine Kürzung der Vergütung.
Tätig war der Beigeladene zu 1) für die Klägerin in der Produktentwicklung und im Vertrieb als Gebietsverkaufsleiter Nordwest. Er arbeitete mit der Geschäftsführung sowie den Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung und im Vertrieb zusammen. Er unterlag Dokumentations- und Berichtspflichten wie die anderen Vertriebsmitarbeiter auch. Im Bereich der Produktentwicklung entschied die Geschäftsführung der Klägerin, welche vom Beigeladenen zu 1) bearbeiteten Projekte in die Umsetzungsphase gelangten. Bei entsprechender Zustimmung der Geschäftsführung war es die Aufgabe des Beigeladenen zu 1), der Entwicklungsabteilung der Klägerin alle für die Produktherstellung erforderlichen Anweisungen zu geben. Der Beigeladene zu 1) arbeitete regelmäßig in der Betriebsstätte mit den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln. Er erhielt Visitenkarten, die ihn als Mitarbeiter der Klägerin im Vertrieb und in der Produktentwicklung auswiesen, eine Zugangsberechtigungskarte, eine Telefon-Nummer und eine E-Mail-Adresse bei der Klägerin. In Produktkatalogen gab die Klägerin den Beigeladenen zu 1) als Ansprechpartner für den Bereich der Produktentwicklung bzw. als Gebietsverkaufsleiter Nordwest an. Daneben wurden die weiteren Ansprechpartner u.a. für den Verkauf, den Einkauf, die Konstruktion und die Qualitätssicherung ebenso benannt wie die Geschäftsbereichsleitung und die übrigen Gebietsverkaufsleiter (Süd / Export, Nordost). Im Vertrieb tätigte der Beigeladene zu 1) eine Vielzahl von Geschäftsabschlüssen für die Klägerin u.a. mit der Fa. N. Für Schreibarbeiten, insbesondere zur Angebotserstellung, stand dem Beigeladenen zu 1) eine Mitarbeiterin der Klägerin, Frau C, zur Verfügung. In die gegenseitige Vertretung der Vertriebsmitarbeiter war der Beigeladene zu 1), ohne dass es eine ausdrückliche betriebliche Vertretungsregelung gab, eingebunden. Er übernahm vermehrt Außendiensttätigkeiten im Vertrieb, die von den anderen Mitarbeitern nicht wahrgenommen wurden. Im Jahr 2006 erfolgte die rechtskräftige Erteilung eines Patents zugunsten der Klägerin für eine Betankungsvorrichtung (Registerauszug zum Az. 103 32 265.5, Deutsches Patent- und Markenamt) mit dem Beigeladenen zu 1) als Erfinder neben drei weiteren Personen.
Am 5.12.2007 schloss die Fa. M1 als Treugeberin vertreten durch den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer, einen Treuhandvertrag (TV) mit Herrn N. Darin verpflichtete sich dieser, als Treuhänder für die Treugeberin an der am 5.12.2007 gegründeten N Lager- und C-technik GmbH (Fa. N) eine quotale Stammeinlage in Höhe von nominal 12.250,00 EUR (= 49 %) zu halten, wobei vom Gewinn der Wirtschaftsjahre ab 2008 die Treugeberin 70 % und er 30 % erhalten sollten (§ 2 Abs. 3 Satz 2 TV). Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird Bezug genommen. Die N wurde am 10.1.2008 mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR ins HR des AG E eingetragen (HRB XXX). Geschäftsführer war im Streitzeitraum Herr N.
Am 1.7.2009 schlossen die Klägerin und die Fa. M1 einen Vertrag, der auszugsweise folgende Regelungen enthielt:
"§ 1 Präambel
Herr M hat sein Gewerbe zum 30.6.2009 abgemeldet. Er scheidet mithin als freier Mitarbeiter aus.
§ 2 Vertragsübernahme
Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der bisher mit Herrn M geschlossene Vertrag mit der Firma M1 fortgesetzt wird. Die Firma M1 tritt hiermit in alle Rechte und Pflichten aus den bisher mit Herrn M persönlich bestehenden Vereinbarungen ein.
... "
Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird Bezug genommen.
Die Klägerin kündigte das Vertragsverhältnis mit der Fa. M1 mit Schreiben vom 16.7.2010 fristlos aus wichtigem Grund. Der Beigeladene zu 1) habe die Fa. N mit "Insider-Wissen" aus dem Vertriebsbereich der Klägerin "versorgt" und ihr und damit sich selbst einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft. In dem sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht (ArbG) C berief sich der Beigeladene zu 1) darauf, Arbeitnehmer der Klägerin zu sein. Daraufhin sprach die Klägerin unter dem 29.7.2010 sowie 23.8.2010 gegenüber ihm zwei fristlose Kündigungen aus. Die auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts gerichtete Klage des Beigeladenen zu 1) gegen die Klägerin hatte keinen Erfolg, da das ursprüngliche Vertragsverhältnis durch den Vertrag vom 1.7.2009 aufgelöst worden sei (ArbG C, Urteil v. 8.12.2011, 1 Ca 1981/10; Landesarbeitsgericht [LAG] Hamm, Urteil v. 8.1.2014, 3 Sa 914/12; Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss v. 22.7.2014, 9 AZN 116/14; LAG Hamm, Urteil v. 26.11.2014, 3 Sa 1104/14).
Im Juli 2010 erstattete die Klägerin wegen des Tatvorwurfs des Verrats von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nach § 17 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Strafanzeige gegen den Beigeladenen zu 1). Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren 56 Js 00/10 stellte die Staatsanwaltschaft C unter dem 7.2.2012 gem. § 153a Strafprozessordnung endgültig ein. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens trug der Beigeladene zu 1) vor, er sei aufgrund des Vertrages vom 1.7.2009 davon ausgegangen, nicht mehr als Angestellter oder freier Mitarbeiter, sondern lediglich aufgrund des mit seinem Unternehmen geschlossenen Vertrages für die Klägerin tätig geworden sei.
Am 16.9.2010 stellte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Begehren, das Vorliegen einer Beschäftigung festzustellen. Mit Schreiben vom 18.1.2011 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) zu der beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Verkaufsförderer für die Klägerin und der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung an.
Die Klägerin nahm hierzu unter dem 11.2.2011 Stellung und führte aus, dass sie im Jahre 2001 einen Spezialisten gesucht habe, der sowohl über technisches Verständnis als auch über Erfahrung im kaufmännischen Bereich hinsichtlich des Vertriebs verfüge, insbesondere vor dem Hintergrund der Akquisition von Neukunden und zur Erweiterung des bereits bestehenden Geschäftsfeldes. Sie habe einen Projektentwickler mit entsprechenden Marktkenntnissen für sich gewinnen wollen, den sie in der Person des Beigeladenen zu 1) gefunden habe. Der Vertrag über freie Mitarbeit sei tatsächlich so wie im Vertragstext niedergelegt gelebt worden. Der Beigeladene zu 1) sei Weisungen der Klägerin nur in untergeordnetem und zu vernachlässigendem Umfang unterworfen gewesen. Er habe seine Arbeitszeit frei bestimmen können. So habe er den Beginn seiner Arbeitszeit frei gewählt. Er sei nicht verpflichtet gewesen, sich in das Zeiterfassungssystem der Klägerin einzuloggen. Er habe lediglich über eine Zugangsberechtigungskarte verfügt, über die er das Betriebsgelände habe betreten können. Ihm hätten in einem Großraumbüro ein Desktop-PC und ein Schreibtisch zur Verfügung gestanden. Zahllose Tätigkeiten hinsichtlich der Projektent- und -abwicklung habe er von zuhause aus erledigt. Er sei berichtspflichtig gewesen. Als Maschinenbauingenieur habe er über spezielles technisches Sonderwissen verfügt und sei ein besonderer Projektentwickler gewesen. Er habe selbstverantwortlich alle Anweisungen in Bezug auf die Herstellung neuer Produkte an die Entwicklungsabteilung der Klägerin weitergegeben. Für die Umsetzung, d.h. das "Wie" einer Projektentwicklung sei er allein verantwortlich gewesen, ohne dass er diesbezüglich irgendwelchen Weisungen unterlegen hätte. Ihre Geschäftsführung habe sich lediglich vorbehalten, grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob das eine oder andere vom Beigeladenen zu 1) angestoßene Projekt auch tatsächlich in die Umsetzungsphase gelange. Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung sei dem Sonderwissen des Beigeladenen zu 1) geschuldet gewesen. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht erhalten. Ebenso wenig habe er Urlaub beantragen bzw. sich von der Klägerin habe gewähren lassen müssen. Er sei in erheblichem Maße eigenwirtschaftlich tätig gewesen. So sei er seit 2005 Gesellschafter-Geschäftsführer der Fa. M1 gewesen, die gemäß der veröffentlichten Jahresabschlüsse Bilanzsummen von 36.898,00 EUR für 2006, von 128.405,48 EUR für 2007, von 132.656,00 EUR für 2008 und von 150.354,66 EUR für 2009 ausweise. Des Weiteren sei der Beigeladene zu 1) in besonderem Maße aufgrund einer Eigentätigkeit für die Fa. N für deren Umsätze verantwortlich. Diese Firma sei eine Vertriebspartnerin der Klägerin gewesen, über die sie ihre Produkte vertrieben habe. Die Fa. N sei 2006 "aus dem Nichts" gegründet worden, weise jedoch für das Geschäftsjahr 2008 eine Bilanzsumme von 210.855,43 EUR und für 2009 von 282.543,63 EUR aus. Der Beigeladene zu 1) habe den Geschäftsführer der Fa. N mit Insider-Wissen aus dem Vertriebsbereich der Klägerin versorgt und der Fa. N und damit sich selbst einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1) für sich beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Abfüllvorrichtung für Kraftstoffe als Gebrauchsmuster schützen lassen. Hinsichtlich der Vergütung sei allein richtig, dass der Beigeladene zu 1) feste Bezüge mit weiteren unregelmäßigen Sonderzahlungen vereinnahmt habe. Sie - die Klägerin - habe aber nie nachgehalten, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1) tatsächlich für sie tätig gewesen und das vertraglich vereinbarte Arbeitsvolumen auch geleistet worden sei. Der Beigeladene zu 1) habe die freie Verfügungsmöglichkeit über seine eigene Arbeitskraft, er habe im Wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei gestalten können.
Die Beklagte stellte mit Bescheiden vom 13.4.2011 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass dieser seine Tätigkeit bei der Klägerin vom 1.2.2002 bis zum 29.7.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe, in dem Versicherungspflicht in der sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. In der gesetzlichen Krankenversicherung habe Versicherungsfreiheit bestanden. Der Beigeladene zu 1) sei nach außen als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten, er habe eine Berichtspflicht gehabt, ihm seien Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und der Tätigkeit erteilt, teilweise Arbeitsmittel gestellt worden. Er sei zudem zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen, die Arbeit sei zusammen mit dem Team der Klägerin erfolgt und er habe ein monatliches Pauschalhonorar erhalten. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass er Arbeitsmittel teilweise selbst gestellt habe. Nach Gesamtwürdigung würden daher die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27.4.2011 Widerspruch. Sie wiederholte und vertiefte ihr bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, dass es bei Abwesenheitszeiten für den Beigeladenen zu 1) keine Vertretungsregelungen gegeben habe. Urlaub habe er der Klägerin einfach mitgeteilt, dieser sei von ihr nicht genehmigt worden. Entgegen der Praxis bei ihren Beschäftigten habe der Beigeladene zu 1) kein Firmenfahrzeug erhalten. Konkrete Weisungen, bestimmte Arbeiten zu erledigen, habe es an ihn nicht gegeben. Er habe bereits aufgrund seiner Ausbildung eine Sonderstellung eingenommen. Er habe als einziger über eine technische Hochschulausbildung verfügt. Er sei im Unternehmen der Klägerin der Einzige gewesen, der aus technischer Sicht hinreichend sicher habe beurteilen können, was technisch umsetzbar gewesen sei. Aus diesem Grund sei es seine vornehmliche Aufgabe gewesen, sich um die Entwicklung neuer Produkte und die Beurteilung der Absatzchancen am Markt zu kümmern. Es habe ihm völlig freigestanden, ob und wen er diesbezüglich besucht habe. Dies habe auch für Messen gegolten, auf denen die Klägerin präsent gewesen sei. Selbstredend sei der Beigeladene zu 1) verpflichtet gewesen, Besuchsberichte zu schreiben. Ein festes Vertriebsgebiet habe er aber nicht gehabt. Er habe im Wesentlichen Projektarbeit geleistet. In das Projekt "Adblue", einen Zusatzstoff, der bei der Betankung von Dieselfahrzeugen Verwendung finde, habe der Beigeladene zu 1) sehr viel Zeit gesteckt, ohne dass für die Klägerin vor Einführung eines marktreifen Systems ein entsprechender Gegenwert orientiert am Umsatz messbar gewesen wäre. Des Weiteren habe sich der Beigeladene zu 1) mit der Konstruktion und Entwicklung von zulassungsfreien Tanks für die Betankung der von Waldarbeitern eingesetzten Motorsägen beschäftigt, ohne dass es bei ihr - der Klägerin - einen messbaren Erfolg dieser Projektarbeit, ausgewiesen durch entsprechenden Umsatz, gegeben habe. Diese Liste lasse sich endlos weiterführen. Das Vorstehende sei jedoch Beleg dafür, dass mit dem Beigeladenen zu 1) ein festes Honorar für seine Tätigkeiten vereinbart worden sei und nicht etwa eine leistungsbezogene Vergütung im Vordergrund gestanden habe, die der Beigeladene zu 1) ohnehin nicht akzeptiert hätte. Soweit der Beigeladene zu 1) auch im Vertrieb tätig gewesen sei, sei augenfällig, dass der Großteil des von ihm zu verantwortenden Umsatzes mit der Fa. N erzielt worden sei. Er habe aufgrund seiner Einflussmöglichkeiten systematisch von Kunden der Klägerin herangetragene Anfragen bearbeitet und an die Fa. N weitergeleitet, die diese Anfragen dann für den Kunden "selbst" weiterbearbeitet und regelmäßig mit dem Kunden kontrahiert habe, weil günstigere Preise angeboten worden seien und hätten angeboten werden können, zumal der Beigeladene zu 1) einen weiten Spielraum gehabt habe, Preisnachlässe für die Fa. N zu gewähren. Das systematische Verhalten des Beigeladenen zu 1) spiegele sich in der exorbitant guten Geschäftsentwicklung der Fa. N wider, die als neugegründetes Unternehmen innerhalb weniger Jahre aus dem "Nichts" zum zweitstärksten Handelspartner der Klägerin aufgestiegen sei. Der Beigeladene zu 1) habe ein unternehmerisches Risiko getragen, mit seiner Projektarbeit die Bedürfnisse der Klägerin zu befriedigen; schließlich sei auch der VfrM kündbar gewesen. Darüber hinaus habe er zur Erledigung der Aufgaben auch eigenes Kapital in Form von Arbeitsmitteln (eigener Laptop, Pkw, Handy, etc.) eingebracht. Im Übrigen habe er die Leistung seiner geistigen Fähigkeiten geschuldet.
Der Beigeladene zu 1) erwiderte unter dem 25.7.2011 auf die Widerspruchsbegründung der Klägerin, er sei in die Hierarchie der Klägerin eingegliedert gewesen. Er habe abgesehen von Urlaub und wenigen Dienstreisen seine Arbeitsleistung stets im Betrieb der Klägerin erbracht. Die Klägerin habe ihm auch Urlaub bewilligt. Er habe diesen beantragen müssen. Er habe seine Arbeitszeiten nicht frei bestimmen dürfen und sei auch nicht frei darin gewesen, wo und wie er gearbeitet habe. In dem regelmäßig von der Klägerin veröffentlichten Produktkatalog sei er von dieser als Gebietsverkaufsleiter Nordwest mit arbeitgeberseitiger Telefonnummer aufgeführt worden. Er habe ein festes Vertriebsgebiet (Nordwest) gehabt. Er sei bei Abwesenheitszeiten von anderen Mitarbeitern des Innendienstes vertreten worden und habe selbst Vertretungen im Vertrieb übernehmen müssen. Ihm seien nicht nur die Räumlichkeiten und alle Büromaterialien, sondern auch ein Diensthandy zur Verfügung gestellt worden. Er habe neben seinem Gehalt stark variierende Reisekosten in Rechnung gestellt. Insoweit verwies er auf die exemplarisch vorgelegten Rechnungen von 26.3.2009 und 19.5.2009, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Der Beigeladene zu 1) trug weiter vor, dass er in 2009 aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation der Klägerin verpflichtet worden sei, an der vereinbarten Lohnkürzung in Höhe von 12,5 % teilzunehmen. Zu diesem Grundgehalt seien die Aufwandsentschädigungen für die Fahrten mit dem privaten PKW gekommen. Wie seinen Kollegen aus dem Verkauf seien ihm erfolgsabhängige Prämien gezahlt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 als unbegründet zurück. Die Begründung des Widerspruchs vom 29.6.2011 habe keine neuen, für die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status relevanten Sachverhalte enthalten. Der Beigeladene zu 1) habe überwiegend seine eigene Arbeitskraft eingesetzt und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Ein maßgeblicher Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden gewesen sei, habe nicht vorgelegen. Es verbleibe bei der rechtlichen Wertung im Bescheid vom 13.4.2011.
Hiergegen hat die Klägerin zum Sozialgericht (SG) Detmold am 19.1.2012 Klage erhoben. Sie hat zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertiefend vorgetragen, im Nachhinein, im Juli 2010, habe sich herausgestellt, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin allein dazu genutzt habe, sein bei Begründung des Vertragsverhältnisses schon bestehendes Konkurrenzunternehmen, die Rechtsvorgängerin der Fa. M1 auszubauen bzw. ab dem Jahr 2007 ein weiteres Konkurrenzunternehmen aufzubauen, die Fa. N. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit für die Klägerin dahingehend genutzt, dass er mit potenziellen Kunden der Klägerin Angebote verhandelt, dann jedoch genau diese Aufträge über seine Firma, die Fa. M1 und später die Fa. N, ebenfalls angeboten, dabei jedoch die von ihm für die Klägerin ausgehandelten Preise jeweils unterboten habe. Auf diese Weise sei es ihm gelungen, eine ganze Reihe von Aufträgen bei der Klägerin abzuziehen. Der Beigeladene zu 1) habe daher nie die Absicht gehabt, seine Arbeitskraft "funktionsgerecht dienend" in die fremde Arbeitsorganisation der Klägerin einzubringen. Er sei zwar häufig in seinem Büro bei der Klägerin tätig gewesen, habe aber dort tatsächlich keine Leistungen für die Klägerin erbracht. Seine Arbeit sei vielmehr primär der Fa. N sowie der Fa. M1 zugutegekommen. Er habe in ganz erheblichem Umfang Angebote, PowerPoint-Präsentationen und Sonstiges für die genannten Firmen an dem Rechner der Klägerin erstellt. Dagegen habe er praktisch keine Arbeitsleistung für die Klägerin erbracht und mithin auch keinen Vergütungsanspruch erworben, der zu verbeitragen wäre. Er habe keinen Weisungen unterlegen. Auch wenn der freie Mitarbeitervertrag ein Gesamtvolumen von zu erbringenden Dienstleistungen vorsehe, habe die Klägerin die tatsächlichen Einsatzzeiten des Beigeladenen zu 1) nie nachgehalten oder überprüft. Sie hätte zwar gern gesehen, wenn er zu normalen Geschäftszeiten erschienen wäre. Er habe seine Arbeit jedoch typischerweise um 6.00 Uhr aufgenommen und sich damit weitgehend jeder Kontrolle entzogen. Eine Änderung seiner Anfangszeit habe er unter Hinweis auf seine Weisungsfreiheit abgelehnt. Er habe auch niemals Weisungen erhalten, irgendwelche Kundenbesuche oder Besprechungen außerhalb des Büros zu bestimmten Zeiten zu machen. Er habe keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegen und sich Urlaub nicht genehmigen lassen müssen. Während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit habe er ferner die Anweisung erteilt, E-Mails nicht - wie bei den anderen Mitarbeitern üblich - automatisch weiterzuleiten. Vielmehr seien solche Anfragen von ihm selbst beantwortet worden. Er habe die Mitarbeiter im Vertrieb nicht vertreten müssen und sei von diesen auch nicht vertreten worden. Im Übrigen habe er auch insoweit eine Sonderstellung eingenommen, als er sich als Einziger für die Auftragssachbearbeitung der Schreibkraft C habe bedienen dürfen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 1.2.2002 bis zum 29.7.2010 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig in der Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene zu 1) hat auf das Klagevorbringen erwidert, er sei abhängig Beschäftigter der Klägerin gewesen. Er habe regelmäßig vor Ort gearbeitet, einen Arbeitsvertrag mit klar definierten Arbeitsstunden, einen eigenen Arbeitsplatz mit PC und Telefon, ein Mobiltelefon, eine eigene Rufnummer und eine eigene E-Mail-Adresse bei der Klägerin besessen. Er habe ebenso wie die übrigen Mitarbeiter 30 Tage Urlaub gehabt und diesen anmelden müssen. Auch habe er Krankenscheine vorlegen müssen und sei gegenüber den Kunden und auf Messen als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten. Schließlich sei seine Vergütung im Rahmen der Kurzarbeit ebenso gekürzt worden wie die der anderen Mitarbeiter. Hinsichtlich seiner Arbeitszeit sei anzumerken, dass er alleinerziehender Vater sei und aus diesem Grunde bereits um 6.00 Uhr angefangen habe. Dies sei mit der Klägerin so abgesprochen worden. Der Zeuge M habe dann versucht, dies rückgängig zu machen. Alle Reisen, die er für die Klägerin getätigt habe, seien wie bei Angestellten, die den Privatwagen für dienstliche Zwecke genutzt hätten, mit mindestens 0,30 EUR pro Kilometer abgerechnet worden.
Das SG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen U, U1 und M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2.9.2013 verwiesen.
Das SG hat sodann mit Urteil vom 2.9.2013 den Bescheid vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 für den Zeitraum vom 1.7.2009 bis zum 29.7.2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.7.2009 bis zum 29.7.2010 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig in der sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Der Beigeladene zu 1) hat gegen das ihm am 2.10.2013 zugestellte Urteil am 10.10.2013 Berufung eingelegt, die er nach dem rechtskräftigen Unterliegen im arbeitsgerichtlichen Verfahren am 6.2.2017 zurückgenommen hat.
Die Klägerin hat ihrerseits gegen das ihr am 2.10.2013 zugestellte Urteil am 28.10.2013 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Der Beigeladene zu 1) sei seit 2002 nicht funktionsgerecht dienend in ihr Unternehmen eingegliedert tätig gewesen. Es habe der sozialrechtlich notwendige Vollzug des Beschäftigungsverhältnisses gefehlt. Der Beigeladene zu 1) habe nur zum Schein seine Pflichten bei der Klägerin erfüllt. Produktentwicklungen habe er allein für eigene Zwecke durchgeführt. Bei dem Projekt ADblue, das er bereits seit 2002 bearbeitet habe, habe er an der Klägerin vorbei im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zur Fa. T OHG (Fa. T) eigene Interessen verfolgt. Er habe stets seine Tätigkeit bei der Klägerin genutzt, Kunden zu werben, mit diesen keine Geschäftsbeziehung zur Klägerin zu begründen, sondern zu seiner Gesellschaft, der Fa. M1. Im Rahmen verschiedener angebahnter Geschäftsbeziehungen, z.B. im Jahr 2003 zur Fa. T, zu Herrn X im Hinblick auf den Verkauf von B-Ware, in den Jahren 2004 und 2005 zu den Firmen T, S P und I Umwelttechnik GmbH, im Jahr 2008 zur Fa. X1 GmbH, habe der Beigeladene zu 1) zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, diese Vertriebstätigkeit für die Klägerin durchzuführen, sondern zugunsten der Fa. M1. Im September 2006 habe er eine Arbeitsleistung für die Klägerin nicht erbracht. Er habe ein umfangreiches Besuchsprogramm zusammen mit der Fa. T absolviert, dabei aber nur sich selbst und seine Fa. M1 vorgestellt. Ab Januar 2007 habe er über die Klägerin in ständiger Geschäftsbeziehung zum einzelkaufmännischen Unternehmen N Lager- und C-technik (Fa. N) gestanden. Dieses Unternehmen habe nicht über das Know-how verfügt, die Produkte der Klägerin zu vertreiben, sodass Schulungen und Einweisungen in ihre Produkte hätten stattfinden müssen. Noch vor der vom Beigeladenen zu 1) durchgeführten Schulung seien bereits im Dezember 2006 Geschäftsabwicklungen über Tankanlagen mit Hilfe der Fa. N erfolgt. Es habe sich um ein Geschäft gehandelt, das der Beigeladene zu 1) für die Klägerin angebahnt habe (Lieferung von Altölsammlern, Angebot vom 12.12.2006), das aber über die Fa. N abgewickelt worden sei. Hier zeige sich, dass tatsächlich der Beigeladene zu 1) dieses Geschäft abgewickelt und über die Gewährung eines Rabatts an die Fa. N von 25 % dort einen Gewinn erzielt habe, nämlich den Mehrpreis, den diese Firma im Verhältnis zum Kunden erzielt habe (nämlich Verkauf ohne Rabatt). In der Folgezeit habe der Beigeladene zu 1) die Zusammenarbeit mit der Fa. N deutlich intensiviert. Er habe im Jahr 2007 einen Umsatz in Höhe von 376.595,76 EUR erzielt. In gleicher Weise seien weitere Geschäfte in 2007 äußerst intensiv von der Klägerin auf die Fa. N umgeleitet worden. Diese habe aufgrund dessen den zweithöchsten Umsatz als Händler der Klägerin erzielt. Diese Vorgehensweise des Beigeladenen zu 1) gelte in den Jahren 2006 bis 2009 auch für die Fa. T, die zum drittstärksten Händler der Klägerin geworden sei.
Die Gesamtumsätze der betroffenen Unternehmenssparte der Klägerin seien nach dem Ausscheiden des Beigeladenen zu 1) deutlich angestiegen, obwohl eigentlich - da er ja immerhin ein erfolgreicher Verkäufer gewesen sei - das Gegenteil zu erwarten gewesen wäre. Die Umsatzsteigerung beruhe darauf, dass sie die Geschäfte nun wieder selbst abwickle, ohne dass der Beigeladene zu 1) sie auf "seine" Unternehmen umleite.
In nichtöffentlicher Sitzung vom 27.9.2017 hat die Beklagte den Bescheid vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung aufgehoben, da in der sozialen Pflegeversicherung Versicherungsfreiheit bestehe. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 2.9.2013 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2011 festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin auch im Zeitraum vom 1.2.2002 bis zum 30.6.2009 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, die erstinstanzliche Entscheidung sei aus ihrer Sicht hinzunehmen. Der Beigeladene zu 1) verteidigt das Urteil des SG und verweist auf sein bisheriges Vorbringen. Das SG sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen der Klägerin und ihm mit Wirkung ab dem 1.2.2002 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Er habe seit dem 1.2.2002 diejenigen Tätigkeiten verrichtet, die sich aus der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergeben hätten. Für die Fa. M1 sei er im Rahmen einer Nebentätigkeit tätig gewesen, die das Hauptarbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht habe außer Kraft treten lassen. Er habe keinen Wettbewerb über die Fa. M1 durchgeführt. Es sei auch völlig unerheblich, ob dieser stattgefunden habe, da dadurch das Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und ihm nicht aufgehoben worden sei. Dies gelte auch für die von der Klägerin behaupteten, von ihm bestrittenen Vertragsverstöße.
Der Senat hat in nichtöffentlicher Sitzung vom 27.9.2017 den Zeugen Dr. U vernommen und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Erörterung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Des Weiteren sind die Akten des Verfahrens 10 O 31/14 des Landgerichts (LG) E beigezogen worden, das indessen (im Ergebnis erfolglos gebliebene) Ansprüche der Klägerin gegen den Beigeladenen zu 1) erst ab dem 1.7.2009 betrifft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der vorgenannten Akten des LG E, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminmitteilungen auf diese Möglichkeiten hingewiesen hat.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere nach den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 3, 64 Abs. 1, 3, 63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist der Klägerin am 2.10.2013 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 28.10.2013 eingegangen.
III. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat die - als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Altern. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) zulässige - Klage hinsichtlich des noch streitigen Zeitraums vom 1.2.2002 bis 30.6.2009 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 und des Bescheides vom 27.9.2017 ist rechtmäßig.
1. Rechtsgrundlage der getroffenen Feststellung zur Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
2. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 7a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (Schreiben vom 18.1.2011) ergangene Verwaltungsakt ist auch im Übrigen formell rechtmäßig. Die Beklagte war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) im Rahmen der Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zuständig (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung, dem 16.9.2010, ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der streitigen Auftragsbeziehung als Verkaufsförderer der Klägerin mit der Folge einer nach § 7a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.
3. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
a) Die Klägerin ist zunächst für den Gesamtzeitraum richtige Bescheidadressatin, auch für den Zeitraum vor ihrer Existenz. Denn sie ist am 24.11.2004 entstanden durch Ausgliederung, einer Art der Spaltung (§ 123 Abs. 3 Nr. 2 Umwandlungsgesetz [UmwG]), von Vermögensteilen ihrer Rechtsvorgängerin. Die Eintragung der Spaltung in das Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers führt gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zur Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers.
b) Zu Recht hat die Beklagte zudem festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Verkaufsförderer der Klägerin vom 1.2.2002 bis zum 30.6.2009 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war. Der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
aa) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr.29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
bb) Ausgangspunkt der Statusbeurteilung ist der zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene VfrM vom 16.1.2002, der nach Eintritt der Rechtsnachfolge durch die Klägerin bereits aufgrund der Vereinbarung vom 10.9.2004 zwischen dieser und dem Beigeladenen zu 1) fortgalt.
(1) Dieser Vertrag ist wirksam zustande gekommen. Soweit die Klägerin behauptet, der Beigeladene zu 1) habe von vornherein beabsichtigt, nicht fremdnützig für sie, sondern ausschließlich eigennützig tätig zu werden, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Willenserklärung des Beigeladenen zu 1) bei Abschluss des Vertrages vom 16.1.2002 und nachfolgender Verträge. Die Voraussetzungen der §§ 116 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegen nicht vor.
(a) § 116 BGB bestimmt, dass eine Willenserklärung nicht deshalb nichtig ist, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt. Die Klägerin trägt hierzu gerade vor, einen entsprechenden Vorbehalt des Beigeladenen zu 1) nicht gekannt zu haben.
(b) Auch die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 BGB, wonach eine empfangsbedürftige Willenserklärung nichtig ist, wenn sie im Einverständnis mit dem Erklärungsempfänger nur zum Schein abgegeben wird, sind nicht erfüllt. Ein entsprechendes Einverständnis der Klägerin hat nach ihrem Vorbringen ebenfalls nicht vorgelegen.
(c) Die Voraussetzungen des § 118 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Danach ist eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung nichtig, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt. Nach dem Vorbringen der Klägerin und allen tatsächlichen Umständen wollte der Beigeladene zu 1) jedoch gerade, dass die Klägerin von einer ernstlich gemeinten Willenserklärung ausging.
(d) Eine Anfechtung wegen z.B. arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB ist von der Klägerin schon nicht erklärt worden. Diese würde im Übrigen das Vertragsverhältnis, das als Arbeitsverhältnis zu bewerten ist, auch nicht ex tunc, sondern grundsätzlich nur ex nunc beenden (vgl. BAG, Urt. v. 3.12.1998, 2 AZR 754/97, u. v. 16.9.1982, 2 AZR 228/80, juris).
(2) Vereinbart war danach wirksam zunächst ein befristetes Dauerschuldverhältnis; mit der Vereinbarung vom 9.12.2003 wurde die Fortgeltung bis zum 31.12.2004 ebenso vereinbart wie die Regelung, dass die Vertragsdauer sich jeweils um 1 Jahr bis um 31.12. des Folgejahres verlängerte, wenn keine der Vertragsparteien den Vertrag bis zum 30.9. kündigte.
(3) Die Vertragsparteien haben zwar nach Bezeichnung und dem Inhalt einiger Regelungen ein selbständiges Dienstverhältnis gewollt, jedoch enthält der Vertrag auch Regelungen, die für einen Arbeitsvertrag typisch sind: die Festlegung der Tätigkeitsbereiche (§ 1), die einer Stellenbeschreibung entspricht; eine Festvergütung bei einer Tätigkeit von ca. 220 Tagen à 8 Stunden im Kalenderjahr bei durchschnittlich 146,75 Stunden monatlich (§ 2). Bei Berücksichtigung eines üblichen Urlaubs von 30 Tagen ergibt sich bei dieser Regelung ein für eine Vollzeittätigkeit üblicher monatlicher Tätigkeitsumfang von ca. 168 Stunden. Dies bedeutet des Weiteren, dass der Beigeladene zu 1) einen Anspruch auf ca. 30 Tage bezahlten Urlaub hatte.
Die Regelungen des Vertrages eröffneten der Klägerin damit in inhaltlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht umfangreiche Weisungsrechte, wovon - ohne das es darauf ankäme - auch in der Vertragspraxis Gebrauch gemacht wurde. Der Beigeladene zu 1) musste über Geschäftsreisen Berichte erstellen, von ihm bearbeitete Projekte konnten nur bei Zustimmung der Geschäftsführung umgesetzt werden. Der Beigeladene zu 1) hatte weitreichende Vollmachten u.a. in Bezug auf die Rabattgewährung im Vertrieb erhalten, die jederzeit von der Klägerin hätten widerrufen werden können. Dem Beigeladenen zu 1) wurden von der Geschäftsführung der Klägerin umfangreiche Weisungsbefugnisse gegenüber ihren Mitarbeitern bei der Projektumsetzung ebenso eingeräumt wie gegenüber der Mitarbeiterin C, die als Schreibkraft für den Beigeladenen zu 1) tätig war.
cc) Auf dieser vertraglichen Grundlage war der Beigeladene zu 1) in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin eingegliedert. Alleinige Unternehmensträgerin war die Klägerin in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, die als solche Trägerin von Rechten und Pflichten ist (vgl. §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 Handelsgesetzbuch [HGB]).
Der Beigeladene zu 1) war entgegen der Behauptung der Klägerin nicht "größtenteils zu Hause", sondern ausweislich der glaubhaften Bekundungen der Zeugen U und U1 im Verhandlungstermin vor dem SG am 2.9.2013 regelmäßig in der Betriebsstätte der Klägerin mit ihren Betriebsmitteln tätig, wo er mit deren Mitarbeitern zusammenarbeitete. Dies entsprach auch den Erwartungen der Klägerin und dem vom Beigeladenen zu 1) vertraglich geschuldeten Verhalten. So hat der Zeuge U darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 1) über keine Sonderstellung verfügt habe, da dies in der täglichen Praxis gar nicht möglich gewesen sei. Seine Stellung habe vielmehr gerade die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Klägerin erfordert. So hätten etwa Absprachen mit der Konstruktion erfolgen müssen. Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn er nur von zu Hause gearbeitet und sich auf das gelegentliche Senden von Telefaxen beschränkt hätte. Zudem erledigte die Mitarbeiterin C für den Beigeladenen zu 1) ebenso wie für andere Mitarbeiter der Klägerin Schreibarbeiten.
Die Darstellung des Zeugen U korrespondiert im Übrigen mit dem Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren, wonach die Geschäftsführung der Klägerin darüber entschied, welches von dem Beigeladenen zu 1) angestoßene Projekt tatsächlich umgesetzt wurde. Danach gab dieser alle Anweisungen in Bezug auf die Herstellung neuer Produkte an die Entwicklungsabteilung der Klägerin weiter. Er hatte somit zwingend sowohl mit der Geschäftsführung als auch den Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung der Klägerin zusammenzuarbeiten.
Dieser Tätigkeitsbereich des Beigeladenen zu 1) in der Produkt- und Projektentwicklung war nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren sogar seine "vornehmliche" Aufgabe. Seine Arbeit war danach "im Wesentlichen" Projektarbeit. In das Thema "Adblue" steckte er sehr viel Zeit. Weitere von der Klägerin angegebene Projekte waren die Konstruktion von Befüllköpfen für Tankanlagen und die Konstruktion und Entwicklung von zulassungsfreien Tanks für Waldarbeiter. Ausdrücklich hat die Klägerin vorgetragen: "Die vorstehende Liste ließe sich noch endlos weiterführen." Im Jahr 2006 erfolgte die rechtskräftige Erteilung eines Patents zugunsten der Klägerin für eine Betankungsvorrichtung (Registerauszug zum Az. 103 32 265.5, Deutsches Patent- und Markenamt) mit dem Beigeladenen zu 1) als Erfinder neben drei weiteren Mitarbeitern der Klägerin. Dies dokumentiert eindrücklich das arbeitsteilige und damit eingegliederte Zusammenwirken des Beigeladenen zu 1) mit den Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung der Klägerin.
Aspekte der Eingliederung ergeben sich auch insofern, als der Beigeladene zu 1) entgegen der Behauptung der Klägerin durch andere Mitarbeiter vertreten wurde. Der Senat folgt insoweit dem Zeugen U. Dieser hat ferner bekundet, dass der Beigeladene zu 1) ihm mitgeteilt habe, wann er Urlaub nehme, damit er dessen Vertretung planen konnte. Auch wenn der Beigeladene zu 1) sich nicht Urlaub genehmigen lassen musste, fand insofern ein Austausch mit dem Zeugen U statt, bei dem betriebliche Belange der Klägerin berücksichtigt wurden. Der Beigeladene zu 1) führte ferner selbst in Abwesenheit der Mitarbeiter U1 und O für diese Telefonate und übernahm Beratungen für diese. Ausdrückliche Weisungen für Vertretungsfälle, so hat der Zeuge U weiter erklärt, an den Beigeladenen zu 1) und die anderen Mitarbeiter im Vertrieb gab es nicht. Diese waren nicht erforderlich, da die Übernahme einer Vertretung selbstverständlich war und insofern sich ein Automatismus entwickelte, in den auch der Beigeladene zu 1) eingebunden war.
Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin wird des Weiteren dadurch dokumentiert, dass er im Vergleich zu den Mitarbeitern O und U1 vermehrt Außendiensttätigkeiten übernahm, die diese aufgrund dessen nicht wahrnehmen mussten. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr O, hat im Verhandlungstermin vor dem SG am 2.9.2013 dazu ausgeführt, dass es gerne gesehen worden wäre, wenn die Herren O und U1 mehr im Außendienst tätig geworden wären, man aber dafür ja den Beigeladenen zu 1) gehabt habe. Der Zeuge U hat übereinstimmend damit bekundet, dass die neben dem Beigeladenen zu 1) im Verkauf tätigen Mitarbeiter lieber im Büro als im Außendienst tätig gewesen seien. Da sie zu Letzterem nicht hätten bewogen werden können, habe dies der Beigeladene zu 1) übernommen. Der Beigeladene zu 1) nahm damit Aufgabenbereiche wahr, die ansonsten von angestellten Mitarbeitern hätten abgedeckt werden müssen, sodass auch insoweit eine enge Verzahnung mit der Tätigkeit der angestellten Mitarbeiter im Verkauf bestand.
Das Berufungsvorbringen der Klägerin kann diese Umstände nicht entkräften, sondern zeigt vielmehr weitere Aspekte der Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in ihre Arbeitsorganisation eindrücklich auf. Dieser nahm eine Vielzahl von Vertragsabschlüssen auf der Grundlage der von der Klägerin erteilten Vollmacht für sie vor, insbesondere diejenigen mit der Fa. N oder mit der Fa. T. Dies belegen die von der Klägerin mehrfach genannten Umsatzzahlen. Statusrechtlich nicht relevant ist, dass der Beigeladene zu 1) in diesem Zusammenhang entsprechend der Behauptung der Klägerin in maßgeblichem Umfang Gewinne nicht für sie realisierte. Der Senat kann daher dahinstehen lassen, ob diese Behauptung zutrifft. Entscheidend ist allein, dass der Beigeladene zu 1) als Vertreter der Klägerin in ihrem Namen eine Vielzahl von Kaufverträgen mit verschiedenen Händlern und Kunden schloss.
dd) Der Beigeladene zu 1) war im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am fremden Arbeitsprozess der Klägerin weisungsgebunden tätig. Die Unternehmensführung bestimmte in inhaltlicher Hinsicht, welche Aufgaben er für die Klägerin wahrzunehmen hatte. Denn sie steuerte mit ihren Entscheidungen, welche Projekte von ihm weiter bearbeitet werden sollten, legte fest, dass und mit welchen Befugnissen er im Vertrieb tätig zu werden hatte. So stattete sie ihn mit Vollmachten im Vertrieb aus und gestattete ihm die Gewährung von Preisnachlässen für Vertriebspartner/Händler wie der Fa. N. Des Weiteren räumte sie ihm die Befugnis ein, eine Mitarbeiterin als Schreibkraft für sich tätig werden zu lassen. Berichtspflichten bestanden dem Zeugen U zufolge für den Beigeladenen zu 1) ebenso wie für alle anderen Mitarbeiter im Vertrieb. Die inhaltliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit erforderte seine regelmäßige Anwesenheit in der Betriebsstätte der Klägerin.
Soweit die Klägerin behauptet, die tatsächlichen Einsatzzeiten des Beigeladenen nie nachgehalten oder überprüft zu haben, folgen hieraus keine Freiheiten des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich des Umfangs seiner Arbeitszeit. Nach dem Vertrag vom 16.1.2002 war die Klägerin berechtigt, von ihm einen zeitlich bis auf zwei Dezimalstellen genau festgelegten zeitlichen Arbeitsumfang einzufordern. Aufgrund der doppelten Schriftformklausel in § 7 Abs. 1 Satz 2 VfrM wäre insoweit eine konkludente Änderung des Vertrages durch eine abweichende tatsächliche Vertragspraxis rechtlich nicht möglich gewesen. Die vom Beigeladenen zu 1) unter dem 5.7.2004 nach einer Unterredung mit der Geschäftsführung der Klägerin unterzeichnete Erklärung belegt schließlich, dass seine Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft sehr wohl von Seiten der Klägerin einer kritischen Prüfung unterzogen und in einem Gespräch mit ihm thematisiert wurde.
Soweit die Klägerin vorträgt, der Beigeladene zu 1) habe selbst bestimmt, dass er seine Tätigkeit täglich um 6.00 Uhr beginne, trifft dies nicht zu. Der Zeuge U hat vielmehr erklärt, dass er einem entsprechenden früheren Arbeitsbeginn auf Wunsch des Beigeladenen zu 1) angesichts dessen familiärer Situation zugestimmt habe, da er keine sachlichen Einwände gehabt habe. Soweit der Zeuge M bekundet hat, dass er mit einem Arbeitsbeginn des Beigeladenen zu 1) um 6.00 Uhr nicht einverstanden war und er den Beigeladenen zu 1) zu einem späteren Beginn bewegen wollte, handelt es sich um Vorgänge außerhalb des Streitzeitraums, die damit für diesen keine Relevanz haben. Der Zeuge M nahm seine Tätigkeit für die Klägerin erst im Juli 2009 auf.
ee) Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen und im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind zur Überzeugung des Senats nicht festzustellen.
(1) Die streitgegenständliche Tätigkeit verrichtete der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen in der Betriebsstätte und mit den Betriebsmitteln der Klägerin. Eine eigene Betriebsstätte des Beigeladenen zu 1), auf die er im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung als Verkaufsförderer der Klägerin zurückgriff, ist nicht ersichtlich.
(2) In Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit unterlag der Beigeladene zu 1) auch keinem maßgeblichen unternehmerischen Risiko. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris).
(a) Eine solche Ungewissheit ist zunächst nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) geht. Denn er erhielt pro Monat ein erfolgsunabhängiges Entgelt, so dass er insoweit seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat. Dieses Entgelt wurde zudem im Urlaubs- und entgegen der Behauptung der Klägerin auch im Krankheitsfall fortgezahlt. Das durch ihn getragene Insolvenzrisiko der Klägerin entspricht dem Risiko, welches auch ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trägt. Die Kürzung seiner Vergütung ab Februar bis Juni 2009 erfolgte analog der Gehaltskürzungen der Mitarbeiter der Klägerin im Rahmen der Kurzarbeit.
(b) Ein nennenswerter Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) ist nicht ersichtlich. Die wesentlichen Betriebsmittel wurden ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Soweit der Beigeladene zu 1) sein privates Kraftfahrzeug auch für die Tätigkeit für die Klägerin nutzte, erhielt er eine Fahrtkostenerstattung. Bereits vor diesem Hintergrund fällt es nicht ins Gewicht, dass ihm von der Klägerin kein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde.
(3) Der Beigeladene zu 1) war auch nicht in der Gestaltung seiner Tätigkeit und der Bestimmung seiner Arbeitszeit im Wesentlichen frei (Rechtsgedanke des § 84 HGB). Im Ergebnis waren seine Freiheiten diejenigen eines leitenden Angestellten unterhalb der Geschäftsführungsebene und nicht die eines Selbstständigen. Art und Inhalt seiner Tätigkeit waren durch die Regelungen zum Aufgabengebiet gem. § 1 VfrM im Wesentlichen vorgegeben. Dasselbe gilt für Arbeitsort und Arbeitszeit, die durch die Ausgestaltung der Tätigkeit in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen bestimmt waren. Die in der tatsächlichen Ausgestaltung der Auftragsbeziehung etablierte Lockerung der Weisungsdichte ist bei Arbeitnehmern, die - wie der mit Entwicklungs- und Vertriebsaufgaben betraute Beigeladene zu 1) - Dienste höherer Art ausüben, nicht ungewöhnlich.
(4) Ob die Zusammenarbeit zwischen den an dem Auftragsverhältnis Beteiligten von dem (ursprünglichen) Willen eines der oder sogar beider Vertragsparteien getragen war, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, kann letztlich offenbleiben. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung nämlich nur zu, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff. juris Rdnr. 16). Nach diesen Maßstäben kommt einem etwaigen, auf die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses zielenden Willen der an dem Auftragsverhältnis beteiligten Personen schon deshalb keine Indizwirkung zu, weil überwiegende Gesichtspunkte zugunsten eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, a.a.O., § 7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).
ff) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der durch den Senat festgestellten, tatsächlich praktizierten Rechtsbeziehung, dass diese im gesamten Streitzeitraum im Wesentlichen der einer abhängigen Beschäftigung entsprach, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit stehen, nicht vorhanden waren.
gg) Das - entgeltliche (§ 14 Abs. 1 SGB IV) - Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) ist schließlich entgegen der Auffassung der Klägerin in Vollzug und auch nicht während seiner Dauer außer Vollzug gesetzt worden. Maßgeblich ist hierbei ausschließlich eine vorausschauende Betrachtung, da sich eine rückschauende Betrachtung nicht mit der im Sozialversicherungsrecht gebotenen Vorhersehbarkeit versicherungs- und beitragsrechtlicher Sachverhalte (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, Sozr 4-2400 § 7 Nr. 26 m.w.N.) verträgt.
Die Invollzugsetzung des Beschäftigungsverhältnisses ergibt sich bereits aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin. Im Bereich der Produkt- und Projektentwicklung wirkte der Beigeladene zu 1) an einer Vielzahl von Projekten mit (z.B. Adblue-Betankung, Befüllköpfe für Tankanlagen, zulassungsfreie Tanks zur Betankung von Motorsägen etc.), wobei die Geschäftsführung der Klägerin letztlich darüber entschied, welche von diesen Projekten weiterverfolgt werden sollten. Ohne Relevanz ist, dass diese Projekte nach dem Vorbringen der Klägerin für sie nicht zu messbaren wirtschaftlichen Erfolgen geführt haben sollen. Ein solcher war von dem Beigeladenen zu 1) vertraglich - wovon auch die Klägerin selbst ausgeht - ohnehin nicht geschuldet.
Im Bereich des Vertriebs war der Beigeladene zu 1) ebenfalls umfangreich für die Klägerin tätig. So bezeichnet sie ihn selbst als "erfolgreichen Verkäufer". Dies folgt zudem daraus, dass die in ihrem Namen abgeschlossenen Geschäfte, wie sie selbst einräumt, zu erheblichen Umsätzen führten, insbesondere in Bezug auf die Fa. N und die Fa. T. Die Geschäftsbeziehung zur Fa. N entwickelte sich in der Weise, dass die Fa. N zum Händler mit den zweithöchsten Umsätzen wurde. Ähnlich verhielt es sich in Bezug auf die Geschäftsbeziehung der Klägerin mit der Fa. T, die sich zum Händler mit den drittstärksten Umsätzen entwickelte. Unerheblich ist, dass der Kläger möglicherweise durch Beteiligungen an bzw. Rechtsbeziehungen zu diesen Unternehmern auf Händlerseite Ertragschancen wahrnahm. Darin liegende etwaige Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot gem. § 60 HGB und weitere von der Klägerin behauptete Vertragsverstöße führten nicht zur Unwirksamkeit des Vertragsverhältnisses der Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) oder dessen Außervollzugsetzung, sondern hätten die Klägerin lediglich zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen berechtigt, die sie indessen nicht ergriffen hat. So hat die Klägerin über mehrere Jahre die Geschäftsbeziehung zur Fa. N gekannt, sie aber trotz der von dem Beigeladenen zu 1) der Fa. N gewährten Rabatte nicht beanstandet und erst recht nicht eingestellt.
Soweit die Klägerin behauptet, der Beigeladene zu 1) habe im September 2006 die von ihm geschuldete Arbeitsleistung für sie überhaupt nicht erbracht, kann der Senat dahinstehen lassen, ob dies den Tatsachen entspricht. Die hierdurch gegebenenfalls eingetretene Unterbrechung wäre, weil sie nicht länger als einen Monat gedauert hätte, für das Beschäftigungsverhältnis unschädlich gewesen (§ 7 Abs. 3 SGB IV).
Es kann schließlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin während der Vertragsdurchführung über einen Zeitraum von ca. 7,5 Jahren die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als vertragsgemäß abnahm. Sie gab dies eindeutig dadurch zu erkennen, dass der ursprünglich befristete Vertrag verlängert und schließlich entfristet wurde und auch die Festbezüge zweimal erhöht und Sonderzahlungen gewährt wurden. Die von der Klägerin in der Rückschau vorgenommene davon abweichende Bewertung aufgrund von ihr behaupteter ständiger Vertragsverstöße des Beigeladenen zu 1) kann nach den oben dargestellten sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen keine andere Beurteilung als die des Senats rechtfertigen. Dies gilt erst recht für die behauptete Umsatzentwicklung nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 1).
c) Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung führen könnten, sind nicht ersichtlich.
d) Die Voraussetzungen eines späteren Beginns der Versicherungspflicht gem. § 7a Abs. 6 SGB IV liegen nicht vor. Die Antragstellung erfolgte nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit, die zum 1.2.2002 erfolgte, sondern erst am 16.9.2010, also ca. 8,5 Jahre später.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert ist gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz auf 5.000,00 Euro festzusetzen (vgl. Senat, Beschluss v. 12.4.2007, L 8 R 104/17 B, juris).
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nur noch, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Verkaufsförderer für die Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 1.2.2002 bis 30.6.2009 unterlag.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Oberflächenbehandlung von Metallen, insbesondere der Betrieb einer oder mehrerer Zinkereien und/oder Verzinnereien und des Apparate- und Behälterbaus, ferner die artverwandte Fertigung und Verarbeitung sowie der Vertrieb der hergestellten Produkte und damit im Zusammenhang stehende Handelsgeschäfte. Die Klägerin ist eingetragen im Handelsregister (HR) des Amtsgerichts (AG) H unter HRA 000. Sie entstand am 24.11.2004 durch Ausgliederung von Vermögensteilen der T Holding und Verwaltungs GmbH & Co. KG (HRA 001, AG H), die zuvor unter "S GmbH & Co. KG" firmierte (im Folgenden: Rechtsvorgängerin der Klägerin).
Mit Datum vom 16.1.2002 schlossen die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Vertrag, der mit "Vertrag über freie Mitarbeit" (VfrM) bezeichnet war. Der Vertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:
" § 1 Tätigkeit
Herr M wird die Aufgaben eines Verkaufsförderers mit folgenden Tätigkeiten übernehmen:
- Systematische Marktbearbeitung mit Schwerpunkt neue Behälterprodukte oder Produkte, welche in das Fertigungsspektrum der S passen.
- Bei gefundenen Potentialen die systematische Potentialerarbeitung (Marktgröße, Marktvolumen, Chancen und Risiken), insbesondere Ermittlung der potentiellen Kunden und deren Besuch / Bearbeitung.
- Ermittlung und zur Verfügungsstellung von neuen Kunden für bestehende Produkte.
- Ermittlung und zur Verfügungsstellung von bekannten Behälterlösungen, welche jedoch nicht in den S gefertigt werden. Gleichzeitig Aufbau und Klassifizierung der notwendigen Kundenpotentiale.
- Bearbeitung von Bestandskunden mit neuen und modifizierten Produkten.
- Bei erfolgreichen Akquisitionen Durchführung der kompletten kaufmännischen Aufgaben.
§ 2 Vergütung / Fälligkeit
Als Vergütung für die Tätigkeit wird ein monatliches Pauschalhonorar von EUR 5.000,- zuzügl. der jeweiligen Mehrwertsteuer vereinbart. Grundlage für dieses Honorar ist ein zu erbringender durchschnittlicher Zeitaufwand von ca. 220 Tagen à 8 Stunden im Kalenderjahr, also durchschnittlich 146,75 Stunden monatlich. Die vereinbarte Vergütung ist jeweils monatlich nach erbrachter Tätigkeit durch Herrn M unter Ausweisung der gesetzlichen Mehrwertsteuer abzurechnen. Die Auszahlung erfolgt unbar auf ein von Herrn M zu benennendes Konto jeweils spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungserteilung.
§ 3 Sonstige Ansprüche / Versteuerung
Mit der Zahlung der in § 2 vereinbarten Vergütung sind alle Ansprüche des Herrn M gegen die S aus diesem Vertrag abgegolten. Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt, sondern ein unabhängiges Dienstverhältnis. Daher trägt Herr M allein die Verpflichtung für Abgabepflichten wie Steuern, Renten- und Krankenversicherung.
§ 4 Geheimhaltung
§ 5 Dauer des Vertrages
Das Vertragsverhältnis beginnt am 01. Februar 2002 und endet am 31.1.2003.
§ 6 Sonstiges
Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Herrn M soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.
§ 7 Schriftform / Salvatorische Klausel
Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Das Schriftformerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden.
..."
Der Beigeladene zu 1) war alleiniger Gesellschafter der mit Gesellschaftsvertrag vom 19.9.2002 gegründeten und am 21.10.2002 in HR eingetragenen Fa. M & Handelsgesellschaft GmbH (Fa. M1, HRB XXX, AG E).
Mit Vertrag vom 22.11.2002 vereinbarten die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladene zu 1) die Verlängerung des Vertrages vom 16.1.2002 bis zum 31.1.2004. Am 9.12.2003 vereinbarten sie die weitere Verlängerung bis um 31.12.2004. Des Weiteren wurde vereinbart, dass sich der Vertrag jeweils bis zum 31.12. eines Jahres verlängerte, wenn nicht eine der Vertragsparteien den Vertrag bis zum 30.9. kündigte.
Am 5.7.2004 unterzeichnete der Beigeladene zu 1) folgende Erklärung:
"Hiermit erkläre ich M gegenüber der Fa. S GmbH, dass durch meine privaten Aktivitäten in meinem Unternehmen der M & Handels GmbH die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft für die S GmbH nicht beeinträchtigt wird.
Die Geschäftsaktivitäten der M & Handels GmbH kollidieren nicht mit den der S. Die Geschäftsaktivitäten der M & Handels GmbH sind der Handel mit gebrauchten großvolumigen Gasbehältern. Darüber hinaus hat sich die M mit der Entwicklung von einer Fördereinheit für aggressive Medien befasst.
Dieser Sachverhalt wurde am 5.7.2004 in einer persönlichen Unterredung mit der Geschäftsführung der S, vertreten durch Herrn T, und Herrn M besprochen. Es wurde festgelegt, dass diese Information schriftlich durch Herrn M fixiert wird und der Personalabteilung, vertreten durch Herrn C, zum Verbleib in der Personalakte übergeben wird."
Mit Vertrag vom 10.9.2004 vereinbarten nunmehr die Klägerin und der Beigeladene zu 1), dass die Klägerin in alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag mit ihrer Rechtsvorgängerin vom 16.1.2002 eintrat und das Vertragsverhältnis mit der Klägerin fortgesetzt wurde.
Mit dem Nachtrag Nr. 1 zum Vertrag über freie Mitarbeit vom 10.9.2004 vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) am 31.10.2005 die Anhebung des monatlichen Pauschalhonorars rückwirkend ab dem 1.10.2005 um 450,00 EUR zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer. Eine weitere Anhebung des monatlichen Pauschalhonorars um 300,00 EUR zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer erfolgte mit der Vereinbarung vom 29.9.2008 (Nachtrag Nr. 2 zum Vertrag über freie Mitarbeit vom 10.9.2004). Gleichzeitig wurde vereinbart, dass der Beigeladene zu 1) für jeden dienstlich gefahrenen Kilometer eine Kostenerstattung in Höhe von 0,40 EUR erhielt. Für Februar 2009 erhielt der Beigeladene zu 1) eine auf 5.175,00 EUR netto und für den Zeitraum von März bis Juni 2009 eine auf 5.031,25 EUR netto monatlich gekürzte Vergütung. Eine schriftliche Vereinbarung existiert insoweit nicht. Diese Kürzung erfolgte aufgrund wirtschaftlicher Probleme der Klägerin im Rahmen der Kurzarbeit bei ihren angestellten Mitarbeitern.
Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin zahlten an den Beigeladenen zu 1) die vereinbarte monatliche Vergütung nebst einer Kostenerstattung für geleistete Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug nach Rechnungstellung. Im Falle der Erkrankung des Beigeladenen zu 1) erfolgte keine Kürzung der Vergütung.
Tätig war der Beigeladene zu 1) für die Klägerin in der Produktentwicklung und im Vertrieb als Gebietsverkaufsleiter Nordwest. Er arbeitete mit der Geschäftsführung sowie den Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung und im Vertrieb zusammen. Er unterlag Dokumentations- und Berichtspflichten wie die anderen Vertriebsmitarbeiter auch. Im Bereich der Produktentwicklung entschied die Geschäftsführung der Klägerin, welche vom Beigeladenen zu 1) bearbeiteten Projekte in die Umsetzungsphase gelangten. Bei entsprechender Zustimmung der Geschäftsführung war es die Aufgabe des Beigeladenen zu 1), der Entwicklungsabteilung der Klägerin alle für die Produktherstellung erforderlichen Anweisungen zu geben. Der Beigeladene zu 1) arbeitete regelmäßig in der Betriebsstätte mit den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln. Er erhielt Visitenkarten, die ihn als Mitarbeiter der Klägerin im Vertrieb und in der Produktentwicklung auswiesen, eine Zugangsberechtigungskarte, eine Telefon-Nummer und eine E-Mail-Adresse bei der Klägerin. In Produktkatalogen gab die Klägerin den Beigeladenen zu 1) als Ansprechpartner für den Bereich der Produktentwicklung bzw. als Gebietsverkaufsleiter Nordwest an. Daneben wurden die weiteren Ansprechpartner u.a. für den Verkauf, den Einkauf, die Konstruktion und die Qualitätssicherung ebenso benannt wie die Geschäftsbereichsleitung und die übrigen Gebietsverkaufsleiter (Süd / Export, Nordost). Im Vertrieb tätigte der Beigeladene zu 1) eine Vielzahl von Geschäftsabschlüssen für die Klägerin u.a. mit der Fa. N. Für Schreibarbeiten, insbesondere zur Angebotserstellung, stand dem Beigeladenen zu 1) eine Mitarbeiterin der Klägerin, Frau C, zur Verfügung. In die gegenseitige Vertretung der Vertriebsmitarbeiter war der Beigeladene zu 1), ohne dass es eine ausdrückliche betriebliche Vertretungsregelung gab, eingebunden. Er übernahm vermehrt Außendiensttätigkeiten im Vertrieb, die von den anderen Mitarbeitern nicht wahrgenommen wurden. Im Jahr 2006 erfolgte die rechtskräftige Erteilung eines Patents zugunsten der Klägerin für eine Betankungsvorrichtung (Registerauszug zum Az. 103 32 265.5, Deutsches Patent- und Markenamt) mit dem Beigeladenen zu 1) als Erfinder neben drei weiteren Personen.
Am 5.12.2007 schloss die Fa. M1 als Treugeberin vertreten durch den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer, einen Treuhandvertrag (TV) mit Herrn N. Darin verpflichtete sich dieser, als Treuhänder für die Treugeberin an der am 5.12.2007 gegründeten N Lager- und C-technik GmbH (Fa. N) eine quotale Stammeinlage in Höhe von nominal 12.250,00 EUR (= 49 %) zu halten, wobei vom Gewinn der Wirtschaftsjahre ab 2008 die Treugeberin 70 % und er 30 % erhalten sollten (§ 2 Abs. 3 Satz 2 TV). Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird Bezug genommen. Die N wurde am 10.1.2008 mit einem Stammkapital von 25.000,00 EUR ins HR des AG E eingetragen (HRB XXX). Geschäftsführer war im Streitzeitraum Herr N.
Am 1.7.2009 schlossen die Klägerin und die Fa. M1 einen Vertrag, der auszugsweise folgende Regelungen enthielt:
"§ 1 Präambel
Herr M hat sein Gewerbe zum 30.6.2009 abgemeldet. Er scheidet mithin als freier Mitarbeiter aus.
§ 2 Vertragsübernahme
Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der bisher mit Herrn M geschlossene Vertrag mit der Firma M1 fortgesetzt wird. Die Firma M1 tritt hiermit in alle Rechte und Pflichten aus den bisher mit Herrn M persönlich bestehenden Vereinbarungen ein.
... "
Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird Bezug genommen.
Die Klägerin kündigte das Vertragsverhältnis mit der Fa. M1 mit Schreiben vom 16.7.2010 fristlos aus wichtigem Grund. Der Beigeladene zu 1) habe die Fa. N mit "Insider-Wissen" aus dem Vertriebsbereich der Klägerin "versorgt" und ihr und damit sich selbst einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft. In dem sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht (ArbG) C berief sich der Beigeladene zu 1) darauf, Arbeitnehmer der Klägerin zu sein. Daraufhin sprach die Klägerin unter dem 29.7.2010 sowie 23.8.2010 gegenüber ihm zwei fristlose Kündigungen aus. Die auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts gerichtete Klage des Beigeladenen zu 1) gegen die Klägerin hatte keinen Erfolg, da das ursprüngliche Vertragsverhältnis durch den Vertrag vom 1.7.2009 aufgelöst worden sei (ArbG C, Urteil v. 8.12.2011, 1 Ca 1981/10; Landesarbeitsgericht [LAG] Hamm, Urteil v. 8.1.2014, 3 Sa 914/12; Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss v. 22.7.2014, 9 AZN 116/14; LAG Hamm, Urteil v. 26.11.2014, 3 Sa 1104/14).
Im Juli 2010 erstattete die Klägerin wegen des Tatvorwurfs des Verrats von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nach § 17 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Strafanzeige gegen den Beigeladenen zu 1). Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren 56 Js 00/10 stellte die Staatsanwaltschaft C unter dem 7.2.2012 gem. § 153a Strafprozessordnung endgültig ein. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens trug der Beigeladene zu 1) vor, er sei aufgrund des Vertrages vom 1.7.2009 davon ausgegangen, nicht mehr als Angestellter oder freier Mitarbeiter, sondern lediglich aufgrund des mit seinem Unternehmen geschlossenen Vertrages für die Klägerin tätig geworden sei.
Am 16.9.2010 stellte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Begehren, das Vorliegen einer Beschäftigung festzustellen. Mit Schreiben vom 18.1.2011 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) zu der beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Verkaufsförderer für die Klägerin und der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung an.
Die Klägerin nahm hierzu unter dem 11.2.2011 Stellung und führte aus, dass sie im Jahre 2001 einen Spezialisten gesucht habe, der sowohl über technisches Verständnis als auch über Erfahrung im kaufmännischen Bereich hinsichtlich des Vertriebs verfüge, insbesondere vor dem Hintergrund der Akquisition von Neukunden und zur Erweiterung des bereits bestehenden Geschäftsfeldes. Sie habe einen Projektentwickler mit entsprechenden Marktkenntnissen für sich gewinnen wollen, den sie in der Person des Beigeladenen zu 1) gefunden habe. Der Vertrag über freie Mitarbeit sei tatsächlich so wie im Vertragstext niedergelegt gelebt worden. Der Beigeladene zu 1) sei Weisungen der Klägerin nur in untergeordnetem und zu vernachlässigendem Umfang unterworfen gewesen. Er habe seine Arbeitszeit frei bestimmen können. So habe er den Beginn seiner Arbeitszeit frei gewählt. Er sei nicht verpflichtet gewesen, sich in das Zeiterfassungssystem der Klägerin einzuloggen. Er habe lediglich über eine Zugangsberechtigungskarte verfügt, über die er das Betriebsgelände habe betreten können. Ihm hätten in einem Großraumbüro ein Desktop-PC und ein Schreibtisch zur Verfügung gestanden. Zahllose Tätigkeiten hinsichtlich der Projektent- und -abwicklung habe er von zuhause aus erledigt. Er sei berichtspflichtig gewesen. Als Maschinenbauingenieur habe er über spezielles technisches Sonderwissen verfügt und sei ein besonderer Projektentwickler gewesen. Er habe selbstverantwortlich alle Anweisungen in Bezug auf die Herstellung neuer Produkte an die Entwicklungsabteilung der Klägerin weitergegeben. Für die Umsetzung, d.h. das "Wie" einer Projektentwicklung sei er allein verantwortlich gewesen, ohne dass er diesbezüglich irgendwelchen Weisungen unterlegen hätte. Ihre Geschäftsführung habe sich lediglich vorbehalten, grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob das eine oder andere vom Beigeladenen zu 1) angestoßene Projekt auch tatsächlich in die Umsetzungsphase gelange. Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung sei dem Sonderwissen des Beigeladenen zu 1) geschuldet gewesen. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht erhalten. Ebenso wenig habe er Urlaub beantragen bzw. sich von der Klägerin habe gewähren lassen müssen. Er sei in erheblichem Maße eigenwirtschaftlich tätig gewesen. So sei er seit 2005 Gesellschafter-Geschäftsführer der Fa. M1 gewesen, die gemäß der veröffentlichten Jahresabschlüsse Bilanzsummen von 36.898,00 EUR für 2006, von 128.405,48 EUR für 2007, von 132.656,00 EUR für 2008 und von 150.354,66 EUR für 2009 ausweise. Des Weiteren sei der Beigeladene zu 1) in besonderem Maße aufgrund einer Eigentätigkeit für die Fa. N für deren Umsätze verantwortlich. Diese Firma sei eine Vertriebspartnerin der Klägerin gewesen, über die sie ihre Produkte vertrieben habe. Die Fa. N sei 2006 "aus dem Nichts" gegründet worden, weise jedoch für das Geschäftsjahr 2008 eine Bilanzsumme von 210.855,43 EUR und für 2009 von 282.543,63 EUR aus. Der Beigeladene zu 1) habe den Geschäftsführer der Fa. N mit Insider-Wissen aus dem Vertriebsbereich der Klägerin versorgt und der Fa. N und damit sich selbst einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschafft. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1) für sich beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Abfüllvorrichtung für Kraftstoffe als Gebrauchsmuster schützen lassen. Hinsichtlich der Vergütung sei allein richtig, dass der Beigeladene zu 1) feste Bezüge mit weiteren unregelmäßigen Sonderzahlungen vereinnahmt habe. Sie - die Klägerin - habe aber nie nachgehalten, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1) tatsächlich für sie tätig gewesen und das vertraglich vereinbarte Arbeitsvolumen auch geleistet worden sei. Der Beigeladene zu 1) habe die freie Verfügungsmöglichkeit über seine eigene Arbeitskraft, er habe im Wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei gestalten können.
Die Beklagte stellte mit Bescheiden vom 13.4.2011 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass dieser seine Tätigkeit bei der Klägerin vom 1.2.2002 bis zum 29.7.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe, in dem Versicherungspflicht in der sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. In der gesetzlichen Krankenversicherung habe Versicherungsfreiheit bestanden. Der Beigeladene zu 1) sei nach außen als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten, er habe eine Berichtspflicht gehabt, ihm seien Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und der Tätigkeit erteilt, teilweise Arbeitsmittel gestellt worden. Er sei zudem zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen, die Arbeit sei zusammen mit dem Team der Klägerin erfolgt und er habe ein monatliches Pauschalhonorar erhalten. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass er Arbeitsmittel teilweise selbst gestellt habe. Nach Gesamtwürdigung würden daher die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27.4.2011 Widerspruch. Sie wiederholte und vertiefte ihr bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, dass es bei Abwesenheitszeiten für den Beigeladenen zu 1) keine Vertretungsregelungen gegeben habe. Urlaub habe er der Klägerin einfach mitgeteilt, dieser sei von ihr nicht genehmigt worden. Entgegen der Praxis bei ihren Beschäftigten habe der Beigeladene zu 1) kein Firmenfahrzeug erhalten. Konkrete Weisungen, bestimmte Arbeiten zu erledigen, habe es an ihn nicht gegeben. Er habe bereits aufgrund seiner Ausbildung eine Sonderstellung eingenommen. Er habe als einziger über eine technische Hochschulausbildung verfügt. Er sei im Unternehmen der Klägerin der Einzige gewesen, der aus technischer Sicht hinreichend sicher habe beurteilen können, was technisch umsetzbar gewesen sei. Aus diesem Grund sei es seine vornehmliche Aufgabe gewesen, sich um die Entwicklung neuer Produkte und die Beurteilung der Absatzchancen am Markt zu kümmern. Es habe ihm völlig freigestanden, ob und wen er diesbezüglich besucht habe. Dies habe auch für Messen gegolten, auf denen die Klägerin präsent gewesen sei. Selbstredend sei der Beigeladene zu 1) verpflichtet gewesen, Besuchsberichte zu schreiben. Ein festes Vertriebsgebiet habe er aber nicht gehabt. Er habe im Wesentlichen Projektarbeit geleistet. In das Projekt "Adblue", einen Zusatzstoff, der bei der Betankung von Dieselfahrzeugen Verwendung finde, habe der Beigeladene zu 1) sehr viel Zeit gesteckt, ohne dass für die Klägerin vor Einführung eines marktreifen Systems ein entsprechender Gegenwert orientiert am Umsatz messbar gewesen wäre. Des Weiteren habe sich der Beigeladene zu 1) mit der Konstruktion und Entwicklung von zulassungsfreien Tanks für die Betankung der von Waldarbeitern eingesetzten Motorsägen beschäftigt, ohne dass es bei ihr - der Klägerin - einen messbaren Erfolg dieser Projektarbeit, ausgewiesen durch entsprechenden Umsatz, gegeben habe. Diese Liste lasse sich endlos weiterführen. Das Vorstehende sei jedoch Beleg dafür, dass mit dem Beigeladenen zu 1) ein festes Honorar für seine Tätigkeiten vereinbart worden sei und nicht etwa eine leistungsbezogene Vergütung im Vordergrund gestanden habe, die der Beigeladene zu 1) ohnehin nicht akzeptiert hätte. Soweit der Beigeladene zu 1) auch im Vertrieb tätig gewesen sei, sei augenfällig, dass der Großteil des von ihm zu verantwortenden Umsatzes mit der Fa. N erzielt worden sei. Er habe aufgrund seiner Einflussmöglichkeiten systematisch von Kunden der Klägerin herangetragene Anfragen bearbeitet und an die Fa. N weitergeleitet, die diese Anfragen dann für den Kunden "selbst" weiterbearbeitet und regelmäßig mit dem Kunden kontrahiert habe, weil günstigere Preise angeboten worden seien und hätten angeboten werden können, zumal der Beigeladene zu 1) einen weiten Spielraum gehabt habe, Preisnachlässe für die Fa. N zu gewähren. Das systematische Verhalten des Beigeladenen zu 1) spiegele sich in der exorbitant guten Geschäftsentwicklung der Fa. N wider, die als neugegründetes Unternehmen innerhalb weniger Jahre aus dem "Nichts" zum zweitstärksten Handelspartner der Klägerin aufgestiegen sei. Der Beigeladene zu 1) habe ein unternehmerisches Risiko getragen, mit seiner Projektarbeit die Bedürfnisse der Klägerin zu befriedigen; schließlich sei auch der VfrM kündbar gewesen. Darüber hinaus habe er zur Erledigung der Aufgaben auch eigenes Kapital in Form von Arbeitsmitteln (eigener Laptop, Pkw, Handy, etc.) eingebracht. Im Übrigen habe er die Leistung seiner geistigen Fähigkeiten geschuldet.
Der Beigeladene zu 1) erwiderte unter dem 25.7.2011 auf die Widerspruchsbegründung der Klägerin, er sei in die Hierarchie der Klägerin eingegliedert gewesen. Er habe abgesehen von Urlaub und wenigen Dienstreisen seine Arbeitsleistung stets im Betrieb der Klägerin erbracht. Die Klägerin habe ihm auch Urlaub bewilligt. Er habe diesen beantragen müssen. Er habe seine Arbeitszeiten nicht frei bestimmen dürfen und sei auch nicht frei darin gewesen, wo und wie er gearbeitet habe. In dem regelmäßig von der Klägerin veröffentlichten Produktkatalog sei er von dieser als Gebietsverkaufsleiter Nordwest mit arbeitgeberseitiger Telefonnummer aufgeführt worden. Er habe ein festes Vertriebsgebiet (Nordwest) gehabt. Er sei bei Abwesenheitszeiten von anderen Mitarbeitern des Innendienstes vertreten worden und habe selbst Vertretungen im Vertrieb übernehmen müssen. Ihm seien nicht nur die Räumlichkeiten und alle Büromaterialien, sondern auch ein Diensthandy zur Verfügung gestellt worden. Er habe neben seinem Gehalt stark variierende Reisekosten in Rechnung gestellt. Insoweit verwies er auf die exemplarisch vorgelegten Rechnungen von 26.3.2009 und 19.5.2009, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Der Beigeladene zu 1) trug weiter vor, dass er in 2009 aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation der Klägerin verpflichtet worden sei, an der vereinbarten Lohnkürzung in Höhe von 12,5 % teilzunehmen. Zu diesem Grundgehalt seien die Aufwandsentschädigungen für die Fahrten mit dem privaten PKW gekommen. Wie seinen Kollegen aus dem Verkauf seien ihm erfolgsabhängige Prämien gezahlt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 als unbegründet zurück. Die Begründung des Widerspruchs vom 29.6.2011 habe keine neuen, für die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status relevanten Sachverhalte enthalten. Der Beigeladene zu 1) habe überwiegend seine eigene Arbeitskraft eingesetzt und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Ein maßgeblicher Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden gewesen sei, habe nicht vorgelegen. Es verbleibe bei der rechtlichen Wertung im Bescheid vom 13.4.2011.
Hiergegen hat die Klägerin zum Sozialgericht (SG) Detmold am 19.1.2012 Klage erhoben. Sie hat zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertiefend vorgetragen, im Nachhinein, im Juli 2010, habe sich herausgestellt, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin allein dazu genutzt habe, sein bei Begründung des Vertragsverhältnisses schon bestehendes Konkurrenzunternehmen, die Rechtsvorgängerin der Fa. M1 auszubauen bzw. ab dem Jahr 2007 ein weiteres Konkurrenzunternehmen aufzubauen, die Fa. N. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit für die Klägerin dahingehend genutzt, dass er mit potenziellen Kunden der Klägerin Angebote verhandelt, dann jedoch genau diese Aufträge über seine Firma, die Fa. M1 und später die Fa. N, ebenfalls angeboten, dabei jedoch die von ihm für die Klägerin ausgehandelten Preise jeweils unterboten habe. Auf diese Weise sei es ihm gelungen, eine ganze Reihe von Aufträgen bei der Klägerin abzuziehen. Der Beigeladene zu 1) habe daher nie die Absicht gehabt, seine Arbeitskraft "funktionsgerecht dienend" in die fremde Arbeitsorganisation der Klägerin einzubringen. Er sei zwar häufig in seinem Büro bei der Klägerin tätig gewesen, habe aber dort tatsächlich keine Leistungen für die Klägerin erbracht. Seine Arbeit sei vielmehr primär der Fa. N sowie der Fa. M1 zugutegekommen. Er habe in ganz erheblichem Umfang Angebote, PowerPoint-Präsentationen und Sonstiges für die genannten Firmen an dem Rechner der Klägerin erstellt. Dagegen habe er praktisch keine Arbeitsleistung für die Klägerin erbracht und mithin auch keinen Vergütungsanspruch erworben, der zu verbeitragen wäre. Er habe keinen Weisungen unterlegen. Auch wenn der freie Mitarbeitervertrag ein Gesamtvolumen von zu erbringenden Dienstleistungen vorsehe, habe die Klägerin die tatsächlichen Einsatzzeiten des Beigeladenen zu 1) nie nachgehalten oder überprüft. Sie hätte zwar gern gesehen, wenn er zu normalen Geschäftszeiten erschienen wäre. Er habe seine Arbeit jedoch typischerweise um 6.00 Uhr aufgenommen und sich damit weitgehend jeder Kontrolle entzogen. Eine Änderung seiner Anfangszeit habe er unter Hinweis auf seine Weisungsfreiheit abgelehnt. Er habe auch niemals Weisungen erhalten, irgendwelche Kundenbesuche oder Besprechungen außerhalb des Büros zu bestimmten Zeiten zu machen. Er habe keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegen und sich Urlaub nicht genehmigen lassen müssen. Während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit habe er ferner die Anweisung erteilt, E-Mails nicht - wie bei den anderen Mitarbeitern üblich - automatisch weiterzuleiten. Vielmehr seien solche Anfragen von ihm selbst beantwortet worden. Er habe die Mitarbeiter im Vertrieb nicht vertreten müssen und sei von diesen auch nicht vertreten worden. Im Übrigen habe er auch insoweit eine Sonderstellung eingenommen, als er sich als Einziger für die Auftragssachbearbeitung der Schreibkraft C habe bedienen dürfen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 1.2.2002 bis zum 29.7.2010 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig in der Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene zu 1) hat auf das Klagevorbringen erwidert, er sei abhängig Beschäftigter der Klägerin gewesen. Er habe regelmäßig vor Ort gearbeitet, einen Arbeitsvertrag mit klar definierten Arbeitsstunden, einen eigenen Arbeitsplatz mit PC und Telefon, ein Mobiltelefon, eine eigene Rufnummer und eine eigene E-Mail-Adresse bei der Klägerin besessen. Er habe ebenso wie die übrigen Mitarbeiter 30 Tage Urlaub gehabt und diesen anmelden müssen. Auch habe er Krankenscheine vorlegen müssen und sei gegenüber den Kunden und auf Messen als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten. Schließlich sei seine Vergütung im Rahmen der Kurzarbeit ebenso gekürzt worden wie die der anderen Mitarbeiter. Hinsichtlich seiner Arbeitszeit sei anzumerken, dass er alleinerziehender Vater sei und aus diesem Grunde bereits um 6.00 Uhr angefangen habe. Dies sei mit der Klägerin so abgesprochen worden. Der Zeuge M habe dann versucht, dies rückgängig zu machen. Alle Reisen, die er für die Klägerin getätigt habe, seien wie bei Angestellten, die den Privatwagen für dienstliche Zwecke genutzt hätten, mit mindestens 0,30 EUR pro Kilometer abgerechnet worden.
Das SG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen U, U1 und M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2.9.2013 verwiesen.
Das SG hat sodann mit Urteil vom 2.9.2013 den Bescheid vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 für den Zeitraum vom 1.7.2009 bis zum 29.7.2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.7.2009 bis zum 29.7.2010 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig in der sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Der Beigeladene zu 1) hat gegen das ihm am 2.10.2013 zugestellte Urteil am 10.10.2013 Berufung eingelegt, die er nach dem rechtskräftigen Unterliegen im arbeitsgerichtlichen Verfahren am 6.2.2017 zurückgenommen hat.
Die Klägerin hat ihrerseits gegen das ihr am 2.10.2013 zugestellte Urteil am 28.10.2013 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Der Beigeladene zu 1) sei seit 2002 nicht funktionsgerecht dienend in ihr Unternehmen eingegliedert tätig gewesen. Es habe der sozialrechtlich notwendige Vollzug des Beschäftigungsverhältnisses gefehlt. Der Beigeladene zu 1) habe nur zum Schein seine Pflichten bei der Klägerin erfüllt. Produktentwicklungen habe er allein für eigene Zwecke durchgeführt. Bei dem Projekt ADblue, das er bereits seit 2002 bearbeitet habe, habe er an der Klägerin vorbei im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zur Fa. T OHG (Fa. T) eigene Interessen verfolgt. Er habe stets seine Tätigkeit bei der Klägerin genutzt, Kunden zu werben, mit diesen keine Geschäftsbeziehung zur Klägerin zu begründen, sondern zu seiner Gesellschaft, der Fa. M1. Im Rahmen verschiedener angebahnter Geschäftsbeziehungen, z.B. im Jahr 2003 zur Fa. T, zu Herrn X im Hinblick auf den Verkauf von B-Ware, in den Jahren 2004 und 2005 zu den Firmen T, S P und I Umwelttechnik GmbH, im Jahr 2008 zur Fa. X1 GmbH, habe der Beigeladene zu 1) zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, diese Vertriebstätigkeit für die Klägerin durchzuführen, sondern zugunsten der Fa. M1. Im September 2006 habe er eine Arbeitsleistung für die Klägerin nicht erbracht. Er habe ein umfangreiches Besuchsprogramm zusammen mit der Fa. T absolviert, dabei aber nur sich selbst und seine Fa. M1 vorgestellt. Ab Januar 2007 habe er über die Klägerin in ständiger Geschäftsbeziehung zum einzelkaufmännischen Unternehmen N Lager- und C-technik (Fa. N) gestanden. Dieses Unternehmen habe nicht über das Know-how verfügt, die Produkte der Klägerin zu vertreiben, sodass Schulungen und Einweisungen in ihre Produkte hätten stattfinden müssen. Noch vor der vom Beigeladenen zu 1) durchgeführten Schulung seien bereits im Dezember 2006 Geschäftsabwicklungen über Tankanlagen mit Hilfe der Fa. N erfolgt. Es habe sich um ein Geschäft gehandelt, das der Beigeladene zu 1) für die Klägerin angebahnt habe (Lieferung von Altölsammlern, Angebot vom 12.12.2006), das aber über die Fa. N abgewickelt worden sei. Hier zeige sich, dass tatsächlich der Beigeladene zu 1) dieses Geschäft abgewickelt und über die Gewährung eines Rabatts an die Fa. N von 25 % dort einen Gewinn erzielt habe, nämlich den Mehrpreis, den diese Firma im Verhältnis zum Kunden erzielt habe (nämlich Verkauf ohne Rabatt). In der Folgezeit habe der Beigeladene zu 1) die Zusammenarbeit mit der Fa. N deutlich intensiviert. Er habe im Jahr 2007 einen Umsatz in Höhe von 376.595,76 EUR erzielt. In gleicher Weise seien weitere Geschäfte in 2007 äußerst intensiv von der Klägerin auf die Fa. N umgeleitet worden. Diese habe aufgrund dessen den zweithöchsten Umsatz als Händler der Klägerin erzielt. Diese Vorgehensweise des Beigeladenen zu 1) gelte in den Jahren 2006 bis 2009 auch für die Fa. T, die zum drittstärksten Händler der Klägerin geworden sei.
Die Gesamtumsätze der betroffenen Unternehmenssparte der Klägerin seien nach dem Ausscheiden des Beigeladenen zu 1) deutlich angestiegen, obwohl eigentlich - da er ja immerhin ein erfolgreicher Verkäufer gewesen sei - das Gegenteil zu erwarten gewesen wäre. Die Umsatzsteigerung beruhe darauf, dass sie die Geschäfte nun wieder selbst abwickle, ohne dass der Beigeladene zu 1) sie auf "seine" Unternehmen umleite.
In nichtöffentlicher Sitzung vom 27.9.2017 hat die Beklagte den Bescheid vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung aufgehoben, da in der sozialen Pflegeversicherung Versicherungsfreiheit bestehe. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 2.9.2013 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 13.4.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2011 festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin auch im Zeitraum vom 1.2.2002 bis zum 30.6.2009 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, die erstinstanzliche Entscheidung sei aus ihrer Sicht hinzunehmen. Der Beigeladene zu 1) verteidigt das Urteil des SG und verweist auf sein bisheriges Vorbringen. Das SG sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen der Klägerin und ihm mit Wirkung ab dem 1.2.2002 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Er habe seit dem 1.2.2002 diejenigen Tätigkeiten verrichtet, die sich aus der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergeben hätten. Für die Fa. M1 sei er im Rahmen einer Nebentätigkeit tätig gewesen, die das Hauptarbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht habe außer Kraft treten lassen. Er habe keinen Wettbewerb über die Fa. M1 durchgeführt. Es sei auch völlig unerheblich, ob dieser stattgefunden habe, da dadurch das Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und ihm nicht aufgehoben worden sei. Dies gelte auch für die von der Klägerin behaupteten, von ihm bestrittenen Vertragsverstöße.
Der Senat hat in nichtöffentlicher Sitzung vom 27.9.2017 den Zeugen Dr. U vernommen und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Erörterung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Des Weiteren sind die Akten des Verfahrens 10 O 31/14 des Landgerichts (LG) E beigezogen worden, das indessen (im Ergebnis erfolglos gebliebene) Ansprüche der Klägerin gegen den Beigeladenen zu 1) erst ab dem 1.7.2009 betrifft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der vorgenannten Akten des LG E, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminmitteilungen auf diese Möglichkeiten hingewiesen hat.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere nach den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 3, 64 Abs. 1, 3, 63 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist der Klägerin am 2.10.2013 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 28.10.2013 eingegangen.
III. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat die - als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Altern. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) zulässige - Klage hinsichtlich des noch streitigen Zeitraums vom 1.2.2002 bis 30.6.2009 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 und des Bescheides vom 27.9.2017 ist rechtmäßig.
1. Rechtsgrundlage der getroffenen Feststellung zur Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
2. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 7a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (Schreiben vom 18.1.2011) ergangene Verwaltungsakt ist auch im Übrigen formell rechtmäßig. Die Beklagte war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) im Rahmen der Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zuständig (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung, dem 16.9.2010, ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der streitigen Auftragsbeziehung als Verkaufsförderer der Klägerin mit der Folge einer nach § 7a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.
3. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
a) Die Klägerin ist zunächst für den Gesamtzeitraum richtige Bescheidadressatin, auch für den Zeitraum vor ihrer Existenz. Denn sie ist am 24.11.2004 entstanden durch Ausgliederung, einer Art der Spaltung (§ 123 Abs. 3 Nr. 2 Umwandlungsgesetz [UmwG]), von Vermögensteilen ihrer Rechtsvorgängerin. Die Eintragung der Spaltung in das Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers führt gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zur Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers.
b) Zu Recht hat die Beklagte zudem festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Verkaufsförderer der Klägerin vom 1.2.2002 bis zum 30.6.2009 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war. Der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
aa) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr.29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
bb) Ausgangspunkt der Statusbeurteilung ist der zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene VfrM vom 16.1.2002, der nach Eintritt der Rechtsnachfolge durch die Klägerin bereits aufgrund der Vereinbarung vom 10.9.2004 zwischen dieser und dem Beigeladenen zu 1) fortgalt.
(1) Dieser Vertrag ist wirksam zustande gekommen. Soweit die Klägerin behauptet, der Beigeladene zu 1) habe von vornherein beabsichtigt, nicht fremdnützig für sie, sondern ausschließlich eigennützig tätig zu werden, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Willenserklärung des Beigeladenen zu 1) bei Abschluss des Vertrages vom 16.1.2002 und nachfolgender Verträge. Die Voraussetzungen der §§ 116 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegen nicht vor.
(a) § 116 BGB bestimmt, dass eine Willenserklärung nicht deshalb nichtig ist, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt. Die Klägerin trägt hierzu gerade vor, einen entsprechenden Vorbehalt des Beigeladenen zu 1) nicht gekannt zu haben.
(b) Auch die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 BGB, wonach eine empfangsbedürftige Willenserklärung nichtig ist, wenn sie im Einverständnis mit dem Erklärungsempfänger nur zum Schein abgegeben wird, sind nicht erfüllt. Ein entsprechendes Einverständnis der Klägerin hat nach ihrem Vorbringen ebenfalls nicht vorgelegen.
(c) Die Voraussetzungen des § 118 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Danach ist eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung nichtig, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt. Nach dem Vorbringen der Klägerin und allen tatsächlichen Umständen wollte der Beigeladene zu 1) jedoch gerade, dass die Klägerin von einer ernstlich gemeinten Willenserklärung ausging.
(d) Eine Anfechtung wegen z.B. arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB ist von der Klägerin schon nicht erklärt worden. Diese würde im Übrigen das Vertragsverhältnis, das als Arbeitsverhältnis zu bewerten ist, auch nicht ex tunc, sondern grundsätzlich nur ex nunc beenden (vgl. BAG, Urt. v. 3.12.1998, 2 AZR 754/97, u. v. 16.9.1982, 2 AZR 228/80, juris).
(2) Vereinbart war danach wirksam zunächst ein befristetes Dauerschuldverhältnis; mit der Vereinbarung vom 9.12.2003 wurde die Fortgeltung bis zum 31.12.2004 ebenso vereinbart wie die Regelung, dass die Vertragsdauer sich jeweils um 1 Jahr bis um 31.12. des Folgejahres verlängerte, wenn keine der Vertragsparteien den Vertrag bis zum 30.9. kündigte.
(3) Die Vertragsparteien haben zwar nach Bezeichnung und dem Inhalt einiger Regelungen ein selbständiges Dienstverhältnis gewollt, jedoch enthält der Vertrag auch Regelungen, die für einen Arbeitsvertrag typisch sind: die Festlegung der Tätigkeitsbereiche (§ 1), die einer Stellenbeschreibung entspricht; eine Festvergütung bei einer Tätigkeit von ca. 220 Tagen à 8 Stunden im Kalenderjahr bei durchschnittlich 146,75 Stunden monatlich (§ 2). Bei Berücksichtigung eines üblichen Urlaubs von 30 Tagen ergibt sich bei dieser Regelung ein für eine Vollzeittätigkeit üblicher monatlicher Tätigkeitsumfang von ca. 168 Stunden. Dies bedeutet des Weiteren, dass der Beigeladene zu 1) einen Anspruch auf ca. 30 Tage bezahlten Urlaub hatte.
Die Regelungen des Vertrages eröffneten der Klägerin damit in inhaltlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht umfangreiche Weisungsrechte, wovon - ohne das es darauf ankäme - auch in der Vertragspraxis Gebrauch gemacht wurde. Der Beigeladene zu 1) musste über Geschäftsreisen Berichte erstellen, von ihm bearbeitete Projekte konnten nur bei Zustimmung der Geschäftsführung umgesetzt werden. Der Beigeladene zu 1) hatte weitreichende Vollmachten u.a. in Bezug auf die Rabattgewährung im Vertrieb erhalten, die jederzeit von der Klägerin hätten widerrufen werden können. Dem Beigeladenen zu 1) wurden von der Geschäftsführung der Klägerin umfangreiche Weisungsbefugnisse gegenüber ihren Mitarbeitern bei der Projektumsetzung ebenso eingeräumt wie gegenüber der Mitarbeiterin C, die als Schreibkraft für den Beigeladenen zu 1) tätig war.
cc) Auf dieser vertraglichen Grundlage war der Beigeladene zu 1) in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin eingegliedert. Alleinige Unternehmensträgerin war die Klägerin in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, die als solche Trägerin von Rechten und Pflichten ist (vgl. §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 Handelsgesetzbuch [HGB]).
Der Beigeladene zu 1) war entgegen der Behauptung der Klägerin nicht "größtenteils zu Hause", sondern ausweislich der glaubhaften Bekundungen der Zeugen U und U1 im Verhandlungstermin vor dem SG am 2.9.2013 regelmäßig in der Betriebsstätte der Klägerin mit ihren Betriebsmitteln tätig, wo er mit deren Mitarbeitern zusammenarbeitete. Dies entsprach auch den Erwartungen der Klägerin und dem vom Beigeladenen zu 1) vertraglich geschuldeten Verhalten. So hat der Zeuge U darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 1) über keine Sonderstellung verfügt habe, da dies in der täglichen Praxis gar nicht möglich gewesen sei. Seine Stellung habe vielmehr gerade die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Klägerin erfordert. So hätten etwa Absprachen mit der Konstruktion erfolgen müssen. Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn er nur von zu Hause gearbeitet und sich auf das gelegentliche Senden von Telefaxen beschränkt hätte. Zudem erledigte die Mitarbeiterin C für den Beigeladenen zu 1) ebenso wie für andere Mitarbeiter der Klägerin Schreibarbeiten.
Die Darstellung des Zeugen U korrespondiert im Übrigen mit dem Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren, wonach die Geschäftsführung der Klägerin darüber entschied, welches von dem Beigeladenen zu 1) angestoßene Projekt tatsächlich umgesetzt wurde. Danach gab dieser alle Anweisungen in Bezug auf die Herstellung neuer Produkte an die Entwicklungsabteilung der Klägerin weiter. Er hatte somit zwingend sowohl mit der Geschäftsführung als auch den Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung der Klägerin zusammenzuarbeiten.
Dieser Tätigkeitsbereich des Beigeladenen zu 1) in der Produkt- und Projektentwicklung war nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren sogar seine "vornehmliche" Aufgabe. Seine Arbeit war danach "im Wesentlichen" Projektarbeit. In das Thema "Adblue" steckte er sehr viel Zeit. Weitere von der Klägerin angegebene Projekte waren die Konstruktion von Befüllköpfen für Tankanlagen und die Konstruktion und Entwicklung von zulassungsfreien Tanks für Waldarbeiter. Ausdrücklich hat die Klägerin vorgetragen: "Die vorstehende Liste ließe sich noch endlos weiterführen." Im Jahr 2006 erfolgte die rechtskräftige Erteilung eines Patents zugunsten der Klägerin für eine Betankungsvorrichtung (Registerauszug zum Az. 103 32 265.5, Deutsches Patent- und Markenamt) mit dem Beigeladenen zu 1) als Erfinder neben drei weiteren Mitarbeitern der Klägerin. Dies dokumentiert eindrücklich das arbeitsteilige und damit eingegliederte Zusammenwirken des Beigeladenen zu 1) mit den Mitarbeitern der Entwicklungsabteilung der Klägerin.
Aspekte der Eingliederung ergeben sich auch insofern, als der Beigeladene zu 1) entgegen der Behauptung der Klägerin durch andere Mitarbeiter vertreten wurde. Der Senat folgt insoweit dem Zeugen U. Dieser hat ferner bekundet, dass der Beigeladene zu 1) ihm mitgeteilt habe, wann er Urlaub nehme, damit er dessen Vertretung planen konnte. Auch wenn der Beigeladene zu 1) sich nicht Urlaub genehmigen lassen musste, fand insofern ein Austausch mit dem Zeugen U statt, bei dem betriebliche Belange der Klägerin berücksichtigt wurden. Der Beigeladene zu 1) führte ferner selbst in Abwesenheit der Mitarbeiter U1 und O für diese Telefonate und übernahm Beratungen für diese. Ausdrückliche Weisungen für Vertretungsfälle, so hat der Zeuge U weiter erklärt, an den Beigeladenen zu 1) und die anderen Mitarbeiter im Vertrieb gab es nicht. Diese waren nicht erforderlich, da die Übernahme einer Vertretung selbstverständlich war und insofern sich ein Automatismus entwickelte, in den auch der Beigeladene zu 1) eingebunden war.
Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin wird des Weiteren dadurch dokumentiert, dass er im Vergleich zu den Mitarbeitern O und U1 vermehrt Außendiensttätigkeiten übernahm, die diese aufgrund dessen nicht wahrnehmen mussten. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr O, hat im Verhandlungstermin vor dem SG am 2.9.2013 dazu ausgeführt, dass es gerne gesehen worden wäre, wenn die Herren O und U1 mehr im Außendienst tätig geworden wären, man aber dafür ja den Beigeladenen zu 1) gehabt habe. Der Zeuge U hat übereinstimmend damit bekundet, dass die neben dem Beigeladenen zu 1) im Verkauf tätigen Mitarbeiter lieber im Büro als im Außendienst tätig gewesen seien. Da sie zu Letzterem nicht hätten bewogen werden können, habe dies der Beigeladene zu 1) übernommen. Der Beigeladene zu 1) nahm damit Aufgabenbereiche wahr, die ansonsten von angestellten Mitarbeitern hätten abgedeckt werden müssen, sodass auch insoweit eine enge Verzahnung mit der Tätigkeit der angestellten Mitarbeiter im Verkauf bestand.
Das Berufungsvorbringen der Klägerin kann diese Umstände nicht entkräften, sondern zeigt vielmehr weitere Aspekte der Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in ihre Arbeitsorganisation eindrücklich auf. Dieser nahm eine Vielzahl von Vertragsabschlüssen auf der Grundlage der von der Klägerin erteilten Vollmacht für sie vor, insbesondere diejenigen mit der Fa. N oder mit der Fa. T. Dies belegen die von der Klägerin mehrfach genannten Umsatzzahlen. Statusrechtlich nicht relevant ist, dass der Beigeladene zu 1) in diesem Zusammenhang entsprechend der Behauptung der Klägerin in maßgeblichem Umfang Gewinne nicht für sie realisierte. Der Senat kann daher dahinstehen lassen, ob diese Behauptung zutrifft. Entscheidend ist allein, dass der Beigeladene zu 1) als Vertreter der Klägerin in ihrem Namen eine Vielzahl von Kaufverträgen mit verschiedenen Händlern und Kunden schloss.
dd) Der Beigeladene zu 1) war im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am fremden Arbeitsprozess der Klägerin weisungsgebunden tätig. Die Unternehmensführung bestimmte in inhaltlicher Hinsicht, welche Aufgaben er für die Klägerin wahrzunehmen hatte. Denn sie steuerte mit ihren Entscheidungen, welche Projekte von ihm weiter bearbeitet werden sollten, legte fest, dass und mit welchen Befugnissen er im Vertrieb tätig zu werden hatte. So stattete sie ihn mit Vollmachten im Vertrieb aus und gestattete ihm die Gewährung von Preisnachlässen für Vertriebspartner/Händler wie der Fa. N. Des Weiteren räumte sie ihm die Befugnis ein, eine Mitarbeiterin als Schreibkraft für sich tätig werden zu lassen. Berichtspflichten bestanden dem Zeugen U zufolge für den Beigeladenen zu 1) ebenso wie für alle anderen Mitarbeiter im Vertrieb. Die inhaltliche Ausgestaltung seiner Tätigkeit erforderte seine regelmäßige Anwesenheit in der Betriebsstätte der Klägerin.
Soweit die Klägerin behauptet, die tatsächlichen Einsatzzeiten des Beigeladenen nie nachgehalten oder überprüft zu haben, folgen hieraus keine Freiheiten des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich des Umfangs seiner Arbeitszeit. Nach dem Vertrag vom 16.1.2002 war die Klägerin berechtigt, von ihm einen zeitlich bis auf zwei Dezimalstellen genau festgelegten zeitlichen Arbeitsumfang einzufordern. Aufgrund der doppelten Schriftformklausel in § 7 Abs. 1 Satz 2 VfrM wäre insoweit eine konkludente Änderung des Vertrages durch eine abweichende tatsächliche Vertragspraxis rechtlich nicht möglich gewesen. Die vom Beigeladenen zu 1) unter dem 5.7.2004 nach einer Unterredung mit der Geschäftsführung der Klägerin unterzeichnete Erklärung belegt schließlich, dass seine Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft sehr wohl von Seiten der Klägerin einer kritischen Prüfung unterzogen und in einem Gespräch mit ihm thematisiert wurde.
Soweit die Klägerin vorträgt, der Beigeladene zu 1) habe selbst bestimmt, dass er seine Tätigkeit täglich um 6.00 Uhr beginne, trifft dies nicht zu. Der Zeuge U hat vielmehr erklärt, dass er einem entsprechenden früheren Arbeitsbeginn auf Wunsch des Beigeladenen zu 1) angesichts dessen familiärer Situation zugestimmt habe, da er keine sachlichen Einwände gehabt habe. Soweit der Zeuge M bekundet hat, dass er mit einem Arbeitsbeginn des Beigeladenen zu 1) um 6.00 Uhr nicht einverstanden war und er den Beigeladenen zu 1) zu einem späteren Beginn bewegen wollte, handelt es sich um Vorgänge außerhalb des Streitzeitraums, die damit für diesen keine Relevanz haben. Der Zeuge M nahm seine Tätigkeit für die Klägerin erst im Juli 2009 auf.
ee) Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen und im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind zur Überzeugung des Senats nicht festzustellen.
(1) Die streitgegenständliche Tätigkeit verrichtete der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen in der Betriebsstätte und mit den Betriebsmitteln der Klägerin. Eine eigene Betriebsstätte des Beigeladenen zu 1), auf die er im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung als Verkaufsförderer der Klägerin zurückgriff, ist nicht ersichtlich.
(2) In Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit unterlag der Beigeladene zu 1) auch keinem maßgeblichen unternehmerischen Risiko. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris).
(a) Eine solche Ungewissheit ist zunächst nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) geht. Denn er erhielt pro Monat ein erfolgsunabhängiges Entgelt, so dass er insoweit seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat. Dieses Entgelt wurde zudem im Urlaubs- und entgegen der Behauptung der Klägerin auch im Krankheitsfall fortgezahlt. Das durch ihn getragene Insolvenzrisiko der Klägerin entspricht dem Risiko, welches auch ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trägt. Die Kürzung seiner Vergütung ab Februar bis Juni 2009 erfolgte analog der Gehaltskürzungen der Mitarbeiter der Klägerin im Rahmen der Kurzarbeit.
(b) Ein nennenswerter Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) ist nicht ersichtlich. Die wesentlichen Betriebsmittel wurden ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Soweit der Beigeladene zu 1) sein privates Kraftfahrzeug auch für die Tätigkeit für die Klägerin nutzte, erhielt er eine Fahrtkostenerstattung. Bereits vor diesem Hintergrund fällt es nicht ins Gewicht, dass ihm von der Klägerin kein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde.
(3) Der Beigeladene zu 1) war auch nicht in der Gestaltung seiner Tätigkeit und der Bestimmung seiner Arbeitszeit im Wesentlichen frei (Rechtsgedanke des § 84 HGB). Im Ergebnis waren seine Freiheiten diejenigen eines leitenden Angestellten unterhalb der Geschäftsführungsebene und nicht die eines Selbstständigen. Art und Inhalt seiner Tätigkeit waren durch die Regelungen zum Aufgabengebiet gem. § 1 VfrM im Wesentlichen vorgegeben. Dasselbe gilt für Arbeitsort und Arbeitszeit, die durch die Ausgestaltung der Tätigkeit in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen bestimmt waren. Die in der tatsächlichen Ausgestaltung der Auftragsbeziehung etablierte Lockerung der Weisungsdichte ist bei Arbeitnehmern, die - wie der mit Entwicklungs- und Vertriebsaufgaben betraute Beigeladene zu 1) - Dienste höherer Art ausüben, nicht ungewöhnlich.
(4) Ob die Zusammenarbeit zwischen den an dem Auftragsverhältnis Beteiligten von dem (ursprünglichen) Willen eines der oder sogar beider Vertragsparteien getragen war, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, kann letztlich offenbleiben. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung nämlich nur zu, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff. juris Rdnr. 16). Nach diesen Maßstäben kommt einem etwaigen, auf die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses zielenden Willen der an dem Auftragsverhältnis beteiligten Personen schon deshalb keine Indizwirkung zu, weil überwiegende Gesichtspunkte zugunsten eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, a.a.O., § 7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).
ff) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der durch den Senat festgestellten, tatsächlich praktizierten Rechtsbeziehung, dass diese im gesamten Streitzeitraum im Wesentlichen der einer abhängigen Beschäftigung entsprach, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit stehen, nicht vorhanden waren.
gg) Das - entgeltliche (§ 14 Abs. 1 SGB IV) - Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) ist schließlich entgegen der Auffassung der Klägerin in Vollzug und auch nicht während seiner Dauer außer Vollzug gesetzt worden. Maßgeblich ist hierbei ausschließlich eine vorausschauende Betrachtung, da sich eine rückschauende Betrachtung nicht mit der im Sozialversicherungsrecht gebotenen Vorhersehbarkeit versicherungs- und beitragsrechtlicher Sachverhalte (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, Sozr 4-2400 § 7 Nr. 26 m.w.N.) verträgt.
Die Invollzugsetzung des Beschäftigungsverhältnisses ergibt sich bereits aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin. Im Bereich der Produkt- und Projektentwicklung wirkte der Beigeladene zu 1) an einer Vielzahl von Projekten mit (z.B. Adblue-Betankung, Befüllköpfe für Tankanlagen, zulassungsfreie Tanks zur Betankung von Motorsägen etc.), wobei die Geschäftsführung der Klägerin letztlich darüber entschied, welche von diesen Projekten weiterverfolgt werden sollten. Ohne Relevanz ist, dass diese Projekte nach dem Vorbringen der Klägerin für sie nicht zu messbaren wirtschaftlichen Erfolgen geführt haben sollen. Ein solcher war von dem Beigeladenen zu 1) vertraglich - wovon auch die Klägerin selbst ausgeht - ohnehin nicht geschuldet.
Im Bereich des Vertriebs war der Beigeladene zu 1) ebenfalls umfangreich für die Klägerin tätig. So bezeichnet sie ihn selbst als "erfolgreichen Verkäufer". Dies folgt zudem daraus, dass die in ihrem Namen abgeschlossenen Geschäfte, wie sie selbst einräumt, zu erheblichen Umsätzen führten, insbesondere in Bezug auf die Fa. N und die Fa. T. Die Geschäftsbeziehung zur Fa. N entwickelte sich in der Weise, dass die Fa. N zum Händler mit den zweithöchsten Umsätzen wurde. Ähnlich verhielt es sich in Bezug auf die Geschäftsbeziehung der Klägerin mit der Fa. T, die sich zum Händler mit den drittstärksten Umsätzen entwickelte. Unerheblich ist, dass der Kläger möglicherweise durch Beteiligungen an bzw. Rechtsbeziehungen zu diesen Unternehmern auf Händlerseite Ertragschancen wahrnahm. Darin liegende etwaige Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot gem. § 60 HGB und weitere von der Klägerin behauptete Vertragsverstöße führten nicht zur Unwirksamkeit des Vertragsverhältnisses der Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) oder dessen Außervollzugsetzung, sondern hätten die Klägerin lediglich zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen berechtigt, die sie indessen nicht ergriffen hat. So hat die Klägerin über mehrere Jahre die Geschäftsbeziehung zur Fa. N gekannt, sie aber trotz der von dem Beigeladenen zu 1) der Fa. N gewährten Rabatte nicht beanstandet und erst recht nicht eingestellt.
Soweit die Klägerin behauptet, der Beigeladene zu 1) habe im September 2006 die von ihm geschuldete Arbeitsleistung für sie überhaupt nicht erbracht, kann der Senat dahinstehen lassen, ob dies den Tatsachen entspricht. Die hierdurch gegebenenfalls eingetretene Unterbrechung wäre, weil sie nicht länger als einen Monat gedauert hätte, für das Beschäftigungsverhältnis unschädlich gewesen (§ 7 Abs. 3 SGB IV).
Es kann schließlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin während der Vertragsdurchführung über einen Zeitraum von ca. 7,5 Jahren die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als vertragsgemäß abnahm. Sie gab dies eindeutig dadurch zu erkennen, dass der ursprünglich befristete Vertrag verlängert und schließlich entfristet wurde und auch die Festbezüge zweimal erhöht und Sonderzahlungen gewährt wurden. Die von der Klägerin in der Rückschau vorgenommene davon abweichende Bewertung aufgrund von ihr behaupteter ständiger Vertragsverstöße des Beigeladenen zu 1) kann nach den oben dargestellten sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen keine andere Beurteilung als die des Senats rechtfertigen. Dies gilt erst recht für die behauptete Umsatzentwicklung nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 1).
c) Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung führen könnten, sind nicht ersichtlich.
d) Die Voraussetzungen eines späteren Beginns der Versicherungspflicht gem. § 7a Abs. 6 SGB IV liegen nicht vor. Die Antragstellung erfolgte nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit, die zum 1.2.2002 erfolgte, sondern erst am 16.9.2010, also ca. 8,5 Jahre später.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Streitwert ist gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz auf 5.000,00 Euro festzusetzen (vgl. Senat, Beschluss v. 12.4.2007, L 8 R 104/17 B, juris).
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