Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 877/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei einer Justizvollzugsanstalt handelt es sich um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung. 2. Unterbringungszeiten in unterschiedlichen stationären Einrichtungen sind jedenfalls dann zu addieren, wenn sie sich im wesentlichen nahtlos aneinander anschließen, ohne dass es auf die verschiedenen Zwecke der jeweiligen Unterbringung ankommt.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Der Kläger war vom 11. August 2005 bis zum 24. August 2005 zur stationären Therapie bei der ..., zur Behandlung seiner Drogenabhängigkeit untergebracht. Vom 24. August 2005 bis zum 10. Januar 2006 befand er sich in der Justizvollzugsanstalt ... in Haft. Zum 11. Januar 2006 meldete sich der Kläger beim Einwohnermeldeamt ... ab und meldete sich in ... neu an. Vom 11. Januar 2006 bis zum 28. Juni 2006 befand er sich erneut zur stationären Therapie bei der ...
Am 16. Januar 2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II.
Am gleichen Tag beantragte der Kläger beim Beigeladenen zu 2) Leistungen nach dem SGB XII.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 1. Februar 2006 ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen lägen nicht vor, weil der Kläger bereits seit dem 24. August 2005 und damit länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht sei.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 9. Februar 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 11. April 2006 als unbegründet zurückwies. Hiergegen richtet sich die am 27. April 2006 erhobene Klage.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 bewilligte der Beigeladene zu 2) dem Kläger Leistungen in Höhe von 90 EUR monatlich zu den Kosten der stationären Unterbringung bei der Drogenhilfe in ... für die Zeit vom 16. Januar 2006 bis zum Ende der Maßnahme. Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 machte der Beigeladene zu 2) bezüglich des dem Kläger bewilligten Betrages gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung geltend.
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2006 wurde das Job-Center des Landkreises ... beigeladen (Beigeladene zu 1). Dieses hatte dem Kläger mit Bescheid vom 13. Juli 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 29. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2006 gewährt.
Mit Beschluss vom 19. Januar 2007 wurde der Rems-Murr-Kreis – Landratsamt – als Träger der Sozialhilfe beigeladen (Beigeladener zu 2).
Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei einer Haftanstalt nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II a.F. handele. Um den von der Bundesagentur für Arbeit gewünschten Einbezug der Justizvollzugsanstalten in diese Regelung zu erreichen, sei es erst erforderlich gewesen, den Gesetzestext so zu ändern, wie es der Gesetzgeber jetzt den Bedürfnissen der Arbeitsagenturen folgend getan habe. Für alle Altfälle wie den vorliegenden gelte, dass eine Justizvollzugsanstalt keine stationäre Einrichtung sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Regelleistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 11. Januar 2006 bis zum 28. Juni 2006 zu zahlen.
hilfsweise, die Beigeladene zu 1) zu verurteilen, ihm Regelleistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 11. Januar 2006 bis zum 28. Juni 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass für Leistungen der Grundsicherung die Agentur für Arbeit zuständig sei, in deren Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Da der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in ... begründet habe, sei die Beklagte für ihn nicht mehr zuständig. Im Übrigen halte sie an ihrer Auffassung fest, dass es sich bei der Justizvollzugsanstalt um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. handele. Außerdem sei der Kläger seit dem 28. Juni 2006 im Nachsorgeprogramm einer Wohngruppe in ... untergebracht. Unabhängig von der Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Zeit der Strafhaft zu den Zeiten der vollstationären Drogentherapie zu addieren sei, dauere der stationäre Aufenthalt des Klägers damit in der vollstationären Drogentherapie ab dem 11. Januar 2006 länger als sechs Monate.
Hierzu trug der Kläger vor, dass es sich bei der Unterkunft in ... ab dem 28. Juni 2006 um eine Außenwohngruppe der Drogenhilfe ... handele. Dies sei jedoch keine Therapie. Die dort Wohnenden könnten vollumfänglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 2) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 ist rechtmäßig. Der Kläger hatte weder gegen die Beklagte noch gegen die Beigeladene zu 1) einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (dazu unter 1). Eine Verurteilung des Beigeladenen zu 2) kam nicht in Betracht, da dies nicht beantragt war (dazu unter 2).
1. Einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II steht – unabhängig von der Frage, ob die Beklagte oder die Beigeladene zu 1) gemäß § 36 SGB II örtlich zuständig ist – § 7 Abs. 4 SGB in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung entgegen. Danach erhält Leistungen nach dem SGB II unter anderem nicht, wer für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Dieser Anspruchsausschluss tritt ein, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Behörde bereits länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist oder voraussichtlich länger als sechs Monate untergebracht sein wird (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; SG Reutlingen, Urteil vom 09.01.2007, Az.: S 2 AS 2380/06; SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER; SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger war vom 11. August 2005 bis zum 28. Juni 2006 in stationärer Therapie beim Therapieverbund ... bzw. in der Justizvollzugsanstalt ... in Haft. Damit war er am 16. Januar 2006, dem Tag der Antragstellung bei der Beklagten, länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht. Es handelt sich bei einer Justizvollzugsanstalt nämlich um eine stationäre Einrichtung (dazu unter a); Zeiten der Inhaftierung dort sind mit denen in der stationären Therapie zusammenzurechnen (dazu unter b).
a) Bei einer Justizvollzugsanstalt handelt es sich – wie die erkennende Kammer in ständiger Rechtsprechung judiziert (Urteil vom 09.01.2007, Az.: S 2 AS 2380/06; Urteil vom 13.02.2007, Az.: S 2 AS 2004/06; Urteil vom 13.02.2007, Az.: S 2 AS 2006/06) – um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SBG II a.F. (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.07.2005, Az.: L 2 B 23/05 ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2005, Az.: L 9 B 260/05 SO ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.09.2006, Az.: L 19 B 416/06 AS ER; Bayerisches LSG, Urteil vom 29.09.2006, Az.: L 7 AS 130/06; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.10.2006, Az.: L 19 B 54/06 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.11.2006, Az.: L 29 B 804/06 AS ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2006, Az.: L 8 AS 4144/06 ER-B; SG Würzburg, Beschluss vom 29.03.2005, Az.: S 10 AS 27/05 ER; SG Schleswig, Beschluss vom 25.05.2005, Az.: S 3 AS 173/05 ER; SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER; SG Frankfurt, Beschluss vom 14.06.2006, Az.: S 55 SO 173/06 ER; SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER; SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER; SG Reutlingen, Urteil vom 09.01.2007, Az.: S 2 AS 2380/06; Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 7 Rn. 34; a.A. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 22.09.2005, Az.: L 8 AS 196/05 ER; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER [für die Untersuchungshaft]; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER; SG Konstanz, Beschluss vom 12.01.2006, Az.: S 5 AS 2/06 ER; SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05; anders jedenfalls für den Fall, dass der Betroffene Freigänger ist, auch SG Berlin, Beschluss vom 27.10.2005, Az.: S 94 AS 9350/05 ER; weitere Nachweise zum Streitstand bei SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER).
(1) Bereits der Wortlaut der Norm streitet hierfür (so auch SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER). Die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ist schon vom allgemeinen Sprachverständnis her ganz selbstverständlich eine stationäre Unterbringung und die Justizvollzugsanstalt eine Einrichtung (so bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER). Als stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. kann nämlich jede vollstationäre Einrichtung aufgefasst werden, in der der Einrichtungsträger von der Aufnahme bis zur Entlassung des Hilfebedürftigen die Gesamtverantwortung für dessen tägliche Lebensführung übernimmt und Gemeinschaftseinrichtungen vorhanden sind (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.09.2006, Az.: L 19 B 416/06 AS ER; jeweils im Anschluss an Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 7 Rn. 34; ferner etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 29.09.2006, Az.: L 7 AS 130/06).
(2) Das Ergebnis dieser grammatischen Auslegung zu § 7 Abs. 4 SGB II a.F. wird gestützt durch objektiv-teleologische Argumente, die ihrerseits auf einer subjektiv-teleologischen, letztlich also genetischen Auslegung des gesamten Gesetzeswerkes beruhen (vgl. auch SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER).
Leitender Gedanke der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende, die sich in der Schaffung des SGB II realisiert hat, war für den Gesetzgeber das Ziel, "die Eigeninitiative von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch schnelle und passgenaue Eingliederung in Arbeit" zu unterstützen (siehe die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Bundestags-Drucksache 15/1516, S. 2). Diese Zielsetzung prägt das gesamte Gesetzeswerk und findet in verschiedenen Normen ihren konkretisierenden Niederschlag. So bringt bereits der Name des Gesetzes zum Ausdruck, dass die Leistungsberechtigten arbeitsuchend seien müssen (vgl. auch SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER). Sodann macht etwa § 1 SGB II deutlich, dass das Gesetz auf die Integration Erwerbsfähiger in den Arbeitsmarkt ausgerichtet ist und nicht primär ein letztes Netz zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebens darstellt (Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 1 Rn. 4). Die gesetzgeberische Intention des "Förderns durch Fordern" hat sich in verschiedenen Normen (zum Beispiel in § 2 Abs. 1 sowie § 9 Abs. 1 SGB II) manifestiert, die Pflichten des "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen" statuieren; Personen, die keinen Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt haben, können von diesem Normappell a priori nicht erfasst werden (so bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER).
Entsprechend werden Personen, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zur Verfügung stehen, aus dem Kreis der Leistungsberechtigten herausgenommen. Dies gilt namentlich für Ausländer, soweit ihnen aufgrund ausländerrechtlicher Bestimmungen der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt ist (§ 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB II a.F.; vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Bundestags-Drucksache 15/1516, S. 52), und für Bezieher von Altersrente (§ 7 Abs. 4 SGB II); auch sie stehen dem allgemeinen Arbeitsmarkt (regelmäßig) nicht zur Verfügung, sondern sind endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden (vgl. Ausschussbericht auf Bundestags-Drucksache 15/1749, S. 31).
Diese Gesamtkonzeption des SGB II erhellt damit, dass Personen nicht leistungsberechtigt sind, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen (so auch SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER). Letzteres trifft für Personen, die zur Untersuchungshaft oder zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht sind, ersichtlich zu.
Für die Auslegung des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. ist also der Zweck des Leistungsausschlusses maßgebend. Auf den Zweck der Unterbringung kommt es hingegen nicht an (so aber LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER), weil dieser für den Leistungsausschluss, der nur an die Tatsache der Nichtverfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund einer stationären Unterbringung anknüpft, nicht aber an den Grund für diese Unterbringung, ohne jede Bedeutung ist.
(3) Die gegen dieses Auslegungsergebnis mit Blick auf verschiedene Normen des SGB XII bisweilen erhobenen systematischen Bedenken (siehe etwa LSG Niedersachsen, Beschluss vom 22.09.2005, Az.: L 8 AS 196/05 ER; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER; SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05) greifen nicht durch. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können "entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarf außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden." § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII definiert sodann stationäre Einrichtungen als Einrichtungen, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten. § 13 Abs. 2 SGB XII schließlich legt fest, dass Einrichtungen im Sinne des Abs. 1 alle Einrichtungen sind, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.
Angesichts dieser Legaldefinition gehen die Rechtsprechung und das Schrifttum in der Tat wohl übereinstimmend davon aus, dass Justizvollzugsanstalten nicht zu den Einrichtungen im Sinne des § 13 SGB XII gehören (siehe die Nachweise etwa bei LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; ferner Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf [Hrsg.], SGB XII, 2005, § 13 SGB XII Rn. 7).
Für die Auslegung des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. ist dies jedoch im Ergebnis ohne Belang. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass identische Termini im Recht – zumal im selben Gesetz oder im selben Rechtsgebiet – auch eine gleiche Bedeutung haben. Dieser Grundsatz gilt indes nicht ausnahmslos. Das prominenteste Beispiel für die Durchbrechung dieser interpretationsleitenden Vermutung zugunsten einer einheitlichen Bedeutung bildet der Begriff der "verfassungsmäßigen Ordnung", der in Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 2 GG und Art. 20 Abs. 3 GG aufgrund des unterschiedlichen Verwendungskontextes jeweils eine unterschiedliche Bedeutung hat (ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 6, 32 [37 f.]; vgl. im übrigen Murswiek, in: Sachs [Hrsg.], GG, 3. Aufl. 2003, Art. 2 Rn. 89; Höfling, ebenda, Art. 9 Rn. 44, sowie Herzog, in: Maunz/Dürig [Begr.], GG, Art. 20, Kapitel VI [1980] Rn. 9, jeweils mit weiteren Nachweisen insbesondere zur bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur); die gegen dieses Beispiel mit Blick auf die während der Beratungen des Parlamentarischen Rates obwaltenden Umstände, die einem Vergleich mit jüngeren Gesetzestexten entgegenstünden, erhobene Kritik der Beigeladenen zu 2) dürfte übrigens das heutige, kaum stringentere Gesetzgebungsverfahren verklären. Eine solche Durchbrechung eines einheitlichen Begriffsverständnisses ist insbesondere dann möglich – teilweise sogar notwendig –, wenn der fragliche Terminus in unterschiedlichen Kontexten Verwendung findet. Insofern erlangt der Umstand Bedeutung, dass im Sozialhilferecht des SGB XII – ebenso wie im früheren Sozialhilferecht des BSHG – der Gesichtspunkt der "Arbeitssuche" keine zentrale Bedeutung hat (siehe bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER). Spielt die Frage der Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt im Sozialhilferecht also keine Rolle und ist daher dieser Aspekt für die dortigen Regelungen und ihre Auslegung ohne Belang, ist dies aber bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende von Bedeutung, fehlt es an der gemeinsamen Basis für eine einheitliche Auslegung.
Daran ändert sich auch nichts dadurch (anders aber LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2005, Az.: L 9 B 260/05 SO ER; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER), dass im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens § 7 Abs. 4 SGB II a.F. in Abweichung von der Formulierung des ursprünglichen Gesetzentwurfes eine Fassung erhielt, die sich ausdrücklich an die Terminologie des § 36 Abs. 1 des Entwurfes eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (Bundestags-Drucksache 15/1514) – des heutigen § 35 Abs. 1 SGB XII – anlehnen sollte (vgl. Ausschussbericht auf Bundestags-Drucksache 15/1749, S. 31). Zwar ist die erkennende Kammer durchaus der Ansicht, dass einem entsprechend eindeutig bekundeten Willen des Gesetzgebers bei der Normdeutung auch gegen eine objektiv-teleologische Auslegung Wirkung zu verschaffen wäre; jedoch lässt sich dem zitierten entstehungsgeschichtlichen Dokument ein solcher, über den Wunsch nach einer einheitlichen Terminologie auch den materiellen Gehalt betreffender gesetzgeberischer Wille nicht entnehmen. Es heißt in dem Ausschussbericht nämlich lediglich, dass der "Sprachgebrauch" harmonisiert werden solle. Daher vermag dieser punktuelle genetische Befund die auf die Gesamtmotivation des Gesetzgebers gestützte Auslegung nicht zu erschüttern. Umgekehrt fällt vielmehr auf, dass der Gesetzgeber bei § 7 Abs. 4 SGB II a.F. auf eine – das reine Wortlautverständnis im übrigen einschränkende – Legaldefinition wie § 13 Abs. 2 SGB XII verzichtet hat. Dies kann nicht gleichsam automatisch dadurch umgangen werden, dass die dortige Legaldefinition von der Rechtsprechung auf den hiesigen Verwendungskontext übertragen wird (so aber im Ergebnis LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2005, Az.: L 9 B 260/05 SO ER; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; SG Konstanz, Beschluss vom 12.01.2006, Az.: S 5 AS 2/06 ER; SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05). Vielmehr bedarf es einer eigenständigen Auslegung des Begriffs bei § 7 Abs. 4 SGB II a.F. (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER; a.A. SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05).
(4) Keine Bedeutung hat für diese Auslegung allerdings die Entscheidung des Gesetzgebers, durch § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II n.F. mit Wirkung zum 1. August 2006 den Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung explizit dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung gleichzustellen (vgl. aber LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.10.2006, Az.: L 19 B 54/06 AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2006, Az.: L 8 AS 4144/06 ER-B; den gegenteiligen Schluss aus der Novellierung zieht LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06). Jedenfalls der jetzt handelnde 16. Deutsche Bundestag ist nicht in der Lage, das vom 15. Deutschen Bundestag erlassene Gesetz authentisch zu interpretieren und damit im Ergebnis (und zumal rückwirkend) bestimmen zu können, ob die inzwischen erfolgte Gesetzesänderung deklaratorische (darauf deutet die Tatsache der Novellierung als solche hin) oder konstitutive (dies legt der Wortlaut der Novellierung nahe; vgl. auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06) Bedeutung hat.
b) Aus der oben dargelegten Ratio des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. folgt ohne weiteres, dass die sich im wesentlichen nahtlos aneinander anschließenden Unterbringungszeiten in verschiedenen stationären Einrichtungen addiert werden müssen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; siehe bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER; im Anschluss daran SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER; ferner SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER; offen lassend LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; a.A. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER), ohne dass es – wie bereits oben dargelegt – auch insofern von Belang ist, dass beide Unterbringungen unterschiedlichen Zwecken dienen sollen (darauf aber stellen LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER, ab).
2. Ein Verurteilung des Beigeladenen zu 2) kam ungeachtet der Frage, ob der Kläger gegen ihn einen Anspruch auf Leistungen hatte, nicht in Betracht. Zwar kann gemäß § 75 Abs. 5 SGG ein Träger der Sozialhilfe nach Beiladung verurteilt werden. Jedoch gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren uneingeschränkt der Grundsatz ne ultra petita (BSG, Urteil vom 23.06.1998, Az.: B 4 RA 31/97 R), nach dem dem Kläger nicht etwas zugesprochen werden darf, was er nicht mit dem Klageantrag geltend gemacht hat (BSG, Urteil vom 01.12.1978, Az.: 10 RV 19/78). Es ist dem Gericht nicht erlaubt, über einen klar begrenzten Antrag hinauszugehen (BSG, Urteil vom 26.02.1986, Az.: 9a RVs 4/83). Diese Begrenzung auf das Klagebegehren gilt nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch in qualitativer Hinsicht – also bezüglich der Frage, wer verurteilt werden soll.
Allerdings braucht der Antrag auf Verurteilung eines Beigeladenen nicht ausdrücklich gestellt werden, sondern kann auch Resultat der vom Gericht geforderten sachgerechten Auslegung der Anträge (vgl. § 123 SGG) sein. Im vorliegenden Fall ist für eine Auslegung der Klageanträge des anwaltlich vertretenen Klägers indes kein Raum, weil dieser, nachdem die Beiladung des Sozialhilfeträgers erfolgt war und das Gericht anschließend ausdrücklich angefragt hatte, welche Anträge gestellt werden, lediglich die Verurteilung des Beklagten sowie hilfsweise der Beigeladenen zu 1) begehrt wurde. Konsequenterweise hat der Kläger sich den Ausführungen des Beigeladenen zu 2), dass es sich bei der Inhaftierung in einer Justizvollzugsanstalt nicht um eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung handelt, ausdrücklich angeschlossen, ohne sich das gegenteilige Vorbringen des Beklagten auch nur hilfsweise zu eigen zu machen. Ein solcher hilfsweiser Vortrag bezieht sich nur auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Leistungen nach dem SGB II, also des Beklagten und der Beigeladenen zu 1).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Der Kläger war vom 11. August 2005 bis zum 24. August 2005 zur stationären Therapie bei der ..., zur Behandlung seiner Drogenabhängigkeit untergebracht. Vom 24. August 2005 bis zum 10. Januar 2006 befand er sich in der Justizvollzugsanstalt ... in Haft. Zum 11. Januar 2006 meldete sich der Kläger beim Einwohnermeldeamt ... ab und meldete sich in ... neu an. Vom 11. Januar 2006 bis zum 28. Juni 2006 befand er sich erneut zur stationären Therapie bei der ...
Am 16. Januar 2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II.
Am gleichen Tag beantragte der Kläger beim Beigeladenen zu 2) Leistungen nach dem SGB XII.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 1. Februar 2006 ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen lägen nicht vor, weil der Kläger bereits seit dem 24. August 2005 und damit länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht sei.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 9. Februar 2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 11. April 2006 als unbegründet zurückwies. Hiergegen richtet sich die am 27. April 2006 erhobene Klage.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 bewilligte der Beigeladene zu 2) dem Kläger Leistungen in Höhe von 90 EUR monatlich zu den Kosten der stationären Unterbringung bei der Drogenhilfe in ... für die Zeit vom 16. Januar 2006 bis zum Ende der Maßnahme. Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 machte der Beigeladene zu 2) bezüglich des dem Kläger bewilligten Betrages gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung geltend.
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2006 wurde das Job-Center des Landkreises ... beigeladen (Beigeladene zu 1). Dieses hatte dem Kläger mit Bescheid vom 13. Juli 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 29. Juni 2006 bis zum 31. Dezember 2006 gewährt.
Mit Beschluss vom 19. Januar 2007 wurde der Rems-Murr-Kreis – Landratsamt – als Träger der Sozialhilfe beigeladen (Beigeladener zu 2).
Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei einer Haftanstalt nicht um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II a.F. handele. Um den von der Bundesagentur für Arbeit gewünschten Einbezug der Justizvollzugsanstalten in diese Regelung zu erreichen, sei es erst erforderlich gewesen, den Gesetzestext so zu ändern, wie es der Gesetzgeber jetzt den Bedürfnissen der Arbeitsagenturen folgend getan habe. Für alle Altfälle wie den vorliegenden gelte, dass eine Justizvollzugsanstalt keine stationäre Einrichtung sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Regelleistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 11. Januar 2006 bis zum 28. Juni 2006 zu zahlen.
hilfsweise, die Beigeladene zu 1) zu verurteilen, ihm Regelleistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 11. Januar 2006 bis zum 28. Juni 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass für Leistungen der Grundsicherung die Agentur für Arbeit zuständig sei, in deren Bezirk der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Da der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in ... begründet habe, sei die Beklagte für ihn nicht mehr zuständig. Im Übrigen halte sie an ihrer Auffassung fest, dass es sich bei der Justizvollzugsanstalt um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. handele. Außerdem sei der Kläger seit dem 28. Juni 2006 im Nachsorgeprogramm einer Wohngruppe in ... untergebracht. Unabhängig von der Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Zeit der Strafhaft zu den Zeiten der vollstationären Drogentherapie zu addieren sei, dauere der stationäre Aufenthalt des Klägers damit in der vollstationären Drogentherapie ab dem 11. Januar 2006 länger als sechs Monate.
Hierzu trug der Kläger vor, dass es sich bei der Unterkunft in ... ab dem 28. Juni 2006 um eine Außenwohngruppe der Drogenhilfe ... handele. Dies sei jedoch keine Therapie. Die dort Wohnenden könnten vollumfänglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 2) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2006 ist rechtmäßig. Der Kläger hatte weder gegen die Beklagte noch gegen die Beigeladene zu 1) einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (dazu unter 1). Eine Verurteilung des Beigeladenen zu 2) kam nicht in Betracht, da dies nicht beantragt war (dazu unter 2).
1. Einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II steht – unabhängig von der Frage, ob die Beklagte oder die Beigeladene zu 1) gemäß § 36 SGB II örtlich zuständig ist – § 7 Abs. 4 SGB in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung entgegen. Danach erhält Leistungen nach dem SGB II unter anderem nicht, wer für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Dieser Anspruchsausschluss tritt ein, wenn der Betroffene zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Behörde bereits länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist oder voraussichtlich länger als sechs Monate untergebracht sein wird (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; SG Reutlingen, Urteil vom 09.01.2007, Az.: S 2 AS 2380/06; SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER; SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger war vom 11. August 2005 bis zum 28. Juni 2006 in stationärer Therapie beim Therapieverbund ... bzw. in der Justizvollzugsanstalt ... in Haft. Damit war er am 16. Januar 2006, dem Tag der Antragstellung bei der Beklagten, länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht. Es handelt sich bei einer Justizvollzugsanstalt nämlich um eine stationäre Einrichtung (dazu unter a); Zeiten der Inhaftierung dort sind mit denen in der stationären Therapie zusammenzurechnen (dazu unter b).
a) Bei einer Justizvollzugsanstalt handelt es sich – wie die erkennende Kammer in ständiger Rechtsprechung judiziert (Urteil vom 09.01.2007, Az.: S 2 AS 2380/06; Urteil vom 13.02.2007, Az.: S 2 AS 2004/06; Urteil vom 13.02.2007, Az.: S 2 AS 2006/06) – um eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SBG II a.F. (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.07.2005, Az.: L 2 B 23/05 ER; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2005, Az.: L 9 B 260/05 SO ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.09.2006, Az.: L 19 B 416/06 AS ER; Bayerisches LSG, Urteil vom 29.09.2006, Az.: L 7 AS 130/06; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.10.2006, Az.: L 19 B 54/06 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.11.2006, Az.: L 29 B 804/06 AS ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2006, Az.: L 8 AS 4144/06 ER-B; SG Würzburg, Beschluss vom 29.03.2005, Az.: S 10 AS 27/05 ER; SG Schleswig, Beschluss vom 25.05.2005, Az.: S 3 AS 173/05 ER; SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER; SG Frankfurt, Beschluss vom 14.06.2006, Az.: S 55 SO 173/06 ER; SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER; SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER; SG Reutlingen, Urteil vom 09.01.2007, Az.: S 2 AS 2380/06; Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 7 Rn. 34; a.A. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 22.09.2005, Az.: L 8 AS 196/05 ER; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER [für die Untersuchungshaft]; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER; SG Konstanz, Beschluss vom 12.01.2006, Az.: S 5 AS 2/06 ER; SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05; anders jedenfalls für den Fall, dass der Betroffene Freigänger ist, auch SG Berlin, Beschluss vom 27.10.2005, Az.: S 94 AS 9350/05 ER; weitere Nachweise zum Streitstand bei SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER).
(1) Bereits der Wortlaut der Norm streitet hierfür (so auch SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER). Die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ist schon vom allgemeinen Sprachverständnis her ganz selbstverständlich eine stationäre Unterbringung und die Justizvollzugsanstalt eine Einrichtung (so bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER). Als stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. kann nämlich jede vollstationäre Einrichtung aufgefasst werden, in der der Einrichtungsträger von der Aufnahme bis zur Entlassung des Hilfebedürftigen die Gesamtverantwortung für dessen tägliche Lebensführung übernimmt und Gemeinschaftseinrichtungen vorhanden sind (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.09.2006, Az.: L 19 B 416/06 AS ER; jeweils im Anschluss an Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 7 Rn. 34; ferner etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 29.09.2006, Az.: L 7 AS 130/06).
(2) Das Ergebnis dieser grammatischen Auslegung zu § 7 Abs. 4 SGB II a.F. wird gestützt durch objektiv-teleologische Argumente, die ihrerseits auf einer subjektiv-teleologischen, letztlich also genetischen Auslegung des gesamten Gesetzeswerkes beruhen (vgl. auch SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER).
Leitender Gedanke der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende, die sich in der Schaffung des SGB II realisiert hat, war für den Gesetzgeber das Ziel, "die Eigeninitiative von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch schnelle und passgenaue Eingliederung in Arbeit" zu unterstützen (siehe die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Bundestags-Drucksache 15/1516, S. 2). Diese Zielsetzung prägt das gesamte Gesetzeswerk und findet in verschiedenen Normen ihren konkretisierenden Niederschlag. So bringt bereits der Name des Gesetzes zum Ausdruck, dass die Leistungsberechtigten arbeitsuchend seien müssen (vgl. auch SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER). Sodann macht etwa § 1 SGB II deutlich, dass das Gesetz auf die Integration Erwerbsfähiger in den Arbeitsmarkt ausgerichtet ist und nicht primär ein letztes Netz zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebens darstellt (Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2005, § 1 Rn. 4). Die gesetzgeberische Intention des "Förderns durch Fordern" hat sich in verschiedenen Normen (zum Beispiel in § 2 Abs. 1 sowie § 9 Abs. 1 SGB II) manifestiert, die Pflichten des "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen" statuieren; Personen, die keinen Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt haben, können von diesem Normappell a priori nicht erfasst werden (so bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER).
Entsprechend werden Personen, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zur Verfügung stehen, aus dem Kreis der Leistungsberechtigten herausgenommen. Dies gilt namentlich für Ausländer, soweit ihnen aufgrund ausländerrechtlicher Bestimmungen der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt ist (§ 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB II a.F.; vgl. dazu die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Bundestags-Drucksache 15/1516, S. 52), und für Bezieher von Altersrente (§ 7 Abs. 4 SGB II); auch sie stehen dem allgemeinen Arbeitsmarkt (regelmäßig) nicht zur Verfügung, sondern sind endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden (vgl. Ausschussbericht auf Bundestags-Drucksache 15/1749, S. 31).
Diese Gesamtkonzeption des SGB II erhellt damit, dass Personen nicht leistungsberechtigt sind, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen (so auch SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER). Letzteres trifft für Personen, die zur Untersuchungshaft oder zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht sind, ersichtlich zu.
Für die Auslegung des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. ist also der Zweck des Leistungsausschlusses maßgebend. Auf den Zweck der Unterbringung kommt es hingegen nicht an (so aber LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER), weil dieser für den Leistungsausschluss, der nur an die Tatsache der Nichtverfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund einer stationären Unterbringung anknüpft, nicht aber an den Grund für diese Unterbringung, ohne jede Bedeutung ist.
(3) Die gegen dieses Auslegungsergebnis mit Blick auf verschiedene Normen des SGB XII bisweilen erhobenen systematischen Bedenken (siehe etwa LSG Niedersachsen, Beschluss vom 22.09.2005, Az.: L 8 AS 196/05 ER; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER; SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05) greifen nicht durch. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können "entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarf außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden." § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII definiert sodann stationäre Einrichtungen als Einrichtungen, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten. § 13 Abs. 2 SGB XII schließlich legt fest, dass Einrichtungen im Sinne des Abs. 1 alle Einrichtungen sind, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.
Angesichts dieser Legaldefinition gehen die Rechtsprechung und das Schrifttum in der Tat wohl übereinstimmend davon aus, dass Justizvollzugsanstalten nicht zu den Einrichtungen im Sinne des § 13 SGB XII gehören (siehe die Nachweise etwa bei LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; ferner Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf [Hrsg.], SGB XII, 2005, § 13 SGB XII Rn. 7).
Für die Auslegung des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. ist dies jedoch im Ergebnis ohne Belang. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass identische Termini im Recht – zumal im selben Gesetz oder im selben Rechtsgebiet – auch eine gleiche Bedeutung haben. Dieser Grundsatz gilt indes nicht ausnahmslos. Das prominenteste Beispiel für die Durchbrechung dieser interpretationsleitenden Vermutung zugunsten einer einheitlichen Bedeutung bildet der Begriff der "verfassungsmäßigen Ordnung", der in Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 2 GG und Art. 20 Abs. 3 GG aufgrund des unterschiedlichen Verwendungskontextes jeweils eine unterschiedliche Bedeutung hat (ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 6, 32 [37 f.]; vgl. im übrigen Murswiek, in: Sachs [Hrsg.], GG, 3. Aufl. 2003, Art. 2 Rn. 89; Höfling, ebenda, Art. 9 Rn. 44, sowie Herzog, in: Maunz/Dürig [Begr.], GG, Art. 20, Kapitel VI [1980] Rn. 9, jeweils mit weiteren Nachweisen insbesondere zur bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur); die gegen dieses Beispiel mit Blick auf die während der Beratungen des Parlamentarischen Rates obwaltenden Umstände, die einem Vergleich mit jüngeren Gesetzestexten entgegenstünden, erhobene Kritik der Beigeladenen zu 2) dürfte übrigens das heutige, kaum stringentere Gesetzgebungsverfahren verklären. Eine solche Durchbrechung eines einheitlichen Begriffsverständnisses ist insbesondere dann möglich – teilweise sogar notwendig –, wenn der fragliche Terminus in unterschiedlichen Kontexten Verwendung findet. Insofern erlangt der Umstand Bedeutung, dass im Sozialhilferecht des SGB XII – ebenso wie im früheren Sozialhilferecht des BSHG – der Gesichtspunkt der "Arbeitssuche" keine zentrale Bedeutung hat (siehe bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER). Spielt die Frage der Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt im Sozialhilferecht also keine Rolle und ist daher dieser Aspekt für die dortigen Regelungen und ihre Auslegung ohne Belang, ist dies aber bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende von Bedeutung, fehlt es an der gemeinsamen Basis für eine einheitliche Auslegung.
Daran ändert sich auch nichts dadurch (anders aber LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2005, Az.: L 9 B 260/05 SO ER; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER), dass im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens § 7 Abs. 4 SGB II a.F. in Abweichung von der Formulierung des ursprünglichen Gesetzentwurfes eine Fassung erhielt, die sich ausdrücklich an die Terminologie des § 36 Abs. 1 des Entwurfes eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (Bundestags-Drucksache 15/1514) – des heutigen § 35 Abs. 1 SGB XII – anlehnen sollte (vgl. Ausschussbericht auf Bundestags-Drucksache 15/1749, S. 31). Zwar ist die erkennende Kammer durchaus der Ansicht, dass einem entsprechend eindeutig bekundeten Willen des Gesetzgebers bei der Normdeutung auch gegen eine objektiv-teleologische Auslegung Wirkung zu verschaffen wäre; jedoch lässt sich dem zitierten entstehungsgeschichtlichen Dokument ein solcher, über den Wunsch nach einer einheitlichen Terminologie auch den materiellen Gehalt betreffender gesetzgeberischer Wille nicht entnehmen. Es heißt in dem Ausschussbericht nämlich lediglich, dass der "Sprachgebrauch" harmonisiert werden solle. Daher vermag dieser punktuelle genetische Befund die auf die Gesamtmotivation des Gesetzgebers gestützte Auslegung nicht zu erschüttern. Umgekehrt fällt vielmehr auf, dass der Gesetzgeber bei § 7 Abs. 4 SGB II a.F. auf eine – das reine Wortlautverständnis im übrigen einschränkende – Legaldefinition wie § 13 Abs. 2 SGB XII verzichtet hat. Dies kann nicht gleichsam automatisch dadurch umgangen werden, dass die dortige Legaldefinition von der Rechtsprechung auf den hiesigen Verwendungskontext übertragen wird (so aber im Ergebnis LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2005, Az.: L 9 B 260/05 SO ER; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 07.03.2006, Az.: L 7 AS 423/05 ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; SG Konstanz, Beschluss vom 12.01.2006, Az.: S 5 AS 2/06 ER; SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05). Vielmehr bedarf es einer eigenständigen Auslegung des Begriffs bei § 7 Abs. 4 SGB II a.F. (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER; a.A. SG Darmstadt, Urteil vom 12.04.2006, Az.: S 12 AS 143/05).
(4) Keine Bedeutung hat für diese Auslegung allerdings die Entscheidung des Gesetzgebers, durch § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II n.F. mit Wirkung zum 1. August 2006 den Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung explizit dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung gleichzustellen (vgl. aber LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.10.2006, Az.: L 19 B 54/06 AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2006, Az.: L 8 AS 4144/06 ER-B; den gegenteiligen Schluss aus der Novellierung zieht LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06). Jedenfalls der jetzt handelnde 16. Deutsche Bundestag ist nicht in der Lage, das vom 15. Deutschen Bundestag erlassene Gesetz authentisch zu interpretieren und damit im Ergebnis (und zumal rückwirkend) bestimmen zu können, ob die inzwischen erfolgte Gesetzesänderung deklaratorische (darauf deutet die Tatsache der Novellierung als solche hin) oder konstitutive (dies legt der Wortlaut der Novellierung nahe; vgl. auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06) Bedeutung hat.
b) Aus der oben dargelegten Ratio des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 4 SGB II a.F. folgt ohne weiteres, dass die sich im wesentlichen nahtlos aneinander anschließenden Unterbringungszeiten in verschiedenen stationären Einrichtungen addiert werden müssen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2006, Az.: L 8 AS 1171/06 ER-B; siehe bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 01.03.2006, Az.: S 3 KR 330/06 ER; im Anschluss daran SG Dresden, Beschluss vom 28.07.2006, Az.: S 34 AS 1134/06 ER; ferner SG Reutlingen, Beschluss vom 26.06.2006, Az.: S 6 AS 2003/06 ER; offen lassend LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 7 AS 1128/06 ER-B; a.A. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER), ohne dass es – wie bereits oben dargelegt – auch insofern von Belang ist, dass beide Unterbringungen unterschiedlichen Zwecken dienen sollen (darauf aber stellen LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27.02.2007, Az.: L 8 B 101/06; SG Nürnberg, Beschluss vom 09.05.2005, Az.: S 20 SO 106/05 ER, ab).
2. Ein Verurteilung des Beigeladenen zu 2) kam ungeachtet der Frage, ob der Kläger gegen ihn einen Anspruch auf Leistungen hatte, nicht in Betracht. Zwar kann gemäß § 75 Abs. 5 SGG ein Träger der Sozialhilfe nach Beiladung verurteilt werden. Jedoch gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren uneingeschränkt der Grundsatz ne ultra petita (BSG, Urteil vom 23.06.1998, Az.: B 4 RA 31/97 R), nach dem dem Kläger nicht etwas zugesprochen werden darf, was er nicht mit dem Klageantrag geltend gemacht hat (BSG, Urteil vom 01.12.1978, Az.: 10 RV 19/78). Es ist dem Gericht nicht erlaubt, über einen klar begrenzten Antrag hinauszugehen (BSG, Urteil vom 26.02.1986, Az.: 9a RVs 4/83). Diese Begrenzung auf das Klagebegehren gilt nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch in qualitativer Hinsicht – also bezüglich der Frage, wer verurteilt werden soll.
Allerdings braucht der Antrag auf Verurteilung eines Beigeladenen nicht ausdrücklich gestellt werden, sondern kann auch Resultat der vom Gericht geforderten sachgerechten Auslegung der Anträge (vgl. § 123 SGG) sein. Im vorliegenden Fall ist für eine Auslegung der Klageanträge des anwaltlich vertretenen Klägers indes kein Raum, weil dieser, nachdem die Beiladung des Sozialhilfeträgers erfolgt war und das Gericht anschließend ausdrücklich angefragt hatte, welche Anträge gestellt werden, lediglich die Verurteilung des Beklagten sowie hilfsweise der Beigeladenen zu 1) begehrt wurde. Konsequenterweise hat der Kläger sich den Ausführungen des Beigeladenen zu 2), dass es sich bei der Inhaftierung in einer Justizvollzugsanstalt nicht um eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung handelt, ausdrücklich angeschlossen, ohne sich das gegenteilige Vorbringen des Beklagten auch nur hilfsweise zu eigen zu machen. Ein solcher hilfsweiser Vortrag bezieht sich nur auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Leistungen nach dem SGB II, also des Beklagten und der Beigeladenen zu 1).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
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