Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 943/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Das Bestehen einer Liebesbeziehung ist nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI zu widerlegen.
2.) Der Anwendungsbereich der Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI ist auch dann eröffnet, wenn sich Partner einer langjährigen Liebesbeziehung erst vor dem Hintergrund einer unmittelbaren Lebensgefährdung eines der Partner zu einer Heirat entschließen (im Ergebnis ebenso: LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06, NZS 2007, S. 321; SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht). Aus der Tatsache, dass vor der Eheschließung eine langjährige Liebesbeziehung und eheähnliche Lebensgemeinschaft bestand, kann daher nicht ohne weiteres die Widerlegung der gesetzlichen Vermutungsregelung abgeleitet werden (in diese Richtung LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 31.01.2007, Az.: L 16 R 487/06).
2.) Der Anwendungsbereich der Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI ist auch dann eröffnet, wenn sich Partner einer langjährigen Liebesbeziehung erst vor dem Hintergrund einer unmittelbaren Lebensgefährdung eines der Partner zu einer Heirat entschließen (im Ergebnis ebenso: LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06, NZS 2007, S. 321; SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht). Aus der Tatsache, dass vor der Eheschließung eine langjährige Liebesbeziehung und eheähnliche Lebensgemeinschaft bestand, kann daher nicht ohne weiteres die Widerlegung der gesetzlichen Vermutungsregelung abgeleitet werden (in diese Richtung LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 31.01.2007, Az.: L 16 R 487/06).
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente. Umstritten ist insbesondere, ob der Anspruch deswegen ausgeschlossen ist, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
Die am ... geborene Klägerin lebte nach eigenen Angaben seit April 2002 mit dem am ... geborenen ... in einer eheähnlichen Gemeinschaft.
Am 16.04.2004 schlossen die Klägerin und ... die Ehe.
Am 26.06.2004 verstarb Herr ... (Bl. 8 der Verwaltungsakte).
Mit formlosem Schreiben vom 14.07.2004, welches bei der Beklagten am 16.07.2004 einging, beantragte die Klägerin die Gewährung einer Witwenrente. Mit einem Formularvordruck der Beklagten beantragte die Klägerin am 21.09.2004 erneut die Gewährung einer Witwenrente.
Mit Schreiben vom 29.10.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass kein Anspruch auf Witwenrente bestehe, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Ein Rentenanspruch könne in einem solchen Fall nur entstehen, wenn nachgewiesen sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung war. Die Beklagte bat die Klägerin um Stellungnahme und insbesondere um Vorlage entsprechender Nachweise, wie beispielsweise ärztlicher Bescheinigungen (Bl. 13 d. Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 08.11.2004 teilte die Klägerin mit, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht in der Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung bestanden habe. Die Klägerin kündigte an ärztliche Bescheinigungen vorzulegen (Bl. 14 d. Verwaltungsakte).
Mit Schriftsatz vom 04.03.2005 ließ die Klägerin weiterhin vortragen, sie habe ihren Ehemann Anfang 2002 kennengelernt. Es sei eine sehr enge Beziehung gewesen. Als sie im April 2002 mit ihren Ehemann zusammengezogen sei, habe sie nur gewusst, dass ihr Mann im Jahr 2000 eine Tumoroperation gehabt habe, nicht aber ob und inwieweit ihr Mann geheilt sei. Dies sei kein Thema gewesen. Es habe sich um eine Liebesbeziehung gehandelt. Herr ... habe sie im September 2003 gebeten, sie zu heiraten. Im Hinblick auf eine dann laufende Behandlung sei der Hochzeitstermin zunächst hinausgeschoben und dann sei der 16.04.2004 als Eheschlusstermin festgesetzt und dort geheiratet worden. Zweck der Heirat sei es gewesen, die besondere Verbundenheit zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann nach außen hin zu dokumentieren, nicht etwa eine Versorgung. Nebengesichtspunkt sei es gewesen, dass es für die Klägerin wichtig gewesen sei, die Behandlung ihres Mannes zu begleiten. Aufgrund der Eheschließung habe sie zusätzlich dann als Ehefrau eine stärkere Vertrauensstellung gegenüber den behandelnden Ärzten gehabt. Zum Zeitpunkt der Heirat sei die rasche Entwicklung der Krankheit nicht vorhersehbar gewesen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung am 16.04.2004 sei den Eheleuten nicht klar gewesen, dass der Hirntumor einen tödlichen Verlauf nehmen würde. Dies sei Ihnen erst in einem gemeinsamen Gespräch Ende April 2004 mitgeteilt worden. Anlass des Gespräches sei es gewesen, dass Herr ... vorher intensive Chemotherapie erhalten habe, um das Wachsen des Tumors zu behindern bzw. zu verlangsamen. Ende April 2004 habe man aufgrund der entnommenen Gewebsflüssigkeit festgestellt, dass eine Behandlung durch Chemotherapie keine Erfolgsaussichten mehr hatte (Bl. 17 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.03.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Witwenrente ab (Bl. 18 d. Verwaltungsakte).
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 08.04.2005 Widerspruch. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass die Beklagte sich in ihrem Ablehnungsbescheid überhaupt nicht mit ihrem Vortrag auseinandergesetzt habe (Bl. 28 d. Verwaltungsakte).
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens befragte die Beklagte PD Dr ... nach dem genauen Krankheitsverlauf des verstorbenen Herrn ... Mit Schreiben vom 18.11.2005 teilte PD Dr ... hieraufhin mit, Herr ... habe sich seit Juni 2000 wegen eines Glioblastoms (= ein höchst bösartiger und schnell wachsender primärer Hirntumor) in Behandlung des Universitätsklinikums befunden. Beim Glioblastom handle es sich um einen bösartigen Hirntumor, die mittlere Überlebenszeit betrage statistisch weniger als 1 Jahr. Dennoch sei ein langes tumorfreies Überleben bei einzelnen Patienten möglich, die Wahrscheinlichkeit für einen derartig günstigen Verlauf liege jedoch unter 5 %. Herr ... sei nach einer auswärts erfolgten Operation mit einer adjuvanten Chemotherapie behandelt worden, die im Dezember 2000 abgeschlossen wurde. Zusätzlich habe er im August/September 2000 eine Strahlentherapie erhalten. Seit Abschluss der Primärtherapie im Dezember 2000 bis September 2003 sei bei regelmäßigen Verlaufskontrollen kein neues Tumorwachstum nachweisbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Möglichkeit eines langfristigen, möglicherweise dauerhaften tumorfreien Überlebens gegeben gewesen. Im September 2003 sei bei einer Verlaufskontrolle ein Tumorprogress festgestellt worden, daraufhin sei eine Chemotherapie mit Temozolomid begonnen worden. Im Rahmen des Beginns dieser Chemotherapie und der regelmäßigen Verlaufskontrolle seien Herr ... und die Klägerin mehrfach ausführlich über die Erkrankung und die insgesamt ungünstige Prognose informiert worden, wie es Standard bei einer derart eingreifenden Therapie sei. Da die Therapie zu einem zumindest teilweisen Ansprechen geführt habe, sei jedoch auch die Möglichkeit eines längerfristigen Überlebens noch möglich gewesen und dies sei auch so kommuniziert worden. Im Februar 2004 sei ein erneuter Tumorprogress festgestellt worden, zu dessen Behandlung zunächst eine erneute Strahlentherapie erfolgt sei. Wegen eines weiteren Wachstums außerhalb des Strahlenfeldes habe dann im März 2004 die Chemotherapie mit Temodal abgebrochen werden müssen. Es sei dann nach ausführlicher Erörterung der begrenzten Therapiemöglichkeiten in dieser Situation mit Herrn und Frau ... nochmals der Versuch einer Chemotherapie mit ACNU und VM 26 unternommen worden. Kurz nach Beginn dieser Therapie sei der Heiratstag der Eheleute ... gewesen. Kurz darauf, am 30.04.2004 musste bei einer erneuten Verlaufskontrolle ein weiteres, rasches Tumorwachstum festgestellt werden, daraufhin sei die Chemotherapie abgebrochen worden und es sei lediglich noch eine palliative Therapie (= lindernde Behandlung im Gegensatz zur kurativen - heilenden - oder prophylaktischen - vorbeugenden - Behandlung) der Hirndrucksymptomatik erfolgt. Zusammengefasst sei Herr ... selbst sicher schon seit der Primärtherapie der Erkrankung im Jahr 2000 über die Schwere seiner Krankheit informiert gewesen. Angesichts des Verlaufs mit mehrfachen Rezidiven und nachfolgend entsprechenden Therapien sei sicher zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits für Herrn ... und die Klägerin deutlich gewesen, dass die Prognose ungünstig sei. Jedoch sei das definitive Versagen der Therapie zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestellt worden (Bl. 36 d. Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führt die Beklagte aus, ein Anspruch auf Witwenrente sei ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Dabei werde kraft Gesetztes eine sogenannte "Versorgungsehe" dann unterstellt, wenn es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen. Die gesetzliche Vermutung könne jedoch widerlegt werden. Die objektive Beweislast für die Widerlegung der vom Rentenversicherungsträger festgestellten "Versorgungsehe" liege jedoch beim Hinterbliebenen. Besondere Umstände, die gegen eine "Versorgungsehe" sprechen könnten, seien z. B. der Tod eines Ehegatten durch Unfall oder Verbrechen oder sonstige plötzliche unvorhersehbare Ereignisse. Der Ehegatte der Klägerin sei nicht durch einen Unfall, sondern durch eine seit längerem bekannte Krankheit verstorben. Die Schwere der Krankheit und die schlechte Prognose seien bekannt gewesen. Auch die Stellungnahme des behandelnden Arztes, der mitgeteilt habe, dass die insgesamt ungünstige Prognose vor der Eheschließung bekannt gewesen sei, deute darauf hin, dass das Ziel der Eheschließung die Versorgung der Klägerin war (Bl. 48 der Verwaltungsakte).
Hiergegen richtet sich die am 09.03.2006 beim Sozialgericht Reutlingen erhobene Klage. Ergänzend zum Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt die Klägerin zur Begründung ihrer Klage vor, nach dem Attest der Universitätsklinik ... vom 18.11.2005 sei der schnelle und tödliche Verlauf der Erkrankung zum Zeitpunkt der Heirat am 16.04.2004 nicht erkennbar gewesen. Erst etwa 14 Tage später, nämlich am 30.04.2004, sei bei einer erneuten Verlaufskontrolle ein weiteres, rasches Tumorwachstum festgestellt worden. Weiterhin sei zunächst einmal unklar bzw. nicht wahrscheinlich, dass der Kläger an der Tumorerkrankung verstorben sei. Die Klägerin legte hierzu Berichte von Dr ... vom 03.05.2004, der Klinik ... vom 19.05.2004 sowie 24.06.2004 und ein undatiertes und nicht unterschriebenes Schreiben der ...-Stiftung ( ...) vor. In letzterem wird vermutet, dass der Kläger an einer Magenblutung verstorben sei (Bl. 22 bis 30 der Gerichtsakte). Darüber hinaus trug die Klägerin - unter Bezugnahme auf ein Urteil des Sozialgerichtes Würzburg vor - ein Indiz dafür, dass die Eheschließung nicht aus Versorgungsgründen geschlossen worden sei, sei in der Tatsache zu sehen, dass sich die Klägerin selbst wirtschaftlich versorgen könne. Die Klägerin habe im April 2002 mit der Tochter und Herrn ... ein altes Bauernhaus angemietet und damals Monatseinnahmen von 1.475,00 EUR bezogen, sodass sie sich selbst und ihre Tochter versorgen konnte und nicht auf die Versorgung durch den verstorbenen Ehemann angewiesen gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2006 zu verurteilen, der Klägerin eine große Witwenrente ab dem 26.06.2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an der getroffenen Entscheidung fest. Zur Klageerwiderung trägt die Beklagte vor, dass bei Herrn ... im September 2003 bei einer Verlaufskontrolle ein Tumorprogress festgestellt worden sei und sowohl Herr ... als auch die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mehrfach ausführlich über die Erkrankung und die insgesamt ungünstige Prognose informiert worden seien. Genau zu diesem Zeitpunkt, nämlich im September 2003, habe der verstorbene Herr ... der Klägerin einen Heiratsantrag gemacht, d. h. das Ehepaar ... habe nach Bekanntgabe der potentiell lebensbedrohlichen Erkrankung bzw. deren Verschlechterung, aus diesem Anlass heraus eine Legalisation der bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft angestrebt. Dass eine intensive persönliche Beziehung zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann bestanden habe, werde nicht in Frage gestellt. Auf den von der Klägerin im Gerichtsverfahren vorgelegten Arztbriefen gehe jedoch eindeutig hervor, dass sich der Gesundheitszustand aufgrund der vorliegenden Tumorerkrankung deutlich verschlechtert habe und Herr ... in präfinalem Zustand in das Hospiz ... in ... verlegt worden sei. Insofern könne die Argumentation, dass es nicht wahrscheinlich sein solle, dass Herr ... an einer Tumorerkrankung verstorben sei, nicht nachvollzogen werden. Bei der Frage, ob eine Versorgungsehe vorliege, gehe es um die medizinische Prognose bei Eheschließung, d.h. ob die tödlichen Folgen einer Krankheit zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht vorhersehbar waren. Weiterhin führte die Beklagte aus, dass die Klägerin in jedem Fall einen wirtschaftlichen Vorteil durch den Bezug einer Witwenrente genieße. Dies sei letztendlich maßgebend bei der Frage, ob eine Versorgungsehe geschlossen wurde oder nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist abzuweisen, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
I.
Die form- und fristgerecht beim sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Reutlingen erhobene Klage ist zulässig.
II.
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Witwenrente zu. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt.
1.)
Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Witwenrente bestimmt § 46 Sechstes Buch Sozialgesetbuch (SGB VI). Einem Anspruch der Klägerin auf eine Witwenrente steht vorliegend § 46 Abs.2 a SGB VI entgegen. Gem. § 46 Abs. 2 a SGB VI haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die mit Wirkung zum 01.01.2002 eingeführte Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI entspricht den Regelungen im Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII), des Bundesversorgungsgesetzes (§ 38 Abs.2 BVG) sowie § 19 Abs. 1 ... 2 Nr. 1 Beamtenversorgungsgesetz.
Die am 16.04.2004 geschlossene Ehe zwischen der Klägerin und Herrn ... hat nicht mindestens ein Jahr gedauert, da Herr ... am 26.06.2004 verstarb. Damit ist grundsätzlich der Anspruch auf Witwenrente gem. des Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI ausgeschlossen. Die hierin vom Gesetzgeber bestimmte Anknüpfung an die Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod eines Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Die Vermutung ergibt sich daher aus den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 a SGB VI und bedarf keiner weiteren Untermauerung durch den zu beurteilenden Lebenssacheverhalt (vgl. zu § 65 Abs. 6 SGB VII: LSG Rheinland - Pfalz, Urteil vom 04.05.2004, Az.: L 3 U 72/02). Es ist daher nicht erforderlich, dass der Sachverhalt für eine Versorgungsabsicht spricht, vielmehr obliegt es der Klägerin die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Die Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen (BT-Drucks 14/4595 S 44). In der Gesetzesbegründung wird als ein solcher Umstand beispielhaft ein Unfalltod eines Ehepartners genannt.
Grundsätzlich ist zur gesetzlichen Regelung anzumerken, dass die hinter einer Eheschließung vermutete Absicht, den anderen Ehepartner versorgt zu wissen, ein legitimes Ziels zweier Menschen darstellt und keinesfalls in irgendeiner Form kritikwürdig ist (SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht). Zudem dürfte diese Motivation in unterschiedlicher Ausprägung bei nahezu allen Eheschließungen eine Rolle spielen. Dies ändert jedoch nichts an der - wertungsfreien - gesetzgeberischen Entscheidung, bei einem Todesfall innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung den Versorgungsgedanken als Kernmotiv der Heirat zu vermuten. Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe verfolgt gerade den Zweck, den Leistungsträger von faktisch nicht leistbaren Ausforschungen im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Dies gilt auch für die Widerlegung der Rechtsvermutung, so dass die außerhalb der Intimsphäre liegenden objektiven Umstände in einer typisierenden Betrachtungsweise zur Beurteilung heranzuziehen sind (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 46 SGB VI, Rn. 46 c).
Zunächst ist demnach bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr entsprechend der gesetzlichen Vermutung vom Vorliegen einer Versorgungsehe auszugehen. Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalles nicht genügend beweiskräftige objektive Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen, verbleibt es bei dieser Annahme einer Versorgungsehe. Die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, trägt derjenige, der den Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente geltend macht, hier also die Klägerin (BSGE 30, 278 = SozR Nr 84 zu § 128 SGG). Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§ 202 SGG, 292 ZPO den vollen Beweis des Gegenteils (BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06). Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06). Die Tatsache ist dann bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06, m.w.N.).
Vorliegend vermochte die Klägerin die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht zur vollen Überzeugung der Kammer zu widerlegen. Unter Abwägung aller vorgetragenen Aspekte sind für die Kammer zwar durchaus nachvollziehbare Motive außerhalb der Versorgung der Klägerin zu erkennen, allerdings nicht in einem Umfang, die geeignet sind die gesetzliche Vermutung evident zu widerlegen.
Zunächst ist anzumerken, dass die Kammer, in Anbetracht des emotionalen und überzeugenden Vortrages der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, keinerlei Zweifel daran hat, dass zwischen der Klägerin und Herrn ... eine intensive Liebesbeziehung bestand. Allerdings ist das Bestehen einer Liebesbeziehung nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI zu widerlegen. Dies bereits deshalb nicht, da das Bestehen einer Liebensbeziehung nicht zwangsläufig in einer Ehe einmünden muss (LSG für das Saarland, Urteil vom 26.09.2000, Az.: L 2 U 54/98 zur Regelung des § 65 Abs. 6 SGB VII, Juris). Das Bestehen einer intensiven Liebensbeziehung wäre nur dann geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, wenn der Gesetzgeber mit der Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI nur Fallkonstellationen erfassen wollte, in denen nicht emotional verbundene Personen in bewusster Kenntnis des nahen Todes des Versicherten, eine Ehe eingehen, deren ausschließliches Ziel die Erlangung einer Rente für den Überlebenden ist. Damit wäre der Anwendungsbereich jedoch auf verschwindend wenige Ausnahmefälle beschränkt. Derartig eng kann die gesetzliche Regelung jedoch nicht verstanden werden. Weder der Wortlaut der gesetzlichen Regelung noch die Gesetzesbegründung rechtfertigen eine derartige Auslegung. Zur Überzeugung der Kammer ist der Anwendungsbereich der Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI daher grundsätzlich auch dann eröffnet, wenn sich Partner einer langjährigen Liebesbeziehung erst vor dem Hintergrund einer unmittelbaren Lebensgefährdung eines der Partner zu einer Heirat entschließen (im Ergebnis ebenso: LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06, NZS 2007, ... 321; SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht). Aus der Tatsache, dass vor der Eheschließung eine langjährige Liebesbeziehung und eheähnliche Lebensgemeinschaft bestand, kann daher nicht ohne weiteres die Widerlegung der gesetzlichen Vermutungsregelung abgeleitet werden (in diese Richtung aber LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 31.01.2007, Az.: L 16 R 487/06).
Es kommt vielmehr auch in solchen Fällen darauf an, ob die weiteren besonderen Umstände des Einzelfalls einen Schluss auf den Zweck der Heirat zulassen, die auf einen von einer Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Erforderlich ist daher der Nachweis, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Eheschließenden der Zweck, dem anderen eine Versorgung zu verschaffen, keine maßgebliche Bedeutung hatte (vgl. Hessischer VG, Beschluss vom 16.02.2007, Az.: 1 ZU 1948/06, m. w. N.). Gegen eine Versorgungsehe spricht beispielsweise, wenn der Tod zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorhersehbar war, z.B. weil dieser durch Unfall, Verbrechen oder eine plötzliche Erkrankung eintrat. Weiterhin ist die gesetzliche Vermutung widerlegt, wenn bereits vor dem Eintritt einer möglicherweise tödlichen Erkrankung eine feste und konkretisierte Heiratsabsicht nachweisbar bestand oder wenn nach ihrem Recht in Deutschland kirchlich getraute Ausländer, die jahrelang als Eheleute zusammen gelebt und gemeinsame Kinder haben, vor einem deutschen Standesbeamten vor einem unfallbedingten Tod heiraten (vgl. KassKomm., § 65 Rn 15 ff, § 46 Rn 46 a ff, m. w. N.). Zur inhaltsgleichen Regelung des § 38 Abs. 2 BVG hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Rechtsvermutung einer sogenannten Versorgungsehe in der Regel als widerlegt gilt, wenn ein Beschädigter heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen und dessen Ableben bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist (BSG, Urteil vom 03.09.1986, AZ.: 9a RV 8/84, Juris). Der Hessische VGH sowie der Bayerische VGH haben zur ebenfalls inhaltsgleichen Regelung des § 19 Abs. 1 ... 2 BeamtVG entschieden, dass die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung in aller Regel nicht in Betracht kommt, wenn der lebensbedrohende Charakter der Erkrankung des verstorbenen Ehepartners im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt war, es sei denn, die Heirat stellt sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses dar (Hessischer VG, Beschluss vom 16.02.2007, Az.: 1 ZU 1948/06; Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.12.1998, Az.: 3 B 95.3050). Hierzu ist anzumerken, dass noch nicht hinreichend konkretisierte Heiratspläne gerade nicht ausreichend sind, so dass lediglich abstrakte Hochzeitspläne, beispielsweise ohne definitiven Heiratstermin und ohne entsprechende Vorbereitungen, nicht ausreichen (vgl. SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht).
Vorliegend ist keiner der zuvor beispielhaft genannten Umstände, die die gesetzliche Vermutung widerlegen könnten, einschlägig. Vielmehr stellt sich der Geschehensablauf so dar, dass die Heirat gerade nach Entdeckung des Tumorrezidivs im September 2003 und damit nach erneutem Auftreten einer schwerwiegenden und lebensbedrohenden Erkrankung in die Wege geleitet wurde. Wie sich aus dem Arztbrief PD Dr ... vom 18.11.2005 ergibt wurde bei Herrn ... im September 2003 bei einer Verlaufskontrolle ein Tumorprogress festgestellt und eine Chemotherapie mit Temozolomid begonnen. Im Rahmen des Beginns dieser Chemotherapie und der regelmäßigen Verlaufskontrolle sind Herr ... und die Klägerin mehrfach ausführlich über die Erkrankung und die insgesamt ungünstige Prognose informiert worden. Gerade in diesen Zeitraum fallen jedoch der Heiratsantrag und die konkretisierten Heiratspläne. Eine bereits zuvor bestehende definitive Heiratsplanung ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der konkrete Entschluss zu Heiraten ist daher zu einem Zeitpunkt gefasst worden, in dem aus objektiver Sicht bekannt war, dass bei Herrn ... eine schwerwiegende und lebensbedrohliche Erkrankung besteht, die in absehbarer Zeit zu dessen Tod führen kann. Zwar hat die Klägerin für die Kammer in der mündlichen Verhandlung absolut glaubhaft angegeben, dass sowohl sie als auch insbesondere Herr ... zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung zuversichtlich waren und niemals aufgaben. Ausschlaggebend ist jedoch allein, dass hier zum maßgebliche Zeitpunkt des konkreten Heiratsentschlusses die objektiv gegebene lebensbedrohliche Erkrankung beiden bekannt war. Eine irgendwie geartete Gewissheit über die einem Partner verbleibende Lebensdauer ist nicht erforderlich und diese kann letztendlich ohnehin niemals mit Sicherheit prognostiziert werden.
Soweit von der Klägerin als Grund für die Eheschließung angegeben wurde, dass hierdurch der Klägerin weitergehende Rechte im Rahmen der anstehenden Behandlungen gesichert werden sollte, stellt dies durchaus ein nachvollziehbares und außerhalb der Versorgungsabsicht liegendes Motiv dar. Allerdings ist dieses Motiv für sich allein genommen nach Ansicht der Kammer in der vorliegenden Konstellation nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Hierbei ist zu bedenken, dass diese Motivation - würde man sie ohne weitere Anforderungen zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung genügen lassen - die gesetzliche Vermutung faktisch leer laufen ließe, da die Vermutungsregelung gerade auf Fallgestaltung abzielt, in denen einer der Ehepartner schwer erkrankt ist. Nach Ansicht der Kammer ist die gesetzliche Vermutung daher nur dann widerlegt, wenn eine Erkrankung vorliegt, die nicht die konkrete Gefahr eines absehbaren Todesfalles beinhaltet. Wie bereits dargelegt, wurde die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe vom Bundessozialgericht in der Regel als widerlegt angesehen, wenn ein Beschädigter heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen und dessen Ableben bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist, mithin die Ehe, wie es ihrem Wesen entspricht, auf unbegrenzte Zeit geschlossen wurde (BSG, a.a.O). Nach Ansicht der Kammer könnte daher die Sicherung von Mitspracherechten im Rahmen einer anstehenden Behandlung - ungeachtet der Frage, inwieweit dieses Ziel auch ohne Heirat zu erreichen wäre - dann zur Widerlegung der Versorgungsabsicht dienen, wenn eine schwerwiegende, aber nicht konkret lebensbedrohliche Krankheit besteht. Hiervon kann jedoch - wie oben dargelegt - vorliegend nicht ausgegangen werden, da objektiv eine lebensbedrohende Erkrankung bestand, die den Tod Herrn ... in absehbarer Zeit jedenfalls möglich erscheinen ließ.
Zuletzt vermochte die Kammer dem Vortrag der Klägerin, sie sei auf die Versorgung wirtschaftlich nicht angewiesen gewesen, nicht zu folgen. Hierzu ist anzumerken, dass innerhalb der Rechtsprechung umstritten ist, inwieweit eine bestehende eigene Versorgung der Witwe zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung tauglich ist (als taugliches Widerlegungskriterium akzeptiert von SG Chemitz, Urteil vom 13.10.2005, Az.: S 14 KN 129/03; SG Würzburg, Urteil vom 15.09.2004, Az.: S 8 RJ 697/02; SG Koblenz, Urteil vom 14.09.2005, Az.: S 6 KNR 16/05; a.A. hingegen: SG Lübeck, Urteil vom 26.01.2006, Az.: S 7 RA 320/03; LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 17.05.2006, Az.: L 17 R 2024/05; jeweils veröffentlich in Juris). Diese Frage muss von der Kammer allerdings nicht entschieden werden, da gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin über eine ausreichende eigene Versorgung verfügt. Dies wird bereits dadurch widerlegt, dass die Klägerin im Rahmen des vorliegenden PKH - Verfahrens selbst angab sich in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen zu befinden (Bl. 15 der Gerichtsakte). Soweit vorgetragen wurde, die Klägerin habe zu Lebzeiten Herrn ...s über ausreichendes Einkommen verfügt, kann hierauf nicht abgestellt werden, da allenfalls die auch nach dem Tod eines Lebenspartners gesicherte Versorgung des überlebenden Partners, eine Indizfunktion haben kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
2.) Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente. Umstritten ist insbesondere, ob der Anspruch deswegen ausgeschlossen ist, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
Die am ... geborene Klägerin lebte nach eigenen Angaben seit April 2002 mit dem am ... geborenen ... in einer eheähnlichen Gemeinschaft.
Am 16.04.2004 schlossen die Klägerin und ... die Ehe.
Am 26.06.2004 verstarb Herr ... (Bl. 8 der Verwaltungsakte).
Mit formlosem Schreiben vom 14.07.2004, welches bei der Beklagten am 16.07.2004 einging, beantragte die Klägerin die Gewährung einer Witwenrente. Mit einem Formularvordruck der Beklagten beantragte die Klägerin am 21.09.2004 erneut die Gewährung einer Witwenrente.
Mit Schreiben vom 29.10.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass kein Anspruch auf Witwenrente bestehe, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Ein Rentenanspruch könne in einem solchen Fall nur entstehen, wenn nachgewiesen sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung war. Die Beklagte bat die Klägerin um Stellungnahme und insbesondere um Vorlage entsprechender Nachweise, wie beispielsweise ärztlicher Bescheinigungen (Bl. 13 d. Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 08.11.2004 teilte die Klägerin mit, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht in der Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung bestanden habe. Die Klägerin kündigte an ärztliche Bescheinigungen vorzulegen (Bl. 14 d. Verwaltungsakte).
Mit Schriftsatz vom 04.03.2005 ließ die Klägerin weiterhin vortragen, sie habe ihren Ehemann Anfang 2002 kennengelernt. Es sei eine sehr enge Beziehung gewesen. Als sie im April 2002 mit ihren Ehemann zusammengezogen sei, habe sie nur gewusst, dass ihr Mann im Jahr 2000 eine Tumoroperation gehabt habe, nicht aber ob und inwieweit ihr Mann geheilt sei. Dies sei kein Thema gewesen. Es habe sich um eine Liebesbeziehung gehandelt. Herr ... habe sie im September 2003 gebeten, sie zu heiraten. Im Hinblick auf eine dann laufende Behandlung sei der Hochzeitstermin zunächst hinausgeschoben und dann sei der 16.04.2004 als Eheschlusstermin festgesetzt und dort geheiratet worden. Zweck der Heirat sei es gewesen, die besondere Verbundenheit zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann nach außen hin zu dokumentieren, nicht etwa eine Versorgung. Nebengesichtspunkt sei es gewesen, dass es für die Klägerin wichtig gewesen sei, die Behandlung ihres Mannes zu begleiten. Aufgrund der Eheschließung habe sie zusätzlich dann als Ehefrau eine stärkere Vertrauensstellung gegenüber den behandelnden Ärzten gehabt. Zum Zeitpunkt der Heirat sei die rasche Entwicklung der Krankheit nicht vorhersehbar gewesen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung am 16.04.2004 sei den Eheleuten nicht klar gewesen, dass der Hirntumor einen tödlichen Verlauf nehmen würde. Dies sei Ihnen erst in einem gemeinsamen Gespräch Ende April 2004 mitgeteilt worden. Anlass des Gespräches sei es gewesen, dass Herr ... vorher intensive Chemotherapie erhalten habe, um das Wachsen des Tumors zu behindern bzw. zu verlangsamen. Ende April 2004 habe man aufgrund der entnommenen Gewebsflüssigkeit festgestellt, dass eine Behandlung durch Chemotherapie keine Erfolgsaussichten mehr hatte (Bl. 17 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.03.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Witwenrente ab (Bl. 18 d. Verwaltungsakte).
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 08.04.2005 Widerspruch. Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass die Beklagte sich in ihrem Ablehnungsbescheid überhaupt nicht mit ihrem Vortrag auseinandergesetzt habe (Bl. 28 d. Verwaltungsakte).
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens befragte die Beklagte PD Dr ... nach dem genauen Krankheitsverlauf des verstorbenen Herrn ... Mit Schreiben vom 18.11.2005 teilte PD Dr ... hieraufhin mit, Herr ... habe sich seit Juni 2000 wegen eines Glioblastoms (= ein höchst bösartiger und schnell wachsender primärer Hirntumor) in Behandlung des Universitätsklinikums befunden. Beim Glioblastom handle es sich um einen bösartigen Hirntumor, die mittlere Überlebenszeit betrage statistisch weniger als 1 Jahr. Dennoch sei ein langes tumorfreies Überleben bei einzelnen Patienten möglich, die Wahrscheinlichkeit für einen derartig günstigen Verlauf liege jedoch unter 5 %. Herr ... sei nach einer auswärts erfolgten Operation mit einer adjuvanten Chemotherapie behandelt worden, die im Dezember 2000 abgeschlossen wurde. Zusätzlich habe er im August/September 2000 eine Strahlentherapie erhalten. Seit Abschluss der Primärtherapie im Dezember 2000 bis September 2003 sei bei regelmäßigen Verlaufskontrollen kein neues Tumorwachstum nachweisbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Möglichkeit eines langfristigen, möglicherweise dauerhaften tumorfreien Überlebens gegeben gewesen. Im September 2003 sei bei einer Verlaufskontrolle ein Tumorprogress festgestellt worden, daraufhin sei eine Chemotherapie mit Temozolomid begonnen worden. Im Rahmen des Beginns dieser Chemotherapie und der regelmäßigen Verlaufskontrolle seien Herr ... und die Klägerin mehrfach ausführlich über die Erkrankung und die insgesamt ungünstige Prognose informiert worden, wie es Standard bei einer derart eingreifenden Therapie sei. Da die Therapie zu einem zumindest teilweisen Ansprechen geführt habe, sei jedoch auch die Möglichkeit eines längerfristigen Überlebens noch möglich gewesen und dies sei auch so kommuniziert worden. Im Februar 2004 sei ein erneuter Tumorprogress festgestellt worden, zu dessen Behandlung zunächst eine erneute Strahlentherapie erfolgt sei. Wegen eines weiteren Wachstums außerhalb des Strahlenfeldes habe dann im März 2004 die Chemotherapie mit Temodal abgebrochen werden müssen. Es sei dann nach ausführlicher Erörterung der begrenzten Therapiemöglichkeiten in dieser Situation mit Herrn und Frau ... nochmals der Versuch einer Chemotherapie mit ACNU und VM 26 unternommen worden. Kurz nach Beginn dieser Therapie sei der Heiratstag der Eheleute ... gewesen. Kurz darauf, am 30.04.2004 musste bei einer erneuten Verlaufskontrolle ein weiteres, rasches Tumorwachstum festgestellt werden, daraufhin sei die Chemotherapie abgebrochen worden und es sei lediglich noch eine palliative Therapie (= lindernde Behandlung im Gegensatz zur kurativen - heilenden - oder prophylaktischen - vorbeugenden - Behandlung) der Hirndrucksymptomatik erfolgt. Zusammengefasst sei Herr ... selbst sicher schon seit der Primärtherapie der Erkrankung im Jahr 2000 über die Schwere seiner Krankheit informiert gewesen. Angesichts des Verlaufs mit mehrfachen Rezidiven und nachfolgend entsprechenden Therapien sei sicher zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits für Herrn ... und die Klägerin deutlich gewesen, dass die Prognose ungünstig sei. Jedoch sei das definitive Versagen der Therapie zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestellt worden (Bl. 36 d. Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führt die Beklagte aus, ein Anspruch auf Witwenrente sei ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Dabei werde kraft Gesetztes eine sogenannte "Versorgungsehe" dann unterstellt, wenn es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen. Die gesetzliche Vermutung könne jedoch widerlegt werden. Die objektive Beweislast für die Widerlegung der vom Rentenversicherungsträger festgestellten "Versorgungsehe" liege jedoch beim Hinterbliebenen. Besondere Umstände, die gegen eine "Versorgungsehe" sprechen könnten, seien z. B. der Tod eines Ehegatten durch Unfall oder Verbrechen oder sonstige plötzliche unvorhersehbare Ereignisse. Der Ehegatte der Klägerin sei nicht durch einen Unfall, sondern durch eine seit längerem bekannte Krankheit verstorben. Die Schwere der Krankheit und die schlechte Prognose seien bekannt gewesen. Auch die Stellungnahme des behandelnden Arztes, der mitgeteilt habe, dass die insgesamt ungünstige Prognose vor der Eheschließung bekannt gewesen sei, deute darauf hin, dass das Ziel der Eheschließung die Versorgung der Klägerin war (Bl. 48 der Verwaltungsakte).
Hiergegen richtet sich die am 09.03.2006 beim Sozialgericht Reutlingen erhobene Klage. Ergänzend zum Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt die Klägerin zur Begründung ihrer Klage vor, nach dem Attest der Universitätsklinik ... vom 18.11.2005 sei der schnelle und tödliche Verlauf der Erkrankung zum Zeitpunkt der Heirat am 16.04.2004 nicht erkennbar gewesen. Erst etwa 14 Tage später, nämlich am 30.04.2004, sei bei einer erneuten Verlaufskontrolle ein weiteres, rasches Tumorwachstum festgestellt worden. Weiterhin sei zunächst einmal unklar bzw. nicht wahrscheinlich, dass der Kläger an der Tumorerkrankung verstorben sei. Die Klägerin legte hierzu Berichte von Dr ... vom 03.05.2004, der Klinik ... vom 19.05.2004 sowie 24.06.2004 und ein undatiertes und nicht unterschriebenes Schreiben der ...-Stiftung ( ...) vor. In letzterem wird vermutet, dass der Kläger an einer Magenblutung verstorben sei (Bl. 22 bis 30 der Gerichtsakte). Darüber hinaus trug die Klägerin - unter Bezugnahme auf ein Urteil des Sozialgerichtes Würzburg vor - ein Indiz dafür, dass die Eheschließung nicht aus Versorgungsgründen geschlossen worden sei, sei in der Tatsache zu sehen, dass sich die Klägerin selbst wirtschaftlich versorgen könne. Die Klägerin habe im April 2002 mit der Tochter und Herrn ... ein altes Bauernhaus angemietet und damals Monatseinnahmen von 1.475,00 EUR bezogen, sodass sie sich selbst und ihre Tochter versorgen konnte und nicht auf die Versorgung durch den verstorbenen Ehemann angewiesen gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2006 zu verurteilen, der Klägerin eine große Witwenrente ab dem 26.06.2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an der getroffenen Entscheidung fest. Zur Klageerwiderung trägt die Beklagte vor, dass bei Herrn ... im September 2003 bei einer Verlaufskontrolle ein Tumorprogress festgestellt worden sei und sowohl Herr ... als auch die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mehrfach ausführlich über die Erkrankung und die insgesamt ungünstige Prognose informiert worden seien. Genau zu diesem Zeitpunkt, nämlich im September 2003, habe der verstorbene Herr ... der Klägerin einen Heiratsantrag gemacht, d. h. das Ehepaar ... habe nach Bekanntgabe der potentiell lebensbedrohlichen Erkrankung bzw. deren Verschlechterung, aus diesem Anlass heraus eine Legalisation der bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft angestrebt. Dass eine intensive persönliche Beziehung zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann bestanden habe, werde nicht in Frage gestellt. Auf den von der Klägerin im Gerichtsverfahren vorgelegten Arztbriefen gehe jedoch eindeutig hervor, dass sich der Gesundheitszustand aufgrund der vorliegenden Tumorerkrankung deutlich verschlechtert habe und Herr ... in präfinalem Zustand in das Hospiz ... in ... verlegt worden sei. Insofern könne die Argumentation, dass es nicht wahrscheinlich sein solle, dass Herr ... an einer Tumorerkrankung verstorben sei, nicht nachvollzogen werden. Bei der Frage, ob eine Versorgungsehe vorliege, gehe es um die medizinische Prognose bei Eheschließung, d.h. ob die tödlichen Folgen einer Krankheit zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht vorhersehbar waren. Weiterhin führte die Beklagte aus, dass die Klägerin in jedem Fall einen wirtschaftlichen Vorteil durch den Bezug einer Witwenrente genieße. Dies sei letztendlich maßgebend bei der Frage, ob eine Versorgungsehe geschlossen wurde oder nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist abzuweisen, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
I.
Die form- und fristgerecht beim sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Reutlingen erhobene Klage ist zulässig.
II.
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Witwenrente zu. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten erweist sich als rechtmäßig. Die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt.
1.)
Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Witwenrente bestimmt § 46 Sechstes Buch Sozialgesetbuch (SGB VI). Einem Anspruch der Klägerin auf eine Witwenrente steht vorliegend § 46 Abs.2 a SGB VI entgegen. Gem. § 46 Abs. 2 a SGB VI haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die mit Wirkung zum 01.01.2002 eingeführte Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI entspricht den Regelungen im Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII), des Bundesversorgungsgesetzes (§ 38 Abs.2 BVG) sowie § 19 Abs. 1 ... 2 Nr. 1 Beamtenversorgungsgesetz.
Die am 16.04.2004 geschlossene Ehe zwischen der Klägerin und Herrn ... hat nicht mindestens ein Jahr gedauert, da Herr ... am 26.06.2004 verstarb. Damit ist grundsätzlich der Anspruch auf Witwenrente gem. des Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI ausgeschlossen. Die hierin vom Gesetzgeber bestimmte Anknüpfung an die Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod eines Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Die Vermutung ergibt sich daher aus den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 a SGB VI und bedarf keiner weiteren Untermauerung durch den zu beurteilenden Lebenssacheverhalt (vgl. zu § 65 Abs. 6 SGB VII: LSG Rheinland - Pfalz, Urteil vom 04.05.2004, Az.: L 3 U 72/02). Es ist daher nicht erforderlich, dass der Sachverhalt für eine Versorgungsabsicht spricht, vielmehr obliegt es der Klägerin die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Die Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen (BT-Drucks 14/4595 S 44). In der Gesetzesbegründung wird als ein solcher Umstand beispielhaft ein Unfalltod eines Ehepartners genannt.
Grundsätzlich ist zur gesetzlichen Regelung anzumerken, dass die hinter einer Eheschließung vermutete Absicht, den anderen Ehepartner versorgt zu wissen, ein legitimes Ziels zweier Menschen darstellt und keinesfalls in irgendeiner Form kritikwürdig ist (SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht). Zudem dürfte diese Motivation in unterschiedlicher Ausprägung bei nahezu allen Eheschließungen eine Rolle spielen. Dies ändert jedoch nichts an der - wertungsfreien - gesetzgeberischen Entscheidung, bei einem Todesfall innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung den Versorgungsgedanken als Kernmotiv der Heirat zu vermuten. Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe verfolgt gerade den Zweck, den Leistungsträger von faktisch nicht leistbaren Ausforschungen im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Dies gilt auch für die Widerlegung der Rechtsvermutung, so dass die außerhalb der Intimsphäre liegenden objektiven Umstände in einer typisierenden Betrachtungsweise zur Beurteilung heranzuziehen sind (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 46 SGB VI, Rn. 46 c).
Zunächst ist demnach bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr entsprechend der gesetzlichen Vermutung vom Vorliegen einer Versorgungsehe auszugehen. Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalles nicht genügend beweiskräftige objektive Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen, verbleibt es bei dieser Annahme einer Versorgungsehe. Die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, trägt derjenige, der den Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente geltend macht, hier also die Klägerin (BSGE 30, 278 = SozR Nr 84 zu § 128 SGG). Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§ 202 SGG, 292 ZPO den vollen Beweis des Gegenteils (BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06). Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06). Die Tatsache ist dann bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06, m.w.N.).
Vorliegend vermochte die Klägerin die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht zur vollen Überzeugung der Kammer zu widerlegen. Unter Abwägung aller vorgetragenen Aspekte sind für die Kammer zwar durchaus nachvollziehbare Motive außerhalb der Versorgung der Klägerin zu erkennen, allerdings nicht in einem Umfang, die geeignet sind die gesetzliche Vermutung evident zu widerlegen.
Zunächst ist anzumerken, dass die Kammer, in Anbetracht des emotionalen und überzeugenden Vortrages der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, keinerlei Zweifel daran hat, dass zwischen der Klägerin und Herrn ... eine intensive Liebesbeziehung bestand. Allerdings ist das Bestehen einer Liebesbeziehung nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2 a SGB VI zu widerlegen. Dies bereits deshalb nicht, da das Bestehen einer Liebensbeziehung nicht zwangsläufig in einer Ehe einmünden muss (LSG für das Saarland, Urteil vom 26.09.2000, Az.: L 2 U 54/98 zur Regelung des § 65 Abs. 6 SGB VII, Juris). Das Bestehen einer intensiven Liebensbeziehung wäre nur dann geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, wenn der Gesetzgeber mit der Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI nur Fallkonstellationen erfassen wollte, in denen nicht emotional verbundene Personen in bewusster Kenntnis des nahen Todes des Versicherten, eine Ehe eingehen, deren ausschließliches Ziel die Erlangung einer Rente für den Überlebenden ist. Damit wäre der Anwendungsbereich jedoch auf verschwindend wenige Ausnahmefälle beschränkt. Derartig eng kann die gesetzliche Regelung jedoch nicht verstanden werden. Weder der Wortlaut der gesetzlichen Regelung noch die Gesetzesbegründung rechtfertigen eine derartige Auslegung. Zur Überzeugung der Kammer ist der Anwendungsbereich der Regelung des § 46 Abs. 2 a SGB VI daher grundsätzlich auch dann eröffnet, wenn sich Partner einer langjährigen Liebesbeziehung erst vor dem Hintergrund einer unmittelbaren Lebensgefährdung eines der Partner zu einer Heirat entschließen (im Ergebnis ebenso: LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 07.12.2006, Az.: L 1 R 99/06, NZS 2007, ... 321; SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht). Aus der Tatsache, dass vor der Eheschließung eine langjährige Liebesbeziehung und eheähnliche Lebensgemeinschaft bestand, kann daher nicht ohne weiteres die Widerlegung der gesetzlichen Vermutungsregelung abgeleitet werden (in diese Richtung aber LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 31.01.2007, Az.: L 16 R 487/06).
Es kommt vielmehr auch in solchen Fällen darauf an, ob die weiteren besonderen Umstände des Einzelfalls einen Schluss auf den Zweck der Heirat zulassen, die auf einen von einer Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen lassen. Erforderlich ist daher der Nachweis, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Eheschließenden der Zweck, dem anderen eine Versorgung zu verschaffen, keine maßgebliche Bedeutung hatte (vgl. Hessischer VG, Beschluss vom 16.02.2007, Az.: 1 ZU 1948/06, m. w. N.). Gegen eine Versorgungsehe spricht beispielsweise, wenn der Tod zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorhersehbar war, z.B. weil dieser durch Unfall, Verbrechen oder eine plötzliche Erkrankung eintrat. Weiterhin ist die gesetzliche Vermutung widerlegt, wenn bereits vor dem Eintritt einer möglicherweise tödlichen Erkrankung eine feste und konkretisierte Heiratsabsicht nachweisbar bestand oder wenn nach ihrem Recht in Deutschland kirchlich getraute Ausländer, die jahrelang als Eheleute zusammen gelebt und gemeinsame Kinder haben, vor einem deutschen Standesbeamten vor einem unfallbedingten Tod heiraten (vgl. KassKomm., § 65 Rn 15 ff, § 46 Rn 46 a ff, m. w. N.). Zur inhaltsgleichen Regelung des § 38 Abs. 2 BVG hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Rechtsvermutung einer sogenannten Versorgungsehe in der Regel als widerlegt gilt, wenn ein Beschädigter heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen und dessen Ableben bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist (BSG, Urteil vom 03.09.1986, AZ.: 9a RV 8/84, Juris). Der Hessische VGH sowie der Bayerische VGH haben zur ebenfalls inhaltsgleichen Regelung des § 19 Abs. 1 ... 2 BeamtVG entschieden, dass die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung in aller Regel nicht in Betracht kommt, wenn der lebensbedrohende Charakter der Erkrankung des verstorbenen Ehepartners im Zeitpunkt der Eheschließung bekannt war, es sei denn, die Heirat stellt sich als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses dar (Hessischer VG, Beschluss vom 16.02.2007, Az.: 1 ZU 1948/06; Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.12.1998, Az.: 3 B 95.3050). Hierzu ist anzumerken, dass noch nicht hinreichend konkretisierte Heiratspläne gerade nicht ausreichend sind, so dass lediglich abstrakte Hochzeitspläne, beispielsweise ohne definitiven Heiratstermin und ohne entsprechende Vorbereitungen, nicht ausreichen (vgl. SG Reutlingen, Urteil vom 12.06.2007, Az.: S 2 R 1946/06, nicht veröffentlicht).
Vorliegend ist keiner der zuvor beispielhaft genannten Umstände, die die gesetzliche Vermutung widerlegen könnten, einschlägig. Vielmehr stellt sich der Geschehensablauf so dar, dass die Heirat gerade nach Entdeckung des Tumorrezidivs im September 2003 und damit nach erneutem Auftreten einer schwerwiegenden und lebensbedrohenden Erkrankung in die Wege geleitet wurde. Wie sich aus dem Arztbrief PD Dr ... vom 18.11.2005 ergibt wurde bei Herrn ... im September 2003 bei einer Verlaufskontrolle ein Tumorprogress festgestellt und eine Chemotherapie mit Temozolomid begonnen. Im Rahmen des Beginns dieser Chemotherapie und der regelmäßigen Verlaufskontrolle sind Herr ... und die Klägerin mehrfach ausführlich über die Erkrankung und die insgesamt ungünstige Prognose informiert worden. Gerade in diesen Zeitraum fallen jedoch der Heiratsantrag und die konkretisierten Heiratspläne. Eine bereits zuvor bestehende definitive Heiratsplanung ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der konkrete Entschluss zu Heiraten ist daher zu einem Zeitpunkt gefasst worden, in dem aus objektiver Sicht bekannt war, dass bei Herrn ... eine schwerwiegende und lebensbedrohliche Erkrankung besteht, die in absehbarer Zeit zu dessen Tod führen kann. Zwar hat die Klägerin für die Kammer in der mündlichen Verhandlung absolut glaubhaft angegeben, dass sowohl sie als auch insbesondere Herr ... zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung zuversichtlich waren und niemals aufgaben. Ausschlaggebend ist jedoch allein, dass hier zum maßgebliche Zeitpunkt des konkreten Heiratsentschlusses die objektiv gegebene lebensbedrohliche Erkrankung beiden bekannt war. Eine irgendwie geartete Gewissheit über die einem Partner verbleibende Lebensdauer ist nicht erforderlich und diese kann letztendlich ohnehin niemals mit Sicherheit prognostiziert werden.
Soweit von der Klägerin als Grund für die Eheschließung angegeben wurde, dass hierdurch der Klägerin weitergehende Rechte im Rahmen der anstehenden Behandlungen gesichert werden sollte, stellt dies durchaus ein nachvollziehbares und außerhalb der Versorgungsabsicht liegendes Motiv dar. Allerdings ist dieses Motiv für sich allein genommen nach Ansicht der Kammer in der vorliegenden Konstellation nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Hierbei ist zu bedenken, dass diese Motivation - würde man sie ohne weitere Anforderungen zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung genügen lassen - die gesetzliche Vermutung faktisch leer laufen ließe, da die Vermutungsregelung gerade auf Fallgestaltung abzielt, in denen einer der Ehepartner schwer erkrankt ist. Nach Ansicht der Kammer ist die gesetzliche Vermutung daher nur dann widerlegt, wenn eine Erkrankung vorliegt, die nicht die konkrete Gefahr eines absehbaren Todesfalles beinhaltet. Wie bereits dargelegt, wurde die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe vom Bundessozialgericht in der Regel als widerlegt angesehen, wenn ein Beschädigter heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen und dessen Ableben bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist, mithin die Ehe, wie es ihrem Wesen entspricht, auf unbegrenzte Zeit geschlossen wurde (BSG, a.a.O). Nach Ansicht der Kammer könnte daher die Sicherung von Mitspracherechten im Rahmen einer anstehenden Behandlung - ungeachtet der Frage, inwieweit dieses Ziel auch ohne Heirat zu erreichen wäre - dann zur Widerlegung der Versorgungsabsicht dienen, wenn eine schwerwiegende, aber nicht konkret lebensbedrohliche Krankheit besteht. Hiervon kann jedoch - wie oben dargelegt - vorliegend nicht ausgegangen werden, da objektiv eine lebensbedrohende Erkrankung bestand, die den Tod Herrn ... in absehbarer Zeit jedenfalls möglich erscheinen ließ.
Zuletzt vermochte die Kammer dem Vortrag der Klägerin, sie sei auf die Versorgung wirtschaftlich nicht angewiesen gewesen, nicht zu folgen. Hierzu ist anzumerken, dass innerhalb der Rechtsprechung umstritten ist, inwieweit eine bestehende eigene Versorgung der Witwe zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung tauglich ist (als taugliches Widerlegungskriterium akzeptiert von SG Chemitz, Urteil vom 13.10.2005, Az.: S 14 KN 129/03; SG Würzburg, Urteil vom 15.09.2004, Az.: S 8 RJ 697/02; SG Koblenz, Urteil vom 14.09.2005, Az.: S 6 KNR 16/05; a.A. hingegen: SG Lübeck, Urteil vom 26.01.2006, Az.: S 7 RA 320/03; LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 17.05.2006, Az.: L 17 R 2024/05; jeweils veröffentlich in Juris). Diese Frage muss von der Kammer allerdings nicht entschieden werden, da gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin über eine ausreichende eigene Versorgung verfügt. Dies wird bereits dadurch widerlegt, dass die Klägerin im Rahmen des vorliegenden PKH - Verfahrens selbst angab sich in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen zu befinden (Bl. 15 der Gerichtsakte). Soweit vorgetragen wurde, die Klägerin habe zu Lebzeiten Herrn ...s über ausreichendes Einkommen verfügt, kann hierauf nicht abgestellt werden, da allenfalls die auch nach dem Tod eines Lebenspartners gesicherte Versorgung des überlebenden Partners, eine Indizfunktion haben kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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