S 8 KR 1751/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1751/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die persönlichen Zuzahlungen dienen dazu, den Versicherten an den für Ihn erbrachten Leistungen bis zur persönlichen Belastungsgrenze, §§ 61, 62 SGB V, zu beteiligen.
2. Empfänger der Zuzahlungen sind nicht zwingend die Krankenkassen, sodass im Voraus nicht feststeht, an wen die Zuzahlungen zu erbringen sind.
3. Eine Krankenkasse kann die Zuzahlungen bis zur persönlichen Belastungsgrenze nicht mit Wirkung für die Zukunft stunden oder in Raten aufteilten, da zum Zeitpunkt der Entscheidung der zukünftige Empfänger der Zuzahlung noch ungewiss ist und sie insoweit keine Regelung gegenüber unbekannten Dritten treffen kann.
4. Eine Umlegung der Zuzahlungen bis zur persönlichen Belastungsgrenze auf Beiträge findet keine gesetzliche Grundlage und widerspricht Sinn und Zweck der persönlichen Zuzahlung.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufteilung der jährlichen Zuzahlung gemäß § 62 SGB V auf 12 Monatsraten oder eine andere Stückelung dieses Betrages streitig.

Der Kläger, geboren 21.05.1959, ist chronisch krank (HIV). Entsprechende Bescheinigungen liegen der Beklagten vor. Er bezieht Alg II Leistungen. Seine persönliche Belastungsgrenze im Sinne des § 62 SGB V liegt im Jahr 2005 bei 41,40 EUR.

Am 07.12.2004 beantragte er für das Jahr 2005 die Stückelung der Zuzahlung bis zur persönlichen Belastungsgrenze. Da er nur ein sehr geringes Einkommen habe, treffe ihn die Zuzahlung am Jahresanfang mit besonderer Härte. Er möchte den Zuzahlungsbetrag in 12 gleiche Teile aufgeteilt sehen. Bei anderen Krankenkassen werde dies so gehandhabt.

Mit Bescheid vom 21.12.2004 lehnt dies die Beklagte ab, da die Vorabbefreiung von der Zuzahlung nur bei speziellen versicherten Gruppen möglich sei, wozu Alg II Empfänger nicht gehörten. Über den Vorschlag einer Ratenzahlung sei auf Grund des Sachverhalts nicht zu befinden.

Hiergegen erhob der Kläger am 20.01.2005 Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 07.03.2005 zurückgewiesen wurde. Die Beklagte verweist zur Begründung darauf, dass die Aufteilung der Belastungsgrenze auf 12 Monate nach dem Gesetz nicht möglich und auch in der Praxis nicht umsetzbar sei, da die Beklagte nicht Einzugstelle der Zuzahlung sei.

Am 24.03.2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart.

Der Kläger beantragt: Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.03.2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die persönliche Zuzahlung gemäß § 62 SGB V auf 12 Monate zu stückeln, bzw. den Betrag bis zur persönlichen Belastungsgrenze anderweitig, z. B. durch Beitragserhöhungen oder ähnliches, einzuziehen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden war, wie auch auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die beim sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Stuttgart form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, in der Sache ist sie jedoch ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.03.2005 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Stückelung der Zuzahlung bis zur persönlichen Belastungsgrenze gemäß § 62 SGB V.

Empfänger der Zuzahlung im Sinne des SGB V sind Leistungserbringer wie Ärzte, Apotheken, Orthopädiehäuser/Sanitätshäuser, aber auch Krankenkassen (für die Zuzahlung bei Krankenhausaufenthalt). Damit ist die Krankenkasse nicht alleiniger Empfänger der Zuzahlung und auch nicht in allen Fällen Einzugsstelle derselben. Die Zuzahlung ist grundsätzlich an den Leistungserbringer zu richten, der die entsprechende Leistung erbracht hat, vgl. insoweit z.B. § 31 Abs. 3 SGB V. Zwar bescheinigt die Krankenkasse das Erreichen der Belastungsgrenze, jedoch kann sie nicht für andere Empfänger der Zuzahlung wie z. B. Ärzte, die an diese zu entrichtenden Zuzahlung stückeln, stunden oder Ratenzahlung vereinbaren. Eine derartige Aufteilung oder Stundung der Zuzahlung wäre allenfalls dann denkbar, wenn diese sich ausschließlich an die Krankenkasse als Empfänger der Zuzahlung richten würde. Der Kläger begehrt jedoch für das Folgejahr, also für die Zukunft, eine Stückelung und Ratenzahlung der Zuzahlung bis zur persönlichen Belastungsgrenze. In dem Zeitpunkt in die Krankenkassen über die zukünftige Ratenzahlung und Stückelung der Zuzahlung zu entscheiden hätte, steht die Person des Empfängers der entsprechenden Zuzahlung noch nicht fest. Die Krankenkasse kann und darf nicht mit Wirkung gegenüber anderen Zuzahlungsempfängern eine Regelung über Stundung und Ratenzahlung der Zuzahlung bis zur persönlichen Belastungsgrenze treffen. Insoweit besteht keine gesetzliche Grundlage zur Regelung durch die Krankenkasse. Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Stückelung oder Ratenzahlung hinsichtlich der Zuzahlung gemäß § 62 SGB V bis zur persönlichen Belastungsgrenze.

Darüber hinaus ist es dem Kläger wie auch jedem Versicherten zumutbar, verteilt über das Jahr, entsprechende Beträge (hier insgesamt 41,40 EUR) anzusparen, um damit die persönliche Belastungsgrenze zum Beginn des Jahres decken zu können und so auch zu Beginn des Jahres ärztliche Hilfe und Behandlung in Anspruch nehmen zu können.

Soweit der Kläger vorgeschlagen hat, die Zuzahlung gemäß § 62 SGB V bis zu persönlichen Belastungsgrenze auf die Beitragserhebung und damit auf die Beitragshöhe umzulegen, besteht zum einen keine gesetzliche Grundlage, zum anderen würde eine entsprechende Beitragserhöhung Sinn und Zweck der persönlichen Zuzahlung, wie auch dem System der Beitragsregelungen widersprechen. Im Beitragssystem der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung gibt keinen individuellen, persönlichen Beitragssatz. Der zu zahlende Beitrag bestimmt sich nach den beitragspflichtigen Einnahmen (§§ 226- 240 SGB V) multipliziert mit dem jeweiligen Beitragssatz (§§ 241 - 248 SGB V). Der Beitragssatz bestimmt sich nach den im Gesetz genannten Gruppen (§§ 241 - 248 SGB V) und ist innerhalb dieser Gruppen einheitlich. Einen hiervon abweichenden, individuellen und persönlichen Beitragssatz für Pflichtversicherte (unter Berücksichtigung persönlicher Erkrankungen oder Zuzahlungsgrenzen) gibt es nicht. Damit würde die Umlegung der persönlichen Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze gem. § 62 SGB V auf Beiträge letztlich den einzelnen Versicherten entlasten, jedoch die Gemeinschaft der Beitragszahler insgesamt belasten, da die persönlichen Zuzahlungen dann über den Beitragssatz letztlich von der Versichertengemeinschaft getragen würden. Dies widerspricht dem Wortlaut, wie auch dem Sinn und Zweck der Zuzahlungen i.S.d. §§ 61, 62 SGB V, da die Zuzahlungen gerade den einzelnen Versicherten an den für ihn erbrachten Leistungen bis zur persönlichen Belastungsgrenze beteiligen wollen.

Nach alledem besteht keine rechtliche Handhabe die Zuzahlungen bis zur persönlichen Belastungsgrenze zu stückeln, in Raten verteilt über das Jahr hinweg zu erheben oder auf Beiträge umzulegen.

Damit war die Klage ohne Erfolg, der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids war nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt.

Es war wie tenoriert zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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