Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 12 RJ 269/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 12/13 RJ 1171/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin war mit dem Versicherten C. A. verheiratet; die Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Limburg/Lahn vom 2. Juli 1975 aus dem Verschulden des Ehemannes rechtskräftig geschieden. Durch Gerichtsvergleich vom 2. Juli 1975 wurde der Versicherte verpflichtet, an seine frühere Ehefrau einen monatlichen Unterhaltszuschuss in Höhe von DM 200,- zu zahlen. Der Versicherte verheiratete sich am 6. Januar 1989 in zweiter Ehe mit Frau D.; er verstarb 1991. Die Beklagte gewährte der Witwe Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin beantragte am 10. Mai 1999 bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente an vor dem 1. Juli 1977 geschiedene Ehegatten gemäß § 243 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI). - Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 15. September 1999 ab, weil die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 243 Absatz 2 SGB VI nicht erfüllt seien. Die Antragstellerin habe im letzten Jahr vor dem Tode des geschiedenen Ehegatten keinen Unterhalt von diesem erhalten und im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod auch keinen Anspruch darauf gehabt. Der gemäß § 58 Ehegesetz (EheG) schuldig geschiedene Versicherte habe zur Zeit seines Todes keinen Unterhalt zu gewähren gehabt, da sein Einkommen unter dem Selbstbehalt von DM 1.400,- monatlich gelegen habe.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und begründete diesen damit, dass sie sehr wohl einen Unterhaltsanspruch dem Grunde nach gehabt habe, welcher lediglich nicht habe durchgesetzt werden können. - Die Beklagte ergänzte den angefochtenen Bescheid durch den Bescheid vom 2. Dezember 1999, in dem sie feststellte, dass auch die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 243 Abs. 3 SGB VI nicht erfüllt seien, da die Witwe des Versicherten eine Witwenrente erhalte. - Die Klägerin hielt den Widerspruch auch dagegen aufrecht. - Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 zurück. In den Bescheidgründen heißt es ergänzend: Die Unterhaltspflicht des Versicherten hänge gemäß den §§ 58 und 59 EheG nicht allein vom Schuldausspruch im Ehescheidungsurteil ab, sondern auch von der Unterhaltsfähigkeit des Versicherten und der Unterhaltsbedürftigkeit des geschiedenen Ehegatten. Maßgeblich sei mithin der materielle Unterhaltsanspruch (BSG, vom 05.02.1976, SozR 2200 § 1265 RVO Nr. 14). Darüber hinaus habe der Versicherte tatsächlich keinen Unterhalt geleistet. Schließlich hindere der bestehende Witwenrentenanspruch auch einen geschiedenen Witwenrentenanspruch nach § 243 Abs. 3 SGB VI.
Dagegen hat die Klägerin am 22. März 2000 (Eingangsdatum) Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben. Mit ihr begehrt sie die Gewährung von Witwenrente an sich als frühere Ehefrau. Zur Begründung lässt sie anwaltlich vortragen, der in § 243 Abs. 1 und 2 SGB VI normierte Unterhaltsanspruch beziehe sich allein auf einen Anspruch dem Grunde nach. Bereits aus dem alten Eherecht ergebe sich die Unterscheidung eines materiellen rechtlichen Unterhaltsanspruchs einerseits (§ 58 Ehegesetz) und eines Verweigerungsrechts des Unterhaltsschuldners andererseits (§ 59 Ehegesetz). Damit korrespondiere der Unterhaltsanspruch in §§ 243 Abs. 1 und 2 SGB VI im Unterschied zu der Regelung im § 243 Abs. 3 SGB VI.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 15. September 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, maßgebende Voraussetzung des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI sei der materielle Unterhaltsanspruch. Auch nach dem Ehegesetz hänge das Entstehen eines Unterhaltsanspruchs nicht vom Scheidungsschuldausspruch alleine, sondern darüber hinaus von der Leistungsfähigkeit des Versicherten ab.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Gericht vorgelegen hat.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor gehört worden sind (§ 105 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. September 1999, ergänzt durch den Bescheid vom 2. Dezember 1999, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2000 ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nicht zur Gewährung von Hinterbliebenenrente an die Klägerin verpflichtet. Das Gericht folgt der Begründung der Verwaltungsentscheidungen und sieht von einer Wiederholung jener Entscheidungsgründe ab (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).
Ergänzend: Die Klägerin hatte im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten keinen Anspruch auf Unterhalt von diesem. Die in § 243 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 3 SGB VI gleichermaßen normierte Anspruchsvoraussetzung korrespondiert mit dem vorhergehenden Halbsatz. Danach meint "Anspruch hierauf": Anspruch darauf, Unterhalt von dem geschiedenen Ehegatten zu erhalten. Dass eine Unterhaltszahlung geflossen ist oder hätte fließen müssen, ist der Kern der generellen Unterhaltsersatzfunktion aller Hinterbliebenenrenten (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. Mai 1984, Aktenzeichen 1 BvR 1636 aus 83; BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993, Aktenzeichen 13 RJ 1/93). Aussagekräftige Konsequenz ist die BSG-Rechtsprechung zu Erheblichkeit tatsächlicher Unterhaltszahlungen (mindestens 25 % des Sozialhilfe-Bedarfs: BSG, SozR 2200 § 1265 Nr. 24).- Dasselbe Auslegungsergebnis ergibt sich regelungssystematisch aus dem Verhältnis von § 243 Absatz 3 SGB VI zu § 243 Absatz 1 und 2 SGB VI: § 243 Absatz 3 Nr. 1 SGB VI gibt nämlich einen Rentenanspruch unter erweiterten Voraussetzungen auch dann, wenn wegen fehlender Unterhaltsbedürftigkeit bzw. -leistungsfähigkeit materiell gar kein Unterhaltsanspruch bestand (Umkehrschluss auf § 243 Abs. 1 und 2 SGB VI).
Dagegen kann sich die Klägerin nicht auf die dogmatischen Erwägungen ihres Bevollmächtigten zu den §§ 58 und 59 EheG beziehen; denn die rentenrechtliche und Zielsetzung ist davon unabhängig.
Im übrigen bestreitet die Klägerin das Fehlen eines materiellen Unterhaltsanspruchs im hier maßgeblichen Zeitraum - trotz eines (abänderbaren) Unterhaltstitels - nicht, sodass es dazu keine weiteren Ausführungen bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Rechtsmittelbelehrung beruht auf §§ 105 Abs. 2 Satz 1 und 143 SGG.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin war mit dem Versicherten C. A. verheiratet; die Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Limburg/Lahn vom 2. Juli 1975 aus dem Verschulden des Ehemannes rechtskräftig geschieden. Durch Gerichtsvergleich vom 2. Juli 1975 wurde der Versicherte verpflichtet, an seine frühere Ehefrau einen monatlichen Unterhaltszuschuss in Höhe von DM 200,- zu zahlen. Der Versicherte verheiratete sich am 6. Januar 1989 in zweiter Ehe mit Frau D.; er verstarb 1991. Die Beklagte gewährte der Witwe Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin beantragte am 10. Mai 1999 bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente an vor dem 1. Juli 1977 geschiedene Ehegatten gemäß § 243 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI). - Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 15. September 1999 ab, weil die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 243 Absatz 2 SGB VI nicht erfüllt seien. Die Antragstellerin habe im letzten Jahr vor dem Tode des geschiedenen Ehegatten keinen Unterhalt von diesem erhalten und im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod auch keinen Anspruch darauf gehabt. Der gemäß § 58 Ehegesetz (EheG) schuldig geschiedene Versicherte habe zur Zeit seines Todes keinen Unterhalt zu gewähren gehabt, da sein Einkommen unter dem Selbstbehalt von DM 1.400,- monatlich gelegen habe.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und begründete diesen damit, dass sie sehr wohl einen Unterhaltsanspruch dem Grunde nach gehabt habe, welcher lediglich nicht habe durchgesetzt werden können. - Die Beklagte ergänzte den angefochtenen Bescheid durch den Bescheid vom 2. Dezember 1999, in dem sie feststellte, dass auch die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 243 Abs. 3 SGB VI nicht erfüllt seien, da die Witwe des Versicherten eine Witwenrente erhalte. - Die Klägerin hielt den Widerspruch auch dagegen aufrecht. - Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 zurück. In den Bescheidgründen heißt es ergänzend: Die Unterhaltspflicht des Versicherten hänge gemäß den §§ 58 und 59 EheG nicht allein vom Schuldausspruch im Ehescheidungsurteil ab, sondern auch von der Unterhaltsfähigkeit des Versicherten und der Unterhaltsbedürftigkeit des geschiedenen Ehegatten. Maßgeblich sei mithin der materielle Unterhaltsanspruch (BSG, vom 05.02.1976, SozR 2200 § 1265 RVO Nr. 14). Darüber hinaus habe der Versicherte tatsächlich keinen Unterhalt geleistet. Schließlich hindere der bestehende Witwenrentenanspruch auch einen geschiedenen Witwenrentenanspruch nach § 243 Abs. 3 SGB VI.
Dagegen hat die Klägerin am 22. März 2000 (Eingangsdatum) Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben. Mit ihr begehrt sie die Gewährung von Witwenrente an sich als frühere Ehefrau. Zur Begründung lässt sie anwaltlich vortragen, der in § 243 Abs. 1 und 2 SGB VI normierte Unterhaltsanspruch beziehe sich allein auf einen Anspruch dem Grunde nach. Bereits aus dem alten Eherecht ergebe sich die Unterscheidung eines materiellen rechtlichen Unterhaltsanspruchs einerseits (§ 58 Ehegesetz) und eines Verweigerungsrechts des Unterhaltsschuldners andererseits (§ 59 Ehegesetz). Damit korrespondiere der Unterhaltsanspruch in §§ 243 Abs. 1 und 2 SGB VI im Unterschied zu der Regelung im § 243 Abs. 3 SGB VI.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 15. September 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, maßgebende Voraussetzung des § 243 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI sei der materielle Unterhaltsanspruch. Auch nach dem Ehegesetz hänge das Entstehen eines Unterhaltsanspruchs nicht vom Scheidungsschuldausspruch alleine, sondern darüber hinaus von der Leistungsfähigkeit des Versicherten ab.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Gericht vorgelegen hat.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor gehört worden sind (§ 105 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. September 1999, ergänzt durch den Bescheid vom 2. Dezember 1999, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2000 ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nicht zur Gewährung von Hinterbliebenenrente an die Klägerin verpflichtet. Das Gericht folgt der Begründung der Verwaltungsentscheidungen und sieht von einer Wiederholung jener Entscheidungsgründe ab (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).
Ergänzend: Die Klägerin hatte im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten keinen Anspruch auf Unterhalt von diesem. Die in § 243 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 3 SGB VI gleichermaßen normierte Anspruchsvoraussetzung korrespondiert mit dem vorhergehenden Halbsatz. Danach meint "Anspruch hierauf": Anspruch darauf, Unterhalt von dem geschiedenen Ehegatten zu erhalten. Dass eine Unterhaltszahlung geflossen ist oder hätte fließen müssen, ist der Kern der generellen Unterhaltsersatzfunktion aller Hinterbliebenenrenten (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. Mai 1984, Aktenzeichen 1 BvR 1636 aus 83; BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993, Aktenzeichen 13 RJ 1/93). Aussagekräftige Konsequenz ist die BSG-Rechtsprechung zu Erheblichkeit tatsächlicher Unterhaltszahlungen (mindestens 25 % des Sozialhilfe-Bedarfs: BSG, SozR 2200 § 1265 Nr. 24).- Dasselbe Auslegungsergebnis ergibt sich regelungssystematisch aus dem Verhältnis von § 243 Absatz 3 SGB VI zu § 243 Absatz 1 und 2 SGB VI: § 243 Absatz 3 Nr. 1 SGB VI gibt nämlich einen Rentenanspruch unter erweiterten Voraussetzungen auch dann, wenn wegen fehlender Unterhaltsbedürftigkeit bzw. -leistungsfähigkeit materiell gar kein Unterhaltsanspruch bestand (Umkehrschluss auf § 243 Abs. 1 und 2 SGB VI).
Dagegen kann sich die Klägerin nicht auf die dogmatischen Erwägungen ihres Bevollmächtigten zu den §§ 58 und 59 EheG beziehen; denn die rentenrechtliche und Zielsetzung ist davon unabhängig.
Im übrigen bestreitet die Klägerin das Fehlen eines materiellen Unterhaltsanspruchs im hier maßgeblichen Zeitraum - trotz eines (abänderbaren) Unterhaltstitels - nicht, sodass es dazu keine weiteren Ausführungen bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Rechtsmittelbelehrung beruht auf §§ 105 Abs. 2 Satz 1 und 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
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