Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 239/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aus einer Insolvenzgeldbewilligung einen Zahlungsanspruch hat.
Der am 1957 geborene Kläger hat bei der Beklagten am 15.01.2003 Insolvenzgeld für ausstehenden Arbeitslohn aus einer Beschäftigung bei dem insolventen Arbeitgeber Jörg Göbel beantragt. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11.01.2005 dem Kläger für den Insolvenzgeldzeitraum 27.06.2002 bis 26.09.2002 Insolvenzgeld in Höhe von 3.916,95 Euro bewilligt und gleichzeitig die Aufrechnung in voller Höhe gegen Forderungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 17.094,02 Euro erklärt.
Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 04.02.2005 Widerspruch ein und berief sich darauf, dass eine Aufrechnung überhaupt nur im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen möglich sei. Bezüglich des pfändungsfreien Betrages habe er seine Ansprüche jedoch zur Sicherung von Darlehen bereits vor Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld an seine Eltern abgetreten. Der Kläger hat im Weiteren mehrere Darlehensvereinbarungen aus dem Jahr 1983 bis 1989 und eine Vereinbarung vom 15.08.1990 vorgelegt. In letzterer ist festgehalten, dass der Kläger seinen Eltern aus Darlehen 250.000,00 DM schulde und zur Sicherung dieser Ansprüche alle seine Rechte aus seinem Busunternehmen sowie alle eventuell ihm künftig zustehenden pfändbaren Forderungen gegen einen jeweiligen Arbeitgeber und seine sämtlichen Forderungen aus Versorgungsleistung abtrete.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005, der am 20.05.2005 zur Post gegeben wurde, den Widerspruch zurück. Bei der Beklagten bestünden Verbindlichkeiten des Klägers in Höhe von 17.094,02 Euro aus gesetzlichem Forderungsübergang und zwar in Höhe von 2.239,48 Euro seit 12.02.1992 sowie in Höhe von 14.677,76 Euro seit Dezember 1996. Die Beklagte sei über eine Abtretung zukünftiger Forderungen in einer Urkunde vom 15.08.1990 am 07.02.2005 informiert worden. Die Abtretung be- rühre im vorliegenden Fall die Aufrechnung nicht. Die Gegenforderung sei vor dem Anspruch auf Insolvenzgeld fällig gewesen; die Vorausabtretung sei erst nach der Aufrechnung mitgeteilt worden. Die Aufrechnung habe auch nach § 54 Abs. 2 des 1. Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) in voller Höhe erfolgen können. Da eine Hilfsbedürftigkeit für die Vergangenheit nicht eintreten könne, habe eine Zahlung an den Kläger den Zweck der Lei- stung in der Sicherung von Lebensunterhalt nicht mehr bewirken können. Bei einer Abwägung der Interessen sei den Interessen an der Beitreibung der ausstehenden und bisher nicht erlangbaren hohen Gegenforderung der Vorzug zu geben.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 09.06.2005 am 14.06.2005 Klage zum Sozialgericht Würzburg.
Im weiteren Verlauf unterbreitete die Forderungseinzugsstelle in Bogen, die ebenfalls Teil der Beklagten ist, dem Kläger ein Vergleichsangebot. Bei ihm bestehe nach wie vor eine anerkannte Forderung in Höhe von 13.515,59 Euro. Bei Zahlung eines Betrages in Höhe von 500,00 Euro werde auf die Einziehung der dann noch bestehenden Restforderung verzichtet. Auf Nachfrage des Klägers übermittelte die Forderungseinzugsstelle drei Forde- rungsaufstellungen, die zusammen den im Angebot genannten Betrag ergaben. Hierbei waren ursprüngliche Forderungshöhe und Restforderung einander gegenüber gestellt, wobei die Differenz nur im Bereich einiger hundert Euro lag. Eine Aufrechnung bezüglich des Insolvenzgeldes war nicht genannt.
Der Kläger nahm mit Schreiben vom 13.10.2005 das Vergleichsangebot an, wonach gegen Zahlung von 500,00 Euro auf die Einziehung der dann noch bestehenden Restforderungen verzichtet werde und die Einziehungsverfahren endgültig abgeschlossen würden. Die Forderungseinzugsstelle übersandte dem Kläger eine Vergleichsbestätigung vom 23.11.2005, wonach der Vergleichsbetrag eingegangen sei und der Vergleich wirksam geworden sei. Weitere Ansprüche aus diesem Einziehungsverfahren würden nicht mehr geltend gemacht.
Der Kläger machte mit Schreiben vom 25.11.2005 geltend, dass die Grundlagen für die von der Beklagten geltend gemachte Aufrechnung entfallen sei. Nach den ihm übersandten Unterlagen habe eine anfängliche Forderung nur in Höhe von 13.515,59 Euro bestanden, auf deren weitere Geltendmachung im Rahmen des Ver- gleichsschlusses verzichtet worden sei.
Die Beklagte äußerte sich mit Schreiben vom 29.03.2006 dahingehend, dass die Anspruchsübergänge nach § 141 m des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) vom Februar 1992 7.533,86 DM (= 3.852,00 Euro) und vom November 1996 28.707,20 DM (= 14.677,76 Euro) betragen hätten. Entsprechend den Kassenanordnungen seien Auf- rechnungen im Rahmen des Anspruchs auf Insolvenzgeld am 11.01.2005 erfolgt und bei der Ermittlung der Forderung an den Kläger durch die Forderungseinzugsstelle bereits in Abzug gebracht gewesen. Der Vergleichsschluss habe deshalb keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren.
Der Kläger beantragt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 11.01.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, das mit Bescheid vom 11.01.2005 bewilligte Insolvenzgeld in Höhe von 3.916,95 Euro an den Kläger auszuzahlen.
3. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen sind zu erstatten.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Betrag von 3.916,95 Euro an die Eheleute F. und E. J. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen waren die Insolvenzgeldakte der Be- klagten und Unterlagen der Forderungseinzugsstelle in Bogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- akte und der beigezogenen Akten und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist nicht begründet, da die Beklagte aus Sicht des Gerichtes wirksam eine Aufrechnung vorgenommen hat. Der Bewilligung von Insolvenzgeld durch die Beklagte an den Kläger vom 11.01.2005 stand eine höhere Gegenforderung der Beklagten, die auch fällig war, gegenüber. Dies ergibt sich für das Gericht zweifelsfrei aus den vorgelegten Unterlagen der Beklagten. Auch wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt, dass am 11.01.2005 die Beklagte noch Forderungen gegenüber ihm hatte, die einen Betrag von deutlich mehr als 4.000,00 Euro umfassten. Ausweislich der Unterlagen der Forderungseinzugsstelle wurden die For- derungen gegenüber dem Kläger am 12.01.2005 um einmal 2.239,48 Euro und einmal 1.677,47 Euro, mithin um 3.916,95 Euro gemindert.
An dieser Sachlage hat sich aus Sicht des Gerichtes auch nichts durch den Vergleichsschluss vom November 2005 geändert. Das an- genommene Angebot belief sich darauf, dass nach Zahlung eines Betrages von 500,00 Euro - auf eine noch offene anerkannte Forderung in Höhe von 13.515,59 Euro - auf die Einziehung der dann noch bestehenden Restforderung verzichtet werde. Auch die Bestätigung des Vergleichsschlusses sprach davon, dass weitere Ansprüche aus diesem Einziehungsverfahrens nicht mehr geltend gemacht würden. Trotz dieser Aussage wäre aus Sicht des Gerichtes im Hinblick auf die genannte Forderungssumme ein Wiederaufleben des bereits aufgerechneten Teils der Forderung für den Fall der Feststellung, dass die Aufrechnung unrechtmäßig gewesen wäre, nicht ausgeschlossen. Der Inhalt des geschlossenen Vergleiches belief sich nach beiderseitigem Willen darauf, dass gegen eine Zahlung von 500,00 Euro auf die Eintreibung der Restforderung von 13.015,59 Euro verzichtet werde. Dass die Beklagte hierbei das laufende Gerichtsverfahren übersah und der Kläger irrigerweise davon ausging, dass mit dem Wegfall der Restforderung auch rückwirkend die Aufrechnungsgrundlage entfalle, berührt letztlich den Vergleichsschluss nicht unmittelbar. Allerdings ist dem Kläger ein durch die fehlerhafte Auskunft der Forderungseinzugsstelle der Beklagten ausgelöstes Anfechtungsrecht (§ 119 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) zuzugestehen. Der Kläger könnte die Rückabwicklung des Vergleichsschlusses anstreben mit der Folge des Wiederauflebens der Forderung gegen Rückzahlung von 500,00 Euro durch die Beklagte an ihn.
Zwar hätte man aus den Unterlagen, die die Beklagte dem Kläger übersandt hatte, insoweit stutzig werden können, als dort die Forderung, die noch aus den neunziger Jahren datierte, von Anfang an in Euro ausgewiesen worden war und auch Forderungsermäßigungen nicht nachvollziehbar dargelegt worden waren. Gleichwohl ist es als wesentliches Versäumnis auf Seiten der Beklagten anzusehen, dass sie keine nachvollziehbare Aufschlüsselung der Forderungen und ihrer Veränderungen vorgenommen hatte.
Für das Gericht ergibt sich aber nach Durchsicht der vorge- legten Unterlagen folgender klarer Zusammenhang: Die ursprüngliche Hauptforderung von 28.707,20 DM aus dem November 1996 blieb in ihrem Bestand bis zur Euroumstellung unverändert und wurde dann auf 14.677,76 Euro umgestellt. Dieser Betrag wurde am 12.01.2005 durch einen Anteil des Aufrechnungsbetrages um 1.677,47 Euro gemindert, so dass die in den Aufstellungen der Forderungseinzugsstelle benannte Hauptforderung von 13.000,29 Euro entstand. Flankiert war diese Forderung von Vollstreckungskosten und Mahngebühren in Höhe von 102,82 Euro, die zum Teil auch Gegenstand von Vollstreckungsbescheiden geworden waren. Die zweite Hauptforderung von 7.533,86 DM aus dem Jahr 1992 war bis zum Oktober 1993 auf einen geringeren Betrag von 4.939,55 DM korrigiert worden. Aufgrund von Einzahlungen, die in Höhe von 559,50 DM auf die Hauptforderung Anrechnung fanden, reduzierte sich der Betrag bis 1994 auf 4.380,05 DM. Diese Summe wurde in den Betrag von 2.239,48 Euro umgestellt. Anzumerken ist , dass dieser Betrag zusammen mit dem bereits genannten Betrag von 14.677,76 Euro den im Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005 aufgeführten Betrag der Verbindlichkeiten von 17.094,02 Euro ergibt. Am 12.01.2005 wurde diese Hauptforderung durch einen Teilbetrag der Aufrechnung in voller Höhe von 2.239,48 Euro gemindert. Es verblieben nur noch die in der Forderungsaufstellung der Beklagten genannten Vollstreckungskosten und Mahngebühren in Höhe von 128,15 Euro. Die dritte Forderung, aus der sich ein Restforderungsbetrag von 284,33 Euro ergab, war von der Beklagten im Rahmen der Aufrechnungsüberlegungen überhaupt nicht mit eingestellt worden.
Der im November 2005 erfolgte Vergleichsschluss hatte also auf die Aufrechnungsvorgänge im Januar 2005 keine Rückwirkung.
Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass bei einer Aufrechnung auch nicht die im Rahmen des § 54 Abs. 4 SGB I geltenden Pfändungsgrenzen zu berücksichtigen waren, sondern die Aufrechnung nach § 51 Abs. 1 i. V. m. § 54 Abs. 2 SGB I zu erfolgen hatte. Allein die Anknüpfung an eine frühere laufende Leistung macht aus der Leistung des Insolvenzgeldes keine laufende Zahlung. Die Anwendung des § 51 Abs. 1 SGB I wird auch nicht durch § 189 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch(SGB III) ausgeschlossen. Das Gericht folgt auch im Übrigen den Überlegungen des Sozialgerichts Münster in seiner Entscheidung vom 03.12.2004 (Az. S 5 AL 19/04), wonach das Insolvenzgeld gemäß herrschender Meinung als einmalige Geldleistung anzusehen sei, § 54 Abs. 2 SGB I zur Anwendung gelange und der Pfändungsschutz des § 850 Zivilprozessordnung (ZPO) sich auf lau- fende Arbeitseinkommen und nicht auf erheblich zurückliegende Bezugszeiträume beziehe.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte auch ausreichend den Billigkeitserwägungen im Rahmen der Pfändung und den Ermes- senserwägungen im Rahmen der Aufrechnung Rechnung getragen.
Die Beklagte war an der Aufrechnung auch nicht dadurch gehindert, dass der Kläger gegenüber seinen Eltern eine Abtretung von pfändbaren Forderungen gegen einen jeweiligen Arbeitgeber erklärt hatte. Zum einen ist fraglich, ob die durch § 189 SGB III mit einer Sonderstellung versehene Insolvenzgeldzahlung hiervon überhaupt erfasst war. Im Übrigen macht sich aber das Gericht die Rechtsauffassung der Beklagten zu eigen, wonach es im Hinblick auf § 407 Abs. 1 BGB darauf ankommen soll, ob zum Zeitpunkt der Aufrechnung eine zeitlich vorrangige Abtretung bekannt gewesen war. Dies war im Fall des Klägers eindeutig nicht der Fall gewesen. Der Kläger hatte nicht etwa bereits im Rahmen der Antragstellung auf die vorgenommene Abtretung des pfändbaren Teils hingewiesen.
Dementsprechend gelangte das Gericht zur Überzeugung, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden sind und die Klage abzuweisen war.
Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass dem Kläger außerge- richtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Die der Beklagtenseite zuzurechnenden unzureichenden Auskünfte im Rahmen des Vergleichsverfahrens waren weder für die Erhebung der Klage, noch für deren Fortführung kausal gewesen, so dass aus Sicht des Gerichts eine vom Klageerfolg abweichende Kostenverteilung nicht vorzunehmen war.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aus einer Insolvenzgeldbewilligung einen Zahlungsanspruch hat.
Der am 1957 geborene Kläger hat bei der Beklagten am 15.01.2003 Insolvenzgeld für ausstehenden Arbeitslohn aus einer Beschäftigung bei dem insolventen Arbeitgeber Jörg Göbel beantragt. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11.01.2005 dem Kläger für den Insolvenzgeldzeitraum 27.06.2002 bis 26.09.2002 Insolvenzgeld in Höhe von 3.916,95 Euro bewilligt und gleichzeitig die Aufrechnung in voller Höhe gegen Forderungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 17.094,02 Euro erklärt.
Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 04.02.2005 Widerspruch ein und berief sich darauf, dass eine Aufrechnung überhaupt nur im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen möglich sei. Bezüglich des pfändungsfreien Betrages habe er seine Ansprüche jedoch zur Sicherung von Darlehen bereits vor Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld an seine Eltern abgetreten. Der Kläger hat im Weiteren mehrere Darlehensvereinbarungen aus dem Jahr 1983 bis 1989 und eine Vereinbarung vom 15.08.1990 vorgelegt. In letzterer ist festgehalten, dass der Kläger seinen Eltern aus Darlehen 250.000,00 DM schulde und zur Sicherung dieser Ansprüche alle seine Rechte aus seinem Busunternehmen sowie alle eventuell ihm künftig zustehenden pfändbaren Forderungen gegen einen jeweiligen Arbeitgeber und seine sämtlichen Forderungen aus Versorgungsleistung abtrete.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005, der am 20.05.2005 zur Post gegeben wurde, den Widerspruch zurück. Bei der Beklagten bestünden Verbindlichkeiten des Klägers in Höhe von 17.094,02 Euro aus gesetzlichem Forderungsübergang und zwar in Höhe von 2.239,48 Euro seit 12.02.1992 sowie in Höhe von 14.677,76 Euro seit Dezember 1996. Die Beklagte sei über eine Abtretung zukünftiger Forderungen in einer Urkunde vom 15.08.1990 am 07.02.2005 informiert worden. Die Abtretung be- rühre im vorliegenden Fall die Aufrechnung nicht. Die Gegenforderung sei vor dem Anspruch auf Insolvenzgeld fällig gewesen; die Vorausabtretung sei erst nach der Aufrechnung mitgeteilt worden. Die Aufrechnung habe auch nach § 54 Abs. 2 des 1. Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) in voller Höhe erfolgen können. Da eine Hilfsbedürftigkeit für die Vergangenheit nicht eintreten könne, habe eine Zahlung an den Kläger den Zweck der Lei- stung in der Sicherung von Lebensunterhalt nicht mehr bewirken können. Bei einer Abwägung der Interessen sei den Interessen an der Beitreibung der ausstehenden und bisher nicht erlangbaren hohen Gegenforderung der Vorzug zu geben.
Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 09.06.2005 am 14.06.2005 Klage zum Sozialgericht Würzburg.
Im weiteren Verlauf unterbreitete die Forderungseinzugsstelle in Bogen, die ebenfalls Teil der Beklagten ist, dem Kläger ein Vergleichsangebot. Bei ihm bestehe nach wie vor eine anerkannte Forderung in Höhe von 13.515,59 Euro. Bei Zahlung eines Betrages in Höhe von 500,00 Euro werde auf die Einziehung der dann noch bestehenden Restforderung verzichtet. Auf Nachfrage des Klägers übermittelte die Forderungseinzugsstelle drei Forde- rungsaufstellungen, die zusammen den im Angebot genannten Betrag ergaben. Hierbei waren ursprüngliche Forderungshöhe und Restforderung einander gegenüber gestellt, wobei die Differenz nur im Bereich einiger hundert Euro lag. Eine Aufrechnung bezüglich des Insolvenzgeldes war nicht genannt.
Der Kläger nahm mit Schreiben vom 13.10.2005 das Vergleichsangebot an, wonach gegen Zahlung von 500,00 Euro auf die Einziehung der dann noch bestehenden Restforderungen verzichtet werde und die Einziehungsverfahren endgültig abgeschlossen würden. Die Forderungseinzugsstelle übersandte dem Kläger eine Vergleichsbestätigung vom 23.11.2005, wonach der Vergleichsbetrag eingegangen sei und der Vergleich wirksam geworden sei. Weitere Ansprüche aus diesem Einziehungsverfahren würden nicht mehr geltend gemacht.
Der Kläger machte mit Schreiben vom 25.11.2005 geltend, dass die Grundlagen für die von der Beklagten geltend gemachte Aufrechnung entfallen sei. Nach den ihm übersandten Unterlagen habe eine anfängliche Forderung nur in Höhe von 13.515,59 Euro bestanden, auf deren weitere Geltendmachung im Rahmen des Ver- gleichsschlusses verzichtet worden sei.
Die Beklagte äußerte sich mit Schreiben vom 29.03.2006 dahingehend, dass die Anspruchsübergänge nach § 141 m des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) vom Februar 1992 7.533,86 DM (= 3.852,00 Euro) und vom November 1996 28.707,20 DM (= 14.677,76 Euro) betragen hätten. Entsprechend den Kassenanordnungen seien Auf- rechnungen im Rahmen des Anspruchs auf Insolvenzgeld am 11.01.2005 erfolgt und bei der Ermittlung der Forderung an den Kläger durch die Forderungseinzugsstelle bereits in Abzug gebracht gewesen. Der Vergleichsschluss habe deshalb keine Auswirkung auf das vorliegende Verfahren.
Der Kläger beantragt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 11.01.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, das mit Bescheid vom 11.01.2005 bewilligte Insolvenzgeld in Höhe von 3.916,95 Euro an den Kläger auszuzahlen.
3. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen sind zu erstatten.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Betrag von 3.916,95 Euro an die Eheleute F. und E. J. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen waren die Insolvenzgeldakte der Be- klagten und Unterlagen der Forderungseinzugsstelle in Bogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- akte und der beigezogenen Akten und Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist nicht begründet, da die Beklagte aus Sicht des Gerichtes wirksam eine Aufrechnung vorgenommen hat. Der Bewilligung von Insolvenzgeld durch die Beklagte an den Kläger vom 11.01.2005 stand eine höhere Gegenforderung der Beklagten, die auch fällig war, gegenüber. Dies ergibt sich für das Gericht zweifelsfrei aus den vorgelegten Unterlagen der Beklagten. Auch wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt, dass am 11.01.2005 die Beklagte noch Forderungen gegenüber ihm hatte, die einen Betrag von deutlich mehr als 4.000,00 Euro umfassten. Ausweislich der Unterlagen der Forderungseinzugsstelle wurden die For- derungen gegenüber dem Kläger am 12.01.2005 um einmal 2.239,48 Euro und einmal 1.677,47 Euro, mithin um 3.916,95 Euro gemindert.
An dieser Sachlage hat sich aus Sicht des Gerichtes auch nichts durch den Vergleichsschluss vom November 2005 geändert. Das an- genommene Angebot belief sich darauf, dass nach Zahlung eines Betrages von 500,00 Euro - auf eine noch offene anerkannte Forderung in Höhe von 13.515,59 Euro - auf die Einziehung der dann noch bestehenden Restforderung verzichtet werde. Auch die Bestätigung des Vergleichsschlusses sprach davon, dass weitere Ansprüche aus diesem Einziehungsverfahrens nicht mehr geltend gemacht würden. Trotz dieser Aussage wäre aus Sicht des Gerichtes im Hinblick auf die genannte Forderungssumme ein Wiederaufleben des bereits aufgerechneten Teils der Forderung für den Fall der Feststellung, dass die Aufrechnung unrechtmäßig gewesen wäre, nicht ausgeschlossen. Der Inhalt des geschlossenen Vergleiches belief sich nach beiderseitigem Willen darauf, dass gegen eine Zahlung von 500,00 Euro auf die Eintreibung der Restforderung von 13.015,59 Euro verzichtet werde. Dass die Beklagte hierbei das laufende Gerichtsverfahren übersah und der Kläger irrigerweise davon ausging, dass mit dem Wegfall der Restforderung auch rückwirkend die Aufrechnungsgrundlage entfalle, berührt letztlich den Vergleichsschluss nicht unmittelbar. Allerdings ist dem Kläger ein durch die fehlerhafte Auskunft der Forderungseinzugsstelle der Beklagten ausgelöstes Anfechtungsrecht (§ 119 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) zuzugestehen. Der Kläger könnte die Rückabwicklung des Vergleichsschlusses anstreben mit der Folge des Wiederauflebens der Forderung gegen Rückzahlung von 500,00 Euro durch die Beklagte an ihn.
Zwar hätte man aus den Unterlagen, die die Beklagte dem Kläger übersandt hatte, insoweit stutzig werden können, als dort die Forderung, die noch aus den neunziger Jahren datierte, von Anfang an in Euro ausgewiesen worden war und auch Forderungsermäßigungen nicht nachvollziehbar dargelegt worden waren. Gleichwohl ist es als wesentliches Versäumnis auf Seiten der Beklagten anzusehen, dass sie keine nachvollziehbare Aufschlüsselung der Forderungen und ihrer Veränderungen vorgenommen hatte.
Für das Gericht ergibt sich aber nach Durchsicht der vorge- legten Unterlagen folgender klarer Zusammenhang: Die ursprüngliche Hauptforderung von 28.707,20 DM aus dem November 1996 blieb in ihrem Bestand bis zur Euroumstellung unverändert und wurde dann auf 14.677,76 Euro umgestellt. Dieser Betrag wurde am 12.01.2005 durch einen Anteil des Aufrechnungsbetrages um 1.677,47 Euro gemindert, so dass die in den Aufstellungen der Forderungseinzugsstelle benannte Hauptforderung von 13.000,29 Euro entstand. Flankiert war diese Forderung von Vollstreckungskosten und Mahngebühren in Höhe von 102,82 Euro, die zum Teil auch Gegenstand von Vollstreckungsbescheiden geworden waren. Die zweite Hauptforderung von 7.533,86 DM aus dem Jahr 1992 war bis zum Oktober 1993 auf einen geringeren Betrag von 4.939,55 DM korrigiert worden. Aufgrund von Einzahlungen, die in Höhe von 559,50 DM auf die Hauptforderung Anrechnung fanden, reduzierte sich der Betrag bis 1994 auf 4.380,05 DM. Diese Summe wurde in den Betrag von 2.239,48 Euro umgestellt. Anzumerken ist , dass dieser Betrag zusammen mit dem bereits genannten Betrag von 14.677,76 Euro den im Widerspruchsbescheid vom 18.05.2005 aufgeführten Betrag der Verbindlichkeiten von 17.094,02 Euro ergibt. Am 12.01.2005 wurde diese Hauptforderung durch einen Teilbetrag der Aufrechnung in voller Höhe von 2.239,48 Euro gemindert. Es verblieben nur noch die in der Forderungsaufstellung der Beklagten genannten Vollstreckungskosten und Mahngebühren in Höhe von 128,15 Euro. Die dritte Forderung, aus der sich ein Restforderungsbetrag von 284,33 Euro ergab, war von der Beklagten im Rahmen der Aufrechnungsüberlegungen überhaupt nicht mit eingestellt worden.
Der im November 2005 erfolgte Vergleichsschluss hatte also auf die Aufrechnungsvorgänge im Januar 2005 keine Rückwirkung.
Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass bei einer Aufrechnung auch nicht die im Rahmen des § 54 Abs. 4 SGB I geltenden Pfändungsgrenzen zu berücksichtigen waren, sondern die Aufrechnung nach § 51 Abs. 1 i. V. m. § 54 Abs. 2 SGB I zu erfolgen hatte. Allein die Anknüpfung an eine frühere laufende Leistung macht aus der Leistung des Insolvenzgeldes keine laufende Zahlung. Die Anwendung des § 51 Abs. 1 SGB I wird auch nicht durch § 189 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch(SGB III) ausgeschlossen. Das Gericht folgt auch im Übrigen den Überlegungen des Sozialgerichts Münster in seiner Entscheidung vom 03.12.2004 (Az. S 5 AL 19/04), wonach das Insolvenzgeld gemäß herrschender Meinung als einmalige Geldleistung anzusehen sei, § 54 Abs. 2 SGB I zur Anwendung gelange und der Pfändungsschutz des § 850 Zivilprozessordnung (ZPO) sich auf lau- fende Arbeitseinkommen und nicht auf erheblich zurückliegende Bezugszeiträume beziehe.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte auch ausreichend den Billigkeitserwägungen im Rahmen der Pfändung und den Ermes- senserwägungen im Rahmen der Aufrechnung Rechnung getragen.
Die Beklagte war an der Aufrechnung auch nicht dadurch gehindert, dass der Kläger gegenüber seinen Eltern eine Abtretung von pfändbaren Forderungen gegen einen jeweiligen Arbeitgeber erklärt hatte. Zum einen ist fraglich, ob die durch § 189 SGB III mit einer Sonderstellung versehene Insolvenzgeldzahlung hiervon überhaupt erfasst war. Im Übrigen macht sich aber das Gericht die Rechtsauffassung der Beklagten zu eigen, wonach es im Hinblick auf § 407 Abs. 1 BGB darauf ankommen soll, ob zum Zeitpunkt der Aufrechnung eine zeitlich vorrangige Abtretung bekannt gewesen war. Dies war im Fall des Klägers eindeutig nicht der Fall gewesen. Der Kläger hatte nicht etwa bereits im Rahmen der Antragstellung auf die vorgenommene Abtretung des pfändbaren Teils hingewiesen.
Dementsprechend gelangte das Gericht zur Überzeugung, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden sind und die Klage abzuweisen war.
Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass dem Kläger außerge- richtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Die der Beklagtenseite zuzurechnenden unzureichenden Auskünfte im Rahmen des Vergleichsverfahrens waren weder für die Erhebung der Klage, noch für deren Fortführung kausal gewesen, so dass aus Sicht des Gerichts eine vom Klageerfolg abweichende Kostenverteilung nicht vorzunehmen war.
Rechtskraft
Aus
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