Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KR 437/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte im vor- liegenden Fall Kosten der künstlichen Befruchtung in voller Hö- he zu übernehmen hat.
Die am 28.04.1970 geborene Klägerin ist bei der Beklagten kran- kenversichert.
Unter Vorlage eines Behandlungsplans der Universitätsklinik W. vom 20.12.2004 bezüglich einer geplanten intracyto- plasmatischen Spermieninjektion hat die Klägerin bei der Beklagten eine Kostenübernahme für diese Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung beantragt. Die Gesamtkosten pro Zyklusfall wurden in zwei unterschiedlichen Berechnungen auf jeweils rund 2.600,00 Euro geschätzt.
Mit Schreiben vom 11.01.2005, dass keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, hat die Beklagte bezüglich des Antrags auf Kosten- übernahme der Klägerin mitgeteilt, dass Kosten der künstlichen Befruchtung von den gesetzlichen Krankenkassen nur noch zu 50 % der Behandlungskosten für maximal drei Versuche übernommen wür- den. Nach Prüfung des eingereichten Behandlungsplans könne sich die Beklagte zu 50 % an den geschätzten Gesamtkosten beteili- gen. In der Akte ist eine Genehmigungsentscheidung vom 11.01.2005 enthalten, wonach der Behandlungsplan für drei in Folge geplante Zyklen genehmigt werde, dies jedoch für den dritten ICSI-Zyklus unter dem Vorbehalt stehe, dass in einem von zwei Behandlungszyklen eine Befruchtung stattgefunden habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2005 legte die Klägerin durch ihre Be- vollmächtigten Widerspruch ein. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin die vollen Kosten der Kinderwunschbehandlung zu erstatten. Die Beklagte könne sich nicht auf die Regelungen des § 27 a Abs. 3 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) berufen, da diese verfassungswidrig sei. Die gesetzliche Regelung stelle ein unzumutbares Sonderopfer dar. Es würden das spezielle Dis- kriminierungsverbot aus dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Recht auf Familiengründung aus Art. 6 Abs. 1 GG sowie das Recht auf Nachkommenschaft aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Durch die Vorschrift erfolge ein Eingriff insbesondere in den Schutzbereich des Rechts auf Nachkommenschaft, der nicht gerechtfertigt sei und auch nicht verhältnismäßig sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, zurück. Die Krankenbehandlung umfasse unter bestimmten Voraussetzungen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwanger- schaft, wobei die Beschränkung auf 50 % der genehmigten Kosten der Maßnahmen aufgrund der gesetzlichen Vorschriften erfolge. Bei verfassungsrechtlichen Bedenken stünde es der Klägerin frei, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Die gesetzliche Kran- kenversicherung kenne auch in anderen Leistungsbereichen Eigen- beteiligungen.
Hiergegen erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schrei- ben vom 16.02.2006 am 21.02.2006 Klage zum Sozialgericht Würz- burg und wiederholten ihre Argumentation aus dem Widerspruchs- verfahren. Mit einem auf den 24.04.2007 datierten Telefax bean- tragten die Bevollmächtigten der Klägerin eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 02.05.2007 ebenfalls ihr Einverständnis zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11.01.2005 in Form des Widerspruchsbe- scheides vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Kosten für die Kinder- wunschbehandlung für drei Zyklen zu 100 % zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- akte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten schriftlich gegenüber dem Gericht ihr Einver- ständnis hiermit erklärt hatten (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zur Überzeugung des Gerichts nicht begründet. Da- bei ist zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen zur künstlichen Befruchtung im Rahmen des § 27 a SGB V hat, weil die Voraussetzungen des § 27 a Abs. 1 SGB V, u. a. die ärztliche Feststellung der Erforderlichkeit und der hinreichenden Erfolgsaussicht einer derartigen medizinischen Maßnahme, gegeben sind (§ 27 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V).
Die Beklagte hat entsprechend § 27 a Abs. 3 Satz 3 SGB V ihre Kostenübernahme auf 50 % der genehmigten Maßnahmekosten be- grenzt. Auch die Klägerseite bestreitet nicht, dass sich aus dieser Vorschrift das in den angefochtenen Bescheiden der Be- klagten vorliegende Ergebnis ableitet, sieht aber die Berufung der Beklagten auf diese gesetzliche Vorschrift als unzulässig an. Aus verfassungsrechtlichen Gründen sei eine volle Kostener- stattung geboten. Soweit in den Argumentationen auch Einwände gegen die Beschränkung des § 27 a Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz SGB V anklingen, sind diese nicht Gegenstand des Klagebegehrens, da die Klage auf die Kostenübernahme für - bereits genehmigte - drei Behandlungszyklen gerichtet ist.
Die Vorschrift des § 27 a SGB V war bereits Gegenstand einer Prüfung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.02.2007, Az. 1 BvL 5/03). Bei der dortigen Prüfung war der Gegenstand zwar darauf ausgerichtet, ob die Beschränkung auf Personen, die miteinander verheiratet sind, mit dem Grundgesetz vereinbar sei, was in dieser Entscheidung bejaht wurde.
Zugleich werden aber auch Ausführungen dazu gemacht, dass es verfassungsmäßig nicht zu beanstanden sei, dass der Gesetzgeber medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27 a SGB V nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen habe, sondern nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt habe. Dargelegt wird ferner, dass Art. 6 Abs. 1 GG keine Verpflichtung des Gesetzgebers entnommen werden könne, die Entstehung einer Familie durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung zu fördern. Dies gelte auch, wenn zusätzlich der Gedanke des Sozialstaatsprinzips mit herangezogen werde. Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 6 Abs. 5 GG seien als verfassungsrechtlicher Maßstab nicht heranzuziehen, weil ihr Schutzauftrag nicht Kinder erfasse, die noch nicht gezeugt seien.
Diese Entscheidung bestätigt die sozialgerichtliche Rechtspre- chung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 03.04.2001, SozR 3-2500 § 27 a Nr. 3). Zwar weist die ungewollte Kinderlosigkeit von Ehepaaren eine große Nähe zum Krankheitsbegriff auf, wie er § 27 SGB V zugrunde liegt. Maßnahmen zur Behebung der Kinderlosigkeit, die sich nicht auf Behandlungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit erstrecken, führen aber zu einem rechtlich anders gelagerten Ergebnis als eine diesbe- zügliche medizinische Krankheitsbehandlung (vgl. hierzu Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.10.2005, - Az. S 3 KR 2884/05, zitiert nach Juris -, das zudem darauf verweist, dass die Annahme eines Verlassens der Krankenbehandlung im klassischen Sinne auch durch die Berufung auf die Vorschriften zur allgemeinen Persönlichkeitsentfaltung gestärkt werde). Da es sich hierbei also nicht um eine Krankenbehandlung im strengen Sinn handelt, ist aus Sicht des Gerichtes der Gesetzgeber frei, den Umfang dieses Leistungsangebotes nach allgemeinen - auch gesamtwirtschaftlichen - Überlegungen auszugestalten. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber nicht nur eine Beschränkung der Maßnahmezyklen, wofür es eine medizin-statis-tische Grundlage gibt, sondern auch eine Beschränkung des Kostenanteils vorgenommen hat. Nachdem der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei war, konnte er den Kostenerstattungsanteil auch auf 50 % der Kosten festlegen.
Eine Erhöhung der Erstattungsquote sieht das Gericht auch nicht aus anderen verfassungsrechtlichen Grundlagen als geboten an. Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 GG ist im Wesentlichen als Abwehrrecht gegenüber dem Staat konzipiert. Ein Leistungsrecht auf Nachkommenschaft lässt sich daraus zur Überzeugung des Gerichts nicht ableiten. Dies gilt auch für die Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 GG. Auch hieraus kann nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber umfassend aktiv dafür Sorge tragen müsste, dass ein Grundrechtsträger Nachkommen bekommen kann, weil sonst beispielsweise auch die Frage eines Findens des geeigneten Ehepartners als Ergebnis einer solchen Leistungspflicht angesehen werden könnte. Auch dort gilt, dass gegebenenfalls lediglich die Behandlung psychischer Folgen, die dem Krankheitsbegriff unterfallen, eine Leistungsverpflichtung der Krankenversicherung auslöst.
Aus Sicht des Gerichtes war auch keine Ungleichbehandlung und keine damit verbundene Verletzung des Art. 3 GG zu erkennen: Es liegen keine gleichen Sachverhalte vor, die ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden. Ein Leistungsanspruch zur Herstellung gleicher Lebensverhältnisse kann daraus nicht abgeleitet werden. Auch aus dem Sozialstaatsprinzip lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber hier eine vollständige Kostenübernahme zu gewährleisten hätte. Beispielsweise sind die Kosten, die im Rahmen der schulischen Bildung von Kindern entstehen, auch nicht seitens des Gesetzgebers vollständig gedeckt. Ebensowenig wird hierbei zwischen finanziell besser gestellten und finanziell weniger gut gestellten Eltern differenziert, sofern es nicht um öffentlich-rechtliche Kostenregelungen geht.
Auch wenn die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 27 a SGB V noch nicht vollumfänglich höchstrichterlich geklärt ist, so sind für das Gericht keine Zweifel entstanden, dass diese Vor- schrift Anwendung finden kann und nicht gegen verfassungsrecht- liche Vorgaben verstößt (vgl. hierzu ergänzend LSG Baden-Würt- temberg, Urteil vom 13.06.2006, Az. L 11 KR 358/06 zitiert nach Juris).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass - da die Klägerin und ihr Ehegatte bei verschiedenen Krankenversicherungen versichert sind - die Kostenerstattung zwischen der Beklagten und der Krankenversicherung des Ehegatten (vgl. hierzu Rechtsstreit S 4 KR 17/07) entsprechend den geltenden Regelungen aufzuteilen ist.
Aus Sicht des Gerichtes waren die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden und die Klage war abzuweisen.
Aus der Klageabweisung ergibt sich die Kostenfolge (§ 193 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte im vor- liegenden Fall Kosten der künstlichen Befruchtung in voller Hö- he zu übernehmen hat.
Die am 28.04.1970 geborene Klägerin ist bei der Beklagten kran- kenversichert.
Unter Vorlage eines Behandlungsplans der Universitätsklinik W. vom 20.12.2004 bezüglich einer geplanten intracyto- plasmatischen Spermieninjektion hat die Klägerin bei der Beklagten eine Kostenübernahme für diese Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung beantragt. Die Gesamtkosten pro Zyklusfall wurden in zwei unterschiedlichen Berechnungen auf jeweils rund 2.600,00 Euro geschätzt.
Mit Schreiben vom 11.01.2005, dass keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, hat die Beklagte bezüglich des Antrags auf Kosten- übernahme der Klägerin mitgeteilt, dass Kosten der künstlichen Befruchtung von den gesetzlichen Krankenkassen nur noch zu 50 % der Behandlungskosten für maximal drei Versuche übernommen wür- den. Nach Prüfung des eingereichten Behandlungsplans könne sich die Beklagte zu 50 % an den geschätzten Gesamtkosten beteili- gen. In der Akte ist eine Genehmigungsentscheidung vom 11.01.2005 enthalten, wonach der Behandlungsplan für drei in Folge geplante Zyklen genehmigt werde, dies jedoch für den dritten ICSI-Zyklus unter dem Vorbehalt stehe, dass in einem von zwei Behandlungszyklen eine Befruchtung stattgefunden habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2005 legte die Klägerin durch ihre Be- vollmächtigten Widerspruch ein. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin die vollen Kosten der Kinderwunschbehandlung zu erstatten. Die Beklagte könne sich nicht auf die Regelungen des § 27 a Abs. 3 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) berufen, da diese verfassungswidrig sei. Die gesetzliche Regelung stelle ein unzumutbares Sonderopfer dar. Es würden das spezielle Dis- kriminierungsverbot aus dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Recht auf Familiengründung aus Art. 6 Abs. 1 GG sowie das Recht auf Nachkommenschaft aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt. Durch die Vorschrift erfolge ein Eingriff insbesondere in den Schutzbereich des Rechts auf Nachkommenschaft, der nicht gerechtfertigt sei und auch nicht verhältnismäßig sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, zurück. Die Krankenbehandlung umfasse unter bestimmten Voraussetzungen auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwanger- schaft, wobei die Beschränkung auf 50 % der genehmigten Kosten der Maßnahmen aufgrund der gesetzlichen Vorschriften erfolge. Bei verfassungsrechtlichen Bedenken stünde es der Klägerin frei, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Die gesetzliche Kran- kenversicherung kenne auch in anderen Leistungsbereichen Eigen- beteiligungen.
Hiergegen erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schrei- ben vom 16.02.2006 am 21.02.2006 Klage zum Sozialgericht Würz- burg und wiederholten ihre Argumentation aus dem Widerspruchs- verfahren. Mit einem auf den 24.04.2007 datierten Telefax bean- tragten die Bevollmächtigten der Klägerin eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 02.05.2007 ebenfalls ihr Einverständnis zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 11.01.2005 in Form des Widerspruchsbe- scheides vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Kosten für die Kinder- wunschbehandlung für drei Zyklen zu 100 % zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- akte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten schriftlich gegenüber dem Gericht ihr Einver- ständnis hiermit erklärt hatten (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zur Überzeugung des Gerichts nicht begründet. Da- bei ist zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen zur künstlichen Befruchtung im Rahmen des § 27 a SGB V hat, weil die Voraussetzungen des § 27 a Abs. 1 SGB V, u. a. die ärztliche Feststellung der Erforderlichkeit und der hinreichenden Erfolgsaussicht einer derartigen medizinischen Maßnahme, gegeben sind (§ 27 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V).
Die Beklagte hat entsprechend § 27 a Abs. 3 Satz 3 SGB V ihre Kostenübernahme auf 50 % der genehmigten Maßnahmekosten be- grenzt. Auch die Klägerseite bestreitet nicht, dass sich aus dieser Vorschrift das in den angefochtenen Bescheiden der Be- klagten vorliegende Ergebnis ableitet, sieht aber die Berufung der Beklagten auf diese gesetzliche Vorschrift als unzulässig an. Aus verfassungsrechtlichen Gründen sei eine volle Kostener- stattung geboten. Soweit in den Argumentationen auch Einwände gegen die Beschränkung des § 27 a Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz SGB V anklingen, sind diese nicht Gegenstand des Klagebegehrens, da die Klage auf die Kostenübernahme für - bereits genehmigte - drei Behandlungszyklen gerichtet ist.
Die Vorschrift des § 27 a SGB V war bereits Gegenstand einer Prüfung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.02.2007, Az. 1 BvL 5/03). Bei der dortigen Prüfung war der Gegenstand zwar darauf ausgerichtet, ob die Beschränkung auf Personen, die miteinander verheiratet sind, mit dem Grundgesetz vereinbar sei, was in dieser Entscheidung bejaht wurde.
Zugleich werden aber auch Ausführungen dazu gemacht, dass es verfassungsmäßig nicht zu beanstanden sei, dass der Gesetzgeber medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27 a SGB V nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen habe, sondern nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt habe. Dargelegt wird ferner, dass Art. 6 Abs. 1 GG keine Verpflichtung des Gesetzgebers entnommen werden könne, die Entstehung einer Familie durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung zu fördern. Dies gelte auch, wenn zusätzlich der Gedanke des Sozialstaatsprinzips mit herangezogen werde. Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 6 Abs. 5 GG seien als verfassungsrechtlicher Maßstab nicht heranzuziehen, weil ihr Schutzauftrag nicht Kinder erfasse, die noch nicht gezeugt seien.
Diese Entscheidung bestätigt die sozialgerichtliche Rechtspre- chung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 03.04.2001, SozR 3-2500 § 27 a Nr. 3). Zwar weist die ungewollte Kinderlosigkeit von Ehepaaren eine große Nähe zum Krankheitsbegriff auf, wie er § 27 SGB V zugrunde liegt. Maßnahmen zur Behebung der Kinderlosigkeit, die sich nicht auf Behandlungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit erstrecken, führen aber zu einem rechtlich anders gelagerten Ergebnis als eine diesbe- zügliche medizinische Krankheitsbehandlung (vgl. hierzu Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27.10.2005, - Az. S 3 KR 2884/05, zitiert nach Juris -, das zudem darauf verweist, dass die Annahme eines Verlassens der Krankenbehandlung im klassischen Sinne auch durch die Berufung auf die Vorschriften zur allgemeinen Persönlichkeitsentfaltung gestärkt werde). Da es sich hierbei also nicht um eine Krankenbehandlung im strengen Sinn handelt, ist aus Sicht des Gerichtes der Gesetzgeber frei, den Umfang dieses Leistungsangebotes nach allgemeinen - auch gesamtwirtschaftlichen - Überlegungen auszugestalten. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber nicht nur eine Beschränkung der Maßnahmezyklen, wofür es eine medizin-statis-tische Grundlage gibt, sondern auch eine Beschränkung des Kostenanteils vorgenommen hat. Nachdem der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei war, konnte er den Kostenerstattungsanteil auch auf 50 % der Kosten festlegen.
Eine Erhöhung der Erstattungsquote sieht das Gericht auch nicht aus anderen verfassungsrechtlichen Grundlagen als geboten an. Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 GG ist im Wesentlichen als Abwehrrecht gegenüber dem Staat konzipiert. Ein Leistungsrecht auf Nachkommenschaft lässt sich daraus zur Überzeugung des Gerichts nicht ableiten. Dies gilt auch für die Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 GG. Auch hieraus kann nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber umfassend aktiv dafür Sorge tragen müsste, dass ein Grundrechtsträger Nachkommen bekommen kann, weil sonst beispielsweise auch die Frage eines Findens des geeigneten Ehepartners als Ergebnis einer solchen Leistungspflicht angesehen werden könnte. Auch dort gilt, dass gegebenenfalls lediglich die Behandlung psychischer Folgen, die dem Krankheitsbegriff unterfallen, eine Leistungsverpflichtung der Krankenversicherung auslöst.
Aus Sicht des Gerichtes war auch keine Ungleichbehandlung und keine damit verbundene Verletzung des Art. 3 GG zu erkennen: Es liegen keine gleichen Sachverhalte vor, die ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden. Ein Leistungsanspruch zur Herstellung gleicher Lebensverhältnisse kann daraus nicht abgeleitet werden. Auch aus dem Sozialstaatsprinzip lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber hier eine vollständige Kostenübernahme zu gewährleisten hätte. Beispielsweise sind die Kosten, die im Rahmen der schulischen Bildung von Kindern entstehen, auch nicht seitens des Gesetzgebers vollständig gedeckt. Ebensowenig wird hierbei zwischen finanziell besser gestellten und finanziell weniger gut gestellten Eltern differenziert, sofern es nicht um öffentlich-rechtliche Kostenregelungen geht.
Auch wenn die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 27 a SGB V noch nicht vollumfänglich höchstrichterlich geklärt ist, so sind für das Gericht keine Zweifel entstanden, dass diese Vor- schrift Anwendung finden kann und nicht gegen verfassungsrecht- liche Vorgaben verstößt (vgl. hierzu ergänzend LSG Baden-Würt- temberg, Urteil vom 13.06.2006, Az. L 11 KR 358/06 zitiert nach Juris).
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass - da die Klägerin und ihr Ehegatte bei verschiedenen Krankenversicherungen versichert sind - die Kostenerstattung zwischen der Beklagten und der Krankenversicherung des Ehegatten (vgl. hierzu Rechtsstreit S 4 KR 17/07) entsprechend den geltenden Regelungen aufzuteilen ist.
Aus Sicht des Gerichtes waren die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden und die Klage war abzuweisen.
Aus der Klageabweisung ergibt sich die Kostenfolge (§ 193 SGG).
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