S 6 KR 342/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 342/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2007 wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass die von der Klägerin am 1. Dezember 2006 bei dem Beigeladenen zu 4 aufgenommene Tätigkeit der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung, der Sozialen Pflegeversicherung, der Gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

III. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die von ihr ab 1. Dezember 2006 bei dem Beigeladenen zu 4 ausgeübte Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

1.
Die 1959 geborene Klägerin erkrankte im Juni 2003 an einem niedrigmalignen follikulären B-Zelllymphom, Grad I, Stadium IV A. Da eine kurative Behandlung durch Bestrahlung nicht mehr möglich war, wurde die Durchführung klinischer Kontrolluntersuchungen empfohlen und bei Auftreten von Beschwerden bzw. sogenannter B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust), hämopoetischer Insuffizienz (unzureichender Nachbildung von Blutzellen) sowie raschem Wachstum befallener Lymphknoten die Durchführung einer palliativen Chemotherapie.

Am 10. Oktober 2006 befand sich die Klägerin zur Nachuntersuchung in stationärer Behandlung. Ausweislich des Entlassungsbriefes des L. Krankenhauses, S., sei die Klägerin subjektiv vollkommen beschwerdefrei gewesen und habe insbesondere keine B-Symptomatik gehabt. Sowohl bei der körperlichen Untersuchung als auch sonografisch hätten sich weiterhin große Lymphome gezeigt, insbesondere am Hals, supraclavikulär und retroaurikulär sowie multiple kleinere Lymphome in sämtlichen Lymphknotenstationen. Es bestehe weiterhin keine Therapieindikation. Eine weitere Nachsorgeuntersuchung könne in einem Vierteljahr beim Hausarzt oder nach einem halben Jahr im L. Krankenhaus erfolgen. Bei sich verändernder Klinik, insbesondere rezidivierenden Infekten oder B-Symptomatik, werde um umgehende Wiedervorstellung zur eventuellen Einleitung einer palliativen Chemotherapie gebeten.

Am 19. Dezember 2006 befand sich die Klägerin erneut im L. Krankenhaus. Ausweislich eines MDK-Gutachtens vom 16. Mai 2007 sei in dem Bericht des L. Krankenhauses ausgeführt, dass die Klägerin bereits Ende November 2006 neu auftretende Lymphknoten tief submandibulär rechts bemerkt habe, sowie einen fraglichen Lymphknoten in der rechten Leiste. In der vergangenen Woche habe die Klägerin immer wieder mal Schluckbeschwerden gehabt, das Brot sei im Halse hängengeblieben, Geschmacksstörungen seien aufgetreten, auch sei die Stimme wiederholt belegt gewesen. Eine regelrechte B-Symptomatik oder eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit würden nicht beschrieben. Da die Sonografie der Lymphknotenstation eine weitere Progredienz im cervikalen Bereich vor allem an der Tonsille nachgewiesen habe und aufgrund der Begleitbeschwerden sei die Durchführung einer Chemotherapie beschlossen worden, die am 9. Januar 2007 eingeleitet wurde und letztlich bis Juni 2007 durchgeführt wurde. Die Klägerin wurde vom 9. Januar 2007 bis 11. Januar 2007 stationär behandelt und war im Anschluss daran bis 15. Juli 2007 arbeitsunfähig.

2.
Die Klägerin war seit 1999 beim Beigeladenen zu 4 mit einer Wochenarbeitszeit von 15 Stunden geringfügig beschäftigt. Am 27. November 2006 schloss sie mit dem Beigeladenen zu 4 einen "Arbeitsvertrag für Beschäftigte im bayerischen Einzelhandel". Danach wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. Dezember 2006 als Verkäuferin angestellt. Ausweislich des Vertragstextes wurde der Arbeitsvertrag zur Probe für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 28. Februar 2007 abgeschlossen und endete durch Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedurft hätte. Die Dauer der Arbeitszeit betrug 73 Stunden pro Monat, was einer Wochenarbeitszeit von 17 Stunden entsprach. Die Meldung zur Sozialversicherungspflicht ging am 17. Januar 2007 bei der Beklagten ein. Ausweislich der Abrechnung für Dezember 2006 vom 16. Januar 2007 betrug - ausgehend von einem Bruttoverdienst von 448,95 Euro - der Nettoverdienst der Klägerin im Dezember 2006 333,12 Euro und ausweislich der Abrechnung für Januar 2007 vom 23. Januar 2007 für Januar 2007 netto 326,90 Euro. Der Beigeladene zu 4 leistete ab 9. Januar 2007 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, wofür er keinen Ausgleich nach Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung erhielt. Bis zur stationären Aufnahme am 9. Januar 2007 hat die Klägerin entsprechend der Vereinbarung im Arbeitsvertrag gearbeitet.

Seit 16. Juli 2007 ist die Klägerin wieder bei dem Beigeladenen zu 4 tätig. Es wurde ein neuer Vertrag geschlossen und die Klägerin hat ihre Wochenstundenzahl von 17 Wochenstunden auf 18,5 Wochenstunden erhöht. Sie arbeitet nunmehr regelmäßig montags, mittwochs und freitags nachmittags, dies vor dem Hintergrund, dass sie am Dienstag und am Donnerstag Arztbesuche wahrnehmen kann und das Arbeitsverhältnis darunter nicht leidet. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass ab 16. Juli 2007 ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

3.
Auf Veranlassung der Beklagten hin erstellte der MDK unter dem 16. Mai 2007 ein Gutachten nach Aktenlage. Darin führt der MDK aus, dass der Klägerin bereits im Juni 2003 mitgeteilt worden sei, dass bei Fortschreiten der Erkrankung eine palliativen Chemotherapie erforderlich sein würde. Die durchgeführten Kontrolluntersuchungen aus dem Jahre 2006 würden eine kontinuierliche Größenzunahme der Lymphknotenpakete im Sinne eines allmählichen aber kontinuierlichen Erkrankungsfortschritts belegen. Ende November habe die Klägerin dann Schwierigkeiten beim Schlucken von Nahrung gehabt und somit selbst neben den sich ständig vergrößernden Lymphknotenpaketen gesundheitliche Beschwerden bemerkt. In Kenntnis der langen Vorerkrankungsdauer und der bereits im Juni 2006 fachärztlich angedachten weiteren Therapie (Chemotherapie) sei nicht auszuschließen, dass die Versicherte Ende November 2006 zumindest deutliche Hinweise darauf gehabt habe, dass es zu einem erheblichen Fortschreiten ihrer Erkrankung mit weitergehen-der und auch Arbeitsunfähigkeit auslösender Behandlungsbedürftigkeit gekommen sei. Ein eindeutiger Beweis, dass die Klägerin bei Wechsel ihres Arbeitsverhältnisses von geringfügig beschäftigt zu versicherungspflichtig über das Fortschreiten der Erkrankung und die daraus resultierende Konsequenz mit längerer Arbeitsunfähigkeit und intensiver Behandlungsbedürftigkeit mit Chemotherapie informiert gewesen sei, liege nicht vor. Jedoch gebe es deutliche Hinweise, dass die Klägerin bei Auftreten von erheblichen Schluckbeschwerden und bereits seit Juni 2006 erstmals angedachter Chemotherapie hiermit habe rechnen können und dies u.U. ins Kalkül gezogen habe.

Unter dem 30. Mai 2007 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 4 an. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis komme nicht zustande, wenn ein Beschäftigungsverhältnis zum Zwecke der Erlangung von Leistungen vorgetäuscht werde oder ein Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis mit der Absicht eingehe, die Tätigkeit wegen der ihm bekannten Arbeitsunfähigkeit alsbald wieder aufzugeben. Die sozialversicherungspflichtige Anmeldung sei erst am 17. Januar 2007 eingegangen. Der dazugehörende Beitragsnachweis sei ebenfalls erst im Januar 2007 übermittelt worden. Auch die Lohnabrechnung für den Monat Dezember 2006 als Sozialversicherungspflichtige sei erst am 16. Januar 2007 erstellt worden, so dass sich der Verdacht auf nachträgliche Manipulation ergebe, weil Arbeitsunfähigkeit bereits ab 9. Januar 2007 vorgelegen habe. Bei immer stärker werdenden Beschwerden sei die Wochenarbeitszeit um ca. 15% erhöht worden und dies, obwohl bei Umstellung des Arbeitsverhältnisses von Aushilfstätigkeit auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigung objektiv festgestanden habe, dass die Klägerin auf längere Zeit keine verwertbare Arbeitskraft besitze. Die Beschäftigung habe nur dem Zweck der Erlangung eines Versicherungsschutzes mit Anspruch auf Krankengeld gedient. Erwähnenswert erscheine auch, dass ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Arbeitsentgelt von bis zu 400 Euro im Monat geringfügig und damit versicherungsfrei sei. Der Nettolohn habe daher bis November 2006 400 Euro betragen. Zum 1. Dezember 2006 sei ein nur unwesentlich höherer Bruttobetrag von 448,95 Euro vereinbart worden. Damit verbleibe netto deutlich weniger als vor der Erhöhung der Wochenarbeitszeit. Dies erhärte den Manipulationsverdacht zusätzlich. In einem Gespräch am 3. April 2007 habe die Klägerin erklärt, dass sie ihre Ansprüche gegenüber der Rentenversicherung durch die Pflichtbeiträge erweitern wollte. Dies sei ihr jedoch jederzeit durch den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit während der Ausübung der geringfügig entlohnten Beschäftigung möglich gewesen. Zudem widerspreche die Befristung der Lohnerhöhung auf nur 3 Monate den Gedanken der Aufstockung der Rentenversicherungsbeiträge und stütze den Missbrauchsverdacht. Hierauf erklärte die Klägerin, dass es nicht zutreffe, dass sie im Juni 2006 auf eine Therapie hingewiesen worden sei. Sie habe im November 2006 den Arbeitsvertrag geschlossen. Hintergrund sei die Renteninformation der Beigeladenen zu 2 gewesen. Erst im Dezember habe sie starke Halsschmerzen und Schluckbeschwerden bekommen, die mit Antibiotika behandelt worden seien. Als die Behandlung nicht angeschlagen habe, sei sie an das L. Krankenhaus überwiesen worden, wo die Chemotherapie angeraten worden sei. Ihr sei erklärt worden, dass die Chemotherapie gut vertragen werde. In der Woche, in der sie die Chemotherapie erhalten sollte, habe sie zu-hause bleiben und sich erholen wollen. Die zwei Wochen dazwischen habe sie arbeiten gehen wollen. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass ein Zusatzmedikament ihren Körper so schwächen würde. Unter dem 1. Juni 2007 äußerte sich der Beigeladene zu 4. Es sei ein üblicher Arbeitsvertrag mit Probezeit geschlossen worden. Die verspätete Anmeldung sei zustande gekommen, weil im vorweihnachtlichen Geschäftstrubel die Lohnunterlagen vergessen worden seien und deshalb nicht pünktlich zur Dezemberabrechnung im Steuerbüro angekommen seien. Die Klägerin habe ihn um Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von 15 auf 17 Stunden gebeten. Da die Klägerin bereits seit 1999 als geringfügig Beschäftigte bei ihm angestellt gewesen sei, sei er über die gesundheitliche Situation der Klägerin informiert gewesen, habe jedoch die Zuverlässigkeit und gute Arbeitsleistung der Klägerin geschätzt. Auch vermeintlich gesunde Arbeitnehmer würden durch Krankheit ausfallen. Durch die Ausfallzeit ab 12. Januar 2007, die im November 2006 noch nicht absehbar gewesen sei, sei er mit Mehrkosten belastet, weil er Lohnfortzahlung leiste und keine Lohnfortzahlungserstattung erhalte.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2007 erklärte die Beklagte, dass die am 1. Dezember 2006 aufgenommene Beschäftigung nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und auch nicht der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Dagegen ließ die Klägerin am 28. Juni 2007 Widerspruch einlegen. Es werde entschieden zurückgewiesen, dass ein Beschäftigungsverhältnis zum Zwecke der Erlangung von Leistung vorgetäuscht worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Klägerin sei bereits im Juni 2003 über das Krankheitsbild und bei Fortschreiten der Erkrankung über die bestehende Notwendigkeit zur Einleitung einer chemotherapeutischen Intervention informiert gewesen. Die Klägerin habe den Umfang ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt erhöht, zu dem zum einen ihre körperlichen Beschwerden bereits zugenommen hätten und zum andern die mehrfach empfohlene Chemotherapie vermutlich unumgänglich gewesen sei. Hintergrund sei die Erlangung eines Krankengeldanspruchs bei etwaiger längerer Arbeitsunfähigkeit – wie sie häufig bei Chemotherapien eintrete. Synergieeffekte bezüglich des Erwerbens eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bzw. eines höheren Rentenanspruchs würden erst später eintreten. Die Erhöhung des Rentenanspruchs sowie das vollständige Leistungsspektrum der Deutschen Rentenversicherung wären zudem jederzeit auch während der Ausübung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung möglich gewesen. Hierzu hätte die Klägerin lediglich den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit erklären müssen und den Aufstockungsbetrag einzahlen müssen. Der Arbeitsvertrag sei erst am 17. März 2007 per Fax bei der Beklagten eingegangen. Auch diese Unstimmigkeit erhärte den Verdacht auf eine nachträgliche Manipulation. Die Ausführung des Arbeitgebers, dass die verspätete Anmeldung aufgrund des vorweihnachtlichen Geschäftstrubels erfolgt sei, überzeuge nicht, weil diese Aussage objektiv nicht nachprüfbar sei.

4.
Dagegen erhob die Klägerin am 26. Oktober 2007 Klage und beantragte zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die von ihr ab 1. Dezember 2006 bei dem Beige-ladenen zu 4 aufgenommene Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung , der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

5.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

6.
Am 17. Februar 2008 wurde der Rechtsstreit erörtert. Hierbei gab die Klägerin an, am 11. Dezember 2006 wegen Schluckbeschwerden beim Hausarzt gewesen zu sein. Sie sei zuerst dort behandelt und anschließend ab 19. Dezember 2006 im L. Krankenhaus. Dort sei ihr die Chemotherapie geraten worden. Sie sei davon ausgegangen, dass sie in den zwei Wochen nach der Chemotherapie arbeiten könne.

Am 26. Februar 2009 erging der Beiladungsbeschluss. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beigeladene zu 4, dass die Klägerin im Oktober/November 2006 mit der Bitte auf ihn zugekommen sei, ihre Stunden aufzustocken. Er sei der Aufstockung gerne nach-gekommen, weil er Personalbedarf gehabt habe und es sich bei der Klägerin um eine gute Kraft handeln würde. Der geschlossene Arbeitsvertrag sei vom Steuerbüro aufgesetzt worden. Es handle sich um einen typischen Arbeitsvertrag, den er mit seinen anderen Angestellten auch so abgeschlossen habe.

7.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Beklagtenakte und die Gerichtsakte sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die von der Klägerin seit 1. Dezember 2006 ausgeübte Tätigkeit in der Firma des Beigeladenen zu 4 stellt zur Überzeugung des Gerichts eine wirksame abhängige Beschäftigung dar, weshalb die Klägerin ab 1. Dezember 2006 der Versicherungspflicht in der Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung sowie der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

1.
Nach § 28 h Abs. 2 SGB IV entscheidet die Krankenkasse als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung so-wie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungs- und Beitragspflicht richtet sich in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nach besonderen Bestimmungen (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Voraussetzung hierfür ist für die Versicherungs- und Beitrags-pflicht in der im vorliegenden Verfahren einzig denkbaren Alternative jeweils eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 7 SGB IV, das regelmäßig im Monat 400 Euro übersteigt, vgl. § 8 SGB IV. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in seiner seit 1. Juli 1975 geltenden Fassungen ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

2.
In der Regel begründet ein wirksames Arbeitsverhältnis auch eine sozialversicherungsrechtlich bedeutsame Beschäftigung. Hierbei handelt es sich aber lediglich um einen Grundsatz, der in bestimmten Fällen eine Beschäftigung trotz wirksamen Arbeitsverhältnisses ausschließt.

2.1
Ein derartiger Fall war nach der früheren Rechtsprechung der sogenannte missglückte Arbeitsversuch. Er lag vor, wenn objektiv feststand, dass der Beschäftigte bei Aufnahme der Arbeit zu ihrer Verrichtung nicht fähig war oder er die Arbeit nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit - etwa unter der Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Leidens - würde verrichten können, und wenn er die Arbeit entsprechend der darauf zu gründenden Erwartung vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit aufgegeben hatte. Ein missglückter Arbeitsversuch wurde dagegen verneint, wenn der Beschäftigte trotz der genannten ungünstigen Erwartung tatsächlich brauchbare Arbeit über einen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum geleistet hatte und deshalb nach den Umständen des Falles darauf vertrauen durfte, durch seine Beschäftigung Versicherungsschutz erworben zu haben. Eine feste Grenze für einen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeitraum hat das Bundessozialgericht nicht gezogen. Ein missglückter Arbeitsversuch wurde nach dreiwöchiger Beschäftigung noch bejaht, nach sechswöchiger Beschäftigung verneint (vgl. BSG, Urteil vom 04.12.1997 12 RK 3/97 - zitiert nach juris, m.w.N.).

2.2
Die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs ist seit Inkrafttreten des SGB V nicht mehr anzuwenden, weil das SGB V keine Vorschrift enthält, nach der die Versicherungspflicht von bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen oder von Arbeitsfähigkeit ab-hängt. Auch rechtfertigt das Versicherungsprinzip die Ablehnung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr. 1 SGB V nicht, weil durch diese Rechtsfigur nur ein Arbeitsunfähiger von der Versicherungspflicht ausgeschlossen wurde, nicht aber ein arbeitsfähiger chronisch Kranker, für den die Leistungsaufwendungen der Krankenkasse erheblich höher sein können als bei dem Arbeitsunfähigen. Auch steht die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs im Widerspruch zum Solidaritätsprinzip. Die Notwendigkeit einer Missbrauchsabwehr rechtfertigt den Ausschluss der Versicherungspflicht ebenfalls nicht. Wenn die Versicherung ungeachtet bestehender Arbeitsunfähigkeit durch den Eintritt in die entgeltliche Beschäftigung begründet wird, kommt die Annahme von Missbrauch nicht allein deswegen in Betracht, weil die Beschäftigung nur kurze Zeit gedauert hat. Denn Missbrauch setzt ein subjektives Element voraus, das in der Regel fehlen wird, wenn der Beschäftigte Krankheit und Arbeitsunfähigkeit nicht kannte. Einem Ungleichgewicht von Leistungen und Beiträgen kann nicht durch die Unterstellung von Missbrauch und den so begründeten Ausschluss der Versicherung begegnet werden. Vielmehr bedürfte es dazu geeigneter gesetzlicher Regelungen der Risikobegrenzung (vgl. auch zu weiteren Gründen gegen die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs: BSG, Urteil vom 04.12.1997 - 12 RK 3/97 - zitiert nach juris).

2.3
Allerdings scheidet nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer anschließt, ausnahmsweise bei Vorliegen eines "Scheingeschäfts" im Sinne des § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine Versicherungspflicht aus. Ein Scheingeschäft liegt dann vor, wenn das Beschäftigungsverhältnis lediglich vorgetäuscht wird, um Leistungen der Krankenversicherung zu erlangen. Legen die Umstände des Falles ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse nahe, so bedarf es einer sorgfältigen Aufklärung dieser Umstände und der von den Arbeitsvertragsparteien wirklich verfolgten Absichten. Beispielsweise können zusätzliche Ermittlungen erforderlich sein, wenn bereits bei der Arbeitsaufnahme Arbeitsunfähigkeit besteht, dieses bekannt ist und die Arbeit alsbald aufgegeben wird. Kommen weitere Umstände, etwa eine familiäre oder verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Arbeitsvertragsparteien, das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags, eine offensichtlich vom üblichen Rahmen abweichende Lohnhöhe, der Verlust eines anderweitigen Versicherungsschutzes oder eine rückwirkende Anmeldung bei der Krankenkasse nach zwischenzeitlichem Auf-treten einer kostenaufwendigen Erkrankung hinzu, kann von einer Versicherungspflicht nur ausgegangen werden, wenn weitere Tatsachen diese Verdachtsmomente entkräften. Soweit sich die Tatsachengrundlage objektiv nicht aufklären lässt, trägt derjenige den rechtlichen Nachteil, der sich auf sie beruft (BSG, Urteil vom 29.09.1998 - B 1 KR 10/96 R - zitiert nach juris).

3.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 4 mit Vertrag vom 27. November 2006 begründete Arbeitsverhältnis zum 1. Dezember 2006 ein wirksames Beschäftigungsverhältnis darstellt, weshalb die Klägerin der Gesamtsozialversicherungspflicht ab 1. Dezember 2006 unterlag.

3.1
Die Klägerin hat tatsächlich am 1. Dezember 2006 ihre Arbeit aufgenommen und letztlich bis zur stationären Aufnahme am 9. Januar 2007 gearbeitet. In dieser Zeit war sie nicht arbeitsunfähig, was im Übrigen auch nicht von der Beklagten behauptet wird. Die Klägerin ist demnach ihren arbeitsrechtlichen Pflichten fast sechs Wochen nachgekommen. Damit liegt ein wirksames Beschäftigungsverhältnis selbst nach den – aus Sicht des Versicherten – strengeren - und im Übrigen inzwischen aufgegebenen - Regelungen des miss-glückten Arbeitsversuchs vor.

3.2
Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten einvernehmlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen und die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundene Rechtswirksamkeit nicht eintreten lassen wollten, liegen zur Überzeugung des Gerichts nicht vor. Die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die tatsächlich geleistete Arbeit über fast sechs Wochen, die Lohnzahlung einschließlich der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die damit verbundene Lohn- und Kirchensteuerpflicht sowie die Tatsache, dass der Beigeladene zu 4 keinen Anspruch auf Ausgleich nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung hat, rechtfertigen zur Überzeugung des Gerichts den Schluss auf die ernstliche Absicht, die mit der Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis verbundenen gegenseitigen rechtlichen Verpflichtungen einzugehen. Damit liegt ein Scheingeschäft nicht vor.

3.3.
Auch ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht gegeben.

3.3.1
Die Klägerin war weder am 27. November 2006 noch am 1. Dezember 2006 arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit trat erst mit Beginn der Chemotherapie am 9. Januar 2007 ein. Auch hat die Klägerin ihre Beschäftigung nicht "alsbald" aufgegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reicht eine Tätigkeit von fünf Tagen aus, um ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1997 - 12 RK 3/97 - zitiert nach juris). Dann kann erst recht bei einer Beschäftigung, die fast sechs Wochen tatsächlich vollzogen wurde, nicht von einer "alsbaldigen" Aufgabe der Beschäftigung gesprochen werden. Allein deshalb scheidet bereits ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse aus, die ausnahmsweise einem Beschäftigungsverhältnis entgegenstehen.

3.3.2
Davon unabhängig ist ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse auch deshalb nicht gegeben, weil zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Klägerin bei Abschluss des Vertrages bzw. bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses gerade keine Kenntnis davon hatte, dass sie aufgrund der Durchführung einer Chemotherapie demnächst arbeitsunfähig werde.

3.3.2.1
Nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung stellt das Nichtvorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses trotz wirksamen Arbeitsverhältnisses eine Ausnahme dar. Damit liegt die objektive Feststellungslast bei der Beklagten. Denn sie will aus der Ausnahme Rechte herleiten. In seinem Gutachten vom 16. Mai 2007 weist der von der Beklagten eingeschaltete MDK selbst darauf hin, dass lediglich "nicht auszuschließen [ist], dass die Versicherte Ende November 2006 zumindest deutliche Hinweise darauf gehabt hat, dass es zu einem erheblichen Fortschreiten ihrer Erkrankung mit weitergehender und auch Arbeitsunfähigkeit auslösender Behandlungsbedürftigkeit [ ... ] gekommen ist." Weiter führt der MDK wörtlich aus, dass "ein eindeutiger Beweis, dass die Klägerin bei Wechsel ihres Arbeitsverhältnisses von geringfügig beschäftigt zu versicherungspflichtig über das Fortschreiten der Erkrankung und die daraus resultierende Konsequenz mit längerer Arbeitsunfähigkeit und intensiver Behandlungsbedürftigkeit mit Chemotherapie informiert war, [ ...] nicht" vorliegt. Damit ist die positive Kenntnis der Klägerin von der bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit nicht nachweisbar, was - wie aufgezeigt - zu Lasten der Beklagten geht.

3.3.2.2
Davon unabhängig trifft zur Überzeugung des Gerichts nicht zu, dass die Klägerin deutliche Hinweise für eine bevorstehende Arbeitsunfähigkeit aufgrund erforderlicher Chemotherapie gehabt hat.

Der Klinikbrief des L. Krankenhauses vom 6. Juni 2006, der angeblich eine beabsichtigte Chemotherapie erwähnt und der nicht in den Akten enthalten ist, was im Übrigen im Rahmen der Beweiswürdigung zu Lasten der Beklagten gehen würde, weil die Be-klagte trotz der in der Zustellung der Klage enthaltenen Aufforderung des Gerichts die Akten anscheinend nur unvollständig vorgelegt und damit ihre Mitwirkungslast verletzt hat (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 119 Rd.Nr. 6a), wird durch den späteren Klinikbrief vom 12. Oktober 2006 entkräftet und zeitlich überholt. Dort ist ausgeführt, dass die Klägerin subjektiv vollkommen beschwerdefrei sei und insbesondere keine B-Symptomatik habe, weshalb – was ausdrücklich erwähnt ist – keine Therapieindikation bestehe. Von daher kann bei der Klägerin, die einen typischen dem Bevölkerungsdurchschnitt entsprechenden - auch medizinischen - Kenntnisstand aufweist, was das Gericht anlässlich des Erörterungs- und des Verhandlungstermins feststellen konnte, nicht davon ausgegangen werden, dass sie im November 2006 von einer bevorstehenden Chemotherapie ausging. Deutliche Hinweise auf eine bevorstehende Arbeitsunfähigkeit Ende November 2006 ergeben sich schließlich auch nicht aus dem Klinikbrief vom 19. Dezember 2006, der gleichfalls nicht in den Akten ist, was - wie aufgezeigt - im Rahmen der Beweiswürdigung zu Lasten der Beklagten geht. Ausweislich des Gutachtens vom MDK vom 16. Mai 2007 soll in dem Klinikbrief vom 19. Dezember 2006 erwähnt sein, dass die Klägerin bereits Ende November 2006 neu auftretende Lymphknoten tief submandibulär rechts bemerkt habe, sowie einen fraglichen Lymphknoten in der rechten Leiste. In Bezug auf Schluckbeschwerden führt das MDK-Gutachten unter "Vorgeschichte/Anamnese" aus, dass der Klinikbrief vom 19. Dezember 2006 von Schluckbeschwerden "in der vergangenen Woche", also Mitte Dezember, spricht. Die vom MDK vorgenommene Beurteilung, dass die Klägerin bereits Ende November 2006 Schwierigkeiten beim Schlucken von Nahrung gehabt habe, was letztlich das Erfordernis einer Chemotherapie mitauslöste, ist damit bereits aus den Gutachten des MDK heraus nicht nachvollziehbar.

Es steht daher zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin bei Vertragsschluss und/oder Arbeitsaufnahme nicht davon ausging, demnächst arbeitsunfähig zu sein. Damit deckt sich die glaubhafte Aussage der glaubwürdigen Klägerin im Erörterungstermin, dass sie den Rat zu einer Chemotherapie erst am 19. Dezember 2006 erhalten hat.

3.3.3
Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bei Vertragsschluss bzw. Arbeitsaufnahme von einer bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit ausgegangen ist. Ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist somit nicht gegeben

3.4
Der Annahme eines wirksamen Beschäftigungsverhältnisses steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Arbeitsvertrag zur Probe auf Zeit geschlossen war, die Anmeldung erst zum 17. Januar 2007 und der Arbeitsvertrag erst am 17. März 2007 bei der Beklagten eingegangen ist. Der Beigeladene zu 4 hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass es sich bei dem verwendeten Arbeitsvertrag um einen von ihm üblicherweise verwendeten Arbeitsvertrag handelt, was das äußere Erscheinungsbild des Arbeitsvertrages bestätigt. Der Befristung ist daher keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Auch die im Verwaltungsverfahren vom Beigeladenen zu 4 vorgetragene Einlassung, die verspätete Anmeldung sei dem vorweihnachtlichen Trubel geschuldet, reicht zur Überzeugung des Gerichts aus, die Verspätung zu rechtfertigen. Denn der Beigeladene zu 4 hat einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Glaubhaft hat er die Umstände geschildert, die aus seiner Sicht zu einer Erhöhung der Arbeitszeit geführt haben. Seine Beweggründe - auch soweit sie im Verwaltungsverfahren lediglich schriftlich vorgetragen wurden - sind für das Gericht nachvollziehbar. Auch dem Umstand, dass der Arbeitsvertrag erst im März 2007 bei der Beklagten einging, misst das Gericht keine besondere Bedeutung bei, auch wenn anlässlich eines Telefonats zwischen der Klägerin und der Beklagten am 12. Februar 2007 die umgehende Übersendung vereinbart worden sein soll. Ausweislich des Klinikbriefs vom 6. Februar 2007 wurde vom 6. bis 7. Februar 2007 der zweite Zyklus der Chemotherapie durchgeführt, so dass die Klägerin am 12. Februar 2007 und danach aus verständlichen Gründen der Beibringung diverser Unterlagen keine besonders hohe Priorität eingeräumt hat. Wäre die zeitnahe Vorlage eines Arbeitsvertrages von immenser Bedeutung, wäre im Übrigen nicht nachvollziehbar, warum sich die Beklagte nicht direkt an den Beigeladenen zu 4 gewandt hat, der nicht durch eine Chemotherapie geschwächt war.

3.5
Ein Beschäftigungsverhältnis scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin andere Möglichkeiten gehabt hat, ihr vordringliches Ziel, eine Rentenversicherungspflicht herbeizuführen, zu verwirklichen, nämlich dadurch, dass sie nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichtet mit der Folge, dass sie den vom Arbeitgeber zu leistenden Beitrag zur Rentenversicherung auf den gesetzlichen Beitrag aufstockt (§ 168 Abs. 1 Nr. 1b SGB VI). Dem Betroffenen kann es nicht zum Nachteil gereichen, wenn er sich bei Bestehen verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten für die eine entscheidet und von der anderen absieht. In einem solchen Fall liegt insbesondere kein Rechtsmissbrauch vor, weil grundsätzlich davon aus-zugehen ist, dass der Berechtigte den ihm zustehenden Anspruch im gesetzlichen Rahmen mit legalen Mitteln ausschöpfen kann (vgl. zur Steuerklassenwahl beim Elterngeld BSG, Urteil vom 25.06.2009 - B 10 EG 3/08 R - zitiert nach juris).

4.
Unter erneuter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles steht daher zur Über-zeugung des Gerichts fest, dass weder ein Scheingeschäft, noch ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse vorliegt, weshalb ein wirksames Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen ist. Da die Geringfügigkeitsgrenze von 400 Euro überschritten wurde, unterlag die Klägerin ab 1. Dezember 2006 der Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie der Versich-rungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2007 ist somit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er war daher aufzuheben und die Feststellung zu treffen, dass die von der Klägerin ab 1. Dezember 2006 bei dem Beigeladenen zu 4 aufgenommene Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

5. Die Entscheidung über die Kosten nach § 193 SGG ist getragen von der Erwägung, dass die Klage im vollen Umfang Erfolg hat.
Rechtskraft
Aus
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