Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 8/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Einmalig im November 2015 gezahltes Weihnachtsgeld ist bei Wiederaufnahme einer Tätigkeit im November 2015 nach Elternzeit im Rahmen der Betragsbemessung lediglich zu 2/12 in Ansatz zu bringen.
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2017 verurteilt, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit von 01.06.2016 bis 31.12.2016 unter Zuordnung des im November 2015 gewährten Weihnachtsgeldes in Höhe von lediglich 1/12 als monatliche beitragspflichtige Einnahme festzusetzen.
II. Die Beklagte erstattet der Klägerin deren außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit von 01.06.2016 bis 31.12.2016.
Die Klägerin war seit 01.04.2012 als geschäftsführende Gesellschafterin freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Im Rahmen dieser Tätigkeit erzielt die Klägerin ein monatliches Brutto-Gehalt in Höhe von 2.300,- EUR. Mit Beschluss vom 17.12.2014 beschloss die Gesellschafterversammlung - aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage - der Klägerin im November 2015 einmalig ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.300,- EUR zu zahlen.
In der Zeit von 26.09.2014 bis zum 02.01.2015 war die Klägerin aufgrund des Bezugs von Mutterschaftsgeld beitragsfrei versichert. Im Anschluss daran befand sie sich bis zum 31.10.2015 in Elternzeit. Währenddessen erfolgte die Beitragsbemessung im Rahmen der Ehegatteneinstufung anhand beitragspflichtiger Einnahmen des Ehemanns der Klägerin. Nach dem Ende der Elternzeit nahm die Klägerin ihre Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin zum 01.11.2015 wieder auf. Die Beklagte setzte die Beiträge - basierend auf dem Steuerbescheid 2014 - ab 01.11.2015 auf 377,41 EUR monatlich fest (Bescheid vom 15.12.2015).
Im November 2016 reicht die Klägerin bei der Beklagten den Steuerbescheid 2015 (vom 03.05.2016) ein.
Mit Bescheid vom 14.11.2016 setzte die Beklagte die Beiträge ab dem 01.06.2016 nach beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von monatlich 3.755,08 EUR neu fest. Die Klägerin sei im Jahr 2015 lediglich im November und im Dezember selbstständig als Geschäftsführerin tätig gewesen. Aus dem Einkommensteuerbescheid 2015 gingen Einnahmen aus nichtselbstständige Arbeit in Höhe von 7.469,- EUR hervor. Diese Einnahme würden auf zwei Monate verteilt und betrugen somit monatlich 3.734,50 EUR. Zu diesen Einnahmen als Geschäftsführerin würden die Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von monatlich 20,58 EUR addiert. Hieraus errechne sich ein monatlicher Gesamtbeitrag ab 01.06.2016 in Höhe von 674,03 EUR.
Zur Begründung des deswegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin unter Vorlage von Gehaltsabrechnungen für 11/15 und 12/15 im Wesentlichen vor, das unveränderte monatliche Bruttoeinkommen betrage 2.300,- EUR. Zusätzlich habe sie eine einmalige Sonderzahlung im Monat November in Höhe von 2.300,- EUR erhalten. 2016 sei keine Sonderzahlung vorgesehen. Hätte sie 2015 das ganze Jahr gearbeitet, wäre die einmalige Sonderzahlung in der gleichen Höhe erfolgt.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 20.12.2016 die Beiträge ab 01.01.2017 unter Berücksichtigung von beitragspflichtigen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.495,55 EUR auf nunmehr 451,64 EUR neu fest.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 19.01.2017 teilte die Klägerin mit, zwar sei Weihnachtsgeld im November 2015 ausgezahlt worden. Die Klägerin habe dieses aber über das gesamte Jahr monatlich pro rata temporis verdient. Der Anspruch auf Weihnachtsgeld sei auch während der Elternzeit entstanden.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Beitragsbemessung in der Zeit vom 01.06.2016 bis zum 31.12.2016 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 07.12.2017.)
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt Sie im Wesentlichen vor, das einmalig gezahlte Weihnachtsgeld sei nach § 5 Abs. 3 BVSzGs nur zu 2/12 zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2017 zu verurteilen, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit von 01.06.2016 bis 31.12.2016 unter Zuordnung des im November 2015 gewährten Weihnachtsgeldes in Höhe von lediglich 1/12 als monatliche beitragspflichtige Einnahme festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist Sie auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 01.06.2016 bis 31.12.2016 in unzutreffender Höhe festgesetzt.
1. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung - hier: derjenige vom 15.12.2015 - vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2).
Vorliegend ist eine wesentliche Änderung eingetreten, da die Klägerin höhere Einnahmen erzielt hat, die zur Festsetzung höherer Beiträge führte. Dabei hat die Beklagte der Beitragsbemessung zutreffend die im Einkommenssteuerbescheid vom 03.05.2016 für das Kalenderjahr 2015 ausgewiesenen Einkünfte zugrunde gelegt.
Die Klägerin ist als freiwilliges Mitglied der Beklagten beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV; § 223 SGB V). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV folgt die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung (sPV; § 20 Abs. 3 SGB XI) sowie die Pflicht, Beiträge zur sPV zu entrichten (§ 54 Abs. 2 SGB XI).
Streitig ist vorliegend allein die Beitragsberechnung hinsichtlich der im November 2015 erhaltenen Jahressonderzahlung in Höhe von einmalig 2.300,- EUR Weihnachtsgeld.
Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der GKV Versicherten nach § 240 SGB V, der über § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI für die Berechnung der Beiträge zur sPV entsprechend gilt. Nach § 240 Abs. 1 und Abs. 2 S 1 SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der GKV einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpVBdKK) geregelt; dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt und bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds herangezogen werden, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Diesem Regelungsauftrag ist der SpVBdKK durch Erlass der BeitrVerfGrsSz vom 27.10.2008 nachgekommen. Gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BeitrVerfGrsSz (in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.12.2014) werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen hat. Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 1 S 1 BeitrVerfGrsSz). Nach § 3 Abs. 1a BeitrVerfGrsSz gelten Einnahmen eines selbstständig Erwerbstätigen, die steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit behandelt werden, als Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV. Entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Der Nachweis für Arbeitseinkommen ist nach § 6 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BeitrVerfGrsSz immer über den aktuellen Einkommensteuerbescheid zu führen. Das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bleibt bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheids maßgebend. Der neue Einkommensteuerbescheid ist für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen. Legt das Mitglied den Einkommensteuerbescheid später vor und ergäbe sich eine günstigere Beitragsbemessung, sind die Verhältnisse erst ab Beginn des auf die Vorlage dieses Einkommensteuerbescheids folgenden Monats zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 BeitrVerfGrsSz).
Nach diesem Maßstab ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte der Beitragsberechnung grundsätzlich die im Steuerbescheid 2015, erlassen am 03.05.2016, festgesetzten Einkünfte der Klägerin in Höhe von 7.469,00 EUR (und damit auch die Jahressonderzahlung) ab 01.06.2016 zugrunde legt.
Allerdings hat die Beklagte die einmalige Sonderzahlung nicht zutreffend zugeordnet. Nach § 5 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz sind die beitragspflichtigen Einnahmen jeweils dem Monat der Mitgliedschaft, für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen (Beitragsmonat). Laufende beitragspflichtige Einnahmen sind dem Beitragsmonat zu zuordnen, in dem der Anspruch auf sie entsteht oder in dem sie zufließen, sofern nicht eine typisierende Zuordnung bei der Beitragsbemessung der einzelnen Personengruppen vorgeschrieben ist (§ 5 Abs. 2 BeitrVerfGrsSz). Einmalige beitragspflichtige Einnahmen sind nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BeitrVerfGrsSz ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Dies gilt abweichend von § 23a SGB IV auch für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im Voraus zu erwarten sind, sind vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des Betrags für zwölf Monate zuzuordnen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 BeitrVerfGrsSz).
Nach diesem Maßstab hat die Beklagte unzutreffend die einmaligen Einkünfte im November 2015, das Weihnachtsgelt, in Höhe von 2.300,- zur Hälfte berücksichtigt. Richtigerweise sind nach dem Wortlaut der Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 BeitrVerfGrsSz für die Beitragsbemessung jeweils lediglich 1/12 der Jahressonderzahlung für die Monate November 2015 und Dezember 2015 in Ansatz zu bringen (= 191,67 EUR). Dies entspricht zur Überzeugung der Kammer auch Sinn und Zweck der Regelung: Die Klägerin hat die Jahressonderzahlung für das gesamte Kalenderjahr erhalten. Aus diesem Grund ist das Geld auf das gesamte Kalenderjahr gleichmäßig zu verteilen. Ansonsten würde man unterstellen, die Klägerin habe ab November 2015 regelmäßige Einkünfte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit in Höhe von 3.450,- EUR erzielt (= 2.300 EUR + [2.300 EUR / 2]), was zu einer überproportionalen Verbeitragung der Sonderzahlung führen würde: im streitigen Zeitraum von sieben Monaten müsste die Klägerin Beiträge allein wegen der Sonderzahlung in Höhe von 1.444,98 EUR ([2.300 EUR Sonderzahlung / 2 Monate x Beitragssatz 15,6 % KV + 2,35 % PV] x 7 Monate) leisten. Das entspricht über der Hälfte der erhaltenen Sonderzahlung.
Nach alledem sind zur Überzeugung der Kammer der Beitragsberechnung monatliche beitragspflichtige Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.300,- EUR zuzüglich 191,67 EUR, mithin 2.491,67 EUR, zugrunde zu legen. Da die Beklagte jedoch 3.734,50 EUR veranschlagt hat, ist der Bescheid rechtswidrig.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Die Beklagte erstattet der Klägerin deren außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit von 01.06.2016 bis 31.12.2016.
Die Klägerin war seit 01.04.2012 als geschäftsführende Gesellschafterin freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten. Im Rahmen dieser Tätigkeit erzielt die Klägerin ein monatliches Brutto-Gehalt in Höhe von 2.300,- EUR. Mit Beschluss vom 17.12.2014 beschloss die Gesellschafterversammlung - aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage - der Klägerin im November 2015 einmalig ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.300,- EUR zu zahlen.
In der Zeit von 26.09.2014 bis zum 02.01.2015 war die Klägerin aufgrund des Bezugs von Mutterschaftsgeld beitragsfrei versichert. Im Anschluss daran befand sie sich bis zum 31.10.2015 in Elternzeit. Währenddessen erfolgte die Beitragsbemessung im Rahmen der Ehegatteneinstufung anhand beitragspflichtiger Einnahmen des Ehemanns der Klägerin. Nach dem Ende der Elternzeit nahm die Klägerin ihre Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin zum 01.11.2015 wieder auf. Die Beklagte setzte die Beiträge - basierend auf dem Steuerbescheid 2014 - ab 01.11.2015 auf 377,41 EUR monatlich fest (Bescheid vom 15.12.2015).
Im November 2016 reicht die Klägerin bei der Beklagten den Steuerbescheid 2015 (vom 03.05.2016) ein.
Mit Bescheid vom 14.11.2016 setzte die Beklagte die Beiträge ab dem 01.06.2016 nach beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von monatlich 3.755,08 EUR neu fest. Die Klägerin sei im Jahr 2015 lediglich im November und im Dezember selbstständig als Geschäftsführerin tätig gewesen. Aus dem Einkommensteuerbescheid 2015 gingen Einnahmen aus nichtselbstständige Arbeit in Höhe von 7.469,- EUR hervor. Diese Einnahme würden auf zwei Monate verteilt und betrugen somit monatlich 3.734,50 EUR. Zu diesen Einnahmen als Geschäftsführerin würden die Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von monatlich 20,58 EUR addiert. Hieraus errechne sich ein monatlicher Gesamtbeitrag ab 01.06.2016 in Höhe von 674,03 EUR.
Zur Begründung des deswegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin unter Vorlage von Gehaltsabrechnungen für 11/15 und 12/15 im Wesentlichen vor, das unveränderte monatliche Bruttoeinkommen betrage 2.300,- EUR. Zusätzlich habe sie eine einmalige Sonderzahlung im Monat November in Höhe von 2.300,- EUR erhalten. 2016 sei keine Sonderzahlung vorgesehen. Hätte sie 2015 das ganze Jahr gearbeitet, wäre die einmalige Sonderzahlung in der gleichen Höhe erfolgt.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 20.12.2016 die Beiträge ab 01.01.2017 unter Berücksichtigung von beitragspflichtigen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.495,55 EUR auf nunmehr 451,64 EUR neu fest.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 19.01.2017 teilte die Klägerin mit, zwar sei Weihnachtsgeld im November 2015 ausgezahlt worden. Die Klägerin habe dieses aber über das gesamte Jahr monatlich pro rata temporis verdient. Der Anspruch auf Weihnachtsgeld sei auch während der Elternzeit entstanden.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Beitragsbemessung in der Zeit vom 01.06.2016 bis zum 31.12.2016 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 07.12.2017.)
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt Sie im Wesentlichen vor, das einmalig gezahlte Weihnachtsgeld sei nach § 5 Abs. 3 BVSzGs nur zu 2/12 zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2017 zu verurteilen, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit von 01.06.2016 bis 31.12.2016 unter Zuordnung des im November 2015 gewährten Weihnachtsgeldes in Höhe von lediglich 1/12 als monatliche beitragspflichtige Einnahme festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist Sie auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 14.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 01.06.2016 bis 31.12.2016 in unzutreffender Höhe festgesetzt.
1. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung - hier: derjenige vom 15.12.2015 - vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2).
Vorliegend ist eine wesentliche Änderung eingetreten, da die Klägerin höhere Einnahmen erzielt hat, die zur Festsetzung höherer Beiträge führte. Dabei hat die Beklagte der Beitragsbemessung zutreffend die im Einkommenssteuerbescheid vom 03.05.2016 für das Kalenderjahr 2015 ausgewiesenen Einkünfte zugrunde gelegt.
Die Klägerin ist als freiwilliges Mitglied der Beklagten beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV; § 223 SGB V). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV folgt die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung (sPV; § 20 Abs. 3 SGB XI) sowie die Pflicht, Beiträge zur sPV zu entrichten (§ 54 Abs. 2 SGB XI).
Streitig ist vorliegend allein die Beitragsberechnung hinsichtlich der im November 2015 erhaltenen Jahressonderzahlung in Höhe von einmalig 2.300,- EUR Weihnachtsgeld.
Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der GKV Versicherten nach § 240 SGB V, der über § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI für die Berechnung der Beiträge zur sPV entsprechend gilt. Nach § 240 Abs. 1 und Abs. 2 S 1 SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der GKV einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpVBdKK) geregelt; dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt und bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds herangezogen werden, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Diesem Regelungsauftrag ist der SpVBdKK durch Erlass der BeitrVerfGrsSz vom 27.10.2008 nachgekommen. Gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BeitrVerfGrsSz (in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.12.2014) werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen hat. Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 1 S 1 BeitrVerfGrsSz). Nach § 3 Abs. 1a BeitrVerfGrsSz gelten Einnahmen eines selbstständig Erwerbstätigen, die steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit behandelt werden, als Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV. Entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Der Nachweis für Arbeitseinkommen ist nach § 6 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BeitrVerfGrsSz immer über den aktuellen Einkommensteuerbescheid zu führen. Das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bleibt bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheids maßgebend. Der neue Einkommensteuerbescheid ist für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen. Legt das Mitglied den Einkommensteuerbescheid später vor und ergäbe sich eine günstigere Beitragsbemessung, sind die Verhältnisse erst ab Beginn des auf die Vorlage dieses Einkommensteuerbescheids folgenden Monats zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 BeitrVerfGrsSz).
Nach diesem Maßstab ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte der Beitragsberechnung grundsätzlich die im Steuerbescheid 2015, erlassen am 03.05.2016, festgesetzten Einkünfte der Klägerin in Höhe von 7.469,00 EUR (und damit auch die Jahressonderzahlung) ab 01.06.2016 zugrunde legt.
Allerdings hat die Beklagte die einmalige Sonderzahlung nicht zutreffend zugeordnet. Nach § 5 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz sind die beitragspflichtigen Einnahmen jeweils dem Monat der Mitgliedschaft, für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen (Beitragsmonat). Laufende beitragspflichtige Einnahmen sind dem Beitragsmonat zu zuordnen, in dem der Anspruch auf sie entsteht oder in dem sie zufließen, sofern nicht eine typisierende Zuordnung bei der Beitragsbemessung der einzelnen Personengruppen vorgeschrieben ist (§ 5 Abs. 2 BeitrVerfGrsSz). Einmalige beitragspflichtige Einnahmen sind nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BeitrVerfGrsSz ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Dies gilt abweichend von § 23a SGB IV auch für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im Voraus zu erwarten sind, sind vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des Betrags für zwölf Monate zuzuordnen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 BeitrVerfGrsSz).
Nach diesem Maßstab hat die Beklagte unzutreffend die einmaligen Einkünfte im November 2015, das Weihnachtsgelt, in Höhe von 2.300,- zur Hälfte berücksichtigt. Richtigerweise sind nach dem Wortlaut der Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 BeitrVerfGrsSz für die Beitragsbemessung jeweils lediglich 1/12 der Jahressonderzahlung für die Monate November 2015 und Dezember 2015 in Ansatz zu bringen (= 191,67 EUR). Dies entspricht zur Überzeugung der Kammer auch Sinn und Zweck der Regelung: Die Klägerin hat die Jahressonderzahlung für das gesamte Kalenderjahr erhalten. Aus diesem Grund ist das Geld auf das gesamte Kalenderjahr gleichmäßig zu verteilen. Ansonsten würde man unterstellen, die Klägerin habe ab November 2015 regelmäßige Einkünfte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit in Höhe von 3.450,- EUR erzielt (= 2.300 EUR + [2.300 EUR / 2]), was zu einer überproportionalen Verbeitragung der Sonderzahlung führen würde: im streitigen Zeitraum von sieben Monaten müsste die Klägerin Beiträge allein wegen der Sonderzahlung in Höhe von 1.444,98 EUR ([2.300 EUR Sonderzahlung / 2 Monate x Beitragssatz 15,6 % KV + 2,35 % PV] x 7 Monate) leisten. Das entspricht über der Hälfte der erhaltenen Sonderzahlung.
Nach alledem sind zur Überzeugung der Kammer der Beitragsberechnung monatliche beitragspflichtige Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.300,- EUR zuzüglich 191,67 EUR, mithin 2.491,67 EUR, zugrunde zu legen. Da die Beklagte jedoch 3.734,50 EUR veranschlagt hat, ist der Bescheid rechtswidrig.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved